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Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa

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DAS rechTSSYSTeM SAuDi-ArABienS<br />

Bei dem Recht des Königreiches <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> handelt<br />

es sich grundsätzlich nicht um kodifiziertes Recht,<br />

sondern um islamisches Recht, das seine Grundlagen<br />

in den folgenden vier Quellen hat:<br />

– koran,<br />

– Sunna, d.h. die überlieferten Sprüche, Handlungen<br />

und Duldungen des Propheten als Modell richtigen<br />

Verhaltens,<br />

– ijma c , d.h. der Konsens der islamischen Gemeinde,<br />

festgestellt durch die anerkannten Rechtsgelehrten,<br />

und<br />

– qiyas, d.h. die aufgrund von Rechtsanalogie durch die<br />

islamischen Rechtsschulen entwickelte Rechtslage.<br />

Der zentralarabische Raum folgt der hanbalitischen<br />

Rechtsschule, in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> geprägt durch Mohammad<br />

Ibn Abdul-Wahab Al-Shaikh (1703-1792),<br />

der zu seinen Lebzeiten im 18. Jahrhundert starken<br />

religiösen Einfluss hatte. Er folgte den Lehren von Ibn<br />

Taymiyya (728AH/1328AD) aus Damaskus. Weitere<br />

Rechtsschulen im sunnitischen Islam sind die Malikiten,<br />

im Wesentlichen im Maghreb, die Hanafiten in<br />

Ägypten und an der Levante und die Shafi c iten, ebenfalls<br />

in Ägypten.<br />

<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> als Flächenstaat unterliegt traditionell<br />

unterschiedlichen rechtlichen Einflüssen. Zum einen<br />

gab es an der Westküste <strong>Arabien</strong>s, dem Hijaz, den Einfluss<br />

des Osmanischen Reiches und damit der Mejelle<br />

(Majalat Al-Ahkam Al-Adliyah), einer der hanafitischen<br />

Rechtsschule zuzuordnenden Kodifizierung des Vertrags-<br />

und Obligationenrechts sowie des Zivilverfahrensrechts.<br />

Diese trat im Osmanischen Reich im Jahr<br />

1877 in Kraft.<br />

Zum anderen verbreitete sich von Ägypten aus ein kodifizierten<br />

Zivilrecht. Dort trat im Jahre 1948 ein Zivilgesetzbuch<br />

in Kraft, das im Wesentlichen von dem<br />

berühmten ägyptischen Juristen Abdel Razzaq As-<br />

Sanhuri erarbeitet wurde. Dieser wurde in der Folgezeit<br />

beauftragt, Zivilgesetzbücher für verschiedene Staaten<br />

wie z.B. den Irak (1951), Libyen (1953), Kuwait (1859),<br />

Sudan und Bahrain (1961) zu entwerfen.<br />

Diese Entwicklung wurde jedoch in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong><br />

nicht vollzogen. Hier ging es in erster Linie um die Einigung<br />

des Reichs und das Festhalten an Traditionen,<br />

frei von kolonialistischen Einflüssen. Vermutlich hat<br />

es im Jahr 1927 einen Versuch von König Abdul Aziz<br />

gegeben, das islamische Recht, basierend auf der hanbalitischen<br />

Auslegung Ibn Taymiyyas, kodifizieren zu<br />

lassen. Die hanbalitischen Rechtsgelehrten sperrten<br />

sich aber hiergegen und Vorschriften <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong>s<br />

aus den Jahren 1928 und 1930 schreiben vor, dass<br />

sich die Richter in ihrer Rechtsfindung an die anerkannten<br />

Quellen der hanbalitischen Rechtsschule zu<br />

halten haben.<br />

Es hat später noch einmal den Versuch gegeben, Rechtsprinzipien<br />

der hanbalitischen Rechtsschule zu kodifizieren.<br />

Das so entstandene Werk Majallat Al-Ahkam<br />

Ash-Shariya von Al-Qari erschien im Jahre 1401 H<br />

(1981) in Jeddah. Es hat allerdings nie die Bedeutung<br />

eines Gesetzes erlangt, sondern dient Juristen als bloße<br />

Unterstützung bei der Rechtsfindung.<br />

Ähnliches war bereits Anfang der zwanziger Jahre bei<br />

dem Versuch geschehen, dem damaligen Königreich<br />

von Nejd und Hijaz eine Verfassung zu geben, die dann<br />

zumindest nicht verlängert wurde. Auch ein Sharia-<br />

Zivilverfahrensgesetz, das 1410 H (1992) im amtlichen<br />

Anzeiger, der Um Al-Qura veröffentlicht wurde, trat<br />

letztendlich nicht in Kraft.<br />

So sind die Gesetze <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong>s eigentlich keine<br />

Gesetze, da es neben dem religiösen Recht, das als Gesetz<br />

dient, keine durch Menschenhand geschaffenen<br />

Gesetze geben kann. Dies wird deutlich in der arabischen<br />

Wortwahl, die sich wohl nur in <strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong><br />

findet. Gesetzliche Vorschriften heißen nicht qanun,<br />

sondern nizam, also Vorschriften und nicht Gesetze, im

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