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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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Aufsätze Thilo Streit - Parteispenden MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />

Parteispenden - Skandal oder zivilgesellschaftlicheBürgerbeteiligung?<br />

1<br />

Verfassungstheoretische, -rechtliche<br />

und -geschichtliche Grundlagen des<br />

Parteispenden(un)wesens<br />

Thilo Streit, LL.M. (Texas) *<br />

Parteispenden sind – nicht erst in der letzten<br />

Zeit – ins Gerede gekommen. In den letzten<br />

Jahren wurden sämtliche Bundestagsparteien<br />

mit Ausnahme der GRÜNEN von Parteispendenaffären<br />

erschüttert, allen voran die CDU und<br />

zuletzt auch die FDP.<br />

Parteispenden sind aber auch ein ganz selbstverständliches<br />

Phänomen in der Parteiendemokratie.<br />

Gut 72 Mio. Euro spendeten Bürger, Verbände<br />

und Unternehmen den Parteien allein im<br />

Jahre 2001.<br />

Warum aber, mag man sich fragen, kommt es<br />

immer wieder zu Parteispendenskandalen?<br />

Warum, so könnte man fragen, haben die Parteien<br />

nicht bereits aus der Anfang der 80er Jahre<br />

bekannt gewordenen Flick-Affäre gelernt, dass<br />

es ihnen wohler tut, sich gesetzeskonform zu<br />

verhalten? Warum kommt es überhaupt zu<br />

Parteispendenskandalen, wo man doch selten<br />

genug von Kirchenspendenskandalen oder<br />

Kleintierzüchtervereinsspendenskandalen hört? Natürlich,<br />

es kommt zur Fehlverwendung von Geldern<br />

in anderen Vereinigungen. Nichtsdestoweniger liegt<br />

die Problematik hier anders. Parteispendenskandale<br />

sind vornehmlich solche des Gebens und Nehmens<br />

von Geld, nicht aber solche des Ausgebens von<br />

1 Der Text ist die schriftliche Fassung eines am 22. Juli<br />

2004 vor dem Ambassador-Club Münster gehaltenen<br />

Vortrags.<br />

* Der Verfasser Thilo Streit ist Wiss. Mitarbeiter am Institut<br />

für Deutsches und Europäisches Parteienrecht<br />

und Parteienforschung (PRUF) an der Heinrich-Heine-<br />

Universität Düsseldorf.<br />

72<br />

Geld. Warum aber gelten für Parteispenden Sonderregeln?<br />

Um diese Fragen beantworten zu können, wird es<br />

notwendig sein, zunächst die verfassungstheoretischen<br />

und verfassungsrechtlichen Grundsätze der<br />

Parteienfinanzierung, insbesondere aber der<br />

Parteispenden zu erläutern (A.), um dann in einem<br />

historischen Abriss die Entwicklung der aktuellen<br />

Rechtslage (B.) anzuschließen und zu guter Letzt<br />

einen kleinen Ausblick (C.) zu wagen.<br />

A. Verfassungstheoretische und verfassungsrechtliche<br />

Grundlagen<br />

Wie erwähnt sind Parteispendenskandale im Gegensatz<br />

zu Skandalen anderer Vereinigungen solche<br />

des Gebens durch den Spender und des Annehmens<br />

durch die Partei. Warum nun ist es ein Problem,<br />

wenn Parteien Geld von Privatleuten, Organisationen<br />

oder Unternehmen erhalten? Dazu bedarf<br />

es eines kurzen Ausflugs in die Welt der soziologischen<br />

Systemtheorie, wie sie etwa Niklas Luhmann<br />

erdacht hat.<br />

1. Systemtheoretische Grundlagen<br />

Das folgende ist ziemlich verkürzt und<br />

vereinfacht: Nach Luhmann differenziert sich die<br />

Gesellschaft als das allumfassende System aus in<br />

verschiedene Subsysteme – etwa das Wirtschaftssystem,<br />

das Rechtssystem oder das politische<br />

System. Jedes dieser Systeme dient verschiedenen<br />

Zwecken und Funktionen: Das Wirtschaftssystem<br />

dem Gewinn und Erhalt von Wohlstand<br />

und dem Güteraustausch, das Rechtssystem<br />

der Herstellung verbindlicher Entscheidungen im<br />

Einzelfall, das politische System der Herstellung<br />

für Alle verbindlicher Entscheidungen. Dazu bedient<br />

sich jedes System verschiedener binärer Codes:<br />

Im Wirtschaftssystem geht es um das Begriffspaar<br />

Eigentum/Nichteigentum bzw. Zahlung/Nichtzahlung<br />

2 , im Rechtssystem um das Begriffspaar<br />

Recht/Unrecht 3 , im politischen System<br />

2 N. Luhmann, Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988,<br />

S. 85 f., 188 f., 210 f.<br />

3 Vgl. N. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, 1993,<br />

S. 215; G. Teubner, Recht als autopoietisches System,<br />

1989, S. <strong>12</strong>8.

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