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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Daniel Henzgen - Spende in (der) Not! Aufsätze<br />
bei der Sofort- und Nothilfe durch die Spender<br />
lassen sich mit dem Erdbeben in der Türkei und<br />
der Überflutung in Venezuela (1999) sowie der<br />
großen Oderflut (2002) erklären. Die von den<br />
Medien, besonders den elektronischen, übermittelte<br />
Not der Betroffenen hat die Spendenfreudigkeit<br />
aktiviert. Dies gilt umso mehr etwa<br />
im Vergleich mit dem über einen langen Zeitraum<br />
schwelenden Elend in Afrika und anderen<br />
Regionen der Erde, da bei punktuellen katastrophalen<br />
Ereignissen noch kein „Gewöhnungseffekt“<br />
bei den Spendern und den Medien entstehen<br />
konnte. Es ist davon auszugehen, dass die<br />
aktuelle Naturkatastrophe, die durch das Seebeben<br />
in Südasien eingetreten ist, die Spenden im<br />
Bereich der Sofort- und Nothilfe ein weiteres<br />
Mal auf neue Höchststände treibt. In den<br />
vergangenen 15 Jahren war das höchste anlassbezogene<br />
Spendenaufkommen privater Spender<br />
in Deutschland mit 350 Mio. Euro bei der<br />
Oderflut 2002 zu verzeichen. Dieser Wert war<br />
schon Mitte Januar <strong>2005</strong> im Hinblick auf die<br />
Naturkatastrophe in Südasien überschritten. 6 Bei<br />
einem Vergleich zwischen normalem Spendenaufkommen<br />
der Hilfsorganisationen in Deutschland<br />
und den für die Flutopfer zweckgebundenen<br />
deutschen Spenden wird die<br />
zunehmende Anlassbezogenheit der Spendenbereitschaft<br />
in der Gesellschaft noch deutlicher:<br />
Liegt das normale Spendenaufkommen des<br />
Deutschen Roten Kreuzes bei 40 Mio. Euro, so<br />
erreichten die zweckgebundenen Spenden für<br />
die Flutopfer bis Mitte Januar 2004 schon ca. 80<br />
Mio. Euro, zuzüglich eines Anteils am „Aktionsbündnis<br />
Katastrophenhilfe“, das zum selben<br />
Zeitpunkt schon 40,7 Mio. Euro erhalten hatte.<br />
Die Katastrophenhilfe der Diakonie, die im Jahr<br />
2003 8,3 Mio. Euro Spendengelder vereinnahmen<br />
konnte, erhielt bisher über 20 Mio.<br />
Euro. Hinzu kommt ebenfalls ein Anteil an dem<br />
Aktionsbündnis Katastrophenhilfe. Die deutsche<br />
Sektion der Medecins sans Frontières – Ärzte<br />
ohne Grenzen - nahm im Jahr 2003 Spenden in<br />
Höhe von 17,5 Mio. Euro ein. Diese<br />
Hilfsorganisation meldete bei den zweckgebundenen<br />
Spenden Einnahmen von über 30 Mio.<br />
6 Vgl. DIE ZEIT, Nr. 3/<strong>2005</strong> vom 13. Januar <strong>2005</strong>,<br />
S. 14.<br />
Euro. Als letztes sei das Bündnis „Aktion<br />
Deutschland Hilft“ aufgeführt, das nur bei Katastrophen<br />
aktiv wird und eine Vereinigung von<br />
action medeor, ADRA, Arbeiter-Samariter-<br />
Bund, Arbeiterwohlfahrt, Care, HELP, Johanniter-Unfall-Hilfe,<br />
Malteser Hilfsdienst, Paritätischer<br />
Wohlfahrtsverband und World Vision ist.<br />
Allein dieser anlassbezogene Zusammenschluß<br />
von Hilfsorganisationen erhielt bis Mitte Januar<br />
Spenden von über 85 Mio. Euro. 7<br />
Bei einem Vergleich der langfristigen Verteilung<br />
der Spenden mit der aktuell hohen Spendenbereitschaft,<br />
lässt sich zunächst eine stärker<br />
werdende Anlassbezogenheit ausgedrückt in<br />
einer sehr hohen Spendenbereitschaft bei Sofort-<br />
und Nothilfe konstatieren. Parallel dazu nimmt<br />
die Spendenbereitschaft für allgemein caritative<br />
Zwecke tendenziell ab. Des Weiteren kann von<br />
einer allgemeinen Spendenmüdigkeit nicht<br />
gesprochen werden, da trotz konjunktureller<br />
Schwäche ein hohes Spendenaufkommen<br />
realisiert werden kann, wenn es denn einen akuten,<br />
von den Medien stark kommunizierten<br />
Anlass gibt. Nicht verwunderlich ist zudem, dass<br />
die Spendenbereitschaft zunimmt, je näher die<br />
Katastrophe an die potentiellen Spender herantritt.<br />
Diese Verbindung ist deutlich zu erkennen<br />
bei der Spendenbereitschaft im Rahmen der<br />
Oderflut und auch bei der Naturkatastrophe in<br />
Südasien, bei der sehr viele europäische und<br />
deutsche Touristen unter den Opfern sind.<br />
Die Hilfsorganisationen haben sich organisatorisch<br />
auf diese Entwicklung im Spendenwesen<br />
eingestellt, was durch die Aktionsbündnisse belegt<br />
wird. Diese treten nur bei Katastrophen zusammen<br />
und bündeln ihre Kräfte sowohl bei der<br />
Einwerbung von Spenden als auch bei der Hilfe<br />
vor Ort. Hierdurch kann neben einer Kostensenkung<br />
bei der Spendeneinwerbung auch ein<br />
höheres Spendenaufkommen realisiert werden.<br />
In diesem Zusammenhang ist von caritativen<br />
Organisationen allerdings schon die Befürchtung<br />
geäußert worden, die Spendenfreudigkeit bei<br />
dieser Katastrophe ginge zum Teil zu Lasten der<br />
allgemeinen Entwicklungshilfe und andere Ziel<br />
7 Vgl. DER SPIEGEL, Nr. 3/<strong>2005</strong> vom 17. Januar <strong>2005</strong>,<br />
S. 38f.<br />
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