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Corporate Publishing<br />

Ungeliebte Wettbewerbe<br />

Die Anforderungen waren klar, die<br />

Quittung kam prompt und mit ebensolcher<br />

Deutlichkeit. Ein weltweit<br />

tätiges Unternehmen hatte sein Kundenmagazin<br />

neu ausgeschrieben. Der<br />

neue Dienstleister sollte nicht allein<br />

Inhalt und Optik liefern, er sollte<br />

auch mehr Anzeigen verkaufen als der<br />

Etat-Inhaber. So viele nämlich, dass er<br />

sein Honorar gleich selbst verdient.<br />

Am Briefing gab es nichts zu mäkeln.<br />

Es war ebenso klar, wie die Marke des<br />

Auftraggebers faszinierend. Kaum ein<br />

Dienstleister würde sie nicht mit Stolz<br />

in seiner Referenzliste führen. Und<br />

dennoch: Vier der fünf angeschriebenen<br />

Dienstleister haben die Einladung<br />

zum Pitch nicht angenommen.<br />

Der Wettbewerb wurde abgesagt.<br />

Ein Beispiel, wie es im Corporate<br />

Publishing bald Schule machen<br />

könnte. Denn Wettbewerbspräsentationen<br />

werden bei den Dienstleistern<br />

immer unbeliebter. „Heute sind Pitches<br />

oft unbezahlt, es werden zu viele<br />

Unternehmen eingeladen und jede<br />

Menge guter Ideen abgekupfert“, ärgert<br />

sich nicht nur Holger Löwe,<br />

kaufmännischer Geschäftsführer der<br />

Düsseldorfer Corps Corporate Media.<br />

Der Stimmungsumschwung begann<br />

mit einem groß angelegten Präsentations-Marathon<br />

um das Kundenmagazin<br />

eines Autoherstellers im<br />

Frühjahr vergangenen Jahres. Die<br />

Hautevolee der deutschsprachigen<br />

und internationalen CP-Branche gab<br />

sich die Klinke zum Präsentationsraum<br />

in die Hand. Den Zuschlag be-<br />

CP <strong>Analyse</strong> Services<br />

AUS DER SZENE<br />

„Stellen Sie sich vor, es ist Präsentation, und keiner geht hin.“ Die Abwandlung eines<br />

Sponti-Spruchs aus den 70er Jahren wird im Corporate Publishing Wirklichkeit:<br />

Wettbewerbspräsentationen stehen für viele Dienstleister in keinem erträglichen<br />

Kosten-Nutzen-Verhältnis mehr. Neue Wege der Dienstleistersuche sind im Gespräch.<br />

kam dann zum Frust aller Beteiligten<br />

eine bis dahin völlig unbekannte<br />

Zweimann-Agentur. „Es ist die Unsitte<br />

eingeschlichen“, beobachtet etwa<br />

Hans J. Moers, Geschäftsführer von<br />

Muelhaus und Moers in Köln, „kostengünstig<br />

Ideen und Konzepte abzusaugen,<br />

die dann hausintern oder<br />

mit Low-Budget-Anbietern umgesetzt<br />

werden.“ Martina Keller von der<br />

Darmstädter Profilwerkstatt: „Wer<br />

lässt sich denn erst viermal kostenlos<br />

die Haare schneiden, bevor er sich für<br />

einen Friseur entscheidet?“ Keller<br />

stellt den Sinn von Pitches infrage, da<br />

sie lediglich Momentaufnahmen des<br />

Könnens einer – manchmal nur für<br />

diesen Anlass zugekauften – Art- und<br />

Textdirektion seien.<br />

Gerade weil aber Dienstleister<br />

schwere Geschütze auffahren, um ihre<br />

Kompetenz zu zeigen, werden<br />

mangelnde Sorgfalt und schlechte<br />

Vorbereitung auf Seiten der Pitch-<br />

Veranstalter als umso ärgerlicher<br />

empfunden. So war das Team um den<br />

Düsseldorfer Dienstleister Corps<br />

kürzlich verblüfft und sprachlos, als<br />

die Jurymitglieder eines internationalen<br />

Maschinenherstellers während der<br />

Präsentation plötzlich völlig unterschiedliche<br />

Vorstellungen äußerten,<br />

die nichts mehr mit dem Briefing zu<br />

tun hatten. Auch die teils unbedarften<br />

Äußerungen von Jurymitgliedern bekunden<br />

den CP-Dienstleistern immer<br />

wieder Ahnungslosigkeit und Desinteresse<br />

für ihre Präsentation.„Was soll<br />

man antworten“, fragt Corps-Ge-<br />

– 176 –<br />

KUNDENMAGAZIN<br />

18. Mai 2005<br />

schäftsführer Wilfried Lülsdorf sichtlich<br />

ratlos, „wenn man bei einer Layoutpräsentation<br />

gefragt wird, ob man<br />

so viel Weißraum einsetzt, um Druckfarbe<br />

zu sparen?“<br />

Wie auf einem fremden Planeten<br />

fühlte sich auch jene Gruppe einer<br />

Münchner Agentur, die während der<br />

Präsentation bei einem Konzern feststellte,<br />

dass sich die versammelten<br />

Vertreter verschiedener Abteilungen<br />

untereinander entweder kaum kannten<br />

oder so sehr in ihre Bereichskämpfe<br />

verstrickt waren, dass sich<br />

unter den Jurymitgliedern noch<br />

während der Präsentation ein heftiger<br />

Streit über die grundsätzliche Notwendigkeit<br />

eines Magazins entfachte.<br />

Derart heftige Kollissionen verschiedener<br />

Welten scheinen trotz allem<br />

eher die Ausnahme als die Regel.<br />

„Generell spüren wir, dass CP-Ausschreibungen<br />

ziel- und ergebnisorientierter<br />

geworden sind, als sie noch<br />

vor wenigen Jahren waren“, stimmt<br />

Hans J. Moers von Mülhaus & Moers<br />

in Köln versöhnlich. „Die Briefings<br />

sind mit wenigen Ausnahmen professioneller,<br />

klarer und verständlicher<br />

geworden.“ Allerdings will auch er<br />

sich keinesfalls „um jeden Preis“ an<br />

Pitchches beteiligen.<br />

„Genau hinschauen“ – lautet denn<br />

auch die Devise bei Blue Publishing<br />

in München. „Wenn wir aus dem Nirwana<br />

von potenziellen Kunden kontaktiert<br />

werden, überlegen wir uns die<br />

Sinnhaftigkeit einer Teilnahme genau“,<br />

sagt Geschäftsführer Tim Ster-

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