Phantastik in der Postmoderne: David Lynchs `twin Peaks´
Phantastik in der Postmoderne: David Lynchs `twin Peaks´
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“Im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t erlangt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle (und nicht mehr emotionale) Verwendung des<br />
Phantastischen Bedeutung: Als Spiel, Ironie, Augenzw<strong>in</strong>kern, und auch als Meditation über die<br />
Alpträume o<strong>der</strong> die versteckten Wünsche des zeitgenössischen Menschen.“ 21<br />
Neben Caillois maximalistischer und Todorov/Dursts m<strong>in</strong>imalistischer <strong>Phantastik</strong>def<strong>in</strong>ition<br />
gibt es e<strong>in</strong>e motivische Def<strong>in</strong>ition, als Beispiel sei hier <strong>der</strong> schon e<strong>in</strong>gangs erwähnte Hans<br />
Richard Brittnacher angeführt:<br />
„Die Literaturwissenschaft ist gut beraten, auf texttheoretische Ableitungen des Begriffs zu verzichten<br />
und sich mit e<strong>in</strong>em elementaren, aber produktiven <strong>Phantastik</strong>-Begriff zu bescheiden, <strong>der</strong> sich unseres<br />
<strong>in</strong>tuitiven Vorverständnisses er<strong>in</strong>nert und jene Literatur charakterisiert, die ohne erkennbare allegorische<br />
Absicht von phantastischen Themen, Wesen o<strong>der</strong> Gegenständen handelt. Es gibt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />
phantastische Gattung, noch gibt es phantastische Strukturen, son<strong>der</strong>n lediglich phantastische Motive.“ 22<br />
Im Bereich des Films f<strong>in</strong>det sich zumeist e<strong>in</strong>e Mischform aus maximalistischer und<br />
motivischer Def<strong>in</strong>ition, <strong>in</strong> die das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur meist klar abgegrenzte Genre `Science<br />
Fiction´ als Subgenre mite<strong>in</strong>bezogen wird:<br />
„Phantastischer Film. Der literarischen Gattungstheorie entlehnte Genrebezeichnung für alle Filme, <strong>in</strong><br />
denen übernatürliche Vorgänge und Gestalten wesentliche Bestandteile s<strong>in</strong>d. Der große Bereich des<br />
phantastischen Films setzt sich zusammen aus den Subgenres: 1) Horrorfilme [...] 2) Science Fiction<br />
Filme [...] 3) Fantasyfilme [...]<br />
Wird dem phantastischen Film <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Tendenz zum Eskapismus <strong>in</strong> e<strong>in</strong> übers<strong>in</strong>nliches<br />
Phantasiereich nachgesagt, so manifestieren sich dar<strong>in</strong> doch Wunsch- und Angstprojektionen, die sich<br />
auf e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Realität beziehen. In den verborgenen Träumen und Alpträumen <strong>der</strong><br />
phantastischen Welt liegt letztendlich die Geme<strong>in</strong>samkeit von Horror, Science Fiction und Fantasy,<br />
<strong>der</strong>en Grenzen [...] oftmals fließend s<strong>in</strong>d.“ 23<br />
Mehr als 30 Jahre nach Todorovs Arbeit zur phantastischen Literatur herrscht heute e<strong>in</strong>e<br />
größere Unsicherheit denn je über Merkmale, Charakteristika, Bed<strong>in</strong>gungen, Grenzen o<strong>der</strong><br />
gar über die Existenz e<strong>in</strong>es phantastischen Genres:<br />
„<strong>Phantastik</strong> e<strong>in</strong> Phänomen?, e<strong>in</strong>e Gattung?, e<strong>in</strong>e Stilkategorie?, e<strong>in</strong>e Schreibweise? – Kultur-, Kunst-<br />
und Literaturwissenschaft haben sich schwer getan und tun sich weiterh<strong>in</strong> schwer, hier e<strong>in</strong>e genaue<br />
Bestimmung vorzunehmen, ja vielleicht liegt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur des Gegenstandes, daß er sich e<strong>in</strong>er<br />
präzisen Def<strong>in</strong>ition grundsätzlich entzieht. Die <strong>Phantastik</strong> als e<strong>in</strong> bestimmtes, e<strong>in</strong>grenzbares Phänomen<br />
gibt es wohl nicht [...].“ 24<br />
21 Italo Calv<strong>in</strong>o: Def<strong>in</strong>itionen von Territorien: Das Phantastische. In: Ders.: Kybernetik und Gespenster.<br />
Überlegungen zu Literatur und Gesellschaft. München Wien 1984, S.43-45. Hier: S.44.<br />
22 Brittnacher 2000, S.49.<br />
23 Fabienne Will: E<strong>in</strong>trag „ Phantastischer Film“. In: Sachlexikon des Films, hg. von Thomas Koebner.<br />
Stuttgart 2002, S. 446-450. Hier: S.446. Vgl. auch: „Sagenhafte Welten. Der phantastische Film.“<br />
von Rolf Giesen, München 1990: Giesen verwendet e<strong>in</strong>e (nicht ausgeführte) motivische <strong>Phantastik</strong>def<strong>in</strong>ition.<br />
24 Jürgen Lehmann: <strong>Phantastik</strong> als Schwellen- und Ambivalenzphänomen. In: Ivanovic, Christ<strong>in</strong>e u.a. (Hrsg.):<br />
<strong>Phantastik</strong> – Kult o<strong>der</strong> Kultur? Aspekte e<strong>in</strong>es Phänomens <strong>in</strong> Kunst, Literatur und Film.<br />
Stuttgart, Weimar 2003, S. 25-39. Hier: S.25.<br />
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