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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
6. Wahlrecht<br />
Das BVerfG 0 beschäftigte sich mit der Organklage,<br />
ob die Beibehaltung der 5-%-Klausel bei<br />
einer Kommunalwahl in Schleswig-Holstein<br />
gegen die Chancengleichheit verstoße. Die<br />
Klage wurde wegen Fristversäumung abgewiesen<br />
mit der Begrünung, dass die Frist auch<br />
dann eingreift, wenn ein Gebot fortdauernd nicht<br />
befolgt wird. Demnach wird eine Frist spätestens<br />
dadurch in Lauf gesetzt, dass der Gesetzgeber<br />
sich endgültig weigert tätig zu werden. Auch<br />
diesmal ließ es dabei offen, ob ein gesetzgeberisches<br />
Unterlassen ein zulässiger Antragsgegenstand<br />
eines Organstreits sein kann.<br />
Der BerlVerfGH 0 hatte die Frage zu entscheiden,<br />
ob durch das Festhalten an einem<br />
Stimmenquorum bei verkürzten Fristen die<br />
Chancengleichheit verletzt wird. Dies lehnte es<br />
ab, da nur die faktische Möglichkeit zähle<br />
Stimmen zu sammeln und diese Möglichkeit im<br />
vorliegenden Fall durch die Verkürzung der Frist<br />
nicht beeinträchtigt war. Der Einwand der Klägerin,<br />
sie sei bis 3 Tage vor dem Einreichungstermin<br />
keine Partei gewesen greift nicht durch,<br />
da sie trotzdem die faktische Möglichkeit hatte<br />
die nötigen Stimmen für das Erreichen des<br />
Quorums zu sammeln.<br />
Das BVerwG 0 entschied, dass es unzulässig sei<br />
gemeinsame, fraktionsübergreifende Listen zum<br />
Nachteil anderer Fraktionen bei der Besetzung<br />
von Ausschüssen zu bilden. Zur Begründung<br />
führte es aus, dass durch dieses Verhalten<br />
Bundesrecht in Form des Art. 28 I GG verletzt<br />
worden sei. Diese Norm erfordere, dass jeder<br />
Ausschuss das Abbild des Plenums wiedergeben<br />
müsse und nicht ein Bild von rechnerischen Zahlenverhältnissen.<br />
Eine gemeinsame Liste sei<br />
auch nicht Ausdruck eines freien Mandats. Weiterhin<br />
habe jede Fraktion Anspruch auf Berücksichtigung<br />
nach ihrer Mitgliederzahl. Eine Überrepräsentation<br />
der Kleinen werde dabei schon<br />
0 Beschluss vom 11.03.2003 – 2 BvK ½ - in: NVwZ<br />
2003, S. 1372.<br />
0 Beschluss vom 24.01.2003 – VerfGH 155/01 – in:<br />
NVwZ-RR 2003, S. 466-468.<br />
0 Urteil vom 10.<strong>12</strong>.2003 – 6 B 68/02 – in: NVwZ 2004,<br />
100<br />
S. 621.<br />
dadurch ausgeschlossen, dass der Landesgesetzgeber<br />
mathematische Verfahren für die Verteilung<br />
festsetzen dürfe. Der Einwand der Berufung,<br />
dass die Norm eine solche Listenverbindung<br />
nicht ausdrücklich ausschließe kann<br />
nicht durchgreifen, da eine verfassungskonforme<br />
Auslegung geboten ist, die eine solche Verbindung<br />
verbietet. Eine Anrufung des BVerfG<br />
wurde ausgeschlossen.<br />
In einem anderen Verfahren wies das BVerwG 0<br />
eine Klage mit dem Hinweis, dass das Urteil des<br />
VGH Kassel zur Gültigkeit einer Oberbürgermeisterwahl<br />
nicht gegen Bundesrecht verstoße,<br />
ab. Das Urteil sei mit dem Bundesrecht<br />
vereinbar, da dieses die Freiheit und Gleichheit<br />
der Wahl schütze. Die Entscheidung des<br />
BVerfG 0 stelle keinen allgemeinen bundesrechtlichen<br />
Wahlgrundsatz mit dem Inhalt auf, dass<br />
eine Wahl nur ungültig sei, wenn die Weiterführung<br />
unerträglich wäre. Der Landesgesetzgeber<br />
habe insoweit bei der Beurteilung im kommunalen<br />
Wahlprüfungsverfahren Spielräume. Eine<br />
niedrigere Schwelle der Ungültigkeit sei durchaus<br />
gerechtfertigt, da der Bestandsschutz des<br />
Parlamentes höher sei als der eines Oberbürgermeisters.<br />
Das VGH Kassel 0 entschied zum diesem Thema,<br />
dass eine Wahl trotz Unregelmäßigkeiten<br />
gültig sei, wenn die Unregelmäßigkeiten nicht<br />
Mandatsrelevant seien. Weiterhin führte es aus,<br />
dass die Beteiligung eines Oberbürgermeisters<br />
an Wahlveranstaltungen in nicht-amtlicher<br />
Eigenschaft keine unzulässige Wahlbeeinflussung<br />
darstelle.<br />
Das VG Weimar 0 entschied mit nicht<br />
rechtskräftigem Urteil, dass die ehemalige MfS-<br />
Tätigkeit eines Bürgermeisters keinen<br />
zwingenden Grund für die Ungültigkeitserklärung<br />
einer Wahl darstellt. Insoweit fehle es an<br />
einer Rechtsgrundlage. Eine Anwendung von<br />
0 Urteil vom 08.04.2003 – 8 C 14/02 – in: NVwZ 2003,<br />
S. 983.<br />
0 BVerfGE 103, 111.<br />
0 Urteil vom 10.07.2003 – 8 UE 2947/01 – in: NVwZ-<br />
RR 2004, S. 58 = KommJur 2004, S. 21-24 = DVBl<br />
2004, S. 451.<br />
0 Urteil vom 26. 3. 2003 - 6 K 654/02 – in: LKV 2004,<br />
S. 94 ff.