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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Thilo Streit – Rechtsstellung kommunaler Wählervereinigungen Aufsätze<br />

nahmslos. Selbstverständlich gibt es in einzelnen<br />

Bundesländern Dachverbände der Rathausparteien.<br />

Zu Wahlen treten freie Wählergemeinschaften<br />

jedoch nur in zwei Bundesländern an.<br />

Als Einschub ist hier festzuhalten, dass diese<br />

landesweit agierenden und kandidierenden Wählervereinigungen<br />

trotz ihres Selbstverständnisses<br />

als Nichtparteien – denn dieses prägt die<br />

„freien“ Wählergemeinschaften – selbstverständlich<br />

Parteien nach § 2 I 1 PartG darstellen.<br />

Gegenteilige Lippenbekenntnisse spielen, auch<br />

wenn Selbstverständnis in vielen Bereichen,<br />

etwa bei Religionsgemeinschaften, ein<br />

Rechtskriterium darstellt 10 , für die Einordnung in<br />

die Parteienlandschaft keine Rolle, denn das<br />

Selbstverständnis, Politik auch auf Landes- bzw.<br />

Bundesebene betreiben zu wollen, führt eben zur<br />

Parteieigenschaft 11 .<br />

In jüngerer Zeit wurde immer häufiger das Kriterium<br />

der Beteiligung an der politischen Willensbildung<br />

auf Bundes- und Landesebene durch<br />

verschiedene juristische Autoren als Element des<br />

verfassungsrechtlichen Parteienbegriffs in Frage<br />

gestellt. Man kann heute davon ausgehen, dass<br />

die weit überwiegende Meinung in der Rechtswissenschaft<br />

es für die Parteieigenschaft für ausreichend<br />

hält, dass eine Beteiligung an der politischen<br />

Willensbildung des Volkes und den entsprechenden<br />

Wahlen auf irgend einer politischen<br />

Ebene vorliegt <strong>12</strong> .<br />

Das Bundesverfassungsgericht hingegen differenziert<br />

nach wie vor zwischen politischen<br />

Parteien und Wählervereinigungen und hält an<br />

10 M. Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium,<br />

1993, insb. S. 431 ff.<br />

11 S. auch Streinz (Fn. 8), Art. 21 Rn. 49.<br />

<strong>12</strong> A. Arndt, Anmerkung zu BVerfGE 11, 266 ff., JZ<br />

1961, 88 (88); H. Plate, Parteienfinanzierung und<br />

Grundgesetz, 1965, S. 22; H.-R.. Lipphardt, Die<br />

Gleichheit der politischen Parteien vor der öffentlichen<br />

Gewalt, 1975, S. 658 ff.; U. K. Preuß, in: AK-GG I, 2.<br />

Aufl. 1989, Art. 21 Rn. 27; K. Hesse, Grundzüge des<br />

Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland,<br />

20. Aufl. 1995, Rn. 168; M. Morlok, in: Dreier, GG II,<br />

1997, Art. 21 Rn. 36; Ph. Kunig, Parteien, in HStR II,<br />

2. Aufl. 1998, § 33 Rn. 52; Streinz (Fn. 8), Art. 21 Rn.<br />

47, 59, 201; Gusy (Fn. 8) Art. 21 Rn. 56; Ph. Kunig,<br />

in: v. Münch/Kunig, GG II, 5. Aufl. 2001, Art. 21 Rn.<br />

<strong>12</strong>, 19 f.; H. Jarass/B. Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002,<br />

Art. 21 Rn. 7; Ipsen (Fn. 8), Art. 21 Rn. 19 f.<br />

seiner – nicht unbedingt anhand konkreter<br />

verfassungsrechtlicher Kriterien gewonnenen –<br />

Unterscheidung fest. Es akzeptiert mithin bis<br />

zum heutigen Tage die Regelung des § 2 I 1<br />

PartG, die die kommunalen Wählervereinigungen<br />

eben gerade ausschließt. Dies geschieht<br />

in der Rechtsprechung nicht explizit – da das<br />

Gericht jedoch immer wieder auf Gleichbehandlungsgrundsätze<br />

des Wahlrechts abstellt, um zur<br />

Gleichbehandlung der Wählervereinigungen zu<br />

gelangen, geht es nach wie vor von deren grundsätzlicher<br />

Unterscheidbarkeit von den politischen<br />

Parteien aus 13 . Für diese Rechtsprechung<br />

findet das Bundesverfassungsgericht auch nach<br />

wie vor vereinzelt Unterstützung 14 .<br />

Wegen der weitgehenden rechtlichen Gleichbehandlung<br />

der kommunalen Wählervereinigungen<br />

spielt die Parteieigenschaft auch nicht die entscheidende<br />

Rolle, wobei darauf im weiteren<br />

noch einzugehen sein wird.<br />

Wenn man nun die Argumente der divergierenden<br />

Ansichten vergleicht, zeigt sich<br />

folgendes Bild:<br />

1. Die Argumente für die Parteieigenschaft<br />

Hauptargument der Befürworter des Parteienstatus<br />

der Wählervereinigungen ist insbesondere,<br />

dass auch auf kommunaler Ebene Politik stattfindet,<br />

dass auch in den kommunalen Vertretungen<br />

Willensbildung des Volkes vonstatten<br />

geht, weshalb das wesentliche Parteienelement,<br />

die Mitwirkung an der Willensbildung des<br />

Volkes, bestehe 15 . Das Bundesverfassungsgericht<br />

hatte dies in einer alten Entscheidung<br />

13 BVerfGE 6, 367 (372 f.); 11, 266 (276); 69, 92 (104,<br />

110), 78, 350 (358 f.); 85, 264 (328); 87, 394 (398 f.);<br />

99, 69 (78); std. Rspr.<br />

14 H.-C. Jülich, Chancengleichheit der Parteien, 1967,<br />

S. 85 f.; W. Henke, in: Bonner Kommentar, Art. 21 Rn.<br />

38 (Stand September 1991); G. Leibholz/H.-J.<br />

Rinck/D. Hesselberger, GG II, Art. 21 Rn. 17 (Stand<br />

November 1995); H. H. Klein, in Maunz-Dürig, GG<br />

III, Art. 21 Rn. 238 ff. (Stand März 2001). S. a. BVerwGE<br />

35, 344 (348).<br />

15 Plate (Fn. <strong>12</strong>), S. 22; Preuß (Fn. <strong>12</strong>), Art. 21 Rn. 27;<br />

Hesse (Fn. <strong>12</strong>), Rn. 168; Kunig, HStR II (Fn. <strong>12</strong>), § 33<br />

Rn. 52; ders., in: v. Münch/Kunig (Fn. <strong>12</strong>), Art. 21<br />

Rn. 20; Jarass/Pieroth (Fn. <strong>12</strong>), Art. 21 Rn. 7.<br />

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