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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Mark Deiters - Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest der §§ 331, 333 StGB Aufsätze<br />
qualifizierende zweckgebundene Direktzuwendung<br />
an den Kandidaten 20 . Damit verändert<br />
der Senat zunächst einmal die Perspektive auf<br />
das entscheidungserhebliche Geschehen: Die<br />
Spende des Bauunternehmers wird nicht, wie<br />
noch vom Landgericht Wuppertal, unter der<br />
Fragestellung erörtert, unter welchen Voraussetzungen<br />
sie als Parteispende die Tatbestände<br />
der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB<br />
verwirklicht, sondern inwieweit sie – auch wenn<br />
es sich bei ihr nicht um eine Parteispende im<br />
rechtlichen Sinne handeln sollte – als Beschaffung<br />
finanzieller Mittel für den Wahlkampf die<br />
Voraussetzungen einer Korruptionsstraftat erfüllen<br />
kann. Hieraus resultiert der schon im Leitsatz<br />
auftauchende Begriff der »Wahlkampfspende«,<br />
der dem Parteiengesetz fremd<br />
ist.<br />
Ausgehend von dieser Fragestellung sieht der<br />
1. Strafsenat die Tatbestände der §§ 331 Abs. 1,<br />
333 Abs. 1 StGB in der zugrundeliegenden Fallgestaltung<br />
im Konflikt zu dem im Demokratieprinzip<br />
wurzelnden Prinzip der Gleichheit des<br />
passiven Wahlrechts 21 . Sie liefen faktisch darauf<br />
hinaus, dem Amtsinhaber zu verwehren, die für<br />
einen erfolgreichen Wahlkampf erforderlichen<br />
Mittel bei Privaten einzuwerben, während sein<br />
Herausforderer mangels Amtsträgereigenschaft<br />
sogar mit dem Versprechen künftiger rechtswidriger<br />
Dienstausübung entsprechende Mittel akquirieren<br />
könnte. Von diesem Ausgangspunkt<br />
scheint die folgerichtige Lösung nun darin zu<br />
bestehen, entweder für den Amtsinhaber<br />
dieselben rechtlichen Maßstäbe gelten zu lassen<br />
wie für den Herausforderer oder aber umgekehrt<br />
den Herausforderer bereits wie einen Amtsträger<br />
zu behandeln. Letzteres kommt angesichts des<br />
eindeutigen Wortlauts der Korruptionsdelikte –<br />
wie der Senat treffend ausführt 22 – de lege lata<br />
nicht in Betracht. Aber auch de lege ferenda ist<br />
eine solche Lösung abzulehnen. Sie würde auf<br />
eine Privilegierung von Komödien hinauslaufen,<br />
da der Zeitpunkt für eine »Quasi-Amtsträge<br />
20 BGH 3 StR 301/03, S. 20 f. = BGH NJW 2004, 3569<br />
(3573 f.).<br />
21 BGH 3 StR 301/03, S. 19, 22 = BGH NJW 2004, 3569<br />
(3573f.).<br />
22 BGH 3 StR 301/03, S. 22 = BGH NJW 2004, 3569<br />
(3574).<br />
reigenschaft« nicht ex post, sondern ex ante feststehen<br />
müsste und der Herausforderer jedenfalls<br />
bis zu diesem Zeitpunkt bei der Mittelbeschaffung<br />
von den Fesseln des Korruptionsstrafrechts<br />
befreit wäre.<br />
Mit Recht beschreitet der Senat deshalb den zuerst<br />
genannten Lösungsweg, wobei er allerdings<br />
keine vollständige Gleichstellung, sondern lediglich<br />
eine partielle Annäherung an die Situation<br />
des Herausforderers für richtig hält. Im<br />
Ergebnis macht sich ein Amtsträger nach den<br />
vom 3. Strafsenat aufgestellten Grundsätzen nur<br />
dann nicht strafbar, wenn er sich erneut um das<br />
von ihm derzeit ausgeübte, aufgrund einer Direktwahl<br />
zu erlangende Wahlamt bewirbt und<br />
für seinen Wahlkampf die finanzielle oder sonstige<br />
Unterstützung eines Dritten für sich<br />
und/oder die ihn tragende Partei bzw. Wählervereinigung<br />
fordert, sich versprechen lässt oder<br />
annimmt, sofern diese Förderung allein dazu<br />
dient/dienen soll, dass er nach erfolgreicher<br />
Wahl das wiedererlangte Wahlamt in einer<br />
Weise ausübt, die den allgemeinen wirtschaftlichen<br />
oder politischen Vorstellungen des Vorteilsgebers<br />
entspricht 23 . Zeige sich der Amtsträger<br />
dagegen bereit, im Falle seiner Wiederwahl<br />
eine konkrete, den Interessen des Spenders<br />
förderliche Entscheidung zu treffen, überwiege<br />
die Pflichtenbindung des Amtsträgers den<br />
Gesichtspunkt der Chancengleichheit gegenüber<br />
dem politischen Herausforderer und das Verhalten<br />
müsse als strafbare Vorteilsannahme bewertet<br />
werden 24 .<br />
Zur Begründung für seine Rechtsauffassung legt<br />
der Senat zunächst dar, dass die verfassungsrechtlich<br />
gebotene Einschränkung des gegenwärtigen<br />
Korruptionsstrafrechts nur die Tatbestände<br />
der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung,<br />
nicht aber zugleich die Tatbestände der<br />
Bestechung und Bestechlichkeit erfassen könnten,<br />
bei denen das Ziel der Unrechtsvereinbarung<br />
auf eine die Dienstpflichten des Amtsträgers<br />
verletzende Diensthandlung gerichtet ist. In<br />
dieser Konstellation könne der Amtsträger<br />
23 BGH 3 StR 301/03, S. 25 = BGH NJW 2004, 3569<br />
(3575).<br />
24 BGH 3 StR 301/03, S. 25 = BGH NJW 2004, 3569<br />
(3575).<br />
23