2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF
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Aufsätze Heike Merten – Verordnung über politische Parteien auf europäischer Ebene MIP 2004/2005 12. Jahrgang Nachprüfungsverfahrens sind die Vertreter der betroffenen Partei anzuhören und eine unabhängige dreiköpfige Kommission (Mitglieder werden vom Rat, von der Kommission und vom Parlament benannt) muss eine Stellungnahme abgeben. Die vom Parlament im Jo Leinen Bericht angeregte Zuständigkeitsverlagerung auf die Kommission wurde mithin nicht umgesetzt. Das Europäische Parlament entscheidet allein über die Anerkennung als Europapartei und kann leicht in den Verdacht politischer Motivation geraten 12 . Gegen einen negativen Bescheid kann Klage beim EuGH eingereicht werden. Parteien auf Europäischer Ebene, die öffentliche Mittel erhalten, müssen Rechnung legen und unterliegen gewissen Transparenzanforderungen. Sanktionsregelungen enthält die Verordnung jedoch nicht. IV. Ausblick Gegen das Parteienstatut wurde beim Europäischen Gerichtshof am 15. Januar 2004 von einer Gruppe von Abgeordneten unter der Führung des dänischen Parlamentsmitgliedes Jens Peter Bonde Klage eingereicht 13 . Zur Klagebegründung wird u.a. vorgetragen, dass ein Verstoß gegen Art. 191 EGV vorliege. Durch die Anerkennung von Bündnissen politischer Parteien als europäische politische Parteien werde die Integration in der Europäischen Union, die Bildung eines europäischen Bewusstseins und der Ausdruck des politischen Willens der Bürger der Union nicht gefördert. Die Verordnung verstoße ferner gegen die Erklärung Nr. 11 zu Art. 191 EGV, da u.a. kleine Fraktionen sowie Fraktionen von Minderheiten diskriminiert würden. Die angefochtene Verord mittelverwaltende Stelle genannt wurde, ist wohl davon auszugehen, dass nicht die Parlamentsverwaltung gemeint ist. Die Parlamentsverwaltung wäre sicherlich die geeignetere Instanz gewesen. 12 Kritisch dazu auch Lange/Schütz, EuGRZ 1996, 299; Jansen, Integration 1995, 157 (163); Hans Herbert von Arnim, Die neue EU-Parteienfinanzierung, NJW 2005, 247 (252 f.). 13 Rechtssache T-13/04, Bonde and others against the European Parliament and the Council of the European Union, Abl. EU vom 20. März 2004, C 71/34. 48 nung verletze außerdem die Art. 5, 189 und 202 EG, indem sie dem Europäischen Parlament Durchführungs- und Entscheidungsbefugnisse verleihe. Ferner wird vorgetragen, dass die Verordnung mehrere Grundrechte verletze. Genannt werden: der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, die Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung sowie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit 14 . Der Ausgang der Klage wird mit Spannung erwartet. 14 Siehe dazu im Einzelnen die Klageschrift: www.bonde.com/index.phtml?download=true&fid=6819.
MIP 2004/2005 12. Jahrgang Martin Morlok - Raider heißt jetzt Twix:Zum Namensrecht der politischen Parteien Aufsätze Raider heißt jetzt Twix: Zum Namensrecht der politischen Parteien Bei Euch, Ihr Herren, kann man das Wesen gewöhnlich aus dem Namen lesen. Prof. Dr. Martin Morlok * I. Zur Aktualität namensrechtlicher Probleme Das Namensrecht im allgemeinen, insbesondere auch das der Parteien, gehört traditionell nicht zu den meisterörterten Themen in der Rechtswissenschaft. Gerade in letzter Zeit rücken Debatten um die Namensfindung für politische Parteien jedoch in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Man denke nur an die aktuellen Bestrebungen von PDS und WASG, gemeinsam bei der kommenden Bundestagswahl anzutreten. Die Öffentlichkeit verfolgt mit gespannter Aufmerksamkeit die mal zaghaften, mal forschen Annäherungsversuche der beiden. Im Rahmen derer durfte sich der geneigte Leser nicht zuletzt immer wieder an namensbezogenen Titelzeilen erfreuen. So ging es in letzter Zeit vornehmlich um eine Umbenennung der PDS in „Linkspartei“. Dies stellt angesichts der beharrlichen Weigerung der WASG, unter dem Namen PDS auf der Liste ebenjener Partei anzutreten, wohl eine Notwendigkeit dar, will man denn tatsächlich gemeinsam antreten. Modus operandi eines solchen „gemeinsamen Antretens“ kann schließlich - angesichts des Listenprivilegs aus § 27 I BWG - nur sein, dass eine der beiden Parteien nicht antritt, die antretende aber deren * Der Verfasser ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie und Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht und Parteienforschung an der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf. Kandidaten auf ihre Liste übernimmt. An dem generellen Willen der WASG zu solcher Zusammenarbeit kann angesichts der Zustimmung von über 80 % bei einer Urabstimmung kein Zweifel bestehen 1 . Wohlgemerkt gilt dies nur, wenn die PDS zuerst in „Linkspartei“ umbenannt wird. Gerade dieses Verlangen der WASG nach einer Umbenennung der PDS gibt beredt Auskunft über die immense Bedeutung von Namen im politischen Wettbewerb. Schließlich stellt sich interessanterweise gerade die Namensänderung - jenseits aller politischen Programmatik - als letzte Hürde für eine Kooperation dar. Dementsprechend hat sich die PDS bereits intern darauf geeinigt, dass Landesverbände im Osten weiterhin sich zusätzlich zu „Linkspartei“ auch noch „PDS“ nennen können, um die Namensänderung an sich überhaupt durchsetzen zu können. Dem Parteinamen kommt damit im Bewusstsein der Öffentlichkeit und auch der Parteimitglieder offenbar eine erhebliche Bedeutung als „Label“ oder „Marke“ für ihre Politik zu. Indes lässt sich gerade am Phänomen PDS/WASG erkennen, dass nicht nur der Parteiname ein politisches Label ist. So begegnete man zu Beginn der Zusammenschlussdiskussion in fast jeder Veröffentlichung zwei Namen: Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Die bloße Idee einer neuen, großen Linkspartei, die zu jenen Anfangszeiten noch nicht ansatzweise konkretisiert war, wurde nahezu ausschließlich mit den Namen eben dieser Personen beschrieben. Es fanden sich dann auch schnell in Umfragen 11 % der Befragten bereit, eine „neue Linkspartei um Lafontaine und Gysi“ zu wählen, wohlgemerkt noch bevor von Inhalten überhaupt die Rede war 2 . 1 Vgl. http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/ 24/0,3672,2339000,00.html 2 Vgl. Hierzu statt vieler: „Eine neue Linkspartei könnte 10 Prozent erreichen“- Interview mit Lothar Bisky, in: Süddeutsche Zeitung vom 1.6.2005, wo auf eine Umfrage verwiesen wird, nach der sich 22 % der Bürger vorstellen können, eine neue Linkspartei „um Gregor Gysi und Oskar Lafontaine“ zu wählen. 49
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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Martin Morlok - Raider heißt jetzt Twix:Zum Namensrecht der politischen Parteien Aufsätze<br />
Raider heißt jetzt Twix:<br />
Zum Namensrecht der politischen<br />
Parteien<br />
Bei Euch, Ihr Herren, kann man das Wesen gewöhnlich<br />
aus dem Namen lesen.<br />
Prof. Dr. Martin Morlok *<br />
I. Zur Aktualität namensrechtlicher Probleme<br />
Das Namensrecht im allgemeinen, insbesondere<br />
auch das der Parteien, gehört traditionell nicht<br />
zu den meisterörterten Themen in der Rechtswissenschaft.<br />
Gerade in letzter Zeit rücken Debatten<br />
um die Namensfindung für politische<br />
Parteien jedoch in den Fokus der öffentlichen<br />
Aufmerksamkeit. Man denke nur an die aktuellen<br />
Bestrebungen von PDS und WASG, gemeinsam<br />
bei der kommenden Bundestagswahl<br />
anzutreten.<br />
Die Öffentlichkeit verfolgt mit gespannter Aufmerksamkeit<br />
die mal zaghaften, mal forschen<br />
Annäherungsversuche der beiden. Im Rahmen<br />
derer durfte sich der geneigte Leser nicht zuletzt<br />
immer wieder an namensbezogenen Titelzeilen<br />
erfreuen. So ging es in letzter Zeit vornehmlich<br />
um eine Umbenennung der PDS in<br />
„Linkspartei“. Dies stellt angesichts der beharrlichen<br />
Weigerung der WASG, unter dem Namen<br />
PDS auf der Liste ebenjener Partei anzutreten,<br />
wohl eine Notwendigkeit dar, will man denn tatsächlich<br />
gemeinsam antreten. Modus operandi<br />
eines solchen „gemeinsamen Antretens“ kann<br />
schließlich - angesichts des Listenprivilegs aus<br />
§ 27 I BWG - nur sein, dass eine der beiden<br />
Parteien nicht antritt, die antretende aber deren<br />
* Der Verfasser ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches<br />
Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie und<br />
Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches<br />
Parteienrecht und Parteienforschung an der Heinrich-<br />
Heine-Universität Düsseldorf.<br />
Kandidaten auf ihre Liste übernimmt. An dem<br />
generellen Willen der WASG zu solcher Zusammenarbeit<br />
kann angesichts der Zustimmung<br />
von über 80 % bei einer Urabstimmung kein<br />
Zweifel bestehen 1 . Wohlgemerkt gilt dies nur,<br />
wenn die PDS zuerst in „Linkspartei“ umbenannt<br />
wird.<br />
Gerade dieses Verlangen der WASG nach einer<br />
Umbenennung der PDS gibt beredt Auskunft<br />
über die immense Bedeutung von Namen im politischen<br />
Wettbewerb. Schließlich stellt sich interessanterweise<br />
gerade die Namensänderung -<br />
jenseits aller politischen Programmatik - als letzte<br />
Hürde für eine Kooperation dar.<br />
Dementsprechend hat sich die PDS bereits intern<br />
darauf geeinigt, dass Landesverbände im Osten<br />
weiterhin sich zusätzlich zu „Linkspartei“ auch<br />
noch „PDS“ nennen können, um die Namensänderung<br />
an sich überhaupt durchsetzen zu<br />
können.<br />
Dem Parteinamen kommt damit im Bewusstsein<br />
der Öffentlichkeit und auch der Parteimitglieder<br />
offenbar eine erhebliche Bedeutung als „Label“<br />
oder „Marke“ für ihre Politik zu. Indes lässt sich<br />
gerade am Phänomen PDS/WASG erkennen,<br />
dass nicht nur der Parteiname ein politisches<br />
Label ist.<br />
So begegnete man zu Beginn der Zusammenschlussdiskussion<br />
in fast jeder Veröffentlichung<br />
zwei Namen: Gregor Gysi und<br />
Oskar Lafontaine. Die bloße Idee einer neuen,<br />
großen Linkspartei, die zu jenen Anfangszeiten<br />
noch nicht ansatzweise konkretisiert war, wurde<br />
nahezu ausschließlich mit den Namen eben<br />
dieser Personen beschrieben. Es fanden sich<br />
dann auch schnell in Umfragen 11 % der Befragten<br />
bereit, eine „neue Linkspartei um Lafontaine<br />
und Gysi“ zu wählen, wohlgemerkt noch bevor<br />
von Inhalten überhaupt die Rede war 2 .<br />
1 Vgl. http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/<br />
24/0,3672,2339000,00.html<br />
2 Vgl. Hierzu statt vieler: „Eine neue Linkspartei könnte<br />
10 Prozent erreichen“- Interview mit Lothar Bisky, in:<br />
Süddeutsche Zeitung vom 1.6.<strong>2005</strong>, wo auf eine Umfrage<br />
verwiesen wird, nach der sich 22 % der Bürger<br />
vorstellen können, eine neue Linkspartei „um Gregor<br />
Gysi und Oskar Lafontaine“ zu wählen.<br />
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