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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Florian Eckert - Wie soll man osteuropäische Parteigruppierungen einteilen? Aufsätze<br />

Themen der Wirtschaftspolitik, die eine bestimmte<br />

Präferenz der Wählerklientel für die<br />

entsprechende Parteiprogrammatik ergibt. Die<br />

Programmatik der Parteien stellt im Zusammenhang<br />

mit der wirtschaftspolitischen Fragestellung<br />

ein wichtiges typologisches Kriterium<br />

dar.<br />

4.1 ‚Pro Markt’-Parteien<br />

Parteien, die programmatisch marktwirtschaftliche<br />

Aspekte betonen und die<br />

Privatisierungen sowohl als wirtschafts-politisches<br />

Mittel der Effizienzsteigerung betrachten<br />

und es zugleich als das wesentliche Instrument<br />

begreifen, um die staatssozialistische Eigentumsordnung<br />

zu verändern, werden als ‚Pro<br />

Markt’-Parteien klassifiziert. Ihre Politik beruht<br />

– als Gegenbewegung zur jahrzehntelangen<br />

Kommandowirtschaft – auf dem Rückzug des<br />

Staates aus der Wirtschaft und ist mit der Institutionalisierung<br />

von neuen Rahmenbedingungen,<br />

die den neuen privaten Sektor etablieren und den<br />

effizienten Umgang mit Ressourcen gewährleisten,<br />

verbunden. Ihre Argumentation für eine solche<br />

Politik geht damit einher, dass<br />

Privatisierungen zügig zu einer Effizienzsteigerung<br />

führen und folglich auch die Einnahmeerhöhung<br />

der öffentlichen Haushalte bewirken.<br />

Gemein ist dieser Gruppe die rasche Entstaatlichung<br />

im wirtschaftlichen Sektor. Dieser Zeitfaktor<br />

ist ebenfalls ein wesentlicher Indikator bei<br />

der Klassifizierung der einzelnen Parteien, da im<br />

Allgemeinen über das ‚Ob’ der Privatisierung in<br />

vielen Staaten Konsens erzielt wurde - im<br />

Gegensatz zum ‚Wie’ und ‚Wann’. Merkel unterteilt<br />

drei mögliche Tempi der Privatisierung:<br />

Radikale Reform, Gradualistische Reform und<br />

Status Quo. 29 Analog dazu wird postuliert, dass<br />

‚Pro Markt’-Parteien zu radikalen Reformen bereit<br />

sind und den Status Quo ablehnen. Diese<br />

Schocktherapie ist zugleich mit erheblichen sozialen<br />

Veränderungen verbunden, doch diese<br />

werden von den ‚Pro Markt’-Parteien im Interesse<br />

einer raschen Umstrukturierung des wirtschaftlichen<br />

Sektors akzeptiert. Diese Parteien<br />

29 Wolfgang Merkel, Systemtransformation, Opladen<br />

1999, S. 390.<br />

befürworten neben der Umstrukturierung der<br />

staatlichen Betriebe die Außenfinanzierung. Die<br />

programmatisch gewünschte Steigerung der inländischen<br />

und ausländischen Investitionen ist<br />

von besonderer Bedeutung, da durch sie die<br />

Modernisierung der Infrastruktur und die<br />

Beschleunigung der Unternehmensumstrukturierung<br />

gewährleistet werde. So entwickeln diese<br />

Parteien in Regierungsverantwortung investitionsfreundliche<br />

Rahmenbedingungen, liberalisieren<br />

den Außenhandel, der neben einer niedrigen<br />

Besteuerung ausländischen Kapitals auch<br />

mittels des Erwerbs von inländischen Unternehmen<br />

und Grundstücken garantiert wird.<br />

Der zweite Aspekt schließt klare Eigentumsrechte<br />

und die Entwicklung des Grundstücks-,<br />

Wohnungs- und Baumarktes mit ein. Zentral<br />

lassen sich als deren Policies die Freigabe der<br />

Preise, die Privatisierung der Betriebe, die<br />

Etablierung einer Unternehmerschaft, die Strukturierung<br />

eines Arbeitsmarktes, die makroökonomische<br />

Stabilisierung, die Modernisierung der<br />

ineffizienten Betriebs-strukturen und die<br />

Änderung der gegebenen Eigentumsordnung<br />

benennen. Diese Parteien haben ihren Ursprung<br />

meist in den Oppositionsbewegungen gegen das<br />

Kommunistische Regime und in deren Abspaltungen<br />

bzw. Neugründungen.<br />

Sie werden von den ‚Gewinnern’ der Systemtransformation<br />

gewählt. Ihre Wählerklientel<br />

rekrutiert sich aus vorwiegend jüngeren, urbanen<br />

Bevölkerungsschichten mit höherem Bildungsstand,<br />

jene, die von den raschen Privatisierungsmaßnahmen<br />

profitieren und die damit einhergehenden<br />

sozialen Veränderungen und Einschnitte<br />

leichter überwinden können.<br />

4.2 ‚Pro Staat’-Parteien<br />

Parteien, die programmatisch hingegen staatswirtschaftliche<br />

Aspekte befürworten und unterstützen,<br />

werden als ‚Pro Staat’-Parteien klassifiziert.<br />

Zwar haben meist auch diese Parteien<br />

durchaus akzeptiert, dass langfristig Umstrukturierungen<br />

im wirtschaftlichen Sektor von Nöten<br />

sind, doch sie verfolgen in der Regel zunächst<br />

die Status Quo-Wahrung, lehnen radikale Reformen<br />

ab und akzeptieren teilweise noch gradu­<br />

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