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STORY / 20 Aber zurück ins Apartment von Lukas und von Kathleen. Die junge Frau aus Missouri ist hier, weil sie die „Insel USA“ verlassen wollte. Ein Land, in dem nur wenige etwas von der Welt drum herum wissen. „Meine Eltern wollten nicht, dass ich von Zuhause weggehe. Sie sagten: Wenn Du eine Uni vom Rang der amerikanischen Elitehochschulen findest, dann darfst Du ins Ausland“, erzählt Kathleen. Die Eltern haben nicht geahnt, dass ihre Tochter in Deutschland fündig würde. „Ich habe einfach >english speaking university europe< bei Google eingegeben. Und ganz oben stand die Jacobs Uni“, berichtet Kathleen. Jetzt studiert sie „Integrated Cultural Studies“ im zweiten Jahr. So zufällig können sich Lebensläufe entwickeln. Und nach wie vor ist das Internet hilfreich: Wenn ihre Eltern Kathleen heute sehen wollen, klicken sie auf Youtube die Nachrichtensendung „Jacobs student news“ an, die Kathleen professionell moderiert. Das schwarze Brett hat ausgedient. Campus-Fernsehen ist eine Selbstverständlichkeit. Lernen mit Ausblick: Christina und Dragos genießen das viele Grün vor der Bibliothek Lachana studiert Elektrotechnik und Informatik und fand die Jacobs Uni über das Internet VON NEPAL NACH BREMEN DANK GOOGLE Seine Heimat Mauritius ist ein Vielvölkerstaat – das College irgendwie auch, findet Shailen Auch Lachana (20) wäre nicht in Bremen ohne Internet, ohne Google. Sie kommt aus Nepal. Seit sie 15 ist, lebt sie im Ausland. Die High School absolvierte sie bereits in England. Jetzt studiert sie „Electrical Engineering and Computer Sciences“. Sie möchte viel lernen, um später ihre Heimat, ein Entwicklungsland, mit aufzubauen. Im Moment baut sie erst einmal mit an der Identität eines neuen Colleges: „Das hat mich total gereizt, hier einzuziehen. Man kann mitwirken, in einem ganz neuen Haus neue Regeln zu schaffen, und muss sich nicht an die Traditionen halten, die die anderen Colleges hier schon entwickelt haben.“ Identität ist für Lachana ein wichtiges Thema. Erst hier in Bremen ist sie sich ihrer Herkunft bewusst geworden: „Je weiter man weg ist von Zuhause, umso mehr liebt man seine Heimat.“ Der Blick auf sich selbst in der Fremde schärft auch den Blick auf andere: „Alles, was ich tue“, sagt Lachana, „wird interpretiert. Was für mich richtig ist, mag für andere falsch sein. Was ich hier über andere Menschen und ihre Sichtweise lerne, steht in keinem Buch.“ Lachanas Gedanken drücken aus, was hier an der Jacobs University erreicht werden soll: Weltbürger mit sozialem Engagement auszubilden. Das College, der Campus, die ganze Uni bringen die Welt in Ausschnitten auf 30 Hektar zusammen – eine ideale Voraussetzung auf das Leben in einer globalisierten und multikulturellen Welt. Dieses internationale Flair ändert auch die Einstellung des deutschen Personals: „Egal ob es um Politik, Religion, Freundschaften, Essen, Arbeit oder Kunst geht. Fast täglich trifft unsere eigene Weltsicht auf völlig andere Perspektiven“, erzählt Pressesprecher Peter Wiegand und folgert daraus: „Wir dürfen unseren Studenten nicht einfach unsere typisch deutschen Verhaltensweisen überstülpen, sondern müssen uns auf das Abenteuer der kulturellen Vielfalt wirklich einlassen.“ Rücksicht und Toleranz sind Nebenprodukte des Alltags auf dem Jacobs Campus. OLYMPIADE ODER OSAMA-PROZESS Noch etwas verspricht, dass aus den jungen „high potentials“ keine eindimensional orientierten Karrieristen werden: Etliche Möglichkeiten für ein ehrenamtliches Engagement, Sport- und Freizeitangebote sollen verhindern, dass die Studenten immer nur lernen. Lukas rudert, Kathleen hat einen studentischen Kunst-Club gegründet, andere sind im „United-Nations-Club“ aktiv, in dem die Studenten mit Kommilitonen aus aller Welt diplomatische Szenarien nachbilden und auch einmal eine Gerichtsverhandlung gegen Osama bin Laden simulieren. Auch Dragos (19) bringt sich ein: Der Rumäne war einer der ersten Bewohner im College Nordmetall und arbeitet im Office Team. Wenn alle Erstsemester pünktlich ihr Namensschild an der Apartmenttür haben oder ein Film-Abend organisiert wird, steckt Dragos dahinter. Und Anfang September hat er als Trainer bei der Orientierungswoche für die Neuankömmlinge mitgemacht. Dabei geht es auch darum, alle auf die multikulturelle Atmosphä- NORDMETALL Standpunkte 5 / 2009

Rudern, orientalischer Tanz, Campusradio, Studentenparlament – kein Wunder, dass viele erst nachts zum Lernen kommen re vorzubereiten – einschließlich möglicher Konflikte. „Aber wer hierhin kommt, ist eigentlich offen für andere und frei von Vorurteilen“, sagt Dragos. Auch unter Israelis und Palästinensern gäbe es in Bremen Freundschaften. Im Moment bereitet Dragos die Olympischen Spiele vor, bei denen alle Jacobs-Colleges gegeneinander antreten. Dragos sucht noch dringend Cheerleader. Da kann Christina zurzeit nicht helfen. Die 20-jährige aus Lemgo hat einen Bänderriss. Aber sie will ihre Mitbewohner lautstark am Spielfeldrand unterstützen. Sie studiert „Biochemistry and Cell Biology“. Diese Disziplin auf englisch gibt es nur hier in Bremen. Doch nicht nur ihr Fach, die ganze Atmosphäre begeistert sie täglich aufs Neue: „Ich genieße es hier so sehr, dass ich gar nicht an die Zeit danach denken will.“ WER IST NERD-METALL? Für Shailen ist das Studienende noch ganz weit weg. Der 22-jährige ist gerade erst aus Mauritius im College Nordmetall angekommen. Ziel ist der Abschluss als Bachelor im Fach „Electrical Engineering and Computer Science“. Schon als Kind haben ihm technische Geräte viel Spaß bereitet: Anfangs hat er sie noch kaputt gemacht, später dann repariert. Sein Studium sei ähnlich: „Es geht ums Auseinandernehmen und Neu zusammensetzen – nur komplexer.“ Shailen erzählt, dass er eine Gänsehaut bekommen habe, als er den Campus und sein College das erste Mal betreten habe: „Aus den Bildern im Internet wurde Wirklichkeit.“ Mit dem Namensgeber konnte er allerdings nichts anfangen. Und weil ja alle Englisch sprechen, ließ die erste Verballhornung des Sponsor-Namens nicht lange auf sich warten: Die Eröffnungsparty der Studenten stand unter dem Motto „Nerd-Metall“ („nerd“ englisch für Fachidiot). Und viele kamen im Nerd-Outfit – mit übergroßer Brille und Hosenträgern, die die Jeans bis unter den Bauchnabel zogen. Es wird Zeit, eine weitere Freund- NORDMETALL Standpunkte 5 / 2009 STORY / 21 schaft zu knüpfen: zwischen Verband und Studenten aus aller Welt. Der Besuch im College Nordmetall geht zu Ende – und zwar im obersten Stock, ganz hinten. Eine Tür, eine Klingel, dahinter … ein Flur, ein Wohnzimmer, eine Küche, tobende Kinder. Nanu? Es ist die Wohnung des College Masters. Der heißt Thomas Heine und ist Physikprofessor an der Jacobs Uni. Ganz wie an amerikanischen und englischen Spitzen-Unis üblich wohnt auch hier ein Professor mit Familie Tür an Tür mit seinen Studenten. Kann es hier einen Feierabend geben? „Es ist schon ein integrierteres Leben“, sagt der Wissenschaftler: „Aber so habe ich auch einen besseren, weil ständigen Zugang zu den Studenten.“ Er brauche nun mal die Besten für seine Forschung. Da sei es praktisch, wenn man sie öfter treffe. Und er verrät noch einen riesigen Vorteil: „Wenn man einen Babysitter braucht, hat man hier einen in fünf Minuten.“ PH i An der Jacobs University studieren 1.200 Studenten aus 93 Nationen bei 100 Professoren. Sie ist die einzige Uni in Deutschland, an der ausschließlich in Englisch gelehrt wird und belegt Spitzenplätze im Hochschulranking. Gegründet wurde die Universität 1999 auf einem ehemaligen Kasernengelände in Bremen-Nord. Der Kaffee-Unternehmer Klaus J. Jacobs bewahrte die Uni 2006 vor der Insolvenz. Seitdem trägt sie seinen Namen. Mit seiner Spende von 200 Millionen Euro stieg die Jacobs University auf in die Liga ihrer Vorbilder Harvard und Yale. Fotos (12): Haas, Jacobs University

STORY / 20<br />

Aber zurück ins Apartment<br />

von Lukas und von<br />

Kathleen. Die junge Frau<br />

aus Missouri ist hier, weil<br />

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wollte. Ein Land, in<br />

dem nur wenige etwas<br />

von der Welt drum herum<br />

wissen. „Meine Eltern<br />

wollten nicht, dass ich<br />

von Zuhause weggehe. Sie<br />

sagten: Wenn Du eine Uni<br />

vom Rang der amerikanischen<br />

Elitehochschulen<br />

findest, dann darfst Du<br />

ins Ausland“, erzählt<br />

Kathleen. Die Eltern haben<br />

nicht geahnt, dass ihre Tochter in Deutschland<br />

fündig würde. „Ich habe einfach >english speaking<br />

university europe< bei Google eingegeben. Und ganz<br />

oben stand die Jacobs Uni“, berichtet Kathleen. Jetzt<br />

studiert sie „Integrated Cultural Studies“ im <strong>zwei</strong>ten<br />

Jahr. So zufällig können sich Lebensläufe entwickeln.<br />

Und nach wie vor ist das Internet hilfreich:<br />

Wenn ihre Eltern Kathleen heute sehen wollen, klicken<br />

sie auf Youtube die Nachrichtensendung „Jacobs<br />

student news“ an, die Kathleen professionell<br />

moderiert. Das schwarze Brett hat ausgedient. Campus-Fernsehen<br />

ist eine Selbstverständlichkeit.<br />

Lernen <strong>mit</strong> Ausblick: Christina<br />

und Dragos genießen das viele<br />

Grün vor der Bibliothek<br />

Lachana studiert Elektrotechnik<br />

und Informatik und fand die<br />

Jacobs Uni über das Internet<br />

VON NEPAL NACH BREMEN<br />

DANK GOOGLE<br />

Seine Heimat Mauritius ist<br />

ein Vielvölkerstaat – das<br />

College irgendwie auch,<br />

findet Shailen<br />

Auch Lachana (20) wäre nicht in <strong>Bremen</strong> ohne<br />

Internet, ohne Google. Sie kommt aus Nepal. Seit sie<br />

15 ist, lebt sie im Ausland. Die High School absolvierte<br />

sie bereits in England. Jetzt studiert sie „Electrical<br />

Engineering and Computer Sciences“. Sie<br />

möchte viel lernen, um später ihre Heimat, ein Entwicklungsland,<br />

<strong>mit</strong> aufzubauen. Im Moment baut sie<br />

erst einmal <strong>mit</strong> an der Identität eines neuen Colleges:<br />

„Das hat mich total gereizt, hier einzuziehen.<br />

Man kann <strong>mit</strong>wirken, in einem ganz neuen Haus<br />

neue Regeln zu schaffen, und muss sich nicht an die<br />

Traditionen halten, die die anderen Colleges hier<br />

schon entwickelt haben.“ Identität ist für Lachana<br />

ein wichtiges Thema. Erst hier in <strong>Bremen</strong> ist sie sich<br />

ihrer Herkunft bewusst geworden: „Je weiter man<br />

weg ist von Zuhause, umso mehr liebt man seine<br />

Heimat.“ Der Blick auf sich selbst in der Fremde<br />

schärft auch den Blick auf andere: „Alles, was ich<br />

tue“, sagt Lachana, „wird interpretiert. Was für mich<br />

richtig ist, mag für andere falsch sein. Was ich hier<br />

über andere Menschen und ihre Sichtweise lerne,<br />

steht in keinem Buch.“ Lachanas Gedanken drücken<br />

aus, was hier an der Jacobs University erreicht werden<br />

soll: Weltbürger <strong>mit</strong> sozialem Engagement auszubilden.<br />

Das College, der Campus, die ganze Uni<br />

bringen die Welt in Ausschnitten auf 30 Hektar zusammen<br />

– eine ideale Voraussetzung auf das Leben<br />

in einer globalisierten und multikulturellen Welt.<br />

Dieses internationale Flair ändert auch die Einstellung<br />

des deutschen Personals: „Egal ob es um<br />

Politik, Religion, Freundschaften, Essen, Arbeit oder<br />

Kunst geht. Fast täglich trifft unsere eigene Weltsicht<br />

auf völlig andere Perspektiven“, erzählt Pressesprecher<br />

Peter Wiegand und folgert daraus: „Wir<br />

dürfen unseren Studenten nicht einfach unsere typisch<br />

deutschen Verhaltensweisen überstülpen, sondern<br />

müssen uns auf das Abenteuer der kulturellen<br />

Vielfalt wirklich einlassen.“ Rücksicht und Toleranz<br />

sind Nebenprodukte des Alltags auf dem Jacobs<br />

Campus.<br />

OLYMPIADE ODER OSAMA-PROZESS<br />

Noch etwas verspricht, dass aus den jungen „high<br />

potentials“ keine eindimensional orientierten Karrieristen<br />

werden: Etliche Möglichkeiten für ein ehrenamtliches<br />

Engagement, Sport- und Freizeitangebote<br />

sollen verhindern, dass die Studenten immer nur<br />

lernen. Lukas rudert, Kathleen hat einen studentischen<br />

Kunst-Club gegründet, andere sind im „United-Nations-Club“<br />

aktiv, in dem die Studenten <strong>mit</strong><br />

Kommilitonen aus aller Welt diplomatische Szenarien<br />

nachbilden und auch einmal eine Gerichtsverhandlung<br />

gegen Osama bin Laden simulieren.<br />

Auch Dragos (19) bringt sich ein: Der Rumäne<br />

war einer der ersten Bewohner im College Nordmetall<br />

und arbeitet im Office Team. Wenn alle Erstsemester<br />

pünktlich ihr Namensschild an der Apartmenttür<br />

haben oder ein Film-Abend organisiert<br />

wird, steckt Dragos dahinter. Und Anfang September<br />

hat er als Trainer bei der Orientierungswoche<br />

für die Neuankömmlinge <strong>mit</strong>gemacht. Dabei geht es<br />

auch darum, alle auf die multikulturelle Atmosphä-<br />

NORDMETALL Standpunkte 5 / 2009

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