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DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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424<br />

Detlef Grieswelle<br />

Generationengerechtigkeit<br />

und Generationenpolitik<br />

I. Leitbegriff der Generationengerechtigkeit<br />

Eine zentrale Vokabel unserer Zeit, ein Leitbegriff zum Selbstverständnis der<br />

Gesellschaft, ist die Generationengerechtigkeit. Dieser Begriff hat andere Termini<br />

in den Hintergrund treten lassen. Das gilt für Philosophie und Ethik, Kirchen,<br />

Gewerkschaften und Arbeitgeber, vor allem auch für die Politik. Viele Handlungsbereiche<br />

werden unter dem Begriff der Generationengerechtigkeit durchdekliniert,<br />

beispielsweise die sozialen Sicherungssysteme, die Arbeitslosigkeit, die<br />

Vermögensbildung, Randständigkeit und Armut, das Steuersystem, die Staatsverschuldung.<br />

Die Norm der Generationengerechtigkeit bezieht sich auf Orientierungen<br />

für das eigene Handeln von Personen, auf den institutionellen Rahmen<br />

der Gesellschaft und die kulturellen Werte, auch auf unterschiedliche räumliche<br />

Perspektiven, seien diese regional, national, supranational oder global, auch auf<br />

verschiedene Ebenen der Abstraktion. Die Generationengerechtigkeit gehört<br />

sicherlich ganz allgemein zu den Leitbildern einer guten Ordnung, wie sie jede<br />

Gesellschaft entwirft; heute ist aber in besonderem Maße ein Kampf darüber<br />

entbrannt, was als generationengerecht zu gelten hat.<br />

Generationengerechtigkeit: Um kaum einen Begriff wird derzeit so hart gerungen<br />

wie um das schillernde Wortpaar, das viele gesellschaftliche Gruppen für<br />

sich reklamieren. Nur wer die Deutungshoheit erobert, was als generationengerecht<br />

zu gelten hat, hat Aussicht auf Politik- und Gestaltungsfähigkeit. Spätestens<br />

seit der Diskurs-Theorie Foucaults wissen wir ja, daß Diskurse nicht nur<br />

beschreiben und analysieren, sondern auch vorschreiben, bestimmen, festlegen<br />

und so Einfluß und Macht ausüben wollen. Wer sich in Diskursen durchsetzt,<br />

verfügt über die Definitionsmacht der Sicht der Dinge und dominiert mit seinem<br />

Zeichensystem jenes des politischen Gegners.<br />

Generationengerechtigkeit wird das Schlüsselwort der Gesellschaft in den nächsten<br />

Jahren, meinte der bekannte Freizeitforscher Opaschowski zu Beginn des<br />

neuen Jahrtausends. Aber bereits in den letzten Jahren wurden wirtschaftspolitische<br />

und sozialpolitische Themen in öffentlichen Diskursen zunehmend in der<br />

Perspektive der Generationen erörtert. Die Frage der Gerechtigkeit zwischen den<br />

Generationen und der Verantwortung für künftige Generationen gehörte zu jenen<br />

Themen, die vor allem in der Sozialpolitik „Karriere machten“ und andere Formen,<br />

über den Sozialstaat zu sprechen, etwas in den Hintergrund drängten.<br />

Christoph Conrad hat in einem größeren Aufsatz dargelegt, wie nach der Sprache<br />

der Klassen und des Klassenkampfes, der Sprache von Staat und Untertan,<br />

der Geschlechter, Geschlechterdifferenzen und -beziehungen, der Abstammung<br />

und Ethnien (Einwanderer!) als letzte Version die Rhetorik der Generationen an

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