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Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa

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Nahrungsmittel anwenden. Man möchte meinen, dass<br />

die praktische Bedeutung im heutigen Wirtschaftsleben<br />

eher gering ist. Allerdings wird das Riba al-fadl Gebot<br />

nicht nur auf den Warentausch im Rahmen der Gattungsgleichheit<br />

angewendet. Es handelt sich vielmehr<br />

um ein Beispiel für das anzustrebende Verhalten eines<br />

aufrichtigen Kaufmannes. Das Gebot stellt die Grundlage<br />

für aufrichtiges, nicht wucherisches und nicht ausnutzendes<br />

Verhalten dar. Es bildet eine islamrechtliche<br />

Grundlage gegen Preisabsprachen und Monopolbildung<br />

und appelliert darüber hinaus an das Ehrverhalten des<br />

Kaufmannes. In einem solchen Verständnis lässt sich<br />

die Riba al-fadl mit dem deutschen Prinzip von Treu<br />

und Glauben vergleichen.<br />

risikobehaftete Geschäfte<br />

Risikobehaftete Geschäfte (arab: gharar) sind verboten.<br />

Es handelt sich um Geschäfte, in denen ein Element<br />

unbekannt oder unklar bleibt und dadurch die Parteien<br />

des Vertrages einem unkalkulierbaren Risiko bzw. einer<br />

Täuschung unterliegen. Klassische Fälle sind Unklarheiten<br />

im Bereich des Preises, des Produktes, z.B. des<br />

Kaufgegenstandes, oder der Gegenleistung. Praktische<br />

Beispiele z.B. sind der Verkauf von nicht reifen Datteln,<br />

weil man nicht wissen kann, ob sie tatsächlich reifen<br />

werden (zitiert nach Schacht, Kapitel 20 Nr. 4, Seite<br />

147). Andere Bereiche sind das Glückspiel oder auch<br />

das Versicherungswesen, weil man zum Zeitpunkt des<br />

Vertragsschlusses den Zeitpunkt und die Art des Eintritts<br />

einer Gegenleistung nicht vorhersehen kann. Dies<br />

führt zur Täuschung einer der beiden vertragsschliessenden<br />

Parteien und ist daher als rechtswidrig anzusehen.<br />

Ein Geschäft, das als gharar gilt, ist dennoch nicht<br />

immer unbedingt nichtig. Abhängig vom Grad der Unsicherheit<br />

wird ein Geschäft als geringfügig (gharar yasir),<br />

moderat (gharar mutawassit) oder schwerwiegend<br />

(gharar fahish) risikobehaftet angesehen. Nur schwerwiegende<br />

Fälle gelten als nichtige Geschäfte, da kein<br />

Rechtsgeschäft vollkommen risikolos sein kann.<br />

Zu den schwerwiegend risikobehafteten Geschäften<br />

gehört jede Form des Glücksspiels sowie das Versicherungswesen,<br />

sofern es nicht auf Gegenseitigkeit beruht.<br />

Aus diesem Grund hat es lange kein Versicherungsgesetz<br />

in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> gegeben. Die vorherrschende<br />

Meinung ist jedoch, dass Versicherungen möglich sind,<br />

wenn niemand daraus eigennützig Kapital erwirtschaften<br />

kann. Toleriert wird die gemeinsame Übernahme<br />

von Risiken, was die Zulassung von so genannten kooperativen<br />

Versicherungen ermöglicht, bei denen etwaige<br />

Überschüsse an die Genossenschafter zurückfließen.<br />

Die einzige im Inland lizenzierte Versicherung war lange<br />

die NCCI, die National Company for Cooperative Insurance,<br />

die im Jahre 1986 als Aktiengesellschaft durch ein<br />

königliches Dekret ins Leben gerufen wurde. Im Jahre<br />

2003 erfolgte dann der Erlass des Kontrollgesetzes für<br />

Kooperative Versicherungsgesellschaften (Cooperative<br />

Insurance Companies Control Law, Königliches Dekret<br />

Nr. M/32 vom 2/6/1424 H (31.7.2003)), sowie seine<br />

Ausführungsbestimmungen (Ministerielles Dekret Nr.<br />

1/596 vom 1/3/1414 H (20.04.2004)). Danach erhalten<br />

Antragsteller eine Zulassung als Aktiengesellschaft nach<br />

saudischem Recht kraft königlichem Dekret. Nach diesen<br />

gesetzlichen Neuregelungen sind Versicherungen –<br />

wie z.B. Krankenversicherungen – stark im Vormarsch<br />

in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong>. Vorraussetzung für Versicherungsgesellschaften<br />

ist neben besonderer Eignung ein Stammkapital<br />

von 100 Millionen SAR und für Rückversicherer<br />

ein Stammkapital von 200 Millionen SR.<br />

Abtretung (hawala)<br />

rechTliche rAhMenBeDinGunGen – – underlyInG leGAl condItIonS<br />

Die Abtretung von Forderungen ist nach Auffassung<br />

saudischer Gerichte kein Handelsgeschäft. Dies kann<br />

dazu führen, dass ein Kläger bei einem Grundgeschäft,<br />

das handelsrechtlichen Charakter innehat, auf Grund<br />

von abgetretenem Recht nicht vor den Kammern für<br />

Handelssachen des Board of Grievances klagen kann,<br />

sondern vor den allgemeinen Zivilgerichten klagen<br />

muss. Die Abtretung als solche ist aber in ihrer rechtlichen<br />

Wirksamkeit umstritten. Die verschiedenen<br />

Rechtsschulen des Islam stellen an deren Wirksamkeit<br />

unterschiedliche Anforderungen. Diese sind bei der in<br />

<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> vorherrschenden hanbalitischen Rechtsschule<br />

sehr hoch. Insbesondere darf kein bestrittenenes<br />

Recht abgetreten werden. Dies hängt wiederum mit<br />

dem zuvor dargestellten Prinzip des gharar-Geschäfts<br />

zusammen, wonach risikobehaftete Geschäfte nicht<br />

wirksam sind. Der Verkauf einer bestrittenen Forderung<br />

und die daraus resultierende Abtretung sind in<br />

diesem Fall risikobehaftet und damit nicht wirksam. In<br />

der Praxis wird sich ein Kläger aus abgetretenem Recht<br />

eine Vollmacht von dem Abtretenden ausstellen lassen,<br />

um sich aktiv zu legitimieren.<br />

Wechsel und Scheckrecht<br />

Teilbereiche des Handelsrechts sind spezialgesetzlich<br />

geregelt. Dies gilt z.B. für das Scheck- und Wechselrecht,<br />

das durch das Gesetz über Wertpapiere (Commercial<br />

Papers Law, Königliches Dekret Nr. M/37<br />

vom 11/10/1383 H (24.02.1964)) gesetzlich geregelt<br />

wurde. Das saudische Gesetz orientiert sich an den<br />

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