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MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
als gemeinsamem Ausschuss von Bundestag und<br />
Bundesrat nicht. Das vom Bundestag zur Klärung<br />
der Problematik angewandte und in der<br />
GO-BT festgeschriebene Verfahren hatte nun<br />
dazu geführt, dass die Spiegelbildlichkeit der<br />
Abbildung des Bundestages nurmehr eingeschränkt<br />
gegeben war. Das Gericht hielt dies zunächst<br />
für vorläufig zulässig, verpflichtete den<br />
Bundestag jedoch neu und unter Ausleuchtung<br />
aller Möglichkeiten ein Modell herzustellen, das<br />
der Spiegelbildlichkeit mehr entspricht und<br />
räumten insoweit dem Spiegelbildlichkeitsprinzip<br />
höheren Wert als der Darstellung der<br />
Kanzlermehrheit ein. In ihrem concurring vote<br />
hoben die Richterin Osterloh und der Richter<br />
Gerhardt hervor, dass sie eine solche Abwägung<br />
zugunsten der Spiegelbildlichkeit insbesondere<br />
wegen des Grundsatzes der Parlamentsautonomie<br />
nicht mittragen können, jedoch all Möglichkeiten<br />
eines schonenden Ausgleichs nicht für<br />
ausgeschöpft halten. Die Richterin Lübbe-Wolff<br />
dissentierte, da sie durch das gewählte Verfahren<br />
die Fraktion von Bundnis`90/Die Grünen einzig<br />
als diskriminiert ansah, nicht jedoch die Antragsteller.<br />
0<br />
Das BbgVerfG 0 entschied, dass bei Fragen des<br />
Fraktionsausschlusses die Entscheidungskompetenz<br />
des Gerichts eingeschränkt sei und nur die<br />
formalen Voraussetzungen eines solchen Ausschlusses<br />
voll nachprüfbar seien, während der<br />
Fraktion bei der Frage des Zufügens eines<br />
schweren Schadens durch den Auszuschließenden<br />
ein weiter Beurteilungsspielraum<br />
zustehe. Es übernahm mithin die für den Parteiausschluss<br />
bestehenden Standards der ordentlichen<br />
Gerichte.<br />
Das MVVerfG 0 stellte im Zusammenhang mit<br />
einem Fraktionsausschluss fest, dass zu diesem<br />
jedenfalls ein geordnetes Verfahren nötig sei, in<br />
dem der Auszuschließende gehört wird. Es<br />
stellte die Möglichkeit des automatischen Ausschlusses<br />
bei Verlust der Parteimitgliedschaft in<br />
0 Zur Kritik des Urteils vgl. J. Lang, Spiegelbildlichkeit<br />
vs. Mehrheitsprinzip?, in: NJW <strong>2005</strong>, 189 ff.<br />
0 Beschluss vom 16.10.2003 – VfGBbg 4/03-, in:<br />
NVwZ-RR 2004, 161 ff.<br />
0 Urteil vom 27.05.2003 – LVerfG 10/02 -, in: LKV 516<br />
ff.<br />
Frage und ließ offen, inwieweit das Gericht das<br />
Vorliegen von Ausschlussgründen nachprüfen<br />
kann. Jedenfalls aber sei ein automatischer Ausschluss<br />
unzulässig, solange die Frage der<br />
Parteimitgliedschaft eines Abgeordneten nicht<br />
abschließend geklärt sei.<br />
Das OVG Lüneburg 0 machte deutlich, dass den<br />
Parlamentsfraktionen als Teil des Staates nicht<br />
die Grundrechte aus Art. 5 I, 8 I GG zustehen.<br />
Es äußerte sich kritisch zur Frage, ob eine öffentliche<br />
Fraktionssitzung, soweit sie während<br />
eines CASTOR-Transportes die unmittelbare<br />
Nähe der Transportstrecke sucht noch als zulässige<br />
Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion zu<br />
gelten habe, ließ dies aber letztlich mit der Begründung<br />
offen, dass diese Sitzung höchstwahrscheinlich<br />
in eine Versammlung i.S.d. Art. 8 I<br />
GG umgeschlagen wäre, die Fraktion jedoch<br />
kein Recht zur Veranstaltung einer solchen habe.<br />
Das VG Magdeburg 0 stellte klar, dass in<br />
Sachsen-Anhalt die Abberufung eines Mitglieds<br />
einer kommunalen Fraktion aus einem Ausschuss<br />
nur gestützt auf einen wichtigen Grund<br />
möglich ist. Solche sind nicht die Behauptung<br />
der fehlerhaften Ladung des Gemeinderats, das<br />
Verlassen der Gemeinderatssitzung und das einmalige<br />
Ablehnen eines von der Fraktion mitgetragenen<br />
Beschlusses durch den Abzuberufenden.<br />
Diese vermochten nicht eine Zerrüttung<br />
des Vertrauensverhältnisses zwischen<br />
dem Abzuberufenden und der Fraktion zu begründen.<br />
Das VG Oldenburg 0 stellte fest, dass die Bildung<br />
von Gruppen aus verschiedenen Fraktionen<br />
im kommunalen Rat nach niedersächsischem<br />
Landesrecht zulässig ist und sich auch auf die<br />
Besetzung der Ausschüsse auszuwirken hat.<br />
Eine Ausnahme soll nur für Zählgemeinschaften<br />
gelten, die keine verstärkte Form politischen Zusammenwirkens<br />
darstellen, sondern sich nur um<br />
der Ausnutzung rechnerischer Vorteile willen<br />
zusammenschließen.<br />
Thilo Streit<br />
0 Urteil vom 21.09.2004 – 11 LC 290/03.<br />
0 Beschluss vom 25.06.2003 – 9 B 400/03-, in: LKV<br />
2004, 140 ff.<br />
0 Beschluss vom 31.08.2004 – 2 B 2197/04.<br />
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