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Humor in der Pflege und Alltagsgestaltung mit Menschen im ...

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E<strong>in</strong>leitung<br />

„Lachen ist wie e<strong>in</strong> Aspir<strong>in</strong>, es wirkt nur doppelt so schnell.“ (Groucho Marx)<br />

„Stell dir vor, du bist krank, <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>er teilt <strong>mit</strong> dir <strong>Humor</strong>!“ wird e<strong>in</strong> an AIDS erkrankter<br />

Mensch zitiert (Bischofberger, 2002, 80). Rob<strong>in</strong>son erwähnt e<strong>in</strong>en Dialyse-Patienten, <strong>der</strong> sich<br />

als „menschliche Verlängerung e<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>e“ bezeichnet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en älteren Herrn, <strong>der</strong> nach<br />

längerem Warten auf den Arzt aufsteht <strong>mit</strong> den Worten: „Ich gehe jetzt e<strong>in</strong>fach nach Hause<br />

<strong>und</strong> sterbe e<strong>in</strong>es natürlichen Todes!“ (Rob<strong>in</strong>son, 1999, 58) Vielleicht wirken diese Sätze<br />

etwas plakativ o<strong>der</strong> pathetisch, aber diese <strong>Menschen</strong> haben noch Ressourcen gegen e<strong>in</strong> hochtechnisiertes<br />

<strong>und</strong> unmenschlich daherkommendes Ges<strong>und</strong>heitssystem. Sie können ihrem Ärger<br />

Luft machen <strong>und</strong> ihn <strong>mit</strong> <strong>Humor</strong> abbauen. <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma können dies <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

ersten Zeit nicht. Auf <strong>der</strong> Intensivstation, beatmet, an tausend Schläuchen hängend, piependen<br />

Monitoren ausgesetzt <strong>und</strong> ohne Orientierungsmöglichkeiten bleibt nichts übrig, als ihr<br />

Schicksal zu ertragen. Wenn alles „gut“ geht kommen sie auf Normalstation <strong>mit</strong> weissgetünchten<br />

Wänden, greller Beleuchtung <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>, die sie säubert, sättigt <strong>und</strong> lagert. Danach<br />

kommt die Rehakl<strong>in</strong>ik, die <strong>in</strong>dividuell för<strong>der</strong>n will, aber alles ist wie<strong>der</strong> neu <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> erstmal<br />

ohne Bezug. Wenn <strong>der</strong> Mensch <strong>im</strong> Wachkoma sich nun langsam e<strong>in</strong>gelebt hat, steht <strong>der</strong><br />

nächste Wechsel bevor: Zu Angehörigen nach Hause o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong>. Und schon wie<strong>der</strong><br />

ist alles neu, ob die Umgebung, die <strong>Menschen</strong> o<strong>der</strong> auch die Situation <strong>im</strong> früheren Zuhause,<br />

die St<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Angehörigen. Und hier stellt sich die entscheidende Frage: N<strong>im</strong>mt<br />

<strong>der</strong> Mensch <strong>im</strong> Wachkoma das nicht wahr? Ich glaube, er n<strong>im</strong>mt wahr, nämlich dass er<br />

irgendwo zwischen H<strong>im</strong>mel <strong>und</strong> Erde verloren gegangen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Spielball irgendwelcher<br />

Kräfte geworden ist. Dann aber stellt sich die Frage, welche Wut <strong>und</strong> Ablehnung muss sich <strong>in</strong><br />

dem <strong>Menschen</strong> anstauen, wenn er se<strong>in</strong>em Ärger ke<strong>in</strong>e Luft machen kann wie die oben genannten<br />

Beispiele? Welche Identität o<strong>der</strong> Selbstwertgefühle kann er unter solchen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

noch entwickeln? Welche Erwartung wird dieser Mensch an se<strong>in</strong> Leben haben? Die<br />

Suppe, die er auszulöffeln hat, um <strong>im</strong> Bild des Vorwortes zu bleiben, ist nicht nur zähe,<br />

schwere Kost geworden, sie ist bitter über alle Massen. Um diese „Suppe“ wie<strong>der</strong> geniessbar<br />

zu machen, möchte ich <strong>in</strong> dieser Arbeit nach Möglichkeiten suchen, <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma<br />

<strong>mit</strong> <strong>Humor</strong> zu betreuen, ihnen so Identität <strong>und</strong> Lebensmut zurückzugeben <strong>und</strong> ihre Lebensqualität<br />

zu verbessern.<br />

Der Ansatz ist, den <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> „Prozess Wachkoma“ be<strong>im</strong> Erwachen zu unterstützen. In<br />

diesem MRS o<strong>der</strong> MCS („M<strong>in</strong><strong>im</strong>ally Conscious State“) genannten Status des niedrigen Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

ihn h<strong>in</strong>aus zu führen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Stadium kognitiven Erwachens <strong>und</strong> <strong>in</strong>teraktiver<br />

Identitätbildung. Der „Zustand Wachkoma" wird als Ausgangspunkt für dieses phasenorientierte<br />

Voranschreiten genommen. <strong>Humor</strong> als natürliches Phänomen <strong>im</strong> menschlichen Umgang<br />

soll auch für den <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Verlauf des Prozesses Wachkoma greifbar se<strong>in</strong> <strong>und</strong> ihm nicht<br />

vorenthalten werden. Da dieses Thema noch noch nicht ausführlich beschrieben wurde, sollen<br />

hier Auffassungen <strong>und</strong> Fallbeispiele zusammengetragen werden, die zur Sichtung von Möglichkeiten<br />

als Diskussionsgr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> Vorschlag für die Praxis dienen können. Die Schwerpunkte<br />

liegen dabei auf <strong>der</strong> Zielsetzung, e<strong>in</strong>e gute vertrauensvolle <strong>Pflege</strong>praxis sowie e<strong>in</strong>e<br />

attraktive <strong>Alltagsgestaltung</strong> für die <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma zu erreichen. In unserem He<strong>im</strong><br />

werden sie als Bewohner tituliert, ich gebrauche deshalb diesen Begriff weiterh<strong>in</strong>, <strong>in</strong> den zitierten<br />

Textstellen belasse ich aber die vorgegebene Bezeichnung (PatientIn, KlientIn, etc.).<br />

Be<strong>im</strong> Lesen von Büchern <strong>und</strong> Beiträgen über <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma fällt auf, wie viele<br />

Sorgen dieses Leben auch für die Angehörigen <strong>und</strong> professionell Betreuenden aufwirft. Es<br />

sche<strong>in</strong>t oft, als raubten diese Sorgen die letzte Kraft, <strong>und</strong> die positiven D<strong>in</strong>ge des Lebens fallen<br />

h<strong>in</strong>ten über. Doch ab <strong>und</strong> an blitzt e<strong>in</strong> Augenblick auf, <strong>in</strong> dem <strong>Humor</strong>, Lachen o<strong>der</strong> „nur<br />

e<strong>in</strong> Lächeln“ auftaucht. Diese Momente habe ich versucht zusammen zu tragen, um Mut zu<br />

7<br />

<strong>Humor</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Alltagsgestaltung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma, Facharbeit Kurs WK 07 Essen, Christ<strong>in</strong>a Elser

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