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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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Aufsätze Sebastian Roßner - „Bis in idem“? MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />

Parteiorgane haben mit der Entscheidung, weder<br />

Kohl noch Lafontaine auszuschließen, ihr an der<br />

politischen Zweckmäßigkeit auszurichtendes<br />

Entschließungsermessen in nicht zu beanstandender<br />

Weise ausgeübt: Ein Parteiausschlußverfahren<br />

hätte in beiden Fällen nach<br />

einer vernünftigen Prognose einen noch größeren<br />

politischen Schaden für CDU bzw. SPD herbeigeführt,<br />

als der Verbleib der beiden Politiker<br />

in ihren Parteien.<br />

Der Nähe des Parteiordnungsrechts zum Gefahrenabwehrrecht<br />

sollte bei der Entwicklung eines<br />

parteischiedsgerichtlichen Streitgegenstandsbegriffes<br />

Rechnung getragen werden. Der Rückgriff<br />

auf den nicht einmal für das Ordnungswidrigkeitenrecht<br />

geltenden 44 , in der Auslegung des<br />

BVerfG an spezifisch strafrechtlichen Bedingungen<br />

sich orientierenden Tatbegriff des<br />

Art. 103 III GG scheidet damit aus. Die Bestimmung<br />

der gegenständlichen Reichweite der materiellen<br />

Rechtskraft parteischiedsgerichtlicher<br />

Einscheidungen hat zu berücksichtigen, daß<br />

Gefahrenabwehr sich an Prognosen orientiert.<br />

Entwickelt sich eine (politische) Gefahr anders<br />

als prognostiziert, kann ein erneuter Eingriff zu<br />

ihrer Abwehr nicht allein daran (rechtlich) scheitern,<br />

daß zuvor bereits in ungeeigneter Weise<br />

eingegriffen wurde. Dies ergibt sich aus der<br />

Abwägung des Interesses eines – um den<br />

schwersten Fall zu wählen – nach verhängter<br />

Ordnungsmaßnahme von einem Parteiausschluß<br />

bedrohten Parteimitglieds an Rechtssicherheit<br />

und Verbleib in der Partei mit dem Interesse der<br />

übrigen Parteimitglieder an Erfolg und weiterem<br />

Bestand der Partei.<br />

Ohne daß im Rahmen dieses Aufsatzes ein<br />

parteischiedsgerichtlicher Streitgegenstandsbegriff<br />

mit all seine Schattierungen und Implikationen<br />

entwickelt werden könnte, scheint es geraten,<br />

eventuell auftretende zukünftige Folgen<br />

eines parteiordnungswidrigen Verhaltens nicht<br />

in die gegenständliche Reichweite der materiellen<br />

Rechtskraft parteischiedsgerichtlicher Einscheidungen<br />

einzubeziehen.<br />

44 H. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. III (2000),<br />

Art. 103 III Rn. 22.<br />

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