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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Thilo Streit - Parteispenden Aufsätze<br />

um das Begriffspaar Machtgewinn/-erhalt und<br />

Machtverlust 4 . Um ihre beschriebenen<br />

Funktionen im Rahmen der Gesamtgesellschaft<br />

wahrnehmen zu können, müssen die jeweiligen<br />

Systeme relativ unabhängig voneinander sein.<br />

Ökonomischer Gewinn darf sich eben nicht direkt<br />

umsetzen lassen in Recht bekommen im Einzelfall<br />

oder in Machtgewinn. Machtgewinn darf<br />

sich nicht umsetzen lassen in ökonomischen Gewinn<br />

oder Recht bekommen im Einzelfall. Die<br />

Parteien als Bestandteile des politischen Systems<br />

sind an der Herstellung für Alle verbindlicher<br />

Entscheidungen beteiligt und daher darf sich<br />

ökonomische Potenz in ihnen eben nicht in dem<br />

Ausmaß auswirken wie dies etwa beim Kleintierzüchterverband<br />

zulässig wäre. Denn letzterer<br />

trifft nicht für Alle verbindliche Entscheidungen.<br />

In der Demokratie soll die Beteiligung an solchen<br />

Entscheidungen egalitär ausgestaltet sein. Die potentiellen<br />

Auswirkungen einer Parteispende sind<br />

also ganz andere als die einer Spende an andere<br />

Vereinigungen.<br />

2. Verfassungsrechtliche Grundlagen<br />

Warum aber, könnte man jetzt fragen, verbietet<br />

man die Parteispende dann nicht einfach samt und<br />

sonders, wenn sie doch bewirken kann, das es zur<br />

Dysfunktion des politischen Systems kommen<br />

kann? Darauf gibt es vielschichtige, aber eben<br />

auch verfassungsrechtliche Antworten:<br />

Zunächst hat jeder das Recht, mit seinem Eigentum<br />

weitgehend so zu verfahren, wie ihm Wohl<br />

dünkt. Wer sein Eigentum verschenken will, und<br />

sei es an eine Partei, ist zunächst einmal von<br />

Art. 14 GG geschützt. Darüber hinaus wird in der<br />

Parteienrechtswissenschaft auch davon ausgegangen,<br />

dass Art. 21 I GG dem Einzelnen das<br />

Recht verbürgt, sich in Parteien zu betätigen und<br />

auf Parteien Einfluss zu nehmen 5 . Und dafür gibt<br />

es eben verschiedene Wege: Der eine klebt<br />

Plakate, erwirbt sich dadurch Verdienste in der<br />

Partei und schafft es so, in der Partei Einfluss zu<br />

gewinnen. Der andere spendet sein Geld. Man<br />

4 Vgl. N. Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, 2002,<br />

S. 88 ff.<br />

5 Vgl. etwa M. Morlok, in: Dreier, GG II, 1998, Art. 21<br />

Rn. 53.<br />

mag jetzt letzteres erst einmal für nicht gleichwertig<br />

halten: In einer Gesellschaft, in der beklagt<br />

wird, dass nurmehr die Zeitreichen sich ins<br />

politische System einbringen können, während<br />

die Zeitarmen dazu keine Chance hätten, muss<br />

man aber den letzteren Weg eben doch auch für<br />

zulässig halten. Darüber hinaus hat der Bürger natürlich<br />

das Recht, eine Partei, mit deren Zielen er<br />

d'accord geht, nach Kräften, eben auch nach finanziellen<br />

Kräften, zu fördern. Eine Abstimmung,<br />

nicht mit den Füßen, sondern mit dem Gelde, ist<br />

daher durchaus zulässig. Eine weitere Erwägung<br />

ist, dass Parteispenden, so jedenfalls das Bundesverfassungsgericht,<br />

durchaus erwünscht sind 6 .<br />

Denn sie fördern die Parteien in ihren für das<br />

System der Bundesrepublik Deutschland so tunlichen<br />

Funktionen. Das Bundesverfassungsgericht<br />

und die Rechtswissenschaft haben diese<br />

aus Art. 21 GG abgeleiteten Funktionen beschrieben<br />

als eine Integrationsfunktion – die<br />

Parteien sammeln die Interessen der Bürger ein,<br />

eine Transformationsfunktion – die Parteien<br />

speisen die kanalisierten Interessen der Bürger in<br />

die Staatswillensbildung ein, und eine Rekrutierungsfunktion<br />

– die Parteien bilden das politische<br />

Personal des Staates aus und stellen es zur<br />

Wahl 7 . Die Förderung dieser Funktionen durch<br />

die Bürger liegt durchaus im Interesse der demokratischen<br />

Verfassung der Bundesrepublik. Wer<br />

Parteien unterstützt, verhält sich also im besten<br />

Sinne des Wortes gemeinnützig.<br />

Ein weiterer Grund liegt in dem verfassungsrechtlichen<br />

Status der Partei. Diese werden beschrieben<br />

als Status der Freiheit, der Gleichheit,<br />

der Öffentlichkeit und der innerparteilichen<br />

Demokratie 8 . Vor allem der Status der Freiheit der<br />

Partei – gemeint ist vor allem die Staatsfreiheit –<br />

streitet für eine überwiegend private Finanzierung<br />

der Parteien 9 . Ganz abgesehen davon,<br />

dass eine weitgehende staatliche Finanzierung der<br />

Parteien zu einem Aufschrei führte, sind die<br />

Parteien eben mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts<br />

im gesellschaftlichen Bereich<br />

6 Vgl. BVerfGE 85, 264 (292 f.).<br />

7 Vgl. nur M. Morlok, in: Dreier, GG II, 1998, Art. 21<br />

Rn. 21.<br />

8 S. K. Hesse, VVdStRL 17 (1959), 11 (27 ff.).<br />

9 Vgl. BVerfGE 85, 264 (286 ff.); 73, 40 (95 ff.); 20, 56<br />

(102).<br />

73

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