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- Die Mikro-Ebene ist die individuelle menschliche Handlungsebene. Wenn das<br />
Unternehmen auch als eigener moralischer Akteur aufgefaßt werden kann, wie<br />
Georges Enderle meines Erachtens zu Recht feststellt, 7 so darf doch auch nicht übersehen<br />
werden, daß die einzelnen Mitarbeiter nicht nur Funktionsträger des Unternehmens<br />
sind, die Entscheidungen des Unternehmens nach innen und außen loyal<br />
vertreten und durchsetzen, sondern auch im Unternehmen Individuen bleiben, die<br />
trotz der Einschränkung durch staatliche und firmeneigene Handlungsbedingungen<br />
noch über eigene Handlungsfreiräume verfügen. Ihre ethische Ausgestaltung interessiert<br />
die Individual-/Tugendethik.<br />
Auf jeder Ebene gibt es also Handlungsbedingungen (z.B. in Form von gesetzlichen<br />
Bestimmungen, einer vorgefundenen Marktsituation oder von persönlichen Charaktereigenschaften),<br />
aber auch Handlungsfreiheit, die es nun ethisch und ökonomisch<br />
sinnvoll zu nutzen gilt. Diese Handlungsfreiräume existieren auch auf der Ebene der<br />
Unternehmen, sonst wäre das Leitbild der Marktwirtschaft, das freie Unternehmertum,<br />
Makulatur, und es bräuchte – wenn alles dem Sachzwang unterliegen würde –<br />
auch keine betriebswirtschaftlichen Lehrgänge, vor allem nicht im Hinblick auf<br />
Unternehmensführung und Strategie. Ebenso wären dann all die Managementliteratur<br />
und die Unternehmensberater, die mehr oder weniger erfolgreiche neue unternehmerische<br />
Lösungen anbieten, obsolet. 8 Auf der anderen Seite überspielt dieser<br />
ethische Ansatz aber auch nicht die zweifellos vorhandenen (betriebswirtschaftlichen)<br />
Sachzwänge, deshalb geht er davon aus, daß für die Realisierung tragfähiger<br />
wirtschaftsethischer Lösungen meistens alle Handlungsebenen (nicht zuletzt auch die<br />
Makro-Ebene) miteinbezogen werden müssen. Weder die Strukturen-, noch die<br />
Unternehmensethik dürfen in den Fehler verfallen, sich zu verabsolutieren und alle<br />
wirtschaftsethischen Probleme nur noch via Rahmenordnung bzw. nur noch via<br />
Unternehmen lösen zu wollen. Es braucht also – wie es Thomas Hausmanninger in<br />
einem vergleichbaren Kontext einmal genannt hat – eine „konzertierte Aktion“ 9 , das<br />
Zusammenwirken aller drei genannten Ebenen. Im folgenden werden sich aber die<br />
Ausführungen auf die Meso-Ebene, die Handlungsebene der Unternehmen, beschränken.<br />
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3. Inhalte der Unternehmensethik<br />
Welche sittlichen Forderungen sind an die Unternehmen zu stellen? Die Bandbreite<br />
der unternehmensethischen Antworten auf diese Frage ist erheblich, wie die Ansätze<br />
von Karl Homann (als Vertreter einer ethischen Minimalposition) und Peter Ulrich<br />
(als Vertreter einer Maximalposition) exemplarisch zeigen. So komprimiert Karl<br />
Homann seine ethischen „Handlungsempfehlungen“ für die Unternehmen, unter der<br />
Voraussetzung einer funktionierenden Rahmenordnung, in die eine Forderung: „Die<br />
Akteure sollen sich systemkonform verhalten.“ 10 Das bedeutet für ihn ein Zweifaches:<br />
Erstens, „die Akteure sollen die Regeln der Rahmenordnung, die allgemeinen<br />
staatsbürgerlichen Regeln und die Regeln der Wettbewerbsordnung, befolgen“ und<br />
zweitens, „innerhalb dieser Regeln sollen die Unternehmen langfristige Gewinnmaximierung<br />
betreiben.“ 11 Dieser Minimalposition Homanns steht die Forderung Peter<br />
Ulrichs diametral gegenüber, Unternehmensentscheidungen und deren Durchführung