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Aufsätze Ulrich v. Alemann/Thelse Godewerth - Die Parteiorganisation der SPD MIP 2004/<strong>2005</strong> <strong>12</strong>. Jahrgang<br />
schaft gezeitigt haben (U. von Alemann 2003:<br />
148). Immerhin hatten die Jungsozialisten in den<br />
70er Jahren bereits die sogenannte „Doppelstrategie“<br />
erfunden, bei der es darum ging,<br />
gleichberechtigt in Partei und Gesellschaft aktiv<br />
zu werden.<br />
Wie alle etablierten Parteien verfügt auch die<br />
SPD mit der Friedrich-Ebert-Stiftung über eine<br />
bedeutende parteinahe Institution, zu deren Aufgaben<br />
unter anderem die Schulung des Nachwuchses,<br />
die politische Bildung, die Studienförderung<br />
und die internationale Arbeit mit<br />
befreundeten Organisationen zählen. Sie ist aber<br />
formal unabhängig von der Partei und finanziert<br />
sich zum größten Teil aus eigenen staatlichen<br />
Zuwendungen.<br />
Um über die vertikale und horizontale Parteiorganisation<br />
hinaus frühzeitig gesellschaftliche<br />
Probleme zu erkennen und die relevanten gesellschaftlichen<br />
Gruppen angemessen einzubinden,<br />
hat die SPD in den vergangenen Jahren verstärkt<br />
„Netzwerke“ aufgebaut. Mit diesem modischen<br />
Begriff wird nichts anderes als die alte Doppelstrategie<br />
wieder aufgegriffen, um sich in Partei<br />
und Gesellschaft gleichermaßen zu verankern.<br />
Wichtiges Expertenwissen rasch zu erlangen und<br />
es für die politische Arbeit nutzbar zu machen,<br />
sind die Charakteristika dieser eben nicht so<br />
ganz neuen Strategie. Netzwerke sind dadurch<br />
zu einem wichtigen Element in der SPD geworden,<br />
und sie geben der Partei die Chance, im<br />
Mittelpunkt eines breiten gesellschaftlichen<br />
Diskurses zu stehen, um dadurch die eigene Entscheidungsfindung<br />
und die Formulierung von<br />
Politik abzusichern. Die Integration von Netzwerken<br />
in die politische Arbeit hat unter Beteiligung<br />
der SPD zu einer Vielzahl von Ausprägungen<br />
geführt, die sich in Anlehnung an Machnig<br />
(M. Machnig 2001: 113) wie folgt zusammenfassen<br />
lassen:<br />
8<br />
- Kompetenznetzwerke beraten politische<br />
Entscheidungsträger in komplexen<br />
Sachfragen (z.B. Deutscher<br />
Ethikrat, Zuwanderungskommission);<br />
- Konsensnetzwerke haben die Aufgabe,<br />
miteinander konkurrierende<br />
Akteure zusammenzuführen (z.B.<br />
Bündnis für Arbeit);<br />
- Diskursnetzwerke organisieren das<br />
Interesse an einzelnen Themen (z.B.<br />
SPD-Foren zu Ostdeutschland,<br />
Kultur oder Familie);<br />
- Generationennetzwerke bündeln die<br />
Anliegen bestimmter Altersgruppen<br />
(z.B. Netzwerk 2010);<br />
- Multiplikatorennetzwerke integrieren<br />
bestimmte Zielgruppen in die Ausrichtung<br />
und Zielsetzung der SPD-<br />
Politik (z.B. Gesprächskreise bei Gewerkschaften<br />
und Arbeitgebern).<br />
(kritisch zur Netzwerktheorie vgl. von<br />
Alemann/Strünck/Wehrhöfer 2001)<br />
Sämtliche Netzwerke haben zur Aufgabe, die<br />
SPD in den Dialog mit den relevanten gesellschaftlichen<br />
Gruppen zu bringen und hierbei<br />
einerseits deren Probleme und Sichtweisen aufzunehmen,<br />
andererseits aber auch Optionen und<br />
Handlungsalternativen zu vermitteln. Somit hat<br />
die SPD ihre klassische vertikale und horizontale<br />
Organisationsstruktur in den vergangenen<br />
Jahren durch eine ambitionierte Netzwerk-<br />
Arbeit ergänzt, um auf unterschiedlichen Ebenen<br />
Kompetenzen von Nicht-Mitgliedern einzubinden<br />
und entsprechende Interessen- und Wählerkoalitionen<br />
organisieren zu können. Trotzdem<br />
sinkt die Migliederzahl scheinbar unaufhaltsam<br />
weiter und die Wahl- und Umfragedaten der<br />
SPD fallen ins Bodenlose – auch ein Beispiel für<br />
erfolgreiches Scheitern.<br />
4. Moderation des Willensbildungsprozesses<br />
Wie in anderen Parteien auch wird die Organisationsstruktur<br />
der SPD einerseits von ihrer mitgliedschaftlichen<br />
Basis geprägt und andererseits<br />
durch eine, im Vergleich zur Basis zahlenmäßig<br />
geringen Anzahl hauptberuflicher Funktionäre<br />
repräsentiert. Etwas stärker differenziert bedeutet<br />
dies, dass auch in der SPD eine Organisationspyramide<br />
existiert, die mindestens fünf<br />
Etagen aufweist: