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Aufsätze Dimitris Stefanou - Parteienfinanzierung und ihre Kontrolle in Griechenland1 MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
Politikfinanzierung in der Praxis bedeutet<br />
Spenden in Milliardenhöhe, die in keinem Bericht<br />
erscheinen und nirgendwo erfasst werden.<br />
Diese Gelder werden für die Bezahlung von<br />
Tausenden von Wahlkampfhelfern eingesetzt,<br />
die „freiwillig“ arbeiten, aber in Wirklichkeit<br />
hochbezahlte Wahlkampfprofis sind. Und vor<br />
allem für den Ankauf von der „ grauen“ Werbezeit<br />
im Fernsehen. Damit sind nicht die bekannten<br />
Werbespots gemeint, sondern teure Fernsehkampagnen<br />
für Wahlbewerber und Parteivertreter<br />
durch tägliche Einladungen in Talkshows, in<br />
Panels, in Nachrichtensendungen, sogar in Frühstücks-<br />
und Mittagsmagazinen.<br />
Diese schwarzen Spenden werden also schwarz<br />
ausgegeben. Alle profitieren, keiner kann etwas<br />
beweisen. Die einzige politische Konkurrenz besteht<br />
darin, welche Partei und welcher Kandidat<br />
die effektivste und das heißt immer: teuerste<br />
Wahlkampagne organisieren kann. Man kann<br />
ohne Übertreibung behaupten, dass dieser Faktor<br />
bei der Wahl der Abgeordneten der entscheidende<br />
ist und bei dem Gesamtergebnis der<br />
Wahlen eine wichtige, in Grenzfällen eine entscheidende<br />
Rolle spielt.<br />
Dies ist die Wirklichkeit der Politikfinanzierung<br />
und die hatte der Verfassungsgesetzgeber vor<br />
Augen, als er den neuen Art. 29 Abs. 2 der<br />
Verfassung mit breiter Unterstützung aller<br />
Parteien formulierte. Der neue Art. 29 Abs. 2 der<br />
Verfassung sieht vor, dass die politischen Parteien<br />
ein Recht auf finanzielle Unterstützung durch<br />
den Staat für Ihre funktionellen als auch für Ihre<br />
Wahlkampfkosten haben.<br />
Das Nähere soll sowohl ein Gesetz regeln als<br />
auch die entsprechende Transparenzgarantie<br />
über die Wahlkampfkosten der Parteien und der<br />
Wahlbewerber. Das Gesetz soll darüber hinaus<br />
eine Obergrenze für die Wahlkampfkosten und<br />
die verbotenen Formen der Wahlkampfführung<br />
bestimmen. Eine wichtige neue Bestimmung ist<br />
nun, dass ein Verstoß der Wahlbewerber gegen<br />
die Finanzierungsregeln zu einem Mandatsverlust<br />
führen kann, was bis heute ausgeschlossen<br />
war.<br />
Schließlich sieht Art. 29 vor, dass die Kontrolle<br />
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der Finanzen der Parteien und der Kandidaten<br />
nun von einem neuen Kontrollorgan übernommen<br />
wird, dem auch oberste Richter angehören<br />
sollen. Nach dieser neuen Verfassungsbestimmung<br />
muss ein neues Parteiengesetz verabschiedet<br />
werden. So komme ich zur Zukunft der<br />
Parteienfinanzierung in Griechenland. Es gibt<br />
noch keinen Gesetzentwurf für das notwendige<br />
dritte Parteienfinanzierungsgesetz. Allerdings:<br />
Die bevorstehende Regierungsumbildung hat<br />
dazu geführt, dass die zuständige Innenministerin<br />
ein „Zehn-Ideen-Paket“ präsentiert und zur<br />
Debatte gestellt hat. Ich kann Ihnen kurz die<br />
wichtigsten präsentieren:<br />
- Es soll nur natürlichen Personen erlaubt<br />
sein, an Parteien und Wahlbewerber zu<br />
spenden.<br />
- Alle Einnahmen und Ausgaben der Parteien<br />
sollen durch ein zentrales Bankkonto mit<br />
verschiedenen Stellen abgewickelt werden.<br />
- Dem Kontrollausschuss sollen mehrheitlich<br />
Richter angehören.<br />
- In jedem Wahlkreis – also jeder Präfektur –<br />
sollen zusätzliche Kontrollausschüsse gegründet<br />
werden, die näher am Wahlkampf<br />
die Berichte der Parteien und der Kandidaten<br />
überprüfen sollen.<br />
- Jeder Verstoß gegen das Parteienfinanzierungsgesetz<br />
soll zu einem Mandatsverlust<br />
führen.<br />
Es handelt sich noch nicht um reife Vorschläge.<br />
Das Institut für Parteienrecht wird seine Arbeit<br />
in den ersten zwei Vorschlägen wiedererkennen.<br />
Sie stammen aus „Rechtspolitischen Optionen“<br />
von R. Schmidt 3 . Griechenland wird in der Zukunft<br />
das parteirechtliche Know-how des Instituts<br />
dringend brauchen. Griechenland steht<br />
– ich glaube zum ersten Mal bewusst – vor dem<br />
Ziel die Parteienfinanzierung so zu regeln, dass<br />
das Recht seine Normativität in diesem Bereich<br />
3 Hans-Rüdiger Schmidt, Rechtspolitische Optionen,<br />
MIP 9 Sonderbeilage, S. 44 ff.