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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
dem unaufgeforderten Verschicken eines<br />
„Newsletters“ einer politischen Partei ohne Zustimmung<br />
per e-mail um unzulässige Werbung<br />
handelt. Das AG Rostock sah in der Übersendung<br />
von „Newslettern“ Werbung, da die<br />
Partei mit solchen über ihre Aktivitäten und<br />
Ziele informiert. Weiterhin stellte es fest, dass<br />
Zusendung von Werbung ohne Zustimmung<br />
oder vermutetes Einverständnis einen Eingriff in<br />
das Persönlichkeitsrecht des Empfängers darstelle.<br />
Dem Einwand der Partei, persönlich<br />
adressierte Werbebriefe seinen zulässig, folgte<br />
das AG Rostock nicht, mit der Begründung,<br />
dass solche Werbebriefe vom Empfänger sofort<br />
als Werbung identifiziert und ohne größere Kosten<br />
aussortiert werden könnten. Auch lehnte das<br />
AG Rostock den Einwand der Partei ab, der Antragsteller<br />
müsse der Zusendung widersprechen.<br />
Dies geschah mit der Begründung, dass eine unzulässige<br />
Handlung nicht dadurch rechtmäßig<br />
werde, dass die Rechtsgutsverletzung durch<br />
Abwehrmaßnahmen hätten verhindert werden<br />
können. Auch die Tatsache, dass es sich um eine<br />
Partei handele, ändere nichts an der Rechtswidrigkeit.<br />
Bei der Versendung von E-Cards fungierte<br />
die Partei nach Auffassung des AG Rostock<br />
zumindest als mittelbare Störerin. Ihr obliege<br />
es die Versendung von E-Cards von ihrer<br />
Homepage auf Dauer zu beseitigen, soweit nicht<br />
sichergestellt werden könne, dass ein Einverständnis<br />
des E-Card-Empfängers vorliege. Die<br />
Partei erhob hierauf Beschwerde zum LG Rostock.<br />
Die Beschwerde wurde mit dem Hinweis<br />
abgelehnt, dass der Wert des<br />
Beschwerdegegenstandes € 600 nicht übersteige<br />
und eine Berufung auch nicht durch das AG Rostock<br />
zugelassen wurde. Damit ist das Urteil des<br />
AG Rostock rechtskräftig.<br />
Das OVG Bremen 0 hatte die Frage zu entscheiden,<br />
ob eine neugegründete Partei einen<br />
Anspruch auf Teilnahme in einer Wahlsendung<br />
habe. Dies lehnte es mit der Begründung ab,<br />
dass das Gebot der Gleichbehandlung der Parteien<br />
keine formale Gleichbehandlung aller Parteien<br />
fordere, sondern nur nach dem Prinzip der<br />
abgestuften Chancengleichheit zu berück<br />
0 Beschluss vom 20.5.2003, NVwZ-RR 2003, S. 651-<br />
98<br />
653.<br />
sichtigen seien. Voraussetzung für eine<br />
Beschränkung sei jedoch ein redaktionelles Gesamtkonzept<br />
in dem sich alle Parteien ausreichend<br />
Publizität verschaffen könnten Dem Einwand<br />
der Partei, sie müsse so behandelt werden,<br />
wie eine Partei die seit Anfang der Legislaturperiode<br />
in der Bremischen Bürgschaft war, folgte<br />
das OVG Bremen deshalb nicht, da es die Partei<br />
selbst bis dahin nicht als parlamentarische Kraft<br />
in Erscheinung getreten sah.<br />
Zur Rechtsvergleichung sei hier, wie schon in<br />
den <strong>Heft</strong>en zuvor, auf die Rechtsprechung des<br />
OGH Wien 0 zum Thema Persönlichkeitsschutz<br />
verwiesen. Weiterhin entschied der OGH<br />
Wien 0 , dass, soweit politische Parteien im Bereich<br />
der politischen Auseinandersetzung<br />
bleiben, sie keiner zu wirtschaftlichen Zwecken<br />
ausgeübten Tätigkeit nachgehen. In demselben<br />
Beschluss entschied er, dass Äußerungen eines<br />
Politikers in einem Mittelungsblatt seiner Parteiorganisation<br />
Teil der politischen Auseinandersetzung<br />
seien. Als letztes entschied er, das<br />
politisch verbrämte Äußerungen im Zweifel<br />
Wertungen sind und meinungsbildend wirken<br />
sollen.<br />
5. Parteien und Parlamentsrecht<br />
Julia Figura<br />
Das BVerfG 0 hatte sich mit der Frage der<br />
Besetzung der Bundestagsbank im Vermittlungsausschuss<br />
von Bundestag und Bundesrat<br />
auseinander zu setzen. Die knappen Mehrheitsverhältnisse<br />
im Bundestag hatten hier dazu geführt,<br />
dass Regierungs- und Oppositionsfraktionen<br />
mit einer gleichen Anzahl von Sitzen ausgestattet<br />
wären, wenn an den klassischen Berechungsmethoden<br />
festgehalten worden wäre.<br />
Während dieses Problem in den Bundestagsausschüssen<br />
durch entsprechende Vergrößerung der<br />
Ausschüsse Rechnung getragen werden kann,<br />
um die Kanzlermehrheit abzubilden, besteht<br />
diese Möglichkeit beim Vermittlungsausschuss<br />
0 Beschluss vom 20.03.2003 - 6 Ob 287/02b - in: MuR<br />
2003, S. 92 ff.<br />
0 Beschluss vom 25.03.2003 - 4 Ob 52/03f - in: MuR<br />
2003, S. 380.<br />
0 Urteil vom 08.<strong>12</strong>.2004 – 2 BvE 3/02, in: NJW <strong>2005</strong>,<br />
203 ff.