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Goldhaubenzeitung 2010/2 - Goldhaubengemeinschaft

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10Berichte der LandesleitungTRACHT – GESTERN UND HEUTEFestrede gehalten beim 4. Landestreffen aller Obfrauen der OÖ. Goldhauben-,Kopftuch- und Hutgruppen am Samstag, den 10. April <strong>2010</strong> im Raiffeisenforum inLinz von Anneliese RatzenböckTracht ist ein Thema, das mir immer am Herzen liegt. Sie isteine der tragenden Säulen der Volkskultur, so wie die <strong>Goldhaubengemeinschaft</strong>eine tragende Säule der oberösterreichischenKultur ist. Tracht ist die bodenständige, oder sagenwir besser, die beständige Kleidung. Und Beständigkeit istin unserem sich so rasch fortwälzenden Zeitalter eine rechtrare Erscheinung geworden und doch ist sie eine Notwendigkeit,ohne die das menschliche Zusammenleben und„Genau genommen müssten wir zurSchöpfungsgeschichte zurückkehren,denn eigentlich hat uns der Sündenfalldie Tracht gebracht.“auch der Fortschritt nicht funktionieren würde. Aus der Traditionwächst das Neue. Diese Erfahrungen sind auch im Alltäglichenspürbar, sie erfassen alle Lebensbereiche, von derWohn- und Arbeitswelt, der Freizeitgestaltung, ja bis hin zuso profanen Dingen wie Essen und Trinken und selbstverständlichbis zur Bekleidung. Dabei gibt es kaum etwas, dasden Wandel der Zeit in so unerhörter Vielfalt und Schnelligkeitwiderspiegelt wie die Bekleidungsmode. Aber hier habenwir eine festgefügte Konstruktion, die aus der Traditionder Vergangenheit in die Zeit eingeflochten ist – die Tracht!Natürlich steht im Kreis der heimatverbundenen Menschendiese Kleidung im Mittelpunkt des Interesses, aber trotzdemist es immer wieder notwendig, den Begriff „Tracht“ neu zudefinieren und in die Vergangenheit zu reflektieren.Tracht kommt von „Tragen“, das weiß jeder, es ist das, was einVolk, eine Gemeinschaft, trägt, die landschaftsgebundeneKleidung. So wie die Landschaft und die Lebensbedingungendie Sitten und Bräuche der Menschen beeinflussten, soprägte Arbeit, sozialer Status, Umwelt und selbstverständlichauch das Schönheitsempfinden die Tracht.Genau genommen müssten wir zur Schöpfungsgeschichtezurückkehren, denn eigentlich hat uns der Sündenfall dieTracht gebracht. Hier verspürten die Menschen plötzlich dasVerlangen, ihre Nacktheit zu bedecken. Aber ich möchte hiergar nicht bei Adam und Eva anfangen, ich gehe auch nichtzurück zu den Grabungsfunden aus den vorchristlichen Jahrhunderten,ich rede nicht von der Tracht des „Ötzi“, die manso wunderbar rekonstruieren konnte und die nun im Museumin Bozen zu bewundern ist. Ich gehe nicht einmal zurückbis zu den Kleiderverordnungen des Mittelalters. Obwohl ichhier schon eine Bemerkung machen möchte. Kleidung durchVerordnung und Gesetze den Menschen vorzuschreiben, istkeine gute Sache. Und wir alle, die wir in der Volkskultur tätigsind, haben aus der Kenntnis der Vergangenheit heraus dieVerpflichtung, zwar die Traditionen und das Althergebrachteweiterzutragen, aber auch die Vergangenheit dort, wo sieFehler gemacht hat, zu korrigieren. Es gibt einen Spruch, derheißt: „Lasst uns an dem Alten, so es gut ist halten …!“ Hier istja auch schon der Zweifel angemeldet, dass „alt“ nicht unbedingtgleich zu setzen ist mit „gut“ und die gute alte Zeit, vonder wir so gerne reden, hat es in der Realität unserer Vorfahrenwahrscheinlich nie gegeben. Sie existiert nur in unserenVorstellungen und Fantasien. Es ist schlecht, wenn durch dieTracht soziale Rangunterschiede sichtbar gemacht werden.Hier haben wir aber die Vergangenheit bereits korrigiert.Wir haben das genaue Gegenteil erreicht und das ist gut so:Heute ist die Tracht, die alle sozialen Rangunterschiede ausgleichtund verschwinden lässt.„Es war damals möglich, ein Kleidein Leben lang zu tragen,ohne darin lächerlich zu wirken.“Wenn ich bei der Tracht an gestern denke, dann gehe ich zurückin das 18./19. Jahrhundert. Fast alles was wir als „Volkstracht“in Österreich ansprechen, kommt aus dem 18. Jahrhundertund hat sich bis in die Mitte des 19. Jahrhundertsrelativ konstant gehalten. Natürlich immer wieder beeinflusstauch von modischen Tendenzen. Aber die Mode ging damalsauch noch zu Fuß und Veränderungen sind immer sehr lang-

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