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Humor in der Pflege und Alltagsgestaltung mit Menschen im ...

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4.4. Beispiele humorvollen Umgangs<br />

Hier sollen <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>igen Beispielen praktische Möglichkeiten von <strong>Humor</strong> aufgezeigt werden.<br />

Je nachdem wie die persönlichen <strong>Humor</strong>e<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> -erfahrungen <strong>in</strong>dividuell sehr<br />

unterschiedlich se<strong>in</strong> können, werden die Beispiele dem e<strong>in</strong>en mehr <strong>und</strong> dem an<strong>der</strong>en weniger<br />

passend ersche<strong>in</strong>en. Auch kann e<strong>in</strong>e Situation nur grob beschrieben werden, weil es oft auf<br />

die richtigen Zwischentöne ankommt. Diese subjektive Empf<strong>in</strong>dung ist es, die e<strong>in</strong>e emotionale<br />

Beziehung entstehen lässt <strong>und</strong> Möglichkeiten für Interaktionen eröffnet.<br />

4.4.1. Vertauen schaffen<br />

Rob<strong>in</strong>son (1999, 175) berichtet über e<strong>in</strong>e <strong>Pflege</strong>schüler<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>en älteren Herrn zu pflegen<br />

hatte. Er hatte e<strong>in</strong>en Schlaganfall <strong>und</strong> konnte nicht sprechen, war aber geistig wach. Die<br />

Schüler<strong>in</strong> wusste, dass er ebenso wie sie von e<strong>in</strong>er Tabakfarm kam. Sie hielt ihm <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong><br />

e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen Monolog über ihre K<strong>in</strong>dheit auf <strong>der</strong> Tabakfarm. Als sie am nächsten<br />

Tag se<strong>in</strong> Z<strong>im</strong>mer betrat, gr<strong>in</strong>ste er sie breit an <strong>und</strong> se<strong>in</strong> erstes Wort war: „Tabak!“<br />

E<strong>in</strong> Bewohner <strong>mit</strong>tleren Alters, <strong>der</strong> sich wegen e<strong>in</strong>es Schlaganfalls <strong>im</strong> Wachkoma bef<strong>in</strong>det,<br />

fiel durch sehr hohe Emotionalität auf. Er we<strong>in</strong>te oft <strong>und</strong> viel, konnte aber auch lachen. Se<strong>in</strong>e<br />

nie<strong>der</strong>geschlagene St<strong>im</strong>mung liess er das <strong>Pflege</strong>personal durch ständiges Kl<strong>in</strong>geln spüren <strong>und</strong><br />

wenn man nicht schell genug kam, konnte er se<strong>in</strong>e Ur<strong>in</strong>flasche <strong>im</strong> Bett ausschütten, um<br />

se<strong>in</strong>em Ärger Luft zu machen. Die KollegInnen des Wohnbereichs schafften es se<strong>in</strong>en Lebensmut<br />

<strong>mit</strong> <strong>Humor</strong> zu stärken <strong>und</strong> ihn wie<strong>der</strong> zum Lachen zu br<strong>in</strong>gen. Als ich e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> se<strong>in</strong><br />

Z<strong>im</strong>mer kam fand ich e<strong>in</strong>en gut gelaunten lächelnden <strong>Menschen</strong> vor. Ich lächelte zurück <strong>und</strong><br />

erklärte ihm, was für e<strong>in</strong> schönes sympathisches Lächeln er doch habe <strong>und</strong> dass mich das sehr<br />

erfreuen würde, worauf er noch mehr lächelte. Mir wurde berichtet, dass er kaum noch das<br />

<strong>Pflege</strong>personal „ärgert“. Als ich bei e<strong>in</strong>em Fest auf se<strong>in</strong>em Bereich war, sah ich ihn zwischen<br />

den <strong>Pflege</strong>r<strong>in</strong>nen sitzen, von denen zwei e<strong>in</strong>en „Streit“ <strong>in</strong>itierten, wer von beiden denn <strong>mit</strong><br />

ihm auf das Fest gehen dürfe, wo er doch so viele Frauen haben könne. Der Bewohner lachte<br />

dabei so heftig, dass se<strong>in</strong> Rollstuhl wackelte. Auf dem Fest spielte die Musik, e<strong>in</strong>e Therapeut<strong>in</strong><br />

kam, hakte sich unter se<strong>in</strong>en etwas nach oben gezogenen Arm <strong>und</strong> bat um den nächsten<br />

Tanz. Etwas später kam ich zu ihm <strong>und</strong> sagte, er könne nicht nur <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Frau tanzen, jetzt<br />

wäre ich an <strong>der</strong> Reihe <strong>und</strong> hakte mich <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Arm e<strong>in</strong>. Am Tagesende hatten wir<br />

e<strong>in</strong>en sichtlich glücklichen Bewohner, <strong>der</strong> noch lange lächelte.<br />

Der Ungar Zoltán Zemlényi wurde be<strong>im</strong> Überqueren e<strong>in</strong>er roten Ampel 1985 von e<strong>in</strong>em Auto<br />

erfasst <strong>und</strong> erlitt schwerste Schädel-Hirn-Verletzungen. Nach 4-wöchigem Koma g<strong>in</strong>g <strong>der</strong> damals<br />

15-jährige über e<strong>in</strong> Jahr durchs Wachkoma. In se<strong>in</strong>em 1987 geschriebenen Buch<br />

„Hoppares<strong>im</strong>i!“ beschreibt er se<strong>in</strong>e Erlebnisse: >Ich sass <strong>im</strong> Rollstuhl, dazu verdammt,<br />

stumm <strong>und</strong> gelähmt zu se<strong>in</strong>. ... Me<strong>in</strong>e Eltern standen zu mir, aber alle, die <strong>im</strong> Krankenhaus<br />

um mich herum waren, betrachteten <strong>und</strong> behandelten mich – <strong>mit</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Hirngeschädigten<br />

gebührenden Art, ziemlich von oben herab – wie e<strong>in</strong>en Idioten.< (Zemlényi, 1999, 1, <strong>in</strong>ternet)<br />

Dann kommt er auf e<strong>in</strong>e Begebenheit, die ihm Mut machte: >Fesch (er ist me<strong>in</strong> bester<br />

Fre<strong>und</strong>) war <strong>der</strong> schlechteste Schüler <strong>in</strong> unserer Klasse. Aber er war <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige, <strong>der</strong> mich<br />

gleich nach dem Unfall besucht hat. Er war <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige, <strong>der</strong> mich ganz normal behandelt hat.<br />

Damals, als ich noch dalag wie e<strong>in</strong> Stück Ste<strong>in</strong>, als ich mich noch gar nicht rühren konnte. Er<br />

hat mich so behandelt, als ob ich alles sehen, hören <strong>und</strong> wahrnehmen könnte. Er kam <strong>und</strong> hat<br />

e<strong>in</strong>fach <strong>mit</strong> mir rumgeblödelt. Er hat mir die Schülerstreiche aus <strong>der</strong> Klasse erzählt. E<strong>in</strong>mal<br />

sagte er zu mir: „Heee, Alter, na, wird’s bald?“ <strong>und</strong> ich musste <strong>in</strong>nerlich sosehr lachen, obwohl<br />

ich mich gar nicht bewegen konnte. Und ich wusste es wird bald. Es hat mir so sehr<br />

geholfen, dass er niemals <strong>mit</strong>leidig gesagt hat „Oh, Du armer ...“. Dieses „es wird bald“ hat<br />

zwar Jahre gedauert, aber alle Anstrengungen haben sich gelohnt!!!< (Zemlényi, 1999, 2,<br />

<strong>in</strong>ternet) Dieser Bericht zeigt, wie sehr e<strong>in</strong> normaler Umgang vom <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma<br />

gewünscht wird <strong>und</strong> wie humorvolles Handeln dazu gehört.<br />

30<br />

<strong>Humor</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Alltagsgestaltung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma, Facharbeit Kurs WK 07 Essen, Christ<strong>in</strong>a Elser

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