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Humor in der Pflege und Alltagsgestaltung mit Menschen im ...

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2.6. Lächle, wenn Du mich erkennst<br />

>Auf den Punkt gebracht: Gute <strong>Pflege</strong> beg<strong>in</strong>nt <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em Lächeln. Und wer lächelt, dessen<br />

St<strong>im</strong>me kl<strong>in</strong>gt auch angenehm. ... Denn Angst hemmmende nonverbale Signale wirken, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

bei den erwähnten Patientengruppen (Anm.: Aphasiker <strong>und</strong> verwirrte Patienten),<br />

nur, wenn sie echt s<strong>in</strong>d. Dann allerd<strong>in</strong>gs stellen sie e<strong>in</strong>e Waffe gegen die Angst dar, <strong>der</strong>en<br />

Durchschlagskraft kaum überschätzt werden kann.< (Müller, 2003, 23ff.) Das Lächeln <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong>nden <strong>und</strong> Angehörigen erfolgt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, dass <strong>der</strong> Mensch <strong>im</strong> Wachkoma sie als<br />

vertraut erkennt <strong>und</strong> zurück lächelt. Da Lächeln e<strong>in</strong>e Bewegung ist, die aber die Lage des<br />

Körpers <strong>im</strong> Raum nicht wesentlich verän<strong>der</strong>t, könnte man es anhand <strong>der</strong> oben gemachten<br />

Aussagen vielleicht als e<strong>in</strong>e „Bewegung <strong>im</strong> sozialen Raum“ betrachten. Dabei sollte die Annahme<br />

berücksichtigt werden, dass das „erkennende Lächeln“ nichts völlig Neues ist, son<strong>der</strong>n<br />

als e<strong>in</strong>e Art „Urvertrauen“ <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktiv <strong>im</strong> <strong>Menschen</strong> angelegt ist.<br />

Der Bewegung des M<strong>und</strong>es, dem vermutlich empf<strong>in</strong>dungsreichsten Körperbereiches e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma, gilt dabei das höchste Augenmerk. >Beson<strong>der</strong>s positive Anregungen<br />

<strong>im</strong> M<strong>und</strong>bereich führten erstaunlicherweise zu e<strong>in</strong>em rascheren Aufklaren <strong>der</strong> Patienten.<<br />

(Bienste<strong>in</strong> & Fröhlich, 2007, 192) Dies wird <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Anregung des Vigilanzbereichs <strong>im</strong> Gehirn<br />

durch M<strong>und</strong>bewegungen begründet. Durch e<strong>in</strong>en humorvoll e<strong>in</strong>gebrachten St<strong>im</strong>ulus wird<br />

nun das ganze Gehirn gefor<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>e, emotional geprägte Bereich, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte<br />

verlaufende für Motorik zuständige Bereich <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>im</strong> h<strong>in</strong>teren Teil bef<strong>in</strong>dliche Wahrnehmung<br />

verarbeitende Bereich. (vgl. Bienste<strong>in</strong> & Fröhlich, 2007, 191f.)<br />

Gemäss dem Modell von Dr. Felicié Affolter wird das Lächeln bzw. Lachen <strong>in</strong> vier Stufen gelernt<br />

(Abb. 5), wobei gemäss „Wurzelmodell“ nicht zwangläufig bei <strong>der</strong> 1. Stufe begonnen<br />

wird (vgl. Ott-Sch<strong>in</strong>dele, 2005, 21f.). Manche <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma lachen, bevor sie lächeln<br />

lernen:<br />

Abb. 5: Vergleich Affolter-Modell <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Humor</strong>entwicklung be<strong>im</strong> K<strong>in</strong>d<br />

Stufen des Affolter-Modells <strong>Humor</strong>entwicklung be<strong>im</strong> K<strong>in</strong>d<br />

1. sensomotorische Stufe (Geburt bis 2.Lj.) <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktives Lächeln des Babys, welches die<br />

Bezugspersonen erkennt<br />

2. Präoperationale Stufe – Stufe des anschau- Lachen über visuellen Slapstick (z.B. <strong>der</strong> stollichen<br />

Denkens (2. bis 6. Lj.)<br />

pernde Clown)<br />

3. Stufe <strong>der</strong> konkreten Operationen (7. bis 11. Lachen über konkrete Wenn-Dann-Bezüge<br />

Lj.)<br />

4. Stufe <strong>der</strong> formalen Operationen – Stufe des<br />

abstrakten Denkens (ab 11. Lj.)<br />

21<br />

(z.B. Schülerstreiche)<br />

Bildung sozialen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nstiftenden <strong>Humor</strong>s<br />

(z.B. Gruppen bildend, e<strong>in</strong>- bzw. ausgrenzend,<br />

weltanschauliche Infragestellung <strong>mit</strong><br />

<strong>Humor</strong>)<br />

E<strong>in</strong> Lächeln zu „führen“, ist allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>im</strong>mer e<strong>in</strong>fach. Hier können persönliche Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>personen o<strong>der</strong> Angehörigen sowie das Umfeld för<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> h<strong>in</strong><strong>der</strong>lich<br />

se<strong>in</strong>. Auch kann es se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Bewohner <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em bisherigen Leben <strong>und</strong> Umfeld <strong>Humor</strong><br />

nicht kultivieren konnte. Trotzdem ist Lächeln als Bewegung auf den an<strong>der</strong>en <strong>und</strong> diesbezügliche<br />

soziale Interaktion erlernbar, sowohl für den <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma, se<strong>in</strong>e Angehörigen<br />

<strong>und</strong> die <strong>Pflege</strong>nden. >In <strong>der</strong> gespürten Interaktion tritt die Person <strong>in</strong>nerhalb von Alltagsgeschehnissen<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> unterschiedliche Beziehungen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Umwelt. Dabei ist<br />

wichtig, dass es e<strong>in</strong> Geschehen gibt. E<strong>in</strong> Geschehen hat e<strong>in</strong>en konkreten Anfang <strong>und</strong> es be<strong>in</strong>haltet<br />

verschiedene topologische Verän<strong>der</strong>ungen, die auf e<strong>in</strong> Ziel ausgerichtet s<strong>in</strong>d.< (Ott-<br />

<strong>Humor</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Alltagsgestaltung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Wachkoma, Facharbeit Kurs WK 07 Essen, Christ<strong>in</strong>a Elser

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