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Heft 2 Zeitschrift des Heimatkundekreises Nov. 88

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Kathi Thaler weiß davon auch noch zu berichten:<br />

Der Tod vom Dolllfuß hat uns alle so erschüttert, es war, als wenn ein eigener Familienangehöriger<br />

gestorben wäre. In Bregenz war eine Trauerkundgebung in der Kirchstraße und<br />

am Leutbühel. Überall und in allen Fenstern brannten Lichter, man übertrug die ganzen<br />

Trauerkundgebungen im Radio. Einige Leute haben wir gesehen, die geweint haben. Uns<br />

allen war wirklich zum Weinen, weil wir gespürt haben, daß wir einen Vater verloren<br />

haben. Dadurch haben wir keine Hoffnung mehr gehabt, daße es besser werden könnte.<br />

Die Beerdigung von Dollfuß war eine große Kundgebung, die wir nie vergessen werden.<br />

Ich kann es darum überhaupt nicht verstehen, wenn man heute nur über ihn schimpft. Von<br />

uns aus gesehen war er damals die beste Lösung, daß man die ganze Sache retten könnte,<br />

wenn alle anderen Parteien mitgemacht hätten. Genauso wie auch nach dem Krieg, da<br />

haben alle zusammengehalten und es ist wirklich ein Aufbau zustandegekommen. Wenn<br />

es damals so gewesen wäre, glaube ich. es wäre einfach anders gekommen.<br />

Die Dollfuß-Kundgebung — Feldkirch Juni 1934<br />

Die oben zitierten Interviewpassagen aber auch der Aufruf der Vaterländischen Front «An<br />

die Bevölkerung von Wolfurt» verdeutlichen, daß durch die damals gezielt erfolgte Informationspolitik,<br />

die beiden, so stark im Bewußtsein verankerten Ereignisse («Tausend-<br />

Mark-Sperre» und das Dollfuß-Attentat), sicher teilweise überbewertet worden sind.<br />

Die zunehmende NS-Bewegung wurde vom Volksblatt, nachstehender Zeitungsbericht<br />

ist ein Beispiel dafür, laufend unter Beschuß genommen.<br />

Aber auch von den wirklich Getreuen der Vaterländischen Front in der Gemeinde wurde<br />

diese Entwicklung — die Interviews bringen dies zum Ausdruck — mit kritischer Ablehnung<br />

aber auch mit Angst verfolgt.<br />

46<br />

Kathi Thaler weiß dies noch so in Erinnerung:<br />

Ich habe durch meinen Bruder meine ersten Informationen überhaupt über den Nationalsozialismus<br />

erhalten, aber eine genaue, wie ich dann erst später festgestellt habe. Er war<br />

Theologiestudent zuerst in Brixen und dann in Innsbruck. Wir haben einen SA-Mann in<br />

einer Uniform gesehen und auf meine Frage, was dies für eine Uniform sei, hat er uns<br />

lange darüber erzählt, was die vorhaben, daß Hitler eben, ähnlich wie Napoleon, ganz<br />

Europa unter seine Herrschaft bringen möchte, daß er gegen die kath. Religion und vor<br />

allem gegen die Juden sei. Dadurch bin ich von allem Anfang an eine klare Gegnerin<br />

gewesen.<br />

Und Gertrud Feldmann dazu:<br />

Ich war erstmals sommerschullos und im Gasthaus Engel als Aushilfe. Da waren schon<br />

öfters heimliche SA-Veranstaltungen im Gasthaus Engel, ich kann mich an die Zeit als junges<br />

Mädchen noch gut erinnern, ich bin noch in Wolfurt zur Schule gegangen. Nur habe<br />

ich dies zu jener Zeit noch nicht richtig erfaßt. Ich hatte damals schon Angst und habe<br />

gespürt, daß dies etwas sei, was nicht recht ist.<br />

Andere allerdings erhofften sich eine badige Besserung durch das Anwachsen <strong>des</strong> Nationalsozialismus<br />

und seine spätere Machtübernahme.<br />

47

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