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Die Zeitschrift für Männedorf - fischotter.ch

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Kolumne: Wer weiss s<strong>ch</strong>on, wie der Haas läuft?Erwin Haas laus<strong>ch</strong>t der Stimmung im Dorf.Kürzli<strong>ch</strong> war i<strong>ch</strong> im oberen Reusstal inGurtnellen. Das Urner Dorf wurde zweimalvon Felsstürzen heimgesu<strong>ch</strong>t. 2006fielen die Brocken auf die Autobahn,2012 auf die Gleise der Gotthardlinie.Das Dorf im Herzen eines der kleinstenKantone der S<strong>ch</strong>weiz hat mit gut 600Einwohnern auf 83 Quadratkilometerneine Bevölkerungsdi<strong>ch</strong>te, die ein Gemeindepräsidenteinmal s<strong>ch</strong>munzelndmit jener von Grönland vergli<strong>ch</strong>. Im RestaurantFeld mit 14 Gault-Millau-Punktenauf fast 1000 Metern über Meerhabe i<strong>ch</strong> dann die Anekdote von einerFrau gehört, die aus einem Urner Weilermit 70 Einwohnern in ein fünfmal grösseresDorf gezogen war und si<strong>ch</strong> halbernst, halb s<strong>ch</strong>erzhaft darüber beklagte,an ihrem neuen Wohnort sei die Stimmungim Verglei<strong>ch</strong> zu vorher geradezuurban und das Leben ziemli<strong>ch</strong> anonym.Am stets belebten Stauffa<strong>ch</strong>er in Züri<strong>ch</strong>habe i<strong>ch</strong> einmal einen Mann gesehen,der Rucksack, Bergs<strong>ch</strong>uhe und eine Wollmützetrug und an seinem Dialekt klar alsInners<strong>ch</strong>weizer erkennbar war. Er grüssteDutzende von Passanten, als wäre er zuHause in seinem Dorf. Sein Ton verriet,dass er seine beharrli<strong>ch</strong>en Versu<strong>ch</strong>e zurKontaktaufnahme in einer Mis<strong>ch</strong>ungaus ländli<strong>ch</strong>er Freundli<strong>ch</strong>keit und Unverständnis,ja fast Empörung darüberbetrieb, dass kaum jemand seine Grüeziserwiderte. Hätte er aber gewusst, dassin dieser Grossstadt kranke oder gestorbeneMens<strong>ch</strong>en man<strong>ch</strong>mal wo<strong>ch</strong>enlangunentdeckt in ihrer Wohnung liegen, wärensogar ihm die Grüsse ausgegangen.Eine enge dörfli<strong>ch</strong>e Gemeins<strong>ch</strong>aft undstädtis<strong>ch</strong>e Anonymität haben natürli<strong>ch</strong>Vor- und Na<strong>ch</strong>teile. Wer wüns<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>on so viel Nähe zum Na<strong>ch</strong>barn, dasssie an eine Überwa<strong>ch</strong>ung grenzt. <strong>Die</strong>totale Freiheit der Einsamkeit will aberau<strong>ch</strong> niemand. So su<strong>ch</strong>t der Mens<strong>ch</strong> alssoziales Wesen einen Mittelweg, und dafürist Männedorf kein s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tes Pflaster.350 Einwohner hatten wir vor etwa500 Jahren. Ende August 2013 warenes 10 513 Einwohner (fast ein Drittel dergesamten Urner Bevölkerung), Tendenzweiter steigend. Nominell ist das Dorfzur Stadt geworden. Trotzdem hat essi<strong>ch</strong> eine fast ländli<strong>ch</strong>e Stimmung bewahrt.Man grüsst si<strong>ch</strong> auf der Strasseund ist etwa bei einer Weindegustationam Pfisterrain auf Anhieb per Du, no<strong>ch</strong>bevor der Pinot noir die Zunge gelockerthat. Wer hier in Männedorf Nähe oderAbstand, Verbindli<strong>ch</strong>keit oder ungestörteRuhe su<strong>ch</strong>t, wird alles in der ri<strong>ch</strong>tigenMis<strong>ch</strong>ung finden.Erwin Haas84

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