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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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Aufsätze Florian Eckert - Wie soll man osteuropäische Parteigruppierungen einteilen? MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />

chen Reformen auf der einen und dem staatlichen<br />

Interventionismus auf der anderen Seite<br />

zielt auf ein für alle osteuropäischen Staaten gültiges<br />

Konfliktfeld. Diese Konfliktlinie wird von<br />

einigen Autoren als “primary cleavage in postcommunist<br />

society” 11 beschrieben. Es ist der<br />

Konflikt erster Ordnung. <strong>12</strong> Zentral für die osteuropäischen<br />

Gesellschaften ist der Wechsel von<br />

der Plan- hin zur Marktwirtschaft. Im Zusammenhang<br />

mit der wirtschaftlichen Transformation<br />

kommt es zum Anstieg sozialer und<br />

ökonomischer Ungleichheiten. Deren Folge ist<br />

„[the emerge] of a new pattern of ‚winners’ and<br />

‚losers’“. 13 Dabei muss jedoch zunächst bedacht<br />

werden, dass die Definition der Verlierer komplexerer<br />

Natur ist, als es auf den ersten Blick<br />

scheint. Sie kann politische wie kulturelle<br />

Aspekte mit einschließen oder sich auf wirtschaftliche<br />

Fragen konzentrieren. Im Folgenden<br />

wird ausschließlich der letzte Aspekt bedacht.<br />

Hierbei sind zunächst Verteilungskämpfe über<br />

Sozialhilfen oder die wachsende Zahl der<br />

Arbeitslosen zu nennen. Gaber ermittelte Gewinner<br />

und Verlierer der Transformation in Osteuropa<br />

anhand repräsentativer Umfragen. „Trotz<br />

der Unterschiede zwischen den Ländern ist der<br />

Anteil derjenigen, die seit dem Systemwechsel<br />

zumindest wirtschaftliche Verluste hinnehmen<br />

mussten, in allen Ländern beachtlich.“ 14<br />

Die osteuropäische Gesellschaft lässt sich<br />

vereinfachend in zwei Gruppen einteilen, in<br />

jene, die von der Systemtransformation profitiert<br />

haben und in jene, deren soziale Position sich<br />

verschlechterte. Die Klassifikation bedient sich<br />

11 Paul Lewis, Political Parties in Post-Communist Eastern<br />

Europe, London/New York 2000, S. 145.<br />

<strong>12</strong> Richard Stöss/Dieter Segert, Entstehung, Struktur und<br />

Entwicklung von Parteiensystemen, in: Richard<br />

Stöss/Dieter Segert/Oskar Niedermayer (Hrsg.), Parteiensysteme<br />

in postkommunistischen Gesellschaften Osteuropas,<br />

Opladen 1997, S. 400.<br />

13 George Blazyca, The Politics of Economic Transformation,<br />

in: Stephen White/Judy Batt/Paul Lewis (Hrsg.),<br />

Developments in central and east european politics 2,<br />

Houndmills/London 1998, S. 206.<br />

14 Rusanna Gaber, Verlierer der Transformation in Mittelosteuropa,<br />

in: Matthias Neumann/Heiko Pleines, Gewinner<br />

und Verlierer post-sozialistischer Transformationsprozesse.<br />

Beiträge für die 10. Brühler Tagung<br />

junger Osteuropa-Experten, Bremen 2002, S. 1<strong>12</strong>.<br />

32<br />

dabei gezielt dem methodischen Postulat der<br />

„abnehmenden Abstraktion“. 15 In Anlehnung an<br />

Mayntz und Scharpf wird argumentiert, „dass<br />

man [...] bei akteursbezogenen Erklärungen zunächst<br />

mit vereinfachenden Unterstellungen<br />

arbeiten“ 16 soll.<br />

Ohne die sozio-ökonomische Konfliktlinie ließe<br />

sich die osteuropäische Parteienformation nicht<br />

vergleichbar erfassen. „In each case, social<br />

change, and the social problems arising from<br />

economic re-structuring are likely to continue to<br />

exert a significant influence on politics<br />

throughout the region.“ 17 Deshalb macht es Sinn,<br />

die osteuropäischen Konfliktlinien zunächst zusammenzufassen<br />

und auf eine einzige zu reduzieren,<br />

die wirtschaftliche. An einem Pol finden<br />

sich die Anhänger marktwirtschaftlicher Reformen,<br />

die als die Gewinner charakterisiert<br />

werden können und entgegengesetzt die Verlierer,<br />

die „modernization losers“ 18 , die sich stärker<br />

für staatliche Interventionen in der Wirtschaft<br />

aussprechen. Im Folgenden soll dementsprechend<br />

von den ‚Gewinnern’ und den ‚Verlierern’<br />

des Systemwechsels gesprochen werden.<br />

Diese beiden Begriffe gehen neben unterschiedlichen<br />

Qualifikationsgraden der beiden Gruppen<br />

auch mit einer Einteilung in Jung und Alt einher,<br />

denn „the perceptions of changes were age-specific“.<br />

19 Ältere Menschen begriffen den sozioökonomischen<br />

Wandel meist als Gefahr.<br />

Folglich zählen zu der Gruppe der ‚Gewinner’<br />

15 Sigwart Lindenberg, Die Methode der abnehmenden<br />

Abstraktion: Theoriegesteuerte Analyse und empirischer<br />

Gehalt, in: Hartmut Esser/Klaus Troitzsch<br />

(Hrsg.), Modellierung sozialer Prozesse, Bonn 1991,<br />

S. 29-78.<br />

16 Renate Mayntz/Fritz Scharpf, Gesellschaftliche Selbstregelung<br />

und politische Steuerung, Frankfurt am<br />

Main/New York 1995, S. 66.<br />

17 Terry Cox, The Politics of Social Change, in: Stephen<br />

White/Judy Batt/Paul Lewis (Hrsg.), Developments in<br />

central and east european politics 2, Houndmills/London<br />

1998, S. 233.<br />

18 Timm Beichelt/Michael Minkenberg, Explaining the<br />

Radical Right in Transition: Theories of Right-wing<br />

Radicalism and Opportunity Structures in Post-socialist<br />

Europe, Essay für das 97te APSA-Jahrestreffen, San<br />

Francisco 2001, S. 2<strong>12</strong>.<br />

19 Tomáš Kostelecký, Political Parties after Communism.<br />

Developments in East-Central Europe,<br />

Washington/Baltimore/London 2002, S. 115.

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