Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Martin Morlok - Raider heißt jetzt Twix:Zum Namensrecht der politischen Parteien Aufsätze<br />
wen ist Missmut oder Gunst zu adressieren? Bei<br />
den Parteien spielt dabei eine wesentliche Rolle,<br />
dass das Parteiwesen tatsächlich durch das Recht<br />
als eine Wettbewerbsveranstaltung institutionalisiert<br />
ist 7 . Die Parteien sind in eine Konkurrenzsituation<br />
eingestellt, in der sie sich bewähren<br />
müssen. Ihr Wirken soll die heilsamen<br />
Effekte auslösen, die generell einem Wettbewerb<br />
zugeschrieben werden. Demgemäß ist die<br />
rechtliche Aufgabe der Ordnung des<br />
Parteiwesens in wesentlicher Hinsicht diejenige,<br />
eine funktionsfähige Wettbewerbsordnung zu<br />
gewährleisten.<br />
Zu den Voraussetzungen eines funktionierenden<br />
Wettbewerbs 8 zählt auch die Informiertheit der<br />
Marktteilnehmer hinsichtlich der maßgeblichen<br />
Wettbewerber und ihrer Produkte. Der Markt<br />
funktioniert nur, wenn hinreichende Markttransparenz<br />
besteht. Dies bedeutet jedenfalls, dass die<br />
Bürger die Aktivitäten der politischen Akteure<br />
sicher bestimmten Parteien zuordnen können;<br />
dies verlangt, dass diese sich zweifelsfrei von<br />
einander unterscheiden. Nur dann können die<br />
Erwartungen der Bürger, die Zuschreibung von<br />
Qualifikationen oder die Verhängung von<br />
Sanktionen, auch in Form der Wahlentscheidung<br />
(ggf. der Geldzuwendung), richtig adressiert<br />
werden. Seinen Höhepunkt findet diese Konkurrenz<br />
der Parteien im Wahlkampf. Im Wahlakt<br />
selbst wird dann – für die nächste Wahlperiode –<br />
dieser Wettbewerb entschieden. Dem gemäß<br />
muss im Vorfeld der Wahl und im Wahlakt<br />
selbst höchste Eindeutigkeit hinsichtlich der<br />
Parteinamen herrschen.<br />
Angesichts dieser Identifikation der Parteien<br />
vorwiegend durch ihre Namen, daneben selbstverständlich<br />
auch durch ihre führenden Repräsentanten,<br />
nähert sich der Name einer Partei<br />
der Bedeutung einer Marke an, gewinnt markenähnliche<br />
Qualität.<br />
Daneben hat der Name einer Partei auch eine<br />
7 Dazu und zum sich daran anschließenden Verständnis<br />
des Parteienrechts als Wettbewerbsrecht M. Morlok,<br />
Parteienrecht als Wettbewerbsrecht, in: FS für D. Th.<br />
Tsatsos, 2003, S. 408 ff.<br />
8 Vgl. zu Funktion und Voraussetzungen des Wettbewerbs<br />
schlechthin, freilich formuliert im Blick auf den<br />
Parteienwettbewerb, Morlok, Parteienrecht (Fn. 7).<br />
Bedeutung nach innen hin, für die Mitglieder<br />
und engeren Anhänger. Namen sind sozusagen<br />
die „Fahnen“, um die man sich sammelt. Sie<br />
sind Symbole der Selbstidentifikation und<br />
stehen für bestimmte Inhalte, bei älteren Parteien<br />
auch für geschätzte und gepflegte Traditionslinien.<br />
Damit gewinnt der Name einer Partei einerseits<br />
programmatische Bedeutung, andererseits<br />
ist er auch teilweise affektiv aufgeladen und fungiert<br />
als Träger politischer Emotionen.<br />
2. Der parteirechtliche Namensschutz<br />
a. Entsprechend der bekannten parteirechtlichen<br />
Trias von Freiheit, Gleichheit und Öffentlichkeit<br />
der Parteien i. S. v. K. Hesse 9 , die um<br />
das Gebot zur innerparteilichen Demokratie zum<br />
insgesamt vierfältigen verfassungsrechtlichen<br />
Status der Parteien ergänzt wird 10 , ist es die erste<br />
Maxime des Rechts der Parteien, deren Freiheit<br />
vor staatlicher Bevormundung und Einschränkung<br />
zu schützen. Damit genießen die<br />
Parteien das Recht der freien Namenswahl.<br />
Verfassungsrechtlich ist es durch Art. 21 I 2 GG<br />
mit der Gründungs- und Organisationsfreiheit<br />
der Parteien gewährleistet 11 . Die Parteien können<br />
damit verschiedene Interessen bei der Namenswahl<br />
verfolgen, sie können also in ihrem Namen<br />
ihre Programmatik zum Ausdruck bringen, eine<br />
Tradition beschwören und auf die möglichste<br />
Werbewirksamkeit des Namens spekulieren,<br />
ggf. auf die Bedürfnisse der (potenziellen) Mitglieder<br />
Rücksicht nehmen.<br />
b. Angesichts der zentralen Rolle der<br />
Parteien in einer parlamentarischen Demokratie<br />
hat das Grundgesetz mit Art. 21 das Parteiwesen<br />
einer verfassungsrechtlichen Regelung unterstellt,<br />
die im Kern auf eine Gewährleistung eines<br />
funktionsfähigen Parteiwesens hinausläuft und<br />
damit funktionsfähige Parteien und einen<br />
funktionstüchtigen Parteienwettbewerb mit den<br />
9 K. Hesse, Die verfassungsrechtliche Stellung der<br />
Parteien im modernen Staat, VVDStRL 17 (1959),<br />
S. 11 (27 ff.); ders., Grundzüge des Verfassungsrechts<br />
der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn.<br />
177 ff.<br />
10 M. Morlok, in. H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar,<br />
Bd. 2, 1998, Art. 21 Rn. 46 ff.; ders., Parteienrecht<br />
(Fn. 7). S. 411;<br />
11 W. Henke, Bonner Kommentar, Drittbearbeitung,<br />
Art. 21 Rn. 221.<br />
51