EINBLICK, Heft 1/2010 - AGAPLESION BETHANIEN DIAKONIE
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Seelsorge<br />
Pastorin Fahnert: Ich bin für die Lebenden da<br />
Pastorin Birigt Fahnert hat viel Zeit für die Bewohner des Havelgartens.<br />
Birgit Fahnert ist seit Anfang September<br />
2008 Seelsorgerin im Havelgarten,<br />
verbringt hier drei Tage in der<br />
Woche, läuft über die Wohnbereiche,<br />
schaut, ob es Auffälligkeiten gibt,<br />
feiert jeden Donnerstag Gottesdienst<br />
in der Kapelle und einmal<br />
monatlich mit demenzkranken Bewohnern<br />
auf ihrem Wohnbereich.<br />
„Wir sitzen dann in Reihen wie in der<br />
Kirche, ich decke den Tisch, stelle<br />
eine Kerze auf und viele wundern<br />
sich, was nun geschieht.“ Dann zieht<br />
Birgit Fahnert ihren weißen Talar<br />
mit der Regenbogenstola an. „Und<br />
plötzlich sagt eine Bewohnerin: Ach<br />
Kürche macht ’se. Deswegen trage ich<br />
hier im Haus immer die Kutte.“<br />
In der Residenz lädt Birgit Fahnert<br />
zu Gesprächskreisen ein. „Anfangs<br />
waren wir nur zu zweit, inzwischen<br />
kommen durchschnittlich vier Residenzbewohner.<br />
Ich habe mich schon<br />
gefragt, ob ich das aufgeben soll“,<br />
berichtet die Pastorin. Doch die,<br />
die kommen, schätzen diese Treffen<br />
sehr. „Es herrscht ein reger Austausch.<br />
Wir führen in erster Linie,<br />
man kann sagen, Lebensgespräche.“<br />
Solche Gespräche auch mit Mitarbeitern<br />
zu führen und zu fragen<br />
„Was fang’ ich mit dem Sterben<br />
an?“, ist das Ziel einer Fortbildung,<br />
Worte der Hoffnung<br />
Hinterm Horizont geht’s weiter...<br />
alles geht weiter, die Trauer und<br />
der Schmerz, die Hilflosigkeit<br />
und die Zuversicht, der Tod und<br />
das Leben. Aber das Wichtigste<br />
ist die Freude am Leben mit der<br />
Hoffnung, Zuversicht und Liebe.<br />
Wenn die Liebe zum Ziel wird,<br />
zum Schlüssel des Lebens, werden<br />
Trauer und Schmerz vergehen,<br />
werden Hilflosigkeit und Tod,<br />
nicht bedeutungslos, aber leichter<br />
zu ertragen, denn die Liebe lässt<br />
die Freude leben.<br />
die die Pastorin in diesem Jahr<br />
erstmals anbietet. „Damit es den<br />
Bewohnern beim Sterben gut geht,<br />
muss man die Mitarbeiter schulen“,<br />
sagt Fahnert. „ Wir werden sehr<br />
existentiell und persönlich an das<br />
Thema herangehen, kein Vortrag,<br />
mehr Gesprächsforum.“<br />
Birgit Fahnert macht die seelsorgerische<br />
Arbeit viel Freude, sie fühlt<br />
sich hier weniger fremdbestimmt als<br />
in der Gemeindearbeit: „Ich habe<br />
mich selten an so einem guten Platz<br />
gefühlt. Das ist ein großes Geschenk,<br />
wenn man sagen kann, dass man am<br />
richtigen Platz ist!“ Die Reaktionen<br />
von außen bestätigen sie. Viele kommen<br />
in den Gottesdienst, manche<br />
nur, um sie zu sehen. Auch Angehörige<br />
suchen den Kontakt zu ihr, oft,<br />
um über die eigenen Schuldgefühle<br />
zu sprechen. Auch dafür hat die<br />
Pastorin stets ein offenes Ohr und<br />
spendet immer wieder Trost.<br />
Und wenn die Sehnsucht<br />
größer wird, dann möchte ich<br />
an einem Ort leben,<br />
an dem meine Verzagtheit und<br />
Unsicherheit ihren Platz haben.<br />
Einen Ort wünsche ich mir,<br />
der mich geborgen hält,<br />
ohne mich festzuhalten,<br />
an dem ich ausruhen und<br />
Kräfte sammeln kann<br />
für das letzte Wegstück.<br />
Margarete Heitkönig-Wilp<br />
01/<strong>2010</strong> <strong>EINBLICK</strong> <strong>BETHANIEN</strong> <strong>DIAKONIE</strong> | 15