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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Florian Eckert - Wie soll man osteuropäische Parteigruppierungen einteilen? Aufsätze<br />
eher junge, besser qualifizierte Bürger, die in der<br />
Regel über einen Hochschulabschluss verfügen.<br />
Diese Gruppe kann als urban beschrieben werden.<br />
Sie profitieren von einer liberalen Marktöffnung.<br />
Die Gruppe ‚Verlierer’ rekrutiert sich hingegen<br />
aus älteren Personen, Arbeitern, Bauern<br />
und weniger gebildeten Menschen. Sie leben<br />
meist in den ländlichen Gebieten und sind stark<br />
von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen.<br />
Diese sozio-ökonomische Konfliktlinie ist entscheidend<br />
für die osteuropäische Parteienentwicklung.<br />
„[W]ithout the social cleavages,<br />
party formation would be less<br />
comprehensible.“ 20 Generell entsteht durch das<br />
gewählte Cleavage-Modell eine Zweiteilung der<br />
osteuropäischen Gesellschaft. Glaeßner 21 spricht<br />
von einem Gegensatz zwischen Strukturkonservativen<br />
und Modernisierern.<br />
3. Ansätze der Parteigruppierungen<br />
Bevor die Parteien der jeweiligen osteuropäischen<br />
Staaten im einzelnen diskutiert<br />
werden können, ist es wichtig, neben den in<br />
einer Gesellschaft existenten Konfliktlinien auch<br />
hier die politischen Lager zu identifizieren, die<br />
für alle Staaten gleichermaßen gelten sollen.<br />
Eine Modifikation des Lager-Ansatzes ist eine<br />
Einteilung in ‚Parteifamilien’, die wiederum in<br />
Gruppen zusammengefasst werden können. Zunächst<br />
wird ein Überblick über bereits vorgenommene<br />
Ansätze zur Einteilung der Parteien in<br />
unterschiedliche Gruppierungen gegeben und<br />
dieser kritisch mit den osteuropäischen Besonderheiten<br />
abgeglichen.<br />
Über die Anzahl der Parteigruppierungen für die<br />
osteuropäischen Staaten gibt es in der Literatur<br />
unterschiedliche Auffassungen. Von Beyme 22<br />
erwähnt speziell für Osteuropa neun Parteigruppierungen:<br />
Forum, Christdemokraten, Liberal-<br />
20 Jack Bielasiak, The Structuring of Party Systems in<br />
Post-communism. The Roles of Political Process and<br />
Social Cleavage, in: Richard Sakwa (Hrsg.), The Experience<br />
of Democratization in Eastern Europe, London/New<br />
York 1999, S. 165.<br />
21 Gert-Joachim Glaeßner, Demokratie nach dem Ende<br />
des Kommunismus, Opladen 1994.<br />
22 Klaus von Beyme, Parteien im Wandel, Wiesbaden<br />
2000, S. 101f.<br />
Konservative, Sozialdemokraten, Reformkommunisten,<br />
ökologische Parteien, National-<br />
Konservative und ethnische oder regionale<br />
Parteien. Diese Einteilung bildet jedoch die osteuropäischen<br />
Besonderheiten ungenügend ab,<br />
sie ist für einen komparatistischen Anspruch zu<br />
umfangreich. Die angesprochenen Forumsparteien<br />
wandelten sich beispielsweise unmittelbar<br />
nach dem erfolgreichen Systemwechsel in<br />
Parteien konservativer oder sozial-demokratischer<br />
Prägung (zum Beispiel die tschechische<br />
‚Demokratische Bürgerpartei’ oder die rumänische<br />
‚Sozialdemokratische Partei’). Hinzu<br />
kommt, dass diese Einteilung zugleich anfällig<br />
für Verwechslungen ist, da beispielsweise Reformkommunisten<br />
häufig unter dem Label sozialdemokratischer<br />
Parteien in Erscheinung treten<br />
(‚Demokratische Linksallianz’ in Polen). Jedoch<br />
ist dies ebenfalls nicht zwingend der Fall. Auch<br />
von Beymes Abgrenzung der Christdemokraten<br />
von anderen konservativen Parteien kann für<br />
Osteuropa keine Allgemeingültigkeit haben.<br />
Denn zumindest in keinem der jungen EU-Mitgliedsstaaten<br />
und in den Kandidatenländer besteht<br />
eine integrative und konsolidierte christdemokratische<br />
Partei mit Catch-All-Charakter.<br />
Christdemokratische und konservative Programmatiken<br />
des politischen Spektrums sind<br />
hier schwer abgrenzbar. 23<br />
Kitschelt 24 unterteilt die Parteien in drei Gruppierungen,<br />
in neo-sozialdemokratische, in liberal-demokratische<br />
und in national-populistische<br />
Gruppen. Auch diese Dreiteilung wird der osteuropäischen<br />
Realität nicht gerecht. Indem er die<br />
Postkommunisten der Gruppe neo-sozialdemokratischer<br />
Parteien zurechnet, impliziert er zugleich,<br />
dass sich deren Policy nicht auf nationalpopulistische<br />
Themen ausweiten dürfe. Dies ist<br />
problematisch, da beispielsweise die nationalpo<br />
23 Kai-Olaf Lang, Politische Profile der neuen Mitgliedstaaten<br />
aus Ostmitteleuropa und ihre Bedeutung für die<br />
Europäische Union, in: Integration, Vierteljahreszeitschrift<br />
des Instituts für Europäische Politik, 1-2/2004,<br />
S. <strong>12</strong>-28.<br />
24 Herbert Kitschelt, Die Entwicklung post-sozialistischer<br />
Parteiensysteme. Vergleichende Perspektiven, in: Hellmut<br />
Wollmann/Helmut Wiesenthal/Frank Bönker<br />
(Hrsg.), Transformation sozialistischer Gesellschaften:<br />
Am Ende des Anfangs, Leviathan Sonderheft 15/1995.<br />
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