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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Mark Deiters - Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest der §§ 331, 333 StGB Aufsätze<br />

kannte das Gesetz einen entsprechenden Tatbestand<br />

überhaupt nicht; auch die etwaige Teilnahme<br />

des den Vorteil Gewährenden an der<br />

Haupttat des Amtsträgers blieb nach den Grundsätzen<br />

der sogenannten notwendigen Teilnahme<br />

straflos 58 . Mit dem EGStGB von 1975 wurde die<br />

Vorteilsgewährung dann erstmals strafbares Unrecht.<br />

Dem Amtsträger musste der Vorteil<br />

allerdings als Gegenleistung dafür angeboten,<br />

versprochen oder gewährt werden, dass er eine<br />

in seinem Ermessen stehende Diensthandlungen<br />

künftig vornehme. Anders als beim Tatbestand<br />

der Vorteilsannahme in seiner ursprünglichen<br />

Fassung verlangte das Gesetz damit bei der Vorteilsgewährung<br />

auch objektiv ein synallagmatisches<br />

Bedingungsverhältnis zwischen Vorteil<br />

und Diensthandlung 59 . Im Zuge des Korruptionsbekämpfungsgesetzes<br />

von 1997 erhielten die<br />

Tatbestände der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung<br />

dann ihre gegenwärtig weitgehend 60<br />

spiegelbildliche Gestalt, weshalb auch für die<br />

Vorteilsgewährung heute faktisch ausreicht, dass<br />

der Vorteil deshalb angeboten, versprochen oder<br />

gewährt wird, weil der Empfänger Amtsträger<br />

ist.<br />

Zusammenfassend lässt sich die Entwicklung<br />

der §§ 331, 333 StGB dahingehend beschreiben:<br />

Allgemein als strafwürdig wird es empfunden,<br />

wenn einem Amtsträger ein Vorteil gewährt<br />

wird, damit dieser eine Diensthandlung vornehme.<br />

Weil der Nachweis eines solchen Sachverhaltes<br />

sich im Einzelfall aber als sehr schwierig<br />

gestalten kann, lassen es die §§ 331, 333<br />

StGB ausreichen, dass der Vorteil gewährt wird,<br />

weil der Vorteilsempfänger Amtsträger ist. Insoweit<br />

bezwecken die §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1<br />

StGB entgegen dem Zweck von Tatbestandsbeschreibungen<br />

nicht die präzise Beschreibung<br />

strafwürdigen Unrechts. Sie lassen sich besser<br />

58 LK 9 -Baldus, § 333 Rn. 11.<br />

59 § 333 Abs. 1 StGB in der von 1975-1997 geltenden<br />

Fassung lautete: »Wer einem Amtsträger oder einem<br />

für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten<br />

oder einem Soldaten der Bundeswehr als Gegenleistung<br />

dafür, dass er eine in seinem Ermessen stehende<br />

Diensthandlung künftig vornehme, einen Vorteil anbietet,<br />

verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe<br />

bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«<br />

60 Dazu SK StGB-Rudolphi/Stein, § 333 Rn. 1 f., <strong>12</strong>.<br />

als Ermächtigungsnormen verstehen, die es<br />

Staatsanwaltschaft und Gerichten erlauben, nach<br />

eigenen Wertungen gegen strafwürdige Korruption<br />

vorzugehen. Sofern die Gerichte solche<br />

Zumutungen nicht mit dem Hinweis auf eine<br />

verfassungsrechtlich nach Art. 103 Abs. 2 GG<br />

zu beanstandende Unbestimmtheit beantworten<br />

und die jeweiligen Strafnormen dem<br />

Verfassungsgericht im Wege konkreter Normenkontrolle<br />

vorlegen – und hier hat die Erfahrung<br />

gelehrt, dass es wenig Hoffnung auf eine<br />

verfassungsrechtliche Sanktionierung solcher<br />

Gesetzgebungstechnik gibt – bleibt ihnen wenig<br />

anderes übrig, als den Bereich des Strafwürdigen<br />

selbst zu bestimmen.<br />

Genau dies hat der 3. Strafsenat getan. Dabei ist<br />

es zu begrüßen, wenn er hinsichtlich der Einwerbung<br />

von Wahlkampfspenden durch sich zur<br />

Wiederwahl stellende Wahlbeamte klarstellt,<br />

dass der Vorwurf strafwürdiger Korruption erst<br />

dann gerechtfertigt ist, wenn der Vorteil als<br />

Gegenleistung für eine künftige Diensthandlung<br />

gewährt und angenommen wird. Das Landgericht<br />

Dortmund, an den der Bundesgerichtshof<br />

den Fall »Kremendahl« nunmehr verwiesen hat,<br />

wird deshalb einen Maßstab anzulegen haben,<br />

der mit den Wertungen der §§ 331 Abs. 1, 333<br />

Abs. 1 StGB in ihrer gegenwärtigen Gestalt insoweit<br />

wenig zu tun hat, als der 3. Strafsenat<br />

nicht den bloßen Anschein von Korruption, sondern<br />

ihren Nachweis als Voraussetzung einer<br />

Verurteilung verlangt. Dass das Erlaubte dem<br />

Verbotenen bisweilen als Maske dient, ist entgegen<br />

der von 1929 stammenden Auffassung des<br />

Reichsgerichts in einem Rechtsstaat hinzunehmen,<br />

so lange es im Einzelfall nicht<br />

gelingt, den Umstand der Maskierung nachzuweisen.<br />

Anderenfalls verschwimmt die Grenze<br />

zwischen Erlaubtem und Verbotenem.<br />

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