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Aufsätze Mark Deiters - Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest der §§ 331, 333 StGB MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
Der Fall »Kremendahl« als Lackmustest<br />
der §§ 331, 333 StGB *<br />
Dr. Mark Deiters *<br />
I. Die Problematik des Falles »Kremendahl«<br />
In letzter Zeit mehren sich Aufsehen erregende<br />
Fälle politischer Korruption. Zu ihnen zählt auch<br />
der Fall des ehemaligen Wuppertaler Bürgermeisters<br />
Kremendahl (SPD), der dem Urteil des<br />
3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom<br />
28.10.2004 1 zugrundeliegt. Die Entscheidung<br />
behandelt – neben der hier außer Betracht<br />
bleibenden Problematik einer etwaigen Strafbarkeit<br />
wegen Betruges durch unrichtige Rechenschaftsberichte<br />
einer Partei – die Frage, unter<br />
welchen Voraussetzungen die Einwerbung<br />
einer Wahlkampfspende durch einen kommunalen<br />
Wahlbeamten für ihn eine Strafbarkeit<br />
wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und für<br />
den Spender eine Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung<br />
(§ 333 StGB) bedeuten kann. Der Entscheidung<br />
lag der folgende, vom erstinstanzlich<br />
zuständigen Landgericht Wuppertal 2 festgestellte<br />
Sachverhalt zugrunde:<br />
Der Angeklagte Kremendahl war 1996 auf Vorschlag<br />
der SPD-Fraktion vom Rat der Stadt<br />
Wuppertal zum ersten hauptamtlichen<br />
Bürgermeister gewählt worden. Nach einer Reform<br />
der Kommunalverfassung Nordrhein-<br />
Westfalens, die entsprechend der heute<br />
geltenden Rechtslage eine Direktwahl des<br />
Bürgermeisters vorsah, stellte er sich 1999 zur<br />
Wiederwahl. Innerhalb der SPD beobachtete<br />
* Der Beitrag enthält die schriftliche Fassung eines am<br />
24. November 2004 gehaltenen Vortrags. Zum Zeitpunkt<br />
der Fertigstellung des Manuskripts lagen noch<br />
keine Anmerkungen zur Entscheidung BGH 3 StR<br />
301/03 vor.<br />
* Mark Deiters ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von<br />
Prof. Dr. Helmut Frister am Lehrstuhl für Strafrecht<br />
und Strafprozessrecht an der Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf.<br />
1 BGH 3 StR 301/03 = BGH NJW 2004, 3569.<br />
2 LG Wuppertal NJW 2003, 1405.<br />
18<br />
man zu dieser Zeit mit Sorge, dass die Wuppertaler<br />
CDU, deren Kandidat für das Amt des<br />
hauptamtlichen Bürgermeisters Prokurist einer<br />
überregionalen Einzelhandelskette mit mehreren<br />
Filialen in der Gemeinde war, bereits einen finanziell<br />
aufwendigen Vorwahlkampf führte,<br />
dem man aufgrund der beschränkten eigenen<br />
Mittel nicht wirksam entgegentreten zu können<br />
glaubte.<br />
Der SPD-Stadtverordnete S., zugleich bauplanungspolitischer<br />
Sprecher seiner Fraktion und<br />
Berater des amtierenden Bürgermeisters Kremendahl,<br />
sprach daraufhin den mitangeklagten<br />
Bauunternehmer C., der sich in den 90er Jahren<br />
zu einem der größten Bauinvestoren der Stadt<br />
entwickelt hatte, wegen einer Spende an. Dieser<br />
zeigte sich zu einer finanziellen Unterstützung<br />
des Wahlkampfs von Kremendahl bereit, weil er<br />
einerseits dessen investorenfreundlicher Politik<br />
positiv gegenüberstand und anderseits ein künftiges,<br />
von Kremendahl bislang allerdings öffentlich<br />
abgelehntes Bauprojekt, eher bei dessen<br />
Wiederwahl denn bei einem Erfolg des CDU-<br />
Kandidaten für realisierbar hielt. Hintergrund<br />
dieser Annahme war der Umstand, dass das Projekt<br />
den wirtschaftlichen Interessen jener Einzelhandelskette<br />
zuwiderlief, für die der Kandidat<br />
der CDU als Prokurist tätig war.<br />
Als der Mitangeklagte C. dem Angeklagten Kremendahl<br />
später eine großzügige finanzielle Unterstützung<br />
anbot, wobei er die Mittel ausschließlich<br />
für dessen Wahlkampf und nicht<br />
auch für den der SPD verwendet wissen wollte,<br />
lehnte dieser eine direkte Zuwendung an sich<br />
selbst ab, schlug seinerseits aber eine Unterstützung<br />
in Form einer Parteispende vor. Dabei<br />
ging er von einer den Vorschriften des Parteiengesetzes<br />
entsprechenden Behandlung dieser<br />
Spende aus. Der Mitangeklagte C. wendete dem<br />
SPD-Unterbezirk Wuppertal daraufhin insgesamt<br />
500.000 DM zu, die im Ergebnis die gesamten<br />
Kosten nicht nur des Wahlkampfes von<br />
Kremendahl, sondern auch den seiner Partei abdeckten.<br />
Weil C. als Mitglied der CDU nicht<br />
selbst als Großspender der SPD in Erscheinung<br />
treten wollte, wurde ein Teil des Betrages unter<br />
Verstoß gegen die Publikationspflichten des<br />
Parteiengesetzes auf fiktive Spender verteilt.