2005, Heft 12, S. 87–88 - PRuF

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26.11.2012 Aufrufe

Aufsätze Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth - Die Parteiorganisation der SPD MIP 2004/2005 12. Jahrgang 628.508 Mitgliedern steht. Richtig beurteilt der Spiegel, dass die SPD weiterhin die vermögendste Partei in der Bundesrepublik ist. Laut Rechenschaftsbericht der Partei beträgt das Reinvermögen knapp 125 Millionen Euro. Die addierten Vermögen der Unionsparteien belaufen sich auf 76 Millionen Euro (CDU 58 Millionen, CSU 18 Millionen). Auch Bündnis 90/Die Grünen und die PDS kommen nicht annähernd an das Vermögen der Sozialdemokraten heran (Grüne 17 Millionen, PDS 16 Millionen). Die FDP hat sogar mit einem Defizit von knapp 2 Millionen Euro Schulden. Das tatsächliche Vermögen der SPD wird von Kennern allerdings weit höher eingeschätzt, nämlich auf bis zu eine halbe Milliarde Euro. Obwohl die SPD in ihrem Rechenschaftsbericht des Jahres 2002 ein Defizit von 28,5 Millionen Euro ausweist, hat sie doch in der Tat einen erheblichen Vorsprung in ihrem Vermögen. Dieses Defizit ist vor allem durch die stark erhöhten Ausgaben für Wahlkämpfe bedingt, da im Herbst 2002 der Bundestag neu gewählt wurde. Im Vergleich zu 2001 stiegen die Ausgaben für Wahlkämpfe von 31 Millionen Euro auf ca. 64 Millionen Euro an. Insgesamt erhöhten sich die Ausgaben der Partei von 142 Millionen Euro 2001 auf 187 Millionen Euro 2002. Den größten Anteil an den Ausgaben hatten die Personalkosten mit 50 Millionen Euro. Dies ist ähnlich bei den anderen Parteien, wie z. B. bei der CDU/CSU. Auf der Einnahmenseite hatte sich allerdings 2002 wenig verändert. Die Gesamteinnahmen beliefen sich auch in diesem Jahr auf 158,8 Millionen Euro, im Vergleich zu 159,7 Millionen Euro im Vorjahr. Die Mindereinnahmen ließen sich auf die gesunkenen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen zurückführen und auf den Posten „sonstige Einnahmen“ (minus 4,8 Millionen Euro). Mit den Mitgliederzahlen gehen natürlich auch die Mitgliedsbeiträge zurück; ein Trend, der unvermindert anhält (1977: 777.899, März 2004: 628.508). Aufgefangen wird dieses Minus bei den Mitgliedsbeiträgen von einem Zuwachs bei fast allen anderen Posten, darunter Spenden von natürli­ 14 chen und juristischen Personen, Einnahmen aus Vermögen und staatlichen Mitteln. Im Übrigen beschloss die Partei im Jahr 2001 eine „Beitragsanpassung“, um das Niveau der Einnahmen bei Mitgliedsbeiträgen halten zu können. Dies wird aber laut Finanzbericht der SPD in Zukunft wohl kaum mehr möglich sein. Schaut man die Einnahmen der SPD näher an, so stellt man fest, dass der weitaus größte Teil auf regelmäßige Beiträge entfällt. 78,2 Millionen Euro erhielt die SPD 2002 aus diesem Posten, was einem Anteil von 49,2 Prozent entspricht. Die SPD hat damit unter allen im Bundestag vertretenen Parteien den mit Abstand größten Anteil bei den Mitgliedsbeiträgen. Der nächstgrößere Posten sind staatliche Mittel mit 48,9 Millionen Euro (entspricht 30,9 Prozent). Die Spendeneinnahmen von natürlichen Personen betrugen 13,9 Millionen Euro (entspricht 8,8 Prozent) und von juristischen Personen 3,4 Millionen Euro (entspricht 2,1 Prozent). Die Abhängigkeit von Spenden ist bei der SPD also deutlich geringer als bei der CDU (22 Prozent im Jahre 2000), den Grünen (18 Prozent) oder gar der FDP, die mehr als ein Drittel ihrer Einnahmen über Spenden erhielt (37 Prozent im Jahre 2000). Grundsätzlich ist ein geringerer Anteil an Spenden am Gesamtetat zu begrüßen, da sie eine Partei finanziell unabhängiger macht. Kritisch werden in der Öffentlichkeit allenthalben die Einnahmen aus Vermögen bei der SPD bewertet. Sie belaufen sich 2002 auf 10,5 Millionen Euro (entspricht 6,6 Prozent). Obwohl die beiden wichtigsten Finanzposten, Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel, zusammen über 80 Prozent der Einnahmen insgesamt beisteuern, sind die Unternehmensbeteiligungen der SPD doch immer wieder Gegenstand von Kritik. Interessanterweise finden sich die detailliertesten Angaben über die Struktur der Medienbeteiligungen auf der Homepage der Bundes-CDU und nicht etwa der SPD. Die Einnahmen daraus machen allerdings im SPD- Haushalt nur den relativ kleinen Anteil von 6,6 Prozent aus. Das berüchtigte und vielverzweigte „Medienimperium“ der Sozialdemokraten ist aus wirtschaftlicher Sicht für die Partei selbst und für die Medienlandschaft der Bundesrepublik

MIP 2004/2005 12. Jahrgang Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth – Die Parteiorganisation der SPD Aufsätze nicht wirklich bedeutend, wenn man sie mit anderen Medienkonzernen vergleicht. Die Medienbeteiligungen der SPD sind in der „Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH“ (DDVG) zusammengefasst. Die DDVG hält zahlreiche Beteiligungen an diversen Regionalpressen, an Verlagen, am Hörfunk und an weiteren, kleineren Geschäftsfeldern. Besondere Aufmerksamkeit erregt in letzter Zeit der Einstieg in eine Beteiligung an der Zeitung „Frankfurter Rundschau“. Der Einfluss auf die öffentliche Meinung durch die Minderheitsbeteiligungen an regionalen Blättern erscheint aber als keinesfalls beherrschend. Dennoch sollte die SPD alles unternehmen, um durch absolute Transparenz ihrer Beteiligungen keinen falschen Anschein der Manipulation erwecken zu können. Insgesamt besteht die Finanzierung der SPD also aus zwei eigenen Quellen, Mitgliedsbeiträge und Eigenvermögen, sowie aus zwei externen Quellen, Spenden und staatliche Zuschüsse. Ein solcher Finanzierungsmix ist für eine demokratische Partei sicher wünschenswert, um nicht in zu große Abhängigkeit entweder von staatlichen Zuschüssen oder von externen Spendern zu geraten. Die Spenden sind aber immer die problematischste Finanzierungsquelle von Parteien weltweit. Die SPD hat hier relativ wenig Großspenden zu verzeichnen, auch Spenden von juristischen Personen, Unternehmen oder Verbänden, sind nicht sehr häufig. Da „Einflussspenden“, die an Korruption denken lassen, generell verboten sind, sollte man Großspenden über einer bestimmten Summe völlig verbieten, da hier nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Einfluss intendiert ist. Die Rechtsprechung und die Gesetzgebung sind dem aber bisher nicht gefolgt. 8. Fazit Die Parteiorganisation der SPD ist immer wieder in ihrer langjährigen Geschichte reformiert worden, zuletzt ab dem Jahre 2000. Dabei zeigt sich, wie peripher die Bedeutung der internen Parteiorganisation auf die öffentliche Akzeptanz einer Partei ist. Man kann nicht abstreiten, dass die SPD dem Typus einer modernen Mitgliederpartei durchaus entspricht. Im Übrigen hat die CDU/CSU diesen Typus der Parteiorganisation in den letzten Jahrzehnten sehr erfolgreich adoptiert und adaptiert. Aber auch wenn die Protagonisten in der Parteiorganisation häufig glauben, Organisation sei alles, so werden sie doch von der Realität eines Besseren belehrt. Wie auch immer die SPD sich in den letzten Jahren intern modernisiert und reorganisiert hat, an ihrer nachlassenden öffentlichen Attraktivität hat dies nichts geändert. Das gilt besonders für ihre Unfähigkeit, Wähler und Aktivisten in Wahlkämpfen tatsächlich zu mobilisieren, zu motivieren und zu aktivieren. Die SPD leidet besonders unter Wahlenthaltungen breiter Schichten, gerade aus ihren Stammwählerzielgruppen. Organisation ist eben nicht alles, sondern nur ein Vehikel, das politische Inhalte und Botschaften transportieren muss, um die Menschen zu aktivieren. Aus der Sicht des Jahres 2004 scheint es aber hier der SPD gravierend zu mangeln. Auch sind ihre Organisationsreformen zu hektisch. Dem Konzept der Netzwerkpartei des Bundesgeschäftsführers Matthias Machnig folgt mit dem neuen Bundesgeschäftsführer Karl-Josef Wasserhövel seit Frühjahr 2004 nun das Konzept der „modernen Mitgliederpartei“. Dieses Konzept soll weniger modernistisch und modisch sein, dafür realistisch und organisationsverbunden. Vor lauter Sorge nirgendwo anzuecken, ist dieses neue Konzept allerdings auch recht inhaltsarm und blutleer. Ein Ausweg aus der Zwickmühle des erfolgreichen Scheiterns ist deshalb noch lange nicht in Sicht. Literatur Alemann, Ulrich von (2003): Der Zittersieg der SPD. Mit einem blauen und einem grünen Auge davon gekommen. In: Niedermayer (2003) Alemann, Ulrich von (2003): Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland. Opladen: Leske und Budrich Alemann, Ulrich von/Marschall, Stefan (2002): 15

MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth – Die Parteiorganisation der SPD Aufsätze<br />

nicht wirklich bedeutend, wenn man sie mit<br />

anderen Medienkonzernen vergleicht.<br />

Die Medienbeteiligungen der SPD sind in der<br />

„Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft<br />

mbH“ (DDVG) zusammengefasst. Die DDVG<br />

hält zahlreiche Beteiligungen an diversen Regionalpressen,<br />

an Verlagen, am Hörfunk und an<br />

weiteren, kleineren Geschäftsfeldern. Besondere<br />

Aufmerksamkeit erregt in letzter Zeit der Einstieg<br />

in eine Beteiligung an der Zeitung „Frankfurter<br />

Rundschau“. Der Einfluss auf die öffentliche<br />

Meinung durch die Minderheitsbeteiligungen<br />

an regionalen Blättern erscheint aber als<br />

keinesfalls beherrschend. Dennoch sollte die<br />

SPD alles unternehmen, um durch absolute<br />

Transparenz ihrer Beteiligungen keinen falschen<br />

Anschein der Manipulation erwecken zu<br />

können.<br />

Insgesamt besteht die Finanzierung der SPD also<br />

aus zwei eigenen Quellen, Mitgliedsbeiträge und<br />

Eigenvermögen, sowie aus zwei externen<br />

Quellen, Spenden und staatliche Zuschüsse. Ein<br />

solcher Finanzierungsmix ist für eine demokratische<br />

Partei sicher wünschenswert, um nicht in<br />

zu große Abhängigkeit entweder von staatlichen<br />

Zuschüssen oder von externen Spendern zu geraten.<br />

Die Spenden sind aber immer die problematischste<br />

Finanzierungsquelle von Parteien<br />

weltweit. Die SPD hat hier relativ wenig Großspenden<br />

zu verzeichnen, auch Spenden von juristischen<br />

Personen, Unternehmen oder Verbänden,<br />

sind nicht sehr häufig. Da „Einflussspenden“,<br />

die an Korruption denken lassen,<br />

generell verboten sind, sollte man Großspenden<br />

über einer bestimmten Summe völlig verbieten,<br />

da hier nicht davon ausgegangen werden kann,<br />

dass ein Einfluss intendiert ist. Die Rechtsprechung<br />

und die Gesetzgebung sind dem aber bisher<br />

nicht gefolgt.<br />

8. Fazit<br />

Die Parteiorganisation der SPD ist immer wieder<br />

in ihrer langjährigen Geschichte reformiert<br />

worden, zuletzt ab dem Jahre 2000. Dabei zeigt<br />

sich, wie peripher die Bedeutung der internen<br />

Parteiorganisation auf die öffentliche Akzeptanz<br />

einer Partei ist. Man kann nicht abstreiten, dass<br />

die SPD dem Typus einer modernen Mitgliederpartei<br />

durchaus entspricht. Im Übrigen hat die<br />

CDU/CSU diesen Typus der Parteiorganisation<br />

in den letzten Jahrzehnten sehr erfolgreich adoptiert<br />

und adaptiert. Aber auch wenn die Protagonisten<br />

in der Parteiorganisation häufig glauben,<br />

Organisation sei alles, so werden sie doch<br />

von der Realität eines Besseren belehrt. Wie<br />

auch immer die SPD sich in den letzten Jahren<br />

intern modernisiert und reorganisiert hat, an ihrer<br />

nachlassenden öffentlichen Attraktivität hat<br />

dies nichts geändert. Das gilt besonders für ihre<br />

Unfähigkeit, Wähler und Aktivisten in Wahlkämpfen<br />

tatsächlich zu mobilisieren, zu motivieren<br />

und zu aktivieren. Die SPD leidet<br />

besonders unter Wahlenthaltungen breiter<br />

Schichten, gerade aus ihren Stammwählerzielgruppen.<br />

Organisation ist eben nicht alles, sondern<br />

nur ein Vehikel, das politische Inhalte und<br />

Botschaften transportieren muss, um die Menschen<br />

zu aktivieren. Aus der Sicht des Jahres<br />

2004 scheint es aber hier der SPD gravierend zu<br />

mangeln. Auch sind ihre Organisationsreformen<br />

zu hektisch. Dem Konzept der Netzwerkpartei<br />

des Bundesgeschäftsführers Matthias Machnig<br />

folgt mit dem neuen Bundesgeschäftsführer<br />

Karl-Josef Wasserhövel seit Frühjahr 2004 nun<br />

das Konzept der „modernen Mitgliederpartei“.<br />

Dieses Konzept soll weniger modernistisch und<br />

modisch sein, dafür realistisch und organisationsverbunden.<br />

Vor lauter Sorge nirgendwo<br />

anzuecken, ist dieses neue Konzept allerdings<br />

auch recht inhaltsarm und blutleer. Ein Ausweg<br />

aus der Zwickmühle des erfolgreichen Scheiterns<br />

ist deshalb noch lange nicht in Sicht.<br />

Literatur<br />

Alemann, Ulrich von (2003): Der Zittersieg der<br />

SPD. Mit einem blauen und einem grünen Auge<br />

davon gekommen. In: Niedermayer (2003)<br />

Alemann, Ulrich von (2003): Das Parteiensystem<br />

der Bundesrepublik Deutschland. Opladen:<br />

Leske und Budrich<br />

Alemann, Ulrich von/Marschall, Stefan (2002):<br />

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