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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth – Die Parteiorganisation der SPD Aufsätze<br />
Aufsätze<br />
Die Parteiorganisation der SPD<br />
Erfolgreiches Scheitern? 1<br />
Prof. Dr. Ulrich von Alemann/<br />
Thelse Godewerth, M.A. *<br />
1. Einleitung<br />
Die Planung und Gestaltung von Politik ist ohne<br />
organisatorisches Fundament nicht möglich. Aus<br />
diesem Grund braucht Politik Parteien, denn sie<br />
sind das Mittel zur Realisierung von Politik.<br />
Parteien wiederum brauchen selber ein organisatorisches<br />
Rückgrat, um ihre Aufgaben und<br />
Funktionen als politische und gesellschaftliche<br />
Institution erfolgreich wahrnehmen zu können.<br />
Die SPD ist in Deutschland die Partei mit der<br />
längsten Tradition. Sie kann auf eine 140-jährige<br />
Organisationserfahrung zurückblicken. Sie war<br />
der Prototyp einer voll ausgebildeten Partei in<br />
ganz Europa und diente somit dem ersten<br />
Klassiker der Parteiensoziologie, Robert Michels,<br />
als Idealtypus für sein „ehernes Gesetz der<br />
Oligarchie“, das besagt, dass Parteiorganisation<br />
zwar notwendig sei, aber trotz guter demokratischer<br />
Vorsätze zur undemokratischen Herrschaft<br />
der Wenigen mutieren müsse (vgl. U. von<br />
Alemann 2003: 137). Bis heute ist dieses eherne<br />
1 Erscheint bei Schmid, Josef/ Zolleis, Udo: Zwischen<br />
Strategie und Anarchie. Der Erfolg von Parteiorganisationen.<br />
* Dr. Ulrich von Alemann, 1944, Professor für Politikwissenschaft<br />
am Sozialwissenschaftlichen Institut der<br />
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und stellvertretender<br />
Direktor am Institut für Deutsches und Europäisches<br />
Parteienrecht und Parteienforschung der<br />
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.<br />
Thelse Godewerth M.A., 1974, wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
am Institut für Deutsches und Europäisches<br />
Parteienrecht und Parteienforschung der Heinrich-<br />
Heine-Universität Düsseldorf.<br />
Gesetz der Organisationsdemokratie umstritten,<br />
jedenfalls gibt es immer auch Gegentendenzen,<br />
die wieder neu auf Demokratie insistieren.<br />
Seit der Zeit vor dem ersten Weltkrieg hat sich<br />
die SPD auch organisatorisch immer wieder neu<br />
gehäutet und ihr Gesicht verändert. Veränderungen,<br />
die sich nicht nur auf das ideologische<br />
und politische Programm sondern auch<br />
auf die Organisation der Politik und der Partei<br />
beziehen.<br />
Die Bedingungen der Parteien, insbesondere der<br />
Massenparteien, zu denen die SPD mit ihren<br />
rund 628.508 Mitgliedern immer noch zählt,<br />
haben sich durch Komplexität von Individualisierung,<br />
Mediatisierung und den Verlust<br />
von Milieubindungen erheblich verändert und<br />
erschwert. Die Partei muss sich in der Form den<br />
neuen äußeren Bedingungen stellen, indem sie<br />
Instrumente entwickelt, die sie wieder an den<br />
Alltag und die Lebenswelt der Menschen anpasst.<br />
Bei der SPD geschah dies in erster Linie<br />
durch die strategische Organisation ihrer Politik<br />
und durch den versuchten Wandel zu einer<br />
„Netzwerkpartei“ neuen Typs. Auch dieser Begriff<br />
ist umstritten, wir kommen darauf zurück<br />
(vgl. U. von Alemann/C. Strünck/U. Wehrhöfer<br />
2001).<br />
Die SPD blickt auf eine langjährige Erfahrung in<br />
der Entwicklung ihrer Parteiorganisation zurück.<br />
Sie hat mit der Parteireform im Jahr 2000 nicht<br />
zum ersten Mal eine Änderung ihrer Strukturen<br />
und Prozesse initiiert. In der Vergangenheit gab<br />
es zahlreiche Ansätze, durch organisatorische<br />
Veränderungen auf neue Rahmenbedingungen<br />
zu reagieren. Exemplarisch zu nennen sind an<br />
dieser Stelle die Ergänzung des großen Parteivorstandes<br />
durch ein kleineres, wöchentlich<br />
tagendes Parteipräsidium im Jahr 1958, die<br />
Etablierung des Bundesgeschäftsführers zehn<br />
Jahre später sowie die Gründung weiterer<br />
Arbeitsgemeinschaften, mit der die SPD auf<br />
neue gesellschaftliche Entwicklungen reagierte.<br />
Im Mittelpunkt der folgenden Fallstudie stehen<br />
die Bestrebungen der SPD zur Weiterentwicklung<br />
der Parteiorganisation in den 90er Jahren.<br />
Diese Ansätze erfuhren im Jahr 2000 eine<br />
Fortsetzung durch eine weitere Reformphase,<br />
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