27.11.2012 Aufrufe

Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa

Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa

Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

122<br />

hierzu keine materiell-rechtlichen Vorschriften. Üblich<br />

sind entweder eine unbeschränkte Laufzeit mit einer<br />

einzuhaltenden Kündigungsfrist oder eine bestimmte<br />

Laufzeit mit automatischer Verlängerung, wenn nicht<br />

innerhalb einer bestimmten Frist gekündigt wird. Möglich<br />

ist aber auch die Vereinbarung einer bestimmten<br />

Laufzeit ohne automatische Verlängerung. In diesem<br />

Fall muss aber darauf geachtet werden, dass der Vertrag<br />

nicht faktisch fortgesetzt wird, da er dann in einen<br />

Vertrag von unbestimmter Dauer umgedeutet werden<br />

kann. Einen solchen Vertrag zu kündigen, stellt sich<br />

dann schwieriger dar, da in diesem Fall normalerweise<br />

besondere Kündigungsgründe angeführt werden müssen.<br />

Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, in jedem<br />

Fall eine Anzahl von Kündigungsgründen in den Vertrag<br />

aufzunehmen, zumal es an materiell-rechtlichen<br />

gesetzlichen Regelungen fehlt. Grundsätzlich ist es aber<br />

die Auffassung saudischer Gerichte, dass ein Vertrag<br />

ordentlich kündbar sein muss. Dies bedeutet, es sind<br />

nicht unbedingt außerordentliche Kündigungsgründe,<br />

also wesentliche Vertragsverletzungen seitens des Handelsvertreters,<br />

erforderlich, um eine Kündigung wirksam<br />

zu gestalten. Gleichwohl sollte eine Kündigung<br />

regelmäßig gut vorbereitet sein und zunächst rechtskundiger<br />

Rat eingeholt werden.<br />

Abfindung des gekündigten Vertreters<br />

Eine gesetzlich verankerte Abfindung steht dem gekündigten<br />

Vertreter – im Gegensatz zu der Regelung in<br />

anderen Staaten der Region – nicht zu. Allerdings wird<br />

in der Praxis häufig eine Abfindung verlangt und auch<br />

gezahlt. Die Zahlung einer Abfindung basiert häufig<br />

auf der Erkenntnis, dass man auch nach erfolgter Kündigung<br />

manchmal noch die Unterstützung des gekündigten<br />

Handelsvertreters/Vertragshändlers benötigt.<br />

Diese Unterstützung kann darin bestehen, dass<br />

– der Vertreter noch die De-Registrierung des<br />

Vertrages bei dem Handelsministerium betreiben<br />

soll, um die Neu-Registrierung des neuen<br />

Handelsvertreters/Vertragshändlers zu ermöglichen;<br />

– sich Warenbestände oder Ersatzteile noch bei dem<br />

alten Vertreter befinden, die aus wirtschaftlichen<br />

Gründen zurückgekauft werden sollen;<br />

– bestimmte Angestellte des gekündigten Vertreters<br />

bei dem neuen Vertreter weiterbeschäftigt werden<br />

sollen;<br />

– der Unternehmer noch geldwerte Forderungen<br />

gegenüber dem Vertreter hat, die im Falle des<br />

Ausbleibens einer Einigung nur schwer<br />

realisierbar sind.<br />

Für den Fall, dass ein Handelsvertretervertrag beim<br />

saudischen Handelsministerium registriert war und es<br />

zu keiner Einigung kommt, ist das so genannte Komitee<br />

zur Beilegung handelsvertreterrechtlicher Streitigkeiten<br />

für die Vermittlung eines Vergleichs zwischen<br />

den streitenden Parteien bei Auflösung eines Vertrages<br />

zuständig. Diese Kommission ist besetzt mit den Generalsekretären<br />

der Handelskammern sowie Vertretern<br />

des Handelsministeriums. Die eigentliche Aufgabe<br />

dieses Komitees ist es, dem Handelsminister eine Empfehlung<br />

zu geben, ob ein Vertrag de-registriert werden<br />

soll, obwohl die streitenden Parteien sich noch nicht einigen<br />

konnten und gegebenenfalls noch ein Verfahren<br />

anhängig ist oder sein wird.<br />

Anwendbares recht / Gerichtsstand<br />

Der vom saudischen Handelsministerium herausgegebene<br />

Mustervertrag enthält den Vorschlag des saudischen<br />

Rechts als anwendbarem Recht und überlässt<br />

den Parteien die Wahl zwischen inländischem oder<br />

ausländischem Schiedsgericht. Dies deutet daraufhin,<br />

dass die Parteien grundsätzlich sowohl anwendbares<br />

Recht als auch vor allem den Gerichtsstand frei wählen<br />

können. Diese Freiheit wird aber durch verschiedene<br />

Erwägungen begrenzt:<br />

<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> kennt kein internationales Privatrecht,<br />

also keine Normen, die zur Anwendbarkeit des Rechts<br />

eines anderen Staates führen können. Dies hat zur<br />

Folge, dass ein Vertrag, der saudischen Gerichtsstand<br />

aufweist auch saudisches Recht zum anwendbaren<br />

Recht erklären sollte. <strong>Saudi</strong>sche Gerichte haben die<br />

Vereinbarung eines ausländischen Schiedsgerichts<br />

teilweise durch eine eigene Unzuständigkeitserklärung<br />

indirekt anerkannt. Es besteht eine begründete<br />

Einschätzung, dass sich diese Rechtsauffassung weiter<br />

etablieren wird, so dass davon ausgegangen werden<br />

kann, dass die Vereinbarung eines ausländischen<br />

Schiedsgerichts einer saudischen gerichtlichen Überprüfung<br />

standhält.<br />

Eine ähnliche Aussage kann derzeit zu der Anerkennung<br />

einer Vereinbarung mit ausländischem ordentlichem<br />

Gerichtsstand nicht gemacht werden.<br />

<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> ist im Jahre 1994 dem New Yorker<br />

Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung<br />

ausländischer Schiedssprüche von 1958<br />

beigetreten. Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche<br />

ist jedoch langwierig, kostenintensiv und verbunden<br />

mit der Unsicherheit über einen erfolgreichen<br />

Verfahrensabschluss (siehe auch Teil VII, 11.).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!