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Die strukturethische Ausgestaltung der Rahmenordnung ist trotz Deregulierung und<br />
Liberalisierung der Wirtschaft selbstverständlich weiterhin notwendig, 4 aber sie ist<br />
nicht hinreichend: Notwendig, weil die Rahmenordnung nicht zuletzt die ethischen<br />
Mindeststandards für die Unternehmen definiert und damit für alle Unternehmen die<br />
gleiche ethische Ausgangslage schafft. Ethisches Verhalten, soweit es von diesen<br />
Mindeststandards abgedeckt wird, erweist sich folglich als kostenneutral: Keiner<br />
kann sich legal durch Unterbieten dieser Standards einen Kostenvorteil verschaffen.<br />
Die strukturethische Ausgestaltung der Rahmenordnung allein ist aber nicht hinreichend:<br />
Dies wird deutlich, wenn wir uns vor Augen führen, daß eine marktwirtschaftliche<br />
Rahmenordnung letztlich auf die Gewährleistung der wirtschaftlichen<br />
Handlungsfreiheit der Produzenten und Konsumenten abzielt, wie die Liberalisierungs-<br />
und Deregulierungspolitik der letzten Jahre nachdrücklich zeigt. Das heißt<br />
aber doch, daß eine auch unter den Prämissen der Ethik noch so gute Rahmenordnung<br />
gerade diese Handlungsfreiräume nicht einfangen kann und auch gar nicht<br />
einfangen will. Diese Handlungsfreiräume sind aber keineswegs ethisch indifferent.<br />
Zugespitzt formuliert: Nicht von der staatlichen Rahmenordnung, sondern von der<br />
unterschiedlichen (auch ethischen) Qualität der wahrgenommenen Handlungsfreiheit<br />
hängt z.B. das Innenleben eines Unternehmens ab: das kollegiale oder mißgünstige<br />
Klima einer Abteilung (Stichwort: Mobbing), das egozentrische oder den Mitarbeitern<br />
angemessene Führungsverhalten eines Vorgesetzten, das ethischen Gesichtspunkten<br />
Rechnung tragende oder aber sie vernachlässigende Beförderungs- oder<br />
Bonussystem eines Unternehmens. Mit diesen Problemstellungen sind die Menschen<br />
tagtäglich konfrontiert; hier ergeben sich auch für sie wichtige Anknüpfungspunkte,<br />
sich mit Ethik auseinanderzusetzen.<br />
2. Unternehmensethik als integraler Teil der Wirtschaftsethik<br />
Die Wirtschaftsethik kann in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung daher nicht<br />
ausschließlich auf eine Strukturenethik reduziert werden, sondern sie muß den verschiedenen<br />
Handlungsebenen Rechnung tragen und sie in ihren Ansatz integrieren.<br />
Hilfreich ist dabei die von Georges Enderle Mitte der achtziger Jahre getroffene<br />
Unterscheidung der Handlungsebenen in eine Mikro-, Meso- und Makro-Ebene, 5<br />
womit nicht nur die sehr differenzierten Anforderungen an eine Wirtschaftsethik,<br />
sondern auch die unterschiedlichen ethischen Verpflichtungen der Akteure zum<br />
Ausdruck kommen:<br />
- Die Makro-Ebene ist die Handlungsebene des Staates und der zunehmend bedeutend<br />
werdenden supranationalen Institutionen. Sie schaffen die nationalen bzw. internationalen<br />
Rahmenordnungen. Hier setzt die Strukturenethik an. Hier ist auch der<br />
richtige Ort, den Diskurs über die ethische Rechtfertigungsfähigkeit eines Wirtschaftssystems<br />
oder einer (supra)nationalen Wirtschaftsordnung zu führen. 6<br />
- Die Meso-Ebene ist u.a. die Handlungsebene der Unternehmen, die durch entsprechendes<br />
normatives, strategis ches und operatives Management ihrer Unternehmensbereiche<br />
ihre Wettbewerbsposition sichern bzw. ausbauen wollen. Hier liegt das<br />
primäre Aufgabengebiet der Unternehmens-(Organisationen-)ethik.<br />
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