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Aufsätze Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth - Die Parteiorganisation der SPD MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
möglichkeiten – entweder in Form frei zugänglicher<br />
Angebote, die auch für Nicht-Mitglieder<br />
und die politischen Wettbewerber einzusehen<br />
sind oder aber über exklusive und durch<br />
Zugangsbeschränkungen gesicherte Bereiche<br />
wie beispielsweise das Intranet. Neben diesen<br />
Möglichkeiten der Information und Diskussion<br />
ist die online-Mitgliedschaft ein weiterer Baustein<br />
in der neueren Struktur der innerparteilichen<br />
Willensbildung innerhalb der SPD. Als<br />
Beispiel sei der Virtuelle Ortsverein der SPD<br />
(VOV) genannt, der im Jahr 1995 gegründet<br />
wurde und ausschließlich als virtuelles Forum<br />
dient. Teilnehmer sind SPD-Mitglieder in der<br />
Bundesrepublik Deutschland sowie Sozialdemokraten<br />
im Ausland, die nicht an einem Ortsverein<br />
teilnehmen können. Darüberhinaus können<br />
an diesem Angebot auch Nicht-Mitglieder partizipieren,<br />
die sich mit den Zielen der SPD und<br />
des VOV identifizieren ( S. Marschall 2001: 43).<br />
In der SPD haben sich neben den bisherigen<br />
klassischen Wegen über die Ebenen der realen<br />
Organisationsstruktur neue, elektronisch-kommunikative<br />
Formen der innerparteilichen<br />
Diskussion und damit auch der Willensbildung<br />
herausgebildet. Personen, die bislang von der<br />
Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit keinen Gebrauch<br />
gemacht haben, können sich unter<br />
veränderten Rahmenbedingungen in den<br />
Diskussionsprozess einbringen und ihn mitgestalten.<br />
Austausch und Diskurs in der SPD<br />
passiert auch auf der virtuellen Ebene. Inwiefern<br />
diese erweiterten Partizipationschancen für die<br />
Moderation zentraler Willensbildungsprozesse<br />
in der Zukunft eine Bedeutung haben und zur<br />
Verteilung von Machtpotenzialen innerhalb der<br />
SPD führen, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />
im Einzelnen nicht empirisch nachvollzogen<br />
werden.<br />
5. Nachwuchsrekrutierung<br />
Wie andere Parteien auch hat die SPD seit der<br />
Hochzeit der Mitgliederzahlen in den 70er und<br />
80er Jahren einen enormen Verlust von Mitgliedern<br />
zu verzeichnen. Hatte die SPD 1977 noch<br />
1.006.316 Mitglieder so liegt die Anzahl der<br />
Mitglieder 2004 nur noch bei 628.508 Diese<br />
10<br />
Zahlen, die zwar auf den ersten Blick dramatisch<br />
wirken, wären alleine noch nicht ausschlaggebend,<br />
um von einer Mitgliederkrise der SPD zu<br />
sprechen. Blickt man jedoch auf die innerparteilichen<br />
Folgen dieser Entwicklung, kann doch<br />
von ernsthaften Problemen gesprochen werden<br />
(O. Gabriel/O. Niedermayer 2001: 274). Seit der<br />
Hochkonjunktur der Parteieintritte in den 70er<br />
Jahren bleiben die neuen Mitglieder heute<br />
aus. 1975 bestand die SPD noch zur Hälfte aus<br />
Neumitgliedern, die erst seit 1969 eingetreten<br />
waren. Dieser Gesamtanteil ging aber im Zuge<br />
der in den 70er Jahren beginnenden Nachwuchsebbe<br />
stetig zurück (E. Wiesendahl 2003:<br />
30). Dies lässt auf einen Mangel an Organisations-<br />
und Rekrutierungsfähigkeit der SPD<br />
schließen.<br />
Die Partei hat sich von der Mitgliederschwemme<br />
blenden lassen und verpasst, nachhaltige Strategien<br />
für eine zukünftige Nachwuchsrekrutierung<br />
zu entwickeln. Die Folgen dieser verpassten<br />
Chance sind heute mehr als deutlich spürbar.<br />
Nimmt man die Entwicklung des sozialdemokratischen<br />
Jungmitgliederanteils zur Hand, so ist<br />
prozentual gesehen keine Partei bei den jungen<br />
Leuten so out wie die SPD. Dieser Trend macht<br />
unter anderem auch die stetige Verschiebung der<br />
Altersanteile in der Mitgliedschaft der SPD hin<br />
zu den älteren Jahrgängen ohne Gewinnung neuer<br />
junger Menschen für die Sozialdemokratie<br />
deutlich. Ein unausweichlicher Überalterungsprozess<br />
ist die Folge. Bei der SPD vermehrte<br />
sich zwischen 1975 und 2003 die Altersgruppe<br />
der über 60jährigen von 17,1 Prozent auf 42,23<br />
Prozent, während der Anteil der Mitglieder bis<br />
34 Jahre im gleichen Zeitraum von 30,3 Prozent<br />
auf 7,99 Prozent zurückging. 2<br />
Verlieren alle Parteien - mit Ausnahme der<br />
FDP bei der jungen Generation, hat doch die<br />
SPD die massivsten Verluste in dieser Gruppe<br />
zu verzeichnen. Der Mitgliederstamm der SPD<br />
besteht heute zum größten Teil aus der Generation,<br />
die in den 70er Jahren zu ihr fand und die<br />
dann aufgrund des fehlenden Nachwuchses geschlossen<br />
unter sich blieb (E. Wiesendahl 2003:<br />
33). Die SPD gilt heute als „Verein von<br />
2 Zahlen basieren auf Angeben der SPD.