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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang F. Siebeke – Zulässigkeit von Sondervoten Aufsätze<br />

Zur Frage der Zulässigkeit von<br />

Sondervoten (Dissenting Votes)<br />

außerhalb der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

(§ 30 II BVerfGG)<br />

Dr. Friedrich Siebeke *<br />

Im Zusammenhang mit der Entscheidung über<br />

das Beschwerdeverfahren Martin Hohmanns<br />

gegen seinen Ausschluss aus der CDU 0 ist die<br />

Frage nach der Zulässigkeit von Sondervoten<br />

aufgetaucht 0 . Für ein außerhalb des § 30 II<br />

BVerfGG in Deutschland bisher unbekanntes<br />

Sondervotum können innerhalb der<br />

Parteigerichtsbarkeit folgende Argumente angeführt<br />

werden:<br />

- Parteien besitzen nach der Rechtsprechung<br />

des BVerfG als Zwischenglieder<br />

zwischen Volk und Staat<br />

Verfassungsrang. Vor den Parteischiedsgerichten<br />

geführte parteiinterne<br />

Verfassungsstreitigkeiten, so auch<br />

der Ausschluss aus einer Partei,<br />

haben die innerparteiliche Demokratie<br />

zum Gegenstand. Es bestehen somit<br />

große Übereinstimmungen mit<br />

den vor dem BVerfG ausgetragenen<br />

staatsrechtlichen Verfassungsstreitigkeiten;<br />

solche parteirechtlichen<br />

Verfahren sind den staatsrechtlichen<br />

Streitigkeiten vergleichbar. Der der<br />

Zulassung von Sondervoten durch<br />

§ 30 II BVerfGG zugrunde liegende<br />

Gedanke kann daher in gleicher<br />

Weise für die parteipolitischen<br />

Verfassungsfragen herangezogen<br />

* Der Autor ist Anwalt in Düsseldorf.<br />

0 CDU BPG 3/2004-1.<br />

0 Zu einzelnen parteirechtlichen Aspekten dieses<br />

Verfahrens siehe auch den Beitrag von S. Roßner in<br />

diesem <strong>Heft</strong>.<br />

werden.<br />

- Sondervoten sind nach dem Ende der<br />

90er Jahre neugefassten Verfahrensrecht<br />

in Schiedssachen zulässig 0 .<br />

- Fremde Rechtordnungen gewähren<br />

Schiedsrichtern für Sondervoten<br />

einen weitgehenden Freiraum 0 .<br />

- Parteigerichte sind Schiedsgerichte 0 .<br />

- Sondervoten dürfen das Beratungsgeheimnis<br />

nicht verletzen. Diese Frage<br />

spielt besonders in den Wirtschaftssachen<br />

betreffenden Schiedsverfahren,<br />

in denen firmeninterne Daten zur<br />

Sprache kommen, eine Rolle. Derartige<br />

Verfahren implizieren Vertraulichkeit.<br />

Als jüngstes Beispiel ist zu<br />

verweisen auf den vor einem<br />

Schiedsgericht ausgetragenen Streit<br />

zwischen der WAZ-Gruppe und der<br />

Gründerfamilie der österreichischen<br />

Kronen-Zeitung.<br />

An das Gebot des Beratungsgeheimnisses<br />

habe ich mich streng gehalten.<br />

Alleiniger Gegenstand meiner Darlegungen<br />

war die getroffene Entscheidung<br />

und die unterschiedliche Bewertung<br />

des darin festgestellten Sachverhalts.<br />

- Sondervoten reichern den juristischen<br />

Diskurs an und dienen so der Rechtsentwicklung.<br />

- Sondervoten befreien den überstimmten<br />

Richter, der zum Mittragen (Mitunterschrift)<br />

der von ihm aus grundsätzlichen<br />

Erwägungen abgelehnten<br />

Entscheidung gezwungen wird, von<br />

einem bisweilen unerträglichen Gewissenszwang.<br />

- Sondervoten besitzen eine Prüf­<br />

0 Vgl. Drs. 13/5274 S. 56 DBT 13. WP.<br />

0 P. Schlosser, Das Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit,<br />

2. Aufl. 1989, S. 510; K. P. Berger,<br />

Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992,<br />

S. 425.<br />

0 B. Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, 9. Aufl.<br />

2003, Rn. 2534 ff.<br />

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