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2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Mark Deiters - Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest der §§ 331, 333 StGB Aufsätze<br />

Auf der Grundlage dieses Sachverhaltes besteht<br />

– soweit man sich allein am Wortlaut des<br />

Gesetzes orientiert – zunächst einmal kein<br />

Zweifel daran, dass der Angeklagte Kremendahl<br />

die Voraussetzungen einer nach § 331 Abs. 1<br />

StGB strafbaren Vorteilsannahme und der Mitangeklagte<br />

C. die gesetzlichen Merkmale einer<br />

nach § 333 Abs. 1 StGB strafbaren Vorteilsgewährung<br />

verwirklicht hat. Kremendahl, der als<br />

hauptamtlicher Bürgermeister Amtsträger i.<br />

S. des § 11 Abs. 1 Nr. 2 a StGB war, ließ sich<br />

vom Mitangeklagten C. einen Vorteil versprechen,<br />

den dieser angeboten und schließlich gewährt<br />

hat. Weil die Spende zumindest aufgrund<br />

der bisherigen und in Erwartung einer entsprechenden<br />

künftigen investorenfreundlichen Amtsführung<br />

gewährt wurde, erfolgte sie für die<br />

Dienstausübung i. S. der §§ 331 Abs. 1, 333<br />

Abs. 1 StGB. Ob der Vorteil, wie das Landgericht<br />

Wuppertal annahm 3 , allein dem Unterbezirk<br />

der Wuppertaler SPD als Drittem i. S. der<br />

§§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB zugute kam,<br />

oder aber entsprechend der näherliegenden<br />

Würdigung des Bundesgerichtshofs 4 auch als<br />

Besserstellung Kremendahls zu bewerten ist,<br />

spielt dabei für die Strafbarkeit keine entscheidende<br />

Rolle.<br />

Die Annahme einer Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme<br />

und Vorteilsgewährung erscheint aber<br />

aus zwei Gründen problematisch. Zunächst liefe<br />

sie darauf hinaus, kommunalen Wahlbeamten<br />

generell zu verbieten, Spenden für ihre Partei<br />

einzuwerben. Denn solches Verhalten erfüllt im<br />

Falle der Amtsträgereigenschaft des Spendenempfängers<br />

immer die gesetzlichen Voraussetzungen<br />

der §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB –<br />

und zwar unabhängig davon, ob die Spende wie<br />

im vorliegenden Fall auf fiktive Spender verteilt<br />

oder aber unter penibler Beachtung der Vorschriften<br />

des Parteiengesetzes im Rechenschaftsbericht<br />

veröffentlicht wurde.<br />

Ein solches Ergebnis steht zumindest dem ersten<br />

Anschein nach in Widerspruch zur verfassungsrechtlichen<br />

Bewertung von Parteispenden. Nach<br />

der Rechtsprechung des Bundesverfassungs­<br />

3 LG Wuppertal NJW 2003, 1405.<br />

4 BGH 3 StR 301/03, S. <strong>12</strong> = BGH NJW 2004, 3569<br />

(3571).<br />

gerichts ist eine Finanzierung der Parteien durch<br />

Spenden nicht nur zulässig, sondern ausdrücklich<br />

erwünscht, weil im Falle einer ausschließlich<br />

staatlichen Finanzierung von Parteien die<br />

Gefahr bestünde, dass diese sich aus ihrer gesellschaftlichen<br />

Verwurzelung lösen 5 . Infolgedessen<br />

koppelt das gegenwärtige Parteiengesetz in<br />

§ 18 Abs. 5 S. 1 die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung<br />

an den Umfang der von einer Partei<br />

auch durch Spenden selbst erzielten Einnahmen<br />

und sieht darüber hinaus sogar wirtschaftliche<br />

Anreize für die Einwerbung solcher Mittel vor,<br />

indem es etwa in § 18 Abs. 3 Nr. 3 jeden eingeworbenen<br />

Euro Spende bis zu einer Obergrenze<br />

von 3300 € je natürliche Person mit einem staatlichem<br />

Zuschuss in Höhe von 38 Cent honoriert.<br />

Der hierdurch entstehende Konflikt zwischen<br />

der rechtlichen Bewertung von Parteispenden<br />

einerseits und den Anforderungen des Korruptionsstrafrechts<br />

anderseits ist der Ausgangspunkt<br />

der erstinstanzlichen Entscheidung<br />

des Landgerichts Wuppertal 6 (dazu sogleich unter<br />

II.).<br />

Problematisch erscheint die Annahme einer<br />

Strafbarkeit aber auch unter einem anderen<br />

Aspekt: Kremendahl und der Mitangeklagte C.<br />

konnten nur deshalb ins Visier der Strafverfolgungsorgane<br />

geraten, weil Ersterer zum fraglichen<br />

Zeitpunkt bereits hauptamtlicher<br />

Bürgermeister der Stadt Wuppertal war und sich<br />

nicht erstmals, sondern als Amtsinhaber erneut<br />

zur Wahl stellte. Eine identische Spende an den<br />

Herausforderer wäre dagegen unter dem<br />

Gesichtspunkt der Korruption 7 strafrechtlich irrelevant.<br />

Bei dieser Betrachtungsweise stellt sich<br />

die vom 3. Strafsenat in seiner Entscheidung erörterte<br />

Frage, ob die Annahme einer Strafbarkeit<br />

wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung<br />

im Fall Kremendahl vereinbar ist mit dem im<br />

Demokratieprinzip wurzelnden Grundsatz passiver<br />

Wahlgleichheit (unten III.) 8 .<br />

5 BVerfGE 73, 40 (88); BVerfGE 85, 264 (287).<br />

6 LG Wuppertal, NJW 2003, 1405.<br />

7 Je nach Fallgestaltung wäre allerdings eine Strafbarkeit<br />

nach der neuen Strafvorschrift des § 31 d ParteiG<br />

möglich.<br />

8 BGH 3 StR 301/03, S. 22 f. = BGH NJW 2004, 3569<br />

(3574 f.).<br />

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