Chronik Kapitel 7 - CDU Kreisverband Steinfurt

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_______________Der Kreisverband Steinfurt 1995 bis 2005_________DER KREISVERBAND STEINFURT1995 bis 2005Tiefpunkt im KreistagIm Steinfurter Kreistag wuchs die Unzufriedenheit. Sie galt nicht zuletztder SPD-Landrätin Christa Riesenbeck. Sie war 1994 von Rot-Grün gegen dieWahlsiegerin CDU und deren stärkste Fraktion durchgesetzt worden. Und im Juni1996 passierte dann dies:Auf Antrag der CDU-Fraktion im Kreistag war die Stelle des künftigenhauptamtlichen Landrats, der künftig ja gleichzeitig auch Behördenchef sein würde,gegen die Absicht der rotgrünen Mehrheit ausgeschrieben worden. Aber Abweichlerbei Rot-Grün machten dies trotzdem möglich. Die Ausschreibung enthielt(eigentlich selbstverständlich) auch die gewünschten Qualitätsmerkmale.Doch der SPD-Innenminister NRW und auf dessen Veranlassung der zuständigeRegierungspräsident in Münster hielt diese Qualitätsmerkmale in der Ausschreibungfür rechtswidrig. Der versierte Oberkreisdirektor Dr.Heinrich Hoffschultewidersprach ihm vehement. Im Kreisvorstand schlug Karl Josef Laumann vor, dieKreistagsfraktion oder der Kreisverband sollten dagegen Verfassungsrechtler einschalten.Juristische Winkelzüge und sonstige tatkräftige Hilfe der rotgrünen Landesregierungverhinderten aber im Kreise Steinfurt die Aufnahme von Qualitätsmerkmalenin der Ausschreibung. Und das, obwohl sie landesweit in solchenAusschreibungen gegen solche Merkmale keine Einwendungen geltend gemachthatte. Trotzdem aber konnte die CDU-Kreistagsfraktion in einer Pressenotiz mitteilen,dass Dr.Heinrich Hoffschulte zur Kandidatur bereit sei.Erstmals allgemeine Wahlen von hauptamtlichen Landräten und Bürgermeisternin Nordrhein-Westfalen fanden im Oktober 1996 statt. Im Kreise Steinfurtwählte die rot-grüne Mehrheit im Kreistag mit nur einer Stimme mehr die zuletztehrenamtliche Landrätin Christa Riesenbeck hauptamtlichen Landrätin. DieEnttäuschung bei der CDU war groß. - Auch in einigen Gemeinden und Städtengab es ähnliche Vorgänge. Das spornte die CDU-Fraktionen und Vorstände aberzusätzlich an und sie kamen nach den vielen Schockerlebnissen allmählich wiederin Tritt.183

_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________DER KREISVERBAND STEINFURT1995 bis 2005Tiefpunkt im KreistagIm <strong>Steinfurt</strong>er Kreistag wuchs die Unzufriedenheit. Sie galt nicht zuletztder SPD-Landrätin Christa Riesenbeck. Sie war 1994 von Rot-Grün gegen dieWahlsiegerin <strong>CDU</strong> und deren stärkste Fraktion durchgesetzt worden. Und im Juni1996 passierte dann dies:Auf Antrag der <strong>CDU</strong>-Fraktion im Kreistag war die Stelle des künftigenhauptamtlichen Landrats, der künftig ja gleichzeitig auch Behördenchef sein würde,gegen die Absicht der rotgrünen Mehrheit ausgeschrieben worden. Aber Abweichlerbei Rot-Grün machten dies trotzdem möglich. Die Ausschreibung enthielt(eigentlich selbstverständlich) auch die gewünschten Qualitätsmerkmale.Doch der SPD-Innenminister NRW und auf dessen Veranlassung der zuständigeRegierungspräsident in Münster hielt diese Qualitätsmerkmale in der Ausschreibungfür rechtswidrig. Der versierte Oberkreisdirektor Dr.Heinrich Hoffschultewidersprach ihm vehement. Im Kreisvorstand schlug Karl Josef Laumann vor, dieKreistagsfraktion oder der <strong>Kreisverband</strong> sollten dagegen Verfassungsrechtler einschalten.Juristische Winkelzüge und sonstige tatkräftige Hilfe der rotgrünen Landesregierungverhinderten aber im Kreise <strong>Steinfurt</strong> die Aufnahme von Qualitätsmerkmalenin der Ausschreibung. Und das, obwohl sie landesweit in solchenAusschreibungen gegen solche Merkmale keine Einwendungen geltend gemachthatte. Trotzdem aber konnte die <strong>CDU</strong>-Kreistagsfraktion in einer Pressenotiz mitteilen,dass Dr.Heinrich Hoffschulte zur Kandidatur bereit sei.Erstmals allgemeine Wahlen von hauptamtlichen Landräten und Bürgermeisternin Nordrhein-Westfalen fanden im Oktober 1996 statt. Im Kreise <strong>Steinfurt</strong>wählte die rot-grüne Mehrheit im Kreistag mit nur einer Stimme mehr die zuletztehrenamtliche Landrätin Christa Riesenbeck hauptamtlichen Landrätin. DieEnttäuschung bei der <strong>CDU</strong> war groß. - Auch in einigen Gemeinden und Städtengab es ähnliche Vorgänge. Das spornte die <strong>CDU</strong>-Fraktionen und Vorstände aberzusätzlich an und sie kamen nach den vielen Schockerlebnissen allmählich wiederin Tritt.183


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Ahaus waren einmal ein Thema. – Auf einige dieser Veranstaltungen kommen wir nochzu sprechen.Alles das fand auch vor dem Hintergrund der sinkenden Mitgliederzahlenstatt. Von 7.055 Mitgliedern im Jahre 1990 waren sie 1996 um 9 Prozent auf 6.421gesunken. Die Lage in einigen Städten und Gemeinden war nicht rosig. Nicht nur in denöstlich gelegenen Ortsverbänden, sondern auch in Städten wie Rheine machte man sichSorgen. Dass die Spendenaffären hierbei eine große Rolle spielten, ist verständlich.Und natürlich ging es immer wieder um die Planung der künftigen Wahlen.Hierzu holte man Fachleute, wie zum Beispiel am 5.11.1997 den Landesgeschäftsführerder hessischen <strong>CDU</strong>. Es ging um neue Strategien und Abläufe, Finanzierung unddie „wasserdichte“ Befolgung der peniblen Satzungs- und Gesetzesvorschriften.Dem Leser dieser Zeilen mag es ebenso ergehen wie dem Chronisten:Zwischen der anstrengenden Aktivität des Kreisvorstandes einerseits und dem Gesamtbildder <strong>CDU</strong> im <strong>Kreisverband</strong> andererseits ist nur wenig Zusammenhang und gegenseitige„Befruchtung“ erkennbar.Bundestagswahl 27.9.1998Schon am 28.10.1997 hatte der Geschäftsführende Vorstand bei denFreunden in Borken über die notwendig gewordene Neuordnung der Wahlkreise zurBundestagswahl gesprochen. Doch unter den gegebenen Mehrheitsverhältnissen war esnicht verwunderlich, dass sich die Rot-Grünen mit einer für sie günstigen Bastelei anden Wahlkreisgrenzen durchsetzten.Die Kandidatenaufstellung in beiden Wahlkreisen bot keine Überraschungen:Im Wahlkreis 97, zu dem auch die <strong>Steinfurt</strong>er Süd-Gemeinden gehörten, kandidierteWerner Lensing unangefochten. Ebenso war die Kandidatur von Karl Josef Laumannim Wahlkreis 98 selbstverständlich, zu dem der ganze übrige Kreis <strong>Steinfurt</strong> gehörte.Der Wahlkampf war sehr engagiert. Und Thema im Wahlkampf des<strong>Kreisverband</strong>es wurde lautstark auch die Verschleppung der Steuerreform im Bundesrat.Dies interessiert den Leser besonders im Jahre 2005, wo die rot-grüne Regierungskoalitionden gleichen Vorwurf – allerdings unberechtigt – der Oppo185


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____wurde dann allerdings auch angefeuert durch die ersten Folgen des Machtwechselsin der Bundespolitik. Die sofortige Rücknahme von beschlossenen oder eingeleitetenReformen der Regierung Kohl und das miese Schauspiel des Rücktrittsvon Lafontaine von seinem Amt als Finanzminister und als SPD-Vorsitzender tatenbereits ihre Wirkung.Jedenfalls wurde die nun kommende Kommunalwahl gründlich vorbereitet.Zur Halbzeit der Wahlperiode hatte die <strong>CDU</strong>-Kreistagsfraktion in einer Bilanzschon festgestellt, dass die rotgrüne Mehrheit im Kreistag „bereits recht alt aussieht“.Man monierte unter anderem die faulen Kompromisse der Landrätin. InPersonalfragen hätten die Qualitätsansprüche sehr gelitten. Die Kritik warf ihrschlechten Stil und magere Ergebnisse vor. Es habe viel Stillstand, Verzögerungen,Abtauchen und Dilettantismus gegeben. – Diese mehrseitige Halbzeitbilanzwurde allerdings nicht veröffentlicht. (Schließlich lag ja die eigentliche Schuld beidenen, die Frau Riesenbeck, die überfordert schien, in diese Lage gebracht hatten.)Am 22.3.1998 beschloss der Kreisvorstand einstimmig, Thomas Kubendorffals Kandidaten zur Wahl des künftigen hauptamtlichen Landrats zu nominieren.Mit diesen Direktwahlen der kommunalen Spitzenämter war dies nun nichtmehr nur eine Angelegenheit der Kreistage und der Stadt- und Gemeinderäte,sondern auch Sache der Parteien geworden.Am 8.3.1999 stellte sich Thomas Kubendorff zunächst parteiintern unddann auch öffentlich als Landratskandidat vor. Er wurde prompt auch in den<strong>CDU</strong>-Kreisvorstand gewählt. Zu seiner künftigen Tätigkeit sagte er: „Wirtschaftist Chefsache!“ Er startete mit der <strong>CDU</strong> eine beeindruckende „Ochsentour“ durchdie Gemeinden des Kreises. Die relativ lange Anlaufphase bis zum eigentlichenWahlkampf wurde gut genutzt. Am 5.8.1999 wurde Thomas Kubendorff, gemeinsammit den <strong>CDU</strong>-Kandidaten der <strong>CDU</strong> für die hauptamtlichen Bürgermeister inden Städten und Gemeinden des Kreises <strong>Steinfurt</strong>, auf dem Kreisparteitag inEmsdetten öffentlich vorgestellt. Das Wahlprogramm stand unter dem Motto:„Wir bringen wieder Bewegung in den Kreis.“Auch die Kreistagsfraktion „tourte“ mit ihren routinemäßig anfallendenFraktionssitzungen durch den ganzen Kreis. – Zu dieser Zeit war die rotgrüneMehrheit im Kreistag vor allem bei wichtigen Personalentscheidungen bereitsziemlich zerfallen.188


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Klartext: Am 7.4.1999 sprach sich <strong>CDU</strong>-Fraktionsvorsitzender Engelbert Rauenbei der Arbeit an einem Wahlkampfprospekt gegen die Einsetzung von „Integrationsbeauftragten“aus. Er hielt dies für einen weiteren Auswuchs des „Beauftragtenwesens“,das bereits von anderen Parteien überstrapaziert werde(Leider haben viele sich diese Auffassung nicht zu Eigen gemacht.)___________Obwohl die Wahlkampfvorbereitung eigentlich ganz gut anlief, gab esauch internen Arger. Der <strong>CDU</strong> Kreisvorstand hatte eine Reihenfolge auf der Reservelistevorgeschlagen, die nicht die Zustimmung der <strong>CDU</strong> Rheine fand. Dasführte zu Spannungen, die auch nach außen sichtbar wurden. Von „Fiasko“ und„schlägt uns die Beine im Wahlkampf weg“ war die Rede. Doch einige Tage späterbei der Abstimmung in der Kreis-Delegiertenversammlung gab es nur noch eineeinzige einsame Gegenstimme.In einer Konferenz des Kreisvorstandes mit den Ortsvorsitzenden ging esum die Durchführung des Wahlkampfes. Hierzu war ein „alter Bekannter“ zumReferat eingeladen worden: Reinhard Wolters, zu jener Zeit Oberbürgermeister.inBad Homburg. - Auch ein besonderer Wahlkampfeinsatz fand statt: Es warennämlich Kreisvorstandsmitglieder, die am 6.8.1999 die Plakatständer mit den Kubendorff-Plakatenbeklebten. Da dies beim Kreisvorsitzenden Laumann in Riesenbeckstattfand, lässt sich der übrige Ablauf erahnen. Übrigens waren sie imEinladungsschreiben sowohl gewarnt wie auch ermuntert worden: „Ziehen Sienicht die beste Kleidung an, bewaffnen Sie sich mit einer Spachtel und unterstützenSie Thomas Kubendorff ganz praktisch durch Ihre Mitarbeit!“Ergebnis:Kreistag <strong>CDU</strong> 108.384 Stimmen 55,05 % 34 SitzeSPD 64.772 32,90 % 21FDP 10.222 5,19 % 3Grüne 13.508 6,86 % 4Und der Landratskandidat der <strong>CDU</strong> Thomas Kubendorff wurde mit 53,2 % undweitem Abstand zum hauptamtlichen Landrat gewählt.Gemeinden:1 <strong>CDU</strong> 365 Sitze 22 hauptamtliche BürgermeisterSPD 227 2FDP 35Grüne 49 1„Unabhängige“ 48 2189


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Im Kreistag wurde Alfred Wagner/Neuenkirchen neuer Fraktionsvorsitzenderder <strong>CDU</strong>. Sein Vorgänger Engelbert Rauen war nämlich in Wettringenzum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt worden. Wagners Stellvertreter wurdeWilfried Grunendahl/Tecklenburg. Die FDP wie auch die Grünen hatten bereitsvor der Wahl verlauten lassen, mit der <strong>CDU</strong> nach der Wahl verhandeln zu wollen.Zu der Verhandlungskommission der <strong>CDU</strong> gehörten Alfred Wagner und WilfriedGrunendahl, Annette Willebrandt und (recht ungewöhnlich) dKreisvorsitzenderKarl Josef Laumann. Stellvertretende Landräte wurden: Hubert Scharf aus Rheine/Elte(evt. aber zur halben Wahlzeit Wechsel zugunsten jüngerer Nachfolge),der zweite Stellvertreterplatz ging an die SPD, der dritte wieder an die <strong>CDU</strong> undAnnette Willebrandt/Saerbeck. – Noch etwas Neues gab es in der <strong>CDU</strong>-Fraktion:Es bildete sich eine „Junge Gruppe der Kreistagsfraktion“ mit Weiß, Borgert,v.Royen und Schütz.Das Wahlergebnis war für die SPD ernüchternd, für die <strong>CDU</strong> jedoch sehranregend.________________________________________________________________Moderne Zeiten: Die Segnungen und Möglichkeiten der Informationstechnik solltenan der <strong>CDU</strong> nicht vorbeigehen. So wurde ein Hit jener Jahre, inzwischen einalter Hut, für die Öffentlichkeitsarbeit angeschafft: Eine Digitalkamera.Und ebenfalls geeignete Software für die PC in den vielen Gremien und Verbänden.Dast sollte eine enge „Verzahnung“ untereinander und „nach oben“fördern.Kreisparteitag 11.3.2000Dieser Kreisparteitag fand in Recke statt. Er war geprägt von den bundesweitenSpendenskandalen und dessen weit reichenden Folgen für die <strong>CDU</strong>.Der Kreisvorsitzende berichtete unter anderem, dass wegen der Spendenaffären66 Mitglieder ihren Austritt aus der <strong>CDU</strong> erklärt hätten. Dass 38 Eintrittestattfanden, war dabei kein Trost. Der aktuelle Mitgliederstand lautete 6.291. UndSchatzmeister Wilhelm Glösekötter musste über ein neues Erfordernis hinsichtlichder ohnehin peniblen Berichtspflicht über die Finanzen berichten. Sowohl derSchatzmeister wie auch der Geschäftsführer müssten nun eine gesonderte Erklärunggegenüber der Landespartei abgeben, in der die Ordnungsmäßigkeit der Finanzberichteversichert wird. Diese besondere Verantwortlichkeit umfasse natürlichnicht nur den <strong>Kreisverband</strong>, sondern auch sämmtliche Finanzangelegenheitender örtlichen Verbände und Vereinigungen.190


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Karl Josef Laumann wurde mit 97 Prozent der 162 Stimmen erneut zumVorsitzenden gewählt. Bei den Beisitzerwahlen erreichte man zunächst nicht dievorgeschriebene „Frauenquote“, wodurch ein weiterer Wahlgang erforderlichwurde.Ein Antrag der Jungen Union nach dem Rücktritt von Wolfgang Schäublevom Amt des Bundesvorsitzenden, Angela Merkel als dessen Nachfolgerin zuwählen, fand eine große Mehrheit. Ein weiterer Antrag betraf die Arbeitsweisevieler Gremien: „Wir brauchen weniger Ratskellerrunden und mehr offene Diskussionin der Partei“. Der Kreisparteitag diskutierte ausführlich über einen Antragzur pränatalen Diagnostik und über die Befürchtung, dass diese missbrauchtwerden könnten, um Spätabtreibungen zu erleichtern. – Interessant oder auch bezeichnendwar die Feststellung, dass zwar bei den Vorstandswahlen noch rund160 Stimmzettel gezählt wurden, doch bei den späteren Abstimmungen zu politischenInhalten waren es nur noch knapp 120.Es gab noch viele Hinweise auf durchgeführte und geplante Veranstaltungen,über die an anderer Stelle noch zu berichten ist.In schweren FahrwassernEin bunter Bilderbogen soll in diesem <strong>Kapitel</strong> einen Einblick in die Problemegeben, die es auch außerhalb der sich häufenden Wahlkämpfe zu bewältigengab.Bei einem Renten-Forum am 25.8.1999 hatte es ein riesiges Interesse seitensder Vertreter von Verbänden und auch der Öffentlichkeit gegeben. WeitereThemen der kommenden Monate sollten die Gentechnik und die Ausländerpolitiksein.Der Kreisvorstand hatte zwar beschlossen, regelmäßig Neujahrsempfängemit „attraktiven“ Rednern durchzuführen, was bei vielen Verbänden und Institutioneninzwischen offenbar zum guten Ton gehört. Zu den „prominenten Rednern“,die man bereits zum bevorstehenden Jahreswechsel 1999/2000 zu gewinnen hoffte,gehörte Dr. Michel Friedman. – Es war sicher gut, dass man zumindest für diesesJahr angesichts der vielen Beratungen und Aufgaben vom NeujahrsempfangAbstand nahm.In den letzten Sitzungen des Vorstandes war harsche Kritik an der mangelndenBeteiligung an den Sitzungen geübt worden. Und am 5.1.2000, in der ers-191


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____ten Kreisvorstandssitzung des neuen Jahrtausend, waren von den 42 jeweils Eingeladenentatsächlich mehr als sonst erschienen, nämlich 28. Doch in der darauffolgenden Vorstandssitzung wies die Anwesenheitsliste wiederum nur 21 Teilnehmeraus. – Es wurde aber auch das Bestreben erkennbar, die Zahl der Vorstandssitzungenzu reduzieren oder zumindest zeitlich mit Veranstaltungen desgleichen Tages zu kombinieren. In der Dezember-Kreisvorstandssitzung wurdedie eigentlich ja auch selbstverständliche Regel aufgestellt: „Für alle Termine gilt:„Kein Beratungsbedarf – keine Sitzung!“ Inzwischen nahm übrigens ja auch dieZahl der Informationsveranstaltungen zu.Zum Problem der Gesundheitsreform fand am 3.2.2000 in Emsdetten eineVeranstaltung mit Wilhelm Lohmann MdB statt, zu der die „Beteiligten im Gesundheitswesen“geladen wurden. – Zum Bundesparteitag am 9/11.4.00 in Essenforderte der <strong>Kreisverband</strong> eine Gesetzesinitiative gegen die skandalösen Spätabtreibungen.Übrigens wurde auf diesem Parteitag mit Karl Josef Laumann erstmalsein Mitglied des <strong>Kreisverband</strong>es <strong>Steinfurt</strong> in den Bundesvorstand gewählt.Auch die Mitgliederstatistik bereitete dem Vorstand Anfang 2001 großeSorgen. Noch vor einigen Monaten wurden 6.374 Mitglieder gezählt. Doch in denletzten zehn Jahren gab es in den 35 Ortsverbänden recht unterschiedliche Ergebnisse:Nur neun hatten zugelegt, und zwar zwischen 1,6 und 37,3 Prozent. Die anderen26 verloren zwischen 1,3 und 39,1 Prozent ihrer Mitglieder. Im Landesdurchschnittbetrug der Mitgliederschwund rund 14 Prozent. – Auch die Altersstrukturim <strong>Kreisverband</strong> erschien unbefriedigend:3,7 Prozent der Mitglieder waren bis 29 Jahre14,1 „ „ 30 bis 49 Jahre65,9 „ „ 50 bis 69 „19,9 „ „ 70 Jahre und älter24,4 % der Mitglieder waren Frauen.Natürlich fanden in vielen Ortsverbänden gelegentlich Mitglieder-Werbe-Aktionen statt. Doch beim Kreisparteitag 20.11.01 in Emsdetten musste die Zahlder Mitglieder schon mit 5.964 angegeben werden. Die „Kern-Erkenntnis“ in denBeratungen war, dass eine persönliche Ansprache das beste Werbungsmittel ist.Und natürlich: Je aktiver die örtliche <strong>CDU</strong> umso attraktiver ist sie. Und beideswar ja nicht neu.In einer Ortsvorsitzendenkonferenz am 21.2.2001 traf die gewünschte Aufrundungder Mitgliederbeiträge bei der Umstellung von D-Mark auf Euro auf Kritik.Außerdem sei der Kreisausschuss des <strong>Kreisverband</strong>es überflüssig und verursachenur unnötige Delegiertenwahlen. Auf Zustimmung stieß die Absicht der192


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________<strong>CDU</strong> in der Stadt Tecklenburg, die Ortsverbände Tecklenburg und Brochterbeckzugunsten eines Stadtverbandes aufzugeben.Zu allem Überfluss aber gab es wieder eine Verstimmung zwischen demKreisvorstand und der Kreistagsfraktion. Kreisvorsitzender Karl Josef.Laumann„monierte“, wie es im Protokoll hieß, die unzureichende Zusammenarbeit undmangelnde Verzahnung zwischen der Kreistagsfraktion und dem Kreisvorstand.Auch wurde eine gemeinsame Sitzung der Vorstände von <strong>Kreisverband</strong> und StadtRheine geplant, das nach den Wahlen stattfinden sollte.Auch wenn der <strong>Kreisverband</strong> nicht direkt davon betroffen war: Man tatsich schwer angesichts der sich immer länger hinziehenden Spendenskandale, diesich als die schwerste Krise der <strong>CDU</strong> seit ihrem Beginn entwickelte. Der Landesverbandverordnete zum bevorstehenden Landtagswahlkampf eine Umlage von20.000 DM vom <strong>Kreisverband</strong>. Und die Bundes-<strong>CDU</strong> hatte eine Erhöhung derAbführung an den Bundesverband von 1,25 DM auf 2,25 DM pro Mitglied undMonat beschlossen. Im Kreisvorstand forderte Dr. Heinz Janning, „für den Erhaltder Handlungsfähigkeit der <strong>CDU</strong> auf der kommunalen Ebene zu sorgen“.Aus der Sicht des Kreisgeschäftsführers konnte es auf der Vorstandssitzungam 19.5.2000 nur heißen: „Beiträge rauf – Kosten runter.“ Der Kreisvorsitzendesah keine großen Einsparmöglichkeiten. Doch die Kreisvorstandsmitgliedersollten mit gutem Beispiel vorangehen. Von 42 zum erweiterten Vorstand gehörendenMitgliedern zahlten immer noch 24 weniger als 120 DM pro Jahr. Und imSommer und Herbst 2000 gab es zahlreiche Beitragsaktionen.Am 19.6.00 hatte in Sinningen eine Sitzung des Kreisvorstandes mit denOrtsvorsitzenden und –Kassierern stattgefunden, um die Folgen der jetzt auf 4,50DM angestiegenenen Abführungen an Landes- und Bundespartei zu erörtern. Maneinigte sich darauf, die dadurch zwangsläufige Absenkung der Beitragsanteile derOrtsverbände auf fünf Jahre zu strecken. Und alle Funktions- und Mandatsträgersollten auf Zahlung zumindest des Monatsbeitrages von zehn DM verpflichtetwerden. Wie zu erwarten, war die allmähliche Anhebung der Beiträge bei denMitgliedern eine harte Arbeit angesichts des Ärgers in der „Basis“ über die Spendenskandale.Doch es gelang, die Kassen des <strong>Kreisverband</strong>es und der örtlichenVerbände – nicht zuletzt durch die Zähigkeit der Geschäftsführung – in Ordnungzu halten.193


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Landtagswahl 14.5.2000Im November des vorangegangenen Jahres waren wie üblich die Vorbereitungenzur nächsten Landtagswahl angelaufen. Der Kreisvorstand verständigtesich hinsichtlich der Landes-Reserveliste darauf, dass man sich durchaus um eineangemessene Berücksichtigung des Münsterlandes bemühen müsse. Und bei derReihenfolge von Münsterländern auf der Liste müsse die „Reihenfolge nach Gefährdung“gelten. Für <strong>Steinfurt</strong>er Kandidaten wäre dies die Reihenfolge Kölker-Wilp-Brüning. Doch es half alles nichts: Am 28.1.2000 beschloss die Landesvertreterversammlungeine Reserveliste, aber der Kreis <strong>Steinfurt</strong> war erst an Stelle36, also sehr schlecht platziert. Man war in NRW eben immer noch der irrigenMeinung, im Münsterland seien die <strong>CDU</strong>-Mehrheiten selbstverständlich.ErgebnisWK 95 ST I <strong>CDU</strong> 28.693Stimmen 45,20 %SPD 22.061 34,76 %FDP 6.976 10,99 %Grüne 4.790 7,55 %Damit war Hannelore Brüning/<strong>CDU</strong> erneut in den Landtag gewählt.WK 96 ST II <strong>CDU</strong> 27.050 45,97 %SPD 22.825 38,79 %FDP 4.969 8,44 %Grüne 3.139 5,33 %Auch Josef Wilp gelang die Direktwahl in den Landtag.K 97 ST III <strong>CDU</strong> 22.253 36.92 %SPD 27.975 46,42 %FDP 5.579 9.26 %Grüne 3.341 5,54 %Leider ging der Wahlkreis auch bei dieser Wahl an die SPD.kreisbezogen: <strong>CDU</strong> 77.996 43,41 %SPD 72.861 40,56 %FDP 17.524 9,75Grüne 11.270 6,29 %Das Ergebnis der Wahl wurde als „nicht zum Jubeln“, bezeichnet. Dochangesichts der erheblichen Image-Probleme könne man dennoch stolz darauf sein.194


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Es gab aber seltsame Ergebnisse: So gewann die <strong>CDU</strong> in Recke 6,72 Prozent,während sie in Laer um 6,99 Prozent verlor._______________________________________________________Zehn Jahre deutsche Einheit: dieses Datum wurde auch vom <strong>Kreisverband</strong><strong>Steinfurt</strong> am 1.10.2000 in Emsdetten gefeiert.Viele Mitglieder, Gäste und Vertreter vieler gesellschaftlicherGruppen der Bevölkerung nahmen daran teil.Aktive MonateEine beeindruckende Serie von Veranstaltungen folgte den unerfreulichenWahlergebnissen und dem Kreisparteitag:> Am 25.1.01 diskutierten <strong>CDU</strong>-Experten mit Funktionsträgern von KAB, Kolpingusw. über die provokante Frage: „Hat die Rente die Zukunft hinter sich?“> Am 25.3.01 fand anlässlich der Landtagswahl in Baden/Württemberg ein„Wahlabend für das deutsche Rindfleisch“ statt. Hier wurde Solidarität mitden deutschen Landwirten demonstriert.> Am 26.4.01 diskutierte der Kreisvorstand mit weiteren Interessierten über„Erneuerbare Energien“. (Die Menge an beschriebenem Papier mutete denTeilnehmern recht viel zu!)> Am 27.4.01 hieß das Thema „Heimgesetz und Pflegeversicherung“, worübermit Fachleuten aus Wohlfahrtsverbänden diskutiert wurde.> Am 12.8.01 fuhren drei voll besetzte Busse nach Berlin, um am Checkpoint Charliemit der <strong>CDU</strong>-Bundesspitze an einer Demonstration gegen Rot/Tiefrot teilzunehmen.Zur Freude von Angela Merkel stellte hierbei der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> das mit Abstandstärkste auswärtige Kontingent.> Am 14.9.01 war nach Vorbereitung durch Angelika Brinkmann und Nico vonRoyen eine Veranstaltung zu „Gentechnik und Medizin“ bei guter Beteiligung.> Beim Kreisparteitag am 20.11.01 war eine Rede des Landesvorsitzenden JürgenRüttgers das „Highlight“. Später wurde der Ortsverband Nordwalde fürdie gute Organisation gelobt.> Auf großes Interesse stieß am 12.12.01 eine Veranstaltung in Saerbeck, derenThema „Landwirtschaft zwischen Träumerei und Realität“ lautete.> Am 19.12.01 fand (nur wenige Wochen nach dem Attentat vom 11.9.01 inUSA) in Rheine eine Diskussion mit einem israelischen Journalisten statt.195


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Vielseitig: Kreisgeschäftsführer müssen recht „vielseitig“ sein. Sie sind schließlichals Geschäftsführer für die <strong>CDU</strong> des <strong>Kreisverband</strong>es, der örtlichen Verbändeund der Vereinigungen zuständig. Unser Geschäftsführer Johannes Machill istdies auch für die Geschäftsführung der Kreistagsfraktion und der KPV. Da kommtes auch vor, dass er sich selbst Briefe schreiben muss. So etwa am 14.11.01: Daunterschrieb er als KPV-Geschäftsführer einen Brief an Johannes Machill, denFraktionsgeschäftsführer und bat ihn(sich) um Überweisung der KPV-Beiträge.Das Porto konnte er sich zwar sparen, doch der Fraktionsvorsitzende bekam eineKopie davon - und dadurch wurde die Rechnung zum Thema.FK „Satte Mehrheit für …“13 cmevt. verkleinern196


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________> In einer Vorstandssitzung Anfang 2002 rügte Karl Josef Laumann die mangelndeTeilnahme an Delegiertenversammlungen. Beim letzten Kreisparteitag hatteein Viertel der Delegierten gefehlt. KJL bittet lt. Protokoll um „ernstere Handhabungdes Delegiertenamtes“.> Der Zustand der Kommunalen Finanzen wurde breit diskutiert. Der Kreisvorstandbeschloss, diese Entwicklung der Bevölkerung gegenüber deutlich zumachen. Im Zusammenhang damit wurde auch darüber gesprochen, wie weitdas kommunale Mandat noch von Personen bestimmter Berufsgruppen überhauptnoch wahrgenommen werden könne.> Der Politische Aschermittwoch fiel auf den 13.2.2002. Diesjähriger Rednerwar Friedrich Merz. Und der kreisweiten Einladung nach Recke waren mehrals 2000 Zuhörer in vielen Bussen gefolgt. Die Grundstimmung der Mitgliederhatte sich durch die rot/grünen Versäumnisse und die politische Situation auf allen Ebenen erheblich verändert.FK „Mit Kritik traf Friedrich Merz…4 cm> Jens Schaube wurde zum Pressesprecher – und Jörg Lünnemann zum Internet-Beauftragtenernannt.> Der <strong>Kreisverband</strong> kaufte 100 Großflächen für die Wahlkämpfe an.> Bei den Themen, Foren und sonstigen Aktionen ging es auch um das Bestattungsgesetz,um Ausländerfragen und erneuerbare Energien.> Eine kreisverbandseigene <strong>CDU</strong>-Zeitung sollte in Zusammenarbeit mit denOrtsverbänden konzipiert werden.> Karl Josef Laumann soll für den Bezirksvorsitz kandidieren.> Norbert Kahle legt am 9.1.03 ein Konzept für Veranstaltungen zur AußenundSicherheitspolitik vor. Hierfür wird ein Arbeitskreis unter seinem Vorsitzgegründet.> Thomas Kropp wurde Europa-Beauftragter des <strong>Kreisverband</strong>es.> Als am 12.5.03 im Kreisvorstand ein Referent über den Friedensprozess inNah- und Mittel-Ost sprach, waren von 44 eingeladenen VorstandsmitgliedernNicht weniger als 20 „verhindert“.197


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____> Am 12.5.03 beriet der Kreisvorstand mit Arbeitsamts-Direktor Strunck-Erpenstein und dem Hauptgeschäftsführer der KreishandwerkerschaftOsterbrink die Situation auf dem Arbeits- und Lehrstellenmarkt.> Die “Regionale“ verursachte manche Bauchschmerzen. Es war bereits muntergeplant und Arbeiten waren ausgeschrieben worden. Doch blieb die Unsicherheit,ob das Geld vom Land überhaupt kommen werde. Und die Methode, mitder Wurst (Landeszuschüsse) nach dem Speck zu werfen, stieß angesichts derfinanziellen Lage der Gemeinden bei vielen Mandatsträgern sauer auf.Bundestagswahl 22.9.2002Die Bundestagswahl nach vierjähriger Rot/Grün-Regierung erfordertewieder eine umfangreiche Vorbereitung. Die Wahlkreise waren neu zugeschnitten.- Im <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> hatten sich drei Bewerber um die Kandidatur imgemeinsamen Wahlkreis „125 <strong>Steinfurt</strong>-I/Borken-I“ beworben: Benno Hörst ausOchtrup wurde in einer Sitzung der <strong>Steinfurt</strong>er Mitglieder der „GemeinsamenVertreterversammlung ST/BOR“ als Kandidat der <strong>Steinfurt</strong>er <strong>CDU</strong> gewählt.Bernhard Heeke aus Rheine und Bernhard Herdering aus Metelen unterlagen.Leider erhielt Benno Hörst, nun der einzige <strong>Steinfurt</strong>er Bewerber, keineMöglichkeit, sich bei der Borkener <strong>CDU</strong> vorzustellen. Außerdem war man imKreisvorstand „sauer auf die Borkener“, weil diese die aus Rheine gewählten Vertreterder „Gemeinsamen Vertreterversammlung“ bearbeitet hätten, für den BorkenerKandidaten zu stimmen. Benno Hörst und die beiden ihm unterlegenen Bewerber,also Bernhard Heeke und Bernhard Herdering, hatten brieflich die <strong>Steinfurt</strong>erVertreter aufgefordert, für den <strong>Steinfurt</strong>er Kandidaten Benno Hörst zu stimmen.Im Kreise Borken hatte sich der junge Jens Spahn um die Kandidatur beworben.Er war Kreisvorsitzender der Jungen Union, Vorsitzender der KatholischenJugend im Kreise und schon ziemlich bekannt. So fiel es ihm nicht schwer,zur Versammlung der Mitglieder der betroffenen Borkener Gemeinden einigeBusse mit Teilnehmern zur Kandidatenkür zu organisieren. Denn anders als im<strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> ist dort keine Vertreter- sondern eine Mitgliederversammlungin der Satzung vorgesehen. So war es Jens Spahn leicht, sich gegen seineBorkener Konkurrenz durchzusetzen.In der „Gemeinsamen Vertreterversammlung <strong>Steinfurt</strong>/Borken“ erhielt derKandidat der <strong>CDU</strong> Borken, Jens Spahn, mit 55 Stimmen die Mehrheit und wurdeder Kandidat für den gemeinsamen Wahlkreis. Da die <strong>Steinfurt</strong>er 54 Vertreter und198


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____det. – Und jedenfalls war der Zweck erreicht: Keine andere Wahlkampfveranstaltungder <strong>CDU</strong> im Münsterland erreichte so viele Zuhörer und solch gutes Presseecho.2 FK vom Cirkus200


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Ergebnisse:WK 125ST I/BOR I:<strong>CDU</strong> 68.001 Stimmen 43,8 %SPD 58.556 37,7 %FDP 15.328 9,9 %Grüne 9.932 6,4 %Direkt gewählt: Jens Spahn/<strong>CDU</strong>WK 128 COE/ST II:<strong>CDU</strong> 67.724 44,6 %SPD 51.772 34,1 %FDP 16.529 10,9 %Grüne 12.124 8,0 %Direkt gewählt: Werner Lensing/<strong>CDU</strong>WK 129 ST III:<strong>CDU</strong> 55.536 36,5 %SPD 67.059 55,0 %FDP 14.878 9,8 %Grüne 11.319 7,4 %Direkt gewählt wurde Reinhold Hemker/SPD. Doch auf Grund seiner guten Platzierungauf der Reserveliste zog Karl Josef Laumann ebenfalls wieder in denBundestag ein.kreisbezogen: <strong>CDU</strong> 102.716 38,7 %SPD 110.556 41,6 %FDP 26.661 10,0 %Grüne ..19.418 7,3 %Wenige Tage nach der Wahl wurde im Vorstand das Kreis-Ergebnis besprochen.Man stellte zwar eine leichte Verbesserung fest, auch sei ja die Stimmunginsgesamt besser als vor vier Jahren gewesen.Doch es wurmte tief, dass das Ergebnis kreisbezogen unter dem Bundesdurchschnitt(40 %) lag, und vor allem: Die SPD hatte im Kreis mehr Stimmengeholt als die <strong>CDU</strong>. Der im relativ sicheren Wahlkreis BOR I/ST/I in den Bundestaggewählte Jens Spahn bedauerte vor allem das schlechte Abschneiden in Rheine.201


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Das politische Ehrenamt in Kreise <strong>Steinfurt</strong>Die Schwierigkeiten, ein politisches Ehrenamt auszuüben und es mit Familieund Beruf zu vereinbaren, wurden immer häufiger beklagt. Am 9.10.03 berietder Kreisvorstand eine Vorlage, die Heike Weiß, Kreisvorstandsmitglied aus Lengerich,nach einer Erhebung bei den Kommunalpolitikern der <strong>CDU</strong> im Kreise<strong>Steinfurt</strong> erarbeitet hatte. Sie machte mehr als nur einige Mängel aus: Zu wenigeFrauen in der Politik, zu wenig junge Leute, unzureichende Rhetorik- und Moderationsfähigkeiten.Wünschenswert sei eine zielgerichtete Qualifizierung von Führungspersonen,mehr Fähigkeit zu planvoller Terminierung, bessere Gestaltungvon Sitzungsabläufen und Verringerung der Zahl der Sitzungen. Diese Dinge seienlernbar und sollten mit Hilfe der KPV eingeübt werden._________________________________________________________________War früher wirklich alles viel leichter? – Das äußert heute mancher Mandatsträger.Ältere meinen dazu weise, es sei heute zwar vieles anders, aber früher seiendie Verantwortlichen genau wie auch heute stets bis zu ihren Grenzen gefordertund tätig gewesen.______________________________________________Das Ziel müsse es außerdem sein, ganz generell die Vereinbarkeit von Ehrenamt,Beruf und Familie zu fördern. – Diese Anregungen und Feststellungendeckten sich weitgehend mit dem, was schon mehrfach im Kreisvorstand zurSprache kam. Nicht zuletzt sei ja auch die zunehmende Schwierigkeit bei derKandidatensuche bei genau diesen vermeidbaren Fehlern zu suchen. Nun beschlossder Vorstand, diese Anregungen und Feststellungen an die Fraktionen undVorstände weiterzugeben. (Es war nicht das erste Mal, das solches gesagt wurde.Vermutlich aber bleiben diese Thesen heute ebenso folgenlos. Leider.)Hier mag eine Episode hineinpassen, die sich einige Monate später(18.3.04) im Kreisvorstand zutrug: Nach dem Wahlparteitag mit Vorstandswahlenbemängelte der Vorsitzende wieder einmal das Fehlen vieler Delegierter. In derEinladung zur Konstituierung des neuen Vorstandes kündigte er an, dem nächstenWahlparteitag eine Anwesenheitsstatistik der Vorstandsmitglieder vorzulegen.„Es darf nicht sein, dass Gewählte die Vorstandssitzung versäumen, wo andereBewerber zum Vorstand keine Mehrheit fanden.“ - In der gleichen Sitzung monierteder Ehrenvorsitzende Dr. Anton Gerdemann, dass es auf dem Wahlparteitag15 Neinstimmen gegen Karl Josef Laumann gegeben habe. Die Kritiker hättensich doch zu Wort melden sollen. Sein Verdacht: „Oder gibt es Neider?“202


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005___________________________________________________________________________Fast unüberschaubar:Der Kreisgeschäftsführer hatte jeweils am Ende der Wahlperioden der <strong>Kreisverband</strong>sgremienim Jahre 2002 und 2004 den Delegierten eine „Übersicht über Veranstaltungenund Aktionen“ der vergangenen Wahlperioden zur Verfügung gestellt.Sie alle in dieser <strong>Chronik</strong> anzuführen oder gar zu schildern, würde denRahmen sprengen. Doch dürften die folgenden Zahlen beeindrucken:Von 2000 bis 2002 fanden 56 Veranstaltungen der verschiedensten Art allein aufder Kreisebene statt:Von 2002 bis 2004 wurde ebenfalls zu rund 40 Veranstaltungen eingeladen.Hinzu kommen noch manche kleinere Treffen und Arbeitskreise.Fotokopie „Mehr Macht den Räten9 cm.203


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Europawahl 13.6.2004Der Kreisparteitag am 1.9.03 diente auch der Vorstellung der sechs bis dahinbekannten Bewerbungen des Münsterlandes zur Europawahl. Es waren diesWerner Jostmeier<strong>Kreisverband</strong> CoesfeldHedwig Keppelhoff-Wiechert MdEP, „ BorkenDr. Markus Pieper „ <strong>Steinfurt</strong>Claudia Stuckmann „ WarendorfDr. Wolfgang Weikert „ MünsterHendrik Wüst „ BorkenDie Bewerber und Bewerberinnen stellten sich jeweils etwa 15 Minuten in Abwesenheitder Konkurrenten den Delegierten vor.Zum <strong>Steinfurt</strong>er Bewerber für das Europarlament war Dr.Markus Pieper,der Ortsvorsitzende von Lotte gewonnen worden. Als Geschäftsführer bei der Industrie-und Handelskammer Osnabrück-Emsland war er bereits beruflich mit denEuropa-Themen befasst. Auf einer Sitzung der Ortsvorsitzenden und des Kreisvorstandesam 12.7.03 wurde fast einstimmig seine Kandidatur begrüßt.Der Kreisvorstand besprach am 15.7.03 die komplizierte Kandidaten-Situation im Münsterland. Die Presse hatte gemeldet, dass Frau Keppelhoff-Wiechert, die bisherige Europa-Abgeodnete, „aus dem Amt gedrängt“ worden sei.Karl Josef Laumann versicherte dagegen, sie habe unbedrängt und freiwillig aufeine erneute Kandidatur verzichtet. Schon am 1.7.03 hatte Thomas Kropp, der Europa-Beauftragtedes <strong>Kreisverband</strong>es <strong>Steinfurt</strong>, über dessen Bewerbung um dieKandidatur im Münsterland offen spekuliert worden war, aus beruflichen und persönlichenGründen auf eine Kandidatur verzichtet.Dr. Markus Pieper stellte sich dem Kreisvorstand fast eine Stunde langvor. Nachdem er die Sitzung verlassen hatte, stimmten die Anwesenden bei zweiEnthaltungen einstimmig seiner Kandidatur zu. Auch auf der Versammlung der<strong>CDU</strong> des Münsterlandes fand er die Mehrheit und wurde für die erste Münsterland-Positionauf der Landesliste vorgeschlagen.Ergebnis der Europawahl:Kreis ST: <strong>CDU</strong> 74.037 Stimmen 52,80 %SPD 34.602 24,68 %FDP 9.174 6,54 %Grüne 13.874 9,98 %204


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Die <strong>CDU</strong> im Kreis <strong>Steinfurt</strong> hatte etwas zugelegt. In NRW aber verlor siegegenüber 1999 rund 2,4 %, in ganz Deutschland sogar 4,1 %. – Doch die SPDerwischte es viel schlimmer: Bundesweit verlor sie 9,4%, und in NRW sogarschlimme 11,6 %. Das ließ bei der SPD schlimme Ahnungen aufkommen. – ImEuropa-Parlament wurde die EVP, der auch die <strong>CDU</strong>-Abgeordneten angehören,mit 276 Sitzen (gegenüber 200 der Sozialdemokraten) die mit Abstand stärksteFraktion Steilvorlage, die. – „Die SPD schraubt sich immer tiefer in die Depression“urteilte die FAZ schon damals. Der <strong>CDU</strong>-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgersmeinte „Die einstige Herzkammer der SPD blutet aus“ und fügte hinzu, dasWahlergebnis sei eine Steilvorlage, die allerdings noch verwandelt werden müsse.– Und das tat die <strong>CDU</strong> tatsächlich ein Jahr später.________________________________________________________________(nicht so ganz ernst zu nehmen:)Rot-Grün gegen Japaner(nach einer im Archiv der Kreistagsfraktion gefundenen Vorlage aus derZeit vor den Kommunalwahlen)Eines Tages machten die Rot/Grünen mit den Japanern ein Wettrudernaus. Beide Mannschaften trainierten hart und waren topfit. Und trotzdem: Die Japanergewannen mit einer Meile Vorsprung.Da beauftragte das rotgrüne Management ein Projektteam damit, eineProblemanalyse (es kostete nur einige Zehntausend) zu erstellen. Das Ergebnis:Bei den Japanern ruderten acht und einer steuerte. Beim rotgrünen Team dagegenruderte nur einer und acht steuerten.Eine ‚Beratungsfirma (sie kostete nur einige hunderttausend) fand heraus:Es dürfen nicht acht Gleichberechtigte steuern, besser seien vier Steuerleute,drei Obersteuerleute und ein Steuerdirektor.Doch nach einer weiteren Niederlage empfahl ein anderes Gutachten (eskostete nur wenig mehr als das andere), ein Leistungssystem einzuführend: DerMann, der das Boot ruderte, solle sich mehr anstrengen, ein echter Leistungsträgerwerden, und ihm soll mehr Verantwortung übertragen werden.Im nächsten Rennen gewannen die Japaner mit zwei Meilen Vorsprung.Das rotgrüne Management entließ den Ruderer wegen Unfähigkeit, verkaufte dasBoot und stoppte alle Investitionen für ein neues Boot.Die acht Steuerleute aber wurden in eine höhere Gehaltsgruppe befördert.Die Berater belohnte man mit einem lukrativen Mandat und da durften sienebenbei noch viele schöne Gutachten machen.Kommunalwahl 26.9.2004 / Stichwahlen 10.10.04Die Vorbereitung der Kommunalwahl begann schon im Januar 2004. Ineiner Vorstands- und Ortsvorsitzenden-Konferenz stellte Karl Josef Laumann fest,205


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____dass die politische Lage in Bund und Land zwar schlecht sei, aber der <strong>CDU</strong> bessereChancen biete als seit langem. Man könne hoffen, dass das gute Kommunalwahl-Ergebnisvon 1999 in diesem Jahre gehalten werden könne. Von 31 Kreistagswahlbezirkenhabe man damals 29 direkt gewonnen. Ein (erfreuliches) Problemsei aber, dass über die Reserveliste nur noch fünf Bewerber in den Kreistageingezogen seien. Das Ergebnis 1999 zu überbieten sei utopisch.Der „Geräuschpegel“: In der gleichen Sitzung wurde auch beraten, wann dieNominierungen für die nur neun Monate nach der Kommunalwahl stattfindendeLandtagswahl stattfinden sollen: Vor den Sommerferien oder nachher?Es muss wohl ziemlich rund gegangen sein, denn das Protokoll vermerkt an dieserStelle: „Da aufgrund des Geräuschpegels nicht eine eindeutige Klärung herbeigeführtwerden kann, fragt der Kreisvorsitzende alle vertretenen Orte ab.“Das Ergebnis dagegen war eindeutig: 7 Städte und Gemeinden votierten für „vorden Ferien“ und 17 für November 2004.Ohnehin war die Reihenfolge auf der Reserveliste zum Kreistag eine „haarige“Angelegenheit: Einige Vertreter aus den kleineren Gemeinden im Süden desAltkreises <strong>Steinfurt</strong>, die aufgrund der kleineren Einwohnerzahl keinen eigenenWahlkreis bekommen konnten, forderten, die Reserveliste in der Reihenfolgenach Einwohnerzahl dieser Gemeinden zu vergeben. – Der Vorsitzende begründete,warum dies nicht so laufen dürfe. Denn zunächst seien die Direktkandidatenund auch das „Frauenquorum“ auf der Reserveliste zu berücksichtigen. Schließlicheinigte man sich auf die Formulierung, das Anliegen des Antrages als „wichtigesKriterium zu berücksichtigen.“Eine Reihe von „Foren“ erarbeiteten das Wahlprogramm der <strong>CDU</strong>. DerKreisvorsitzende hatte die Kreistagsfraktion gebeten, über den Wahlkampf unddessen Erfordernisse zu beraten, weil das ja ihre eigene Sache sei. Doch GeschäftsführerJohannes Machill musste in einem Rundbrief an Kreisvorstand undKandidaten feststellen, dass „vorsichtig formuliert“ die Beteiligung der Kreistagskandidatenan diesen Foren sehr zu wünschen übrig ließe. Zur Auftaktveranstaltungder Landratswahl möchte „er der Erwartung Ausdruck verleihen, dass sichdort alle Kandidaten und Kreisvorstandsmitglieder sehen lassen!“Gelegentlich ärgerten sich die Wahlkämpfer über das „von oben“ zugeschickteWahlkampfmaterial. So hatte die Landesgestelle am 21.8., also fünf Wochenvor der Wahl, eine Wahlkampfbroschüre mit „Argumentationshilfen“ zugeschickt.Zu diesem Zeitpunkt waren die eigenen Broschüren, Zeitungen und sonstigeWahlwerbemittel längst fertig. Alfred Wagner, Vorsitzender der <strong>CDU</strong>-206


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Kreistagsfraktion schrieb der Landesgeschäftsstelle ironisch, man wolle sehen, obeiniges aus der zugeschickten Wahlkampfbroschüre bei der nächsten Kommunalwahlim Jahre 2009 verwandt werden könne.Ein starkes Argument für die <strong>CDU</strong> aber war im Wahlkampf der bereitseingetretene und unübersehbare Erfolg des <strong>CDU</strong>-Landrats Thomas Kubendorff:Die Verschuldung des Kreises ging bereits zurück, und viele neue Arbeitsplätzekonnten geschaffen werden.Ergebnisse:Kreistag: <strong>CDU</strong> 100.641 50.83 % 32 SitzeSPD 60.073 30,34 % 19FDP 17.438 8,81 % 5Grüne ..19.856 10,03 % 6Als hauptamtlicher Landrat erreichte Thomas Kubendorff mit 60,3 % der Stimmenein hervorragendes Ergebnis. Noch 1999 waren es 53,2 % gewesen.Gemeinden: <strong>CDU</strong>SPDFDPGrüneAus den vielen Kommentaren zum Wahlergebnis ragt eine Erkenntnis hervor:Gegen „gute Amtsinhaber“ anderer Parteien waren <strong>CDU</strong>-Kandidaten oft unterlegen.Eine Folge müsse sein, künftig stärker auf das Profil der Bewerber zuachten. – Ansonsten schien das Ergebnis durchweg befriedigend.Karl Josef Laumann konnte in einem Rundschreiben zum Jahreswechselbefriedigt feststellen, das Jahr sei ein erfolgreiches Jahr für die <strong>CDU</strong> gewesen. Infast allen Städten und Gemeinden habe die <strong>CDU</strong> sich behauptet. Landrat ThomasKubendorff habe zusammen mit der <strong>CDU</strong> ein hervorragendes Ergebnis erzielt. ImEuropäischen Parlament sei der Kreis mit Dr. Markus Pieper stark und kompetentvertreten. – Und nach einer Skizzierung der bundesweiten politischen und wirtschaftlichenLage fügte er persönliche Worte an:„Für mich hat sich vor allem in den letzten Wochen sehr viel verändert. Ich hoffe,dass es mir als neuem Mitglied des Präsidiums der <strong>CDU</strong> Deutschlands gelingt, dienotwendigen Reformen weiter auf den Weg zu bringen. Seit kurzem steht fest,dass ich auch als Landesministerkandidat künftig für Arbeit, Soziales und Gesundheitin den Landtagswahlkampf ziehe, um unser NRW wieder nach Vorne zubringen.“ Er dankte sodann „allen, die sich für unsere <strong>CDU</strong> einsetzten.“207


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Landtagswahl 22.5.2005Im Vorfeld dieser Landtagswahlen hatten unliebsame Ereignisse auf Bundes-und Landesebene stattgefunden. Es wurden Fälle aufgedeckt, in denen Abgeordneteunerlaubte oder auch nur fragwürdige Nebeneinkünfte bezogen. Hiervonwaren nicht nur SPD-Abgeordnete, sondern auch prominente <strong>CDU</strong>-Mandatsträgerbetroffen. Der Generalsekretär der <strong>CDU</strong> Laurenz Meyer musste zurücktreten undmachte nicht die beste Figur dabei. Ebenso Hermann Josef Arentz, der Bundesvorsitzendeder Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft/CDA, der für diekünftig erhoffte <strong>CDU</strong>-Landesregierung als Sozialminister im Gespräch war. UndKarl Josef Laumann wurde dessen Nachfolger sowohl als Vorsitzender der CDAwie auch als Ministeranwärter.Aber die Affären der Nebentätigkeiten trafen auch den LandtagsabgeordnetenWolfgang Kölker, der als freigestelltes Betriebsratsmitglied bei der Preußagdiese Tätigkeit weiterhin nach seinen zeitlichen Möglichkeiten wahrnahm und –tarifrechtlich einwandfrei – auch bezahlt bekam. – In honoriger Weise verzichteteer aber auf die erneute Kandidatur. An seiner Stelle wurde Wilfried Grunendahl,der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Kreistag, als Landtagskandidat aufgestellt.Ergebnisse:WK 81 ST I <strong>CDU</strong> 40.585 55,31 %SPD 2.438 29.22 %FDP 4.654 6,34 %Grüne 3.959 5,40 %Direkt gewählt: Hannelore Brüning/<strong>CDU</strong>. Stimmenzuwachs: 10,11 %.WK 82 ST II: <strong>CDU</strong> 36.226 53,51 %SPD 22.034 32,55 %FDP 3.550 5,24 %Grüne ..3.140 4,64 %Direkt gewählt: Josef Wilp/<strong>CDU</strong>. Stimmenzuwachs: 6,59 %.WK83 ST III:<strong>CDU</strong> 31.794 44,44 %SPD 30.344 42,41 %FDP 3.642 5,09 %Grüne 3.124 4,37 %208


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Direkt gewählt: Wilfried Grunendahl/<strong>CDU</strong>. Stimmenzuwachs: 7,51 %. Die SPDverlor ihren sicher geglaubten Wahlkreis.kreisbezogen:<strong>CDU</strong> 108.605 51,08 %SPD 73.816 34,72 %FDP 11.846 5,57 %Grüne ..10.223 4,81 %Die <strong>CDU</strong> gewann 8,36 hinzu, die SPD verlor 5,19 %.Dieses Ergebnis war für die <strong>CDU</strong> natürlich eine großartige Sache. Nach 39Jahren SPD-Dominanz im Landtag trat sie aber ein sehr schweres Amt an. Die<strong>CDU</strong> <strong>Steinfurt</strong> freute sich, dass nunmehr alle drei <strong>CDU</strong>-Kandidaten den Sprung inden Landtag geschafft hatten.Hannelore Brüning wurde erneut in den Geschäftsführenden Vorstand derLandtagsfraktion und ebenfalls wieder als Finanzbeauftragte der Fraktion gewähltund in den Verkehrsausschuss berufen. – Wilfried Grunendahl wurde Mitglied imauch für die Kohlepolitik zuständigen Wirtschaftsausschuss und im Ausschuss fürGenerationen und Familie. – Josef Wilp wurde im Kommunalausschuss StellvertretenderVorsitzender und Mitglied im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales,gleichzeitig Beauftragter der Fraktion für Senioren. Er wurde mit den Wortenzitiert, er freue sich, es all denen gezeigt zu haben, die ihn als „alten Knacker“bezeichnet hätten.Vor allem aber: Der Kreisvorsitzende Karl Josef Laumann, zu dieser Zeitnoch im Bundestag als Sprecher für Arbeitsmarktfragen in verantwortlicher Position,sollte von Berlin nach Düsseldorf wechseln. Schon vor dem Wahltermin hatteder neue Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ihn der Öffentlichkeit als neuenkünftigen Arbeits- und Sozialminister für NRW vorgestellt.Schröders Flucht: Die „Vertrauensfrage“Das gute Ergebnis dieser Landtagswahl war zunächst und vor allem die Ablösungvon Rot/Grün in Düsseldorf. Und die SPD hatte runde zehn Landtagswahlen in Folgeverloren. Es gab keine rot/grüne Regierung mehr – außer im Bundestag.209


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Und noch am Nachmittag des Wahltages 22.5.2005 hatten Kanzler Schröder undSPD-Chef Müntefering beschlossen, eine Flucht nach vorne anzutreten. Denn im bevölkerungsreichstenBundesland und Stammland der SPD hatte sich schon vor Schließen derWahllokale ihr Desaster angebahnt, das in der Bedeutung alle anderen verlorenen Landtagswahlenübertraf. Doch weder Kanzler noch Parteichef traten zurück. Vielmehr verkündetensie der erstaunten eigenen Partei, dem verblüfften Koalitionspartner und der Öffentlichkeit,man wolle Neuwahlen zum Bundestag anstreben. Eine „neue Legitimation„wolle der Kanzler sich besorgen. Hierzu stellte er am 1. Juli 2005 im Bundestag die Vertrauensfrage.Und Parteichef Müntefering „empfahl“ seiner Fraktion, sich der Stimme zuenthalten und Schröder nicht das Vertrauen auszusprechen. Einerseits wollte man sichersein, dass die Vertrauensfrage abgelehnt wird, andererseits aber sollte Schröder die unverbrüchlicheTreue - und dadurch eben das Vertrauen – bekundet werden. Die Reaktionenin der SPD aber waren für Schröder und Müntefering enttäuschend. Die überraschendeAnkündigung Schröders war wohl auch dazu gedacht, die Wirkung der schlimmenNiederlage in NRW in der Öffentlichkeit zu überdecken. Doch dieser Schuss ging nachhinten los, denn die Trickserei kam schlecht an. Und schließlich verlor Schröder auchnoch die Kanzlerschaft.Außerdem hatte die WSAG (ein Wahlbündnis von linken SPDlern und Gewerkschaftsfunktionärenbei der Landtagswahl NRW trotz einer extrem kurzen Vorbereitungszeitmit über zwei Prozent beachtlich viele Stimmen geholt. Oskar Lafontaine wurde ihrVormann und betrieb mit Nachdruck ein Wahlbündnis zur Bundestagswahl mit der PDS.Das verhieß für die SPD nichts Gutes. Und dass auch diese absehbare Entwicklung fürSchröders und Münteferings Entschluss eine Rolle spielte, lag auf der Hand.Und tatsächlich schlossen sich nur wenige Wochen später die PDS und Teile der WSAGmit deren Vormann Lafontaine zu einem Wahl-Bündnis „Die Linke – PDS“ zusammen. .Es erwies sich zudem, dass die cleveren PDS-Strategen eine Reihe ihrer eigenen Leute imWesten über das WSAG-Ticket in die Spitze der gemeinsamen Kandidatenliste gehievthatten. Darüber waren viele WSAG-Mitglieder nun entsetzt – aber zu spät.Aber auch zahlreiche Mitglieder des grummelnden Koalitions-Bündnis-Grünenwollten das Spiel mit der fingierten Niederlage bei der Vertrauensfrage nicht mitmachenund stimmten so ab, wie sie dachten. Sie wollten keine vorzeitige Auflösung des Bundestages,schon gar nicht mit verfassungsrechtlich zweifelhaften Mitteln. Und deshalbstimmten einige bei der Frage nach dem Vertrauen mit „Ja“. Auch manche MitgliederSPD-Fraktion dachten und handelten genau so.Die konfuse Lage vieler SPD-Abgeordneten zeigte sich auch am Verhalten derSPD-Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer im Wahlkreis <strong>Steinfurt</strong> I/Borken I: Nacheinem Pressebericht in der MV vom 4.7. sagte sie, sie persönlich habe bei derVertrauensfrage mit „Ja“ gestimmt. Eine Enthaltung wäre ihr „komisch“ vorgekommen.Sie sagte: “Es waren aber genügend da, die sich enthielten.“210


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Wird die Bundestagswahl vorgezogen?Nach dem im Grundgesetz festgelegten Ablauf musste der Bundespräsident,der vom Kanzler nicht vorher informiert worden war, seine Entscheidung,ob er den Bundestag auflösen wolle, innerhalb von 21 Tagen treffen. Und dieseZeit wollte er auch zur gründlichen Prüfung ausschöpfen.Wenn er dem Wunsche des Kanzlers folgen würde, müsste die Wahl einesneuen Bundestages innerhalb von 60 Tagen stattfinden. Nach dieser Vorgabewürdedie Wahl spätestens am 18. September 2005 stattfinden. Denn davor war in einigenBundesländern die Ferienzeit noch nicht vorbei.Über dem ausgeklügelten Wahltermin 18.9.2005 lagen jedoch zwei Hürden.Zunächst die Entscheidung des Bundespräsidenten. Er bestand darauf, dassder Kanzler ihm in schriftlicher Form die Begründung seiner Meinung darlegensolle, dass das „stetige Vertrauen“ in seine Bundestagsmehrheit nicht mehr gegebensei. Denn nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1983, alsHelmut Kohl eine ähnlich gelagerte Vertrauensabstimmung scheitern ließ, um zueinen neuen Bundestagswahl zu kommen, darf der Bundespräsident die Beurteilungder Lage durch den Kanzler nicht einfach ignorieren.Und dann gab es nicht zuletzt bei den Experten für Verfassungsrecht sehrunterschiedliche Auffassungen darüber, ob die fingierte (andere nannten das „gezinkte“)Abstimmung zur Grundlage der Auflösung des Bundestages führen dürfe.Die Oppositionsführung, also Angela Merkel und G. Westerwelle/FDP begrüßtendie „Kapitulation“ des Kanzlers und betonten, jeder Tag ohne rot-grüneBundesregierung sei ein guter Tag für Deutschland.Die SPD stellte ein recht populistisches „Wahlmanifest“ zusammen undversuchte akrobatisch einen Spagat: Die Agenda 2010 mit den richtigen Reformansätzensolle „kraftvoll fortgeführt“. Aber alle Äußerungen wiesen auf einenstarken Links-Ruck. Eine Palette von erstaunlichen Wahlgeschenken kam hinzu,deren Finanzierung zweifelhaft war. Alle Welt fragte sich„Warum jetzt plötzlich?“Die <strong>CDU</strong> stellte ihr Programm am 11.Juli der Öffentlichkeit vor, nachdemin den Tagen zuvor bereits nach und nach einzelne Punkte (wohl gezielt) in diePresse gerieten. So war die vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer um zweiProzentpunkte keine große Überraschung mehr. Allerdings sollte sie allein demzentralen Ziel dienen, mehr Arbeit zu schaffen und dafür den Arbeitslosenbeitrags211


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____um zwei Prozentpunkte zu senken. Eine Erhöhung der Verschuldung dafür seinämlich nicht zu verantworten gewesenAls zunächst geglückte Überraschung stellte sie in ihrem „Kompetenz-Team“ den hoch angesehenen ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof.PaulKirchhof als künftigen Finanzminister vor. – Die demonstrativ von der <strong>CDU</strong> praktizierteund gebotene Ehrlichkeit führte allerdings zu einer prompten Verschlechterungder Umfragewerte, die allerdings schon „unnatürlich“ <strong>CDU</strong>-freundlich gewordenwaren.Auch im <strong>CDU</strong>-<strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> wurde sofort gehandelt. Vorstandssitzungenund „Vertreterwahlen“ fanden statt. Am 21.Juni, also bereits vor der„Vertrauensabstimmung“, wurden bereits die Vertreter des <strong>Kreisverband</strong>es zurAufstellung der Landes-Reserveliste gewählt. Diese nahmen an der entscheidendenVertreterversammlung des Landesverbandes NRW in Recklinghausen am 7.Juli teil. Der Landesvorstand hatte Vorschläge vorgelegt. Spitzenkandidat auf derReserveliste wurde Norbert Lammers.Aus dem Münsterland kam Ruprecht Polenz aus Münster auf Platz elf.Reinhold Uhlenbrock aus dem Kreis Warendorf kandidierte gegen den Vorstandsvorschlag,der Laurenz Meyer auf Platz 25 vorsah, doch er unterlag gegenden früheren Generalsekretär. Aus dem Münsterland kandidierten außerdemDr.Philipp Frh.Heereman aus dem Kreise <strong>Steinfurt</strong> auf Platz 38, Reinhold Uhlenbrock/Krs.Warendorfauf Platz 47 und Martina Schrage/Krs.Borken auf Platz71. Jens Spahn MdB hatte auf einen Reservelistenplatz verzichtet.Zum Wahlkreis Coesfeld/<strong>Steinfurt</strong> II gehörten die <strong>Steinfurt</strong>er GemeindeverbändeAltenberge, Laer und Nordwalde sowie der Kreis Coesfeld. Aus diesemWahlkreis hatten am 22.6. in Altenberge an einer Versammlung, zu der die JungeUnion eingeladen hatte, zahlreiche <strong>CDU</strong>-Mitglieder aus dem ganzen Wahlkreisteilgenommen. Fünf Bewerber stellten sich ihnen vor. Aus ihnen wurde am 5. JuliKarl Schiewerling aus Nottuln, 54jähriger Familienvater und Leiter des Diözesan-Kolping-Bildungswerkes ausgewählt. Er wurde damit Nachfolger von WernerLensing, der nicht mehr kandidierte. Aus den <strong>CDU</strong>-Gemeinde- und Stadtverbändendes Kreises <strong>Steinfurt</strong> lag kein eigener Kandidatenvorschlag vor.Zum Wahlkreis „<strong>Steinfurt</strong> I/Borken I gehörten aus dem <strong>Steinfurt</strong>er <strong>Kreisverband</strong>die <strong>CDU</strong>-Verbände aus Horstmar, Metelen, Neuenkirchen, Ochtrup,Rheine, <strong>Steinfurt</strong> und Wettringen. Am 6. Juli stellte die Vertreterversammlung erneutJens Spahn in seiner Heimatstadt Ahaus auf. Er war inzwischen auch zum212


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________<strong>CDU</strong>-Kreisvorsitzenden im Kreise Borken gewählt worden. - Vor drei Jahren hatteer sich gegen die uneinigen <strong>Steinfurt</strong>er Delegierten durchgesetzt. Nun wurdekein <strong>Steinfurt</strong>er Kandidatenvorschlag vorgelegt und Jens Spahn erneut als Kandidatgewählt, jetzt mit 160 ohne Gegenstimmen bei zehn Enthaltungen.FK „94,1 Prozent…“ca. 7 cmIm Wahlkreis <strong>Steinfurt</strong> III ging es am 1. Juli in Ibbenbüren-Dickenbergspannend zu. Eine Frau und vier Männer waren aus den örtlichen <strong>CDU</strong>-Verbänden als Kandidaten benannt.Im ersten Wahlgang lag Dr.Dieter Jasper aus Hopsten noch mit 30 zu 26Stimmen vor Dr.Philipp Frh.Heereman aus Riesenbeck. Im zweiten Wahlgang unterlager aber mit 38 gegen 41 Stimmen dem Riesenbecker Ortsvorsitzenden inder Stichwahl denkbar knapp.Fotokopie „Philipp Freiherr Heereman…“10 cm213


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_____________________________________________________________________Dank an Karl Josef LaumannAn der soeben beschriebenen Kandidaten-Wahlveranstaltung am 1.Juli.inIbbenbüren nahmen rund 170 <strong>CDU</strong>-Delegierten und viele weitere Mitglieder teil.Nach der Wahl trat Wettringens Bürgermeister Engelbert Rauen, Mitglied des<strong>CDU</strong>-Kreisvorstandes und langjähriger politischer Weggefährte Laumanns, ansMikrofon. Und er dankte dem bisherigen Bundestagsmitglied im Namen des<strong>CDU</strong>-<strong>Kreisverband</strong>es für 15 Jahre hervorragende Abgeordnetentätigkeit in Berlinund im Wahlkreis. Er habe sich hervorgetan durch seinen Fleiß und seine Belastbarkeitbei großer Aufgabenfülle. Rauen hob hervor, dass gerade Laumanns Geradheit,sein Charakter und sein Wurzeln im Glauben „den Karl Josef“ ausmachen.Großer Dank gebühre auch seiner Frau Agnes. Großer Beifall bekräftigteden Dank.Und dabei war es ja keineswegs ein Abschied, denn „Karl Josef“. bliebdem <strong>Kreisverband</strong> ja noch als Vorsitzender und nicht zuletzt als Minister in Düsseldorfweiterhin erhalten.Minister für Arbeit, Soziales und GesundheitDaran musste sich die <strong>CDU</strong> im Kreise <strong>Steinfurt</strong> erst noch gewöhnen. DerKreisvorsitzende Karl Josef Laumann war zwar auch vorher schon in Bonn undBerlin stark engagiert. Doch dass er jetzt in Düsseldorf als Minister ein so schweresund zeitraubendes Amt antrat, war schon ein Einschnitt. Es gab mancherleiBefürchtungen: Nicht dass der bodenständige Riesenbecker „abheben“ würde.214


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Sondern: Würde Karl Josef Laumann noch wie in den zurückliegenden Jahren sokraftvoll den <strong>Kreisverband</strong> führen können?Übrigens hatte das neue Kabinett in Düsseldorf schon am 21.7.05 beschlossen,drei der bisherigen rotgrünen Regierungspräsidenten durch <strong>CDU</strong> undFDP angehörende Nachfolger abzulösen, und den Düsseldorfer SPD-Amtsinhaberin seinem Amt zu belassen. So hatte es auch die SPD umgekehrt gehandhabt. –Eine Folge davon war für Karl Josef Laumann sein Einzug über die Reservelistein den Landtag, weil Hans Peter Lindlar MdL als neuer Regierungspräsident vonKöln sein <strong>CDU</strong>-Landtagsmandat niederlegen musste.Reinhold Hemker wollte „schrödern“ (so nannte jemand die Sucht nach dernächsten Kamera): Während der <strong>CDU</strong>-Kandidatenwahl im Wahlkreis129 versuchteder SPD-Bewerber R.Hemker, in Begleitung eines Kameramannes in denSaal zu den <strong>CDU</strong>-Mitgliedern zu gelangen. Wollte er etwa seinen künftigen Konkurrentenkamerawirksam beglückwünschen? Oder was hätte er sonst vorgehabt?Er wurde natürlich nicht eingelassen.Dies war nicht sein erster Versuch. Man erinnert sich an einen ähnlichen Vorfallin Emsdetten vor längerer Zeit. Auch damals ließ man ihn natürlich nicht in denSaal. _____________________________________________________________Auch dies gehört hier berichtet:Karl Josef Laumann war am 26. Juni von den Bundesdelegierten der CDA zumVorsitzenden der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft/CDA gewähltworden. Er erhielt 93 % der 382 Stimmen. – Damit wurde er Nachfolger vonH.J.Arentz, der wegen einer Gehaltsaffäre sein Landtagsmandat und den Vorsitzder CDA abgegeben hatte. – Zu den prominenteren Vorgängern in diesem Amtgehören aber auch Jakob Kaiser, Hans Katzer und Norbert Blüm.Die Hürden sind genommen: Wahl findet stattDie Abstimmung über die Vertrauensfrage hatte am 1. Juli im Bundestagstattgefunden, und Bundespräsident Köhler schöpfte seiner Ankündigung entsprechendseine zulässige Frist aus, um eine größtmögliche Sicherheit für die rechtlicheund politische Prüfung der Lage zu erlangen. Am 21. Juli verkündete er seineEntscheidung sowie ihre Begründung zur Auflösung des Bundestages in einer beeindruckendenFernsehansprache. Doch war das Ergebnis kaum noch anders erwartetworden.215


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Nun wartete man gespannt, wie das Bundesverfassungsgericht über dievorliegenden Klagen gegen die Auflösung des Bundestages entscheiden würde.Und am 25. August urteilte das Gericht fast einstimmig, die Klagen seien abzuweisen.Auch diese Entscheidung war zwar überwiegend erwartet worden.FK „Zwischen Pest und Cholera…“Ca. 3 cm___________________________________________________________________Wahlkampf im EndspurtUnbeeindruckt von der bis zu dieser Urteilsverkündung noch bestandenenUnsicherheit war der Wahlkampf in vollem Gange. In einer zentralen Kreis-Veranstaltung in Nordwalde stellten die drei Bundestagskandidaten engagiert undsachkundig das Regierungsprogramm der Union vor. Dieses war unter dem Titel„Deutschlands Chancen nutzen – Wachstum, Arbeit, Sicherheit“ von beiden Unionsparteienzwar in Eile, doch auch in außergewöhnlicher Einigkeit verabschiedetworden.„Vorfahrt für Arbeit“ war das Programmthema für Dr.Philipp Heereman„Verlässliche soziale Sicherheit“ trug Jens Spahn MdB vor„Zukunft für Familien – Bildung und Erziehung“ war das Thema fürKarl SchiewerlingNachdem die drei Kandidaten in der Diskussion noch einigen Fragen beantworteten,beschloss der Kreisvorsitzende Karl Josef Laumann die Veranstaltungmit einer mitreißenden Rede. Diese war allerdings weniger eine Attacke aufdie Politik der politischen Gegner. Vielmehr legte hier ein christlicher Sozialpolitikereine von Ernst und Besorgnis bestimmte Beschreibung der gesellschaftlichen,sozialen und politischen Lage vor, in der sich unser Land befindet.216


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________Von einem Termin zum nächsten eilten sowohl die drei Kandidaten wieauch Karl Josef Laumann. Die Umfragen sagten seit Wochen der rot-grünen Regierungund vor allem der SPD eine schlimme Niederlage voraus. Doch sorgte dieebenfalls große Zahl der Unentschiedenen dafür, dass für Überheblichkeit keinGrund vorlag. Bei der Sichtung der Wahlkampftermine fiel auf, dass im Gegensatzzu früheren Jahren kaum große öffentliche Veranstaltungen stattfanden. DieParteien bevorzugten Besuche bei Firmen und Einrichtungen und hofften aufmöglichst günstige Presse- oder Fernsehberichte.Die großen Fernsehanstalten zelebrierten am 4. September mit ungeheuremTamtam und wichtigtuerischer Überheblichkeit das „Duell“ zwischen AngelaMerkel und Kanzler Schröder. Lieber hätten sie zwei solcher Quoten verheißende„Evants“ veranstaltet. Doch war es vernünftig, dass Angela Merkel dieses Ansinnenablehnte. Schließlich ist doch weithin bekannt, dass in den Fernsehredaktionenmeist nicht gerade <strong>CDU</strong>-freundliche Leute das Sagen haben. Und nur zu gernewollten sie glauben, dass ihr Favorit Schröder, der „Medien-Kanzler“, in diesem„Duell“ viele Minuspunkte der letzten Vorhersagen gutmachen werde.Der anfänglich hervorragende Einstand des von Angela Merkel als künftigerFinanzminister vorgestellten Prof. Kirchhof ebenso wie die grundehrliche Ankündigungeiner Erhöhung der Mehrwertsteuer wurden für Schröder, Müntefering,Gysi und Lafontaine zur erhofften Vorlage, die ihrer Art des Wahlkampfesentgegen kam. Die zum Schluss noch auf Druck von <strong>CDU</strong>-Größen nachgeschobeneBenennung von Friedrich Merz zum „Tandem Kirchhof-Merz“ machte allesnicht viel besser.Vor allem Schröder verfiel von Tag zu Tag mehr in laute und die Tatsachenverfälschende Attacken. Er spielte seine ganze Lautstärke und Schauspielkunstaus. Und tatsächlich gingen die Umfragewerte für die SPD wieder dicht andie der Union heran.Die Bundestagswahl 18.9.2005Die Wahl fand zwar bei herrlichem Wetter statt, doch die Sorge, ob es amSchluss denn noch gereicht hat, war groß. Und tatsächlich war die Wahlbeteiligungtrotz aller Polarisierung und auch der drückenden Sorgen in Deutschland geringerals 2002.217


________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005____Und das Ergebnis war schockierend – eigentlich für alle. Denn die SPDfuhr mit 34,2 % und einem Verlust von 4,3 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit15 Jahren ein – und vor allem: Rot/Grün war abgewählt und hatte keine Mehrheitmehr im Bundestag. Denn auch die Grünen hatten 0,4 % verloren. Die neue extremeLinke hatte auf Anhieb 8,7 % der Stimmen geholt und dadurch zusätzlichRot/Grün dezimiert.Aber obwohl der Verlust bei der Union mit 3,5 % geringer als bei der SPDausfiel, und obwohl die FDP sogar mit einem Plus von 2,7 % sich als Wahlsiegerfühlte, verfehlte die Union ihr Wahlziel, mit der FDP die neue Regierung zu bilden.So hatte es weder für Rot/Grün noch für Schwarz/Gelb gereicht.Doch die Union erreichte drei Mandate – und nach einer zwei Wochenspäter stattfindenden Nachwahl in Dresden - sogar vier Mandate mehr als die SPDund deshalb bestand Angela Merkel auf ihre Anwartschaft für das Kanzleramt.Aber der unterlegene Kanzler gebärdete sich ganz im Stile seiner letztenWahlkampfpraktiken lautstark und überheblich („krawallig“ urteilte selbst seineFrau). Er erklärte sich zum Sieger und Anwärter auf die erneute Kanzlerschaft:„Wer sonst als ich?“ So als ginge es im Bundestag um die Zahl der Parteimitgliederund nicht der Abgeordneten. Dass es eine gemeinsame Fraktion der <strong>CDU</strong> undCSU im Bundestag gibt, die jetzt die Mehrheit hatte, ignorierte Schröder und mitihm die Spitze der SPD in der Öffentlichkeit und den eigenen Genossen gegenüber.Dies hielt Schröder allerdings nur solange durch, bis zwischen der Unionund der SPD mangels zur Zeit anderer möglicher Koalitionen die Verhandlungenum eine große Koalition in Angriff genommen wurden. Am 12.10. erklärte KanzlerSchröder endlich seinen Verzicht auf eine künftige Regierungsarbeit in derGroßen Koalition.Bei dieser denkwürdigen Wahl am18.9.2005 hatten im Kreise <strong>Steinfurt</strong> dieDirektkandidaten Jens Spahn aus Ahaus und Karl Schiewerling aus Nottuln sehrgut abgeschnitten und wurden in den Bundestag gewählt. Doch Dr. Philipp Heeremanunterlag dem SPD-Kandidaten und der Wahlkreis konnte auch dieses Malnicht gewonnen werden. Die Wahlergebnisse im Einzelnen:Ergebnisse:Wahlkreis 125 BOR/ST I<strong>CDU</strong> 78.551 Stimmen 51,2 % = + 3,0 %218


_______________Der <strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> 1995 bis 2005_________SPD 58.301 38,0 % = - 3,1 %FDP 5.751 3,7 % = - 2,2 %Grüne 5.028 …3,3 % = - 0,8 %Gewählt wurde Jens Spahn/<strong>CDU</strong>Wahlkreis 128 COE/ST II:<strong>CDU</strong> 78.614 51,6 % = + 1,0 %SPD 55.281 36,3 % = - 1,3 %FDP 5.813 4,6 % = - 2,6 %Grüne ..6,224 4,1 % = - 1,1 %Gewählt wurde Karl Schiewerling/<strong>CDU</strong>Wahlkreis 129 ST III:<strong>CDU</strong> 64.89 42,8 % = + 1,0 %SPD 70.454 46,5 % = - 0,6 %FDP 5.813 3,8 % = - 2,0 %Grüne 4,760 3,1 % = - 1,2 %Gewählt wurde Hemker/SPDNun hatte der <strong>CDU</strong>-<strong>Kreisverband</strong> <strong>Steinfurt</strong> erstmals keinen eigenen Abgeordnetenmehr im Bundestag. Das war bitter-Zum Schluss: Die Folgen dieser Wahl bleiben hier offenEs begann nun die wohl unausweichliche Zeit der Schuldzuweisungen, vorallem aber die Suche nach einem Ausweg und einem tragfähigen Wahlbündnis.Diese schwierigen Verhandlungen würden sich wohl lange hinziehen. Deren Ergebniskommen für dieses Buch leider zu spät ans Tageslicht.Und so mag sich ein künftiger Chronist mit der Fortsetzung der Geschichtedes <strong>CDU</strong>-<strong>Kreisverband</strong>es <strong>Steinfurt</strong> für künftige Leser befassen.219

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