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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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Aufsätze Mark Deiters - Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest der §§ 331, 333 StGB MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />

Amtsträger einen Vorteil als Gegenleistung für<br />

eine bereits vorgenommene Diensthandlung<br />

annahm 49 . Eine auch für die Praxis folgenreiche<br />

Änderung stellt demgegenüber die auf das Korruptionsbekämpfungsgesetz<br />

von 1997 zurückgehende<br />

Reform des Tatbestandes der Vorteilsannahme<br />

dar. § 331 Abs. 1 StGB lässt es seitdem<br />

ausreichen, dass der Vorteil für die<br />

Dienstausübung angenommen wird – der Bezug<br />

zu einer konkreten Diensthandlung ist nicht<br />

mehr erforderlich. Zusätzlich erfasst<br />

§ 331 Abs. 1 StGB auch für Dritte angenommene<br />

Vorteile als tatbestandsmäßig. Mit der Reform<br />

wollte der Gesetzgeber – ganz im Sinne<br />

der bereits vom Reichsgericht eingeschlagenen<br />

Richtung – Beweisschwierigkeiten bei der Feststellung<br />

des Bezugs zu einer konkreten Diensthandlung<br />

sowie dem Nachweis eigennützigen<br />

Verhaltens vorbeugen 50 . Die damit notwendig<br />

einhergehende Problematik einer zunehmenden<br />

Unschärfe dieser Tatbestände, die im Zuge des<br />

Gesetzgebungsverfahrens von Seiten der<br />

Wissenschaft kritisiert wurde 51 , hat der Gesetzgeber<br />

bewusst in Kauf genommen.<br />

Sachlich erfasst die Formulierung des § 331<br />

Abs. 1 StGB heute die Annahme eines jeden<br />

Vorteils, der im Hinblick auf die dienstliche Tätigkeit<br />

gewährt wird 52 . Zwar wird in der Rechtslehre<br />

zum Teil nach wie vor daran festgehalten,<br />

dass der Vorteil eine Gegenleistung für die<br />

Dienstausübung darstellen muss 53 , doch ist dies<br />

auf der Grundlage des geltenden Rechts in<br />

49 § 331 Abs. 1 StGB in der von 1975-1997 geltenden<br />

Fassung lautete: »Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen<br />

Dienst besonders Verpflichteter, der einen<br />

Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen<br />

lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung<br />

vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit<br />

Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.«<br />

50 Dölling, Gutachten 61. Deutscher Juristentag, C 63;<br />

Schaupensteiner, NStZ 1996, 409 (411 f.).<br />

51 Siehe etwa Ransiek, StV 1996, 446 ff.<br />

52 Haeser, MedR 2002, 55 (58). Die Ablehnung des<br />

vermeintlich weitergehenden Gesetzesvorschlages des<br />

Bundesrates, bei dem § 331 Abs. 1 StGB jede<br />

Annahme eines Vorteils »im Zusammenhang mit der<br />

Dienstausübung« erfassen sollte (siehe Lackner/Kühl,<br />

§ 331 Rn. 10A m.w.N.), hat damit in der Sache keine<br />

wirkliche Restriktion zur Folge gehabt.<br />

53 NK-Kuhlen, § 331 Rn. 79 m.w.N.<br />

28<br />

Wahrheit ein kaum begrenzendes Kriterium.<br />

Muss der Vorteil nicht mehr in Beziehung zu<br />

einer konkretisierbaren Amtshandlung stehen,<br />

lässt sich nur sehr eingeschränkt überhaupt prüfen,<br />

ob dieser Vorteil denn eine Gegenleistung<br />

für dienstliches Verhalten darstellt, weil der<br />

hierfür nach herrschender Ansicht erforderliche<br />

Charakter des Vorteils als Äquivalent für ein<br />

dienstliches Verhalten nur in Bezug zu einer<br />

konkreten »Leistung« des Amtsträgers festgestellt<br />

werden kann 54 . Allenfalls lassen sich solche<br />

Fälle ausscheiden, in denen der Vorteil nur<br />

zur Ermöglichung künftiger Dienstausübung gewährt<br />

wird 55 . Allerdings erweist sich auch dies<br />

als schwierig, wenn der Bezugspunkt der Abgrenzung<br />

die gesamte Dienstausübung des<br />

Amtsträgers ist. Wer etwa einem Hochschullehrer<br />

private Drittmittel zur Ermöglichung künftiger<br />

Forschung gewährt, honoriert damit in aller<br />

Regelung zugleich dessen bisherige Forschung.<br />

Zugleich wird er mit der Gewährung der Drittmittel<br />

eine bestimmte, nicht notwendigerweise<br />

ihm selbst nützende Vorstellung vom Bereich<br />

der künftigen Forschung des Hochschullehrers<br />

verbinden 56 . Damit dienen solche Mittel aber –<br />

selbst bei ausschließlich altruistischer Motivation<br />

– regelmäßig nicht nur dazu, die künftige<br />

Dienstausübung zu ermöglichen 57 .<br />

Für die Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung<br />

gilt heute Entsprechendes. Von 1871 bis 1975<br />

54 Deshalb ist es problematisch, wenn einerseits behauptet<br />

wird, der Vorteil müsse auch auf der Grundlage<br />

des § 331 Abs. 1 StGB in der Fassung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes<br />

von 1997 nach wie vor<br />

eine Gegenleistung der Dienstausübung darstellen,<br />

anderseits aber von einer hierauf bezogenen Lockerung<br />

der Beweisanforderungen gesprochen wird (siehe etwa<br />

NK-Kuhlen, § 331 Rn. 79 und 81 am Ende). Was nicht<br />

bewiesen werden muss, ist auch keine Voraussetzung<br />

der Strafbarkeit.<br />

55 Darauf wird die Funktion dieses Merkmales<br />

beschränkt; siehe NK-Kuhlen a.a.O.<br />

56 Vgl. dazu SK StGB-Rudolphi/Stein, § 331 Rn. 37:<br />

Sobald es zum Inhalt der Vereinbarung gehöre, dass<br />

sich der Hochschullehrer für ein bestimmtes Forschungsprojekt<br />

an Stelle eines anderen entscheide, sei<br />

die Unrechtsvereinbarung zu bejahen. Ist das nicht<br />

eigentlich schon deshalb immer zu bejahen, weil die<br />

Arbeitszeit eines jeden Menschen und also auch die<br />

des Hochschullehrers begrenzt ist?<br />

57 Anders NK-Kuhlen, § 331 Rn. 79; siehe auch Anm.<br />

14.

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