Saudi-Arabien Wirtschaftshandbuch Saudi Arabia Business ... - Ghorfa
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hierzu keine materiell-rechtlichen Vorschriften. Üblich<br />
sind entweder eine unbeschränkte Laufzeit mit einer<br />
einzuhaltenden Kündigungsfrist oder eine bestimmte<br />
Laufzeit mit automatischer Verlängerung, wenn nicht<br />
innerhalb einer bestimmten Frist gekündigt wird. Möglich<br />
ist aber auch die Vereinbarung einer bestimmten<br />
Laufzeit ohne automatische Verlängerung. In diesem<br />
Fall muss aber darauf geachtet werden, dass der Vertrag<br />
nicht faktisch fortgesetzt wird, da er dann in einen<br />
Vertrag von unbestimmter Dauer umgedeutet werden<br />
kann. Einen solchen Vertrag zu kündigen, stellt sich<br />
dann schwieriger dar, da in diesem Fall normalerweise<br />
besondere Kündigungsgründe angeführt werden müssen.<br />
Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, in jedem<br />
Fall eine Anzahl von Kündigungsgründen in den Vertrag<br />
aufzunehmen, zumal es an materiell-rechtlichen<br />
gesetzlichen Regelungen fehlt. Grundsätzlich ist es aber<br />
die Auffassung saudischer Gerichte, dass ein Vertrag<br />
ordentlich kündbar sein muss. Dies bedeutet, es sind<br />
nicht unbedingt außerordentliche Kündigungsgründe,<br />
also wesentliche Vertragsverletzungen seitens des Handelsvertreters,<br />
erforderlich, um eine Kündigung wirksam<br />
zu gestalten. Gleichwohl sollte eine Kündigung<br />
regelmäßig gut vorbereitet sein und zunächst rechtskundiger<br />
Rat eingeholt werden.<br />
Abfindung des gekündigten Vertreters<br />
Eine gesetzlich verankerte Abfindung steht dem gekündigten<br />
Vertreter – im Gegensatz zu der Regelung in<br />
anderen Staaten der Region – nicht zu. Allerdings wird<br />
in der Praxis häufig eine Abfindung verlangt und auch<br />
gezahlt. Die Zahlung einer Abfindung basiert häufig<br />
auf der Erkenntnis, dass man auch nach erfolgter Kündigung<br />
manchmal noch die Unterstützung des gekündigten<br />
Handelsvertreters/Vertragshändlers benötigt.<br />
Diese Unterstützung kann darin bestehen, dass<br />
– der Vertreter noch die De-Registrierung des<br />
Vertrages bei dem Handelsministerium betreiben<br />
soll, um die Neu-Registrierung des neuen<br />
Handelsvertreters/Vertragshändlers zu ermöglichen;<br />
– sich Warenbestände oder Ersatzteile noch bei dem<br />
alten Vertreter befinden, die aus wirtschaftlichen<br />
Gründen zurückgekauft werden sollen;<br />
– bestimmte Angestellte des gekündigten Vertreters<br />
bei dem neuen Vertreter weiterbeschäftigt werden<br />
sollen;<br />
– der Unternehmer noch geldwerte Forderungen<br />
gegenüber dem Vertreter hat, die im Falle des<br />
Ausbleibens einer Einigung nur schwer<br />
realisierbar sind.<br />
Für den Fall, dass ein Handelsvertretervertrag beim<br />
saudischen Handelsministerium registriert war und es<br />
zu keiner Einigung kommt, ist das so genannte Komitee<br />
zur Beilegung handelsvertreterrechtlicher Streitigkeiten<br />
für die Vermittlung eines Vergleichs zwischen<br />
den streitenden Parteien bei Auflösung eines Vertrages<br />
zuständig. Diese Kommission ist besetzt mit den Generalsekretären<br />
der Handelskammern sowie Vertretern<br />
des Handelsministeriums. Die eigentliche Aufgabe<br />
dieses Komitees ist es, dem Handelsminister eine Empfehlung<br />
zu geben, ob ein Vertrag de-registriert werden<br />
soll, obwohl die streitenden Parteien sich noch nicht einigen<br />
konnten und gegebenenfalls noch ein Verfahren<br />
anhängig ist oder sein wird.<br />
Anwendbares recht / Gerichtsstand<br />
Der vom saudischen Handelsministerium herausgegebene<br />
Mustervertrag enthält den Vorschlag des saudischen<br />
Rechts als anwendbarem Recht und überlässt<br />
den Parteien die Wahl zwischen inländischem oder<br />
ausländischem Schiedsgericht. Dies deutet daraufhin,<br />
dass die Parteien grundsätzlich sowohl anwendbares<br />
Recht als auch vor allem den Gerichtsstand frei wählen<br />
können. Diese Freiheit wird aber durch verschiedene<br />
Erwägungen begrenzt:<br />
<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> kennt kein internationales Privatrecht,<br />
also keine Normen, die zur Anwendbarkeit des Rechts<br />
eines anderen Staates führen können. Dies hat zur<br />
Folge, dass ein Vertrag, der saudischen Gerichtsstand<br />
aufweist auch saudisches Recht zum anwendbaren<br />
Recht erklären sollte. <strong>Saudi</strong>sche Gerichte haben die<br />
Vereinbarung eines ausländischen Schiedsgerichts<br />
teilweise durch eine eigene Unzuständigkeitserklärung<br />
indirekt anerkannt. Es besteht eine begründete<br />
Einschätzung, dass sich diese Rechtsauffassung weiter<br />
etablieren wird, so dass davon ausgegangen werden<br />
kann, dass die Vereinbarung eines ausländischen<br />
Schiedsgerichts einer saudischen gerichtlichen Überprüfung<br />
standhält.<br />
Eine ähnliche Aussage kann derzeit zu der Anerkennung<br />
einer Vereinbarung mit ausländischem ordentlichem<br />
Gerichtsstand nicht gemacht werden.<br />
<strong>Saudi</strong>-<strong>Arabien</strong> ist im Jahre 1994 dem New Yorker<br />
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung<br />
ausländischer Schiedssprüche von 1958<br />
beigetreten. Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche<br />
ist jedoch langwierig, kostenintensiv und verbunden<br />
mit der Unsicherheit über einen erfolgreichen<br />
Verfahrensabschluss (siehe auch Teil VII, 11.).