Internationales Vertriebsmanagement für Industriegüter
Internationales Vertriebsmanagement für Industriegüter
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<strong>Internationales</strong> <strong>Vertriebsmanagement</strong> <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong><br />
- Handlungsimplikationen aus dem Blickwinkel<br />
internationaler Tochtergesellschaften und Vertretungen<br />
D I S S E R T A T I O N<br />
der Universität St. Gallen,<br />
Hochschule <strong>für</strong> Wirtschafts-,<br />
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)<br />
zur Erlangung der Würde eines<br />
Doktors der Wirtschaftswissenschaften<br />
vorgelegt von<br />
Christian Schmitz<br />
aus<br />
Deutschland<br />
Genehmigt auf Antrag der Herren<br />
Prof. Dr. Christian Belz<br />
und<br />
Prof. Dr. Torsten Tomczak<br />
Dissertation Nr. 3109<br />
Lithofactory, Bonn 2005
Die Universität St.Gallen, Hochschule <strong>für</strong> Wirtschafts-, Rechts-<br />
und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung<br />
der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen<br />
Anschauungen Stellung zu nehmen.<br />
St. Gallen, den 30. Juni 2005<br />
Der Rektor:<br />
Prof. Ernst Mohr, PhD
Meinen Eltern<br />
Bernhard und Hedwig Schmitz
Vorwort<br />
Internationale Vertriebspartner erzielen <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller heutzutage häufig<br />
mehr als 90 Prozent des jährlichen Umsatzes. Die Professionalität, die Motivation und<br />
die Zufriedenheit der Vertriebspartner vor Ort sind deshalb <strong>für</strong> Herstellerunternehmen<br />
von entscheidender Bedeutung. Angesichts verschärfter internationaler Wettbewerbsbedingungen<br />
und der zunehmenden Professionalität in der Einkaufsorganisation der<br />
Kunden stehen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem<br />
Masse auf dem Prüfstand.<br />
Die vorliegende Dissertation untersucht, welche Strategien und Massnahmen Herstellern<br />
zur Verfügung stehen, um die interne Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation<br />
zu gestalten. Dazu wurden Komponenten, Wirkungen und Determinanten der<br />
„Channel Member Satisfaction“ analysiert. Die Arbeit setzt an einem konkreten Problem<br />
der betriebswirtschaftlichen Praxis an und versucht dieses mit Hilfe wissenschaftlicher<br />
Theorien und Methoden zu erklären sowie Ansätze zu dessen Lösung zu entwickeln.<br />
Damit wurde dem realitätsorientierten Forschungsansatz gefolgt, der fordert,<br />
eine Brücke zwischen „praktischer Relevanz“ und „wissenschaftlicher Rigourness“ zu<br />
schlagen.<br />
Das vorliegende Werk wurde im Juni 2005 als Dissertation an der Universität St.Gallen<br />
angenommen und entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel. Mein aufrichtiger Dank gilt einer Reihe von Personen,<br />
die einen unmittelbaren Beitrag zu dieser Arbeit geleistet und mich unterstützt<br />
haben.<br />
Meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Belz danke ich sehr <strong>für</strong> die wertvolle<br />
fachliche Unterstützung und seine stets positive, motivierende und konstruktive Zusammenarbeit<br />
während der letzten drei Jahre, die ich am Institut <strong>für</strong> Marketing und<br />
Handel verbracht habe. Durch seine fortwährende Beharrlichkeit in der Frage nach der<br />
Praxisrelevanz hat er mich zu vielen Überlegungen angeregt, die die gesamte Konzeption<br />
meiner Arbeit sowie die Wahl von Methoden beeinflusst haben. Ebenso bedanke<br />
ich mich bei Professor Dr. Torsten Tomczak <strong>für</strong> die Übernahme des Korreferates und<br />
das von ihm geprägte, ausgesprochen angenehme Arbeitsumfeld am Institut. Mein<br />
Dank gilt weiterhin den Professoren Bernard J. Jaworski (University of Southern California,<br />
Los Angeles; Head Markets Chair der Monitor Group) und Robert W. Ruekert<br />
(University of Minnesota) <strong>für</strong> wertvolle Hinweise.
Ohne die inhaltliche und finanzielle Unterstützung durch Partner aus der Unternehmenspraxis<br />
wäre die Durchführung des vorliegenden Projektes nicht in dieser Form<br />
möglich gewesen. Für besondere Beiträge danke ich an dieser Stelle stellvertretend <strong>für</strong><br />
viele andere Herrn Michael Lappas (BASF AG), Herrn Martin Vogler (Leica Microsystems<br />
AG), Herrn Klaus Aarestrup (Gallus Ferd. Rüesch AG), Dr. Robert Sum (Nanosurf<br />
AG) und Dr. Loris Scandella (Nanosurf AG).<br />
Ebenso danke ich meinen Kollegen am Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel. Dr. Dirk<br />
Zupancic danke ich <strong>für</strong> den grossen Spielraum den er mir in den letzten beiden Jahren<br />
<strong>für</strong> die Umsetzung eigener Ideen und Projekte gewährte. Für die Unterstützung bei<br />
Experteninterviews und quantitativen Erhebungen danke ich meinen studentischen<br />
Mitarbeitern Herrn Flavio Pellegrini und Frau Julia Bächli. In der ersten Zeit am Institut<br />
haben mich meine Kollegen und Freunde Dr. des. Philipp Biermann und Dr. des.<br />
Dominik Pfeiffer durch regelmässige Forschungssitzungen und die gemeinsame Asienexkursion<br />
herausgefordert und damit einen entscheidenden Anstoss <strong>für</strong> das vorliegende<br />
Projekt gegeben. Darüber hinaus danke ich meinen Freunden und Kollegen Dr.<br />
des. Marc Cristofolini und Herrn Dipl.-Oec. Tim Oliver Brexendorf <strong>für</strong> die angenehme<br />
gemeinsame Zeit in St. Gallen und viele spannende Diskussionen.<br />
Und auch in den letzten wichtigen Monaten, Wochen und Tagen vor der Abgabe der<br />
vorliegenden Arbeit konnte ich auf ein verlässliches Team zurückgreifen, das mich<br />
trotz meiner ambitionierten Zeitvorgaben mit höchstem Einsatz beim „Feinschliff“<br />
unterstützt hat. Dr. Michael Reinhold und Herrn Dipl.-Kfm. Daniel Wentzel danke ich<br />
<strong>für</strong> inhaltliche, konzeptionelle und methodische Hinweise. Meiner Tante, Frau StD<br />
Monika Schmitz und Herrn Johannes Wirthmüller danke ich <strong>für</strong> die ausgesprochen<br />
gründliche und ausdauernde Korrektur meines Manuskriptes.<br />
Mein grösster Dank gebührt den Menschen, die mir am nächsten stehen. Mein ganz<br />
besonderer Dank gilt dabei meiner lieben Freundin Doreen Huster. Denn sie hat mir<br />
trotz unserer räumlichen Distanz über drei Jahre hinweg den Rücken gestärkt und mir<br />
so vieles abgenommen. Meinen Eltern Bernhard und Hedwig Schmitz danke ich da<strong>für</strong>,<br />
dass sie mich auf meinem bisherigen Lebensweg immer vorbehaltlos unterstützt und<br />
bestärkt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit.<br />
St. Gallen, im Juli 2005 Christian Schmitz
Inhaltsverzeichnis I<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
Abbildungsverzeichnis VI<br />
Tabellenverzeichnis X<br />
Fallbeispielverzeichnis XII<br />
Abkürzungsverzeichnis XIII<br />
1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1<br />
1.1 Ausgangslage im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb 1<br />
1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern 3<br />
1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden 3<br />
1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern 4<br />
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen 6<br />
1.4 Aufbau der Arbeit 7<br />
2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und<br />
Methodenmix 9<br />
2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen 9<br />
2.1.1 Internationaler Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n 9<br />
2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger 12<br />
2.1.3 Zentrale <strong>für</strong> länderübergreifende Koordination und Unterstützung 15<br />
2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 17<br />
2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz 17<br />
2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive 18<br />
2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete 20<br />
2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem 21<br />
2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen 25<br />
2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze 29<br />
2.3.4 <strong>Internationales</strong> Vertriebs- und Marketingmanagement 31<br />
2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung 32<br />
2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess 34<br />
2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden 34<br />
2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 37<br />
2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte 37<br />
2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion 39<br />
2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien 46
II<br />
3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 49<br />
3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 49<br />
3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele 49<br />
3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele 51<br />
3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der<br />
Vertriebspartner 56<br />
3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg 56<br />
3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 60<br />
3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse 60<br />
3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und<br />
Konstruktmessung 63<br />
3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation 68<br />
3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg 72<br />
4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller und<br />
Vertriebspartner 78<br />
4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 78<br />
4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten 78<br />
4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 80<br />
4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds 80<br />
4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb 84<br />
4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 88<br />
4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation 88<br />
4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation 89<br />
4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers 91<br />
4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation 94<br />
4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller 95<br />
4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner 97<br />
4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation 100<br />
5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und ihre<br />
Beurteilung 102<br />
5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit 102<br />
5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage 102<br />
5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion 103<br />
5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion 106<br />
5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis 107<br />
5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner107<br />
5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller 110
Inhaltsverzeichnis III<br />
5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre<br />
Kontextabhängigkeit 112<br />
5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung 112<br />
5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen 116<br />
5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“ 117<br />
5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ 118<br />
5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“ 119<br />
5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“ 120<br />
5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“ 121<br />
5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“ 122<br />
5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ 123<br />
5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen<br />
Kontextfaktoren 124<br />
5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers 126<br />
5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume 128<br />
5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck 130<br />
5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche 131<br />
5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen 133<br />
5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und<br />
Vertriebsgestaltung 135<br />
6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der<br />
Vertriebsgestaltung 138<br />
6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung 138<br />
6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 139<br />
6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration 139<br />
6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 142<br />
6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression 142<br />
6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen 146<br />
6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln 149<br />
6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen 152<br />
6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung 158<br />
6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit 159<br />
6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung 159<br />
6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen 162<br />
6.3.2.1 <strong>Internationales</strong> Key-Account Management 162<br />
6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen 167<br />
6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstützung 171<br />
6.3.2.4 Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten 173<br />
6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen 174<br />
6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen 174<br />
6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens 177
IV<br />
6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams 180<br />
6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams 180<br />
6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement 183<br />
6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams 189<br />
6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen 192<br />
6.3.5.1 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen 193<br />
6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale 196<br />
6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung 201<br />
6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern 201<br />
6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer 204<br />
6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen 210<br />
6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb 210<br />
6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung 214<br />
6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien 220<br />
6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung 227<br />
6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information 229<br />
6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung 230<br />
6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools 236<br />
6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen<br />
Vertriebsgestaltung 242<br />
6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 247<br />
6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung 247<br />
6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren 248<br />
6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen 251<br />
6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren 254<br />
6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche 255<br />
6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen 258<br />
6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 259<br />
6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien 259<br />
6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen 261<br />
6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf 261<br />
6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit 264<br />
6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 269<br />
6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung 269<br />
6.5.2.3.2 Internetportal <strong>für</strong> Distributoren 272<br />
6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen 273<br />
6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings 274<br />
6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 276<br />
6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 277<br />
6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand 278<br />
6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch 278<br />
6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit 280<br />
6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 283
Inhaltsverzeichnis V<br />
6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen 283<br />
6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen 284<br />
6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden 285<br />
6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 285<br />
6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 286<br />
6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern 286<br />
6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe 287<br />
6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit 291<br />
6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 292<br />
6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst292<br />
6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung 295<br />
6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen 299<br />
6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 300<br />
6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 301<br />
6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte<br />
Handlungsspielräume 302<br />
7 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> Forschung und Praxis 308<br />
7.1 Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung 308<br />
7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag 308<br />
7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf 313<br />
7.2 Folgerungen <strong>für</strong> die internationale Vertriebspraxis 315<br />
Literaturverzeichnis 324<br />
Anhang 345
VI<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Seite<br />
Abbildung 1-1: Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den<br />
Vordergrund 2<br />
Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes 6<br />
Abbildung 1-3: Aufbau der Arbeit 8<br />
Abbildung 2-1: Aufgabenträger und -inhalte im internationalen<br />
<strong>Industriegüter</strong>vertrieb 9<br />
Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer<br />
<strong>Industriegüter</strong>hersteller 12<br />
Abbildung 2-3: Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong> 14<br />
Abbildung 2-4: Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer<br />
Hersteller 15<br />
Abbildung 2-5: Konzept zur Korrespondenz von Situation und<br />
Organisationsstruktur 19<br />
Abbildung 2-6: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des<br />
Herstellers 25<br />
Abbildung 2-7: Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von<br />
Vertriebsmitarbeitern 27<br />
Abbildung 2-8: Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des<br />
Vertriebssystems 28<br />
Abbildung 2-9: Interaktionsansatz und wesentliche Elemente 30<br />
Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten<br />
Forschungsgebieten 33<br />
Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden 35<br />
Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr<br />
2002 41<br />
Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe 44<br />
Abbildung 3-1: Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens 49<br />
Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten<br />
Variablen 60<br />
Abbildung 3-3: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen 68<br />
Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten <strong>für</strong> ausgewählte<br />
Parameter 70<br />
Abbildung 3-5: Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der<br />
Leica Microsystems 74
Abbildungsverzeichnis VII<br />
Abbildung 4-1: Interne und externe Komponenten der lokalen Situation 79<br />
Abbildung 4-2: Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur 86<br />
Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern 93<br />
Abbildung 4-4: Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch<br />
Vertriebspartner 98<br />
Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und<br />
Vertriebspartner 102<br />
Abbildung 5-2: Lokale Prozesse des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs 104<br />
Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der<br />
Zusammenarbeit 108<br />
Abbildung 5-4: Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner 111<br />
Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen <strong>für</strong> die lokale<br />
Geschäftstätigkeit 117<br />
Abbildung 5-6: Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle<br />
Konditionen“ und Verteilung <strong>für</strong> verschiedene Fallgruppen 121<br />
Abbildung 5-7: Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch<br />
Vertriebspartner 125<br />
Abbildung 5-8: Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die<br />
Beurteilung des Herstellers 127<br />
Abbildung 5-9: Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale<br />
Ansatzpunkte in umkämpften Märkten 129<br />
Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit<br />
mit den Beurteilungsdimensionen 131<br />
Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> unterschiedliche Grössen<br />
der lokalen Vertriebsorganisation 133<br />
Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der<br />
Beziehung zum Hersteller 134<br />
Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und<br />
Vertriebsgestaltung 136<br />
Abbildung 6-1: Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der<br />
Vertriebsgestaltung 139<br />
Abbildung 6-2: Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und<br />
Moderatorvariablen 143<br />
Abbildung 6-3: Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten<br />
Regression 145<br />
Abbildung 6-4: Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der<br />
Zusammenarbeit 160
VIII<br />
Abbildung 6-5: Verbindung von Lösungspaketen und sieben<br />
Beurteilungsdimensionen 162<br />
Abbildung 6-6: Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung <strong>für</strong><br />
internationale Key-Accounts 166<br />
Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation 168<br />
Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und<br />
Unterstützungsfunktion 172<br />
Abbildung 6-9: Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der<br />
Zentrale 174<br />
Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der<br />
Besuchshäufigkeiten 194<br />
Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt <strong>für</strong> den Vertrieb 200<br />
Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien 202<br />
Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit 205<br />
Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener<br />
Beziehungsphasen 206<br />
Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems <strong>für</strong> Vertriebspartner 211<br />
Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den<br />
Hersteller 214<br />
Abbildung 6-17: Verrechnungsmodelle <strong>für</strong> interne Dienstleistungen 223<br />
Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen 229<br />
Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen 231<br />
Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers 237<br />
Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und<br />
unzufriedenen Vertriebspartnern 245<br />
Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und<br />
unzufriedenen Vertriebspartnern (Fortsetzung) 246<br />
Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der<br />
Zusammenarbeit 248<br />
Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-<br />
Bedeutungs-Diagramm 251<br />
Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten 252<br />
Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich <strong>für</strong> Teilaspekte und<br />
Gesamtzufriedenheit 256<br />
Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als<br />
Rahmenbedingungen der Fallstudien 260<br />
Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG 264
Abbildungsverzeichnis IX<br />
Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der<br />
Nanosurf AG 265<br />
Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung <strong>für</strong> Workshops 268<br />
Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen 270<br />
Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“ 271<br />
Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren 273<br />
Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings 276<br />
Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch 280<br />
Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus 282<br />
Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF<br />
FCE 288<br />
Abbildung 6-38: Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma 290<br />
Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation 293<br />
Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches 294<br />
Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma 296<br />
Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage 300<br />
Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung<br />
von Massnahmen 301<br />
Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten 308
X<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung<br />
Seite<br />
7<br />
Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen<br />
Marketing 23<br />
Tabelle 2-2: Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen<br />
Marketing 24<br />
Tabelle 2-3: Qualitative und quantitative Teilerhebungen im<br />
Forschungsprozess 37<br />
Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews 39<br />
Tabelle 2-5: Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“<br />
und „Late Respondents“ 45<br />
Tabelle 2-6: Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems 47<br />
Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und<br />
BASF 48<br />
Tabelle 3-1: Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit 53<br />
Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der<br />
Konstruktmessung 62<br />
Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur 69<br />
Tabelle 3-4: Quantilsvergleich <strong>für</strong> unzufriedene und zufriedene<br />
Distributoren der Leica Microsystems 76<br />
Tabelle 4-1: Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation 80<br />
Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen 101<br />
Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut<br />
der Untersuchung 110<br />
Tabelle 5-2: Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23<br />
Zufriedenheitsindikatoren 115<br />
Tabelle 5-3: Gütekriterien erster und zweiter Generation <strong>für</strong> die<br />
SALESSAT-Skala 116<br />
Tabelle 5-4: Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die<br />
Dimensionen der Beurteilung 126<br />
Tabelle 6-1: Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der<br />
Zentralisierung 141<br />
Tabelle 6-2: Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und<br />
lokaler Zufriedenheit 148<br />
Tabelle 6-3: Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und<br />
lokaler Zufriedenheit 151
Tabellenverzeichnis XI<br />
Tabelle 6-4: Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter<br />
Führung und lokaler Zufriedenheit 155<br />
Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter<br />
Führung und lokaler Zufriedenheit 158<br />
Tabelle 6-6: Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der<br />
Zusammenarbeit 161<br />
Tabelle 6-7: Kumulierte Häufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse 194<br />
Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und<br />
Serviceorientierung 199<br />
Tabelle 6-9: Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern 215<br />
Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung <strong>für</strong><br />
Vertriebspartner 217<br />
Tabelle 6-11: Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen<br />
Ressourcenstärke 228<br />
Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse 231<br />
Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer<br />
Ratingwerte 267<br />
Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei<br />
Unternehmensfällen 303
XII<br />
Fallbeispielverzeichnis<br />
Seite<br />
Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller 4<br />
Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern 5<br />
Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute<br />
Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A. 51<br />
Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit 56<br />
Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus<br />
Bausysteme GmbH 83<br />
Fallbeispiel 4-2: Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass<br />
S.A. 87<br />
Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa<br />
Systems GmbH 165<br />
Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. 170<br />
Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme<br />
GmbH 176<br />
Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group 180<br />
Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG 183<br />
Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG 186<br />
Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG 189<br />
Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG 192<br />
Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool<br />
AG 204<br />
Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG 208<br />
Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG 220<br />
Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG 225<br />
Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG 234<br />
Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG 242
Abkürzungsverzeichnis XIII<br />
Abkürzungsverzeichnis<br />
AGFI Adjusted Goodness of Fit Index<br />
bspw. beispielsweise<br />
bzw. beziehungsweise<br />
CEO Chief Executive Officer<br />
CFI Comparative Fit Index<br />
CH Schweiz<br />
CHF Schweizer Franken<br />
CRM-Systeme Customer Relationship Management-Systeme<br />
DE Deutschland<br />
DEV Durchschnittlich erklärte Varianz<br />
df Anzahl der Freiheitsgrade<br />
d. h. das heisst<br />
EBIT Earnings Before Interest and Taxes<br />
EFA Explorative Faktorenanalyse<br />
et al. Et alii<br />
etc. et cetera<br />
EUR Euro<br />
f., ff. folgende, fortfolgende<br />
F&E Forschung und Entwicklung<br />
GFI Goodness of Fit Index<br />
ggf. gegebenenfalls<br />
ggü. gegenüber<br />
HQs Headquarters<br />
i. d. R. in der Regel<br />
i. S. v. im Sinne von<br />
IMP-Group International Marketing and Purchasing Group<br />
k. A. keine Angabe<br />
KFA Konfirmatorische Faktorenanalyse<br />
M&A Mergers and Acquisitions<br />
MA Mitarbeiter<br />
Mio. Millionen
XIV<br />
ML-Methode Maximum-Likelihood Methode<br />
MNC Multinational Corporation<br />
Mrd. Milliarden<br />
n Grösse der Stichprobe<br />
NACE Klassifizierung der Wirtschaftszweige der Europäischen Union<br />
n. s. nicht signifikant<br />
o. V. ohne Verfasser<br />
p Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
R 2<br />
Bestimmtheitsmass<br />
RA Reliabilitätsanalyse<br />
RHQs Regionales Headquarters<br />
RMR Root Mean Square Residual<br />
RMSEA Root Mean Square Error of Approximation<br />
S. Seite<br />
s. siehe<br />
SalesSat Salespartner Satisfaction Skala<br />
SLA Service Level Agreement<br />
SSC Sales & Supply Center<br />
u. a. unter anderem<br />
UNO Vereinte Nationen<br />
USA Vereinigte Staaten von Amerika<br />
USD US-Dollar<br />
u. U. unter Umständen<br />
VIF-Werte Variance Inflation Factors-Werte<br />
vs. versus<br />
USD US-Dollar<br />
z. B. zum Beispiel<br />
zz. zur Zeit
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1<br />
1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau<br />
1.1 Ausgangslage im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />
Internationale Vertriebsaktivitäten gehören <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller bereits seit vielen<br />
Jahren zum Kern ihrer Geschäftstätigkeit (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Heute erzielen<br />
Schweizer Hersteller nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Im<br />
Jahr 2004 wurden bei führenden Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern wie Georg Fischer,<br />
Agie-Charmilles oder Bucher Industries laut Geschäftsbericht lediglich zwischen<br />
4 und 7 Prozent des Umsatzes in der Schweiz gewonnen. Angesichts verschärfter<br />
Wettbewerbsbedingungen, zunehmender Deregulierung und vor allem steigender<br />
Kundenansprüche müssen sich Hersteller mit ständig steigenden Anforderungen an<br />
Qualität, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte auseinandersetzen<br />
(Hungenberg 1992, S. 342). Immer mehr Kunden erwarten, dass sich Unternehmen<br />
als „Lösungsanbieter“ auf ihre individuellen Bedürfnisse einstellen (Belz/Bieger<br />
2004, S. 221 f.; Meyer/Dullinger 1998, S. 719). Aber auch die zunehmende internationale<br />
Professionalisierung in der Einkaufsorganisation von Kunden und in der Vertriebsorganisation<br />
von Wettbewerbern stellen <strong>Industriegüter</strong>hersteller vor neue Herausforderungen.<br />
Dies gilt insbesondere in wirtschaftlich angespannten Marktsituationen,<br />
in denen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem<br />
Masse auf dem Prüfstand stehen.<br />
In den internationalen Märkten werden Hersteller durch ihre Vertriebspartner vertreten,<br />
die aus Sicht der Kunden das Herstellerunternehmen verkörpern (Belz 1999, S.<br />
24). Bereits im Jahre 1982 betonten Behrman/Perreault Jr. (1982, S. 355), dass internationale<br />
Vertriebspartner und deren Verkaufsleistung <strong>für</strong> den Erfolg fast jedes <strong>Industriegüter</strong>unternehmens<br />
unverzichtbar und kritisch seien (Behrman/Perreault Jr. 1982, S.<br />
355). Die heutige Umsatzbedeutung der ausländischen Märkte macht die Verkaufsleistung<br />
internationaler Vertriebspartner <strong>für</strong> das Herstellerunternehmen wichtiger denn je.<br />
Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebsgesellschaften enthält allerdings<br />
vielfach Konflikte, bspw. um Entscheidungsfreiheiten, Ressourcen und Kundeninformationen.<br />
Lediglich 22.5 Prozent der europäischen Vertriebspartner führender<br />
Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller hält die Zusammenarbeit mit dem Stammhaus <strong>für</strong><br />
„zufrieden stellend“ oder besser (Vertriebsbefragung 2004, s. Anhang F - 1, S. 362).<br />
Mängel bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner, destruktive<br />
Konflikte und Unzufriedenheit führen dazu, dass Marketing- und Vertriebskonzepte<br />
lokal teilweise nicht mehr optimal umgesetzt werden. Die interne Effizienz leidet hier-
2<br />
Kapitel 1<br />
durch ebenso wie die Verkaufseffektivität in den Märkten. (Coughlan et al. 2001, S.<br />
245 f.; Klumpp 2000, S. 53) Wettbewerbsvorteile geraten deshalb leicht in Gefahr.<br />
Internationalisierung<br />
der<br />
Märkte<br />
Druck auf Herstellerunternehmen<br />
Professionalisierung<br />
im<br />
Einkauf<br />
Hohe<br />
Innovationsgeschwindigkeit<br />
Höhere Qualität<br />
und Flexibilität<br />
Hersteller<br />
Wettbewerbsbedingter<br />
Kostendruck<br />
Steigende<br />
Individualisierung<br />
Angespannte<br />
Wirtschaftslage<br />
Systematischer<br />
Verbesserungsprozess<br />
Wettbewerbsvorteile<br />
durch<br />
Vertriebskompetenz<br />
Potenziale im internationalen<br />
<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />
Konfiguration<br />
der Vertriebsorganisation<br />
<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />
Erhöhung der<br />
Effektivität<br />
„vor Ort“<br />
Abbildung 1-1: Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den Vordergrund<br />
Koordination<br />
internationaler<br />
Aktivitäten<br />
Vermeidung<br />
von Effizienzverlusten<br />
Unterstützungskonzepte<br />
<strong>für</strong><br />
Vertriebspartner<br />
Obgleich Hersteller unter dem Druck der aktuellen Herausforderungen stärker auf die<br />
optimale Abstimmung in der Vertriebsorganisation angewiesen sind als bisher, existieren<br />
in der Praxis nur selten systematische Ansätze um dieser „Zerrissenheit“ zu begegnen.<br />
Die Wissenschaft beschäftigt sich zwar seit vielen Jahren mit der Gestaltung und der<br />
Führung von Vertriebskanälen, doch dominiert dabei seit langem die Fokussierung auf<br />
Herstellerunternehmen und die Argumentation aus der Perspektive des Top-<br />
Managements (s. Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Um die lokalen Prozesse verstehen und<br />
gestalten zu können, die von Vertriebspartnern bisher ohne den Einfluss, teilweise<br />
auch gegen den Willen der Zentrale durchgeführt werden, muss sich die Forschung<br />
allerdings zunächst auf die lokale Ebene der Vertriebsgesellschaften ausrichten, bevor<br />
auf der Ebene des Stammhauses nach Lösungen gesucht wird (s. Gupta/Govindarajan<br />
1994, S. 455). Belz/Reinhold (1999a, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995)<br />
fordern deshalb, dass sich auch die Forschung „verstärkt auf Tochtergesellschaften<br />
fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz 1998, S. 79).<br />
Indem es internationalen <strong>Industriegüter</strong>herstellern gelingt, die Interessen lokaler Vertriebspartner<br />
zu erfassen, zu interpretieren und angemessen zu berücksichtigen, schaffen<br />
sie die Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass Marketingkonzepte vor Ort wirkungsvoll unterstützt<br />
und umgesetzt werden (s. Thies 1976, S. 51, 58 ff.). Den Blickwinkel der Ver-
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 3<br />
triebspartner zu kennen, wird damit zu einem wichtigen Element <strong>für</strong> die internationale<br />
Führung im Stammhaus.<br />
Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung und die Determinanten des lokalen<br />
Blickwinkels und entwickelt Empfehlungen <strong>für</strong> die Gestaltung der Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Hersteller und seinen internationalen Vertriebspartnern.<br />
1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern<br />
1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden<br />
Die von Vertriebspartnern geäusserte Unzufriedenheit betrifft vielfältige Bereiche der<br />
Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen. Um dem Leser diese Vielfalt zu verdeutlichen,<br />
sind im Folgenden einige Beispiele <strong>für</strong> Schwierigkeiten aus Sicht der Vertriebspartner<br />
aufgeführt. Sämtliche Statements stammen aus Interviews, die der Autor<br />
in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mit Vertriebsleitern und Geschäftsführern von<br />
Tochtergesellschaften und Vertretungen deutscher und Schweizer Industrieunternehmen<br />
geführt hat (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Aussagen sind dabei<br />
bewusst einseitig ausgewählt, um Defizite in der Zusammenarbeit aufzuzeigen.<br />
• „Wenn es um Reklamationen, Servicebereitstellung oder Ersatzteilelogistik geht, stösst man in der<br />
Zentrale auf taube Ohren, unklare Zuständigkeiten und fehlende Lieferfähigkeiten. Man hat aber<br />
selber den Kunden im Nacken.“<br />
• „Ständig wird von langfristigen Strategien und klaren Vorgaben geredet, die aber von Seite der<br />
Zentrale ebenso oft verändert werden oder in die operativ eingegriffen wird.“<br />
• „Man sagt, wir sollen mehr verkaufen, was bei diesen Mondpreisen kaum möglich ist. Häufig passiert<br />
es dann, dass Geräte nicht wie versprochen ausgeliefert werden können.“<br />
• „Nach langen erfolglosen Diskussionen haben wir uns bereits vor mehreren Jahren eine eigene<br />
CRM-Software zugelegt. Heute will die Zentrale ein neues System einführen, das nicht einmal die<br />
Standardfunktionen unserer selbstgestrickten Lösung beherrscht.“<br />
• „Mitarbeiter in der Zentrale haben noch nie einen Kunden gesehen, vielen fehlen sogar einfachste<br />
Sprachkenntnisse.“<br />
• „Häufige personelle Veränderungen in der Zentrale führen dazu, dass unsere Betreuung leidet,<br />
Zuständigkeiten häufig unklar sind und Absprachen nicht eingehalten werden.“<br />
• „Lokal erhalten wir Informationen meistens zuletzt. Da kann man schon froh sein, wenn die Informationen<br />
wenigstens halbwegs vollständig und verständlich sind.“<br />
• „Der Hersteller versucht an Kundendaten heranzukommen um uns zu umgehen und direkt an Kunden<br />
heranzutreten.“<br />
• „Auch in dringenden Fällen ist in der Zentrale häufig niemand zu erreichen.“<br />
• „Budgetierung ist bei uns ein absolut politisches Spiel, es geht um die interne Rangordnung und<br />
nicht um den Kunden.“<br />
• „Umfangreiches standardisiertes Reporting und spezielle Reportinganfragen kosten Ressourcen<br />
und Zeit. Hierbei werden grosse und kleine Vertriebsgesellschaften über einen Kamm geschoren.“
4<br />
Kapitel 1<br />
• „Vorschläge <strong>für</strong> neue Produkte werden nicht geschätzt und nicht eingeführt. Stattdessen verbrennt<br />
man Ressourcen damit, indem man Produkte einführt, die offensichtlich nie eine Chance hatten.“<br />
Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern<br />
Schwierigkeiten und Konflikte in der Zusammenarbeit belasten Zentrale und Vertriebspartner<br />
in unterschiedlichem Masse. Zwar sind in der Zentrale Defizite bei der<br />
Zusammenarbeit bekannt. Allerdings besitzen Verantwortliche in der Zentrale fachliche<br />
und disziplinarische Weisungsbefugnisse und haben meist die Möglichkeit, Unstimmigkeiten<br />
durch Machtausübung zu lösen, bspw. indem sie androhen, Stellen neu<br />
zu besetzen oder tatsächlich neu besetzen. Führungskräfte aus der Zentrale müssen<br />
sich seltener <strong>für</strong> ihre Entscheidungen verantworten, die sie bezüglich der Zusammenarbeit<br />
treffen. Konflikte spielen aus Sicht der Hersteller deshalb nur dann eine Rolle,<br />
wenn sie nicht durch hierarchische Macht und Druck gelöst werden können, wie es<br />
häufig in den Beziehungen zu unabhängigen Vertretungen der Fall ist. Ebenso problematisch<br />
scheint es, dass Zentralen mit hoher Weisungsbefugnis die Probleme häufig<br />
als gelöst ansehen oder einfach ignorieren. Die Weisungsbefugnis führt somit nicht<br />
automatisch zu optimalen Lösungen, sondern ist vielleicht gerade die Ursache <strong>für</strong><br />
massive Probleme des Vertriebs.<br />
Selbst in Fällen, in denen aus Sicht des Herstellers ein Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit<br />
erkannt wird, scheitern weitere Schritte vielfach an mangelnden Ressourcen.<br />
Belz/Reinhold (1999a, S. 94) fanden heraus, dass die Ressourcen <strong>für</strong> die<br />
Betreuung in der <strong>Industriegüter</strong>branche häufig keine aktive Führung der Niederlassungen<br />
zulassen. So betreuen einzelne Vertriebsverantwortliche des Herstellers häufig<br />
mehr als 40 verschiedene Vertretungen und Tochtergesellschaften (Belz/Reinhold<br />
1999a, S. 94). Viele der in Interviews befragten Vertriebsverantwortlichen der Herstellerunternehmen<br />
erhalten täglich zwischen 60 und 70 E-Mails (Explorative Interviews,<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Mitarbeiter aus der Zentrale werden damit häufig zu „Trouble<br />
Shooters“, die lediglich selektive Notfallunterstützung <strong>für</strong> die dringendsten Fälle leisten<br />
können (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Eine aktive Führung und Unterstützung ist<br />
somit kaum möglich.<br />
Das Lösungsvermögen und der Entwicklungsstand in Bezug auf Konflikte in der Zusammenarbeit<br />
kann sich zwischen Unternehmen stark unterscheiden. Wichtige Ursachen<br />
<strong>für</strong> diese Unterschiede liegen in der Unternehmensgrösse und der Finanzkraft,
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 5<br />
der Art der Produkte und in der Vertriebserfahrung des Herstellers. Die Interviews des<br />
Autors mit vertriebsverantwortlichen Managern in der Metall-, Chemie- und Maschinenbauindustrie<br />
zeigen, dass Konflikte in direkten und indirekten Vertriebskanälen der<br />
befragten Unternehmen zur Tagesordnung gehören und dort erheblichen Einfluss auf<br />
die Geschäftstätigkeit nehmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Beispielhafte<br />
Auswirkungen von Konflikten sind: Ein wichiger Kunde der Corus Bausysteme<br />
GmbH beklagt seine Unzufriedenheit, die auf interne Unstimmigkeiten mit dem spanischen<br />
Vertriebspartner zurückzuführen ist. Die Hilti AG verliert beinahe einen globalen<br />
Kunden, weil Vertriebspartner die „Global Agreements“ nicht akzeptieren wollen.<br />
Die Wirtgen GmbH investiert jährlich in die kostspielige Rekrutierung und Schulung<br />
neuer Führungskräfte <strong>für</strong> ausländische Vertriebsgesellschaften, weil diese wegen Unstimmigkeiten<br />
ausgewechselt werden.<br />
Sämtlichen Vertriebs- und Niederlassungsleitern, die an explorativen Interviews teilnahmen<br />
(Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), waren Probleme in der Zusammenarbeit<br />
mit Vertriebspartnern sehr wohl bekannt. Wichtige Herausforderungen bezüglich<br />
der Zusammenarbeit aus Sicht der Zentrale sind:<br />
• „Die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern ist auf einer persönlichen Ebene unbefriedigend, häufig<br />
sind keine sachlichen Diskussionen möglich.“<br />
• „Das Engagement der Vertriebspartner ist unzureichend, viele Vertriebspartner kümmern sich<br />
ungenügend um unsere Produkte.“<br />
• „Trotz vieler Anstrengungen machen unsere Produkte bei vielen Vertriebspartnern nur einen geringen<br />
Umsatzanteil aus.“<br />
• „Tochtergesellschaften zeigen mehr Initiative als Vertretungen.“<br />
• „Die Vertriebspartner kennen die Kundenbedürfnisse genau, informieren uns aber unzureichend<br />
über Bedürfnisse und Entwicklungen bei Kunden.“<br />
• „Vertriebspartner sehen die Kunden als ihren Besitzstand an und geben Kundendaten nicht weiter.“<br />
• „Vertriebspartner vernachlässigen strategische Ziele zugunsten kurzfristiger Umsatzprovisionen.“<br />
• „Die steigende Zahl von Neuprodukten überfordert den Vertrieb zunehmend.“<br />
• „Um die zahlreichen Niederlassungen sinnvoll betreuen zu können, fehlen im Stammhaus die notwendigen<br />
Ressourcen.“<br />
• „Die Professionalisierung des Einkaufs erfordert insbesondere bei international tätigen Kunden<br />
eine bessere Abstimmung zwischen zentralem und dezentralem Vorgehen.“<br />
• „Zusammenschlüsse von Kundenunternehmen führen zu einer höheren Abhängigkeit. Bei diesen<br />
Kunden dürfen wir uns keine Fehler leisten.“<br />
Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
6<br />
Kapitel 1<br />
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen<br />
Die in Abschnitt 1.1 (S. 1 f.) erarbeitete Ausgangslage deutet bereits an, dass die Wissenschaft<br />
bislang keine ausreichenden Lösungen bereitstellt, mit deren Hilfe der<br />
Blickwinkel der internationalen Vertriebspartner zur Zusammenarbeit erklärt werden<br />
kann, obgleich verschiedene Forscher die Beschäftigung mit diesem Themenbereich<br />
fordern (s. auch Absatz 2.3.4, S. 31 ff.). In der Praxis sind Probleme in der Zusammenarbeit<br />
zwar bekannt, jedoch weitgehend ungelöst (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.). Defizite<br />
in der Praxis und in der Forschung markieren damit eine Forschungslücke, anhand<br />
der die generelle Zielsetzung der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert werden kann:<br />
Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung und die Determinanten der Zusammenarbeit<br />
zwischen Herstellerunternehmen und Vertriebspartnern im internationalen<br />
<strong>Industriegüter</strong>vertrieb zu beschreiben und zu erklären, um eine Vertriebsgestaltung<br />
ableiten zu können, die optimal dazu beiträgt, die markt-<br />
und organisationsbezogenen Ziele des Herstellers zu erreichen.<br />
Die Zielsetzung enthält drei inhaltliche Frageblöcke (s. Abbildung 1-2, S. 6), an denen<br />
sich die Methoden im Forschungsprozess und der Aufbau dieser Arbeit ausrichten<br />
müssen. Zunächst ist die Bedeutung des Blickwinkels und der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />
zu untersuchen. Dazu wird geprüft, welche Wirkungen die Zufriedenheit<br />
auf das Erreichen der Unternehmensziele hat. Dadurch wird gleichzeitig die Relevanz<br />
des Themas ermittelt.<br />
Bedeutung<br />
Welche<br />
Bedeutung besitzt<br />
die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner?<br />
Frageblock 1<br />
Determinanten<br />
Welche Faktoren<br />
determinieren die<br />
Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner<br />
bezüglich der<br />
Zusammenarbeit mit<br />
dem Hersteller?<br />
Frageblock 2<br />
Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes<br />
Gestaltung<br />
Durch welche<br />
Strategien und<br />
Massnahmen gelingt<br />
es, die Zufriedenheit<br />
mit der<br />
Zusammenarbeit zu<br />
fördern?<br />
Frageblock 3<br />
In einem zweiten Schritt sind die Determinanten zu identifizieren, zu beschreiben und<br />
zu erklären, die die Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen<br />
massgeblich beeinflussen. Hierbei werden besondere Untersuchungsschwerpunkte<br />
auf die lokale Situation der Vertriebspartner und die Gestaltung des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />
durch den Hersteller gelegt. In einem letzten Schritt sollen schliesslich
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 7<br />
handlungsleitende Implikationen entwickelt werden, die der Vertriebsgestaltung des<br />
Herstellers dienen, um die Perspektive der lokalen Vertriebspartner besser zu verstehen,<br />
zu integrieren und um die lokale Kompetenz des Vertriebs zu erhöhen.<br />
Zu den in Abbildung 1-2 dargestellten Frageblöcken lassen sich folgende Teilfragestellungen<br />
formulieren, um die Untersuchungsziele weiter zu konkretisieren (s. Tabelle<br />
1-1).<br />
Frageblock 1: Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />
• Welche Wirkung hat die lokale Zufriedenheit auf markt- und<br />
organisationsbezogene Ziele des Herstellerunternehmens?<br />
• Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die<br />
Qualität der Marktleistung und die Zufriedenheit der Kunden?<br />
• Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die<br />
Einstellung, die Verkaufsleistung und den Markterfolg von Vertriebspartnern?<br />
Frageblock 2: Determinanten der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />
• Welche internen und externen Kontextfaktoren bestimmen die lokale Situation der Vertriebspartner?<br />
• Welche Teilaspekte sind Gegenstand der Beurteilung durch die Vertriebspartner?<br />
• In welcher Weise beeinflussen lokale Kontextfaktoren die Beurteilung durch die Vertriebspartner?<br />
Frageblock 3: Gestaltung der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern<br />
• Inwiefern muss sich die Vertriebsgestaltung an der Situation vor Ort ausrichten?<br />
• Wie lassen sich die Massnahmen von Herstellerunternehmen auf die jeweilige Situation der Vertriebspartner<br />
abstimmen und bis zu welchem Grad ist eine solche Abstimmung vorteilhaft?<br />
• Welche Ansätze stehen dem Hersteller zur Verfügung, um die Zusammenarbeit mit<br />
seinen Vertriebspartnern zu verbessern?<br />
Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung<br />
1.4 Aufbau der Arbeit<br />
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel (s. Abbildung 1-3, S. 8), deren<br />
Inhalte nachfolgend knapp dargestellt werden.<br />
Kapitel 1 liefert zunächst einen Überblick, indem die Problemstellung und deren Relevanz<br />
<strong>für</strong> die Praxis veranschaulicht werden. Zielsetzung und Forschungsfragen geben<br />
einen Bezugspunkt <strong>für</strong> die gesamte Arbeit.<br />
In Kapitel 2 wird ein konzeptioneller Rahmen entwickelt. Dazu werden zentrale Begriffe<br />
<strong>für</strong> die Arbeit definiert sowie der vom Autor vertretene Forschungsansatz dargelegt.<br />
Das Untersuchungsobjekt wird bezüglich der Erklärungsbeiträge benachbarter<br />
Forschungsgebiete eingeordnet und der zur Beantwortung der Forschungsfragen he-
8<br />
Kapitel 1<br />
rangezogene quantitativ-qualitative Methodenmix erläutert. Die detaillierte Beschreibung<br />
der Datenbasis und der Erhebungsmethoden, die bereits in Abschnitt 2.4 (S.<br />
34 ff.) vorgenommen wird, ermöglicht es, empirische Ergebnisse nach inhaltlichen<br />
Bezügen fortlaufend in die Diskussion einzubringen.<br />
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Bedeutung der Zufriedenheit bezüglich der Zusammenarbeit<br />
mit dem Hersteller. Durch konzeptionelle und empirische Ansätze werden<br />
verschiedene Wirkungsbereiche der Zufriedenheit herausgestellt.<br />
Kapitel 4 und 5 untersuchen interne und externe Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />
und deren Wirkung auf die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner.<br />
Es werden sieben inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit von Hersteller<br />
und Vertriebspartner identifiziert und eingehend diskutiert.<br />
Das Kapitel 6 richtet den Fokus auf die Alternativen der Vertriebsgestaltung unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit. Dabei werden<br />
die strategische Konfiguration sowie operative Ansätze der Koordination und Unterstützung<br />
unterschieden. Sämtliche Alternativen werden im Hinblick auf ihre situative<br />
Eignung analysiert, um schliesslich Empfehlungen <strong>für</strong> die Vertriebsgestaltung geben<br />
zu können. Eine dynamische Betrachtung zeigt Prozessschritte zur nachhaltigen Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit auf. Abschliessend werden die Inhalte und Massnahmen<br />
anhand von Fallstudien inhaltlich vertieft und veranschaulicht.<br />
In Kapitel 7 werden Schlussfolgerungen aufgezeigt und diskutiert, die sich aus dieser<br />
Arbeit <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung und <strong>für</strong> die Vertriebspraxis ergeben.<br />
Konzeptioneller<br />
Einleitung<br />
Konzeptioneller<br />
Einleitung<br />
Bedeutung<br />
Rahmen<br />
Bedeutung Determinanten<br />
Rahmen<br />
Problem<br />
Praktische<br />
Relevanz<br />
Forschungsfragen<br />
Begriffe<br />
Forschungsansatz<br />
Stand der<br />
Wissenschaft<br />
Aufbau Methodenmix<br />
Konzeptionelle<br />
Betrachtung<br />
Kausalanalytische<br />
Betrachtung<br />
Fallstudie<br />
Leica<br />
Interne<br />
Kontextfaktoren<br />
Externe<br />
Kontextfaktoren<br />
Dimensionen der<br />
Beurteilung<br />
Gestaltung der<br />
Zusammenarbeit<br />
Strategische Konfiguration<br />
Operative Koordination und<br />
Unterstützung<br />
Prozess der<br />
Vertriebsgestaltung<br />
Fallstudien Nanosurf,<br />
Gallus, BASF<br />
Schlussfolgerungen<br />
Folgerungen <strong>für</strong><br />
die Forschung<br />
Folgerungen <strong>für</strong><br />
die Praxis<br />
Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 und 5 Kapitel 6 Kapitel 7<br />
Abbildung 1-3: Aufbau der Arbeit
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 9<br />
2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix<br />
2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen<br />
Im Folgenden werden die <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit wichtigsten Begriffe kurz erläutert,<br />
abgegrenzt und zweckmässig definiert. Der Aufgabe nach ist der „Vertrieb“, insbesondere<br />
der „internationale Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n“, zu beschreiben und abzugrenzen.<br />
Nach den Trägern der Aufgaben sind „Vertriebspartner“ und „Zentrale“ als<br />
die dezentralen und zentralen Organisationseinheiten zu beschreiben und abzugrenzen,<br />
die gemeinschaftlich die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen. Abbildung 2-1 gibt<br />
einen ersten strukturierenden Überblick zu den im Folgenden vorgenommenen Abgrenzungen. <br />
Aufgabenträger<br />
Aufgabeninhalte<br />
Zentrale<br />
Koordination und<br />
Unterstützung<br />
Inland Ausland<br />
Vertriebspartner<br />
Akquisitorische und<br />
logistische Aufgaben<br />
Kundenunternehmen<br />
Abbildung 2-1: Aufgabenträger und -inhalte im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />
2.1.1 Internationaler Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n<br />
Der „Vertrieb“ ist ein schillernder Begriff, der in der Wissenschaft und Praxis mit vielfältigen<br />
Bedeutungsinhalten belegt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 10; Weinhold-<br />
Stünzi 1994, S. 2 f.; Winkelmann 2003, S. 14 f.). Unterschiedliche Begriffsverständnisse<br />
ergeben sich u. a. aus der Abgrenzung vom Marketing sowie der organisatorischen<br />
und aufgabenbezogenen Einordnung (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). An dieser<br />
Stelle wird darauf verzichtet, die unterschiedlichen Begriffsverständnisse ausführlich<br />
zu diskutieren. Hierzu wird auf Winkelmann (2003, S. 14 ff.) verwiesen, der zehn verschiedene<br />
Auffassungen des Vertriebsbegriffs nennt und voneinander abgrenzt.<br />
Das dieser Arbeit zu Grunde liegende Verständnis des Begriffs „Vertrieb“ setzt bei<br />
den Aufgaben an, die im Rahmen der Vertriebsfunktion zu erfüllen sind. Nach<br />
Weinhold-Stünzi (1994, S. 2 ff.) beinhaltet der Vertrieb alle Entscheidungen und Aktivitäten,<br />
die zur Überwindung der verschiedenartigen Distanzen zwischen Anbietern<br />
und Nachfragern getroffen werden. Die zu überwindenden Distanzen sind dabei nicht<br />
nur geografischer, sondern u. a. auch zeitlicher, psychologischer, soziologischer, recht-
10<br />
Kapitel 2<br />
licher und politischer Natur (Weinhold-Stünzi 1994, S. 2). Allgemeiner formuliert<br />
kann die Aufgabe des Vertriebs folglich darin gesehen werden, alle Aktivitäten, die<br />
den Weg der Leistungsübertragung zum Kunden sicherstellen, zu definieren und umzusetzen<br />
(Backhaus 2003, S. 376).<br />
Dabei lassen sich eine akquisitorische und eine logistische Dimension des Vertriebs<br />
unterscheiden (Backhaus 2003, S. 377; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die akquisitorische<br />
Dimension beinhaltet alle Aktivitäten, die zur Gewinnung neuer oder der Festigung<br />
und der Ausschöpfung bestehender Kundenbeziehungen beitragen. Dazu gehören<br />
zum einen Managementaufgaben auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebsorganisation.<br />
Zum anderen zählen aber auch operative Aktivitäten z. B. die Verkaufsförderung<br />
und Werbung, der persönliche Verkauf und Verhandlungen, die Angebotserstellung<br />
sowie der Kundendienst und andere After-Sales Services zur aquisitorischen<br />
Dimension des Vertriebs (s. Backhaus 2003, S. 377; Rosenbloom 1999, S. 411;<br />
Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die logistische Dimension des Vertriebs umfasst hingegen<br />
solche Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, Raum und Zeit durch Transport und<br />
Lagerung zu überbrücken (Backhaus 2003, S. 377; s. Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.;<br />
Rosenbloom 1999, S. 411), wie z. B. die Auftragsabwicklung, die Anlieferung und die<br />
Installation. Die Vertriebsaufgabe besteht dabei in der Koordination und Sicherstellung<br />
von logistischen Anforderungen, die aus Kundensicht häufig ein wichtiges Entscheidungskriterium<br />
darstellen (Backhaus 2003, S. 399) und nicht unmittelbar in ihrer<br />
Durchführung.<br />
Marketing und Vertrieb sind eng verzahnt und besitzen deshalb häufig Aufgaben, die<br />
sich überschneiden, z. B. im Bereich der Werbung oder der Verkaufsförderung<br />
(Krafft/Haase 2004, S. 13 f.; Winkelmann 2003, S. 50 ff.). Wohl daher werden die<br />
Begriffe Marketing und Vertrieb insbesondere im <strong>Industriegüter</strong>bereich oft synonym<br />
verwendet (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). In dieser Arbeit wird dennoch zwischen den<br />
Aufgaben des Vertriebs und den Aufgaben des Marketing unterschieden. Demnach<br />
werden dem Marketing eher strategische Aufgaben zugeschrieben, wie z. B. Marktund<br />
Wettbewerbsanalysen, strategische Positionierung, Markenmanagement, Produktentwicklung<br />
und die Marktleistungsgestaltung (Krafft/Haase 2004, S. 14 ff.). Vertrieb<br />
hingegen ist auf operativer und taktischer Ebene mit der Implementierung von Marketingstrategien<br />
betraut, was im Rahmen der genannten Vertriebsaufgaben erfolgt.<br />
Im <strong>Industriegüter</strong>sektor besitzt der Vertrieb eine besonders gewichtige Rolle, die u. a.<br />
aus der Wichtigkeit des persönlichen Verkaufs und des Kundendienstes resultiert<br />
(Backhaus 1991, S. 5 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 705). Als <strong>Industriegüter</strong> werden
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 11<br />
solche Leistungen bezeichnet, die von Organisationen beschafft werden, um weitere<br />
Leistungen zu erstellen, die nicht <strong>für</strong> die Distribution an den Endkonsumenten bestimmt<br />
sind (Backhaus 2003, S. 9; Belz/Reinhold 1999a, S. 10 f.). Besonderheiten des<br />
organisationalen Beschaffungsverhaltens liegen nach Backhaus vor allem in einer abgeleiteten<br />
Nachfrage, einem ausgeprägten Phasenbezug im Beschaffungsprozess und<br />
in der Multipersonalität im Einkauf der Kundenorganisation. Zudem nennt Backhaus<br />
(1991, S. 3 ff.) einen hohen Formalisierungsgrad sowie die hohe Komplexität und Intensität<br />
der Kaufprozesse (Backhaus 1991, S. 3 ff.). Belz/Reinhold (1999a, S. 10; )<br />
und Backhaus (2003, S. 4) betonen, dass auch die Internationalität des Vertriebs <strong>für</strong><br />
<strong>Industriegüter</strong>unternehmen selbstverständlich und wesensbestimmend sei.<br />
Besinnt man sich auf die oben genannte Definition des Vertriebs nach Weinhold-<br />
Stünzi (1994, S. 2), so kann der internationale Vertrieb als die Überbrückung von Distanzen<br />
über nationale Grenzen hinweg verstanden werden. Dies stellt Anbieterunternehmen<br />
vor neue Herausforderungen. Belz (1994, S. 22) nennt insbesondere die geringere<br />
Vertrautheit auf Auslandsmärkten, unterschiedliche Anforderungen geografischer<br />
Märkte sowie mentalitätsmässige und räumliche Distanzen, die bei beschränkten<br />
Kapazitäten zu überwinden sind. Der internationale Vertrieb spielt in <strong>Industriegüter</strong>unternehmen<br />
oft eine grössere Rolle als der nationale Vertrieb, da der nationale Markt,<br />
bspw. <strong>für</strong> Spezialmaschinen mit einer langen Lebensdauer, im Vergleich zum internationalen<br />
Markt ein nur sehr begrenztes Wachstum und geringe Umsatzvolumen ermöglichen<br />
würde. Eine Analyse von Geschäftsberichten der zwanzig nach Umsatz<br />
grössten Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller zeigt (s. „Geschäftsberichtsanalyse II“<br />
Tabelle 2-3, S. 37), dass diese im Jahre 2003 durchschnittlich mehr als 85 Prozent ihres<br />
Umsatzes im Ausland tätigten, bei den meisten der Unternehmen waren es sogar<br />
über 93 Prozent (s. Abbildung 2-2, S. 12). Eine grosse Ausnahme stellt der Rüstungskonzern<br />
RUAG dar, der wesentliche Umsatzanteile allein mit dem Schweizer Militär<br />
gewinnt.<br />
In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass der nationale Vertrieb nur<br />
einen um viele Variablen vereinfachten Spezialfall des internationalen Vertriebs darstellt<br />
(Weiber/Adler 2002, S. 331 f.). Der internationale Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n<br />
umfasst demnach alle weltweiten Vertriebsaktivitäten eines <strong>Industriegüter</strong>herstellers,<br />
einschliesslich nationaler Aktivitäten.
12<br />
Inlandsumsatz<br />
Schweiz<br />
Ø= 14.8%<br />
Auslandsumsatz<br />
Ø= 85.2%<br />
4% 2% 4% 2% 7% 52% 25% 40% 5% 6% 18%<br />
96% 98% 96% 98% 93%<br />
Georg<br />
Fischer<br />
SIG Mettler<br />
Toledo<br />
Sulzer Bucher<br />
Industries<br />
48%<br />
75%<br />
60%<br />
95% 94%<br />
Gesamt-<br />
3’257<br />
umsatz 20031 2’8632 2’2043 1’826 1’535 1’221 916 693 689 678 676<br />
1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR,<br />
3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD<br />
82%<br />
Ruag Conzetta WMH Leica Agie-<br />
Charmilles<br />
Von Roll<br />
Anmerkung: Nicht berücksichtigt wurden Familienunternehmen und Unternehmen ohne Angabe von inländischen Umsätzen<br />
(z. B. ABB, Schindler, Rieter, Saurer, Unaxis, Bobst, Bühler, Endress+Hauser, Kardex und Feintool).<br />
Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
(Geschäftsberichtsanalyse II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Kapitel 2<br />
2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger<br />
„Vertriebspartner“ (synonym: Niederlassungen) (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 10) sind<br />
dezentrale Aufgabenträger im Vertrieb, die gemeinschaftlich mit zentralen Unternehmenseinheiten<br />
eines Herstellerunternehmens die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen<br />
bzw. deren Erfüllung sicherstellen und damit dazu beitragen, die von Weinhold-Stünzi<br />
(1994, S. 2 ff.) angeführten verschiedenartigen Distanzen zu den Kundenunternehmen<br />
zu überwinden. Die Partnerschaftlichkeit, die der Begriff „Vertriebspartner“ nahe legt,<br />
kann angesichts der aufgezeigten Unstimmigkeiten allenfalls als Maxime der Zusammenarbeit<br />
interpretiert werden. Die Fähigkeiten der Vertriebspartner und deren Engagement<br />
entscheiden weitgehend darüber, ob sich ein Angebot wirksam bis zum Kunden<br />
und Anwender transferieren lässt und ob Unternehmen in spezifischen Regionen<br />
und Ländern lokal und kundennah vorgehen können (Belz/Reinhold 1999a, S. 10).<br />
In der Literatur zum Vertrieb wird häufig den Eigentumsverhältnissen nach, zwischen<br />
herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebsorganen unterschieden (s. Ahlert<br />
1996, S. 47 f.; Belz 1999, S. 99 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Diese<br />
Unterscheidung findet sich auch in empirischen Studien wieder, in denen meist eine<br />
Fokussierung auf einen Vertriebskanal (s. Anderson/Narus 1990; Andersson/Forsgren<br />
1996; Kim/Hsieh 2003, Goodman/Dion 2001) oder der Vergleich zwischen Vertriebskanälen<br />
(s. Jackson/d'Amico 1989; Smith/Barclay 1997; Mahajan et al. 1984) vorgenommen<br />
wird. Beide Vorgehensweisen bieten sich an, wenn das Kriterium der Eigen-<br />
100%<br />
50%<br />
0%
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 13<br />
tümerschaft in Bezug auf weitere untersuchte Variablen diskriminierend ist. Im ersten<br />
Fall wird der Einfluss der Eigentümerschaft eliminiert. Im zweiten Fall wird er als erklärende<br />
Variable in die Untersuchung integriert.<br />
Der Begriff „Vertriebspartner“ schliesst nach Belz/Reinhold (1999a, S. 10;<br />
Reinhold/Belz 2002, S. 40) herstellereigene Tochtergesellschaften sowie herstellerfremde<br />
Vertretungen, Untervertretungen und internationale Handelsgesellschaften mit<br />
ein (anders: Homburg/Krohmer 2003, S. 721). Die eingangs genannte Definition des<br />
„Vertriebspartners“ geht noch etwas weiter, indem sämtliche dezentralen Einheiten<br />
einbezogen werden, die Vertriebsaufgaben wahrnehmen. Damit können mögliche Unterschiede,<br />
die durch die Eigentumsverhältnisse und die mit diesen verbundenen Konsequenzen<br />
zustande kommen, berücksichtigt werden. Eine einseitige Betrachtung herstellereigener<br />
oder herstellerfremder Vertriebsorgane wäre <strong>für</strong> die Bearbeitung des<br />
vorliegenden Forschungsobjektes hingegen mit erheblichen Nachteilen verbunden und<br />
würde verschiedene Verzerrungen hervorrufen. Dies ist teilweise auf Besonderheiten<br />
der <strong>Industriegüter</strong>branche und des internationalen Kontextes zurückzuführen.<br />
Denn mit der Fokussierung auf einen Vertriebskanal findet gleichzeitig eine Schwerpunktsetzung<br />
auf spezifische Länder, Produkt- und Kundensegmente statt, da z. B. <strong>für</strong><br />
umsatzmässig kleine Ländermärkte (z. B. Norwegen) oder solche mit politisch unruhigen<br />
Bedingungen (z. B. Israel) besonders häufig auf unabhängige Distributoren zurückgegriffen<br />
wird (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 29 f.; Helm 2001, S. 52 f.;<br />
Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Auch würden solche Produkt- und Kundensegmente<br />
in den Vordergrund gerückt, bei denen im Verkauf weniger Komplexität und Erklärungsbedarf<br />
besteht, da sie ebenfalls einen Verkauf durch Distributoren begünstigen<br />
(s. Jackson/d'Amico 1989, S. 31 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Ein anderer<br />
Nachteil besteht in der problematischen Annahme, dass alle Vertriebsaufgaben durch<br />
die jeweils betrachtete Vertriebsform wahrgenommen würden. Denn häufig werden<br />
die lokalen Teilaufgaben des Vertriebs in den Ländermärkten und Regionen von unterschiedlichen<br />
zentralen und dezentralen Organisationseinheiten erbracht (Abbildung<br />
2-3, S. 14). Eine eigentumsbezogene Unterscheidung führt deshalb zwangsläufig zu<br />
einer willkürlichen Eingrenzung bei der Betrachtung von lokalen Vertriebsprozessen.
14<br />
Fähigkeiten<br />
• kommerzielle<br />
• technische<br />
• administrative<br />
Aufgabenträger<br />
1. Unabhängiger<br />
Distributor<br />
2. Unabhängiger<br />
Monteur<br />
3. Unabhängiger<br />
Logistiker<br />
4. Lokale<br />
Vertriebsgesellschaft<br />
5. Lokale<br />
Servicegesellschaft<br />
6. Zentrale<br />
Abteilungen<br />
Marketing<br />
Aktivitäten<br />
Kontakt/<br />
Verhandlungen<br />
Typischer Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>, Land Z<br />
Spezifikation<br />
Angebotserstellung/<br />
Verkauf<br />
Auftragsabwicklung<br />
Lieferung Installation<br />
Kapitel 2<br />
After-Sales-<br />
Services<br />
Ausmass benötigter Fähigkeiten Eignung von Aufgabenträgern<br />
Sehr hoch Hoch Gering Sehr gering<br />
Sehr geeignet Bedingt geeignet Wenig geeignet<br />
Abbildung 2-3: Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong><br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Abbildung 2-3 zeigt einen typischen Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong> mit den zu<br />
erfüllenden Aufgaben. Auf jeder Prozessstufe werden unterschiedliche Fähigkeiten<br />
verlangt, die branchen- und produktabhängig variieren können. Die unterschiedlichen<br />
Vertriebsaufgaben in einem Ländermarkt können von verschiedenen lokalen und zentralen<br />
Aufgabenträgern gemeinsam wahrgenommen werden (Winkelmann 2003, S.<br />
53 f.). Hierbei sind unterschiedliche Konstellationen denkbar und möglich: Teilweise<br />
decken herstellereigene Vertriebsgesellschaften den gesamten Prozess ab, in anderen<br />
Fällen werden <strong>für</strong> verschiedene Teilaufgaben weitere externe und interne Aufgabenträger<br />
hinzugezogen. Aus dieser Perspektive betrachtet, scheint es sinnvoll nicht weiter<br />
zwischen herstellerfremden und herstellereigenen Vertriebspartnern zu unterscheiden,<br />
sondern vielmehr solche Vertriebsorgane zu betrachten, die <strong>für</strong> die Sicherstellung<br />
des Wegs der Leistungsübertragung zum Kunden verantwortlich sind und die Erfüllung<br />
der Vertriebsaufgaben lokal koordinieren. Hierbei kommen sowohl herstellerfremde<br />
als auch herstellereigene Vertriebsorgane in Frage. Bei der weiteren Diskussion<br />
wird auf theoretisch konzeptioneller Ebene deshalb nicht weiter nach den Eigentumsverhältnissen<br />
unterschieden, sondern der allgemeinere Begriff „Vertriebspartner“<br />
verwendet. Abbildung 2-4 zeigt die aufgabenteilige Erfüllung des Vertriebsprozesses<br />
am Beispiel führender Schweizer Hersteller. Hierdurch wird noch einmal deutlich,<br />
dass sich die Einbeziehung verschiedener Aufgabenträger in den Vertriebsprozess sowohl<br />
zwischen Firmen, als auch zwischen betrachteten Ländern unterscheidet.
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 15<br />
Beispiele<br />
• Bucher, Emhart<br />
Glass, Japan<br />
• Bucher, Emhart<br />
Glass, Deutschland<br />
• Bucher, Emhart<br />
Glass, Russland<br />
• ABB, Business Unit<br />
Minerals, Indien<br />
• ABB, Business Unit<br />
Minerals, Iran<br />
• RUAG, Aerospace<br />
Aircraft, Mittlerer Osten<br />
Marketing<br />
Aktivitäten<br />
4., 6.<br />
4., 6.<br />
1., 6.<br />
4.<br />
(1., 6.)<br />
6.<br />
(1., 4.)<br />
6.<br />
4.<br />
(6.)<br />
4.<br />
1., 4.<br />
4.<br />
4.<br />
1.<br />
(6.)<br />
Vertriebsprozesse Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
Kontakt/<br />
Verhandlungen<br />
Spezifikation<br />
4., 6.<br />
4., 6.<br />
Verantwortliche Aufgabenträger<br />
1. Unabhängiger Distributor 2. Unabhängiger Monteur 3. Unabhängiger Logistiker<br />
4. Lokale Vertriebsgesellschaft 5. Lokale Servicegesellschaft 6. Zentrale Abteilungen<br />
( ) = Vertriebshelfer mit unterstützender Tätigkeit<br />
4.<br />
4.<br />
(3., 6.)<br />
6.<br />
(3.)<br />
6.<br />
Angebotserstellung/<br />
Verkauf<br />
6.<br />
(4.)<br />
6.<br />
(4.)<br />
1., 6.<br />
(4.)<br />
4.<br />
(2., 3., 6.)<br />
6.<br />
(2., 3., 4.)<br />
1., 6.<br />
Auftragsabwicklung<br />
6.<br />
(4.)<br />
6.<br />
(4.)<br />
6.<br />
(4.)<br />
4.<br />
(3.)<br />
6.<br />
(3.)<br />
1., 4.<br />
Lieferung Installation<br />
Abbildung 2-4: Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
6.<br />
(4.)<br />
6.<br />
(4.)<br />
4.<br />
(3.)<br />
4.<br />
(3.)<br />
6.<br />
(3.)<br />
3.<br />
(2.)<br />
6.<br />
6.<br />
6., 2.<br />
2.<br />
(3., 4.)<br />
2.<br />
(3., 6.)<br />
2.<br />
After-Sales-<br />
Services<br />
Abbildung 2-4 zeigt insbesondere auch Aufgabenträger, wie Logistikdienstleister oder<br />
Monteure, die die lokalen Vertriebspartner bei der Erfüllung von Vertriebaufgaben<br />
unterstützen. Diese werden im Weiteren als Vertriebshelfer bezeichnet (s. Ahlert 1996,<br />
S. 47; Homburg/Krohmer 2003, S. 707 ff.). Darunter fallen dann bspw. auch Agenten,<br />
die von Tochtergesellschaften zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen eingesetzt<br />
werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 709).<br />
2.1.3 Zentrale <strong>für</strong> länderübergreifende Koordination und Unterstützung<br />
In dieser Arbeit werden unter der „Zentrale“ diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden,<br />
die durch die Koordination und Unterstützung der dezentralen Vertriebspartner<br />
zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />
253 f.). Zentrale und Vertriebspartner stellen damit eine Gemeinschaft zur Erfüllung<br />
von Vertriebsaufgaben dar (Thies 1976, S. 49 f.).<br />
Es muss jedoch nicht zwingend die weltweite Unternehmenszentrale bzw. das Stammhaus<br />
gemeint sein, wenn von der „Zentrale“ die Rede ist. Auch das regionale Management<br />
oder das divisionale Management kann die Rolle der „Zentrale“ einnehmen,<br />
wenn es eine koordinierende oder unterstützende Tätigkeit einnimmt, die zur Aufgabenerfüllung<br />
dezentraler Vertriebspartner beiträgt (Pahlberg 1997, S. 456 f.). So werden<br />
z. B. bei der BASF AG, der Bosch AG, der Emhart Glass S.A. und der Holcim<br />
6.<br />
6.<br />
4., 6.<br />
5.<br />
(4.)<br />
5.<br />
(6.)<br />
1.
16<br />
Kapitel 2<br />
AG weitgehend alle Logistik-, Preis- und Marketingentscheidungen <strong>für</strong> die Regionen<br />
Europa, Nord-, Südamerika und Asien von regionalen Headquarters getroffen.<br />
Die Begriffe „Zentrale“ und „Hersteller“ unterscheiden sich in der Praxis durch das<br />
Eigentumsverhältnis des Herstellers am Vertriebspartner und reflektieren dessen Sicht:<br />
Herstellereigene Vertriebspartner benutzen den Begriff „Zentrale“, während herstellerfremde<br />
Vertriebspartner die Ausdrücke „Hersteller“ oder „Lieferant“ verwenden. Da<br />
in der vorliegenden Arbeit zunächst nicht zwischen herstellereigenen und herstellerfremden<br />
Vertriebspartnern unterschieden wird, können die Begriffe Zentrale, Hersteller,<br />
Stammhaus, Headquarters, Herstellerunternehmen und Unternehmenszentrale im<br />
Weiteren synonym verwendet werden.<br />
Reckenfelderbäumer (2001, S. 253) betont, dass die Zentrale insbesondere Aufgaben<br />
der Koordination und der Unterstützung übernimmt (s. Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />
298 ff.; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Die Koordination durch die Zentrale betrifft<br />
dabei verschiedene Mechanismen. Hervorzuheben sind die Zentralisierung, die Formalisierung<br />
und die Kontrolle: Eine Zentralisierung wird aus Sicht des Herstellers angestrebt,<br />
um Skaleneffekte und Synergien zu nutzen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 299).<br />
Ein gewisser Grad an Formalisierung bildet die Basis, um eine länderübergreifende<br />
Planung inklusive Zielvereinbarungen und Ergebniskontrollen zu realisieren<br />
(Kieser/Walgenbach 2003, S. 299; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Für ein detailliertes<br />
Bild zu den einzelnen Koordinationsmechanismen sei an dieser Stelle auf<br />
Kieser/Walgenbach (2003, S. 300) verwiesen. Es bleibt festzuhalten, dass die Wahrnehmung<br />
von Koordinationsaufgaben durch die Zentrale zwangsläufig die Autonomie<br />
der Vertriebspartner einschränkt (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Dabei manifestiert<br />
sich, dass eine Vertriebsgesellschaft, so bedeutsam sie auch <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
der Unternehmung und deren Erfolg sei, aus Sicht der Zentrale nur ein Element im<br />
Gesamtsystem ist (Dülfer 1992, S. 384.). Entscheidungen, z. B. über Marketingaktivitäten<br />
oder Erweiterungsfinanzierungen, müssen deshalb immer auch die Interessen<br />
anderer Elemente (bspw. anderer Vertriebspartner) des Gesamtunternehmens berücksichtigen<br />
(Dülfer 1992, S. 384 ff.).<br />
Neben der Koordination kommen der Zentrale insbesondere Aufgaben der Unterstützung<br />
zu. Hierbei handelt es sich z. B. um die Übernahme verschiedener Sekundäraufgaben,<br />
wodurch dezentrale Bereiche entlastet werden können (Reckenfelderbäumer<br />
2001, S. 254). Auch hierbei spielen Synergieeffekte eine Rolle, allerdings verspricht<br />
man sich häufig auch eine höherwertige Leistung, als dies bei einer dezentralen Erstellung<br />
der Fall wäre (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Beispiele <strong>für</strong> die Unterstüt-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 17<br />
zung sind z. B. die Durchführung von Schulungen, Marktforschungen oder die Bereitstellung<br />
von Produktdokumentationen sowie technische oder juristische Hilfestellungen<br />
(s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254; Lasserre/Schütte 1995, S. 253 ff.).<br />
Zentralbereiche verfügen in Bezug auf ihr Angebot, insbesondere bei unterstützenden<br />
Leistungen, häufig über eine innerbetriebliche Monopolstellung, so dass sie keiner<br />
unmittelbaren Konkurrenz ausgesetzt sind (Reckenfelderbäumer 2001, S. 257). Mittelbare<br />
Konkurrenz kommt bspw. dadurch zustande, dass Leistungen vor Ort selbst<br />
erstellt werden oder extern beschafft werden können.<br />
Als typisch führt Reckenfelderbäumer (2001, S. 258) an, dass viele Zentralbereiche<br />
nur unzureichende und ungenaue Vorstellungen über die qualitativen und quantitativen<br />
Bedürfnisse der internen Kunden haben, obwohl der „relevante Markt“ meist relativ<br />
eng und abgegrenzt ist (Reckenfelderbäumer 2001, S. 258). Hungenberg (1992, S.<br />
345) betont zudem, dass die Möglichkeit einer zentralen Problembewältigung in internationalen<br />
Märkten nur eingeschränkt besteht, was es der Zentrale erschwert, ihre<br />
Aufgaben zu erfüllen (Hungenberg 1992, S. 345).<br />
2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive<br />
2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz<br />
Nach Tomczak (1992, S. 80 f.) sind die drei Grundelemente empirischer Forschung<br />
die Realität, die Theorie und die Methode. Für die wissenschaftliche Betrachtungsweise<br />
von Realität ist es typisch, dass in sich widerspruchsfreie Systeme von Aussagen<br />
und Theorien aufzustellen sind, deren Entsprechung zur Realität unter Verwendung<br />
von Methoden zu überprüfen und zu entwickeln ist. Durch die Methoden soll eine<br />
Verbindung zwischen abstrakteren Elementen von Theorie und Realität hergestellt<br />
werden, wobei jeder Marketingforscher vor dem Dilemma zwischen qualitativer<br />
Gründlichkeit und quantitativer Abstraktion steht (Tomczak 1992, S. 81).<br />
Die realitätsorientierte Marketingforschung greift Probleme auf, die aktuell oder künftig<br />
<strong>für</strong> die Praxis relevant sind, und versucht diese auf dem Wege eines theoriegeleiteten<br />
Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen. (Belz 1991, S. 9; Tomczak<br />
1992, S. 83; Tomczak 1991, S. 30 ff.) Die praktische Relevanz wird demnach ebenso<br />
als Anforderung an ein realitätsorientiertes Forschungsvorhaben gestellt wie die theoretische<br />
Fundierung: Einerseits ist also zu untersuchen, welche anderen theoretischen<br />
Perspektiven, d. h. erste Strukturierungen oder ausgereifte Theorien bereits zur Verfügung<br />
stehen (Tomczak 1992, S. 83). Andererseits ist zu prüfen, ob das Forschungs-
18<br />
Kapitel 2<br />
problem in der Praxis – also bei den Personen, die sich in dem betrachteten Realitätsausschnitt<br />
befassen – tatsächlich ein relevantes Problem darstellt (Tomczak 1992, S.<br />
83; Tomczak 1991, S. 26).<br />
Im Rahmen dieser Arbeit wurde versucht, beiden Anforderungen in hohem Masse<br />
Rechnung zu tragen. Zum einen wurden umfangreiche qualitative und quantitative<br />
empirische Untersuchungen vorgenommen, um die Relevanz des Forschungsproblems<br />
aus Sicht der befragten Praxisvertreter zu untersuchen (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.; Abschnitt<br />
2.4, S. 34 ff.). Zum anderen konnten durch ein hermeneutisches Vorgehen die<br />
Beiträge grundsätzlicher theoretischer Perspektiven (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.) und die<br />
Beiträge benachbarter Forschungsgebiete (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.) herausgestellt<br />
werden. Sie leisten zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfragen eine wichtige<br />
Hilfestellung. Die Methoden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Dissertationsprojektes<br />
ihren Einsatz fanden, werden in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) einzeln vorgestellt<br />
und erörtert.<br />
2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive<br />
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich dem Phänomen Organisation theoriegeleitet zu<br />
nähern, und jede Theorie lässt bestimmte Facetten der Organisation in den Vordergrund<br />
treten und drängt zugleich andere in den Hintergrund (Kieser/Walgenbach 2003,<br />
S. 65). Während bspw. der situative Ansatz eine starke Gestaltungsorientierung aufweist,<br />
stehen bei anderen Theorien wie z. B. der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie<br />
in erster Linie die Erklärung oder das Verstehen formaler Organisation<br />
im Vordergrund (Kieser/Walgenbach 2003, S. 65). Für eine ausführliche Diskussion<br />
und Gegenüberstellung der unterschiedlichen Organisationstheorien sei an dieser<br />
Stelle auf Kieser (1999b) verwiesen.<br />
Um eine möglichst differenzierte, praxis- und realitätsnahe Betrachtungsweise zu fördern<br />
(Staehle 1976, S. 36; Belz 1993, S. 7; Mockler 1971, S. 146), wird als Ausgangspunkt<br />
der vorliegenden Arbeit der situative Ansatz gewählt. Diese theoretische Perspektive<br />
eignet sich besonders <strong>für</strong> eine Erklärung der formalen Struktur und führt in<br />
hohem Masse zu handlungsleitenden Implikationen (Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />
222 f.). Der situative Ansatz ist auch unter dem Begriff „Kontingenzansatz“ bekannt<br />
(Scherer/Beyer 1998, S. 334). Es soll damit die Annahme zum Ausdruck gebracht<br />
werden, dass Organisationsstrukturen von anderen Grössen abhängig (= kontingent)<br />
sind. Der Ansatz geht dabei von konkreten Problemsituationen aus, die durch eine
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 19<br />
Konstellation bestimmter Einflussgrössen (synonym: Kontextfaktoren) definiert werden<br />
(Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 146).<br />
Handlungsempfehlungen werden damit relativiert (Tomczak 1992, S. 84;<br />
Kieser/Kubicek 1992, S. 50), sie müssen sich an der Situation ausrichten, in der sich<br />
die jeweilige Organisation, bspw. der Vertriebspartner, befindet (Kieser/Kubicek<br />
1992, S. 45 f.; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 147). Die Aufgabe des situativen<br />
Ansatzes besteht darin, Handlungsalternativen zu entwerfen, die unter genau zu<br />
spezifizierenden Situationen erfolgreicher sind als andere (Staehle 1976, S. 36). Es<br />
gibt demnach nicht eine generell gültige optimale Handlungsalternative, sondern mehrere<br />
situationsbezogen angemessene (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 114;<br />
Mockler 1971, S. 148). Dabei nimmt der situative Ansatz an, dass das Management<br />
durch die Anpassung der Organisationsstruktur an die Situation („Fit“) versucht, die<br />
Effizienz der Organisation zu maximieren (Kieser/Walgenbach 2003, S. 222; Jensen<br />
2001, S. 12; Donaldson 2001, S. 12).<br />
Kontextfaktor<br />
Fit<br />
Organisationsstruktur<br />
Falls nicht<br />
befriedigend:<br />
Anpassung<br />
Andere Ursachen<br />
Ergebnisse<br />
Abbildung 2-5: Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur<br />
(In Anlehnung an Donaldson 2001, S. 12)<br />
Abbildung 2-5 (S. 19) zeigt das von Donaldson (2001, S. 12 f.) vorgeschlagene Fit-<br />
Konzept zur Anpassung der Organisationgestaltung an die Kontextfaktoren mit den<br />
entsprechenden Ergebniswirkungen, das <strong>für</strong> die Konzepte und Methoden der vorliegenden<br />
Arbeit besondere Impulse gibt. Danach müssen lokale Kontextfaktoren (z. B.<br />
die lokale Wettbewerbsintensität) und die jeweils korrespondierenden organisatorischen<br />
Gestaltungen (z. B. der Grad an Entscheidungszentralisierung in der Vertriebsorganisation)<br />
erfasst und beschrieben werden, um die Eignung der Kombination aus<br />
beiden Einflussgrössen anhand ihrer Ergebniswirkungen (z. B. lokaler Erfolg oder lokale<br />
Zufriedenheit) beurteilen zu können.
20<br />
Kapitel 2<br />
Wie Scherer (1999, S. 2) betont, „sind Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde,<br />
in denen viele Probleme auftreten können, die (...) nur schwer unter ein gemeinsames<br />
Dach einer wie auch immer gearteten ‚Supertheorie’ zu integrieren sind (...). Hinzu<br />
kommt (...), dass jeder dieser Teilaspekte wiederum unter verschiedenen theoretischen<br />
Perspektiven beleuchtet werden kann“. Die Perspektive des situativen Ansatzes wird<br />
deshalb dort, wo es dem Autor geboten scheint, um andere Betrachtungsweisen ergänzt,<br />
soweit diese zur theoretischen Durchdringung des Forschungsobjektes beitragen<br />
(s. Homburg 2000, S. 56; Kieser/Walgenbach 2003, S. 45 f., 68). Einen Beitrag leistet<br />
der ressourcenbasierte Ansatz, auch als „resource-based view“ bezeichnet, der den<br />
spezifischen Wert der effizienten Vertriebsorganisation als einzigartige innerorganisationale<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in den Vordergrund<br />
stellt und zu erklären hilft (s. Barney 1986; Penrose 1959; Rasche 1994;<br />
Wernerfelt 1984). Die Transaktionskostentheorie leistet einen Betrag, indem das Zustandekommen<br />
verschiedener Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie<br />
erklärt wird (s. Picot 1982; Picot/Dietl 1990; Williamson 1975; Williamson 1985;<br />
Williamson 1991). Und auch die Perspektive der Principal-Agent Theorie, die neben<br />
der Transaktionskostentheorie zu den institutionenökonomischen Ansätzen gehört,<br />
kann Beiträge leisten, indem sie den Blick auf Informations- und Interessenunterschiede<br />
zwischen den Parteien in der Vertriebsorganisation lenkt, aus denen Probleme in<br />
der Zusammenarbeit resultieren können (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 49 ff.).<br />
Die Integration nicht vereinbarer theoretischer Perspektiven kann aus wissenschaftlicher<br />
Sicht durchaus problematisiert werden. Solange es allerdings keine Möglichkeit<br />
gibt, ein objektives Urteil über die Güte der einzelnen Theorien zu fällen, erscheint<br />
Kieser/Walgenbach (2003, S. 68) dies der einzige Weg, das Verständnis von Organisationen<br />
zu verbessern. Die Perspektiven werden in dieser Arbeit deshalb in Anlehnung<br />
an Homburg (2000, S. 56) als komplementär betrachtet und integrierend genutzt.<br />
2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete<br />
In den folgenden Absätzen wird das Forschungsproblem in den Kontext verschiedener<br />
Forschungsgebiete gestellt, in deren Schnittmenge es sich befindet. Es werden jeweils<br />
ausgewählte wissenschaftliche Ansätze vorgestellt, die wichtige Beiträge zur Beantwortung<br />
der Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit leisten.
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 21<br />
2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem<br />
In Anlehnung an Rafée (1974, S. 80, S. 111) können unter einem Vertriebssystem<br />
sämtliche soziale Einheiten, d. h. Organisationen, Personengruppen und Einzelpersonen<br />
verstanden werden, die bei der Planung, Durchführung und Kontrolle von Vertriebsaufgaben<br />
mitwirken sowie die Beziehungen, die zwischen diesen sozialen Einheiten<br />
bestehen. Das Vertriebssystem schliesst damit sowohl herstellereigene als auch<br />
herstellerfremde Vertriebspartner ein, die an der Vertriebsaufgabe des Herstellers mitwirken<br />
sollen.<br />
Erste konzeptionelle Perspektiven, die systeminterne Austauschprozesse und ihre Gestaltung<br />
als Marketingprozesse interpretieren (Kotler 1972, S. 48 f.), waren das „Generic<br />
Concept of Marketing“ (Kotler 1972) und das mit ihm verwandte „Exchange Concept“<br />
(Bagozzi 1974; Bagozzi 1975). (Rafée 1974, S. 111) Das weite Marketingverständnis<br />
beider Konzepte hat sich allerdings nicht durchgesetzt (Stauss/Schulze 1990,<br />
S. 149), da von einigen Wissenschaftlern der „Allzuständigkeitsanspruch des Marketing“<br />
abgelehnt wird (s. Rafée 1974, S. 111; Stauss/Schulze 1990, S. 149; Schütz<br />
1993, S. 194; Rafée/Specht 1982, S. 556 ff.).<br />
Dennoch lässt sich bis heute eine Beachtung der systeminternen Dimension des Marketing<br />
feststellen (Lings 1999; Conduit/Mavondo 2001; Rafiq/Ahmed 2000), deren<br />
Bedeutung sich inzwischen etabliert hat. Zu den internen Themenbereichen des Marketing<br />
gehören bspw. Diskussionen über Corporate Identity, Corporate Communication,<br />
Behavioral Branding (s. z. B. Tomczak et al. 2005; Tomczak/Brexendorf 2003)<br />
sowie internes und vertikales Marketing. Die beiden letzten Konzepte geben <strong>für</strong> das<br />
Forschungsprojekt wichtige Impulse, da sie das klassische Kundenverständnis um interne<br />
und (den Kundenunternehmen) vorgelagerte Kundengruppen, wie Tochtergesellschaften<br />
und den Handel erweitern.<br />
Internes Marketing<br />
Internes Marketing ist die „planmässige Gestaltung von Austauschbeziehungen mit<br />
internen Systemmitgliedern zu absatzmarktbezogenen Zwecken“ (Stauss/Schulze<br />
1990, S. 155). Es kann als unternehmerische Grundhaltung verstanden werden, nach<br />
der alle unternehmerischen Entscheidungen konsequent an den Erfordernissen und<br />
Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten sind (George/Grönroos 1995, S. 66;<br />
Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150), um deren Zufriedenheit<br />
zu erhöhen. Die Mitarbeiterzufriedenheit gilt im internen Marketing als Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> die Realisierung ökonomischer Unternehmensziele (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450;
22<br />
Kapitel 2<br />
Lings 1999, S. 453). Vor allem im persönlichen Verkauf, der im <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />
häufig anzutreffen ist, haben das Personal und dessen Interaktion mit dem Kunden<br />
eine wesentliche Bedeutung <strong>für</strong> den Markterfolg (Lings 1999, S. 453; Stauss/Schulze<br />
1990, S. 151; Grönroos 1985, S. 42). Das interne Marketing dient damit der internen<br />
Absicherung einer externen Marketingstrategie (Meyer/Oppermann 1998, S. 993;<br />
Stauss/Schulze 1990, S. 156). Das Konzept des internen Marketing bringt also die Relevanz<br />
intraorganisationaler Voraussetzungen zum Ausdruck, die <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />
Umsetzung absatzorientierter Marketing- und Vertriebskonzepte vorliegen müssen.<br />
Als Austauschpartner bzw. Systemmitglieder kommen beim internen Marketing das<br />
Personal oder Subsysteme von Unternehmen in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S.<br />
155). Obwohl organisationsexterne Adressaten nicht explizit ausgeschlossen werden,<br />
liegt der Fokus im internen Marketing auf organisationsinternen Adressaten (Lings<br />
1999, S. 453; Hauser et al. 1996, S. 268 f.; Davis 1992, S. 6; Conduit/Mavondo 2001,<br />
S. 12; Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f.). Es existieren bislang keine Untersuchungen, die<br />
das interne Marketing auf das Verhältnis der Zentrale zu den Vertriebsgesellschaften<br />
beziehen. Nach Stauss/Schulze (1990, S. 155) kommt jedoch ein Unternehmen mit<br />
mehreren Betriebsstätten grundsätzlich als System in Betracht (Stauss/Schulze 1990,<br />
S. 155; Schütz 1993, S. 194 f.). Dann sind es Subsysteme wie Filialen, Mitglieder von<br />
Kooperationen oder Franchise-Nehmer, die mit Hilfe eines abgestimmten Instrumentariums<br />
gesteuert und zu absatzstrategisch festgelegtem Verhalten im Sinne der Systemziele<br />
bewegt werden müssen (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Adressat dieser Variante<br />
des internen Marketing ist das jeweilige Subsystem, in erster Linie dessen Leitung,<br />
sekundär auch die weiteren Elemente des Subsystems, bspw. Vertriebsmitarbeiter.<br />
Diese Variante wird von Stauss/Schulze (1990, S. 155) als „subsystemorientiertes internes<br />
Marketing“ bezeichnet.<br />
Tabelle 2-1 zeigt noch einmal die Einbeziehung von internen und externen Adressaten<br />
beim internen Marketing. Es wurden dazu jeweils einige wichtige Publikationen ausgewählt.<br />
Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut<br />
Rafiq/Ahmed 2000,<br />
S. 454 f.<br />
Meyer/Oppermann 1998,<br />
S. 992<br />
Stauss 1997,<br />
S. 720<br />
Mitarbeiter des Unternehmens, insbesondere Mitarbeiter<br />
im Kundenkontakt<br />
Organisationsinterne Mitarbeiter<br />
Mitglieder einer organisatorischen Unternehmensverbindung,<br />
rechtlich Kooperationspartner mit<br />
räumlich dezentraler Leistungserstellung, rechtlich<br />
Einbezogene<br />
Adressaten<br />
Externe Interne
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 23<br />
Bruhn 1995,<br />
S. 25<br />
George/Grönroos 1995,<br />
S. 65 f.<br />
Schütz 1993,<br />
S. 194 f.<br />
Stauss/Schulze 1990,<br />
S. 155<br />
unabhängige Teileinheiten<br />
Mitarbeiter, Abteilungen, Tochterunternehmen<br />
Interne Organisation und interner Mitarbeitermarkt<br />
Zentrale Bereiche, Glieder der Wertschöpfungskette,<br />
Teilfunktionen im Stammhaus, selbstständige<br />
Auslandsgesellschaften und Beteiligungen, Filia-<br />
len, Franchisenehmer<br />
Interne Organisationsmitglieder, Subsysteme, wie<br />
Filialen, Mitglieder von Kooperationen, Franchisenehmer<br />
Unternehmensinterne Mitarbeitermärkte<br />
Grönroos 1985,<br />
S. 42<br />
= vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen<br />
Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen Marketing<br />
Vertikales Marketing<br />
Vertikales Marketing basiert auf dem Grundgedanken, dass eine stufenübergreifende<br />
Abstimmung von Funktionen und Marketingaktivitäten der vertikalen Partner sowohl<br />
eine wirtschaftlichere Prozessgestaltung als auch eine bessere Ausschöpfung der<br />
Nachfrage von Endkunden ermöglicht (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11;<br />
Pabst/Brettenthaler 1995, S. 48 f.; Schneider 1989, S. 90). Damit soll das vertikale<br />
Marketing die Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebssystems insgesamt erhöhen<br />
(Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11; Belz 1989, S. 292 f.) und dazu führen, dass<br />
beide Partner ihre Ziele besser erreichen (Ceyp 1996, S. 8; Thies 1976, S. 59;<br />
Steffenhagen 1975, S. 63; Belz 1989, S. 251 ff.).<br />
Häufig wird vertikales Marketing ausschliesslich auf die Zusammenarbeit mehrerer<br />
wirtschaftlich selbstständiger Distributionsstufen bezogen (Thies 1976, S. 52; Pabst<br />
1993, S. 12 f.; Irrgang 1989, S. 12; Schneider 1989, S. 91, Engelhardt 1990, S. 11,<br />
Belz 1989, S. 571; Kirsch 1987, S. 20 f.). Das betrifft vor allem die Zusammenarbeit<br />
zwischen Hersteller und Handel oder zwischen Gross- und Einzelhandel (Thies 1976,<br />
S. 52; Belz 1989, S. 571; Ceyp 1996, S. 7). Thies (1976, S. 49 ff.) und Tietz/Mathieu<br />
(1979, S. 9 ff.) sehen die wirtschaftliche Selbstständigkeit und die reale (nicht nur formale)<br />
Möglichkeit zum Austritt aus der Zusammenarbeit sogar als konstitutive Merkmale<br />
von vertikalen Marketingsystemen an (Thies 1976, S. 49 ff.; Tietz/Mathieu 1979,<br />
S. 9 ff.; Stuke 1974, S. 22). Durch diese enge Sichtweise werden aber die durch Eigentumsrechte<br />
abgesicherten Distributionssysteme, bspw. eigene Tochtergesellschaften,<br />
im Rahmen des vertikalen Marketing nicht erfasst (Kunkel 1977, S. 22). Die (häufig<br />
fehlende) reale Möglichkeit zum Austritt, wie sie bspw. in der Beziehung zu grossen
24<br />
Kapitel 2<br />
Handelspartnern durch Machtungleichgewichte besteht, bleibt unbeachtet (Kunkel<br />
1977, S. 22 f.). Auch die De-facto-Unabhängigkeit bzw. grosse Macht, die auch Filialunternehmen<br />
und ausländische Vertriebsgesellschaften häufig besitzen, wird nicht berücksichtigt,<br />
obwohl sie nach Weinhold-Stünzi (1986, S. 1) massgeblich ist, um von<br />
vertikalem Marketing zu sprechen.<br />
Kunkel (1977, S. 23) definiert vertikales Marketing deshalb als „eine auf mehrere<br />
Marktstufen zielende absatzfördernde Strategie und deren taktische Ausgestaltung<br />
durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere Unternehmungen“. Das Bemühen<br />
um eine weitgehende Koordination der Marketing- und Vertriebsaktivitäten und der<br />
jeweils erbrachten Teilleistungen der am Absatzprozess Beteiligten (Kunkel 1977, S.<br />
21) muss sich demnach auf alle Vertriebspartner beziehen, sowohl auf eigene Vertriebsgesellschaften<br />
als auch auf selbstständige Vertretungen. Tabelle 2-2 fasst anhand<br />
ausgewählter Publikationen den Adressatenbereich des vertikalen Marketing zusammen.<br />
Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut<br />
Belz 1989,<br />
S. 571<br />
Irrgang 1989,<br />
S. 12<br />
Schneider 1989,<br />
S. 91<br />
Weinhold-Stünzi 1986,<br />
S. 1<br />
Kunkel 1977,<br />
S. 23<br />
Vertikal beteiligte Produktions- und Handelsstufen<br />
Der Absatzmittlerbereich<br />
Marktpartner im Distributionskanal<br />
Vorgelagerte Stufen beim Vermarkten von Gütern<br />
und Dienstleistungen an Abnehmer über Zwi-<br />
schenstufen (Gross- und Einzelhandel)<br />
Andere Marktstufen und deren Ausgestaltung<br />
durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere<br />
Unternehmungen<br />
Thies 1976,<br />
Ein wirtschaftlich selbstständig bleibendes Unter-<br />
S. 52<br />
nehmen auf einer anderen Wirtschaftsstufe<br />
= vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen<br />
Tabelle 2-2: Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen Marketing<br />
Fazit: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem kombinieren<br />
Einbezogene<br />
Adressaten<br />
Externe Interne<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich internes Marketing hauptsächlich auf<br />
organisationsinterne Adressaten, vertikales Marketing hingegen auf (externe) Handelsstufen<br />
bezieht. Abbildung 2-6 zeigt die Bereiche, in denen das interne und vertikale<br />
Marketing Beiträge zur Erklärung und Gestaltung von Vertriebssystemen leisten.<br />
Während Typ A eine reine herstellereigene Organisation darstellt, und deshalb in den<br />
Geltungsbereich des internen Marketing fällt, beschreibt Typ B das Verhältnis zwi-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 25<br />
schen Hersteller und externen Distributionspartnern. Hierbei sind Aspekte des vertikalen<br />
Marketing zu beachten. Typ C zeigt vereinfachend eine im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />
häufig anzutreffende Mischform, bei der internes und vertikales Marketing<br />
auf den verschiedenen Stufen bis zum Kundenunternehmen ineinander greifen<br />
müssen. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, alle Stufen bis zum Kunden aufeinander<br />
abzustimmen, damit die Kundenorientierung vom Hersteller bis zum Kundenunternehmen<br />
lückenlos wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Belz 1994, S. 22).<br />
Typ A<br />
Typ B<br />
Typ C<br />
Hersteller<br />
Hersteller<br />
Hersteller<br />
Internes Marketing<br />
Vertikales Marketing<br />
Vertriebssystem<br />
Herstellereigene<br />
Vertriebspartner<br />
Herstellerfremde<br />
Vertriebspartner<br />
Herstellereigene<br />
Vertriebspartner<br />
Herstellerfremde<br />
Vertriebspartner<br />
Abbildung 2-6: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers<br />
(In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 97)<br />
Kundenunternehmen<br />
Kundenunternehmen<br />
Kundenunternehmen<br />
Dies unterstreicht die notwendige Verzahnung von internem und vertikalem Marketing.<br />
Eine Abstimmung sollte vorgenommen werden, unabhängig davon, ob die Systemmitglieder<br />
organisationsintern sind oder nicht (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Schütz<br />
1993, S. 194; Stauss/Schulze 1990, S. 155; Weinhold-Stünzi 1986, S. 1; Kunkel 1977,<br />
S. 23). Wichtigstes Ziel ist es, dass alle Mitglieder des Vertriebssystems die Unterstützung<br />
bekommen, die sie benötigen, um ihre Aufgaben - insbesondere Aufgaben im<br />
Kundenkontakt - zu erfüllen. (Lings 1999, S. 453; Barrett 1994, S. 31) Die Massnahmen<br />
im Rahmen einer solchen Kundenorientierung müssen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften<br />
ggf. anders ausgestaltet sein als <strong>für</strong> selbstständige Vertretungen. Herstellereigene und -<br />
fremde Vertriebspartner werden dabei zu wichtigen Kundengruppen der Zentrale (Belz<br />
1994, S. 22).<br />
2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen<br />
Die verhaltenswissenschaftliche Marketingforschung beschäftigt sich bereits seit den<br />
1950er Jahren (z. B. Mack/Snyder 1957) mit Zufriedenheit und Konflikten in Distributionskanälen.<br />
In etlichen Partialuntersuchungen (z. B. Boyle/Dwyer 1995;
26<br />
Kapitel 2<br />
Frazier/Rody 1991; Gaski/Nevin 1985; Kale 1986; Lusch 1976) sind Teilaspekte der<br />
vertikalen Distributionsbeziehungen untersucht und bereits in verschiedenen Metaforschungen<br />
zusammengefasst worden (Steffenhagen 1987, S. 551; s. Geyskens et al.<br />
1999; Gaski 1984; Pondy 1989; Pondy 1967). Allein zwischen 1970 und 1996 wurden<br />
71 empirische Studien zur Zufriedenheit in Vertriebskanälen durchgeführt, deren Ergebnisse<br />
in führenden amerikanischen Marketingjournalen veröffentlicht wurden<br />
(Geyskens et al. 1999, S. 223). Diese Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage nach<br />
dem Zustandekommen der Einstellung von Vertriebsmitarbeitern sowie ob und welchen<br />
Einfluss psychische Faktoren auf das Verhalten der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung<br />
und damit auf den Unternehmenserfolg haben (Kieser/Walgenbach 2003, S. 37).<br />
Die Zufriedenheit von Mitgliedern des Vertriebssystems steht im Mittelpunkt vieler<br />
wissenschaftlicher Untersuchungen (z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al. 1999;<br />
Brown/Peterson 1994; Schul et al. 1985; Dwyer 1980; Rosenberg/Stern 1971) und ist<br />
bezüglich ihrer Position in der Kausalkette umstritten (s. Michie/Sibley 1985;<br />
Schwab/Cummings 1970). Geyskens et al. (1999, S. 224) definieren die „Channel<br />
Member Satisfaction“ als emotionalen Zustand, der aus der Beurteilung sämtlicher<br />
Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen resultiert (Frazier et al.<br />
1989; Gaski/Nevin 1985). Hierbei können drei wesentliche Perspektiven zur Rolle der<br />
Zufriedenheit unterschieden werden:<br />
1. die Sicht, dass eine hohe Zufriedenheit von Mitarbeitern deren Leistung und Erfolg<br />
erhöhen (s. Schwab/Cummings 1970, S. 410; Herzberg 1968, S. 53 ff.),<br />
2. die Sicht, dass hohe Leistungen und Erfolge von Mitarbeitern zur Zufriedenheit beitragen<br />
(s. Lawler III/Porter 1967; Schwab/Cummings 1970, S. 417 ff.),<br />
3. die integrierende Sicht, dass die Beziehungen zwischen Zufriedenheit, Leistung und<br />
Erfolg wechselseitig sind (s. Michie/Sibley 1985, S. 189; Robicheaux/El-Ansary<br />
1975, S. 25) und durch verschiedene weitere Variablen beeinflusst werden (s. Schul<br />
et al. 1985; Ping Jr. 2003; Dwyer 1980).<br />
Nach der zuletzt genannten Sichtweise erzeugt eine hohe Zufriedenheit, die durch weitere<br />
Einstellungsvariablen wie z. B. das Vertrauen zum Hersteller, die Verbundenheit<br />
und das Konfliktniveau moderiert wird, eine höhere Leistung der Mitarbeiter, die je<br />
nach Fähigkeiten und Charakter wiederum zu höheren Unternehmenserfolgen führt.<br />
Durch intrinsische und extrinsische (z. B. variables Gehalt) Belohnungen wirkt sich<br />
eine Zielerreichung wiederum auf die Zufriedenheit aus (s. Abbildung 2-7).
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 27<br />
Zufriedenheit<br />
Konflikte<br />
Vertrauen<br />
Verbundenheit<br />
Leistung<br />
Belohnungen<br />
Markterfolg<br />
Einstellung Verhalten Erfolg<br />
Abbildung 2-7: Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von<br />
Vertriebsmitarbeitern<br />
Ein Grossteil der wissenschaftlichen Studien betrachtet nicht die gesamte in<br />
Abbildung 2-7 dargestellte Wirkungskette, sondern fokussiert die Zusammenhänge<br />
zwischen verschiedenen Einstellungsvariablen (s. Andaleeb 1996; Anderson/Narus<br />
1990; Geyskens et al. 1996) und deren Abhängigkeiten von moderierenden Rahmenbedingungen<br />
(s. Wood 2001; Ping Jr. 2003; Goodman/Dion 2001).<br />
Neben der Zufriedenheit wurden dabei insbesondere Konflikte in Vertriebskanälen<br />
untersucht. Konflikte können sowohl Ursache als auch Konsequenz von Unzufriedenheit<br />
sein (Geyskens et al. 1999, S. 224). Konflikte stellen eine Situation der Spannung,<br />
Frustration und Unstimmigkeit in einer Vertriebsbeziehung dar (Anderson/Narus<br />
1990, S. 65 f.), in der mindestens einer der Interaktionspartner wahrnimmt, dass die<br />
andere Partei ihn davon abhält oder daran hindert, seine Ziele zu erreichen<br />
(Gaski/Nevin 1985, S. 131 f.; Steffenhagen 1975, S. 23 f.). Sachliche Konflikte sind<br />
durchaus gewollt, da sie neue Ideen fördern, Klarheit schaffen und die Basis <strong>für</strong> Veränderungen<br />
darstellen (Schögel 1997, S. 92). Sie können jedoch leicht in Konflikte<br />
zwischen Personen umschlagen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 155). Bis zu einem bestimmten<br />
Niveau scheinen Konflikte keinen wesentlichen Einfluss auf die Effizienz<br />
des Vertriebssystems zu nehmen. Rosenbloom (1973, S. 29) betont die effizienzsteigernde<br />
Wirkung, die von einem „konstruktiven“ Konfliktniveau ausgehen kann. Er<br />
weist jedoch darauf hin, dass Konflikte ab einem bestimmten Niveau die Effizienz des<br />
Vertriebssystems mindern können und eine ernsthafte Gefahr <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />
darstellen (Rosenbloom 1973, S. 27 f.). Für detaillierte Ausführungen zu einzelnen<br />
Konflikttypen und -verläufen, die in der Konfliktforschung untersucht wurden, sei an
28<br />
Kapitel 2<br />
dieser Stelle auf Steffenhagen (1975, S. 24 ff.; 1987, S. 555 ff.), Pondy (1967, S.<br />
298 ff.), Etgar (1979) und Lusch (1976, S. 383 f.) verwiesen. Abbildung 2-8 zeigt den<br />
von Rosenbloom (1973) unterstellten Zusammenhang.<br />
hoch<br />
Effizienz des<br />
Vertriebssystems<br />
niedrig<br />
niedrig<br />
Konfliktniveau<br />
Abbildung 2-8: Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems<br />
(In Anlehnung an Rosenbloom 1973, S. 29)<br />
Viele der Beiträge zur Konflikt- und Zufriedenheitsforschung in Vertriebskanälen beschäftigen<br />
sich mit der Bestimmung und Erklärung der Ursachen sowie der Determinanten,<br />
Entwicklungsstufen und der Stärke von Konflikten. Sie geben jedoch nur wenige<br />
Hinweise, wie Konflikten im Vorfeld begegnet, wie die Zufriedenheit erfasst oder<br />
wie bestehende Konflikte gelöst werden können, um die Zusammenarbeit zu verbessern<br />
(anders s. Henderson 1971; Dant/Schul 1992; Steffenhagen 1975, S. 129 ff.;<br />
Dant/Schul 1992).<br />
Auch geben empirische Studien kaum Hinweise darauf, welche Auswirkungen Zufriedenheit,<br />
Konflikte und andere Einstellungsvariablen auf das Verhalten von Mitarbeitern<br />
und auf betriebliche Erfolgsgrössen haben (Meinig/Heß 1992; anders s. Meffert et<br />
al. 1996). Zudem sind die erklärenden Aussagen, die im Rahmen der Konfliktforschung<br />
getroffen werden, meist auf einem abstrakten Betrachtungsniveau. So können<br />
konkrete vertriebsspezifische Hinweise nur schwer abgeleitet werden (anders s. Diez<br />
et al. 2000; Meinig/Heß 1992; Meffert et al. 1996; Saatkamp 2002).<br />
Einen <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit besonders wertvollen Impuls geben die Arbeiten von<br />
Diez et al. (2000), Meinig/Heß (1992), Meffert et al. (1996), Kale (1986) und<br />
Anderson/Narus (1984; 1990). Die ersten drei (Diez et al. 2000; Meinig/Heß 1992;<br />
hoch
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 29<br />
Meffert et al. 1996) untersuchten die Zufriedenheit von (herstellerfremden) vertraglichen<br />
Automobilhändlern in der Beziehung zu ihren Herstellerunternehmen. Die Händlerzufriedenheit<br />
wird im Rahmen des so genannten „Dealer Satisfaction Check“ an der<br />
Forschungsstelle <strong>für</strong> Automobilwirtschaft (FAW) in Bamberg (Deutschland) jährlich<br />
erhoben. Hierdurch erhalten Automobilhersteller Hinweise auf Optimierungspotenziale<br />
und Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Steuerung<br />
der Vertriebspartner (Diez et al. 2000, S. 167). Im <strong>Industriegüter</strong>bereich, insbesondere<br />
<strong>für</strong> herstellereigene Vertriebsgesellschaften sind dem Autor bislang keine vergleichbaren<br />
Untersuchungen bekannt. Die Arbeiten von Kale (1986) und<br />
Anderson/Narus (1984; 1990) greifen ebenfalls die Perspektive eines unabhängigen<br />
Händlers auf und versuchen, dessen Zufriedenheit, Macht und Einflussstrategien in der<br />
Beziehung mit dem Hersteller zu erklären. Hierbei gibt die von den Autoren gewählte<br />
„Upstream“-Perspektive <strong>für</strong> die Problemstellung der vorliegenden Arbeit wichtige Anregungen.<br />
2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze<br />
Die Industrial Marketing and Purchasing Group (IMP Group) hat in den frühen 1980er<br />
Jahren erstmals ihren Interaktionsansatz vorgestellt (s. Hakansson 1982). Dieser erlaubt<br />
es, die Interaktionen von Marktbeteiligten in ihrem sozialen Gruppengefüge und<br />
ihrer Umwelt zu analysieren (Backhaus 2003, S. 134).<br />
Das allgemeine Interaktionsmodell (s. Abbildung 2-9), bei dem sich die IMP Group an<br />
die Interorganisations- sowie an die Neue Institutionentheorie anlehnt, basiert auf vier<br />
Variablengruppen (Hakansson 1982, S. 14 f.): „Akteure der Interaktion“ sind die beiden<br />
einbezogenen Parteien, aufgefasst als Organisationen und Personen. „Elemente<br />
und Prozesse“ beziehen sich auf Austauschobjekte und Abläufe der Interaktion. „Interaktionsumwelt“<br />
beschreibt die Umwelt, in der die Interaktion stattfindet. „Atmosphäre“<br />
steht <strong>für</strong> die sozialen Aspekte, durch welche die Interaktion beeinflusst wird<br />
und die selbst die Interaktion beeinflussen. Der Ansatz untersucht dabei nicht nur die<br />
einzelnen Gruppen von Variablen, sondern auch die Beziehungen zwischen diesen<br />
Gruppen (Hakansson 1982, S. 15).<br />
Der Interaktionsansatz bezieht sich in seiner ursprünglichen Form auf eine Käufer-<br />
Verkäufer Dyade und damit auf das interorganisationale Zusammenspiel zweier rechtlich<br />
unabhängiger Unternehmen (Hakansson 1982, S. 14; Backhaus 2003, S. 134 f.).<br />
Es sind bis heute zahlreiche Interaktionsstudien durchgeführt worden, die i. d. R. nur<br />
gewisse Teilaspekte der komplexen Austauschprozesse analysieren (Backhaus 2003,
30<br />
Kapitel 2<br />
S. 135; Backhaus/Büschken 1997). Auf dem IMP-Modell basierende Studien, in denen<br />
die intra-organisationale Interaktion eines <strong>Industriegüter</strong>herstellers mit einer ausländischen<br />
Vertriebsgesellschaft untersucht wird, gibt es bisher nur sehr wenige (s.<br />
Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000). Lingenfelder/Rudolph (1990), Rosson (1990)<br />
und Ford/Rosson (1982) betrachten Interaktionsparteien auf einer späten Stufe der<br />
Wertschöpfungskette: Lingenfelder/Rudolph untersuchen die Interaktionsbeziehung<br />
zwischen Hersteller- und Handelsunternehmen, während sich Rosson und<br />
Ford/Rosson mit der Beziehung zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und ihren ausländischen<br />
Distributoren beschäftigen.<br />
Abteilungen<br />
Partei A<br />
Interaktionsumwelt<br />
Atmosphäre<br />
Elemente und Prozesse<br />
der Interaktion<br />
Partei B<br />
Abbildung 2-9: Interaktionsansatz und wesentliche Elemente (Hakansson 1982, S. 15)<br />
Für eine Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und<br />
deren direkten und indirekten Vertriebspartnern leistet der Interaktionsansatz eine<br />
nützliche Strukturierungshilfe. Das Modell muss dazu im Hinblick auf das Untersuchungsziel<br />
angepasst und um konkrete Elemente, bspw. um konkrete Zusammenarbeitsprozesse<br />
ergänzt werden. Für die Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und<br />
Hersteller scheint eine dyadisch-organisationale Betrachtung geeignet: Es sind zwei<br />
Parteien beteiligt (Renz 1998, S.213), bei denen nicht nur die Individuen mit ihren<br />
Persönlichkeiten, Motivationen und Erfahrungen betrachtet werden sollen, sondern<br />
auch die Abstimmungsprobleme innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten, die<br />
von Grösse, Struktur und Strategie abhängen können (Renz 1998, S. 216). (Backhaus<br />
2003, S. 135 f.; Lingenfelder/Rudolph 1990, S. 11 f.)
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 31<br />
2.3.4 <strong>Internationales</strong> Vertriebs- und Marketingmanagement<br />
In der Forschung zum internationalen Management dominiert seit langem die Fokussierung<br />
von Herstellerunternehmen, resp. „Headquarters“ und die Argumentation aus<br />
Perspektive des Top-Managements. Eine Metauntersuchung, die Li/Cavusgil (1995)<br />
veröffentlicht haben, scheint dies zu belegen: Sämtliche identifizierte Research-<br />
Klassen, bspw. „Internationalization Process Perspective“, „International Marketing<br />
Management“ oder „Market Globalization Perspectives“ wurden aus dem Blickwinkel<br />
des Herstellerunternehmens formuliert und erläutert (Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.).<br />
Stewart (1995) und Gupta/Govindarajan (1994; 1991), die quantitativ-empirische Studien<br />
zu den Rollen von Tochtergesellschaften erstellt haben, stellen die Berechtigung<br />
einer Dominanz dieser Perspektive in Frage: „...if researchers’ intent is to understand<br />
strategic processes within MNCs, the focussing only on corporate „induced“ (i.e.<br />
centrally managed) processes would run the risk of overlooking important and directly<br />
relevant phenomena. Further, it would seem, that the study of autonomous processes<br />
would need to be conducted first at the level of the subsidiary and only secondarily at<br />
the level of the parent corporation.“ (Gupta/Govindarajan 1994, S. 455) 1<br />
Renz (1998, S. 78) hebt hervor, dass zwischen dem Herstellerunternehmen und dem<br />
Kunden ein grundsätzliches Wettbewerbsverhältnis um die Kontrolle eines Vertriebspartners<br />
besteht. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson<br />
(1991;1975) aufgegriffen, der die Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt<br />
und Hierarchie“ einordnet. Eine Untersuchung von Andersson/Forsgren (1996, S. 504)<br />
zeigt, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig<br />
grösser ist als intern zur Mutter. Tochtergesellschaften empfinden deshalb die Kontrolle<br />
durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle durch das Headquarters.<br />
Für das internationale Vertriebs- und Marketingmanagement ergibt sich hieraus eine<br />
folgenschwere Konsequenz. Multinationale Unternehmen werden insgesamt stärker<br />
durch die externen Beziehungen der Vertriebspartner bestimmt, als durch Massnahmen<br />
des Headquarters (Renz 1998, S. 79). Belz/Reinhold (1999a, S. 23, S. 221), Renz<br />
(1998, S. 79) und Stewart (1995) fordern deshalb, dass sich die Forschung „verstärkt<br />
auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz<br />
1998, S. 79).<br />
1 Die im Zitat erwähnten „autonomen Prozesse auf Ebene der Tochtergesellschaft“ können, wenn<br />
man der Argumentation der Autoren folgt, nur als autonom im Sinne von „unabhängig vom Headquarters“<br />
interpretiert werden.
32<br />
Kapitel 2<br />
Diese Forderung hatte zwar schon bevor sie erhoben wurde, nämlich vor allem seit<br />
Beginn der 1990er Jahre, in der Forschung zumindest teilweise Berücksichtigung gefunden.<br />
Insbesondere schwedisch-norwegische Forscherteams um Andersson/Forsgren,<br />
Holm und Birkinshaw haben Markt- und Verhandlungsstrategien,<br />
Machtgrundlagen und Rollen von Tochtergesellschaften untersucht (s.<br />
Andersson/Forsgren 1996; Astley/Zajac 1990; Birkinshaw 1996; Birkinshaw/Fry<br />
1999; Birkinshaw et al. 2000; Birkinshaw/Ridderstrale 1999; Forsgren et al. 1999;<br />
Holm/Person 2000; Jarillo/Martinez 1990; Mudambi 1999; Poynter/White 1985;<br />
Roth/Morrison 1992; Taggart 1996). Bei vielen Untersuchungen, bspw. beim „Centres<br />
of Excellence Project“ werden jedoch nahezu ausschliesslich Produktions- und F&E-<br />
Beziehungen mit der Zentrale (s. Holm/Person 2000; Gupta/Govindarajan 1991;<br />
Szulanski 1996), häufig auch deren Bedeutung innerhalb eines Netzwerkes (s.<br />
Pahlberg 2000; Forsgren et al. 1997) angesprochen. Die Vertriebsfunktion und deren<br />
Aktivitäten werden hingegen bisher weitgehend vernachlässigt. Die schwedischnorwegischen<br />
Ansätze entwickeln auch Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften,<br />
bspw. Möglichkeiten der Einflussnahme und des Aufbaus von Machtpositionen<br />
(s. D´Cruz 1986; Etemad/Dulude 1986; Birkinshaw 1994; Andersson/Forsgren<br />
1996). Es werden aber keine Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zentrale gegeben, wie<br />
sie die Anforderungen der Vertriebspartner erfassen und berücksichtigen könnte. Diese<br />
Lücke soll durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden.<br />
2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung<br />
In den Absätzen 2.3.1 (S. 21) bis 2.3.4 (S. 31 ff.) wurden vier benachbarte Forschungsgebiete<br />
dargestellt, die durch ihre unterschiedliche Perspektive einen Beitrag<br />
zur Durchdringung des vorliegenden Forschungsproblems leisten. Die vier Perspektiven<br />
sind dabei komplementärer Natur. Dies soll noch einmal durch eine zusammenfassende<br />
Darstellung verdeutlicht werden. Abbildung 2-10 (S. 33) zeigt die Forschungslücke<br />
dieser Arbeit im Kontext der benachbarten Forschungsgebiete.<br />
Die konzeptionellen Perspektiven des internen und vertikalen Marketing fassen das<br />
Vertriebssystem und seine Mitglieder als „interne Kunden“ der übergeordneten Instanzen<br />
auf (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150). Abteilungen und<br />
Vorgesetzte werden damit zu „internen Dienstleistern“ (Hauser et al. 1996, S. 268 ff.).<br />
Damit betont die Perspektive, dass eine Ausrichtung an den internen Bedürfnissen der<br />
Organisationsmitglieder die Implementierung der Marketingstrategien begünstigt. Zur<br />
Theorie des internen und vertikalen Marketing liegen nur wenige empirische Ergeb-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 33<br />
nisse vor (s. Conduit/Mavondo 2001; Foreman/Money 1995). Jedoch bietet sie einen<br />
ausgereiften konzeptionellen Rahmen <strong>für</strong> die Orientierung an Vertriebspartnern. Diese<br />
Orientierung wird in dieser Arbeit als Grundhaltung eingenommen (s. Grönroos 1985,<br />
S. 66) und wird stets explizit oder implizit berücksichtigt.<br />
<strong>Internationales</strong> Vertriebsund<br />
Marketingmanagement<br />
Internes und vertikales<br />
Marketing<br />
Forschungslücke<br />
Interaktionsansatz<br />
Zufriedenheits- und<br />
Konfliktforschung<br />
Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten Forschungsgebieten<br />
Die Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen ist insbesondere<br />
von der amerikanischen Forschungsgemeinschaft aufgegriffen und entschieden vorangetrieben<br />
worden (s. Mack/Snyder 1957; Rosenbloom 1973; Ping Jr. 2003). Dabei<br />
wurden über Jahrzehnte unzählige empirische Arbeiten verfasst, die sich mit der Messung<br />
der verschiedenen Einstellungsvariablen wie z. B. Zufriedenheit, Vertrauen und<br />
Verbundenheit sowie deren Beziehungen untereinander beschäftigen (s. Geyskens et<br />
al. 1999, S. 224). Entscheidende Beiträge dieses Forschungsgebietes liegen deshalb in<br />
der Bereitstellung von Messmodellen und den Ergebnissen der empirischen Tests von<br />
verhaltenswissenschaftlichen Theorien zu Beziehungen in Distributionskanälen.<br />
Der Interaktionsansatz leistet einen konzeptionellen Beitrag zur Schliessung der Forschungslücke.<br />
Der Interaktionsansatz in seiner ursprünglichen Form (s. Hakansson<br />
1982) sowie seine zahlreichen Weiterentwicklungen (s. Backhaus/Büschken 1997)<br />
liefern einen Bezugsrahmen, der die Interaktion zwischen zwei Organisationseinheiten<br />
und deren Elemente erfasst und systematisiert. Zwar liegen inzwischen einige empirische<br />
Untersuchungen vor, die am Interaktionsansatz anknüpfen (s. Walter 2003;<br />
Biong/Selnes 1995). Die vorliegende Arbeit bedient sich jedoch in erster Linie der<br />
konzeptionellen Strukturierungsleistung in Bezug auf die organisationale Interaktion.<br />
Die Forschung zum internationalen Vertriebs- und Marketingmanagement beschäftigt<br />
sich mit den Determinanten, Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten der zentralen
34<br />
Kapitel 2<br />
Organisationseinheiten der Marktorganisation. Auf diesem Forschungsgebiet wurden<br />
seit einigen Jahrzehnten konzeptionelle und empirische Arbeiten zu internationalen<br />
Marktselektions-, Markterschliessungs- und Marktbearbeitungsstrategien und deren<br />
Determinanten entwickelt (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 29 f.; Kutschker/Schmid 2002,<br />
S. 238 ff.). Wenn in dieser Arbeit eine dezentrale Perspektive zum <strong>Vertriebsmanagement</strong><br />
eingenommen wird, sind die Erkenntnisse und Strukturierungsleistungen des<br />
Forschungsgebietes deshalb ebenso bedeutend wie bei der Konzeption von Handlungsempfehlungen<br />
zur Berücksichtigung dieser Perspektive. So bieten z. B. Arbeiten<br />
zur Bedeutung von Kultur, rechtlichen Rahmenbedingungen, Führungsstilen oder Instrumenten<br />
des internationalen Managements (s. Hofstede 1983; Achrol 1991;<br />
Jaworski 1988; Welge 2003) eine breite Grundlage zur Entwicklung von Implikationen<br />
<strong>für</strong> die Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller<br />
und Vertriebspartner.<br />
Die theoretischen Bezugspunkte zu den benachbarten Forschungsgebieten liefern damit<br />
sowohl bei der Konzeption eines Bezugsrahmens als auch bei der Messung und<br />
Interpretation von Ergebnissen sowie bei der Entwicklung von Handlungsimplikationen<br />
wichtige Beiträge. In Bezug auf alle drei Forschungsfragen geben sie wichtige<br />
Einsichten und beeinflussen das Vorgehen bei der Suche nach Antworten und damit<br />
die Forschungsergebnisse wesentlich. Sie sind daher <strong>für</strong> diese Arbeit von grundlegender<br />
Bedeutung.<br />
2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess<br />
2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden<br />
“Questions before methods!“ fordert Punch (2000, S. 17, 30) und bringt damit zum<br />
Ausdruck, dass sich die Wahl und der Einsatz von Forschungsmethoden an den inhaltlichen<br />
Fragestellungen orientieren müssen, die der Forscher zu beantworten versucht<br />
(s. auch: Downey/Ireland 1979, S. 630).<br />
Der Forschungsprozess im Rahmen der vorliegenden Arbeit muss also zunächst darauf<br />
gerichtet sein, die Forschungsfragen möglichst präzise und vollständig zu erfassen und<br />
zu formulieren. Ausgangspunkt war im März 2002 deshalb zunächst eine inhaltliche<br />
Vertiefung, die auf die <strong>Industriegüter</strong>branche und den internationalen Vertrieb fokussiert<br />
war (s. Abbildung 2-11; „I“). Auf Basis einer Analyse deutsch- und englischsprachiger<br />
Literatur zum Thema sowie Dokumentenanalysen (z. B. Geschäftsberichtsanalysen;<br />
„IIa“) und kontinuierlich durchgeführter Einzelinterviews („IIb“, „III“) konnten<br />
Forschungsfragen („IV“) identifiziert und Bearbeitungsschwerpunkte festgelegt wer-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 35<br />
den, um ein Forschungskonzept („V“) zu entwickeln, das die weitere Vorgehensweise<br />
bestimmt (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37).<br />
IIa<br />
I<br />
Inhaltliche Vertiefung:<br />
<strong>Industriegüter</strong>branche<br />
und internationaler<br />
Vertrieb<br />
III<br />
IIb<br />
V<br />
Schwerpunkte und<br />
Forschungskonzept<br />
IV<br />
Identifikation von<br />
Forschungsfragen<br />
Explorative Studie:<br />
• Interviews mit Vertriebspartnern<br />
• Interviews mit Vertriebsverantwortlichen<br />
aus der Zentrale<br />
Literatur- und Dokumentenanalyse<br />
Quantitativ-empirische<br />
VIa Studie:<br />
• Standardisierte,<br />
schriftliche Befragung<br />
• Befragte: Vertriebspartner<br />
von Schweizer<br />
Herstellern in Europa<br />
Qualitativ-empirische<br />
VIIa<br />
Studien:<br />
• Fallstudien in der<br />
internationalen<br />
Vertriebsorganisation<br />
von BASF, Gallus Ferd.<br />
Rüesch, Leica Microsystems,<br />
Nanosurf<br />
Austausch mit Praktikern: Diskussion von Zwischenergebnissen<br />
Analyse und<br />
VIb Interpretation<br />
• Deskriptive, explorative<br />
und konfirmatorische<br />
Verfahren der<br />
Datenanalyse<br />
Analyse und<br />
VIIb<br />
Interpretation<br />
• Qualitative und<br />
quantitative Analysen<br />
• Diskussion der<br />
Interpretationen mit<br />
Vertretern der<br />
Unternehmen<br />
März 2002 Zeitachse<br />
Mai 2005<br />
Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden<br />
Um der Komplexität der Beziehungen zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />
gerecht zu werden, wird eine Kombination verschiedener quantitativer und qualitativer<br />
empirischer Methoden („VIa“, „VIIa“) angewandt (s. Jick 1979, S. 602; Aaker et al.<br />
2001, S. 212 f.). Eine quantitativ-empirische Untersuchung („VIa“) liefert einen unternehmensübergreifenden<br />
Überblick, zeigt Schwerpunkte und bildet die Basis, um sich<br />
mit statistischen Verfahren der Problemstellung zu nähern (Aaker et al. 2001, S. 213;<br />
s. Absatz 2.4.2.2, S. 39). Die qualitativen Untersuchungen („VIIa“) hingegen dienen<br />
der tiefen inhaltlichen Durchdringung, die auf der Betrachtung des Einzelfalles beruht<br />
(s. Jick 1979, S. 603 f.; Belz 1993, S. 5; s. Absatz 2.4.2.3, S. 46). Aus der kritischen<br />
Reflexion und dem Vergleich von Ergebnissen quantitativer und qualitativer Teiluntersuchungen<br />
(„VIb“, „VIIb“) können weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.<br />
Die „Triangulation“ als Kombination von verschiedenen Methoden kann es zum<br />
einen ermöglichen, tiefer in das untersuchte Phänomen einzudringen, neue Dimensionen<br />
zu identifizieren und eine umfassendere, ganzheitlichere Erklärung zu liefern (Jick<br />
1979, S. 604; Bonoma 1985, S. 204; Downey/Ireland 1979, S. 630). Zum anderen<br />
kann der Einfluss einzelner Methoden auf das Untersuchungsergebnis herausgestellt<br />
werden (Jick 1979, S. 602). Jick (1979, S. 602) fordert deshalb, Transparenz über das<br />
methodische Vorgehen zu schaffen und genügend Details zu den einzelnen Instrumenten<br />
zu liefern. Dem soll in dieser Arbeit Folge geleistet werden.<br />
VIII<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse
36<br />
Kapitel 2<br />
Die Forschungsfragen im Rahmen dieser Arbeit umfassen nicht allein beschreibende<br />
und erklärende Elemente, sondern sind ebenso auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen<br />
gerichtet (s. Abschnitt 1.3). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ergebnisse<br />
kontinuierlich in Gesprächen mit Praktikern zu diskutieren, um mögliche Lösungen<br />
abzuleiten. Abbildung 2-11 (S. 35) zeigt die Elemente des Forschungsprozesses<br />
und deren zeitliche Abfolge.<br />
In dieser Arbeit werden, wie bereits weiter oben erwähnt, fortlaufend Ergebnisse der<br />
verschiedenen qualitativen und quantitativen Teiluntersuchungen eingearbeitet. Um<br />
die von Jick (1979, S. 602) geforderte Transparenz herzustellen und eine eindeutige<br />
Zurückführung von Forschungsergebnissen auf die einzelnen Teiluntersuchungen zu<br />
erleichtern, werden die Teiluntersuchungen bereits an dieser Stelle überblicksartig vorweg<br />
gestellt und benannt (s. Tabelle 2-3). Inhaltliche Details zu den einzelnen Teiluntersuchungen<br />
und ihre Einordnung in die Phasen des Forschungsprozesses finden sich<br />
im folgenden Absatz 2.4.2 (S. 37 ff.).<br />
Name der<br />
Teilstudie<br />
„Explorative<br />
Interviews“<br />
„Geschäftsberichts-<br />
analyse I“<br />
„Geschäftsberichtsanalyse<br />
II“<br />
Phase<br />
II<br />
und<br />
III<br />
I und<br />
VIa<br />
I und<br />
VIa<br />
„Pretest 2003“ VIa<br />
„Vertriebsbefragung<br />
2004“<br />
„Befragung<br />
Leica I“<br />
„Befragung<br />
Leica II“<br />
„Befragung<br />
Nanosurf I“<br />
„Befragung<br />
Nanosurf II“<br />
„Befragung<br />
Gallus I“<br />
VIa<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
Methodik<br />
45 teilstrukturierte Einzelinterviews<br />
mit Mitarbeitern internationaler<br />
Vertriebsorganisationen<br />
Analyse der Geschäftsberichte zum<br />
Berichtsjahr 2002<br />
Analyse der Geschäftsberichte zum<br />
Berichtsjahr 2003<br />
Standardisierte Befragung der Vertriebspartner<br />
eines internationalen<br />
Kunststoffherstellers (n=21),<br />
Qualitative Beurteilung durch<br />
Expertenteam (n=7)<br />
Standardisierte Befragung europäischer<br />
Vertriebspartner Schweizer<br />
<strong>Industriegüter</strong>hersteller (n=240)<br />
Vier teilstrukturierte Einzel- und<br />
Gruppeninterviews mit Vertriebs-,<br />
Geschäftsleitung und Distributoren<br />
Standardisierte Befragung interna-<br />
tionaler Distributoren (n=54)<br />
Fünf teilstrukturierte Einzel- und<br />
Gruppeninterviews mit Vertriebsund<br />
Geschäftsleitung<br />
Standardisierte Befragung interna-<br />
tionaler Distributoren (n=13)<br />
Vier teilstrukturierte Gruppen- und<br />
Einzelinterviews mit Marketing-<br />
und Vertriebsleitung<br />
Erhebungszeitraum<br />
2002 bis<br />
2004<br />
2003<br />
Weitere<br />
Informationen<br />
Absatz 2.4.2.1,<br />
S. 37 ff.;<br />
Anhang A, S. 346 ff.<br />
Absatz 2.4.2.2, S. 39 f.;<br />
Abbildung 2-12, S. 41;<br />
Anhang B - 1, S. 349<br />
2004 Abbildung 2-2, S. 12<br />
2003 Absatz 2.4.2.2, S. 41<br />
2004<br />
2004<br />
Absatz 2.4.2.2,<br />
S. 39 ff.;<br />
Anhang F - 1, S. 362<br />
Tabelle 2-6, S. 47;<br />
Anhang J, S. 374 ff.<br />
2004 Tabelle 2-6, S. 47<br />
2003<br />
Tabelle 2-7, S. 48;<br />
Anhang J, S. 374 ff.<br />
2003 Tabelle 2-7, S. 48<br />
2004<br />
Tabelle 2-7, S. 48;<br />
Anhang J, S. 374 ff.
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 37<br />
„Befragung<br />
Gallus II“<br />
„Befragung<br />
BASF I“<br />
„Befragung<br />
BASF II“<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
VIIa<br />
Standardisierte Befragung internationaler<br />
Vertriebs- und Service-<br />
einheiten (n=61)<br />
Dreizehn teilstrukturierte Einzel-<br />
und Gruppeninterviews in der<br />
europäischen Vertriebsorganisation<br />
Sechs Einzel- und Gruppeninterviews<br />
in der regionalen Divisionsund<br />
Business-Unit-Leitung<br />
2004 Tabelle 2-7, S. 48<br />
2004<br />
2004<br />
Tabelle 2-3: Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess<br />
2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses<br />
2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte<br />
Tabelle 2-7, S. 48;<br />
Anhang J, S. 374 ff.<br />
Tabelle 2-7, S. 48;<br />
Anhang J, S. 374 ff.<br />
Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes war die Kenntnis darüber, dass die Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und Vertriebspartnern aus den verschiedenen<br />
Blickwinkeln häufig unbefriedigend ist sowie das inhaltliche Interesse des Autors<br />
an dieser Problematik.<br />
Literatur-, Dokumentenanalysen und Experteninterviews schärften das Verständnis<br />
des Autors in dieser ersten Phase ebenso wie eine erhöhe Aufmerksamkeit gegenüber<br />
der Tagespresse, bei Wirtschaftsnachrichten und in privaten Unterhaltungen (s.<br />
Bonoma 1985, S. 204). In einer explorativen Phase hat der Autor die Zusammenarbeit<br />
zwischen Herstellern und Vertriebspartnern verschiedener <strong>Industriegüter</strong>branchen aus<br />
den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten untersucht. Hierzu wurden 45 teilstrukturierte<br />
Interviews (s. Aaker et al. 2001, S. 187 f.; Kepper 2001, S. 165 f.) mit<br />
Praktikern geführt, die über Expertenwissen zum internationalen Vertrieb verfügen (s.<br />
Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346). Dazu gehören insbesondere<br />
Vertriebsleiter aus der Zentrale und Vertriebsverantwortliche aus Tochtergesellschaften<br />
und Vertretungen, so z. B. lokale Geschäftsführer und lokale Vertriebsleiter.<br />
Die Interviews wurden in deutscher und englischer Sprache durchgeführt (s.<br />
Aaker et al. 2001, S. 190).<br />
Auf die qualitative Befragung von Mitarbeitern aus Kundenunternehmen wurde ausdrücklich<br />
verzichtet. Der Grund da<strong>für</strong> liegt in der Kluft zwischen der Wahrnehmung<br />
und dem Wissen des Kunden. Denn obwohl der Kunde und dessen Wahrnehmung die<br />
Bezugspunkte <strong>für</strong> sämtliche Anstrengungen des Unternehmens darstellen, kennt der<br />
Kunde die Gründe <strong>für</strong> eine ungenügende Leistungsqualität kaum. So kann ein Kunde<br />
z. B. zwar wahrnehmen, dass ein Liefertermin nicht eingehalten wird. Die Ursachen<br />
dessen entziehen sich jedoch meist seiner Beurteilung. Vertriebspartner unterstreichen,
38<br />
Kapitel 2<br />
dass sie auf keinen Fall interne Konflikte gegenüber dem Kunden durchscheinen lassen,<br />
da hierdurch das Vertrauen des Kunden in ihre Kompetenz und die Professionalität<br />
des Anbieters leiden würde (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um die<br />
Auswirkungen der Qualität der Zusammenarbeit auf die Leistung am Markt zu untersuchen,<br />
war daher die Befragung von Vertriebspartnern und Herstellern einer Kundenbefragung<br />
vorzuziehen.<br />
Den Interviewten wurde jeweils einige Tage vor dem Gespräch zur Vorbereitung ein<br />
Gesprächsleitfaden zugeschickt. Die Gespräche wurden persönlich oder telefonisch<br />
geführt. Jeweils wenige Tage danach erhielten die Befragten ein Gesprächsprotokoll<br />
zugesandt. Sämtliche Interviewinhalte, die in diese Arbeit einbezogen wurden, beziehen<br />
sich auf die von den Gesprächspartnern korrigierten und ergänzten Protokolle.<br />
Bei einigen Unternehmen gelang eine dyadische Betrachtung der Zusammenarbeit<br />
durch die Befragung von Mitgliedern der Zentrale und der Vertriebspartner. Es zeigte<br />
sich jedoch, dass die Auskunftsfreudigkeit bei den Vertriebspartnern dabei geringer<br />
ausfiel, als bei Befragungen unabhängiger Gesprächspartner. Tabelle 2-4 zeigt Fragenkreise<br />
(s. Belz 1989, S. 526) der explorativen Einzelinterviews.<br />
1. Bedeutung des internationalen Vertriebs<br />
Inhalte: Umsatzbedeutung, Wachstum, Länderpräsenz, Erfahrungen, Zukunftspläne.<br />
2. Organisatorische Gestaltung des internationalen Vertriebs<br />
Inhalte: Zentrale-dezentrale Aufgabenteilung, Kennzahlen zur Beurteilung internationaler Vertriebspartner,<br />
Unterstützung und Freiräume durch die Zentrale, erforderliche Kompetenzen von Vertriebspartnern<br />
und Zentrale, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Vertretungen und Tochtergesellschaften.<br />
3. Probleme und Herausforderungen in der Zusammenarbeit<br />
Inhalte: Kritische Themen in der Zusammenarbeit, Ursachen von Unzufriedenheit und Konflikten,<br />
Anforderungen der Zentrale und Anforderungen der Vertriebspartner, Interessenunterschiede, räumliche<br />
Trennung, Ursachen <strong>für</strong> die Trennung von Vertriebsbeziehungen.<br />
4. Konsequenzen einer unbefriedigenden Zusammenarbeit<br />
Inhalte: Bedeutung und Wahrnehmung durch den Kunden, interne Effizienz, interne Blockaden, Kundenabwanderung<br />
und Wettbewerbsnachteile, emotionale Konsequenzen, finanzielle Konsequenzen,<br />
Qualität der Leistung <strong>für</strong> den Kunden.<br />
5. Lokale Situationen und deren Berücksichtigung<br />
Inhalte: Unterschiede in lokalen Situationen, charakteristische „Typen“ von Vertriebspartnern, Unterschiede<br />
in benötigtem Support, Fit zwischen Gestaltung der Zentrale und Situation, Subjektivität der<br />
Situationseinschätzung.<br />
6. Innovative Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 39<br />
Inhalte: Zentraler und lokaler Umgang mit Konflikten, Anpassungen der Aufbau- und Prozessorganisation,<br />
kultureller Umgang, Führungsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Sanktionen, Information und<br />
Kommunikation, Mitarbeiterentwicklung und Einstellungspolitik, Programme und Projekte zur Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit.<br />
Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews<br />
Als zentrales Ergebnis der Exploration konnten die in Abschnitt 1.3 (S. 6 ff.) genannten<br />
Forschungsfragen konkretisiert werden. Ebenso konnten Strukturierungen vorgenommen<br />
(s. Belz 1993, S. 8) und konzeptionelle Schwerpunkte gesetzt werden, wie<br />
z. B. die Fokussierung auf den lokalen Blickwinkel. Zur Beantwortung der Forschungsfragen<br />
hat der Autor ein Konzept gewählt, das einen an die Exploration anschliessenden,<br />
integrierten Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden vorsieht (s.<br />
Aaker et al. 2001, S. 213). Details zu den eingesetzten Methoden werden in den folgenden<br />
Absätzen 2.4.2.2 und 2.4.2.3 erläutert.<br />
2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion<br />
Eine grundsätzliche Entscheidung im Rahmen jeder empirischen Untersuchung stellt<br />
die Auswahl einer speziellen Datenerhebungsmethode dar (Homburg 2000, S. 81).<br />
Diese ist wiederum von der Zielsetzung der Untersuchung abhängig. Im Rahmen dieser<br />
Arbeit sollen sowohl Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen der Zusammenarbeit<br />
entdeckt (exploratives Vorgehen) und andererseits vermutete Zusammenhänge<br />
überprüft (konfirmatorisches Vorgehen) werden. Um quantitative Auswertungsverfahren<br />
(z. B. die Faktorenanalyse) zur Datenanalyse verwenden zu können,<br />
bestand die Notwendigkeit, eine grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf<br />
die standardisierte schriftliche Befragung zurückgegriffen (s. Homburg 2000, S. 81;<br />
Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Im Folgenden wird das Vorgehen bei Planung, Durchführung und Ergebniskontrolle<br />
der Datenerhebung im Rahmen der quantitativ-empirischen Studie detailliert dargestellt<br />
und erläutert.<br />
Stichprobenbildung und Gewinnung von Adressdaten<br />
Zur Beantwortung der Forschungsfragen hinsichtlich der lokalen Situation, der Beurteilung<br />
der Zusammenarbeit und der Eignung von Massnahmen sollten nicht Entscheidungsträger<br />
aus der Zentrale, sondern die internationalen Vertriebspartner befragt werden.<br />
Deshalb schien es vorteilhaft, Schlüsselinformanten („key informants“) in der<br />
Organisation der Vertriebspartner zu identifizieren und zu befragen (Homburg 2000,
40<br />
Kapitel 2<br />
S. 82; Kumar et al. 1993, S. 1634), von denen angenommen werden konnte, dass sie<br />
Wissensträger in Bezug auf die untersuchten Inhalte sind und die Bereitschaft besitzen,<br />
ihr Wissen mitzuteilen (Kumar et al. 1993, S. 1634). Für die Untersuchung musste<br />
also eine Person in der lokalen Organisation des Vertriebspartners gefunden werden,<br />
die <strong>für</strong> Vertriebsaufgaben verantwortlich und an der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen<br />
insoweit beteiligt ist, dass sie zu deren Beurteilung fähig ist. Das gilt<br />
aus Sicht des Autors insbesondere <strong>für</strong> Geschäftsführer sowie Vertriebs- und Marketingleiter<br />
der lokalen Vertriebsorganisation.<br />
Branchenmässig wurde ein Schwerpunkt auf die Maschinenbau-, Metall- und Elektroindustrie<br />
gesetzt, die nach der gängigen NACE-Klassifizierung der Wirtschaftszweige<br />
abgegrenzt wurde und im konkreten Fall die Klassen 27, 28, 29, 31, 34 und 35 beinhaltet<br />
(s. Statistisches Bundesamt 2002). Die Information darüber, welche organisatorische<br />
Einheit eines Unternehmens als Zentrale fungiert und welche Einheit dezentrale<br />
Vertriebsaufgaben übernimmt, ist „von aussen“ nicht sichtbar und auch in möglichen<br />
Adressdatenbanken (z. B. Hoppenstedt, WLW, Schober etc.) und Mitgliedsdatenbanken<br />
von Branchenverbänden nicht verfügbar. Die Möglichkeit der Konzentration auf<br />
einen Ländermarkt und der Befragung aller zur Branche gehörigen Vertriebspartner in<br />
diesem Ländermarkt scheitert also an der Zugänglichkeit des Adressmaterials. Zur Adressbeschaffung<br />
wurde deshalb der Weg über die Hersteller gewählt, der in der Organisationsforschung<br />
häufig <strong>für</strong> verwandte Problemstellungen beschritten wird (z. B.<br />
Oliver/Anderson 1994; Futrell/Parasuraman 1984; Ruekert/Churchill Jr. 1984).<br />
Aufgrund der geografischen und persönlichen Nähe der Forschungsinstitution bot es<br />
sich an, den Fokus auf Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller zu legen. Dabei wurden<br />
durch eine Geschäftsberichtsanalyse die nach ihrem Umsatz im Jahr 2002 grössten<br />
zwanzig börsennotierten <strong>Industriegüter</strong>hersteller ermittelt und in die Untersuchung<br />
einbezogen (s. Abbildung 2-12, S. 41).<br />
In einem nächsten Schritt wurden sowohl durch Ansprechpartner, die auf Divisions-<br />
Ebene in den Herstellerunternehmen bestanden, als auch durch Internet- und Datenbankrecherchen<br />
geeignete Ansprechpartner bei Vertriebspartnern ermittelt. Um die<br />
Komplexität und den Aufwand weiter zu reduzieren, beschränkt sich die Untersuchung<br />
auf europäische Vertriebspartner. Diese Fokussierung bietet sich insofern an,<br />
weil die Herstellerunternehmen den Geschäftsberichten zufolge im Jahr 2002 durchschnittlich<br />
62 Prozent ihres Umsatzes in Europa erzielen und die europäische Vertriebsregion<br />
somit als die mit Abstand bedeutendste gesehen werden kann (s. Anhang<br />
B - 1, S. 349). Zur europäischen Vertriebsregion zählen in dieser Arbeit sämtliche
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 41<br />
Länder, die auch von den Herstellern zur Region gehörig behandelt werden, so z. B.<br />
auch die Türkei und Russland. Insgesamt konnten die Kontaktdaten von 1'834 Ansprechpartnern<br />
in europäischen Vertriebseinheiten ermittelt werden, die als Datengrundlage<br />
<strong>für</strong> das weitere Vorgehen dienten (s. Anhang E - 1, S. 361).<br />
ABB<br />
Unternehmen<br />
Schindler<br />
Georg Fischer<br />
Rieter<br />
SIG<br />
Saurer<br />
Mettler Toledo<br />
Sulzer<br />
Unaxis<br />
Bucher Industries<br />
Umsatz 1)<br />
2002<br />
Mitarbeiter<br />
2002<br />
EBIT 1)<br />
2002<br />
31’008 2) 139’051 666 2)<br />
7’888 40’478 498<br />
3’417 13’737 80<br />
2’976 12’983 201<br />
2’834 3) 9’402 94 3)<br />
2’490 10’760 101<br />
2’057 2) 8’500 264 2)<br />
1’946 9’113 136<br />
1’490 6’544 -6<br />
1’481 5’994 34<br />
Unternehmen<br />
Endress+Hauser<br />
Agie-Charmilles<br />
Umsatz 1)<br />
2002<br />
Mitarbeiter<br />
2002<br />
1’351 6’290 54<br />
1’213 3’844 -152<br />
1’067 5’905 74<br />
1’010 3’275 23<br />
1’006 4’544 64<br />
909 2’831 35<br />
790 2’887 -38<br />
756 1’740 32<br />
550 2’034 18<br />
1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD, 3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR<br />
Bühler<br />
Von Roll<br />
Ruag<br />
Conzzeta<br />
Leica Geosystems<br />
WMH<br />
Kardex Remstar<br />
EBIT 1)<br />
2002<br />
Bobst 1’478 5’062 122<br />
Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr 2002<br />
(Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Konzeption und Pretest des Fragebogens<br />
Auf Basis der in Absatz 2.4.2.1 (S. 37 ff.) beschriebenen explorativen Phase wurde ein<br />
englischsprachiger Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) konzipiert. Die englische Sprache<br />
schien im Kontext der Befragung gleichsam sinnvoll wie unproblematisch zu sein,<br />
da sie nach Angabe der Unternehmen die dominante Sprache im Schriftverkehr darstellt.<br />
Verzichtet wurde auf die „Translation-Backtranslation-Methode“ kombiniert mit<br />
einer Befragung in Landessprache, da sie aus ökonomischen Gründen eine weitere<br />
Eingrenzung der betrachteten Ländermärkte erforderlich gemacht hätte. Da aber gerade<br />
der Einfluss verschiedener lokaler Marktsituationen untersucht werden soll, musste<br />
ein solches Vorgehen abgelehnt werden.<br />
Der Fragebogen enthält vier Themenfelder. Diese beschäftigen sich mit Fragen zur<br />
• Person und Organisation des Befragten,<br />
• Lokalen Situation in Bezug auf Umwelt, Markt und Organisation,<br />
• Zufriedenheit und Einstellung des Befragten bezüglich der Zusammenarbeit mit<br />
dem Hersteller und
42<br />
• Koordination und Unterstützung durch den Hersteller.<br />
Kapitel 2<br />
Der Autor greift dabei insbesondere bei den latenten Variablen auf bestehende Messkonzepte<br />
zurück. Der Fragebogen wurde zweistufig getestet. In einem ersten Schritt<br />
wurde er von 21 dezentralen Marketing- und Vertriebsmanagern eines internationalen<br />
Kunststoffherstellers ausgefüllt, die gebeten wurden, alle Unklarheiten zu kennzeichnen<br />
(s. Pretest 2003, Tabelle 2-3, S. 37). Nach einer Überarbeitung wurde der zu diesem<br />
Zeitpunkt bereits 8-seitige Fragebogen (inklusive Deckblatt) noch einmal von einem<br />
siebenköpfigen Expertenteam begutachtet. Das Team bestand aus zwei Marketingwissenschaftlern,<br />
zwei zentralen Vertriebsleitern, zwei Niederlassungsleitern und<br />
einem Unternehmensberater. Neben einzelnen Formulierung wurde von drei Experten<br />
die Gesamtlänge des Fragebogens bemängelt, was aber aus inhaltlichen und methodischen<br />
Gründen nicht berücksichtigt wurde.<br />
Durchführung der Befragung und Rücklauf<br />
Am 27. Januar 2004 wurde an 1'458 Ansprechpersonen der insgesamt 1'834 Adresssätze<br />
eine E-Mail versendet, um die Befragung anzukündigen (s. Anhang C - 1, S.<br />
350). Bei den verbleibenden 376 Adressen war nicht die persönliche E-Mailadresse<br />
sondern ausschliesslich die postalische Anschrift bekannt, jedoch wurde keine postalische<br />
Ankündigung verschickt (s. Anhang E, S. 361). Die Ankündigung via E-Mail<br />
hatte zwei wesentliche Funktionen: Zum einen konnten fehlerhafte Adressen identifiziert<br />
und aus dem Datensatz entfernt werden (302 Adressen). Zum anderen konnten zu<br />
diesem Zeitpunkt bereits Ansprechpartner aus dem Datensatz gestrichen werden, die<br />
entweder eine Teilnahme verweigerten oder sich selbst als ungeeignete Ansprechpartner<br />
bezeichneten (93 Adressen; s. Anhang E, S. 361). Dies führte zu 1'063 brauchbaren<br />
E-Mailadressen. Zieht man bei den 376 postalischen Adressen solche ab, die sich<br />
als falsch herausgestellt haben oder deren Besitzer die Teilnahme verweigerten (56),<br />
so bleiben 320 brauchbare postalische Adressdatensätze.<br />
Am 4. Februar 2004 wurde an alle 1'383 verbleibenden Adresssätze der standardisierte<br />
Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) versandt, im Fall der E-Mailkontakte als Adobepdf-Dokument,<br />
bei den postalischen Adressen in Papierform. Dem Fragebogen war in<br />
beiden Fällen ein personalisiertes Anschreiben vorangestellt worden, in dem der Autor<br />
selbst um die Mithilfe bei der Doktorarbeit bat (s. Anhang C - 2, S. 351). Als Anreiz,<br />
sich an der Studie zu beteiligen, wurde den Ansprechpartnern die Teilnahme an einer<br />
Buchverlosung und ein Management Summary mit den Ergebnissen der Studie in<br />
Aussicht gestellt (s. Larson/Chow 2003). Am 28. Februar 2004 wurde ein von
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 43<br />
Erdogan/Baker (2002, S. 71) empfohlenes „Original Replacement Follow-up“ vorgenommen,<br />
indem an beide Adressengruppen via E-Mail und postalisch ein „Reminder“<br />
versendet wurde, dem ebenfalls ein personalisiertes Schreiben vorangestellt und ein<br />
Fragebogen beigefügt worden war. Insgesamt konnte damit ein Rücklauf von 247 Fragebögen<br />
erzielt werden, was einer effektiven Rücklaufquote von 17.9 Prozent entspricht,<br />
die als zufrieden stellend betrachtet werden kann. Um eine Verzerrung der<br />
Ergebnisse zu vermeiden, wurden im Weiteren sieben Fragebögen ausgeschlossen, die<br />
auf ein inkonsistentes Antwortverhalten hindeuteten. Dies führte zu einem Nettoumfang<br />
der Stichprobe von 240 Fragebögen und einer bereinigten Rücklaufquote von<br />
17.4 Prozent.<br />
Stichprobenstruktur und Repräsentativität<br />
Über die Verteilung von statistischen Merkmalen wie z. B. Mitarbeiteranzahl oder<br />
Umsatzhöhe (s. Scheffler 2000, S. 61) in der Grundgesamtheit der Vertriebspartner<br />
Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller waren keine Daten zugänglich. Es gibt keine Verbandsorganisation,<br />
über die die Tochtergesellschaften und Vertretungen organisiert<br />
sind und die etwaige Informationen bereitstellen würde. Es stellt sich generell die Frage<br />
nach der Grundgesamtheit, auf deren Merkmalsverteilung Rückschlüsse gezogen<br />
werden sollen.<br />
In der vergleichenden Organisationsforschung, insbesondere im internationalen Kontext,<br />
ist die Schwierigkeit, die relevante Grundgesamtheit zu ermitteln, allerdings allgemein<br />
bekannt (Kieser 1999a, S. 183 f.). Obwohl die Annahme einer Zufallsauswahl<br />
deshalb streng genommen nicht erlaubt ist (s. Kieser 1999a, S. 183), wird sie in führenden<br />
Journalen der organisationalen Marketingforschung, z. B. dem Journal of Marketing,<br />
dem Journal of Marketing Research und dem Journal of Retailing weithin bei<br />
den verwendeten Analysemethoden unterstellt, allerdings häufig nicht thematisiert. In<br />
Ermangelung von Alternativen wird diesem Vorgehen Folge geleistet. Dennoch soll<br />
die Struktur der effektiven bereinigten Stichprobe aufgezeigt werden. Abbildung 2-13<br />
beschreibt die Stichprobe in ihrer Merkmalsstruktur bzgl. Ländergruppe, Vertriebsform,<br />
Grösse der lokalen Vertriebsorganisation und der Position des Befragten. Von<br />
entscheidender Bedeutung <strong>für</strong> die Beurteilung der Adäquanz der Stichprobe ist die<br />
Frage, ob in den Unternehmen die geeignete Ansprechperson gefunden wurde<br />
(Homburg 2000, S. 84 f.). Im vorliegenden Fall dominieren Geschäftsführer, Vertriebs-<br />
und Marketingleiter mit knapp 90 Prozent der Fälle. Hiermit ist offensichtlich,
44<br />
Kapitel 2<br />
dass die Zielsetzung, solche Manager zu befragen, die mit dezentralen Entscheidungen<br />
des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s betraut sind, erreicht wurde.<br />
Süd-Ost<br />
Europa<br />
Ost<br />
Europa<br />
Zentral<br />
Europa<br />
Süd-West<br />
Europa<br />
n = 240<br />
Nord<br />
Europa<br />
100%<br />
k. A. 7.5%<br />
8.3%<br />
13.8%<br />
40.8%<br />
14.2%<br />
15.4%<br />
Ländergruppen<br />
100%<br />
Herstellereigen<br />
76.7%<br />
Herstellerfremd<br />
23.3%<br />
Vertriebsform<br />
100%<br />
10.4%<br />
8.1%<br />
10.0%<br />
7.6%<br />
21.8%<br />
26.1%<br />
16.1%<br />
Grösse Vertriebsorganisation<br />
(Anzahl MA)<br />
41-400<br />
26-40<br />
16-25<br />
11-15<br />
Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Vertriebsbefragung 2004,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
6-10<br />
3-5<br />
1-2<br />
100% Sonstige<br />
5.5%<br />
1.2%<br />
Erfahrener Vertriebsmitarbeiter<br />
3.8%<br />
Produktmanager<br />
38.8%<br />
6.4%<br />
44.0%<br />
Position des<br />
Befragten<br />
Vertriebsleiter<br />
Marketing<br />
Manager<br />
Geschäftsführer<br />
Eine weitere Möglichkeit, Verzerrungen in der Stichprobe aufzudecken, liegt in der<br />
Betrachtung derjenigen Vertriebspartner, die nicht teilgenommen haben. Durch die<br />
Nachfassaktion konnten u. a. folgende Gründe <strong>für</strong> die Nichtbeantwortung aufgedeckt<br />
werden: Die Tochtergesellschaft hat keine Vertriebs-, sondern lediglich Produktionsfunktion,<br />
Vertraulichkeitsgründe, Insolvenz des Vertriebspartners oder das firmenweite<br />
Verbot, an Befragungen teilzunehmen. Durch die Nachfassaktion konnten noch<br />
einmal 81 Personen zu einer Teilnahme bewegt werden. Um Schlüsse dahingehend zu<br />
ziehen, ob sich die Personen in der effektiven Stichprobe in ihrer Struktur von denen<br />
unterscheiden, die nicht teilgenommen haben („Non-Response-Bias“), wird in der<br />
Marketingforschung häufig ein Vergleich zwischen den früh Antwortenden („Early<br />
Respondents“) und den spät Antwortenden („Late Respondents“) vorgenommen (s.<br />
Armstrong/Overton 1977). Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die „Late Respondents“<br />
den „Non Respondents“ ähnlicher sind als denjenigen, die unverzüglich geantwortet<br />
haben („Early Respondents“). Diese Prämisse ist vor allem dann plausibel,<br />
wenn es sich bei den Late Respondents um diejenigen Unternehmen handelt, die ohne<br />
Nachfassaktion nicht geantwortet hätten (Luthardt 2003, S. 141). Unterschiede zwischen<br />
den Early Respondents und den Late Respondents lassen auf eine Verzerrung<br />
der Stichprobe schliessen (Armstrong/Overton 1977, S. 399). Um im vorliegenden<br />
Fall eine klare Abgrenzung zwischen den Early Respondents und den Late Respondents<br />
vorzunehmen, werden zu letzterer Gruppe diejenigen 81 Teilnehmer gezählt, die
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 45<br />
erst durch die Nachfassaktion zur Teilnahme bewegt werden konnten. Zur Gruppe der<br />
Early Respondents werden die ersten 81 Antworter gezählt, um eine möglichst gleiche<br />
Gruppengrösse zu erzielen. Anhand von t-Tests <strong>für</strong> zwei unabhängige Stichproben<br />
wurden nun die Mittelwerte der im Fragebogen enthaltenen Variablen zwischen den<br />
beiden Gruppen verglichen.<br />
Levene-Test der<br />
t-Test <strong>für</strong> die<br />
Varianzgleichheit<br />
Mittelwertgleichheit<br />
Test bei unabhängigen Stichproben F Signifi- t df Signifikanz<br />
kanz<br />
(2-seitig)<br />
Lokaler Jahresumsatz .028 .868 .047 123 .963<br />
Lokaler Markterfolg (Multi-Item) .018 .895 -.960 158 .339<br />
Lokale Verkaufsleistung (Multi-Item) .526 .469 -.968 158 .334<br />
Wahrgenommene Unsicherheit des<br />
lokalen Umfelds (Multi-Item)<br />
.505 .478 .434 158 .665<br />
Dauer der Beziehung mit dem Hersteller<br />
Geografische Entfernung zum Hersteller<br />
(Reisezeit)<br />
Ausmass an Konflikten mit dem Hersteller<br />
(Multi-Item)<br />
Gesamtzufriedenheit mit der Zusammenarbeit<br />
(Multi-Item)<br />
1.906 .170 1.031 140 .305<br />
2.860 .093 -1.806 137 .073<br />
.869 .353 .430 158 .668<br />
.933 .335 -.048 158 .962<br />
Tabelle 2-5: Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“ und<br />
„Late Respondents“<br />
Tabelle 2-5 zeigt die Ergebnisse der durchgeführten Analyse <strong>für</strong> ausgewählte Variablen.<br />
Es wurden insbesondere Multi-Item Variablen einbezogen, die <strong>für</strong> verschiedene<br />
Analysen in der vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle einnehmen (s. Anhang G, S.<br />
363 ff.). Es wird deutlich, dass die Nullhypothese („Es bestehen keine Mittelwertunterschiede<br />
zwischen der Gruppe der ‚Early Respondents’ und der Gruppe der ‚Late<br />
Respondents’“) auf einem Signifikanzniveau von fünf Prozent nicht verworfen werden<br />
kann. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse des Levene-Tests, dass zwischen den beiden<br />
Teilstichproben auch keine signifikanten Unterschiede (auf dem 5-Prozent-Niveau) in<br />
den Varianzen der betrachteten Variablen bestehen. Auf dieser Basis kann davon ausgegangen<br />
werden, dass im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung<br />
eines Non-Response-Bias vernachlässigt werden kann.
46<br />
2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien<br />
Kapitel 2<br />
Nach Belz (1993, S. 5) muss sich empirische Forschung stärker mit den komplexen<br />
Situationen in einzelnen Unternehmen und Märkten beschäftigen. Es ist ergiebiger<br />
Einzelfälle gründlich und kritisch zu diagnostizieren als mit grossen Stichproben nur<br />
kleine und standardisierte Ausschnitte der Wirklichkeit zu erfassen (Belz 1993, S. 5).<br />
Downey/Ireland (1979, S. 630) betonen, dass qualitative Daten eine besonders hohe<br />
Eignung aufweisen, um die organisationale Umwelt zu untersuchen. Eine qualitative<br />
Studie konkreter Fälle unterstützt deshalb insbesondere die situative Betrachtung, da<br />
die Variablen erfasst werden können, die z. B. Marketingsituationen bei Vertriebspartnern<br />
unterscheiden oder verbinden (Belz 1985, S. 8). Im Folgenden wird zunächst die<br />
Bedeutung der Fallstudienforschung <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit erörtert, um anschliessend<br />
einen kurzen Überblick zu den Fällen und konkret eingesetzten Methoden zu geben.<br />
Im Rahmen der Fallstudien wird jeweils eine Kombination verschiedener Methoden<br />
der Datenerhebung eingesetzt.<br />
Bedeutung der Fallstudienforschung <strong>für</strong> die Arbeit<br />
Die Fallstudie hat als Lehr- und als Forschungs-Instrument (s. Bonoma 1985, S.<br />
204 f.; Backhaus/Plinke 1977, S. 615) <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung eine besondere<br />
Bedeutung. Die didaktische Bedeutung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es aus<br />
Sicht der Marketingpraxis oft zielführender ist, Marketinglösungen aus konkreten Fällen<br />
in andere Situationen zu übertragen, als etwas aus allgemeinen Empfehlungen abzuleiten<br />
(Belz 1985, S. 8 f.; Belz 1993, S. 5). Deshalb werden in dieser Arbeit zu didaktischen<br />
Zwecken auch fortlaufend Fallbeispiele eingesetzt, die allerdings nicht wie<br />
Fallstudien zur Gewinnung von Erkenntnissen dienen, sondern Erkenntnisse verdeutlichen<br />
(Bonoma 1985, S. 203 f.).<br />
Als Forschungsinstrument kann die Fallstudie wichtige Beiträge leisten, um die Forschungsfragen<br />
zu beantworten (Backhaus/Plinke 1977, S. 617 f.). Die komplexe Kette<br />
vom Hersteller über den Vertriebspartner bis zum Kunden ist nur mit viel Aufwand<br />
und, wenn überhaupt, allenfalls sehr eingeschränkt quantitativ zu untersuchen. Die<br />
standardisierte schriftliche quantitativ-empirische Untersuchung im Rahmen dieser<br />
Arbeit ermöglicht eine Querschnittsbetrachtung über Märkte und Unternehmen hinweg<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Für eine Betrachtung hingegen,<br />
die verschiedene vertikale Stufen und Abteilungen einbezieht, scheint ein fallbezogenes<br />
Vorgehen geeigneter. Mit der Betrachtung der Vertriebsorganisation einzelner<br />
Herstellerunternehmen kann die quantitativ-empirische Untersuchung dieser Arbeit
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 47<br />
deshalb um wichtige Perspektiven ergänzt werden (s. Belz 1993, S. 8 f.; Bonoma<br />
1985, S. 202 f.). Im Fallstudienansatz werden dazu verschiedene qualitative Instrumente<br />
kombiniert eingesetzt (Belz 1993, S. 9; Bonoma 1985, S. 204), um grundlegende<br />
Zusammenhänge zwischen Situationen, Zufriedenheit und Lösungen zu ermitteln<br />
und aus verschiedenen Blickwinkeln zu reflektieren (Belz 1985, S. 8). Darüber hinaus<br />
bieten die Fallstudien ein vertiefendes Verständnis <strong>für</strong> konkrete Handlungsempfehlungen<br />
und <strong>für</strong> deren situative Eignung (Belz 1991, S. 9; Belz 1985, S. 10; Tomczak<br />
1991, S. 32).<br />
Erhebungsmethoden bei den verwendeten Fällen<br />
In der vorliegenden Arbeit werden die internationalen Vertriebsorganisationen der vier<br />
Unternehmen „Leica Microsystems“, „BASF AG (RBU FCE)“, „Gallus Ferd. Rüesch<br />
AG“ und „Nanosurf AG“ als Fallstudien einer tieferen Betrachtung unterzogen. Die<br />
Untersuchungsziele sind bei den einzelnen Fällen verschieden, woraus Unterschiede<br />
im Vorgehen und bei den Betrachtungsschwerpunkten resultieren (Bonoma 1985, S.<br />
205).<br />
Der Fall „Leica Microsystems“ wird herangezogen, um die in Forschungsfrage 1 aufgeworfene<br />
Relevanz des dezentralen Blickwinkels zu durchleuchten. Dabei kommen<br />
verschiedene Forschungsinstrumente zum Einsatz, um eine möglichst vollständige<br />
Triangulation zu ermöglichen (Jick 1979, S. 602 ff.). Tabelle 2-6 zeigt die Vorgehensweise<br />
bei der Datenerhebung im Fall Leica, der im Abschnitt 3.3 (S. 72 ff.) dargestellt<br />
ist.<br />
Leica Microsystems AG<br />
Wetzlar, Deutschland<br />
Fokus: Weltweites Netz von Distributoren<br />
Instrumente: • 4 Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs- und Geschäftsleitung,<br />
• Einzelinterviews mit Distributoren,<br />
• Standardisierte schriftliche Befragung (n=54),<br />
• Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting,<br />
• Desk Research.<br />
Befragte: Internationale Distributoren, Vertriebs- und Geschäftsleitung<br />
Inhalte: Zeitverwendung der Aussendienstmitarbeiter, Beurteilung der Zusammenarbeit<br />
aus Distributorensicht, Unterstützungsleistungen <strong>für</strong> Distributoren, Gestaltungsansätze<br />
aus Herstellersicht, Gestaltungsvorschläge aus Sicht der Distributoren.<br />
Zeitraum: März bis September 2004<br />
Tabelle 2-6: Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems<br />
Bei den Fallstudien „BASF AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ soll<br />
hingegen das Zusammenspiel von Determinanten und Gestaltung der Zusammenarbeit<br />
näher untersucht werden, um dazu beizutragen, die Forschungsfragen 2 und 3 zu be-
48<br />
Kapitel 2<br />
antworten. Tabelle 2-7 (S. 48) gibt einen Überblick zur Methodik der Datenerhebung<br />
<strong>für</strong> die Erstellung der drei Fallstudien. Um die konzeptionellen Überlegungen und<br />
quantitativ-empirischen Ergebnisse dieser Arbeit durch die Analyse der Fallstudien<br />
möglichst gründlich vertiefen zu können, werden letztere erst im abschliessenden Abschnitt<br />
6.5 (S. 259 ff.) dargestellt und diskutiert.<br />
Details<br />
zur Erhebung<br />
Nanosurf AG<br />
Liestal, Schweiz<br />
Fokus: Weltweites Netz von<br />
Distributoren<br />
Instru- • Fünf Einzel- und Grupmente:peninterviews<br />
mit Vertriebs-<br />
und Geschäftsleitung,<br />
• Einzelinterviews<br />
Distributoren,<br />
• Standardisierte schriftliche<br />
Befragung (n=13),<br />
• Teilnehmende Beobachtung<br />
am Distributorenmeeting,<br />
• Desk Research.<br />
Befragte: • Geschäfts- und Vertriebsleiter,<br />
• Agenten und Distributoren.<br />
Inhalte • Unterstützung inter-<br />
nationaler Distributoren,<br />
• Beurteilung und Vor-<br />
schläge der Distributoren,<br />
• Gestaltungsalternativen<br />
aus Herstellersicht.<br />
Gallus Ferd. Rüesch AG<br />
St. Gallen, Schweiz<br />
BASF AG, RBU FCE<br />
Ludwigshafen, Deutschland<br />
Weltweite Vertriebs- und RBU Fine Chemicals<br />
Serviceorganisation Europa, Afrika, West-Asien<br />
• Vier Einzel- und Grup- • Dreizehn Einzel- und<br />
peninterviews mit Marke- Gruppeninterviews in der<br />
ting- und Vertriebsleitung, Vertriebsorganisation,<br />
• Standardisierte schriftli- • Sechs Einzel- und<br />
che Befragung (n=61), Gruppeninterviews in der<br />
• Beobachtung und Analyse regionalen Divisions- und<br />
des elektronischen Business-Unit-Leitung,<br />
Schriftverkehrs,<br />
• Desk Research.<br />
• Desk Research.<br />
• Geschäftsführer,<br />
Vertriebsleiter, Leiterin<br />
Kommunikation,<br />
Produktmanager,<br />
• Unabhängige Agenten,<br />
• Leiter von Vertriebs-<br />
gesellschaften,<br />
• Vertriebsleiter der<br />
Heidelberger Vertriebs-<br />
organisation.<br />
• Unterstützung internationaler<br />
Vertriebspartner,<br />
• Beurteilung und<br />
Vorschläge durch<br />
Vertriebspartner,<br />
• Gestaltungsalternativen<br />
aus Herstellersicht.<br />
• Regionaler Divisionsleiter,<br />
• Regionaler Business-Unit-<br />
Leiter,<br />
• Head of Marketing, Head<br />
of Sales, Head of Sales &<br />
Supply,<br />
• Mitarbeiter technisches<br />
und kommerzielles Marketing,Innendienstmitarbeiter,<br />
• Aussendienstmitarbeiter.<br />
• Herausforderungen und<br />
Ziele der Organisation,<br />
• Aufgabenverteilung und<br />
benötigte Unterstützung,<br />
• Beurteilung der Zusammenarbeit,<br />
• Lösungsvorschläge <strong>für</strong><br />
Abläufe und Strukturen.<br />
Zeitraum: April bis Juli 2003 Januar bis August 2004 Februar bis September 2004<br />
Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 49<br />
3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner<br />
3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb<br />
3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele<br />
Die Frage nach der Relevanz der internen Zusammenarbeit und der Zufriedenheit von<br />
Vertriebspartnern mit dieser Zusammenarbeit ist gleichzeitig eine Frage nach den Wirkungen,<br />
die die Zusammenarbeit auf die verschiedenen Ziele besitzt, die ein Herstellerunternehmen<br />
im Marketing und Vertrieb verfolgt. Um die Frage der Relevanz zu<br />
beantworten, müssen deshalb zunächst die Ziele des Herstellers im Marketing und<br />
Vertrieb systematisiert und diskutiert werden (s. Abbildung 3-1). Für eine Gegenüberstellung<br />
von Zielen des Herstellers und des Handels bzw. der Tochtergesellschaften sei<br />
auf Steffenhagen (1975, S. 75) und Bakka (1986, S. 853) verwiesen.<br />
Die Ziele im Marketing und Vertrieb leiten sich grundsätzlich aus den Zielen des Gesamtunternehmens<br />
ab und sollen als Funktionalziele einen spezifischen Beitrag leisten,<br />
alle übergeordneten Unternehmensziele zu erreichen (Homburg/Krohmer 2003, S.<br />
344). Dabei können in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003, S. 345 f.) wirtschaftliche,<br />
effektivitäts- und potenzialbezogene Ziele unterschieden werden, die einander in<br />
umgekehrter Reihenfolge bedingen.<br />
Wirtschaftliche<br />
Ziele<br />
Effektivitätsbezogene<br />
Ziele<br />
Potenzialbezogene<br />
Ziele<br />
Marktbezogene<br />
Ziele<br />
Organisationsbezogene<br />
Ziele<br />
z. B. Umsatz, Vertriebskosten, Deckungsbeitrag, Gewinn,<br />
Umsatzrendite<br />
(oder nach Bezugsobjekt: z. B. Kunde, Produkt, Mitarbeiter)<br />
z. B. Absatz, Marktanteil,<br />
Kundenzahl und<br />
-loyalität, Kauffrequenz,<br />
Preisniveau<br />
z. B. Bekanntheitsgrad und<br />
Image des<br />
Unternehmens/Leistungsangebots,<br />
Einstellung der<br />
Kunden zum Unternehmen/<br />
Leistungsangebot,<br />
Kundenzufriedenheit<br />
Abbildung 3-1: Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens<br />
z. B. Mitarbeiterbindung,<br />
Innovativität, Prozesseffizienz,<br />
Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten,<br />
Einsatz beim Verkauf<br />
z. B. Zufriedenheit und<br />
Leistungsbereitschaft der<br />
Mitarbeiter, Vertrauen zum<br />
Hersteller, Verbundenheit mit<br />
dem Hersteller, Mitarbeitermotivation<br />
Potenzialbezogene Ziele sind solche Ziele, die dem Verhalten von Kunden und Mitarbeitern<br />
kausal vorgelagert sind und somit ein Potenzial <strong>für</strong> die Verkaufs- und Führungseffektivität<br />
in den Absatzmärkten und in der Vertriebsorganisation darstellen. So<br />
kann bspw. eine hohe Kundenzufriedenheit (potenzialbezogenes Ziel) zu höheren Ver-
50<br />
Kapitel 3<br />
käufen und einer höheren Kundenbindung führen (effektivitätsbezogene Ziele) (s.<br />
Homburg et al. 2003; Homburg et al. 1999). Hohe Zufriedenheit und Motivation von<br />
Mitarbeitern (potenzialbezogene Ziele) werden gemeinhin als Voraussetzungen <strong>für</strong><br />
niedrige Fluktuation und hohen Einsatz beim Verkauf (effektivitätsbezogene Ziele)<br />
gesehen (s. Futrell/Parasuraman 1984; Homburg/Stock 2001).<br />
Effektivitätsbezogene Ziele beziehen sich auf die Realisierung des Potenzials und<br />
nicht wie potenzialbezogene Ziele auf dessen Bildung. Das realisierte Potenzial kann<br />
durch das tatsächliche Verhalten von Mitarbeitern und Kunden und dessen unmittelbare<br />
Resultate abgebildet werden. Realisierte Absatzmengen, der Marktanteil oder die<br />
Innovativität gehören bspw. zu den unmittelbaren Konsequenzen aus der Realisierung<br />
von kunden- und mitarbeiterbezogenen Potenzialen.<br />
Wirtschaftliche Zielgrössen im Vertrieb sind ökonomische Grössen der Kosten-, Umsatz-<br />
und Erlösstruktur. Sie sind monetärer Natur und hängen stark, wenn auch nicht<br />
ausschliesslich, vom Erreichen der Effektivitätsziele ab. So tragen hohe Marktanteile<br />
und ein hoher Einsatz der Verkaufsmitarbeiter dazu bei, dass die Umsatz-, Kostenund<br />
Ergebnisziele erreicht werden. Häufig werden wirtschaftliche Zielgrössen wie<br />
Umsätze oder Kosten nicht nur aggregiert, sondern auch nach Bezugsobjekten aufgeschlüsselt<br />
betrachtet, wie z. B. Umsätze pro Kunde, Verkaufsgebiet, Mitarbeiter oder<br />
Produktgruppe.<br />
Vereinfachend kann jede der drei Zielebenen dem Bezugsobjekt nach in markt- und<br />
organisationsbezogene Ziele unterteilt werden. Bei marktbezogenen Zielen ist das Bezugsobjekt<br />
der Gesamtmarkt, eine Marktregion, eine Kundengruppe oder ein Einzelkunde.<br />
Organisationsbezogene Ziele haben Bezugsobjekte, die dem Vertriebssystem<br />
der Organisation angehören, z. B. Mitarbeiter, Produkte und Prozesse. Dabei sind<br />
nicht alleine Kausalbeziehungen in vertikaler Richtung zwischen den Zielebenen, sondern<br />
auch horizontal und diagonal zwischen markt- und organisationsbezogenen Zielen<br />
zu vermuten, so z. B. zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit (s.<br />
Brown/Chin 2004; George/Grönroos 1995; Heskett et al. 1997; Bruhn 1995).<br />
Das Fallbeispiel der Emhart Glass S.A. (S. 51) zeigt die Verflechtungen der Ziele und<br />
die daraus resultierende Komplexität von Wirkungen, die von Schwierigkeiten bei der<br />
Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner ausgehen.<br />
Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit<br />
Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz<br />
Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit<br />
führender Hersteller von Maschinen <strong>für</strong> die Glasbehälterindustrie. Zu ihren Produkten gehören Ma-
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 51<br />
schinen <strong>für</strong> Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur Konfektion der Flaschen sowie<br />
Maschinen <strong>für</strong> die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten<br />
im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF.<br />
Jann Hatz, Vice President Marketing, berichtet über die Konsequenzen, die durch ungenügende Zusammenarbeit<br />
zwischen Zentrale und ausländischen Vertriebspartnern entstehen können. In der Vergangenheit<br />
kam es insbesondere bei der Spezifikation von Produkten zu Schwierigkeiten. Vertriebspartner<br />
waren teilweise auf kurzfristige Umsätze fixiert und nicht motiviert, sich ausreichend über<br />
Produkte zu informieren und schulen zu lassen. Bei der Zusammenstellung von Produktionsanlagen<br />
<strong>für</strong> Kunden entstanden deshalb Fehler, die vom Kunden gewünschte Problemlösung wurde ungenügend<br />
spezifiziert.<br />
Dies hatte verschiedene Konsequenzen: Die Spezifikationen mussten teilweise mehrfach zwischen<br />
Kunden, Vertriebspartner und Zentrale zur Überarbeitung hin- und hergeschickt werden, woraus zeitliche<br />
Verzögerungen resultierten. Ein verbindlicher Preis konnte nicht festgelegt werden, es ergaben<br />
sich <strong>für</strong> den Kunden andere Preise als vorher vereinbart und die geplanten Margen konnten teilweise<br />
nicht erzielt werden. Häufig war zu beobachten, dass entweder während oder unmittelbar nach der<br />
Installation der Anlage Änderungen vorgenommen werden mussten, die dem Ansehen und dem Vertrauen<br />
beim Kunden schadeten und intern zusätzliche Kosten verursachten.<br />
Auf die Zentrale kamen in diesem Fall auch Reklamationen des Kunden zu. Dabei schadeten interne<br />
Anpassungs- und Reparaturkosten dem Unternehmen ebenso wie die hierdurch entstandenen Imageverluste.<br />
Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei<br />
Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />
3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele<br />
Eine unzureichende Abstimmung in der Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner<br />
und Zentrale wirkt sich auf vielfältige Weise auf die vom Unternehmen verfolgten<br />
Ziele aus. Die Wirkungen nehmen unterschiedliche Ausmasse an und können bei allen<br />
drei Parteien auftreten: beim Kunden, in der Zentrale und beim Vertriebspartner. Wirkungen<br />
betreffen teilweise ausschliesslich eine Partei, teilweise auch mehrere. Es ergibt<br />
sich ein komplexes Zusammenspiel zwischen den Parteien.<br />
Auf Basis der Interviews, die der Autor mit Führungskräften aus der internationalen<br />
Marktorganisation verschiedener <strong>Industriegüter</strong>hersteller geführt hat (Explorative Interviews“,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346), konnten Wirkungen identifiziert<br />
und nach ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die verschiedenen Ziele systematisiert werden. Analog<br />
zu den Zielen wurden markt- und organisationsbezogene Wirkungen in jeweils<br />
drei Ebenen unterschieden, nämlich wirtschaftlich, effektivitäts- und potenzialbezogen.<br />
Tabelle 3-1 zeigt die in den Gesprächen identifizierten Wirkungen.
52<br />
Marktbezogene<br />
Wirkungen<br />
Organisationsbezogene<br />
Wirkungen<br />
Wirtschaftliche Wirkungen<br />
Höhere Kosten, geringere Umsätze, geringere Rentabilität<br />
Leistungsqualität leidet<br />
• Servicequalität nicht wie gewohnt (z. B. Serviceanfragen<br />
werden nicht weitergeleitet),<br />
• Kundenreklamationen wg. mangelhafter<br />
Produktspezifikationen,<br />
• Fehlende Flexibilität insbesondere bei kurzfristigen<br />
Kundenanfragen,<br />
• Liefertreue und Reaktionszeiten verschlechtern<br />
sich,<br />
• Schwierigkeiten bei Schulung und Beratung<br />
von Kunden zu komplexen Produkten,<br />
• Neue Produkte entsprechen nicht den<br />
Marktanforderungen.<br />
Verkaufszahlen sinken<br />
• Kundenabwanderung, Verlust von Aufträgen,<br />
Kunde testet alternative Anbieter, Aufnahme<br />
von second und third suppliers,<br />
• Ineffizienzen in verkauften Tonnen oder Stückzahlen.<br />
Destruktives Kundenverhalten<br />
• Kunde nutzt Informations- und Koordinationsdefizite<br />
aus,<br />
• Kunde erhöht Druck auf Margen,<br />
• Zentrale und Vertriebspartner (auch mehrere)<br />
werden gegeneinander ausgespielt.<br />
• Vertrauen des Kunden sinkt, wenn versprochene<br />
Dinge nicht gehalten werden und sich<br />
eine fehlende Verlässlichkeit von Aussagen<br />
der Vertriebspartner herausstellt,<br />
• Fehlende Information des Kunden über neue<br />
Produkt- und Lösungsvarianten verschliessen<br />
Marktpotenziale,<br />
• Zentrale wird schlecht vertreten, da Vertriebspartnern<br />
die Beratungskompetenz fehlt,<br />
• Schlechter Eindruck, wenn Kunde Abstim-<br />
Effektivitätsbezogene Wirkungen<br />
Potenzialbezogene Wirkungen<br />
Kapitel 3<br />
Ineffiziente Prozesse<br />
• Zusätzliche Aufwendungen, wenn Dinge mehrfach<br />
überarbeitet werden müssen,<br />
• Falsche Versprechen in Logistik müssen über<br />
Gutschriften nachgebessert werden,<br />
• Wechselkursverluste: Offerten werden stillschweigend<br />
verlängert, obwohl Akkreditiv sie<br />
nicht mehr absichert,<br />
• Anstieg von Krankheitstagen, Mitarbeiterabwanderung,<br />
Trennung von Vertriebspartnern.<br />
Erschwerte Planung<br />
• Unberechenbarkeit von Erfolgen und<br />
Verlusten,<br />
• Kapazitäten schwer planbar.<br />
Verhalten von Vertriebspartner<br />
und Zentrale<br />
• Vertikale Konflikte und defensives Verhalten,<br />
• Blockaden, Diskussionen und Leerläufe, Verschliessen<br />
und Abschotten,<br />
• „Nebenkriegsschauplätze“ werden eröffnet,<br />
• Informationen werden nicht weitergeleitet um<br />
keine Angriffsfläche zu bieten,<br />
• Geringer Austausch über Neuentwicklungen,<br />
Modifikationen, Applikations-Know-how,<br />
• Machtspiele zwischen Vertriebspartner und<br />
Zentrale, Druck wird ausgeübt,<br />
• Opportunistisches Verhalten,<br />
• Engagement und Leistung sinken intern und<br />
beim Kunden.<br />
• Unzufriedenheit, Misstrauen, Demotivation und<br />
Entmutigung bei Vertriebspartnern und Zentrale,<br />
• Commitment des Vertriebspartners leidet, teilweise<br />
"Innere Kündigung" des Personals,<br />
• Bilder und Rollen, die sich bei Vertriebspartnern<br />
und der Zentrale verfestigen,<br />
• Gefühl nicht ernst genommen und akzeptiert zu<br />
werden (z. B. innovative Produktvorschläge,<br />
die weder geschätzt noch eingeführt werden),
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 53<br />
mungsprobleme wahrnimmt, Imageverluste<br />
durch uneinheitliches Auftreten, ineffiziente<br />
Prozesse und mangelnde Leistungsqualität,<br />
• Unzufriedenheit bei Kunden.<br />
• Kompetenzen von Vertriebspartner und Zentrale<br />
leiden, da Informationen über Markt und Organisation<br />
inkl. Produkten fehlen (z. B. Aussendienst-Mitarbeiter,<br />
die nicht wissen, welche<br />
Lösungen bereits existieren).<br />
Tabelle 3-1: Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Unzufriedenheit, die bei den Mitarbeitern einer Vertriebsgesellschaft in Bezug auf die<br />
Zusammenarbeit mit dem Hersteller besteht, kann sich auf deren Einstellung zu ihrer<br />
Arbeit, zu ihren Vorgesetzten, zum Unternehmen und zu den Kunden auswirken. Das<br />
Engagement am Markt leidet darunter und damit die Qualität der Verkaufsleistung.<br />
Wenn die interne Zusammenarbeit nicht zufrieden stellend abläuft, verändern Mitarbeiter<br />
von Vertriebsgesellschaften und der Zentrale ihr Verhalten. Sie verlieren an Motivation<br />
und engagieren sich nicht mehr über ein Mindestmass hinaus. Eigeninitiative<br />
leidet, Mitarbeiter setzen sich nicht mehr mit voller Überzeugung <strong>für</strong> das Unternehmen<br />
ein und verhalten sich der anderen Partei gegenüber defensiv. Dies äussert sich<br />
bspw. darin, dass nur noch selektive und unverfängliche Informationen weitergeleitet<br />
werden und darauf geachtet wird, keine Angriffsfläche zu bieten. Die Zusammenarbeit<br />
wird zunehmend von der Machtstruktur in verschiedenen Bereichen (bspw. dem Kundenzugang<br />
und den Kundeninformationen) bestimmt, teilweise erhält der Kunde als<br />
gemeinsamer Bezugspunkt eine geringere Priorität als interne Machtspiele. Konflikte<br />
werden dabei über Nebenkriegsschauplätze ausgetragen. Sie werden meist nicht offen,<br />
sondern vorwiegend und ausgiebig intern diskutiert.<br />
Unstimmigkeiten und Informationslücken im Unternehmen führen aber auch beim<br />
Kunden zu veränderten, oftmals destruktiven Verhaltensweisen. Vertriebsleiter berichten<br />
darüber, dass Unstimmigkeiten mit dem lokalen Vertrieb von Kunden ausgenutzt<br />
werden. Teilweise werden die Zentrale und ihre Vertriebspartner in den verschiedenen<br />
Ländern gegeneinander ausgespielt, indem an mehreren Fronten gleichzeitig verhandelt<br />
wird. Das Image des Unternehmens leidet beim Kunden, der bspw. inkonsistente<br />
Produktinformationen von Zentrale und Vertriebspartner erhält. Der Kunde merkt ggf.,<br />
dass die Zentrale zuverlässigere oder aktuellere Informationen besitzt und versucht<br />
den Vertriebspartner auszuspielen.<br />
Die Wettbewerbsfähigkeit leidet auch unter der abnehmenden Leistungsqualität, die<br />
durch eine fehlende Abstimmung verursacht wird. Es sind die Beratungsqualität im<br />
Vorfeld der Leistungserstellung sowie die Flexibilität und Zuverlässigkeit bei den<br />
Leistungsversprechen, die nicht mehr den Kundenwünschen entsprechend erfüllt wer-
54<br />
Kapitel 3<br />
den können. Neben dem Verlust an Aufträgen und der Abwanderung von Kunden und<br />
Mitarbeitern führen Probleme in der Zusammenarbeit zu Planungsunsicherheiten,<br />
Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten, wie bspw. auch durch die zunehmende<br />
Anzahl von Reklamationen im Bereich der Garantiearbeiten und des After-Sales Services.<br />
Eine quantitativ-monetäre Bezifferung des Schadens, der durch interne Abstimmungsprobleme<br />
entsteht, ist zwar wünschenswert, allerdings schwierig zu errechnen. Insbesondere<br />
umsatzseitige Effekte sind nur schwer zu erfassen. Eine aussagekräftige Sensitivitätsanalyse<br />
würde umfangreiches internes Datenmaterial zu Prozessen, Kosten und<br />
Umsätzen benötigen, das <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung nicht zugänglich war. Einige<br />
Hinweise kann ggf. folgende Aufstellung geben, die auf Angaben von Vertriebsleitern<br />
deutscher und Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller beruht (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Kurzbeispiele zu Wirkungen suboptimaler Zusammenarbeit<br />
Kosten einer gescheiterten Neuprodukteinführung<br />
Hoerbiger-Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Vorleistungen <strong>für</strong> die Forschung und Entwicklung eines<br />
neuen Produktes können je nach Anwendung bis zu 700’000 EUR betragen. Hinzu kommen Kosten <strong>für</strong><br />
Kommunikation (z. B. Werbung, Mailings, Messestände und Material, Dokumentationen, Verkaufsunterlagen)<br />
und Schulungen (z. B. produktbezogene Schulungen, Flüge etc.).<br />
Kosten durch Diskussionen und Leerläufe<br />
Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der Kostenwirkungen von Diskussionen und Leerläufen.<br />
1 Führungskraft * 10 Minuten/Tag * 50 Vertriebspartner * 220 Arbeitstage<br />
= 110’000 Minuten = 1’833 Stunden<br />
= ca. 230 Tage (à 8 Stunden) = ca. 1 Mann-Jahr<br />
Laut der europäischen Kienbaum Vergütungsstudie „Remuneration in Europe 2003“ verdient der Leiter<br />
einer europäischen Tochtergesellschaft (Grösse bis 100 Mitarbeiter) im <strong>Industriegüter</strong>geschäft durchschnittlich<br />
ca. 90’000 Euro.<br />
Anzumerken bleibt, dass Diskussionen und Leerläufe, die aus Abstimmungsproblemen entstehen, pro<br />
Niederlassung mehr als einen Mitarbeiter betreffen können und pro Mitarbeiter leicht über 10 Minuten<br />
pro Tag beanspruchen. Im Beispiel wurden 8 Arbeitsstunden pro Tag eingesetzt. Je nach Land können<br />
es jedoch wesentlich mehr Arbeitsstunden oder auch weniger sein (bspw. in Frankreich).<br />
Die Bewertung der Leerlaufzeiten mit dem Geschäftsführergehalt dienen nur der Veranschaulichung.<br />
Diese Kosten sind selbstverständlich nicht abbaubar und damit fix, da sie auf verschiedene Personen<br />
verteilt sind. Die Leerläufe könnten jedoch von den Mitarbeitern alternativ verwendet werden und äussern<br />
sich ggf. in Qualität, Mehrumsatz oder einem besseren Verhältnis zum Kunden.<br />
Umsatzverluste durch Mitarbeiterabwanderung<br />
Herr Dr. Meyer, Group Vice President der regionalen Business Unit „Fine Chemicals Europe, Africa,<br />
West Asia“ bei der BASF AG in Ludwigshafen, bemüht sich um die Beziehungen zu Mitarbeitern in<br />
der europäischen Marktorganisation.<br />
Im Zuge weit reichender Kostensenkungsprogramme des Konzerns wurden u. a. <strong>für</strong> sämtliche Vertriebsverantwortlichen<br />
in den europäischen Märkten die administrative Unterstützung zentralisiert,<br />
Länderbüros abgebaut und Home-Offices eingerichtet. So auch in Norwegen, wo ein äusserst erfolgrei-
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 55<br />
cher, langjähriger Vertriebsmitarbeiter alleine den Bereich ‚Tierfutter und Hormone’ mit einer EUR-<br />
Umsatzverantwortung im zweistelligen Millionenbereich betreut.<br />
Die Zentralisierung von Vertriebsaufgaben und -verantwortlichkeiten hat in einigen Märkten zur Kündigungen<br />
von Seiten der Mitarbeiter geführt. Durch seine „Beziehungspflege“ hatte Herr Dr. Meyer<br />
erfahren, dass der <strong>für</strong> Norwegen zuständige Vertriebsverantwortliche ebenfalls höchst unzufrieden mit<br />
der Home-Office Lösung war: Als Vater dreier Kinder kam er zu Hause kaum zum Arbeiten. Dr. Meyer<br />
konnte schnell eine Lösung finden, indem er ein Büro anmietete. Er bewahrte damit das Unternehmen<br />
vor grösseren Umsatzverlusten, die durch eine potenzielle Abwanderung des bedeutenden Vertriebsmannes<br />
entstanden wäre.<br />
Verluste durch weggefallene Wechselkursabsicherung<br />
Die Problematik, dass Offerten durch Devisengeschäfte abgesichert werden müssen, tritt vor allem in<br />
Ländern und Regionen mit hoher Inflation auf. Hierzu gehört bspw. Asien, wo Projekte in EUR oder<br />
USD verhandelt werden und sich die lokale Währung rasch verändert. Bei Emhart Glass S.A., Cham<br />
(CH) gilt eine Offerte deshalb <strong>für</strong> 90 Tage, danach sollte die Offerte neu erstellt werden.<br />
Man versucht bei Emhart Glass das Währungsrisiko in solchen Ländern mehrheitlich zum Kunden zu<br />
verlegen. Hierdurch entsteht jedoch die Gefahr, dass der sich das Projekt dann nicht mehr leisten kann<br />
und das Geschäft platzt oder verschoben wird.<br />
Liegt das Wechselkursrisiko bei Emhart Glass, so können durch eine eingehaltene Offerte, die nicht im<br />
abgesicherten Zeitraum abgeschlossen wird, bei starker Inflation erhebliche Verluste entstehen.<br />
Rechenbeispiel: 2.5 Mio. CHF (Umsatzvolumen) * 1% (Währungsschwankung) = 25’000 CHF<br />
Umsatzpotenziale durch neue Innovation<br />
Die Wirtgen GmbH mit Sitz in Windhagen (DE) ist Hersteller von Kaltfräsen, die insbesondere <strong>für</strong> den<br />
Strassenbau eingesetzt werden, um mangelhaften Strassenbelag abzutragen und damit Strassen wieder<br />
instand zu setzen.<br />
Bei Wirtgen sieht man die funktionierende vertikale Zusammenarbeit zu Vertriebspartnern als Quelle<br />
<strong>für</strong> kontinuierliche Innovation. „Man muss Vertriebspartner fit halten und sich auch auf der persönlichen<br />
Ebene gut mit ihnen verstehen. Nur so kann man alle Strömungen des Marktes mitnehmen“, so<br />
Peter Bollinger, Vertriebsleiter. Er nennt als Beispiel eine Innovation, die erst kürzlich bei einem Vertriebspartner<br />
auf dem amerikanischen Markt „entdeckt“ wurde. Der „Rumples-trip“ fräst mit einem<br />
fünfeckigen Rad starke Unebenheiten in den Strassenrand. Verlässt ein Fahrzeug, dessen Fahrer eingeschlafen<br />
ist, die reguläre Fahrbahn, wacht der Fahrer sofort auf, sobald er auf den Rumplestripp gerät.<br />
Das Gerät wurde zuerst als Spezialanfertigung auf dem amerikanischen Markt nachgefragt. Mittlerweile<br />
verkauft das Unternehmen das Produkt aber auch nach Österreich und, so Bollinger, eventuell bald<br />
auch in die Schweiz.<br />
Umsatzverluste und Kosten durch Kundenabwanderung<br />
Projektverlust Emhart Glass S.A., Cham (CH): Ein durchschnittlicher Kundenauftrag hat ein Volumen<br />
zwischen 1-5 Mio. CHF. Bei Projektverlust werden diese nicht realisiert.<br />
Neuakquisition Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Neuakquisition eines Kunden verursacht<br />
häufig Kosten in Höhe von 15’000 EUR <strong>für</strong> Prototypenfertigung, Dokumentation und Kundenbesuche.<br />
Kostensteigerung durch höhere Anzahl von Reklamationen<br />
Garantiekosten Emhart Glass S.A., Cham (CH): Garantiekosten liegen in der Grössenordnung von 1.5<br />
Prozent des Umsatzes. Bereits geringe Schwankung dieses Wertes besitzen damit hohe Kostenwirkungen.<br />
Reklamationskosten Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Durchschnittliche Reklamationskosten,<br />
die durch Fehler in der Beratung etc. entstehen betragen ca. 0.3 Prozent des Umsatzes.<br />
Ineffizienzen durch die Mehrfachüberarbeitung von Unterlagen
56<br />
Kapitel 3<br />
Spezifikationsrunden Emhart Glass S.A., Cham (CH): Da die Maschinen in den meisten Fällen individuell<br />
nach Kundenwunsch zusammengestellt werden, braucht es meist mehr als eine ‚Runde’, bis die<br />
endgültige Spezifikation erreicht ist. Bei einer Spezifikationsrunde nehmen meist zwischen zwei und<br />
drei Mitarbeitern aus technischen und kommerziellen Bereichen des Unternehmens <strong>für</strong> etwa ein bis<br />
zwei Tage teil, wodurch pro Runde etwa 2-6 Manntage benötigt werden. In einzelnen Fällen, wenn mit<br />
Vertriebspartnern in Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann und Vorarbeiten nicht wie<br />
gefordert erledigt wurden, braucht es bis zu acht Runden. Insgesamt braucht der Central Sales ca. die<br />
Hälfte seiner Zeit <strong>für</strong> Requotes und Nachfragen. Das ist jedoch zu einem grossen Teil system- respektive<br />
industrie- und produktbedingt.<br />
In verschiedenen Fällen werden auch noch Customer Specials gewünscht und im Engineering ausgeführt.<br />
Diese Zeit ist nicht eingeschlossen, da sie separat verrechnet wird und deshalb kostenneutral ist.<br />
Kosten durch die Neubesetzung von Stellen<br />
Rekrutierung und Einarbeitung Emhart Glass S.A., Cham (SA): Die Gewinnung geeigneter Führungskräfte<br />
erfolgt teilweise über Headhunter, teilweise über direkte Kontakte innerhalb der relativ<br />
übersichtlichen Industrie. Zu den Rekrutierungskosten zählen insbesondere Kosten <strong>für</strong> Headhunter und<br />
der interne Zeitaufwand eigener Mitarbeiter. Headhunter verlangen bei Midlevel-Positionen meist 20<br />
bis 30 Prozent eines Jahresgehaltes. Bei einem Jahresgehalt von 90'000 EUR entstehen hierdurch alleine<br />
<strong>für</strong> das Headhunting Kosten von mindestens 18'000 EUR. Bei Emhart Glass gibt es kaum Fluktuation.<br />
Wenn Wechsel anstehen, dann werden die Positionen meist intern oder mit Spezialisten aus der<br />
Industrie besetzt. Bei der Besetzung einer Stelle mit einem externen Kandidaten entstehen durch den<br />
Zeitaufwand, den das Kennenlernen der Organisation benötigt, die grössten Kosten.<br />
Rekrutierung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Rekrutierungskosten eines Vertriebsleiters<br />
betragen inkl. Headhunter und internen Kosten <strong>für</strong> Interviews etc. je nach Region etwa ein Jahresgehalt<br />
von 60-80’000 EUR.<br />
Einarbeitung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Kosten <strong>für</strong> Reisen und interne Ausfallzeiten,<br />
die <strong>für</strong> die Einarbeitung eines neuen Vertriebsleiters anfallen, betragen (ohne Berücksichtigung<br />
von Schulungen) in etwa 10’000 EUR.<br />
Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg<br />
der Vertriebspartner<br />
3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg<br />
Die vorangegangenen Überlegungen zu den Wirkungsebenen der Zusammenarbeit<br />
legen die Vermutung nahe, dass die Einstellung der Vertriebspartner zur Zusammenarbeit<br />
mit dem Herstellerunternehmen weit reichende Wirkungen auf das Verhalten<br />
der Vertriebspartner und damit auf den Markterfolg hat (s. Mohr/Nevin 1990, S. 38).<br />
Viele Teilaspekte dieser mehrstufigen Kausalbeziehung wurden bereits gezielt oder<br />
aber als „Nebenprodukte“ in Partialuntersuchungen benachbarter Forschungsvorhaben<br />
quantitativ-empirisch überprüft (einen Überblick bieten z. B. die Arbeiten von<br />
Geyskens et al. 1999, Geyskens et al. 1998, Goodman/Dion 2001 und Menon et al.<br />
1996). Ein Modell, das Variablen aller drei Zielebenen erfasst und deren Zusammenhänge<br />
integriert untersucht, fehlt jedoch bisher. Die folgende Untersuchung trägt mit<br />
Hilfe einer quantitativ-empirischen Analyse dazu bei, diese Lücke zu schliessen. Dazu
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 57<br />
werden im Folgenden neun Hypothesen abgeleitet und auf ihre Entsprechung mit den<br />
empirischen Daten überprüft (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern in der Beziehung zum Hersteller ist, wie vermutet<br />
wird, als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis <strong>für</strong> die Schaffung<br />
weiterer mitarbeiterbezogener Potenziale und deren Realisierung. Sie wird in dieser<br />
Untersuchung als unabhängige Variable (latente exogene) betrachtet, um ihre Wirkungen<br />
zu untersuchen (s. Mohr/Nevin 1990, S. 37 f.). Mögliche rekursive Beziehungen,<br />
wie sie bereits in Abbildung 2-7 (S. 27) aufgezeigt wurden (s. auch<br />
Schwab/Cummings 1970, S. 418; Geyskens et al. 1999, S. 225), sind <strong>für</strong> die Fragestellung<br />
nach den Wirkungen der Zufriedenheit von nachrangiger Bedeutung und werden<br />
an dieser Stelle deshalb nicht weiter vertieft.<br />
Auf die Konstrukte „Zufriedenheit“, „Konflikte“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“<br />
wurde in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanälen wiederholt Bezug genommen,<br />
da sie die Qualität der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Hersteller<br />
in besonderem Masse charakterisieren (Frazer 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 38;<br />
Geyskens et al. 1999, S. 223). Die Zufriedenheit mit dem Hersteller wurde vielfach als<br />
Basis <strong>für</strong> Vertrauen (John/Reve 1982, S. 518; Ganesan 1994, S. 2; Crosby et al. 1990,<br />
S. 70 f.) und die Verbundenheit mit dem Herstellerunternehmen (Mohr et al. 1996, S.<br />
110; Brown/Peterson 1993, S. 64; Ganesan 1994, S. 5; Geyskens et al. 1999, S. 225)<br />
identifiziert. Unzufriedenheit mit der Zusammenarbeit führt zu Argwohn und Misstrauen<br />
gegenüber dem Hersteller (Ganesan 1994, S. 5). Zufriedenheit hingegen erhöht<br />
das Vertrauen zum Hersteller, weil sie als positives Ergebnis von Aufrichtigkeit und<br />
Wohlwollen des Herstellers interpretiert werden kann (Ganesan 1994, S. 5). Hieraus<br />
folgen die Hypothesen H01 und H02.<br />
H01: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />
stärker ist dessen Vertrauen in den Hersteller.<br />
H02: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />
stärker ist dessen Verbundenheit mit dem Hersteller.<br />
Vertriebspartner, die eine hohe Zufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />
empfinden, sehen die Zusammenarbeit zudem als förderlich, um ihre eigenen Ziele<br />
zu erreichen (Geyskens et al. 1999, S. 225). Dies bedeutet, dass Meinungsverschiedenheiten<br />
und das Niveau von Konflikten zwischen Vertriebspartner und Hersteller
58<br />
Kapitel 3<br />
bei steigender Zufriedenheit abnehmen (Brown/Day 1981, S. 270 f.; Mohr et al. 1996,<br />
S. 108; Brown et al. 1991, S. 16 f.; Dwyer 1980, S. 48 f.; Rosenberg/Stern 1971,<br />
S.439 f.; Lusch 1976, S. 382 f.). Es folgt daraus Hypothese H03:<br />
H03: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />
geringer ist das Konfliktniveau zwischen Hersteller und Vertriebspartner.<br />
Das Konfliktniveau wird dabei durch die Häufigkeit, die Intensität und die Dauer von<br />
Meinungsverschiedenheiten bestimmt (Anderson/Narus 1990, S. 44). Konflikte gelten<br />
als Hürde <strong>für</strong> die Vertrauensbildung zum Hersteller (Anderson/Narus 1990, S. 44;<br />
Stern et al. 1973, S. 170), weil sie den Glauben der Vertriebspartner in die Aufrichtigkeit<br />
und das Wohlwollen des Herstellers (Kumar et al. 1995, S. 58) schwächen. Hier<br />
wird deshalb ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und dem Vertrauen<br />
vermutet.<br />
H04: Je höher das vom Vertriebspartner wahrgenommene Konfliktniveau, desto geringer<br />
ist das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller.<br />
Darüber hinaus führen dysfunktionale Konflikte zu veränderten Verhaltensweisen<br />
(Menon et al. 1996, S. 299 f.), die einer optimalen Abstimmung zwischen Hersteller<br />
und Vertriebspartner entgegenstehen und deshalb zu einem Hindernis <strong>für</strong> die lokale<br />
Verkaufsleistung (Performance) werden (Menon et al. 1996, S. 301; Rosenberg/Stern<br />
1971, S. 441; Schul et al. 1985, S. 10; Lusch 1976, S. 388). Es kann ein negativer Zusammenhang<br />
zwischen Konfliktniveau und der Verkaufsleistung vermutet werden.<br />
H05: Je höher das Konfliktniveau zwischen Vertriebspartner und Hersteller, desto geringer<br />
ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />
Bemerkenswerte konzeptionelle und empirische Bekräftigungen bestehen bezüglich<br />
der Annahme, dass die Verbundenheit mit dem Hersteller wie keine andere Einstellungsvariable<br />
in Vertriebskanälen durch Zufriedenheit und Vertrauen bestimmt wird<br />
(Anderson/Weitz 1992, S. 20; Morgan/Hunt 1994, S. 31). Auf den Zusammenhang
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 59<br />
zwischen Zufriedenheit und Verbundenheit wurde bereits Bezug genommen (s. H02).<br />
Das Vertrauen zum Hersteller führt langfristig (Dwyer et al. 1987, S. 19) zu einem<br />
stärkeren Verbundenheitsgefühl mit diesem (Morgan/Hunt 1994, S. 23; Andaleeb<br />
1996, S.81 f.; Anderson/Weitz 1989, S. 311; Ganesan 1994, S. 4; Geyskens et al.<br />
1996, S. 307 f.).<br />
H06: Je stärker das Vertrauen in den Hersteller, desto stärker ist die Verbundenheit<br />
des Vertriebspartners mit dem Hersteller.<br />
Vertrauen (Crosby et al. 1990, S. 70; Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 342; ) und Verbundenheit<br />
(Brown et al. 1995, S. 365; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Anderson/Weitz 1992, S.<br />
18) gelten gleichsam als wichtige Voraussetzungen <strong>für</strong> das Engagement der Mitarbeiter<br />
und damit <strong>für</strong> das Erreichen einer hohen lokalen Verkaufsleistung (Brown/Peterson<br />
1993, S. 64; Morgan/Hunt 1994, S. 22). Ein hohes Vertrauen basiert auf verlässlichen<br />
Verhaltenserwartungen, die ein Vertriebspartner bildet und gibt ihm die Möglichkeit<br />
genauer zu planen, da er sich auf Absprachen verlassen kann (Crosby et al. 1990, S.<br />
70; Andaleeb 1996, S. 79). Fühlt sich ein Vertriebspartner mit dem Hersteller verbunden,<br />
ist er bereit sich über ein erwartetes Mass hinaus einzusetzen (Anderson/Weitz<br />
1992, S. 19; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Dwyer et al. 1987, S. 19). Vertrauen und Verbundenheit<br />
tragen damit beide zu einer höheren lokalen Verkaufsleistung bei.<br />
H07: Je stärker das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller, desto höher ist<br />
die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />
H08: Je stärker die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller, desto höher<br />
ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />
Finanzielle Ziele sind <strong>für</strong> Unternehmen die Voraussetzung <strong>für</strong> Wachstum und Fortbestand.<br />
Der finanzielle Markterfolg wird durch verschiedene organisations- und umweltbezogene<br />
Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). Eine unabdingbare<br />
Grundlage <strong>für</strong> finanzielle Erfolge ist die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter,<br />
verstanden als deren tatsächlicher Einsatz bei der Erfüllung ihrer Verkaufsaufgabe<br />
(Babakus et al. 1996, S. 347 f.).
60<br />
Kapitel 3<br />
H09: Je höher die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners, desto höher ist dessen<br />
finanzieller Erfolg am Markt.<br />
Abbildung 3-2 (S. 60) zeigt zusammenfassend die Zusammenhänge der neun abgeleiteten<br />
Hypothesen in einem Pfaddiagramm. Die Pfade geben die Kausalbeziehungen<br />
zwischen den latenten Variablen an sowie die Richtungen der mehrstufigen Kausalität.<br />
Legende:<br />
Zufriedenheit mit<br />
Hersteller<br />
H03 (-)<br />
H01 (+)<br />
H02 (+)<br />
Vertrauen zum<br />
Hersteller<br />
= Beziehungspfad<br />
= Latente Variable<br />
H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen<br />
der latenten Variablen<br />
Konflikt-Niveau<br />
mit Hersteller<br />
H04 (-)<br />
H06 (+)<br />
H05 (-)<br />
H07 (+)<br />
Verbundenheit<br />
mit Hersteller<br />
H08 (+)<br />
(+) = positiv vermuteter Zusammenhang<br />
(-) = negativ vermuteter Zusammenhang<br />
Lokale<br />
Verkaufsleistung<br />
H09 (+)<br />
Lokaler<br />
Markterfolg<br />
Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen<br />
Das aufgestellte Hypothesensystem soll im Folgenden durch die Analyse des quantitativ<br />
empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) getestet<br />
werden. Dazu wird in Absatz 3.2.2 (S. 60 ff.) zunächst die Methodik zur Messung<br />
der einzelnen Variablen vorgestellt und das kausalanalytische Analyseverfahren zur<br />
Bestimmung der mehrstufigen Abhängigkeiten. Nach dem Hypothesentest werden in<br />
Absatz 3.2.3 (S. 68 ff.) die Ergebnisse zusammengefasst und interpretiert.<br />
3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse<br />
3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse<br />
Um die in Abschnitt 3.1 (S. 49 ff.) vermuteten Zusammenhänge zwischen potenzial-,<br />
effektivitätsorientierten und wirtschaftlichen Zielen weiter zu untersuchen, ist eine<br />
Methodik erforderlich, mit der Einstellungszustände, Verhalten und Unternehmenserfolg<br />
gleichsam erfasst und analysiert werden können.<br />
Als Instrument zur Messung komplexer Konstrukte und der Analyse komplexer Abhängigkeitsstrukturen<br />
hat sich in der Marketingforschung seit geraumer Zeit die Kova-
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 61<br />
rianzstrukturanalyse durchgesetzt (s. Homburg/Baumgartner 1995b; Homburg/Giering<br />
1996). Das Verfahren verbindet die Vorteile der konfirmatorischen Faktorenanalyse,<br />
nämlich komplexe Konstrukte unter der Berücksichtung von Messfehlern messbar zu<br />
machen (Homburg/Pflesser 2000, S. 416), mit den Vorteilen der Strukturgleichungsanalyse.<br />
Deren Vorteile liegen in der Möglichkeit, Abhängigkeitsstrukturen von einer<br />
Komplexität zu untersuchen, die sich der Behandlung durch ein multiples Regressionsmodell<br />
entziehen, so z. B. mehrstufige Abhängigkeiten zwischen Variablen (s.<br />
Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1092 f.).<br />
Im Folgenden werden wichtige methodische Bezüge <strong>für</strong> die Entwicklung und Beurteilung<br />
von Mess- und Strukturmodellen zur Kovarianzstrukturanalyse gegeben. Diese<br />
bilden eine wichtige Verständnisgrundlage <strong>für</strong> die weitere Untersuchung.<br />
Messmodell: Messung von komplexen Konstrukten und deren Güte<br />
In vielen Teilbereichen der Marketingforschung wird mit komplexen Konstrukten gearbeitet,<br />
die sich von vornherein einer einfachen, direkten Messung entziehen<br />
(Homburg/Giering 1996, S. 5), so z. B. in der Konsumentenverhaltensforschung und<br />
auch in der Organisationsforschung, wo kognitive Zustände wie Einstellungen, Motive<br />
und Bedürfnisse erfasst werden. Unter einem theoretischen Konstrukt versteht man<br />
nach Bagozzi/Fornell (1982, S. 24) „... an abstract entity, which represents the „true“,<br />
nonobservable state or nature of a phenomenon“ (s. Homburg/Giering 1996, S. 6). Zur<br />
Messung einer solchen nicht beobachtbaren „latenten Variable“ müssen meist mehrere<br />
Indikatoren erfasst werden, da eine Beschreibung des interessierenden Phänomens<br />
mittels eines einzelnen Indikators meist keine befriedigenden Ergebnisse liefern kann<br />
(Balderjahn 1985, S. 254; Jacoby 1978; Churchill Jr. 1979; Ruekert/Churchill Jr.<br />
1984). Als Ergebnis wird eine höhere Messqualität in Bezug auf die Reliabilität (Zuverlässigkeit)<br />
und die Validität (Gültigkeit) angestrebt (Homburg/Giering 1996, S. 6).<br />
In der vorliegenden Arbeit wurde auf Messmodelle (synonym: Skalen) zurückgegriffen,<br />
die bereits in vorherigen Untersuchungen verwendet und bereits bezogen auf ihre<br />
Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messsgüte diskutiert wurden. Zur Überprüfung<br />
der Reliabilität und der Validität des Messmodells in Bezug auf die vorliegenden<br />
empirischen Daten wurden in der Marketingforschung verbreitete Gütekriterien<br />
der ersten und zweiten Generation verwendet (s. Tabelle 3-2). Die in dieser Arbeit<br />
verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in der Literatur (s. Bühner<br />
2004, S. 203 ff.; Homburg/Pflesser 2000, S. 651; Jensen 2001, S. 96). Es bleibt zu betonen,<br />
dass im Rahmen dieser Arbeit nicht die simultane Erfüllung aller spezifizierter
62<br />
Kapitel 3<br />
Kriterien gefordert wird (Homburg 2000, S. 93), sondern geringfügige Verletzungen<br />
einzelner Kriterien akzeptiert werden, solange das Gesamtbild <strong>für</strong> eine hohe Qualität<br />
der Messung spricht (s. Homburg 2000, S. 93; Jensen 2001, S. 96). Für eine vertiefende<br />
Diskussion der Gütekriterien und der Cut-Off Werte sei an dieser Stelle auf<br />
Homburg (2000, S. 87-95), Jensen (2001, S. 89-96) und Bühner (2004, S. 202-206)<br />
verwiesen. Um die Diskriminanzvalidität zu überprüfen wurde nur in solchen Fällen<br />
der χ 2 -Differenztest eingesetzt, in denen das strengere Fornell-Larcker-Kriterium (s.<br />
Fornell/Larcker 1981) verletzt worden war (s. Anhang H, S. 370 ff.).<br />
Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilität Diskriminanzvalidität<br />
Ebene der Indikatoren<br />
• Faktorladung (EFA)<br />
≥ .40<br />
• Item-to-Total Korrelation (RA) ggf. Elimination des Indikators<br />
mit dem niedrigsten Wert<br />
• Indikatorreliabilität (RA) ≥ .40<br />
• T-Wert der Faktorladung (KFA)<br />
Ebene der Konstrukte<br />
≥ 1.645<br />
• Cronbachsches Alpha (RA)<br />
• Anzahl extrahierter Faktoren<br />
(EFA)<br />
• Erklärte Varianz (EFA)<br />
• Faktorreliabilität (KFA)<br />
• Durchschnittlich erfasste Varianz<br />
• p-Wert (KFA)<br />
• RMSEA (KFA)<br />
• χ 2 ≥ .70<br />
= 1.00<br />
≥ .50<br />
≥ .60<br />
≥ .50<br />
≥ .05<br />
≤ .08<br />
/df (KFA)<br />
≤ 3.00<br />
• GFI und AGFI (KFA)<br />
≥ .90<br />
• CFI (KFA)<br />
≥ .90<br />
EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse;<br />
KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse<br />
• Explorative Faktorenanalyse:<br />
Faktorladung<br />
bezüglich anderer<br />
Faktoren < .40<br />
• Fornell-Larcker-<br />
Kriterium:<br />
DEV (ξi ) > quadrierte<br />
Korrelation (ξi , ξj)<br />
<strong>für</strong> alle i ≠ j<br />
• χ 2 -Differenztest:<br />
Differenz ≥ 3.841<br />
Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung<br />
(Jensen 2001, S. 96)<br />
Strukturmodell: Analyse komplexer Abhängigkeitsbeziehungen<br />
Die auf Basis von theoretischen Überlegungen vermuteten Beziehungen zwischen den<br />
Konstrukten werden im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse in einem so genannten<br />
„Strukturmodell“ abgebildet. Als grafische Darstellung in Form eines Pfaddiagramms<br />
enthält das Strukturmodell latente unabhängige Variablen (exogene Variablen), latente<br />
abhängige Variablen (endogene Variablen) und die vermuteten Zusammenhänge zwischen<br />
diesen.<br />
Weisen die Gütekriterien der Messmodelle eine zufrieden stellende Qualität auf, können<br />
die vermuteten Beziehungen zwischen den Variablen geschätzt werden. Das beim
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 63<br />
Vorliegen von ausreichend normalverteilten Daten am häufigsten verwendete Schätzverfahren<br />
ist die Maximum-Likelihood (ML)-Methode (Homburg/Baumgartner<br />
1995b, S. 1101). Als Ergebnis der Parameterschätzung erhält man ein spezifiziertes<br />
Modell, das nicht alleine die partiellen Regressionsgewichte, Korrelationen und Signifikanzangaben<br />
<strong>für</strong> diese enthält, sondern darüber hinaus eine umfassende Beurteilung<br />
der Güte des Gesamtmodells ermöglicht. Auch hierzu werden der in Tabelle 3-2 (S.<br />
62) dargestellte χ 2 -Modelltest sowie die Fit-Indizes RMSEA, CFI, GFI und AGFI mit<br />
den entsprechenden Toleranzwerten eingesetzt.<br />
3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung<br />
Im Folgenden werden Konzeptualisierung und Operationalisierung der in der Kovarianzstrukturanalyse<br />
verwendeten Messmodelle dargestellt und erläutert.<br />
Zufriedenheit der Vertriebspartner als latente exogene Variable<br />
Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern ist als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige<br />
Basis <strong>für</strong> die Schaffung und Realisierung mitarbeiterbezogener Potenziale. Die<br />
Zufriedenheit der Vertriebspartner kann als wichtigster Beurteilungsmassstab <strong>für</strong> die<br />
Qualität der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen herangezogen werden<br />
(Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226). Sie ist dabei als Resultat eines lokalen Beurteilungsprozesses<br />
zu verstehen, bei dem (lehnt man sich an, an die Konzeptualisierung<br />
nach dem Confirmation-Disconfirmation Paradigma) die wahrgenommene Ausprägung<br />
des Beurteilungsgegenstandes mit der normativ-erwarteten Ausprägung verglichen<br />
wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). An dieser<br />
Stelle sei zunächst der Zufriedenheitsbegriff nach Geyskens et al. (1999, S. 224)<br />
näher betrachtet, die „Channel Member Satisfaction“ als einen emotionalen Zustand<br />
definieren, der aus der Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem<br />
Herstellerunternehmen resultiert (s. Frazier et al. 1989, S. 57; Gaski/Nevin 1985, S.<br />
131).<br />
Es ist also darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Gegenstand der Beurteilung ausschliesslich<br />
um Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller handelt (s.<br />
Anderson/Narus 1990, S. 45 f.). Aspekte, die nicht unmittelbar aus der Zusammenarbeit<br />
folgen, werden also folglich auch nicht in das Zufriedenheitsverständnis mit eingeschlossen.<br />
Durch die Einbeziehung sämtlicher Teilaspekte der Zusammenarbeit mit<br />
dem Hersteller ergibt sich trotzdem eine inhaltliche Vielschichtigkeit des Begriffes.<br />
Eine Single-Item Messung als „Gesamtzufriedenheit“ (s. Hunt/Nevin 1974, S. 189;
64<br />
Kapitel 3<br />
Wilkinson 1979, S. 94; Rosenberg/Stern 1971, S. 438) wird dieser Komplexität kaum<br />
gerecht (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226 f.). Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229 f.)<br />
gehen von mindestens fünf inhaltlichen Dimensionen aus, Gassenheimer/Ramsey<br />
(1994, S. 261) unterscheiden sogar sieben inhaltliche Bereiche der Zufriedenheit mit<br />
dem Herstellerunternehmen. Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass sie sowohl finanzielle<br />
als auch soziale Aspekte der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen<br />
als Beurteilungsgegenstände berücksichtigen (s. Ruekert/Churchill Jr.<br />
1984, S. 227; Gassenheimer/Ramsey 1994, S. 260 f.; Geyskens et al. 1999, S. 224;<br />
Skinner et al. 1992, S. 179 f.). Für eine tiefer gehende Analyse der inhaltlichen Beurteilungsdimensionen<br />
der Zusammenarbeit sei an dieser Stelle auf Absatz 5.3.1 (S.<br />
112 ff.) verwiesen.<br />
Bei der Messung der lokalen Zufriedenheit ist neben den zu beurteilenden inhaltlichen<br />
Aspekten die Art der verwendeten Skala festzulegen. Stützt man sich auf das Confirmation-Disconfirmation<br />
Paradigma, das eine wichtige Konzeptualisierung im Rahmen<br />
der Zufriedenheitsforschung im Kundenbereich darstellt, so bestehen zwei grundsätzliche<br />
Möglichkeiten <strong>für</strong> die Messung der Zufriedenheit (Homburg/Rudolph 1998, S.<br />
246). Zum einen kann die Zufriedenheit als Resultat des Vergleichs zwischen Wahrnehmung<br />
und Erwartung interpretiert und direkt erfasst werden. Zum anderen besteht<br />
die Möglichkeit, die erwartete und wahrgenommene Leistung <strong>für</strong> jeden einzelnen Bereich<br />
differenziert zu erfassen und die Zufriedenheit als deren Differenz zu errechnen.<br />
Letzteres Vorgehen scheint aus verschiedenen Gründen weniger vorteilhaft:<br />
Babakus/Boller (1992, S. 255 f.) legen nahe, dass die zur Erfassung von Erwartung<br />
und Wahrnehmung verwendeten Doppelskalen vermutlich Einflüsse der ersten Antwort<br />
auf die der zweiten Frage hervorrufen. Dabei berufen sie sich auf Arbeiten der<br />
Psychologie (Babakus/Boller 1992, S. 255 f.). Zudem verlängert sich durch eine Doppelskala<br />
der Fragebogen, was die Beantwortungszeit erhöht, die Antwortbereitschaft<br />
senkt und die Anforderungen gleichzeitig wesentlich anhebt (Homburg/Rudolph 1998,<br />
S. 246). Darüber hinaus haben verschiedene Arbeiten gezeigt, dass die direkte Messung<br />
von Zufriedenheit ebenso valide Ergebnisse erzielt (s. Babakus et al. 1993;<br />
Homburg/Rudolph 1998; Liljander/Strandvik 1993).<br />
In der vorliegenden Untersuchung wird deshalb das Zufriedenheitsurteil direkt erfasst.<br />
Dabei wird auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen,<br />
die bis zum heutigen Zeitpunkt bereits zum Gegenstand verschiedener<br />
Untersuchungen gemacht worden ist (s. Geyskens et al. 1999; Geyskens et al. 1998;
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 65<br />
Joshi/Arnold 1997). Das verwendete Messmodell sowie die Angaben zu der Erfüllung<br />
der Gütekriterien finden sich im Anhang G - 1 (S. 363).<br />
Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit als latente endogene Variablen<br />
Neben der Zufriedenheit stellen Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit zwischen<br />
Vertriebspartner und Hersteller Einstellungszustände dar, denen in der Forschung zu<br />
Beziehungen in Vertriebskanälen ausserordentlich grosse Bedeutung zugemessen wurde<br />
(s. Frazier 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 37; Geyskens et al. 1999, S. 225;<br />
Geyskens et al. 1998, S. 232). Aufgrund ihrer grossen inhaltlichen Nähe und der Betrachtung<br />
ihrer gemeinsamen Abhängigkeit von der Zufriedenheit wird in diesem Absatz<br />
die Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messung <strong>für</strong> alle drei latenten,<br />
endogenen Einstellungsvariablen „Konflikt“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“ vorgestellt.<br />
Die Natur und die Bedeutung verschiedener Konfliktarten wurden bereits an anderer<br />
Stelle beschrieben und erläutert (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). Für die Messung des Konfliktniveaus<br />
wird auf die Arbeit von Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s. Anhang G -<br />
3, S. 365). Mohr et al. (1996, S. 110) operationalisieren das Konfliktniveau mit vier<br />
Indikatorvariablen, von denen sie schliesslich drei zur Messung heranziehen (Mohr et<br />
al. 1996, S. 113). Diese spiegeln das Gesamtmass an Meinungsverschiedenheit zwischen<br />
den Parteien (Anderson/Narus 1990, S. 45) ebenso wider, wie die Häufigkeit<br />
und Intensität, mit der Vertriebspartner und Hersteller über Beziehungsaspekte diskutieren<br />
(Brown/Day 1981, S. 264; Mohr et al. 1996, S. 110). Die Operationalisierung<br />
des Konfliktniveaus nach Mohr et al. (1996) schliesst damit sowohl Aspekte der Einstellung<br />
zum Hersteller als auch des wahrgenommenen Konfliktverhaltens zwischen<br />
Vertriebspartner und Hersteller ein.<br />
Das Vertrauen zum Hersteller entsteht langfristig durch die Erfahrungen, die ein Vertriebspartner<br />
in der Zusammenarbeit sammelt (Ganesan 1994, S. 5). Vertrauen wird<br />
häufig als der Grad beschrieben, in dem ein Vertriebspartner daran glaubt, dass der<br />
Hersteller aufrichtig und wohlwollend ist (Kumar et al. 1995, S. 58). D.h., dass der<br />
Hersteller seine Versprechen halten wird (Kumar et al. 1995, S. 58) und Interesse am<br />
Wohlergehen des Vertriebspartners besitzt (Kumar et al. 1995, S. 58). Vertrauen ist im<br />
Beziehungskontext von besonderer Bedeutung, da Vertriebspartner und Hersteller<br />
nach vorhersehbarem und verbindlichem Verhalten suchen, das ihnen einen hohen<br />
Grad an sicheren Erwartungen gibt (Crosby et al. 1990, S. 70). Ganesan (1994, S. 16)<br />
operationalisiert das Vertrauen in den Hersteller mit sieben Indikatorvariablen, die er-
66<br />
Kapitel 3<br />
fassen, in welchem Ausmass ein Hersteller kompetent, ehrlich und verlässlich ist<br />
(Bruner II et al. 2001, S. 1611). In der vorliegenden Arbeit wurden nach dem Pretest<br />
(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) die Indikatoren 1 und 3 wegen Verständnisschwierigkeiten<br />
der Probanden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Konstruktmessung<br />
finden sich im Anhang G - 2 (S. 364).<br />
Die Verbundenheit mit dem Hersteller, auch als „Commitment“ bezeichnet, ist das<br />
Streben des Vertriebspartners, die Beziehung zum Hersteller in der Zukunft fortzuführen<br />
und die Bereitschaft, auch kurzfristige Einbussen auf sich zu nehmen, um die Beziehung<br />
zu pflegen und zu erhalten (Anderson/Weitz 1992, S. 19). Jaworski/Kohli<br />
(1993, S. 60) betonen, dass sich Verbundenheit häufig darin äussert, dass Mitarbeiter<br />
weit über ihre Pflichten und die an sie gestellten Erwartungen hinaus gehen, um das<br />
Wohlergehen des Herstellers sicherzustellen (Jaworski/Kohli 1993, S. 60). Im Gegensatz<br />
zum Vertrauen knüpft die Verbundenheit damit stärker am beabsichtigten Verhalten<br />
des Vertriebspartners an, das unmittelbar aus dessen Einstellung zum Hersteller<br />
folgt. Als Grundlage der Konstruktmessung wurde die von Ganesan/Weitz (1996) weiterentwickelte<br />
Operationalisierung verwendet, die auf eine ursprünglich von Mowday<br />
et al. (1982) entwickelte Skala zurückgeht. Eine besondere Eignung des Messmodells<br />
nach Ganesan/Weitz (1996) ergibt sich aus der kombinierten Erfassung von Aspekten<br />
der Einstellung und resultierenden Verhaltensabsichten. Details zur Konstruktmessung<br />
und deren Güte finden sich im Anhang G - 4 (S. 365).<br />
Lokale Verkaufsleistung und Markterfolg als latente endogene Variablen<br />
Als effektivitätsbezogenes Ziel spiegelt die lokale Verkaufsleistung die Realisierung<br />
von mitarbeiterbezogenen Potenzialen wider. Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter<br />
wird als wichtige Basis gesehen, um einen wirtschaftlichen Markterfolg der lokalen<br />
Verkaufsorganisation zu erzielen (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355; Babakus et al.<br />
1996, S. 348; Cravens et al. 1993, S. 49). Babakus et al. (1996, S. 347) betonen, dass<br />
die Verkaufsleistung und der Markterfolg zwar in einer Beziehung stehen, jedoch unterschiedliche<br />
Konstrukte darstellen. Der wirtschaftliche Markterfolg eines Vertriebspartners<br />
wird neben der Verkaufsleistung der Mitarbeiter auch durch weitere organisations-<br />
und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347).<br />
In der Literatur besteht nur wenig Einigkeit darüber, ob Leistungs- und Erfolgsgrössen<br />
durch subjektive Beurteilungen von Vorgesetzten, Kunden, den Vertriebsmitarbeitern<br />
selbst, objektivem Datenmaterial oder eine Kombination dessen (Behrman/Perreault<br />
Jr. 1982, S. 356; Churchill Jr et al. 1985, S. 104) vorgenommen werden sollte. Inzwi-
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 67<br />
schen gibt es viele Argumente und empirische Ergebnisse, die <strong>für</strong> die Angemessenheit<br />
einer Selbst-Einschätzung sprechen (s. Lusch/Brown 1996, S. 29; Sujan et al. 1994, S.<br />
42; Oliver/Anderson 1994, S. 60; Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 357), indem also<br />
Vertriebspartner selbst ihre Leistung und ihren Erfolg einschätzen. Diesem Vorgehen<br />
wurde in der vorliegenden Arbeit entsprochen.<br />
Die lokale Verkaufsleistung knüpft am Verhalten der Verkaufsmitarbeiter an. Verkaufsmitarbeiter<br />
erbringen Leistungen <strong>für</strong> das Unternehmen, indem sie z. B. neue<br />
Kunden und Marktanteile hinzugewinnen, ihre Ziele übertreffen, langfristige Verträge<br />
aushandeln und neue Produkte erfolgreich einführen (s. Babakus et al. 1996, S. 348).<br />
Die Verkaufsleistung wurde im vorliegenden Fall durch sieben Indikatorvariablen gemessen,<br />
die auf eine Operationalisierung von Sujan et al. (1994, S. 47) zurückgeht, die<br />
sich wiederum auf eine Konzeptualisierung von Behrman/Perreault Jr. (1982) stützt.<br />
Der befragte Vertriebspartner schätzt dabei seine eigene Leistung relativ zur Verkaufsleistung<br />
anderer Vertriebspartner des Herstellers ein. Details zur verwendeten Skala<br />
und der Güte der Messung finden sich im Anhang G - 5 (S. 366).<br />
Der lokale Markterfolg wird teilweise in der Literatur auch als Effektivität der lokalen<br />
Verkaufsorganisation bezeichnet (Cravens et al. 1993, S. 49; Babakus et al. 1996, S.<br />
347 ff.). Damit steht der lokale Markterfolg <strong>für</strong> die finanzielle Zielerreichung der gesamten<br />
lokalen Verkaufsorganisation oder aber <strong>für</strong> Teilbereiche, wie z. B. <strong>für</strong> Regionen<br />
oder Kundengruppen, bei unabhängigen Distributoren auch <strong>für</strong> den finanziellen<br />
Erfolg mit den Produkten eines bestimmten Herstellers (Babakus et al. 1996, S. 347).<br />
Der Gesamtumsatz ist der am weitesten verbreitete Indikator zur Messung des wirtschaftlichen<br />
Vertriebserfolges (Babakus et al. 1996, S. 347). Jedoch wurden in der<br />
Forschung teilweise auch Kosten, Deckungsbeiträge und Profitabilitätskennzahlen zur<br />
Beurteilung herangezogen (Cravens et al. 1993, S. 50). Die in dieser Arbeit verwendete<br />
Skala zur Messung des lokalen Markterfolges geht auf Cravens et al. (1993, S. 58)<br />
zurück und berücksichtigt sowohl umsatz- als auch profitabilitätsbezogene Grössen.<br />
Details zum verwendeten Messmodell und der Güte der Messung finden sich wiederum<br />
im Anhang G - 6 (S. 367).<br />
Zusammenfassender Überblick: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen<br />
Mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Messmodelle sowie der Formulierung<br />
von Hypothesen ist an dieser Stelle die Entwicklung des Untersuchungskonzeptes<br />
abgeschlossen. Die aus den theoretischen Überlegungen abgeleiteten Hypothesen<br />
lassen sich abschliessend in einem gemeinsamen Hypothesensystem zusam-
68<br />
Kapitel 3<br />
menfassen (s. Abbildung 3-3). Das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Pfaddiagramm<br />
enthält dabei nicht nur alle in Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) abgeleiteten Hypothesen,<br />
sondern ebenfalls die nach dem Vorgehen von Homburg (2000, S. 95 ff.) bereinigten<br />
Modelle der Konstruktmessung.<br />
1<br />
δ1 SAT1<br />
H03 (-)<br />
1<br />
δ2 1<br />
δ3 1<br />
δ4 SAT2<br />
SAT3<br />
SAT4<br />
Legende:<br />
1<br />
Zufriedenheit mit<br />
Hersteller<br />
H01 (+)<br />
ζ 2<br />
1<br />
Vertrauen zum<br />
Hersteller<br />
TRU1<br />
ε1 1<br />
CON1 CON2 CON3<br />
ζ 1<br />
1<br />
H02 (+)<br />
Konflikt-Niveau<br />
mit Hersteller<br />
TRU2<br />
ε2 1<br />
1 1<br />
= Beziehungspfad<br />
= Indikatorvariable<br />
= Latente Variable<br />
H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen<br />
zwischen latenten Variablen<br />
H04 (-)<br />
1<br />
H06 (+)<br />
COM1<br />
ε3 1<br />
Verbundenheit<br />
mit Hersteller<br />
COM2<br />
H05 (-)<br />
H07 (+)<br />
COM3<br />
COM4<br />
1 1 1 1 1 1<br />
ε4 ε5 ε6 ε7 ε8 ε9 Abbildung 3-3: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen<br />
1<br />
H08 (+)<br />
ζ 3<br />
ζ4 1<br />
Lokale<br />
Verkaufsleistung<br />
H09 (+)<br />
Lokaler<br />
Markterfolg<br />
1<br />
ζ5 (+) = positiv vermuteter Zusammenhang<br />
(-) = negativ vermuteter Zusammenhang<br />
δ1 -δ4 = Messfehler der exogenen Indikatorvariablen<br />
ε1 -ε16 = Messfehler der endogenen Indikatorvariablen<br />
ζ1-ζ5 = Fehlerterme der latenten endogenen Variablen<br />
3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation<br />
Ziel dieses Absatzes ist es, das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem<br />
einer empirischen Untersuchung zu unterziehen. Dazu wird auf die in Absatz<br />
2.4.2.2 (S. 39) beschriebene Datengrundlage sowie die bereits erörterten Messmodelle<br />
zurückgegriffen. Es sollen nun die vermuteten Beziehungen zwischen den latenten<br />
Konstrukten in Bezug auf ihre Richtung, ihre Stärke und ihre Signifikanz untersucht<br />
werden. Darüber hinaus erlaubt die Kovarianzstrukturanalyse nicht nur die Güte einzelner<br />
Pfadschätzungen zu bestimmen, sondern darüber hinaus Gütemasse <strong>für</strong> das Gesamtmodell<br />
einzusetzen.<br />
1<br />
1<br />
PER1<br />
PER2<br />
PER3<br />
PER4<br />
EFF1<br />
EFF2<br />
EFF3<br />
1<br />
ε10 1<br />
ε11 1<br />
ε12 1<br />
ε13 1<br />
ε14 1<br />
ε15 1<br />
ε16
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 69<br />
Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Gesamtmodells<br />
Zur Parameterschätzung <strong>für</strong> das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem<br />
wurde die Maximum-Likelihood-Methode (ML) eingesetzt, deren Anwendung<br />
eine multivariate Normalverteilung der Daten voraussetzt (Homburg/Baumgartner<br />
1995b, S. 1102). Der Mardia-Test auf multivariate Normalverteilung ergab leichte<br />
Abweichungen. Allerdings liegen Schiefe und Kurtosis der Verteilung deutlich innerhalb<br />
der von West et al. (1995, S. 61) postulierten Grenzen von Schiefe < 2.0 und Kurtosis<br />
< 7.0. Auch wenn die ML-Methode als relativ robust gegenüber leichten Verletzungen<br />
der Verteilungsannahme gilt (Luthardt 2003, S. 147), ist im vorliegenden Fall<br />
deshalb mit einem leicht erhöhten χ 2 -Wert zu rechnen (s. Bühner 2004, S. 232).<br />
Bevor eine ausführliche Interpretation der Ergebnisse der Hypothesenprüfung erfolgt,<br />
wird zunächst die Gesamtstruktur des Modells beurteilt. Dazu kommen die gleichen<br />
Gütekriterien zum Einsatz, wie sie bereits zur Beurteilung der Messmodelle verwendet<br />
wurden (s. Tabelle 3-2, S. 62). Die vorliegenden Ergebnisse <strong>für</strong> die ML-Schätzung<br />
zeigen eine sehr gute Anpassung der Modellstruktur an den Datensatz (s. Tabelle 3-2):<br />
Das Verhältnis zwischen χ 2 -Wert und Freiheitsgraden liegt mit einem Wert von 1.69<br />
weit unter der geforderten Höchstgrenze von 3.0. Auch die Model-Fit-Indizes weisen<br />
auf eine hohe Eignung des Modells hin: Für den CFI und den RMSEA werden mit<br />
Werten von .94 und .05 die vorgegebenen Grenzwerte von mindestens .90 bzw. maximal<br />
.08 eingehalten. Auch der RMR und der GFI besitzen mit Werten von .05 und<br />
.90 die empfohlenen Toleranzhöhen. Lediglich der AGFI verfehlt mit einer Höhe von<br />
.87 nur knapp das empfohlene Anspruchsniveau, was aber im Hinblick auf die ausgezeichnete<br />
Erfüllung der übrigen Fit-Masse toleriert wird.<br />
Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert Geforderter Wert<br />
χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 272.51 (161)<br />
χ 2 -Wert/df 1.69 ≤ 3.00<br />
RMSEA .05 ≤ .08<br />
RMR .05 ≤ .05<br />
CFI .94 ≥ .90<br />
GFI (AGFI) .90 (.87) ≥ .90<br />
Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur<br />
Interpretation der geschätzten Zusammenhänge<br />
Abbildung 3-4 (S. 70) zeigt die sich auf Basis der ML-Schätzung ergebenden standardisierten<br />
Pfadkoeffizienten <strong>für</strong> das Strukturmodell und damit die Ergebnisse der Prüfung<br />
der im Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) hergeleiteten Hypothesen. Auf Basis der Parameterschätzung<br />
konnten demnach die Hypothesen H04, H05 und H07 nicht bestätigt wer-
70<br />
Kapitel 3<br />
den. Aus dem Pfaddiagramm geht weiterhin hervor, dass die direkten Zusammenhänge<br />
– bis auf eine Ausnahme – das erwartete Vorzeichen aufweisen. Lediglich der Pfadkoeffizient<br />
<strong>für</strong> die Wirkung des Vertrauens auf die Verkaufsleistung weist nicht das vermutete<br />
positive Vorzeichen auf.<br />
δ 1<br />
δ 2<br />
δ 3<br />
δ 4<br />
SAT1<br />
SAT2<br />
SAT3<br />
SAT4<br />
Zufriedenheit mit<br />
Hersteller<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
r2 = Bestimmtheitsmass<br />
ζ 2<br />
-.42***<br />
Vertrauen zum<br />
Hersteller<br />
TRU1<br />
ε 4<br />
ε 1<br />
CON1 CON2 CON3<br />
ζ 1<br />
.59***<br />
.22**<br />
r<br />
Konflikt-Niveau<br />
mit Hersteller<br />
2 =.18<br />
r 2 =.39<br />
TRU2<br />
ε 5<br />
ε 2<br />
-.08 n.s.<br />
.35***<br />
COM1<br />
ε 6<br />
ε 3<br />
Verbundenheit<br />
mit Hersteller<br />
COM2<br />
ε 7<br />
-.30***<br />
-.04 n.s.<br />
r 2 =.27<br />
COM3<br />
ε 8<br />
.29***<br />
ζ 3<br />
COM4<br />
ε 9<br />
ζ 4<br />
Lokale<br />
Verkaufsleistung<br />
r2 =.09<br />
.65***<br />
r<br />
Lokaler<br />
Markterfolg<br />
2 =.43<br />
Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten <strong>für</strong> ausgewählte Parameter<br />
Die vermuteten direkten Wirkungen der Zufriedenheit mit dem Hersteller auf das Vertrauen,<br />
das Konfliktniveau und auf die Verbundenheit mit dem Hersteller wurden<br />
deutlich bestätigt. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit der Zusammenarbeit<br />
trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden (H03). Ebenso begünstigt die Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner den Glauben an das Wohlwollen und die Aufrichtigkeit des Herstellers,<br />
wodurch sich Vertrauen herausbilden kann (H01). Wie sich gezeigt hat, erhöhen<br />
die Zufriedenheit mit dem Hersteller und das Vertrauen wiederum die Verbundenheit<br />
mit dem Hersteller (H02, H06). Dabei fällt der Effekt des Vertrauens stärker aus als der<br />
Effekt der Zufriedenheit. Besinnt man sich des langfristigen Charakters, der <strong>für</strong> die<br />
Bildung von Vertrauen und Verbundenheit benötigt wird, so wird deutlich, dass eine<br />
Steigerung des Vertrauens ein höheres Gewicht <strong>für</strong> das Verbundenheitsgefühl erhalten<br />
muss als eine Erhöhung der auch kurzfristig zustande kommenden Zufriedenheit.<br />
Zwischen dem Konfliktniveau und dem Vertrauen konnte kein signifikanter Zusammenhang<br />
festgestellt werden (H04). Ebenso ist der zwischen Konfliktniveau und der<br />
ζ 5<br />
1<br />
PER1<br />
PER2<br />
PER3<br />
PER4<br />
EFF1<br />
EFF2<br />
EFF3<br />
1<br />
ε10 1<br />
ε11 1<br />
ε12 1<br />
ε13 ε 14<br />
ε 15<br />
ε 16
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 71<br />
lokalen Verkaufsleistung geschätzte Zusammenhang (H05) nicht signifikant, obwohl in<br />
beiden Fällen die Richtung der Wirkung den Vermutungen entspricht. Mögliche Erklärungen<br />
<strong>für</strong> die fehlende Signifikanz der Beziehung zwischen Konfliktniveau und<br />
Verkaufsleistung bietet ggf. die bereits früher (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.) dargestellte<br />
Vermutung von Rosenbloom (1973, S. 29), dass der Zusammenhang zwischen Konfliktniveau<br />
und betrieblichen Erfolgsgrössen nicht linear ist, sondern <strong>für</strong> unterschiedliche<br />
Bereiche der Definitionsmenge ebenso unterschiedliche Verläufe annehmen kann.<br />
Auch werden verschiedene Arten von Konflikten, wie sie in der Literatur teilweise<br />
unterschieden werden, in der verwendeten Konzeptualisierung nach Mohr et al. (1996,<br />
S. 113) nicht berücksichtigt.<br />
Das Schätzergebnis <strong>für</strong> die Wirkungen von Vertrauen auf die lokale Verkaufsleistung<br />
erstaunt (H07), da es den Vermutungen, die auf Basis verschiedener Untersuchungen<br />
entwickelt wurden sowie einer Plausibilitätsbetrachtung auf den ersten Blick entgegensteht.<br />
Nach der hoch signifikanten Schätzung führt das höhere Vertrauen zum Hersteller<br />
demnach nicht wie vermutet zu einer besseren, sondern zu einer geringeren<br />
Verkaufsleistung. Einen Erklärungsansatz <strong>für</strong> diesen negativen Zusammenhang geben<br />
Dahlstrom/Nygaard (1995, S. 352), die in ihrer Untersuchung auf ähnliche Ergebnisse<br />
stiessen. Sie führen Leistungsverluste auf Ressourcen zurück, die <strong>für</strong> den Aufbau und<br />
die Festigung von Vertrauen benötigt werden (Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 345). In<br />
Anlehnung an die vom Autor geführten Einzelinterviews sollte ein weiterer Erklärungsansatz<br />
angeführt werden (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Häufig<br />
nämlich wird ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Hersteller als begünstigender<br />
Faktor <strong>für</strong> den Erfolg gesehen. Bei Gesprächen mit der Zentrale wurde immer wieder<br />
darüber berichtet, dass insbesondere erfolgreiche Vertriebspartner sich das Recht erkaufen,<br />
nicht alle Massnahmen zu tragen und nicht alle Kompromisse einzugehen.<br />
Sollte der Umkehrschluss gelten und das Misstrauen gegenüber dem Hersteller sowie<br />
die daraus folgende freiheitlichere Bestimmung des Vorgehens in den Märkten den<br />
Erfolg positiv beeinflussen, so wäre dies ebenfalls eine Erklärung <strong>für</strong> das negative<br />
Vorzeichen des geschätzten Zusammenhangs.<br />
Die Verbundenheit des Vertriebspartners hingegen führt, wie in Hypothese H08 vermutet,<br />
zu einer höheren Verkaufsleistung. Das bedeutet, dass die Verhaltensabsicht, sich<br />
<strong>für</strong> den Hersteller einzusetzen, auch zu tatsächlich geäussertem Verhalten führt.<br />
Letztlich können damit das Konfliktniveau, das Vertrauen und die Verbundenheit mit<br />
dem Hersteller neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären. Der nicht erklärte<br />
Anteil der Streuung kann auf Faktoren wie z. B. die Kompetenz der Vertriebspartner,
72<br />
Kapitel 3<br />
die Attraktivität des Verkaufsgebiets, auf Umweltbedingungen oder andere personalbezogene<br />
Vertriebsfaktoren zurückgeführt werden (s. Babakus et al. 1996, S. 347). Die<br />
Verkaufsleistung der Mitarbeiter wiederum ist, wie die vorliegende Untersuchung<br />
zeigt, eine der wichtigsten Voraussetzungen <strong>für</strong> den lokalen Markterfolg (H08).<br />
Durch die Überprüfung des Hypothesensystems konnten wichtige Beiträge zur Erklärung<br />
von Wirkungen der Zufriedenheit geleistet werden. Einschränkend muss zunächst<br />
noch einmal betont werden, dass es sich um ein Partialmodell handelt, in dem zum<br />
einen nur solche Aspekte in das Zufriedenheitsverständnis einbezogen wurden, die<br />
von der Operationalisierung von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) abgedeckt<br />
werden. Weiterhin wurden nur wenige Einstellungs- und Verhaltensvariablen mit einbezogen,<br />
die allerdings zu einem grossen Teil durch die Zufriedenheit erklärt werden<br />
können. Im Hinblick auf das Ergebnis, dass Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit<br />
immerhin neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären, sei schliesslich darauf<br />
hingewiesen, dass sich hierdurch Rückschlüsse auf die Höhe der Investitionen ziehen<br />
lassen, die in Bezug auf die Zufriedenheit und die anderen Einstellungszustände vorteilhaft<br />
sind.<br />
3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg<br />
Die Fallstudie Leica Microsystems (LMS) dient dazu, die Bedeutung der Zufriedenheit<br />
von Vertriebspartnern vertiefend zu analysieren. Der Einzelfall ermöglicht es hierbei,<br />
konkretere Einblicke und Hinweise zu geben, als es durch eine allgemeine Analyse<br />
möglich wäre. Es wird insbesondere diskutiert, welche Wirkungen die Zufriedenheit<br />
auf die Zeitverwendung und den Markterfolg internationaler Distributoren besitzt.<br />
Unternehmensportrait: Die Leica Microsystems AG<br />
Die Leica Microsystems AG hat sich als internationaler Hersteller von Mikroskopen<br />
und wissenschaftlichen Instrumenten aus den traditionsreichen Unternehmen Wild,<br />
Leitz, Reichert, Jung und Cambridge Instruments entwickelt. Leica Microsystems<br />
(LMS) ist ein weltweit führender Entwickler und Hersteller von optischen High-Tech-<br />
Präzisionssystemen <strong>für</strong> die Analyse von Mikrostrukturen. In den Bereichen Mikroskopie,<br />
Bildanalyse und konfokale Lasermikroskopie, Probenvorbereitung mikroskopischer<br />
Objekte, Medizintechnik sowie Systeme <strong>für</strong> die Halbleitertechnik gehört Leica<br />
Microsystems zu den Marktführern.
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 73<br />
Die Basis <strong>für</strong> den Erfolg von Leica Microsystems sieht Dr. Wolf-Otto Reuter, CEO<br />
des Unternehmens in der globalen Präsenz von Vertrieb und Service, in den Systemlösungen<br />
und innovativen Technologien, die das Unternehmen mit und <strong>für</strong> seine Kunden<br />
entwickelt sowie in der Qualität und dem Vertrauen, die international mit dem Markennamen<br />
Leica verbunden werden. Mit 10 Produktionsstätten in 7 Ländern, Vertriebs-<br />
und Servicegesellschaften in 19 Ländern und einem internationalen Netzwerk<br />
von Distributoren ist das Unternehmen in mehr als 100 Ländern tätig und erwirtschaftet<br />
im Jahr 2003 mit rund 3’600 Beschäftigten einen Umsatz von 540 Mio. Euro, von<br />
denen heute ca. 10 Prozent durch den Vertriebskanal „Direct Sales“ erzielt werden.<br />
Sitz des internationalen Managements ist Wetzlar in Deutschland.<br />
Untersuchung von Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg<br />
Ausgangspunkt <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung war die Überlegung, dass sich Unzufriedenheit<br />
und aufkommendes Misstrauen sowie einhergehende Konflikte auf das<br />
Verhalten der internationalen Distributoren auswirken. Danach ist zu vermuten, dass<br />
sich die Zeitverwendung zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebsmitarbeitern<br />
unterscheidet. Unzufriedene Vertriebspartner weisen bspw. darauf hin, dass sie<br />
durch interne Formalitäten viel Zeit verlieren, die sie stattdessen lieber extern beim<br />
Kunden verwenden würden. Dies wird von Seiten der Zentrale bei Leica bestritten, da<br />
sich interne Anforderungen, die von Leica gestellt werden, in den Märkten nicht wesentlich<br />
unterscheiden.<br />
Im Juli 2004 wurde weltweit an 150 unabhängige Distributoren des Unternehmens,<br />
das die dazu erforderlichen Kontaktinformationen bereitgestellt hatte, ein vierseitiger<br />
Fragebogen versendet, der zu einem zufrieden stellenden Rücklauf von 54 brauchbaren<br />
Fragebögen (effektive Rücklaufquote von 36 Prozent) führte.<br />
Zur Messung der Zufriedenheit wurde erneut auf die von Gassenheimer/Ramsey<br />
(1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen, die anschliessend durch Mittelwertbildung<br />
zu einer Gesamtvariablen zusammengefasst wurde. Um die Gruppen der zufriedenen<br />
und unzufriedenen Distributoren vergleichen zu können, musste die als quasi-metrisch<br />
betrachtete Zufriedenheitsvariable auf ein niedrigeres Skalenniveau transformiert<br />
werden. Dazu wurde ein in der Literatur üblicher „Mediansplit“ angewendet,<br />
um die Stichprobe nach der Zufriedenheit in zwei möglichst gleich grosse Gruppen zu<br />
unterteilen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 414 f.). Der Median liegt im vorliegenden<br />
Fall bei 4.71 von sieben Punktschritten, es ergeben sich zwei Gruppen mit jeweils 27<br />
Fällen. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Überblick zu den sonstigen Informati-
74<br />
Kapitel 3<br />
onsquellen in Absatz 2.4.2.3 (S. 46 ff.) und Tabelle 2-6 (S. 47) verwiesen, die beim<br />
Erstellen der Fallstudie verwendet wurden.<br />
Interne Abstimmung als Basis <strong>für</strong> die Effektivität beim Kunden<br />
Die Gegenüberstellung der relativen Zeitverwendung zufriedener und unzufriedener<br />
Vertriebspartner erfolgt im vorliegenden Fall auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.<br />
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede sowohl in der Höhe als auch<br />
in der Verwendung der wöchentlichen Arbeitszeit (s. Abbildung 3-5, S. 74):<br />
43.61<br />
Stunden<br />
Unzufriedene Distributoren<br />
Gesamtzeit*<br />
100 %<br />
Reisen<br />
12 %<br />
Planung<br />
2 % Angebotserstellung<br />
n = 27<br />
13 % Interne<br />
Koordination<br />
10 % Administration<br />
21 %<br />
Kundenzeit<br />
Kunden-<br />
42 % Service<br />
17 % Kunden-<br />
Schulung<br />
4 % �<br />
Verkaufsgespräche<br />
21 %<br />
18.32<br />
Stunden<br />
Nicht-Kundenzeit Kundenzeit<br />
*Auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.<br />
Gesamt-<br />
zeit*<br />
100 %<br />
56.47<br />
Stunden<br />
Reisen<br />
15 %<br />
Zufriedene Distributoren<br />
n = 27<br />
Planung<br />
5 % Angebotserstellung<br />
10 %<br />
Administration<br />
22 %<br />
Kundenzeit<br />
33 % Kunden-<br />
Interne<br />
Koordination<br />
15 %<br />
Service<br />
12 % Kunden-<br />
Schulung<br />
5 %Verkaufsgespräche<br />
16 %<br />
18.64<br />
Stunden<br />
Nicht-Kundenzeit Kundenzeit<br />
Abbildung 3-5: Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der Leica Microsystems<br />
(Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Zufriedene Distributoren arbeiten durchschnittlich 56.47 Stunden pro Woche und damit<br />
12.86 Stunden mehr als ihre unzufriedenen Kollegen. Inwieweit sich die Mehrarbeitszeit<br />
kausal auf die Zufriedenheit zurückführen lässt, ist an dieser Stelle jedoch<br />
kaum zu beantworten. Bei ähnlichen Untersuchungen, wie sie z. B. von Mercer Management<br />
Consulting durchgeführt wurden (s. MMC 2003b, S. 5 f.), wird der Zeit, die<br />
ein Vertriebspartner im unmittelbaren persönlichen oder telefonischen Kundenkontakt<br />
verbringt, eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Dies wird mit der Annahme<br />
begründet, dass diese „Kundenzeit“ direkt die Verkaufszahlen und dadurch den Umsatz<br />
erhöht (MMC 2003b, S. 5).<br />
Im Fall Leica verwenden zufriedene und unzufriedene Vertriebspartner absolut gesehen<br />
etwa gleich viel ihrer Zeit auf den telefonischen und persönlichen Kontakt zum
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 75<br />
Kunden (s. Abbildung 3-5; „Kundenzeit“). Trotzdem erreichen zufriedene Distributoren<br />
eine höhere Effektivität (gemessen nach Cravens et al. 1993, S. 58; s. Anhang G -<br />
6, S. 367) und realisieren ein wesentlich grösseres Umsatzvolumen (s. Tabelle 3-4, S.<br />
76) mit den Produkten der Leica Microsystems. Der unterschiedliche Verkaufserfolg<br />
kann also nicht durch die Höhe der <strong>für</strong> den Kunden verwendeten Zeit erklärt werden.<br />
Es bleiben zwei Ansätze, um zu erklären, weshalb unzufriedene und zufriedene Distributoren<br />
unterschiedlich erfolgreich sind: erstens kann sich die Qualität der mit dem<br />
Kunden verbrachten Zeit unterscheiden. So könnten höhere Verkäufe z. B. auf kompetentere<br />
Kundengespräche oder förderliches Verhalten im Kundenkontakt zurückzuführen<br />
sein. Zweitens können etwaige Unterschiede in der Verwendung der Zeit, die nicht<br />
im Kundenkontakt, sondern in dessen Vor- und Nachbereitung verbracht wird, eine<br />
Rolle spielen, weshalb sie näher betrachtet werden müssen. Diese zweitgenannte<br />
„Nicht-Kundenzeit“ stellt ggf. eine kausale Grundlage <strong>für</strong> die erstgenannte Qualität<br />
der „Kundenzeit“ dar.<br />
Die nicht mit dem Kunden verbrachte Zeit erklärt 12.54 Stunden der Mehrarbeitszeit<br />
zufriedener Distributoren, die im Gegensatz zu ihren unzufriedenen Kollegen 37.83<br />
Stunden <strong>für</strong> interne Tätigkeiten und Reisezeiten verbringen (s. Tabelle 3-4, S. 76). Für<br />
eine sorgfältige kunden- und marktbezogene Planung setzen zufriedene Distributoren<br />
im Vergleich zu ihren unzufriedenen Kollegen etwa zwei Stunden mehr ihrer wöchentlichen<br />
Arbeitszeit ein. Erhebliche Unterschiede zeigen sich insbesondere bei der internen<br />
Koordination mit anderen Abteilungen und der Zentrale sowie bei der administrativen<br />
Abstimmung, z. B. bei der finanziellen und logistischen Abwicklung in Zusammenarbeit<br />
mit dem Hersteller Leica. So wenden zufriedene Distributoren 8.47 Stunden<br />
<strong>für</strong> die Koordination mit dem Hersteller auf, während es bei unzufriedenen Distributoren<br />
nur 4.36 Stunden sind. Das heisst, zufriedene Distributoren verbringen wöchentlich<br />
mehr Zeit im Kontakt mit dem Hersteller, indem sie sich mit diesem oder auch mit<br />
anderen internen Abteilungen abstimmen.<br />
Die engere Zusammenarbeit der zufriedenen Distributoren mit dem Hersteller macht<br />
sich auch in der Dauer der Zusammenarbeit bemerkbar: Diese arbeiten durchschnittlich<br />
14.24 Jahre mit dem Hersteller zusammen, während unzufriedene Distributoren<br />
eine mit 4.14 Jahren wesentlich jüngere Beziehung aufweisen. Durch die langjährige<br />
Erfahrung mit dem Hersteller können sich bei den zufriedenen Vertriebspartnern realistische<br />
Erwartungen herausbilden über das, was der Hersteller leisten kann, will und<br />
wird. Hierdurch wird der Unzufriedenheit vorgebeugt. Die lange Beziehungsdauer zu<br />
Leica kann als Resultat von Vertrauen und Verbundenheit betrachtet werden, das erst
76<br />
Kapitel 3<br />
durch den Glauben in die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Unternehmens und die<br />
Bereitschaft, kurzfristig auch Opfer auf sich zu nehmen, ermöglicht wird. Martin<br />
Vogler, Vice President Sales betont, dass „allein die Einarbeitung <strong>für</strong> unsere Art von<br />
Produkten, die sehr komplex sind und nur wenige Standardlösungen beinhalten, acht<br />
bis zwölf Monate dauert. Auch das Wissen um die Applikation bei den Kunden nimmt<br />
einen immer höheren Stellenwert ein. So benötigen Distributoren eine sehr lange Unterstützung<br />
und „Aufsicht“, die auch lange nach dem ersten Jahr noch angeboten<br />
wird.“ Wahrscheinlich ist die lange Beziehungsdauer aber auch Ursache von Vertrauen<br />
und Verbundenheit, die sich erst langfristig herausbilden und festigen können. Vertrauen<br />
und Verbundenheit ihrerseits können, wie bereits weiter oben in Absatz 3.2.1<br />
(S. 56) festgestellt wurde, als Basis <strong>für</strong> die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter<br />
gesehen werden. Durch das beschriebene Kausalgeflecht wird, wie es scheint, der<br />
Markterfolg der zufriedenen Distributoren begünstigt.<br />
Unzufriedene<br />
Distributoren<br />
Zufriedene<br />
Distributoren<br />
Jahresumsatz 2003 (in 1'000 EUR) 111.60 291.11<br />
Effektivität des Verkaufs (nach Cravens et al.<br />
1993, S. 58)<br />
3.20 6.94<br />
Dauer der Zusammenarbeit mit LMS (in Jahren) 4.14 14.24<br />
Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Besuche<br />
beim Hersteller<br />
Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Meetings mit<br />
anderen (externen) Vertriebsmitarbeitern<br />
Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Schulung<br />
und Weiterbildung<br />
Anzahl an Mitarbeitern im Vertriebsinnendienst<br />
(gesamt pro Distributor)<br />
10.03 23.24<br />
7.87 19.91<br />
7.07 12.35<br />
2.13 3.29<br />
Tabelle 3-4: Quantilsvergleich <strong>für</strong> unzufriedene und zufriedene Distributoren der<br />
Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Für die bedeutende Rolle der starken internen Verzahnung mit dem Hersteller spricht<br />
auch die mit grossem Abstand höhere Anzahl von Tagen (pro Jahr), die zufriedene<br />
Distributoren aufwenden, um Besuche beim Hersteller vorzunehmen oder andere<br />
Distributoren z. B. auf regionalen Sales-Meetings zu treffen (s. Tabelle 3-4). Vielleicht<br />
bewegt Leica die zufriedeneren Distributoren deshalb dazu, stärker in ihr Know-How<br />
zu investieren, denn sie nutzen mehr Arbeitstage pro Jahr zur eigenen Schulung und<br />
Weiterbildung, was ihrem Erfolg ebenfalls förderlich ist.
Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 77<br />
Um das Zustandekommen der Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen<br />
Distributoren weiter zu untersuchen, wurden weitere Variablen analysiert. Etwas erstaunlich<br />
ist das Ergebnis, dass zufriedene Distributoren persönlich stärker in die<br />
„Nicht-Kundenzeit“ investieren, obgleich sie durchschnittlich über mehr Ressourcen<br />
im Innendienst verfügen als unzufriedene Distributoren. Es konnten keine nennenswerten<br />
Unterschiede in der Länderzugehörigkeit, der Verantwortlichkeit in Bezug auf<br />
Produktgruppen oder der Grösse des zuständigen Vertriebsteams ermittelt werden.<br />
Zufriedenheit als Ursache und Konsequenz enger Zusammenarbeit<br />
Es lässt sich festhalten, dass der Vorbereitungszeit und der internen Abstimmung<br />
scheinbar eine nicht zu unterschätzende Rolle <strong>für</strong> die Effektivität beim Verkaufsgespräch<br />
zukommt. Eine solide Planung und die Koordination schaffen die Grundlage<br />
<strong>für</strong> erfolgreiche Verkaufsgespräche bei Leica Distributoren. Ebenso scheint die Dauer<br />
der Beziehung durch Zufriedenheit begünstigt, die ihrerseits wiederum Vorteile<br />
schafft, die zu höherem Verkaufserfolg führen.<br />
Aus Sicht des Herstellers Leica scheint es daher vorteilhaft Massnahmen zu ergreifen,<br />
um die Zufriedenheit zu fördern. Im Rahmen der Befragung vom Juli 2004 wurden<br />
gleichzeitig Verbesserungsvorschläge der Distributoren erfasst, die auf einem mehrtägigen<br />
internationalen Distributorenmeeting im September 2004 gemeinschaftlich diskutiert<br />
und in Kleingruppen bearbeitet wurden (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37). Erste Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit bieten die Ergebnisse, die in<br />
den Kleingruppen von Distributoren und Herstellern gemeinsam erarbeitet wurden.<br />
Martin Vogler betont: „Insgesamt lege ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
grössten Wert auf die Pflege einer guten Beziehung zu unseren Vertriebspartnern.<br />
Verkaufen ist ein ‚Beziehungsdelikt’. Um dieses erfolgreich zu begehen, müssen auch<br />
Vertriebspartner Beziehungen aufbauen, sowohl zum Kunden als auch zu anderen<br />
Mitgliedern der Vertriebsorganisation.“
78<br />
4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller<br />
und Vertriebspartner<br />
Kapitel 4<br />
4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren<br />
4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten<br />
Jede Beurteilung, die Vertriebspartner in Bezug auf die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit<br />
mit dem Hersteller vornehmen, erfolgt vor dem Hintergrund der von ihnen<br />
wahrgenommenen lokalen Bedingungen. Es wird unterstellt, dass der situative Kontext<br />
die Wirkungen der Vertriebsgestaltung auf Einstellungs-, Verhaltens- und Erfolgsvariablen<br />
moderiert (Özsomer/Prussia 2000, S. 27; Jaworski 1988, S. 25). Identische<br />
Aktivitäten des Herstellers können danach in einer bestimmten lokalen Situation<br />
<strong>für</strong> den Erfolg des Vertriebspartners als dienlich beurteilt werden, während sie in einer<br />
anderen Situation, so z. B. in einem anderen Ländermarkt als unbrauchbar oder sogar<br />
hinderlich wahrgenommen werden (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 215). Gelingt es<br />
dem Herstellerunternehmen, die Erfordernisse der lokalen Situation zu berücksichtigen,<br />
trägt er zur Zufriedenheit der Vertriebspartner und damit der Verkaufsleistung<br />
und dem Markterfolg bei.<br />
Die lokale Situation von Vertriebspartnern wird durch verschiedene Kontextfaktoren<br />
bestimmt. In Abhängigkeit der Zugehörigkeit zum Vertriebssystem (s. Absatz 2.3.1, S.<br />
21) kann zwischen einer systeminternen und einer systemexternen Komponente der<br />
Situation unterschieden werden (s. Tomczak 1989, S. 11; Staehle 1977, S. 112 f.;<br />
Kieser 1999a, S. 175; Belz 1993, S. 6 f.). Die systeminterne Komponente der Situation<br />
betrifft sämtliche Kontextfaktoren die dem Vertriebssystem angehören und im Einflussbereich<br />
von Mitgliedern des Vertriebssystems liegen (s. Jaworski 1988, S. 26).<br />
Die systemexterne Komponente hingegen umfasst solche Kontextfaktoren, die nicht<br />
Elemente des Vertriebssystems sind (s. Abbildung 4-1).<br />
Lehnt man sich an bestehende Konzeptualisierungen nach Jaworski (1988, S. 25) und<br />
Ruekert et al. (1985, S. 17) an, so gehören zur systeminternen Komponente der lokalen<br />
Situation die Personen, die mit dem Management des lokalen Vertriebs betraut<br />
sind, die lokale Vertriebsorganisation sowie die Organisation des Herstellerunternehmens,<br />
die einen Rahmen <strong>für</strong> das lokale Vorgehen darstellt. Zur systemexternen Komponente<br />
gehören das allgemeine lokale Umfeld sowie die spezifische Markt- und Kundensituation<br />
(s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 217; Jaworski 1988, S. 25;<br />
Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3).
Die lokale Situation der Vertriebspartner 79<br />
Organisation<br />
des<br />
Herstellerunternehmens<br />
Spezifische<br />
Markt- und<br />
Kundensituation<br />
Manager<br />
des lokalen<br />
Vertriebs<br />
Situation des<br />
Vertriebspartners<br />
Allgemeines<br />
lokales<br />
Umfeld<br />
Lokale<br />
Vertriebsorganisation<br />
Abbildung 4-1: Interne und externe Komponenten der lokalen Situation<br />
„Interne Komponente“<br />
Kontextfaktoren des<br />
Vertriebssystems<br />
„Externe Komponente“<br />
Kontextfaktoren<br />
der Umwelt<br />
Auf Basis der durchgeführten Interviews im Rahmen dieser Arbeit (s. „Explorative<br />
Interviews“ in Tabelle 2-3, S. 37) konnten eine Reihe von Variablen identifiziert werden.<br />
Diese wurden auf der Grundlage der bestehender Konzeptualisierungen (s.<br />
Özsomer/Prussia 2000, S. 30; Gencturk/Aulakh 1995, S. 760; Jaworski 1988, S. 25;<br />
Ruekert et al. 1985, S. 17; Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3; Achrol et al. 1983, S. 30)<br />
sowie aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen (s. Kieser 1999a, S. 175) den fünf oben<br />
genannten Kontextfaktoren zugeordnet. Tabelle 4-1 zeigt diese Variablen, welche die<br />
interne und externe Komponente der Situation von Vertriebspartnern weiter konkretisieren.<br />
Kontextfaktor Variablen<br />
Manager des lokalen Vertriebs • Fähigkeiten,<br />
• Verbundenheit und Engagement,<br />
• Erfahrung,<br />
• Persönlichkeit.<br />
Lokale Vertriebsorganisation<br />
• Markterfolg,<br />
• Ressourcen,<br />
• Dauer der Zusammenarbeit,<br />
• Rechtliche Zugehörigkeit,<br />
• Marktphase,<br />
Organisation des<br />
Herstellerunternehmens<br />
Spezifische Markt- und<br />
Kundensituation<br />
• Marktverantwortung.<br />
• Branche,<br />
• Unternehmensgrösse,<br />
• Ressourcenausstattung,<br />
• Internationale Erfahrung,<br />
• Unternehmenskultur.<br />
• Wettbewerbssituation,<br />
• Kundenstruktur und -bedürfnisse.
80<br />
Kapitel 4<br />
Allgemeines lokales Umfeld • Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische<br />
Bedingungen,<br />
• Zeitverschiebung,<br />
• Geografische Distanz.<br />
Tabelle 4-1: Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation<br />
Zahl und Benennung der Kontextfaktoren bleiben zwar langfristig konstant, die Ausprägung<br />
der Variablen aber, deren relatives Gewicht und Konstellation sind nach<br />
Staehle (1977, S. 114) im Zeitablauf variabel. Aus Sicht der Zentrale bedeutet dies,<br />
dass regelmässige Situationsanalysen erforderlich sind, um die Handlungskonzepte<br />
den Veränderungen der lokalen Situationen anzupassen. Die Variablen der Tabelle 4-1<br />
stammen aus Einzelinterviews und Literaturhinweisen (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Die Variablen können je nach Unternehmen und Schwerpunkt ergänzt<br />
oder weiter aufgesplittet werden. Auch die Zuordnung der Variablen zu den<br />
Kontextfaktoren sollte sich am jeweiligen Untersuchungszweck ausrichten und wurde<br />
im vorliegenden Fall nach eigenen Plausibilitätsüberlegungen vorgenommen (s. Kieser<br />
1999a, S. 175).<br />
Alle fünf Kontextfaktoren sind gleichzeitig Forderung und Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Entscheidungen<br />
und Massnahmen der Zentrale. Das Top-Management von Tochtergesellschaften<br />
fordert, dass sich die Zentrale zunächst mit der lokalen Situation vertraut<br />
macht, um „gute“ Entscheidungen treffen zu können (Kim/Mauborgne 1993, S. 11),<br />
mit denen sie die lokale Professionalität erhöht. Nach Belz (1994, S. 24) bereitet der<br />
Zentrale jedoch bereits allein die Erfassung der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten.<br />
Dies betont die Notwendigkeit, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die<br />
einen besseren Informationsstand in den zentralen Stellen ermöglichen. Erst damit<br />
wird es möglich, über die situative Eignung von Entscheidungen und die Vorteilhaftigkeit<br />
deren potenzieller Anpassung zu urteilen.<br />
Im Folgenden werden die systemexternen und -internen Kontextfaktoren näher untersucht,<br />
die wichtige Determinanten der lokalen Situation von Vertriebspartnern darstellen.<br />
4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />
4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds<br />
Das allgemeine lokale Umfeld beschreibt die sozialen, politischen, regulativen, ökonomischen<br />
und technologischen Bedingungen der Vertriebspartner (Jaworski 1988, S.<br />
25; s. auch Belz/Reinhold 1999a, S. 55 ff.). Der Fremdheitsgrad dieses Umfelds - im
Die lokale Situation der Vertriebspartner 81<br />
Vergleich zum Umfeld des Stammhauses - scheint hierbei von besonderer Bedeutung.<br />
Es besteht die Gefahr, dass Probleme und Lösungen der Führung, die im Land der<br />
Zentrale erfolgreich sind, ins Gastland übertragen werden und dort versagen. (Dülfer<br />
1992, S. 170 ff.) Der Entscheidungsträger in der Zentrale hat ein Informationsdefizit,<br />
d. h. er kann die inhaltlichen Konsequenzen von Umfeldeinflüssen nicht erkennen, da<br />
er die entsprechenden Umfeld-Elemente nicht zutreffend zu interpretieren weiss, bzw.<br />
„nicht versteht“ (Dülfer 1992, S. 172, 191 f.). Die im Rahmen dieser Untersuchung<br />
geführten Interviews untermauern den Hinweis von Dülfer (1992, S. 194), dass es sich<br />
aus Sicht der Hersteller um Umstände handelt, „auf die niemand gekommen wäre“<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Nach Sheth (2001, S. 6 ff.) gleichen sich die Umfeldfaktoren zumindest auf regionaler<br />
Ebene immer weiter an, so dass sie immer weniger Differenzierung im Marketing verlangen.<br />
Vertriebsleiter berichten darüber, dass sich insbesondere durch die EUbedingten<br />
Harmonierungsbestrebungen die technischen, kommerziellen und rechtlichen<br />
Anforderungen der Märkte immer mehr angleichen (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Ebenfalls tragen das einheitliche Währungssystem sowie die erhöhte<br />
Mitarbeitermobilität in der EU dazu bei, dass länderspezifische Unterschiede an<br />
Bedeutung verlieren. Zwischen den Vertriebsregionen wie z. B. zwischen West- und<br />
Osteuropa, USA und Asien spielen die allgemeinen Umfeldbedingungen, die durch<br />
Währungsunterschiede, die politische Stabilität, die Inflationsrate, das Bildungsniveau<br />
der Bevölkerung, oder die verfügbare Infrastruktur beeinflusst werden, nach wie vor<br />
eine bedeutende Rolle (Belz/Reinhold 1999a, S. 55). Eine mangelhafte Infrastruktur<br />
führt insbesondere in Entwicklungsländern zu einer unzureichenden Verfügbarkeit in<br />
den Bereichen Transport, Kommunikation sowie der physischen, finanziellen und<br />
Human-Ressourcen (s. Achrol et al. 1983, S. 57 f.). Die unzureichende Verfügbarkeit<br />
der Infrastruktur erfordert deshalb zumindest auf regionaler Ebene eine Anpassung des<br />
Steuerungsinstrumentariums <strong>für</strong> Vertriebspartner und der auf externe Kunden gerichteten<br />
Marketing-Instrumente (Sheth 2001, S. 5).<br />
Nach Aussage von Mitarbeitern internationaler Vertriebsgesellschaften wird die Häufigkeit<br />
und das Ausmass von Problemen, die auf die Unkenntnis der fremden Umfeldbedingungen<br />
zurückzuführen sind, in den Stammhäusern weder ausreichend und zutreffend<br />
wahrgenommen noch genügend berücksichtigt (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings muss andererseits auch betont werden, dass gerade die<br />
Anstrengungen, die in internationalen Konzernen durch die Einrichtung von regiona-
82<br />
Kapitel 4<br />
len Headquarters unternommen werden, dazu beitragen, die Unterschiede zwischen<br />
den Regionen zu berücksichtigen.<br />
Häufig wird das Umfeld stark reduziert durch die Eigenschaften „Unsicherheit“, „Dynamik“<br />
und „Komplexität“ beschrieben (s. Ruekert et al. 1985, S. 17 ff.; Jaworski<br />
1988, S. 28; Godet 1998, S. 322). Diese Eigenschaften geben den Grad der Instabilität<br />
und der Unvorhersehbarkeit des allgemeinen Umfelds an (Jaworski 1988, S. 16). Je<br />
unsicherer das lokale Umfeld ist desto mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität benötigen<br />
die lokalen Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 28 f.). Entscheidungen sollten<br />
stärker dezentral getroffen werden (Özsomer/Prussia 2000, S. 33), da das Management<br />
in der Zentrale in unsicheren, dynamischen Situationen nicht die notwendigen Kenntnisse<br />
besitzt, um im lokalen Markt zu operieren. Weiterhin muss die Zentrale auf Veränderungen<br />
der lokalen Bedingungen reagieren, indem sie das Ausmass ihrer Unterstützung<br />
verändert, wie z. B. bei der Deregulierung von Märkten und dem dadurch<br />
entstehenden neuen lokalen Wettbewerbsdruck (Godet 1998, S. 322).<br />
Neben der Unsicherheit und Dynamik unterscheidet sich die Situation der Vertriebspartner<br />
durch die kulturellen Unterschiede zum Stammhaus. An dieser Stelle liessen<br />
sich viele exotische Unterschiede zwischen Landeskulturen nennen. Dülfer (1992, S.<br />
108) definiert kulturelle Unterschiede zwischen Ländern und Regionen als Unterschiede<br />
in der Form von „Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und<br />
alle(n) anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft<br />
erworben hat“. Kulturelle Unterschiede werden in der Literatur jedoch häufig<br />
eher in Form von Anekdoten zitiert, als wissenschaftlich untersucht (Sheth 2001, S.<br />
5; anders: s. Hall 1960; Hofstede 1983; Hofstede 1998; Kluckhohn/Strodtbeck 1961).<br />
Fallbeispiel 4-1 ist eine von zahlreichen dieser Anekdoten, die dem Autor bei der<br />
Durchführung der Interviews geschildert wurden.<br />
Europäische Reportinganforderungen und Geschäftspraktiken in China<br />
Corus Bausysteme GmbH, Koblenz, Deutschland<br />
Im weltweiten Reporting der Corus Bausysteme GmbH werden neben finanziellen Kennzahlen auch<br />
andere Grössen, wie z. B. solche aus dem Personalwesen monatlich erfasst. Eine wichtige Grösse ist<br />
dabei die Mitarbeiterzahl eines Unternehmensbereichs.<br />
In China kam es zu lokalen Schwierigkeiten beim Ausfüllen der elektronischen Formulare, die eine<br />
Angabe dieser monatlichen Mitarbeiterzahl vorsahen. Aus Sicht der in Europa ansässigen Zentrale<br />
konnte lange Zeit nicht nachvollzogen werden, weshalb die chinesische Tochter nur unregelmässig<br />
und teilweise nur schwer nachvollziehbare Angaben bezüglich der Mitarbeiteranzahl meldete. Erst<br />
nach einiger Zeit konnte festgestellt werden, dass die lokal üblichen Geschäftspraktiken der Angabe<br />
einer monatlichen Mitarbeiterzahl entgegenstanden: In China ist es üblich, so auch bei Corus, dass bei<br />
Spitzenauslastungen noch morgens am Werkstor geeignete Mitarbeiter <strong>für</strong> einen Tag rekrutiert werden.<br />
Zum grossen Teil werden diese auch nicht namentlich erfasst, sondern bar ausgezahlt. „Die stehen<br />
morgens vor dem Werkstor und da nimmt man so viel Mann, wie man braucht“, so ein Mitarbei-
Die lokale Situation der Vertriebspartner 83<br />
ter des Unternehmens. Dies war bei der Entwicklung der Eingabemaske, die nach europäischen Geschäftspraktiken<br />
entworfen war, nicht berücksichtigt worden.<br />
Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus Bausysteme<br />
GmbH (Einzelinterview Pritzkow 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />
Nach Belz (1994, S. 24) sind kulturelle Unterschiede in grundsätzlichen Rahmenbedingungen<br />
zwar wichtig, die konkrete Markt- und Unternehmensanalyse sei aber entscheidender<br />
(Belz 1994, S. 24). Unterschiede in den Märkten sind durch Unterschiede<br />
in der Marktbearbeitung zu berücksichtigen. Aus dem Fremdheitsgrad gegenüber dem<br />
Stammhaus ergeben sich allerdings auch Unterschiede <strong>für</strong> die interne Zusammenarbeit,<br />
die bei der Unterstützung und der Koordination durch die Zentrale berücksichtigt<br />
werden sollten. Aus gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen des Landes resultieren<br />
z. B. unterschiedliche Arbeitszeiten-, Werktags- und Feiertagsregelungen zwischen<br />
dem Stamm- und Gastland, aus denen Probleme in der telefonischen Kommunikation<br />
entstehen können. Es gibt u.U. nur wenige gemeinsame Werktage, wenn z. B. die Ruhetagsregelungen,<br />
wie in arabischen Ländern, in denen der Freitag ein Ruhetag ist,<br />
wohingegen der Samstag und der Sonntag zur Woche gehören, von denen des Stammlandes<br />
abweichen. Ausserdem sind unterschiedliche Feiertage in Zentrale und Niederlassungen<br />
häufig nicht bekannt, zumal sie in verschiedenen Gebieten eines Landes von<br />
der Religionszugehörigkeit bestimmt werden.<br />
Die Zeitverschiebung erschwert die Kommunikation ebenfalls, da bei kurzfristigen<br />
und wichtigen Entscheidungen eine telefonische Erreichbarkeit in der Zentrale u.U.<br />
nicht immer gegeben ist. Bei einer Zeitverschiebung von neun Stunden wird die telefonische<br />
Erreichbarkeit des Schweizer Herstellerunternehmens <strong>für</strong> einen Vertriebspartner<br />
in Kalifornien zum Problem, da nur wenig gemeinsame Arbeitszeit besteht.<br />
Um genügend Erreichbarkeit zu garantieren, müssen Hersteller deshalb häufig nicht<br />
unwesentliche Ressourcen aufwenden, oder delegieren weitere Entscheidungskompetenzen<br />
an Vertriebspartner.<br />
Letztlich gehen kulturelle Unterschiede und Unterschiede in der Zeitzone meist einher<br />
mit der geografischen Distanz zum Herstellerunternehmen. Mit zunehmender geografischer<br />
Distanz entzieht sich der Vertriebspartner dem physischen Einflussbereich des<br />
Herstellerunternehmens (z. B. seltenere Besuche, weniger Kontrollmöglichkeiten, teure<br />
und zeitaufwendige Flüge). Für unterschriftspflichtige Dokumente wird viel Zeit<br />
benötigt. Eine kurzfristige Änderung im Rahmenvertrag mit einem Kunden, der in der<br />
Zentrale zur Unterschrift vorgelegt werden muss, verzögert die Zusammenarbeit mit<br />
dem Kunden ggf. erheblich. So benötigt ein per Einschreiben versandtes Dokument<br />
von Singapur nach Berlin ca. zehn Tage und nach Angaben der Deutsche Post AG <strong>für</strong>
84<br />
Kapitel 4<br />
den Rückweg (per Einschreiben) nach Singapur im Durchschnitt sechs bis acht Tage.<br />
Rechnet man <strong>für</strong> die Bearbeitung des Dokumentes nur ein bis zwei Tage, so dauert<br />
allein der Transfer knapp drei Wochen. Auch in diesem Fall können Lösungen wie<br />
Vorabbescheide per Fax und E-Mail hilfreiche Unterstützung bieten, die aber in der<br />
Zentrale nicht immer akzeptiert werden.<br />
4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb<br />
Das operative oder „Aufgaben“-Umfeld umfasst alle <strong>für</strong> die lokale Aufgabenerfüllung<br />
relevanten Parteien wie Kunden, Wettbewerber und lokale Lieferanten (Jaworski<br />
1988, S. 25). Letztere spielen <strong>für</strong> die Erfüllung lokaler Vertriebsaufgaben eine eher<br />
untergeordnete Rolle und werden deshalb nicht weiter einbezogen. Aufgrund ihrer<br />
Bedeutung werden an dieser Stelle die folgenden Variablen der Kunden- und Wettbewerbssituation<br />
vertiefend erläutert:<br />
• Wettbewerbsintensität und -position,<br />
• Art und Veränderung von Kundenwünschen,<br />
• Struktur aus globalen und lokalen Kunden.<br />
Die Wettbewerbsintensität definiert Jaworski als „degree of rivaltry among firms producing<br />
products that are close substitutes“ (Jaworski 1988, S. 29). Die Wettbewerbsintensität<br />
kann verschiedene Aspekte der Rivalität betreffen, bspw. über Produkte und<br />
Leistungen, Preise oder die Kommunikation. Verschiedene Untersuchungen haben<br />
gezeigt, dass die Unternehmensführung bei hoher Wettbewerbsintensität dazu neigt,<br />
einen Fokus auf „Management by Objectives“ zu legen und nicht etwa auf Prozessvorgaben,<br />
die in einem dynamischen Wettbewerb schwieriger zu überwachen sind<br />
(Jaworski 1988, S. 26; Ruekert et al. 1985, S. 18).<br />
Das Kundenverhalten, ihre Bedürfnisse und lokale Anforderungen an die Produktgestaltung<br />
können sich massgeblich vom Stammland unterscheiden. Besonders in der<br />
Verhandlungsführung spielen auch Mentalitätsunterschiede eine Rolle (Belz 1994, S.<br />
24), was bspw. die Hilti AG nach einigen Schwierigkeiten dazu bewogen hat, in Asien<br />
den Niederlassungsleiter aus dem Gastland statt aus eigenen Reihen zu rekrutieren<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). An dieser Stelle zeigen sich auch die<br />
Beziehungen zwischen den Kontextfaktoren. So stellen die kulturellen und gesellschaftlichen<br />
Bedingungen des Gastlandes nicht nur <strong>für</strong> den Anbieter, sondern auch <strong>für</strong><br />
den Kunden und den Wettbewerb eine wichtige Rahmenbedingung dar.
Die lokale Situation der Vertriebspartner 85<br />
Das Headquarters hat im Vertrieb bei fast allen Instrumenten die Möglichkeit, zwischen<br />
international standardisierten und damit kosteneffizienten Lösungen einerseits<br />
und lokal angepassten effektiven Lösungen andererseits zu wählen. Wenn lokale Bedürfnisse<br />
sich stark vom Heimatmarkt unterscheiden und sich der Zielmarkt stark verändert,<br />
ist es <strong>für</strong> Manager im Stammhaus schwierig, die notwendigen Kenntnisse zu<br />
haben, um im lokalen Markt angemessen zu reagieren (Özsomer/Prussia 2000, S. 33;<br />
Garnier 1982, S. 894). Özsomer/Prussia (2000, S. 33) konnten empirisch belegen, dass<br />
deshalb in Märkten mit hohen Anforderungen an die lokale Kenntnis von Kunden und<br />
Wettbewerb, die lokal getroffenen Marketingentscheidungen tendenziell zu einer höheren<br />
lokalen Performance führen als zentrale Entscheidungen. Sheth (2001, S. 7 ff.)<br />
relativiert allerdings die zukünftige Bedeutung von lokalen Kundenbedürfnissen aus<br />
zwei Gründen: Erstens geht er von einer Entwicklung von „international differences“<br />
hin zu „transnational similarities“ aus, in der sich die Bedürfnisse durch verschiedene<br />
Entwicklungen global immer ähnlicher werden. Zweitens betont er die zunehmende<br />
Bedeutung von „Global Accounts“, die <strong>für</strong> Anbieterunternehmen eine oftmals weltweit<br />
ähnliche Bearbeitung bedeuten und lokale Anpassungen entbehrlich machen<br />
(Sheth 2001, S. 8).<br />
Die Unterscheidung der Kundenstruktur in lokale und globale Kunden („Global Accounts“)<br />
wird <strong>für</strong> den <strong>Industriegüter</strong>vertrieb immer wichtiger. Einerseits verlangen<br />
globale Kunden Konzepte, die zwischen verschiedenen Märkten abgestimmt sind. Andererseits<br />
treten landesspezifische Besonderheiten der verschiedenen Märkte häufiger<br />
in den Hintergrund, desto zentralistischer ein international tätiges Kundenunternehmen<br />
geführt wird. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Stammhaus und Vertriebspartner<br />
stellt die Betreuung international tätiger Kunden indessen eine zentrale Herausforderung<br />
dar. Es sind zentrale Konditionenvereinbarungen, Mehrfachanfragen des<br />
Kunden in verschiedenen Verkaufseinheiten und Kompetenzverschiebungen bei der<br />
Einführung eines Global-Account Managements, die sich zu wichtigen Streitpunkten<br />
entwickeln können. Die länderübergreifende Koordination eines Kundenkontaktes<br />
bringt zwangsläufig eine Kompetenzverschiebung mit sich, die meist zu Gunsten von<br />
zentralen Koordinatoren, bspw. globalen Key-Account Managern erfolgt (Belz et al.<br />
2004, S. 56). Da es sich bei den globalen Accounts meist auch in den einzelnen Ländern<br />
um grosse und damit wichtige Kunden handelt, entstehen Interessenskonflikte<br />
zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen, wenn die Abstimmung zwischen<br />
den Ländern Kompromisse seitens der Vertriebspartner erfordert. Diese Aussage<br />
wird durch die Analyse der Boxplots in Abbildung 4-2 unterstützt, die auf Basis der<br />
„Vertriebsbefragung 2004“ (s. Tabelle 2-3, S. 37) durchgeführt wurde.
86<br />
hoch<br />
Konfliktniveau<br />
(z-Werte)<br />
niedrig<br />
3.0<br />
2.0<br />
1.0<br />
0.0<br />
-1.0<br />
-2.0<br />
Fälle mit Schwerpunkt<br />
„Globale Kunden“<br />
(1. Quartil)<br />
Fälle mit Schwerpunkt<br />
„Lokale Kunden“<br />
(4. Quartil)<br />
Arithmetisches Mittel .125 -.134<br />
Median .094 -.433<br />
N 52 79<br />
Abbildung 4-2: Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
(p < .10)<br />
Kapitel 4<br />
Abbildung 4-2 vergleicht Vertriebspartner, deren Kundenstruktur überwiegend aus<br />
international tätigen oder aber aus überwiegend lokal tätigen Kundenunternehmen besteht.<br />
Als Vergleichsmassstab dienen Verteilungsparameter des Konfliktniveaus zwischen<br />
Herstellerunternehmen und Vertriebspartner. Zur Messung des Konfliktniveaus<br />
wurde erneut auf die Operationalisierung nach Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s.<br />
Anhang G - 3, S. 365), die z-standardisierte Konfliktwerte liefert. Es sei an dieser Stelle<br />
noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Nullpunkt des Konfliktniveaus nicht<br />
etwa aus inhaltlichen Aspekten ergibt, sondern aus der Transformation der Gesamtstichprobe<br />
in die Standardnormalverteilung. Deren Erwartungswert liegt definitionsgemäss<br />
bei Null. Die ursprünglich ordinal skalierte Variable „Kundenstruktur“ wurde<br />
<strong>für</strong> den Gruppenvergleich in eine kategoriale Variable transformiert, weshalb die<br />
Quartile jeweils nicht exakt 25 Prozent der Fälle auf sich vereinen. Das erste Quartil<br />
entspricht deshalb den Werten „1“ und „2“, das vierte Quartil den Werten „6“ und „7“<br />
der ursprünglichen Skala.<br />
Als Ergebnis zeigt sich, dass das arithmetische Mittel bei Vertriebspartnern mit globalen<br />
Kunden jenes der Vertriebspartner mit lokalen Kunden übertrifft. Das bedeutet,<br />
dass es bei solchen Vertriebspartnern, die eine hohe Anzahl internationaler Kunden<br />
haben, die also in verschiedenen Ländern des Anbieterunternehmens tätig sind, zu<br />
häufigeren und stärkeren Konflikten mit dem Hersteller kommt. Um eine Zufälligkeit
Die lokale Situation der Vertriebspartner 87<br />
der Mittelwertunterschiede auszuschliessen, wurde aufgrund der leichten Abweichung<br />
von der Normalverteilung ein nicht-parametrischer Test ausgewählt und durchgeführt.<br />
Der U-Test nach Mann und Whitney zeigt, dass eine Zufälligkeit des Ergebnisses auf<br />
einem Niveau von 90 Prozent (p
88<br />
4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />
4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation<br />
Kapitel 4<br />
Die spezifischen Eigenschaften der Herstellerorganisation stellen <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />
eine wichtige Rahmenbedingung dar, weil sie <strong>für</strong> die Zusammenarbeit und das Vorgehen<br />
am Markt bestimmend sind. Besonders wichtig <strong>für</strong> die lokale Situation erscheinen<br />
die Branche, die Grösse und die Finanzkraft sowie die Erfahrung des Stammhauses im<br />
internationalen Markt.<br />
Die Art der Produkte und Leistungen und damit die Branche bestimmen die Anforderungen<br />
an die Zusammenarbeit wesentlich (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 87 f.): Ein lokaler<br />
Verkäufer im Produktgeschäft (bspw. Chemikalien, Bohrmaschinen, Dübel, Fahrzeuge)<br />
ist anderen Anforderungen von Kundenseite und damit auch in der Zusammenarbeit<br />
ausgesetzt als ein Verkäufer von maschinellen Anlagen, die kundenspezifisch<br />
angepasst werden müssen. Der Informationsfluss und die Notwendigkeit einer Abstimmung,<br />
ggf. auch die Anzahl der internen Kontakte, die <strong>für</strong> einen Kundenauftrag<br />
notwendig sind, können sich zwischen verschiedenen Branchen grundlegend unterscheiden.<br />
Backhaus (2003, S. 305) unterscheidet Geschäftstypen im <strong>Industriegüter</strong>bereich<br />
nach dem Grad der Anonymität und der Spezifität. Beides gibt an, ob Produkte<br />
mehrfach vorgefertigt an einen anonymen Markt verkauft oder kundenspezifisch in<br />
komplexen Projekten erstellt und vermarktet werden (Backhaus 2003, S. 305 f.). Letzterer<br />
Geschäftstyp stellt höchste Anforderungen an die Kompetenz der Vertriebspartner,<br />
an die Zusammenarbeit und an die Unterstützung durch die Zentrale.<br />
Neben der Branche sind es die Grösse des Gesamtunternehmens und dessen Finanzkraft,<br />
die einerseits über Spielräume entscheiden, die in der Zusammenarbeit gewährt<br />
werden können. Andererseits wird hierdurch aber auch über den zentralen Professionalitätsgrad<br />
entschieden und damit über die Anforderungen an die lokalen Vertriebspartner.<br />
Bei den Gesprächen mit Vertriebsleitern stellte sich heraus, dass grössere Unternehmen<br />
häufig durch ihre Finanzkraft eine stärkere Kontrolle und Macht über ihre<br />
Vertriebspartner haben und diese deshalb straffer führen können (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei muss allerdings unterschieden werden zwischen<br />
der Grösse des Gesamtunternehmens und der Anzahl der <strong>für</strong> den internationalen Vertrieb<br />
zuständigen Mitarbeiter in der Zentrale (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.). Je<br />
mehr Mitarbeiter sich in der Zentrale mit dem internationalen Vertrieb beschäftigen,<br />
desto häufiger kommt es zu internen Anfragen, Änderungen oder Vorgaben <strong>für</strong> den<br />
lokalen Vertrieb (Belz/Reinhold 1999a, S. 94) und es wird schwieriger, alle Mitarbeiter<br />
in der Zentrale mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen. Eine höhere
Die lokale Situation der Vertriebspartner 89<br />
Mitarbeiterzahl im zentralen Vertrieb ermöglicht aber gleichzeitig eine bessere Erreichbarkeit<br />
und Verfügbarkeit bei lokalem Bedarf, bspw. zur Begleitung bei Kundenbesuchen<br />
oder aber zur Unterstützung bei anderen kaufmännischen oder technischen<br />
Problemen (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Letztlich ist aber auch die Erfahrung des<br />
Stammhauses im internationalen Geschäft <strong>für</strong> die Professionalität der Unterstützung<br />
entscheidend (Eriksson et al. 2001, S. 23 ff.; Gencturk/Aulakh 1995, S. 761 f.), die<br />
Vertriebspartnern in verschiedenen lokalen Situationen gewährt wird. Es sind die langjährigen<br />
Mitarbeiter aus der Zentrale, denen eine zunehmend bessere Einschätzung der<br />
lokalen Bedürfnisse gelingt und die Erfahrung über die Eignung verschiedener Handlungsalternativen<br />
besitzen (Gencturk/Aulakh 1995, S. 762).<br />
Anzumerken bleibt, dass die situative Determinante „Herstellerorganisation“ nur dann<br />
zwischen Vertriebspartnern differenziert, wenn Vertriebspartner verschiedener Unternehmen<br />
oder verschiedener Unternehmensbereiche miteinander verglichen werden.<br />
Für den Vergleich von Vertriebspartnern einer bestimmten Zentrale ist die Determinante<br />
hingegen weniger geeignet, da sie in Bezug auf die Finanzkraft, die Organisationsgrösse,<br />
die Branche und die Erfahrung <strong>für</strong> alle die gleiche Rahmenbedingung darstellt.<br />
4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation<br />
Die lokale Vertriebsorganisation zeichnet sich zunächst durch ihre lokalen Ressourcen<br />
und Kompetenzen aus. Einige der vom Autor befragten Unternehmen hatten gleichzeitig<br />
selbstständige Agenten, Vertretungen und auch mitarbeiterstarke Tochtergesellschaften<br />
in ihrem Vertriebspartnerportfolio (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37). Mit zunehmender Grösse einer Organisationseinheit kann auch ein zunehmender<br />
Ressourcenbedarf <strong>für</strong> die Koordination und Kontrolle unterstellt werden (Ford/Slocum<br />
Jr. 1977, S. 565). Bei der Gestaltung des internationalen Vertriebs wird dies häufig<br />
nicht beachtet: Trotz der unterschiedlichen Grösse der lokalen Vertriebsorganisationen<br />
werden Reportinganforderungen oder die lokal zu verwendenden Marketinginstrumente<br />
der Einfachheit und Vergleichbarkeit halber häufig standardisiert. Auf Ressourcenprobleme,<br />
die insbesondere kleinere Niederlassungen bei der Erfüllung dieser standardisierten<br />
Anforderungen haben, geht die Zentrale häufig nicht ein. Dabei bedeutet ein<br />
umfangreiches Reporting <strong>für</strong> eine Ein-Mann-Vertretung („One-man-Show“) u.U. eine<br />
nicht zu bewältigende Aufgabe, während eine fünfundzwanzigköpfige Tochtergesellschaft<br />
den Anforderungen durch ihre eigene Finanzbuchhaltung mühelos gerecht werden<br />
kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).
90<br />
Kapitel 4<br />
Ebenso unterschiedlich wie die lokale Niederlassungsgrösse kann deren Position im<br />
lokalen Markt sein, die u. a. durch die Marktphase des Vertriebspartners, aber auch<br />
durch andere Kontextfaktoren wie das lokale Wettbewerbsumfeld und lokale Kundenbedürfnisse<br />
(i. S. v. Phase im lokalen Produktlebenszyklus) bestimmt wird. Insbesondere<br />
im Vergleich zu anderen Vertriebspartnern bestimmt die Grösse der Marktverantwortung<br />
über die Bedeutung eines Vertriebspartners aus Sicht der Zentrale. Für<br />
Vertriebspartner resultiert hieraus hieraus häufig die Intensität der Betreuung durch<br />
den Hersteller. Für manche besonders wichtigen Länderniederlassungen interessiert<br />
sich sogar der Vorstand in der Zentrale persönlich, während andere u. U. nicht einmal<br />
dem Vertriebsleiter namentlich bekannt sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37).<br />
Eine <strong>für</strong> Zentrale und Vertriebspartner bedeutende Variable der lokalen Situation stellt<br />
der finanzielle Erfolg der lokalen Vertriebsorganisation dar. Dieser bildet einen Ausgangspunkt<br />
<strong>für</strong> die Beurteilung aus Sicht der Zentrale und ist gleichsam ein wichtiger<br />
Prüfstein <strong>für</strong> das Vorgehen im Markt. Vermutlich deshalb hängen die Beurteilungen<br />
prozess- und ergebnisbezogener Zielgrössen durch die Zentrale miteinander zusammen:<br />
Das höchste Mass an Selbstbestätigung erhalten Mitarbeiter aus der Zentrale<br />
dann, wenn die Einhaltung ihrer eigenen Vorgaben bei Vertriebspartnern zum lokalen<br />
Erfolg führt. Der lokale Erfolg eines Vertriebspartners scheint allerdings auch etwaiges<br />
dilettantisches Vorgehen zu heilen. D.h. die Zentrale ist im Falle zufrieden stellender<br />
finanzieller Ergebnisse bereit, Verstösse gegen ihre Prozessvorgaben zu akzeptieren<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). In diesem Fall lernen Mitarbeiter<br />
der Zentrale von der erfolgreichen Vorgehensweise des Vertriebspartners. Verstösst<br />
ein Vertriebspartner jedoch gegen die zentralen Vorgaben ohne erfolgreich zu sein,<br />
riskiert er meist Sanktionen durch den Hersteller. Den Sanktionen entgehen die erfolglosen<br />
Vertriebspartner hingegen meist dann, wenn sie sich auf die Vorgaben der Zentrale<br />
berufen können. Vertriebsleiter aus der Zentrale weisen darauf hin, dass sich manche<br />
erfolglosen Vertriebspartner sogar systematisch aus der Verantwortung stehlen,<br />
indem sie die Regeln der Zentrale peinlichst genau befolgen (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Es wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits mehrfach darauf hingewiesen (s. Absatz<br />
2.1.2, S. 12 ff.), dass in Theorie und Praxis häufig eine pauschale rechtliche Unterscheidung<br />
zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen vorgenommen wird (s.<br />
Weinhold-Stünzi 1999, S. 342). Diesem Vorgehen wurde in dieser Arbeit nicht vollständig<br />
entsprochen, da der Erklärungsbeitrag dieser Differenzierung in Bezug auf die
Die lokale Situation der Vertriebspartner 91<br />
Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen begrenzt ist. Welche Bedeutung der<br />
rechtlichen Abhängigkeit tatsächlich zukommt, muss insbesondere hinterfragt werden,<br />
wenn man die Einflussmöglichkeiten der Zentrale betrachtet, durch die eine Bedeutung<br />
der Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen meist begründet<br />
wird. In der Praxis ist eine Bandbreite zwischen „quasi-angestelltem“ Agenten,<br />
starken Handelsgesellschaften, untergebenen, aber ebenso de-facto unabhängigen<br />
Tochtergesellschaften zu beobachten, die sich frei bewegen (Weinhold-Stünzi 1999, S.<br />
342). Häufig ergeben sich Unterschiede auch erst durch unterschiedliche Unterstützung<br />
der Zentrale. So schliesst die Zentrale bspw. häufig nur ihre Töchter an Informationssysteme<br />
an, lädt diese zu Schulungen ein oder bietet ihnen technische und kaufmännische<br />
Hilfestellung an, nicht aber ihren Vertretungen. Die Vermutung liegt nahe,<br />
dass unterschiedliches Engagement und unterschiedliche Leistung von Vertriebspartnern<br />
in unterschiedlichen rechtlichen Beziehungen zur Zentrale auf das - auch finanzielle<br />
- Engagement und das Vertrauen zurückzuführen sind, das die Zentrale selbst zu<br />
investieren bereit ist (s. Dülfer 1992, S. 106; Belz 1999, S. 106 f.). Für Vertriebspartner<br />
ergeben sich damit aus dem rechtlichen Verhältnis sowie aus dem resultierenden<br />
Verhalten der Zentrale Unterschiede.<br />
Die Situation von Vertriebspartnern wird weiterhin durch die Dauer ihrer Marktpräsenz<br />
und die Dauer der Zusammenarbeit mit dem Hersteller bestimmt. Für Vertriebspartner,<br />
die sich in einer frühen Phase der Geschäftstätigkeit befinden, sollte die Zentrale<br />
eine Unterstützung bieten, die den Startmoment erleichtert. So müssen bspw. umfangreiche<br />
Anstrengungen in den Bereich der Kommunikation investiert, Abläufe festgelegt<br />
und geeignete Mitarbeiter eingestellt und geschult werden. Die Unterstützung in<br />
späteren Wachstums- und Reifephasen muss hingegen andere Schwerpunkte berücksichtigen,<br />
so z. B. Aktivitäten zur Festigung und zum Ausbau von Kundenbeziehungen.<br />
Die Unterstützung durch die Zentrale nimmt damit tendenziell im Zeitverlauf ab<br />
und verändert sich in den Inhalten je nach dem, wie sich die Bedürfnisse der Vertriebspartner<br />
entwickeln. Die Phasenaufteilung und die in den verschiedenen Phasen<br />
benötigte Unterstützung unterscheidet sich dabei branchen-, unternehmens- und vertriebspartnerspezifisch.<br />
4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers<br />
Neben der Zeitdimension gibt es viele weitere Einflussgrössen, welche die Situation<br />
der Vertriebspartner und damit deren Bedürfnisse in der Zusammenarbeit bestimmen.<br />
Die Person des lokalen Vertriebsverantwortlichen scheint eine zentrale Bedeutung ein-
92<br />
Kapitel 4<br />
zunehmen. Dies unterstreichen Vertriebsleiter aus der Zentrale, indem sie häufig nur<br />
den Namen des Niederlassungsleiters nennen, wenn Sie von einer bestimmten Länderniederlassung<br />
sprechen. (So z. B. „...beim Sanchez...“, statt „...in der Niederlassung<br />
Spanien...“. (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)) Auch Stauss/Schulze<br />
(1990, S. 155) betonen in ihren Ausführungen zur internen Kundenorientierung, die<br />
Leitung des Subsystems, auf die ein internes Marketing in erster Linie abzielen sollte<br />
(Stauss/Schulze 1990, S. 155), also im vorliegenden Fall auf die Leitung der Niederlassung.<br />
Lokale Vertriebsverantwortliche unterscheiden sich u. a. in ihren Fähigkeiten, ihrer<br />
Erfahrung, ihren Aufgaben und ihren Zielen. Auch die Einstellung zum Unternehmen<br />
und zum Beruf sowie das Engagement ist teilweise unterschiedlich. Hierbei wird die<br />
Komplexität dieser personenbezogenen Eigenschaften im Begriff der „Persönlichkeit“<br />
zusammengefasst. Stark vereinfachend kann man bezüglich der Zusammenarbeit sämtliche<br />
Niederlassungsleiter durch die Dimensionen „Kompetenz“ (Können) und „Verbundenheit“<br />
(Wollen) beschreiben. Die Kompetenz kann dabei als Zusammenspiel<br />
verschiedener Fähigkeiten aufgefasst werden. Reinhold/Belz (2002, S. 42 f.;<br />
Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) identifizieren sieben Fähigkeiten, die <strong>für</strong> Niederlassungsleiter<br />
besonders bedeutend sind.<br />
Es lassen sich anhand der Kompetenz und der Verbundenheit mindestens vier verschiedene<br />
Typen von Niederlassungsleitern unterscheiden (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37): Der Verwalter, der Landes<strong>für</strong>st, der Kleinunternehmer und der<br />
Aktionist. Jeder dieser Typen ist unterschiedlich zu behandeln.<br />
Die Beziehung zum „erfolgreichen Landes<strong>für</strong>sten“ ist geprägt durch Misstrauen, fehlende<br />
Offenheit und gegenseitige Vorwürfe. Der Landes<strong>für</strong>st verhält sich wie ein nationaler<br />
Herrscher. Er hat ein sehr enges Verhältnis zu den Kunden, einen ausserordentlichen<br />
Markterfolg und ein hohes Ansehen bei der lokalen Konkurrenz. Häufig wird<br />
die Zusammenarbeit dadurch erschwert, dass Landes<strong>für</strong>sten den Anschein erwecken,<br />
alle Vereinbarungen zu befolgen. Allerdings ist dies keineswegs immer der Fall. In der<br />
Zusammenarbeit erweist er sich meistens als schwierig. Die Zentrale traut sich nicht,<br />
sich durchzusetzen und einen Personalwechsel vorzunehmen, weil sie Kunden- und<br />
Marktanteilsverluste be<strong>für</strong>chtet. Interveniert die Zentrale dennoch nachdrücklich, so<br />
wird der Landes<strong>für</strong>st versuchen, der Verantwortung zu entgehen, da er „ja nur getan<br />
hat, was die Zentrale verlangt hat“.<br />
Der „professionelle Unternehmer“ zeichnet sich im Vergleich zum Dilettanten durch<br />
eine hohe Loyalität zum Unternehmen aus. Bei Produktumstellungen, Kompetenzfra-
Die lokale Situation der Vertriebspartner 93<br />
gen und Cost-Sharing sind bei diesem Typen oft lange Diskussionen nötig. Letztlich<br />
werden aber Lösungen gefunden, die <strong>für</strong> beide Parteien zufrieden stellend sind. Der<br />
professionelle Kleinunternehmer ist aus Sicht von Jann Hatz, Vice President Marketing,<br />
Emhart Glass S.A. <strong>für</strong> die Zentrale am angenehmsten und erfolgreichsten. Oftmals<br />
entstehen beim Unternehmer innovative Vorschläge <strong>für</strong> neue Produkte und neue<br />
Services, die dieser bereits erfolgreich am Markt getestet hat, bevor er sie dem Hersteller<br />
vorschlägt.<br />
Kompetenz<br />
hoch<br />
gering<br />
Erfolgreicher<br />
Landes<strong>für</strong>st<br />
Reaktiver<br />
Verwalter<br />
gering<br />
Verbundenheit<br />
Professioneller<br />
Unternehmer<br />
Ideenreicher<br />
Aktionist<br />
Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern<br />
Der „ideenreiche Aktionist“ fühlt sich dem Unternehmen verpflichtet. Er versucht unternehmerisch<br />
tätig zu werden und gibt fortlaufend Produkt- und Serviceideen an die<br />
Zentrale weiter, die er sich selber ausdenkt oder die von Kundenseite an ihn herangetragen<br />
werden. Er versucht mit viel Engagement Ideen umzusetzen und seine Position<br />
zu verbessern, hat aber wenig Markt- und Vertriebserfahrung. Häufig bleibt der Aktionist<br />
erfolglos. Oft sucht er den Kontakt zur Zentrale, um von neuen Plänen zu berichten.<br />
Die Zentrale hat nicht selten Probleme den Aktionisten „einzufangen“, da sich<br />
dieser häufig kurzfristig <strong>für</strong> seine Ideen entscheidet statt langfristige Strategien zu verfolgen.<br />
Vertreter der Zentrale empfinden den „reaktiven Verwalter“ als genauso unkompliziert<br />
in der Zusammenarbeit, wie auch erfolglos bei den Kunden. Verwalter sind oft im<br />
Markt noch nicht so gefestigt. Der Verwalter fügt sich bedingungslos den Entscheidungen<br />
der Zentrale und befolgt sämtliche Regeln. Schwierig wird es <strong>für</strong> die Zentrale<br />
immer dann, wenn der Verwalter eine Budgetverantwortung abstreitet, weil er Aktio-<br />
hoch
94<br />
Kapitel 4<br />
nen ausgeführt hat, die der Hersteller gewünscht hatte. Dem Markt und dem Geschäft<br />
fühlt sich der Verwalter wenig verpflichtet, er ist tendenziell zu wenig flexibel.<br />
Jeder der vier Typen benötigt eine unterschiedliche Unterstützung. Bei den Typen<br />
„Verwalter“ und „Aktionist“ fehlen Fähigkeiten in der Marktbearbeitung, die durch<br />
Schulung, Erfahrungsrunden oder Training on the Job erworben werden können. Darunter<br />
fallen z. B. gemeinsame Kundengespräche mit einem erfahrenen Vertriebspartner.<br />
Die Kompetenz erhöht sich aber auch auf natürliche Weise mit einer zunehmenden<br />
Erfahrung am Markt und durch soziale Adaptionsprozesse mit der zunehmenden<br />
Dauer der internen Zusammenarbeit. Ziel der Zentrale muss sein, eine optimale lokale<br />
Kompetenz zu erreichen, die als Basis <strong>für</strong> die lokale Professionalität gesehen werden<br />
kann.<br />
„Landes<strong>für</strong>st“ und „Verwalter“ weisen beide eine geringe Loyalität zum Unternehmen<br />
auf, die mit einem verbesserungsfähigen Engagement in der Zusammenarbeit einhergeht.<br />
Ziel sollte es sein, beide Typen zu etwas mehr Verständnis <strong>für</strong> die Belange des<br />
Gesamtunternehmens zu bewegen. Ebenso wird es wichtig sein, die Anliegen und<br />
Meinungen des Landes<strong>für</strong>sten zu verstehen und darauf zumindest mit symbolischen<br />
Annäherungen zu reagieren. Der Prozess dorthin ist nur durch häufige und intensive<br />
Kommunikation, häufige Besuche und Meetings sowie viel Geduld möglich. Die<br />
Gründe <strong>für</strong> ein fehlendes Engagement sind beim „Verwalter“ und beim „Landes<strong>für</strong>st“<br />
unterschiedlich. Der „Landes<strong>für</strong>st“ wägt zwischen den Kundenwünschen und den Anforderungen<br />
der Zentrale zugunsten ersterer ab. Der „Verwalter“ hingegen zeigt weder<br />
auf Kunden- noch auf Unternehmensseite Engagement. Der Hersteller hat hierbei die<br />
Wahl, den „Verwalter“ zu einem engagierten Verhalten zu motivieren oder ihn auszutauschen.<br />
Der lokale Niederlassungsleiter wird zur Schlüsselfigur der internen Kundenorientierung<br />
im internationalen Vertrieb. Von seinen Entscheidungen hängt die Entwicklung<br />
der Niederlassung, der Personalentwicklung und der Position auf internationalen<br />
Märkten ab. Für die Zentrale stellt der Niederlassungsleiter und dessen Entwicklung<br />
deshalb einen zentralen Hebel <strong>für</strong> das Management von internationalen Vertriebsaktivitäten<br />
dar.<br />
4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation<br />
Im Laufe des zugrunde liegenden Forschungsprojektes konnten auffällige Unterschiede<br />
von Vertriebspartnern und Zentrale in Bezug auf die Einschätzung der lokalen Situ-
Die lokale Situation der Vertriebspartner 95<br />
ationen festgestellt werden. Während Vertriebspartner wiederholt auf die Komplexität,<br />
Einzigartigkeit und hohen Erfordernisse ihrer lokalen Situation hinweisen, betonen<br />
Mitarbeiter der Zentrale, dass Unterschiede vielmehr in den Fähigkeiten der Vertriebspartner<br />
zu suchen seien als in den lokalen Rahmenbedingungen (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Die Diskussion der moderierenden Bedeutung von lokalen Situationen soll deshalb an<br />
dieser Stelle um eine subjektive Komponente ergänzt werden. Diese trägt zum besseren<br />
Verständnis der Verhaltensweisen in der Zusammenarbeit bei, die ebenfalls auf<br />
subjektiven Einschätzungen basieren.<br />
4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller<br />
Im Rahmen ihrer Koordinations- und Unterstützungsfunktion (s. Reckenfelderbäumer<br />
2001, S. 254) treffen Vertriebsverantwortliche in der Unternehmenszentrale fortlaufend<br />
Entscheidungen, bei denen sie die Situation von Vertriebspartnern einschätzen<br />
und über deren Berücksichtigung abwägen müssen. Die auch in der Zentrale häufig<br />
knappen personellen und finanziellen Ressourcen werden dabei meist auf die aus zentraler<br />
Sicht wichtigsten Brennpunkte gerichtet (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.).<br />
Aus Sicht von Vertriebspartnern ist die Priorisierung der Zentrale häufig nur schwer<br />
nachvollziehbar. Dabei betonen Vertriebspartner die Unkenntnis der Zentrale über die<br />
lokalen Gegebenheiten als auch den fehlenden Willen, sich auf die Berücksichtigung<br />
situationsspezifischer Erfordernisse einzulassen (Kim/Mauborgne 1993, S. 11).<br />
Gewisse Informationsdefizite der Zentrale scheinen bedingt durch die räumliche Trennung<br />
systemimmanent. Diese sind durch die Arbeitsteilung sogar gewollt, da sich die<br />
Zentrale mit der Koordination und Unterstützung der verschiedenen Vertriebspartner<br />
befasst, und nicht mit einzelnen Entscheidungen im lokalen Vertriebsprozess, <strong>für</strong> welche<br />
die Kompetenz der lokalen Vertriebspartner benötigt wird (Belz/Reinhold 1999a,<br />
S. 118). Deshalb scheint es eine bedeutende Fähigkeit der Zentrale zu sein, die wesentlichen<br />
Informationen über die Situationen in den Märkten zu erfassen, unwesentliche<br />
hingegen unberücksichtigt zu lassen. So können auch bei einem unvollständigen Informationsstand<br />
gute Entscheidungen getroffen werden. Die Kommunikation mit den<br />
Vertriebspartnern und der auch durch Informations- und Berichtssysteme unterstützte<br />
Informationsfluss tragen zu besseren Entscheidungen der Zentrale bei. Trotzdem berichten<br />
Vertriebsleiter aus der Zentrale darüber, dass ihnen aus Ressourcengründen<br />
nicht die Zeit bleibt, um persönliche Besuche oder regelmässige Telefonate mit sämtli-
96<br />
Kapitel 4<br />
chen Vertriebspartnern zu führen. Nach einer Studie, die Walti (1999, S. 53) unter<br />
Vertriebsleitern Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller durchgeführt hat, verzichten<br />
allerdings über 50 Prozent der Hersteller auch auf einen standardisierten Informationsaustausch<br />
zu ihren Vertriebspartnern. Zwar wünschen sich die Hersteller nach eigenen<br />
Angaben mehr Information aus den Märkten und bekunden damit ihre Mühe, lokale<br />
Markt- und Kundendaten zu bekommen (Walti 1999, S. 54). Über 60 Prozent der Befragten<br />
geben allerdings an, dass ihre Vertriebspartner Besuchsberichte und Kundendaten<br />
nur spärlich bereitstellen (Walti 1999, S. 54). Walti (1999, S. 53) berichtet aber<br />
weiterhin auch, dass die erstellten Berichte vom Hersteller häufig gar nicht konsequent<br />
ausgewertet werden, weshalb sie auch bei der Entscheidungsfindung ungenügend berücksichtigt<br />
werden können. Demnach bereitet der Zentrale bereits allein die Erfassung<br />
der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten (Belz 1994, S. 24).<br />
Durch das Informationsdefizit und die geografische Distanz der Zentrale begünstigt,<br />
tritt ein weiteres Phänomen hervor, das der Beurteilung der lokalen Situation entgegensteht<br />
und in der Psychologie als „fundamentale Attributionsverzerrung“ bekannt ist<br />
(s. Wottawa/Gluminski 1995, S. 174; Kanning et al. 2004, S. 230; Kanning 1999, S.<br />
101 f.). Danach besitzen Beurteiler eine grundsätzliche Tendenz, Handlungen anderer<br />
Personen eher auf deren spezifische Personenmerkmale zurückzuführen, als auf situative<br />
Faktoren (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Selbstverständlich kann die personenbezogene<br />
Ursachenzuschreibung, also die Ursache im Vertriebspartner zu sehen, in<br />
vielen Fällen die Realität zutreffend widerspiegeln (Kanning et al. 2004, S. 230). Dies<br />
ist jedoch keineswegs immer der Fall. Immer dann, wenn de facto eine Mischung von<br />
situativen und personenbezogenen Ursachen vorliegt, oder gar die situativen Ursachen<br />
das lokale Handeln in stärkerem Masse bestimmen als die personenbezogenen, besteht<br />
eine erhöhte Gefahr der systematischen Fehlbeurteilung (Kanning et al. 2004, S. 230).<br />
Diese Tendenz verstärkt sich insbesondere dann, wenn Gründe <strong>für</strong> den Misserfolg gesucht<br />
werden. Die Informationsdefizite der Zentrale in Bezug auf die lokale Situation<br />
tragen dazu bei, die Ursachen <strong>für</strong> Misserfolge in vertriebsverantwortlichen Personen<br />
oder der lokalen Organisation zu suchen, nicht aber in der sie umgebenden Umwelt.<br />
Ebenso betonen Kanning et al. (2004, S. 229), dass Fehler in der Beurteilung insbesondere<br />
dann auftreten, wenn die Beurteilung unter Belastung vorgenommen wird, so<br />
z. B. wenn wenig Zeit besteht. Dies könnte im Fall der Beurteilung durch die Zentrale,<br />
angesichts der häufig angeführten knappen Ressourcenausstattung (s. Belz/Reinhold<br />
1999a, S. 94) den angesprochenen Effekt noch verstärken. Attributionsverzerrung<br />
nehmen jedoch ab, je mehr psychologische Nähe zwischen dem Betrachteten und dem
Die lokale Situation der Vertriebspartner 97<br />
Betrachter besteht (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Hierdurch erklärt sich zum<br />
Teil, warum in den meisten Fällen die geografisch näher gelegenen Vertriebsgesellschaften<br />
bevorzugt behandelt werden, über deren Situation die Mitarbeiter der Zentrale<br />
häufig bessere Kenntnisse besitzen und zu denen häufig engere soziale Kontakte bestehen<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Im Fall der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner muss ein weiterer Aspekt<br />
berücksichtigt werden, der in die Beurteilung hineinspielt und die Konstellation<br />
ein wenig abweichen lässt: Die Verantwortung über die Unterstützung und Koordination<br />
liegt in der Regel bei der Zentrale (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Eine Ursache <strong>für</strong> den Erfolg und Misserfolg lokaler Handlungen liegt damit auch in<br />
den Entscheidungen der Zentrale selbst und den durch sie veranlassten Massnahmen.<br />
Diese selbst stellen aus Sicht der Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung<br />
dar. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Zentrale in jenen Fällen stärker dazu tendieren<br />
wird, Ursachen <strong>für</strong> Misserfolg beim Vertriebspartner zu suchen, in denen das<br />
Selbstverständnis und die Kultur in der Zentrale keine Reflexion und Selbstkritik zulassen.<br />
Es zeigt sich, dass eine objektive Beurteilung durch die Zentrale eine gleichzeitig<br />
wichtige wie herausfordernde Aufgabe darstellt. Um die lokale Situation ausreichend<br />
in der Vertriebsgestaltung berücksichtigen zu können, bedarf es einer systematischen<br />
Behandlung dieser Beurteilungsfehler. Zusammenfassend lassen sich mehrere Ansatzpunkte<br />
<strong>für</strong> eine Vermeidung von fundamentalen Attributionsverzerrungen ausmachen.<br />
Einerseits muss also ein geeignetes Instrumentarium gefunden und eingesetzt werden,<br />
mit dem die Informationsasymmetrien abgebaut werden können. Andererseits sind die<br />
persönlichen Beziehungen zu den Mitarbeitern der dezentralen Vertriebsorganisation<br />
zu vertiefen, um ebenfalls eine ausgewogene Beurteilung zu unterstützen. Eine Kultur,<br />
die auf Feedback basiert, Kritik zulässt und konstruktiv aufgreift, unterstützt ebenso<br />
eine objektive Beurteilung. Weiterhin kann bereits die Kenntnis der Zentrale über das<br />
Zustandekommen möglicher Beurteilungsfehler dazu eingesetzt werden, ihre eigene<br />
Reflexion zu verbessern und etwaige Verzerrungen zu vermeiden (s. Kanning 1999, S.<br />
101 f.).<br />
4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner<br />
Vertriebspartner beschreiben ihre eigene Situation häufig als ausgesprochen komplex,<br />
empfinden diese als einzigartig und weisen auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang<br />
mit der Situation an sie stellt (Bakka 1986, S. 853). Weit mehr als die Hälfte der
98<br />
Kapitel 4<br />
Vertriebspartner schätzt ihre eigene Situation wettbewerbsintensiver ein, als die der<br />
Vertriebspartner in anderen Märkten. Diese Tendenz in der Situationsbeurteilung<br />
konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit in verschiedenen Teiluntersuchungen festgestellt<br />
werden (Vertriebsbefragung 2004, Befragung Leica II, Befragung Gallus II, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Um den Einfluss des Non-Response Bias einzugrenzen, der bei<br />
einer unternehmensübergreifenden Untersuchung ein ggf. nicht zu unterschätzendes<br />
Gewicht besitzen kann, wird das Phänomen hier am Fallbeispiel der bei der Gallus<br />
Ferd. Rüesch AG durchgeführten Befragung veranschaulicht (Befragung Gallus II, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Gallus Ferd. Rüesch AG wurden alle 82 internationalen<br />
Vertriebspartner befragt, von denen 61 Vertriebspartner antworteten (74 Prozent).<br />
Die Vertriebspartner wurden gebeten, ihre lokale Wettbewerbssituation im Vergleich<br />
zu anderen Märkten des Herstellers auf einer neunstufigen Skala einzuschätzen, bei<br />
der ein Nullpunkt die gleiche Situation wie in anderen Märkten markierte. Zur Messung<br />
der Wettbewerbssituation wurde dabei eine Operationalisierung verwendet, die<br />
sich auf die Konzeptualisierung nach Jaworski/Kohli (1993, S. 68) stützt.<br />
Abbildung 4-4 zeigt das Ergebnis der Selbsteinschätzung der Vertriebspartner. In Bezug<br />
auf alle vier Dimensionen des lokalen Wettbewerbs beurteilen die Vertriebspartner<br />
ihre eigene Situation als ungleich herausfordernder im Vergleich zum Durchschnitt<br />
der Märkte. Insbesondere ist die Preissituation hervorzuheben, die von 92 Prozent der<br />
Befragten stärker bewertet wird als im Durchschnitt aller Märkte.<br />
n = 61<br />
Der Wettbewerb in Ihrem<br />
Markt ist gross.<br />
Es gibt viele Werbeschlachten in<br />
Ihrem Produktbereich.<br />
Die Preiskonkurrenz in Ihrem<br />
Bereich ist erheblich.<br />
Die Wettbewerber in Ihrem<br />
Produktbereich sind sehr stark.<br />
Weniger als in<br />
anderen Märkten<br />
14% 8%<br />
7%<br />
20%<br />
2%<br />
14%<br />
8%<br />
27%<br />
Durchschnittlich<br />
-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4<br />
78%<br />
92%<br />
0.64<br />
1.56<br />
1.32<br />
Mehr als in<br />
anderen Märkten<br />
78%<br />
2.41<br />
53%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Relative Häufigkeit<br />
Weniger als in anderen Märkten (-4, -3, -2, -1) Gleich (0)<br />
Mehr als in anderen Märkten (+1, +2, +3, +4) Arithmetisches Mittel<br />
Abbildung 4-4: Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner<br />
(Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Die lokale Situation der Vertriebspartner 99<br />
Offensichtlich ist damit, dass auch die Einschätzungen der Vertriebspartner verzerrt<br />
sind. Schliesslich müsste die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert bei einer<br />
fehlerfreien Einschätzung gemäss Definition Null ergeben. Die Verzerrungen der Beurteilung<br />
auf der Seite der Vertriebspartner lässt sich wiederum auf verschiedene Ursachen<br />
zurückführen.<br />
Einerseits liegt auch auf der Seite der Vertriebspartner ein Informationsdefizit vor.<br />
Vertriebspartner sind ebenso wie die Zentrale nur eingeschränkt in der Lage, die Situation<br />
in anderen Märkten einzuschätzen, die als Referenzmass <strong>für</strong> die relative Einschätzung<br />
ihrer eigenen Situation dient. Dieses Informationsdefizit wird durch die Neigung<br />
verstärkt, die Richtigkeit eigener Aussagen überzubewerten und gleichzeitig nur selektiv<br />
solche Informationen wahrzunehmen, die das bestehende Urteil bestätigen<br />
(Döring/Kanbach 2001, S. 6).<br />
Weiterhin können auch auf der Seite der Vertriebspartner Attributionsverzerrungen<br />
unterstellt werden, die dem Erhalt und der Erhöhung des Selbstwertes dienen. Bei der<br />
Selbstbeurteilung in Leistungssituationen wird Erfolg als persönlicher Verdienst bewertet,<br />
während begünstigende Umweltfaktoren weniger starke Beachtung finden<br />
(Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Misserfolge hingegen werden tendenziell nicht<br />
auf das Verschulden der eigenen Person zurückgeführt, sondern als Folge situativer<br />
Ursachen betrachtet (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Darüber hinaus wird bei der<br />
Selbstbeurteilung in Erfolgsfällen häufig auch die hinderliche Wirkung von Situationsvariablen<br />
hervorgehoben, um die eigene Leistung als Ursache <strong>für</strong> den Erfolg noch<br />
besser darzustellen und den Selbstwert des Beurteilenden zu erhöhen (s. Kanning<br />
1999, S. 104). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Vertriebspartner demnach<br />
sowohl bei Erfolg wie Misserfolg dazu neigen werden, die Herausforderung der Situation<br />
überzubewerten.<br />
In Verhandlungssituationen zwischen Zentrale und Vertriebspartner sind über die Fehler<br />
in der Selbstbeurteilung hinaus auch Verzerrungen durch das Profilierungsstreben<br />
der Vertriebspartner zu erwarten, das eine Grundlage <strong>für</strong> den Verhandlungserfolg bildet.<br />
Zu dem möglicherweise verzerrten Selbsturteil des Vertriebspartners können damit<br />
weitere Abweichungen von der Realität entstehen, wenn sich ein Vertriebspartner<br />
gegenüber der Zentrale darstellt, um bestimmte Verhandlungsziele zu erreichen.<br />
Es ist anzunehmen, dass sich die verzerrte Beurteilung der Situation auch auf die Erwartungen<br />
gegenüber der Zentrale auswirkt. Ein Vertriebspartner, der die eigene Situation<br />
als ungleich kritischer beurteilt als die Situation in anderen Märkten, wird vermutlich<br />
auch besonders hohe Erwartungen an die Unterstützung durch die Zentrale
100<br />
Kapitel 4<br />
haben. Da die Zentrale nicht allen Forderungen nachkommen kann, erhöht sich durch<br />
die gesteigerten Erwartungen, die nicht erfüllt werden, gleichzeitig die resultierende<br />
Unzufriedenheit der Vertriebspartner. Um negative Konsequenzen der Unzufriedenheit<br />
zu vermeiden, sollten Beurteilungsverzerrungen deshalb weitgehend abgebaut<br />
werden. Psychologen weisen darauf hin, dass diese eine natürliche Schutzfunktion <strong>für</strong><br />
das Individuum besitzen. Vielleicht sollte im Einzelfall zwischen den Konsequenzen<br />
aus der Unzufriedenheit und den Konsequenzen der fehlerfreien Attribution abgewägt<br />
werden.<br />
Einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Fehlbeurteilungen kann eine höhere Transparenz<br />
über die Situation in anderen Märkten liefern. Zur Transparenz tragen sowohl<br />
subjektive Eindrücke und Berichte der Vertriebspartner anderer Märkte bei als auch<br />
objektiv vergleichbare Marktinformationen wie Preisgrössen sowie Wettbewerbsinformationen<br />
zu Absatzmengen und Aktionen. Von einigen Herstellern wird der Austausch<br />
über die lokalen Situationen bereits auf den jährlichen Vertriebstreffen gefördert<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Transparenz über objektiv vergleichbare<br />
Grössen, die von den Vertriebspartnern häufig gefordert werden, scheitert<br />
allerdings häufig am Widerstand der Zentrale, die ebenfalls in ihren Verhandlungen<br />
gerade diese Intransparenz nutzt.<br />
4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation<br />
Gestützt auf die recht differenzierten Analysen von allgemeinen Rahmenbedingungen,<br />
Kunden und Wettbewerbsverhalten, Herstellerorganisation, lokaler Organisation und<br />
Vertriebsverantwortlichen lässt sich zusammenfassend <strong>für</strong> das Kapitel 4 eine Morphologie<br />
der lokalen Vertriebssituationen ableiten. Um eine Übersicht zu erleichtern, werden<br />
<strong>für</strong> die einzelnen Merkmale nur die extremen Ausprägungen und nicht etwa sämtliche<br />
mögliche Zwischenstufen einbezogen. Die Kriterien und deren Zuordnung müssen<br />
in verschiedenen Situationen überprüft und je nach Unternehmen sowie zeitlich<br />
unterschiedlich gewichtet werden. Aus praktischer Sicht ist es <strong>für</strong> Hersteller kaum<br />
möglich und nicht sinnvoll, annähernd alle Situationsvariablen bei der Planung von<br />
unterstützenden Massnahmen mit einzubeziehen. Trotzdem kann eine überblicksartige<br />
Einschätzung Impulse <strong>für</strong> ein besseres Verständnis der lokalen Situation geben.<br />
1) Allgemeines lokales Umfeld<br />
Gleiches Umfeld wie beim Stammhaus - Fremdes Umfeld verglichen zum Stammhaus<br />
Gleiche Währung - Unterschiedliche Währung
Die lokale Situation der Vertriebspartner 101<br />
Gute Infrastruktur - Mangelhafte Infrastruktur<br />
Hohes Bildungsniveau - Schlechtes Bildungsniveau<br />
Vorhersehbare, stabile und nachvollziehbare<br />
Umweltentwicklungen<br />
- Unsichere, dynamische und komplexe<br />
Umweltentwicklungen<br />
Ähnliche Kultur - Grosse kulturelle Unterschiede<br />
Geografische Nähe - Grosse geografische Distanz<br />
Gleiche Arbeitszeiten - Keine gemeinsamen Arbeitszeiten<br />
2) Kunden und Wettbewerb<br />
Geringe Wettbewerbsintensität<br />
(Produkte, Preise, Kommunikation)<br />
- Hohe Wettbewerbsintensität<br />
(Produkte, Preise, Kommunikation)<br />
Gleiche Kundenbedürfnisse - Völlig verschiedene Kundenbedürfnisse<br />
Gleichbleibende Kundenbedürfnisse - Schnelle Veränderung der Kundenbedürfnisse<br />
Ausschliesslich lokale Kunden - Ausschliesslich internationale Kunden<br />
3) Herstellerorganisation<br />
Standardisiertes Produktgeschäft - Komplexes Anlagengeschäft<br />
Grosse Herstellerorganisation - Kleine Herstellerorganisation<br />
Finanzstarkes Herstellerunternehmen - Finanzschwaches Herstellerunternehmen<br />
Viele Mitarbeiter <strong>für</strong> internationales Marketing<br />
und Vertrieb im Stammhaus<br />
- Wenige Mitarbeiter <strong>für</strong> internationales Marketing<br />
und Vertrieb im Stammhaus<br />
Langjährige internationale Erfahrung - Keine internationale Erfahrung des Herstellers<br />
Kleine Anzahl internationaler Vertriebspartner - Grosse Anzahl internationaler Vertriebspartner<br />
4) Lokale Vertriebsorganisation<br />
Kleine lokale Vertriebsorganisation - Grosse lokale Vertriebsorganisation<br />
Tochtergesellschaft - Selbstständige Vertretung<br />
Kleines Marktverantwortungsgebiet - Grosses Marktverantwortungsgebiet<br />
Verluste: Schlechter finanzieller Erfolg - Finanziell sehr erfolgreich<br />
Aufbau einer Marktpräsenz - Bereits langjährige Marktpräsenz<br />
Kurze Zusammenarbeit mit Zentrale - Langjährige Zusammenarbeit mit Zentrale<br />
5) Manager des lokalen Vertriebs<br />
Grosse Erfahrung in Branche und Geschäft - Keine Erfahrung in Geschäft<br />
Hohe Gesamtkompetenz (differenziert nach<br />
Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.)<br />
- Fehlende Kompetenzen (differenziert nach<br />
Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.)<br />
Im Umgang einfache Persönlichkeit - Komplizierte Persönlichkeit, schwierig im<br />
Umgang<br />
Hohe Verbundenheit mit dem<br />
Herstellerunternehmen<br />
- Geringe Verbundenheit mit dem<br />
Herstellerunternehmen<br />
Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen
102<br />
5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />
und ihre Beurteilung<br />
Kapitel 5<br />
5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit<br />
Um sich als Hersteller an den Erfordernissen der Vertriebspartner ausrichten zu können,<br />
ist es unerlässlich, die Gegenstände zu kennen, die vom Vertriebspartner zur Beurteilung<br />
der Zusammenarbeit herangezogen werden. In der Literatur besteht keinesfalls<br />
Einigkeit darüber, welche Elemente <strong>für</strong> die Beschreibung und Erklärung der Zusammenarbeit<br />
zwischen Organisationen heranzuziehen sind (s. Weinhold-Stünzi 1999,<br />
S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241; Hakansson 1982, S. 14 f.; Diller/Saatkamp<br />
2002, S. 240; Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.; Renz 1998, S. 216). In dieser Arbeit<br />
wird deshalb eine Kombination von sich ergänzenden Perspektiven vorgenommen, um<br />
ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten. Als Betrachtungsebenen werden die Austauschobjekte,<br />
die Geschäftsprozesse und die soziale Atmosphäre der Interaktion herangezogen<br />
(s. Abbildung 5-1). Abbildung 5-1 zeigt die Ebenen der Interaktion, die<br />
vom Vertriebspartner im Kontext der lokalen Situation beurteilt werden.<br />
Zentrale<br />
Austauschobjekte<br />
Geschäftsprozesse<br />
Soziale Atmosphäre<br />
Vertriebspartner<br />
Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />
Lokale<br />
Situation<br />
5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage<br />
Im Mittelpunkt einer Geschäftsbeziehung stehen sicherlich die Austauschobjekte derselben,<br />
nämlich Produkte und Leistungen, Finanzströme und Informationen<br />
(Weinhold-Stünzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241). Sie stellen die<br />
Grundlage <strong>für</strong> die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner dar, weil<br />
durch sie erst der Vertriebspartner die Verkaufsaufgabe übernehmen kann. Zu den speziellen<br />
Charakteristika der Austauschobjekte gehören in aller Regel der Umfang, die<br />
Qualität und der Zeitpunkt, so z. B. die Attraktivität der finanziellen Konditionen, der<br />
Zeitpunkt der Information oder die Menge der erbrachten Leistungen (s.<br />
Homburg/Rudolph 1998, S. 242.). Die Beurteilung von Produkten und Leistungen aus
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 103<br />
Sicht der Vertriebspartner erfolgt also nicht etwa alleine anhand deren Qualitäten und<br />
der Gestaltung, sondern ebenfalls anhand der bedarfsgerechten Bereitstellung<br />
(Tomczak 1997, S. 281).<br />
Finanzströme stellen das Pendant der Warenströme dar, weil durch diese die Wertigkeit<br />
der Warenströme ausgedrückt bzw. der Beitrag zu den monetären Zielen des Herstellers<br />
bemessen werden kann. Da ein Zahlungsstrom vom Vertriebspartner an den<br />
Hersteller <strong>für</strong> letzteren ganz im Gegensatz zum Vertriebspartner einen positiven Zielbeitrag<br />
bedeutet, stellt sich ein Interessenkonflikt ein. Der Wunsch nach besseren Konditionen<br />
ist damit mehr oder weniger systemimmanent.<br />
Unter Informationen werden in diesem Kontext verbale und nummerische Inhalte verschiedenster<br />
Natur verstanden (s. Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Zwischen Hersteller<br />
und Vertriebspartner werden insbesondere Informationen zu Anfragen, Bestellungen,<br />
Auskünften, Kundenwünschen etc., aber auch Fakturen, Mahnungen, Abrechnungen,<br />
Statistiken usw. ausgetauscht (Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Die interne Informationspolitik<br />
des Herstellers entscheidet, so z. B. im Vorfeld einer Sortimentsveränderung<br />
häufig darüber, wie lokal agiert und welche Schritte beim Kunden geplant werden<br />
können. Beim Hersteller ist tendenziell ein Defizit in Bezug auf marktbezogene<br />
Informationen zu beobachten, während lokal häufig interne Informationen über aktuelle<br />
Herausforderungen, die Strategien und das Vorgehen des Herstellers fehlen.<br />
5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion<br />
Neben den Austauschobjekten sind die Interaktionsprozesse zu betrachten, die als Abläufe<br />
die Zusammenarbeit bestimmen (s. Hakansson 1982, S. 14 f.). Aus Sicht des<br />
Vertriebspartners ergänzen die Zusammenarbeitsprozesse mit dem Hersteller die eigentlichen<br />
lokalen Kernprozesse des Vertriebs (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Aus<br />
diesem Grund wird der Vertriebspartner stets beurteilen, wie gut sich die Interaktionsprozesse<br />
mit dem Hersteller dazu eignen, die lokalen Prozesse zu unterstützen. Die<br />
Vertriebspartner nehmen die Zusammenarbeit mit dem Hersteller dabei vor allem<br />
durch die verschiedenen Schnittstellen wahr, die sie in gemeinsamen Prozessen mit<br />
der Zentrale verbinden.<br />
Allgemein können bei den Interaktionsprozessen permanente Geschäftsprozesse der<br />
täglichen Zusammenarbeit unterschieden werden von gemeinsamen Projekten, die mit<br />
dem Hersteller durchgeführt werden (Diller/Saatkamp 2002, S. 240; s. Abbildung 5-2,<br />
S. 104). Entscheidend ist nach Diller/Saatkamp (2002, S. 240) der Wiederholungszyk-
104<br />
Kapitel 5<br />
lus: Permanente Prozesse werden u.U. mehrere tausend Male wiederholt (z. B. Auftragsabwicklung)<br />
(Diller/Saatkamp 2002, S. 240), während projektbezogene Prozesse<br />
eher selten stattfinden (z. B. Softwareumstellung) und häufig in Projektform organisiert<br />
sind (Diller/Saatkamp 2002, S. 240).<br />
<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />
Lokale<br />
Prozesse<br />
permanent projektbezogen<br />
Marktbearbeitung<br />
Operativer<br />
Vertrieb<br />
Auftragsab<br />
-wicklung<br />
Abbildung 5-2: Lokale Prozesse des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs<br />
Kunden<br />
-service<br />
Bei den permanenten Vertriebsprozessen, die das lokale Tagesgeschäft darstellen, lassen<br />
sich Prozesse des lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong>s und operative Vertriebsaktivitäten<br />
unterscheiden. Das lokale <strong>Vertriebsmanagement</strong> kennzeichnet den Kernprozess der<br />
Koordination und Entwicklung sämtlicher Vertriebsaktivitäten innerhalb einer Niederlassung.<br />
Hierzu gehört das Rekrutieren und die Entwicklung von Mitarbeitern, die<br />
rechtliche Landesvertretung, aber auch die interne und marktbezogene Analyse, Planung,<br />
Steuerung und Kontrolle. Häufig liegen Kritikpunkte an der Unterstützung der<br />
Prozesse des lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> in unzureichenden oder inhaltlich ungenügenden<br />
Schulungen durch den Hersteller (Rosson 1977, S. 187) sowie umfangreiche<br />
Reportinganforderungen an die Vertriebspartner. Auch Entscheidungen über Erschliessung<br />
oder Selektion von Kundensegmenten, Streichung von Marken und Produkten<br />
und die Definition neuer Preiskorridore im Rahmen einer internationalen<br />
Preisharmonisierung gehören zu den Aufgaben des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s, die mit<br />
unterschiedlicher Stärke der Beteiligung gemeinsam mit dem Hersteller geplant und<br />
umgesetzt werden. Bei den operativen Vertriebsprozessen unterscheiden<br />
Belz/Reinhold (1999a, S. 120 ff.) die Marktbearbeitung, die Auftragsabwicklung und<br />
den Kundenservice. Insbesondere bei Gewährleistungsfragen entstehen bspw. häufig<br />
Schwierigkeiten, weil sich Mitarbeiter in der Zentrale nicht ausreichend engagieren<br />
und damit zu Nachteilen <strong>für</strong> eine weitere Bearbeitung durch den lokalen Vertriebspartner<br />
beitragen. Die Bedeutung der einzelnen Teilprozesse kann sich je nach Bran-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 105<br />
che stark unterscheiden (Belz/Reinhold 1999a, S. 125). So hat der Kundenservice im<br />
Anlagengeschäft, wo bspw. ganze Produktionsanlagen geliefert werden eine höhere<br />
Bedeutung als im Produktgeschäft. In diesem ist die Marktbearbeitung aus Sicht der<br />
Vertriebspartner zentral (Belz/Reinhold 1999a, S. 125 f.).<br />
Anders als die permanenten Aktivitäten werden projektbezogene Aktivitäten seltener<br />
und in unregelmässigen Abständen (meist in Projekten organisiert) durchgeführt. Eine<br />
besondere Bedeutung im Marketing und Vertrieb haben die Auswahl und Implementierung<br />
von IT-Systemen und Software, so z. B. zur Unterstützung der Absatz- und<br />
Produktionsplanung. Aber auch die Einführung neuer Produkte und Leistungen wird<br />
teilweise nicht in der bestehenden Organisation realisiert, sondern je nach der Bedeutung<br />
durch spezielle Projektteams begleitet (Ottum/Moore 1997, S. 258).<br />
Ottum/Moore (1997, S. 265) bestätigten in ihrer Studie, dass eine gute Zusammenarbeit<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartnern, insbesondere der Informationsfluss<br />
zwischen den Beteiligten, die Misserfolgswahrscheinlichkeit einer Markteinführung<br />
erheblich senken können.<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei den projektbezogenen Aktivitäten aus Sicht<br />
der Vertriebspartner insbesondere die Unsicherheit und die Vorteilhaftigkeit von bevorstehenden<br />
Veränderungen eine Rolle spielen. Eine ungenügende Betreuung durch<br />
den Hersteller in der Lancierungsphase von Projekten wirkt sich nach Belz/Reinhold<br />
(1999a, S. 91) fatal aus und ist häufig nicht mehr zu korrigieren. Allerdings muss insbesondere<br />
bei den projektbezogenen Aktivitäten darauf hingewiesen werden, dass<br />
Schwierigkeiten in der Umsetzung und Misserfolg beim Erreichen der gewünschten<br />
Projektziele keineswegs spezifische Probleme von Vertriebsorganisationen darstellen.<br />
Vielmehr sind Änderungsresistenz und mangelnde Flexibilität der Mitarbeiter bei der<br />
Implementierung organisationaler Veränderungen in sämtlichen Bereichen des Unternehmens<br />
zu beobachten (s. Gaßner 1999, S. 2; Hammer/Champy 1994, S. 260). Allenfalls<br />
verstärken die geografischen, kulturellen und sprachlichen Distanzen zwischen<br />
Hersteller und Vertriebspartner auftretende Probleme. Belz/Reinhold (1999a, S. 91)<br />
betonen, dass das Verhältnis zwischen eingeführten und beibehaltenen Neuerungen im<br />
internationalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> kritischer ist als in jedem anderen Bereich des<br />
Marketing (Belz/Reinhold 1999a, S. 91). So versanden zahlreiche Initiativen, Vorgaben<br />
und neue Formen der Zusammenarbeit still (Belz/Reinhold 1999a, S. 91) oder<br />
entwickeln sich zu gefährlichen Problem- oder Krisenherden.
106<br />
Kapitel 5<br />
5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion<br />
Als dritter Typ von Beurteilungsgegenständen sind Merkmale der sozialen Interaktion<br />
zu nennen, die im Folgenden unter dem Begriff „Transaktionsatmosphäre“ zusammengefasst<br />
werden (s. Renz 1998, S. 216; Hakansson 1982, S. 369; Calaminus 1994,<br />
S. 100 ff.). Diesem „weichen“ Faktor kommt bei der Beurteilung ein nicht zu unterschätzendes<br />
Gewicht zu, da er als „catch all“ Variable in erheblichem Masse das Urteil<br />
über die beiden anderen Ebenen der Interaktion mit beeinflusst und gleichzeitig selbst<br />
wesentlich durch diese bestimmt wird (Calaminus 1994, S. 103 f.; Hakansson 1982, S.<br />
21). Die Atmosphäre bezeichnet eine soziale Ebene der Interaktion, die durch Aspekte<br />
wie bspw. Macht, Offenheit, Vertrauen und Erwartungen geprägt wird (s. Hakansson<br />
1982, S. 21). Tomczak (1997, S. 277) spricht in diesem Zusammenhang von der<br />
Transaktionsatmosphäre, die u. a. darüber entscheidet, wie beide Partner Spielräume<br />
nutzen, die ausserhalb der vereinbarten und messbaren Bereiche existieren. Die Atmosphäre<br />
wird insbesondere durch die im Laufe der Zeit gesammelten gegenseitigen Erfahrungen<br />
und die damit verbundenen Adaptionsprozesse geprägt (Tomczak 1997, S.<br />
277; Hakansson 1982, S. 17 f.). Die Transaktionsatmosphäre fördert damit routinemässige<br />
Informationsflüsse und die Bildung verlässlicher Erwartungen (Hakansson<br />
1982, S. 18).<br />
In der Beziehung zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und internationalen Vertriebspartnern<br />
sind folgende Elemente <strong>für</strong> die Atmosphäre von besonderer Bedeutung: Die<br />
Macht und die Abhängigkeiten, die Konflikte und das Kooperationsverhalten, die Information<br />
und die Kommunikation, die Offenheit und das Vertrauen sowie die Nähe,<br />
die Verbundenheit und das Zugehörigkeitsgefühl (Hakansson 1982, S. 21). Diese Variablen<br />
sind dabei interdependent und können je nach Situation zu vor- und nachteiligen<br />
Effekten <strong>für</strong> die Interaktion führen (s. Hakansson 1982, S. 21).<br />
Eine besondere Rolle im Verhältnis zwischen Herstellerunternehmen und internationalen<br />
Vertriebspartnern scheint das Zugehörigkeitsgefühl des Vertriebspartners zur Herstellerorganisation<br />
oder zum lokalen Markt und den Kunden zu spielen.<br />
Andersson/Forsgren (1996, S. 487) fanden bei einer Untersuchung von 78 Tochtergesellschaften<br />
schwedischer Unternehmen heraus, dass der Einfluss der Zentrale abnimmt,<br />
je höher sich Vertriebspartner ihren Kunden zugehörig („embedded“) fühlen<br />
(Andersson/Forsgren 1996, S. 487). Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass der Grad<br />
der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig grösser ist als intern<br />
zur Mutter (Andersson/Forsgren 1996, S. 504). Mitarbeiter in Tochtergesellschaften<br />
empfinden deshalb die Kontrolle durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 107<br />
durch das Headquarters. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von<br />
Williamson (1991; 1975) aufgegriffen, die den Vertriebspartner im Spannungsfeld<br />
„zwischen Markt und Hierarchie“ einordnen (Williamson 1991; Williamson 1975).<br />
Für den Hersteller resultiert hieraus ein Zielkonflikt: Einerseits ergeben sich aus der<br />
„Embeddedness“ des Vertriebspartners, die auch als Dichte des Netzwerkes im lokalen<br />
Markt beschrieben werden kann (Andersson/Forsgren 1996, S. 492), erhebliche Vorteile,<br />
so z. B. mehr Verkäufe und höhere Eintrittsbarrieren <strong>für</strong> die Konkurrenz. Andererseits<br />
muss die Zentrale mit zunehmender lokaler Verwurzelung ihrer Niederlassung<br />
eine schwindende Einflussmöglichkeit hinnehmen (Andersson/Forsgren 1996, S. 491).<br />
Auch sinkt mit steigender Embeddedness das Vertrauen des Vertriebspartners in die<br />
Zentrale (Granovetter 1985, S. 490). Benno Birke, Geschäftsführer des Hydraulik-<br />
Systemherstellers Hoerbiger-Origa Systems spricht vom „Kundensumpf“, in dem sich<br />
insbesondere ältere Vertriebspartner befinden. Diese stehen der Zentrale häufig nicht<br />
gesprächsbereit und offen gegenüber, sondern verstehen sich als „Anwälte des Kunden“.<br />
Tomczak (1997, S. 289) beschreibt mögliche Varianten der sozialen Atmosphäre auf<br />
einem Kontinuum zwischen der „vertrauensvollen Partnerschaft“ und einer „von Misstrauen<br />
geprägten Zweckgemeinschaft“. Je nach Ausprägung der Atmosphäre sind Unterschiede<br />
in der Interaktion zu beobachten (Hakansson 1982, S. 21). Im Fall einer<br />
„vertrauensvollen Partnerschaft“ werden beide Parteien auf explizite und ausgefeilte<br />
Kontroll-, Überwachungs- und Sicherungsmechanismen verzichten. Da eine Übervorteilung<br />
der anderen Partei ausgeschlossen wird, kann in der Interaktion auf ständige<br />
und langwierige sowie <strong>für</strong> beide Seiten kostspielige Verhandlungsprozesse verzichtet<br />
werden (Tomczak 1997, S. 289). Das Machtverhältnis zwischen den Parteien wird von<br />
Tomczak (1997, S. 289) bei diesen Überlegungen nicht explizit eingeschlossen. Nach<br />
den Ergebnissen von Gaski (1984) und Geyskens et al. (1999) ist jedoch zu vermuten,<br />
dass zwar nicht das Machtverhältnis, jedoch die Ausübung von Macht zu Konflikten<br />
führt. Diese senken wiederum das lokale Vertrauen und die Verbundenheit mit dem<br />
Herstellerunternehmen (s. auch Coughlan et al. 2001, S. 245; Schögel/Tomczak 1995,<br />
S. 45).<br />
5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis<br />
5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner<br />
Die konzeptionelle Differenzierung der Beurteilungsgegenstände in Austauschobjekte,<br />
Interaktionsprozesse und die soziale Transaktionsatmosphäre zeigt zweierlei. Zum ei-
108<br />
Kapitel 5<br />
nen wird deutlich, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner<br />
verschiedene Betrachtungsebenen erfordert und damit eine hohe inhaltliche Komplexität<br />
aufweist. Zum anderen kann keine Gruppe von Beurteilungsgegenständen<br />
sämtliche Elemente der Zusammenarbeit ausreichend erfassen. Abbildung 5-3 gibt<br />
noch einmal einen Überblick über die drei Gruppen von Beurteilungsgegenständen.<br />
Austauschobjekte Geschäftsprozesse Soziale Atmosphäre<br />
Produkte und<br />
Leistungen<br />
Geld<br />
Information<br />
<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />
Lokale<br />
Prozesse<br />
permanent projektbezogen<br />
Marktbearbeitung<br />
Operativer<br />
Vertrieb<br />
Auftragsab<br />
-wicklung<br />
Kunden<br />
-service<br />
Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />
Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der<br />
Zusammenarbeit<br />
Hersteller<br />
Verbundenheit<br />
Offenheit<br />
Kulturelle<br />
Ehrlichkeit<br />
Nähe Respekt<br />
Rollen<br />
Sympathie<br />
Misstrauen<br />
Macht<br />
Verständnis<br />
Es ist davon auszugehen, dass Vertriebspartner in der Realität alle drei Gruppen in ihre<br />
Beurteilung integrieren. Denn bei genauem Hinsehen fällt auch auf, dass die gewählten<br />
Perspektiven Überschneidungen zulassen. So sind bspw. informationsbezogene<br />
Teilaspekte, wie z. B. „der Zeitpunkt der Information bei Lieferengpässen“ inhaltlich<br />
weder eindeutig dem Austauschobjekt „Information“ noch den Prozessen zuzuordnen,<br />
so z. B. den Teilprozessen „Auftragsabwicklung“ und „Lieferung“. Zu beiden Gruppen<br />
von Beurteilungsgegenständen bestehen also inhaltliche Verknüpfungen.<br />
Umso konkreter die Teilaspekte der Zusammenarbeit sind und umso geringer folglich<br />
der Abstraktionsgrad ist, desto weniger ist es möglich die Teilaspekte eindeutig zuzuordnen.<br />
Soziale Aspekte verschmelzen mit prozessbezogenen Aspekten, da soziale<br />
Schwierigkeiten der Betroffenen in den Prozessen der Zusammenarbeit auftreten und<br />
wahrgenommen werden. Ebenso werden die Austauschobjekte häufig in dem prozessualen<br />
Kontext beurteilt, in dem sie von Bedeutung sind. So beurteilen Vertriebspartner<br />
bspw. hohe Preisvorgaben in Bezug auf die Marktbearbeitung negativ, die Zahlungsbedingungen<br />
hingegen spielen beim Prozess der Auftragsabwicklung eine entscheidende<br />
Rolle.<br />
Vertriebspartner
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 109<br />
Um die Querbeziehungen zwischen den verschiedenen Bezugspunkten der Beurteilung<br />
(s. Abbildung 5-3) möglichst vollständig zu erfassen und realitätsnah zu berücksichtigen,<br />
wurde auf Interviews von Praktikern zurückgegriffen. Für den Kontext der vorliegenden<br />
Untersuchung konnten im Rahmen der explorativen Einzelinterviews (s.<br />
Absatz 2.4.2.1, S. 37) 56 Teilaspekte erfasst werden, die in den verschiedenen Unternehmen<br />
als wichtige inhaltliche Aspekte der Zusammenarbeit gesehen werden und<br />
Gegenstand deren Beurteilung sind. Auf Basis der Arbeit von Ruekert/Churchill Jr.<br />
(1984) und den Hinweisen im Rahmen des zweistufigen Pretests (s. Absatz 2.4.2.2, S.<br />
39 ff.) verblieben letztlich 43 konkrete Teilaspekte, welche die Zusammenarbeit konkret<br />
beschreiben. Diese sind in Tabelle 5-1 dargestellt und wurden auf Basis inhaltlicher<br />
Gemeinsamkeiten zunächst grob strukturiert. Um inhaltliche Verzerrungen auszuschliessen,<br />
sind sämtliche Aspekte im englischen Wortlaut aufgeführt. Um den Überblick<br />
zu erleichtern, wurden die Teilaspekte verkürzt, die ausführliche Benennung der<br />
Indikatoren ist aus dem Fragebogen im Anhang D (S. 353) ersichtlich. Weiterhin wurde<br />
versucht, die einzelnen Teilaspekte den Beurteilungsgegenständen zuzuordnen (AO<br />
= Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre). Hierbei zeigen sich die<br />
angesprochenen inhaltlichen Überschneidungen besonders deutlich, - eine eindeutige<br />
inhaltliche Zuordnung ist in vielen Fällen nicht möglich.<br />
Gegenstand Gegenstand<br />
Teilaspekte (englisch) AO PR SA Teilaspekte (englisch) AO PR SA<br />
Products and services…<br />
Order handling...<br />
New product market<br />
Order handling by the<br />
opportunities manufacturer<br />
The width of the products and<br />
Meeting of promised delivery<br />
services offered dates<br />
Overall quality and design of<br />
products and services<br />
Availability of products and parts<br />
Frequency of introducing new<br />
Handling of damaged products/<br />
products or services warranty cases<br />
Support with manuals, handbooks<br />
etc. Social interaction...<br />
Promotional and general<br />
Overall fairness and honesty of<br />
support…<br />
manufacturer<br />
Technical and commercial train-<br />
Interest of the manufacturer<br />
ing offered<br />
helping to accomplish your goals<br />
Sales promotion material and<br />
Overall manner you were treated<br />
product documentations by manufacturer<br />
Internal coordination of market-<br />
Clearness of responsibilities and<br />
ing-instruments number of contact persons<br />
IT-support and access to the<br />
Culture and treating of your<br />
manufacturer’s IT-systems values...<br />
Information about competition,<br />
Dealing with your local customs<br />
market and customers and values<br />
Relationship with the manufac- Way of respecting and treating
110<br />
turer’s sales representative your culture<br />
Support during local<br />
price wars<br />
Understanding your language<br />
Similarity of your values and<br />
Financial conditions...<br />
the manufacturer’s<br />
Profits generated from manufac-<br />
Dealing with different time zones<br />
turer’s product lines and distances<br />
Sales growth potential from<br />
Information and communica-<br />
manufacturer’s product lines<br />
tion behavior...<br />
Manufacturer credit policies<br />
Information about<br />
bottlenecks<br />
The manufacturer’s overall pay-<br />
Number, design and usefulness<br />
ing behavior of documents/forms<br />
Customer financing programs<br />
Response times to your<br />
requests<br />
Incentive programs (bonuses,<br />
contests, trips)<br />
Availability in emergency cases<br />
Inter-/Intracompany prices of<br />
Frequency of exchanging<br />
products and services<br />
information<br />
Manner of determining budgets<br />
Informal exchange of informa-<br />
and prices<br />
tion<br />
Sharing of joint project costs<br />
Customer and market-<br />
(tradeshows etc.) information, demanded<br />
Financial reporting required by<br />
Timeliness and completeness of<br />
the manufacturer information you get<br />
Beurteilungsgegenstände: AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre<br />
Stärke des inhaltlichen Bezugs zu Beurteilungsgegenständen:<br />
= Kein Bezug, = Starker Bezug, = Mittlerer Bezug<br />
Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung<br />
Kapitel 5<br />
Die in Tabelle 5-1 aufgelisteten Teilaspekte lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten<br />
zu sieben Gruppen zusammenfassen. Die Gruppen „Produkte und Services“,<br />
„Soziale Interaktion“, „Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ stimmen<br />
dabei inhaltlich mit den empirischen Ergebnissen von Ruekert/Churchill Jr. (1984, S.<br />
229) überein. Hinzu kommen eine logistische Gruppe „Auftragsabwicklung“, eine<br />
Gruppe „Kultur und Werte“ sowie eine Gruppe mit Aspekten der „Information und<br />
Kommunikation“.<br />
5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
Auf Basis der in Tabelle 5-1 (S. 110) vorgestellten Teilaspekte der Zusammenarbeit<br />
konnte die Zusammenarbeit mit Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern aus Sicht europäischer<br />
Vertriebspartner beurteilt werden. Für einen Überblick zu Details der Studie sei<br />
an dieser Stelle auf die Darstellung in Absatz 2.4.2.2 (S. 39 ff.; Vertriebsbefragung<br />
2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) verwiesen.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 111<br />
Für die Beurteilung war neben den inhaltlichen Teilaspekten der Zusammenarbeit ein<br />
Mass zu finden, das die Entsprechung von Erwartung und Wahrnehmung in Bezug auf<br />
die Teilaspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner erfasst. Dazu wurde<br />
wiederum auf eine direkte Zufriedenheitsmessung zurückgegriffen, die als Ergebnis<br />
zwischen der erwarteten und der wahrgenommenen Ausprägung des beurteilten Teilaspektes<br />
zu interpretieren ist. Eine hohe Zufriedenheit spiegelt also die Situation wider,<br />
in der die wahrgenommene Ausprägung die Erwartungen übersteigt.<br />
Um weiterhin eine Priorisierung zwischen den Teilaspekten vornehmen zu können,<br />
wurde <strong>für</strong> jeden Teilaspekt die Bedeutung <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit erfasst. So<br />
kann vermieden werden, dass man sich fälschlicherweise auf Teilaspekte konzentriert<br />
bei denen zwar eine hohe Unzufriedenheit besteht, die aber <strong>für</strong> die eigentliche Geschäftstätigkeit<br />
eine eher nachrangige Bedeutung besitzen.<br />
Abbildung 5-4 zeigt solche Teilaspekte der Zusammenarbeit mit Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern,<br />
bei denen diese aus Sicht ihrer europäischen Vertriebspartner besonders<br />
stark oder besonders schwach beurteilt wurden.<br />
Fairness und Ehrlichkeit<br />
des Herstellers.<br />
Gesamte Art und Weise,<br />
in der Sie behandelt werden.<br />
Qualität und Design von<br />
Produkten und Services.<br />
Umgang des Herstellers mit<br />
Zeitzonen und Distanzen.<br />
Angebotsbreite von<br />
Produkten und Services.<br />
Bedeutung<br />
Zufriedenheit<br />
Stärken Schweizerischer<br />
<strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
Sehr<br />
unzufrieden<br />
Zufriedenheit<br />
indifferent<br />
Sehr<br />
zufrieden<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
5.87<br />
5.29<br />
6.18<br />
4.17<br />
5.66<br />
5.42<br />
5.27<br />
5.19<br />
5,16<br />
5.60<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
geringe<br />
Bedeutung<br />
hohe<br />
Verrechnungspreise <strong>für</strong><br />
Produkte und Leistungen.<br />
Schwächen Schweizerischer<br />
<strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
Informationspolitik im<br />
Fall von Engpässen.<br />
Informationen über<br />
Konkurrenz und Kunden.<br />
Incentive-Programme<br />
(Boni, Wettbewerbe,...).<br />
Finanzierungsprogramme<br />
<strong>für</strong> Kunden.<br />
Sehr<br />
unzufrieden<br />
Zufriedenheit<br />
indifferent<br />
Sehr<br />
zufrieden<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
5.11<br />
5.80<br />
5.36<br />
4.37<br />
4.09<br />
3.91<br />
4.24 3.87<br />
4.22<br />
3.99<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
geringe<br />
Bedeutung<br />
hohe<br />
Stärken: Fünf Teilaspekte mit den höchsten Zufriedenheitswerten<br />
Schwächen: Fünf Teilaspekte mit den niedrigsten Zufriedenheitswerten n = 240<br />
Abbildung 5-4: Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Eine hohe Zufriedenheit besteht bei Aspekten der sozialen Atmosphäre und dem Produkt-<br />
und Leistungsangebot. Die Fairness und die Ehrlichkeit sowie die Art und Weise,<br />
in der Hersteller ihre Vertriebspartner behandeln, erhalten die höchste Zufriedenheit.<br />
Aus Sicht der Vertriebspartner kommt diesen Teilaspekten ebenfalls eine beson-
112<br />
Kapitel 5<br />
ders hohe Bedeutung zu. Die Qualität und das Design von Produkten und Leistungen<br />
erhält jedoch von sämtlichen Aspekten die höchste Bedeutung. Gleichzeitig zeigen<br />
sich die Vertriebspartner mit diesem Aspekt äusserst zufrieden. Auch mit der Sortimentsbreite<br />
der Hersteller besteht eine hohe Zufriedenheit, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />
ebenfalls <strong>für</strong> das lokale Geschäft wichtig zu sein scheint. Lediglich dem Aspekt<br />
„Umgang mit verschiedenen Zeitzonen und geografischen Distanzen“ kommt aus<br />
Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise geringere Bedeutung zu, während<br />
grundsätzlich eine hohe Zufriedenheit besteht. Gründe hier<strong>für</strong> können in der Tatsache<br />
liegen, dass die Effekte der europäischen Distanzen und der geringen Zeitverschiebung<br />
nicht so stark ins Gewicht fallen, wie dies bei amerikanischen und asiatischen<br />
Vertriebspartnern der Fall sein könnte.<br />
Die Schwächen der betrachteten <strong>Industriegüter</strong>hersteller bestehen in den Teilaspekten,<br />
bei denen die höchste Unzufriedenheit besteht. Hierzu gehören insbesondere Aspekte<br />
der Informationspolitik und der finanziellen Konditionen. Der Information im Fall von<br />
Engpässen wie Lieferverzögerungen und technischen Schwierigkeiten wird das grösste<br />
Gewicht zugemessen. Gründe hier<strong>für</strong> liegen sicherlich in der Bedeutung der Liefertreue,<br />
die aus Kundensicht häufig wichtiger ist, als die Dauer bis zur Auslieferung.<br />
Obwohl die grössten Unzufriedenheiten der Vertriebspartner im Bereich der Finanzierungsprogramme<br />
<strong>für</strong> Kunden und der Incentivierung durch den Hersteller bestehen,<br />
messen die Vertriebspartner diesen beiden Teilaspekten eine vergleichsweise geringe<br />
Bedeutung zu. Eine besondere Beachtung verdienen die Höhe der Verrechnungspreise.<br />
Ihnen kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu,<br />
jedoch besitzen sie den fünfniedrigsten Zufriedenheitswert aller 43 eingeschlossenen<br />
Indikatoren. Allerdings überrascht dieses Ergebnis wenig, da Schweizer Hersteller<br />
aufgrund ihrer komparativ hohen Produktionskosten eher auf die Wettbewerbsstrategie<br />
der Qualitätsführerschaft setzen, die hohe Preise rechtfertigt und daher im Niedrigpreissegment<br />
weniger konkurrenzfähig sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37).<br />
5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre Kontextabhängigkeit<br />
5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung<br />
Bei der qualitativen Analyse der vielfältigen Aspekte, die von Vertriebspartnern zur<br />
Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden, konnten bereits erste inhaltliche<br />
Zusammenhänge zwischen den Teilkriterien der Beurteilung aufgezeigt werden.<br />
Ebenfalls wurde in Tabelle 5-1 (S. 110) bereits eine erste inhaltliche Gruppierung vor-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 113<br />
genommen, die jedoch lediglich auf subjektiven Einschätzungen in Bezug auf die inhaltliche<br />
Nähe der Aspekte beruht.<br />
Hierauf aufbauend wurde deshalb versucht, die Daten der quantitativ-empirischen Erhebung<br />
(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39) zu nutzen, um die Dimensionen der Beurteilung<br />
durch Vertriebspartner mittels multivariater Analyseverfahren zu errechnen (s. Vertriebsbefragung<br />
2004, Tabelle 2-3, S. 37). Gegenstand waren die in der qualitativen<br />
Analyse ermittelten 43 Teilaspekte der Zusammenarbeit (s. Tabelle 5-1, S. 110). Diese<br />
wurden durch siebenstufige Ratingskalen und verbal umschriebene Pole („Very dissatisfied“<br />
– „Very satisfied“) in Anlehnung an das Vorgehen von Homburg/Rudolph<br />
(1998, S. 250) erfragt. Ziel war es, eine Skala zu entwickeln, mit der die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner (im Weiteren „SALESSAT“ von „SALESpartner SATisfaction“)<br />
und deren Dimensionen gemessen werden können.<br />
Der erste Schritt, um die Dimensionalität der Beurteilung zu ermitteln, war eine explorative<br />
Faktorenanalyse. Im vorliegenden Fall wurde auf eine Hauptachsenanalyse zurückgegriffen,<br />
da die Faktoren gefunden werden sollten, die <strong>für</strong> die Beurteilung der<br />
Zusammenarbeit verantwortlich sind (Backhaus et al. 2000b, S. 286). Um die Unabhängigkeit<br />
der gesuchten Dimensionen zu sichern, wurde eine rechtwinklige Varimax-<br />
Rotation durchgeführt. Ergänzend wurde die von Homburg/Rudolph (1998, S. 253)<br />
vorgeschlagene schiefwinklige Oblimin-Rotation eingesetzt, um die Methodeninvarianz<br />
des Vorgehens zu untersuchen (s. Bühner 2004, S. 166). Bei maximaler Korrelation<br />
zwischen den Faktoren (delta = 0) führt diese zur selben Faktorenstruktur wie die<br />
rechtwinklige Rotation, allerdings fallen die Faktorladungen nicht so deutlich aus (s.<br />
Anhang I, S. 372).<br />
Die explorative Faktorenanalyse bestätigte die aus qualitativen Überlegungen postulierte<br />
siebendimensionale Struktur, erforderte jedoch die Elimination einer grossen<br />
Anzahl von Indikatoren (s. Tabelle 5-2, S. 115). Konnten einzelne Indikatoren keinem<br />
Faktor zugeordnet werden oder liessen sie sich nicht eindeutig nur einem Faktor zuordnen,<br />
so wurden diese eliminiert (s. Churchill Jr. 1979, S. 69). Als Eliminationskriterium<br />
im Rahmen der explorativen Faktorenanalyse sollte eine Faktorladung nicht<br />
unter einem Schwellenwert von .50 liegen, bzw. nicht mehr als eine Faktorladung von<br />
über .50 bei einem Indikator existieren (Backhaus et al. 2000b, S. 269 f.). Insgesamt<br />
wurden bei der Analyse schrittweise eine Anzahl von insgesamt 20 Indikatorvariablen<br />
ausgeschlossen. Die Faktorladungsmatrix der verbleibenden 23 Indikatoren weist eine<br />
hohe Eignung auf. Lediglich die Indikatorvariable „Manufacturer credit policies“ zeigt<br />
eine geringfügige Unterschreitung des von Backhaus et al. (2000b, S. 286) geforderten
114<br />
Kapitel 5<br />
Mindestwertes. Jedoch erfüllt diese das so genannte Fürntratt-Kriterium (Fürntratt<br />
1969, S. 66), nach dem ein Item dann einem Faktor zugeordnet werden sollte, wenn<br />
die quadrierte Ladung mindestens 50 Prozent der Itemkommunalität erklärt. Dies ist<br />
im vorliegenden Fall offensichtlich gegeben.<br />
Faktoren und Faktorladungen<br />
(nach rechtwinkliger Rotation)<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
New product market<br />
opportunities<br />
.587 .191 .204 .172 .118 .120 .070<br />
The width of the products and<br />
services offered<br />
.653 .070 .137 -.004 .119 .011 .177<br />
Quality and design of products<br />
and services<br />
.533 .249 .144 -.089 .124 .057 .260<br />
Frequency of introducing new<br />
products or services<br />
.572 .043 .077 .158 .181 .024 -.004<br />
Order handling by<br />
manufacturer<br />
.138 .631 .172 .175 .256 .203 .090<br />
Meeting of promised<br />
delivery dates<br />
.063 .683 -.010 .045 .162 .149 .246<br />
Availability of products and<br />
replacement parts<br />
.246 .712 .023 .073 .144 .075 .163<br />
Support with manuals,<br />
handbooks, etc.<br />
.376 -.036 .651 .044 .149 .098 .245<br />
Sales promotion material and<br />
documentations<br />
.255 .146 .644 .140 .176 .085 .091<br />
Manufacturer credit<br />
policies<br />
.031 .049 -.013 .437 .159 .149 .205<br />
Customer financing<br />
programs<br />
.095 .084 .095 .711 .034 .066 .042<br />
Incentive programs (bonuses,<br />
contests, trips)<br />
.067 .068 .071 .647 .120 .150 .087<br />
Sales support relationship with<br />
the sales rep<br />
.310 .160 .280 .125 .507 .097 .178<br />
Overall fairness and honesty of<br />
manufacturer<br />
.144 .217 .140 .062 .658 .195 .294<br />
Interest and concern<br />
to help you<br />
.218 .207 .101 .149 .679 .152 .126<br />
Overall manner you were<br />
treated<br />
.143 .133 .057 .142 .739 .141 .140<br />
Dealing with your local customs<br />
and values<br />
.278 .176 -.036 .150 .095 .625 .200<br />
Way of respecting and treating<br />
your local culture<br />
.216 .136 -.079 .099 .335 .712 .274<br />
Understanding your<br />
language<br />
-.136 .031 .180 .163 .044 .612 -.151<br />
Similarity of your values and<br />
the manufacturer’s<br />
.003 .269 .172 .142 .234 .509 .194<br />
Manufacturer's response times<br />
to your requests<br />
.173 .295 .143 .143 .144 .189 .571<br />
Timeliness of receiving neces- .173 .211 .084 .172 .216 .008 .679
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 115<br />
sary information<br />
Completeness of information<br />
you get<br />
Tabelle 5-2: Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der<br />
23 Zufriedenheitsindikatoren<br />
.150 .161 .181 .162 .292 .142 .577<br />
In einem nächsten Schritt wurde mit Hilfe des Cronbachschen Alphas die Reliabilität<br />
jeder einzelnen Dimension separat untersucht. Sämtliche Dimensionen zeigten im<br />
Rahmen dieser Reliabilitätsanalyse sehr zufrieden stellende α-Werte, die teilweise<br />
deutlich höher lagen als der von Nunnally (1978, S. 245) vorgeschlagene Richtwert<br />
von .70. Die anschliessende erneute einfaktorielle explorative Faktorenanalyse ergab<br />
bei allen Dimensionen die gewünschte Einfaktorenlösung, die erklärte Gesamtvarianz<br />
lag in allen Fällen höher als die von Homburg/Giering (1996, S. 12) geforderten 50<br />
Prozent. Es gab demnach keinen Grund, weitere Indikatoren aus der Analyse auszuschliessen.<br />
In einem letzten Schritt schliesslich wurde jede einzelne Dimension noch einmal mit<br />
Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse untersucht. Der Faktor 3 „Marketingund<br />
Verkaufssupport“ musste von dieser Betrachtung ausgeschlossen werden, da eine<br />
Anzahl von zwei Indikatorvariablen eine negative Anzahl von Freiheitsgraden besitzt.<br />
Für die restlichen Dimensionen kam als Schätzverfahren wiederum die robuste Maximum-Likelihood-Methode<br />
zum Einsatz. Bei der Schätzung erwiesen sich sämtliche<br />
Regressionsgewichte auf dem 1-Prozent-Niveau als signifikant. Sämtliche Indikatorreliabilitäten<br />
lagen deutlich über dem geforderten Wert von .40 (Homburg/Baumgartner<br />
1995a, S. 170). Lediglich die Indikatorreliabilität des Indikators „Similarity of your<br />
values and the manufacturer’s“ erreichte nur knapp den geforderten Wert, wurde aber<br />
ebenfalls aus Gründen der Inhaltsvalidität beibehalten. Die durchschnittliche erfasste<br />
Varianz und die Faktorreliabilitäten erreichten in allen Fällen die Mindesthöhe von .50<br />
bzw. .60 (Jensen 2001, S. 95 f.; Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Für eine zusammenfassende<br />
Darstellung der Gütekriterien erster und zweiter Generation sei an<br />
dieser Stelle noch einmal auf Tabelle 3-2 (S. 62) verwiesen.<br />
Tabelle 5-3 (S. 116) stellt noch einmal sämtliche Gütekriterien der siebenfaktoriellen<br />
SALESSAT-Skala mit den verbleibenden 23 Indikatoren dar. Der Vollständigkeit halber<br />
sind auch einige Gütekriterien der ersten Generation aufgeführt. Es bleibt festzuhalten,<br />
dass sich die Faktorenstruktur der quantitativen Datenanalyse ausgesprochen<br />
gut mit den Vermutungen aus der qualitativen Analyse (s. Tabelle 5-1, S. 110) deckt.
116<br />
Faktor 1:<br />
”Produkte und<br />
Leistungen”<br />
Faktor 2:<br />
”Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und<br />
Lieferung”<br />
Faktor 3:<br />
”Marketingsupport“<br />
Kapitel 5<br />
Indikator IR T I/T CA FR DEF<br />
New product market opportunities .53 6.13 .57<br />
The width of the products and<br />
services offered<br />
Quality and design of products and services<br />
.46<br />
.54<br />
7.40<br />
8.64<br />
.55<br />
.55<br />
.79 .80 .51<br />
Frequency of introducing new<br />
products or services<br />
.45 8.41 .49<br />
Order handling by manufacturer .55 11.82 .65<br />
Meeting of promised delivery dates .59 12.88 .66<br />
Availability of products and replacement<br />
parts<br />
.61 12.53 .67<br />
.81 .81 .59<br />
Support with manuals, handbooks, etc. -* -* .57<br />
Sales promotion material and<br />
documentations<br />
-* -* .57<br />
.72 -* -*<br />
Faktor 4:<br />
”Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
Manufacturer credit policies<br />
Customer financing programs<br />
Incentive programs (bonuses, contests,<br />
trips)<br />
.48<br />
.57<br />
.63<br />
5.99<br />
7.70<br />
6.72<br />
.49<br />
.52<br />
.64<br />
.78 .79 .56<br />
Sales support relationship with the sales rep .47 11.20 .61<br />
Faktor 5:<br />
”Soziale Inter-<br />
Overall fairness and honesty of<br />
manufacturer<br />
.52 11.94 .64<br />
.84 .84 .57<br />
aktion“ Interest and concern to help you .63 13.47 .72<br />
Overall manner you were treated .63 13.42 .71<br />
Dealing with your local customs and values .58 7.23 .56<br />
Faktor 6:<br />
”Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Way of respecting and treating your<br />
local culture<br />
Understanding your language<br />
.74<br />
.47<br />
4.10<br />
10.42<br />
.61<br />
.61<br />
.82 .82 .54<br />
Werten“ Similarity of your values and the<br />
manufacturer’s<br />
.35 9.50 .56<br />
Faktor 7:<br />
”Informations-<br />
Manufacturer's response times to<br />
your requests<br />
.49 10.85 .61<br />
und Kommunikations<br />
Timeliness of receiving necessary<br />
information<br />
.75 13.49 .70<br />
.79 .80 .57<br />
verhalten“ Completeness of information you get .48 10.75 .60<br />
IR = Indikatorreliabilität, t = t-Wert der Faktorladung, I/T = Item-to-Total-Korrelation,<br />
CA = Cronbachsches Alpha, FR = Faktorreliabilität, DEF = Durchschnittlich erfasste Varianz,<br />
* Bei zwei Indikatoren ist die Berechnung dieser Masse nicht möglich.<br />
Tabelle 5-3: Gütekriterien erster und zweiter Generation <strong>für</strong> die SALESSAT-Skala<br />
5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen<br />
Jede einzelne Dimension der SALESSAT-Skala stellt einen inhaltlichen Schwerpunkt<br />
der Zusammenarbeit und damit gleichzeitig einen Ansatzpunkt <strong>für</strong> mögliche Massnahmen<br />
des Herstellers dar. Die SALESSAT-Skala ermöglicht es, die Dimensionen<br />
der Zusammenarbeit messbar zu machen und im Zeit- oder Unternehmensvergleich
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 117<br />
einzusetzen. Für den Einsatz im Unternehmensvergleich liegen dem Autor bereits erste<br />
Erfahrungen vor.<br />
Neben der Zufriedenheitsbeurteilung spielt aus Sicht der Vertriebspartner die unterschiedliche<br />
Bedeutung der Dimensionen <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit eine wichtige<br />
Rolle. Die Bedeutung <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit wurde neben der Zufriedenheit<br />
ebenfalls <strong>für</strong> sämtliche Teilaspekte der Zusammenarbeit erhoben. Auch hierzu wurde<br />
auf eine siebenstufige Ratingskala, in diesem Fall mit den Polen „Low importance“<br />
und „High importance“ zurückgegriffen.<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Faktor 1:<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
Maximum<br />
Median<br />
Minimum<br />
Faktor 2:<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
Faktor 3:<br />
„Marketingsupport“<br />
Faktor 4:<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
Faktor 5:<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
Bedeutung <strong>für</strong> den lokalen Geschäftserfolg<br />
(Arithmetischer Mittelwert; 1=gering, 7=hoch)<br />
Faktor 6:<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
Faktor 7:<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
5.59 5.95 5.45 4.55 5.56 4.91 5.58<br />
Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit<br />
Abbildung 5-5 zeigt die Bedeutung der einzelnen Dimensionen als arithmetischen Mittelwert.<br />
Als Information über die Streuung der Einschätzungen sind zusätzlich die<br />
Spannweite und der Median eingezeichnet. Die Abbildung wird in den nachfolgenden<br />
Absätzen näher erläutert und interpretiert.<br />
5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“<br />
Für das lokale Geschäft von enormer Bedeutung ist die Produkt- und Leistungspolitik<br />
des Herstellers. Es erstaunt nicht, dass diese aus Sicht des Vertriebspartners eine der<br />
wichtigsten Dimensionen darstellt (Arithmetisches Mittel 5.59). Denn die Attraktivität<br />
des Vertriebspartners <strong>für</strong> die Kunden im lokalen Markt wird durch die Fähigkeit bestimmt,<br />
dessen Bedürfnisse möglichst gut zu befriedigen. Vertriebspartner sind deshalb<br />
in höchstem Masse daran interessiert, durch innovative, marktgerechte Lösungen<br />
des Herstellers die Konkurrenz zu überflügeln. Allerdings hat der Wert von Innovation
118<br />
Kapitel 5<br />
<strong>für</strong> manche Kundensegmente auch Grenzen, wenn es um Standardlösungen geht. Andrew<br />
Coomber, Sales Manager bei Sulzer Metco UK Ltd., England, betont (Vertriebsbefragung<br />
2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “We produce equipment, which can be hard to<br />
sell because it is too expensive. We tend to overengineer for some market places.”<br />
Neben der Innovativität spielen selbstverständlich, da sie aus Sicht der Kunden kaufbestimmend<br />
sind, auch Aspekte der Qualität und des Designs von Produkten und Services<br />
eine Rolle sowie die Breite des Sortimentes. Auch die Häufigkeit, in der neue<br />
Produkte und Services eingeführt werden, ist aus Sicht der Vertriebspartner bestimmend:<br />
Werden nur selten neue Produkte und Services in den Markt eingeführt, erschwert<br />
dies den Verkauf, der sich nicht durch Innovation vom Wettbewerb differenzieren<br />
kann. Ist die Häufigkeit der Einführung neuer Produkte und Leistungen allerdings<br />
zu hoch, entstehen lokal andere Probleme: So belasten „Rüstkosten“, die durch<br />
zusätzliche Schulungen, neue Dokumentationen, Verkaufsunterlagen, Konformitätserklärungen<br />
und andere Kommunikationsanstrengungen entstehen, das Tagesgeschäft.<br />
Auch kann es hierdurch dazu kommen, dass der Einführungsphase <strong>für</strong> einzelne Produkte<br />
nicht die angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, da man sich<br />
zwischen Tagesgeschäft und der Vielzahl von Neueinführungen verzettelt. Josef<br />
Vilana, Vertriebsmanager bei der Sulzer Metco Europe GmbH in Madrid, Spanien,<br />
fordert deshalb (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “Manufacturer should<br />
better analyze the market needs when designing new products.”<br />
5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“<br />
Als wichtigste Dimension <strong>für</strong> die Beurteilung des Herstellers gilt bei Vertriebspartnern<br />
die „Zuverlässigkeit bei der Abwicklung und bei der Lieferung der Leistung“. Die hohe<br />
Bedeutung, die Vertriebspartner dieser Dimension zumessen (Arithmetisches Mittel<br />
5.95), deckt sich mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Belz (2002, S. 185) die<br />
unter Führungskräften in marktnahen Funktionen (insbesondere Geschäftsführer, Marketing-<br />
und Verkaufsverantwortliche) Schweizer, deutscher und österreichischer Unternehmen<br />
durchgeführt wurde.<br />
Aus Sicht der Vertriebspartner hat die Zuverlässigkeit des Herstellers in dieser „logistischen“<br />
Dimension eine ganz besondere Funktion: Wie aus einer internen Studie der<br />
BASF AG hervorgeht, messen Kunden der Zuverlässigkeit der Lieferung häufig eine<br />
höhere Bedeutung zu als der Lieferdauer (Befragung BASF II, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Das Vertrauen, dass die mit dem Vertriebspartner vereinbarten Konditionen eingehal-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 119<br />
ten werden, ist schliesslich <strong>für</strong> Kunden die Basis, um eigene Produktionsplanungen<br />
und die eigene Lieferfähigkeit wiederum ihren Kunden garantieren zu können. Stefan<br />
Aldborg, Sales Manager der ABB Automation Technology AB in Vasteras, Schweden,<br />
betont hierzu (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Trust is the name<br />
of the game“. Die Zuverlässigkeit des Herstellers entscheidet darüber, ob der Vertriebspartner<br />
seine Versprechen gegenüber dem Kunden halten kann und damit das<br />
Vertrauen des Kunden sichert, fördert oder aber verliert.<br />
Die Zuverlässigkeit des Herstellers erhält aus Sicht des Vertriebspartners die höchste<br />
Priorität in dessen Beurteilung. Dies liegt in der Bedeutung dieses Aspektes <strong>für</strong> den<br />
Kunden begründet. Der Kunde und die Beziehung zum Kunden bilden die Grundlage<br />
<strong>für</strong> die Machtposition des Vertriebspartners, die Verkaufszahlen und davon abhängige<br />
variable Gehaltsbestandteile. Selbst soziale Nutzen, die ein Vertriebspartner bei hoher<br />
Embeddedness unmittelbar aus der Kundenbeziehung bezieht, werden durch eine<br />
schlechte Marktleistung gefährdet. Die Bedeutung der Zuverlässigkeit überträgt sich<br />
damit vom Kunden auf den Vertriebspartner.<br />
5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“<br />
Die Bedeutung des Supports in Marketing und Verkauf (Arithmetisches Mittel 5.45)<br />
ergibt sich <strong>für</strong> Vertriebspartner bereits im Tagesgeschäft: Vor allem produktbezogenes<br />
Material, das der Hersteller zur Unterstützung der dezentralen Vertriebsprozesse bereitstellt,<br />
führt zu höheren Verkaufserfolgen. Hierbei geht es um Informationen rund<br />
um das Produkt, ergänzendes Zubehör und eine klare Beschreibung der komparativen<br />
Konkurrenzvorteile. Wolfgang Fleischfresser, Geschäftsführer des <strong>Industriegüter</strong>handels<br />
HAT Hansa TMP im italienischen Modena (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />
2-3, S. 37): „Often we don’t know where is the strength of a product and where could<br />
be its potential in the market.” Rainer Mehrer, Manager Group Marketing and International<br />
Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, sieht grosse<br />
Chancen und Umsatzpotenziale, die im Marketing- und Verkaufssupport liegen. Unter<br />
der Parole „Easy Buying – Easy Selling“ versucht er, in der Marktorganisation den<br />
Vertriebspartnern möglichst schnell die Unterstützung zu geben, die sie brauchen<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach seiner Einschätzung versuchen<br />
insbesondere Mitarbeiter in unabhängigen Vertretungen die Produkte zu verkaufen,<br />
die sie leicht verkaufen können. „Ich muss den Vertriebspartner dazu befähigen, dass<br />
er meine Produkte leichter verkaufen kann als die anderer Hersteller“, so Mehrer. Ein<br />
guter Support im Marketing und Verkauf erleichtert es dem Verkäufer, mehr zu ver-
120<br />
Kapitel 5<br />
kaufen, was zur Erreichung der Ziele des Herstellers beiträgt. Dies bestätigt auch Markus<br />
Kistler, Leiter Verkauf und Marketing des Baumaschinenhändlers Probst Maveg<br />
SA in Lyss, Schweiz. Er verweist dabei auf vielfältige Vorteile, die sich <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />
aus Prospekten in landesüblicher Sprache, umfangreichen Verkaufsunterlagen<br />
und Schulungen mit diesen, Informationen zu Produktdetails und Argumentationshilfen<br />
ergeben. Sie erleichtern eine Abgrenzung und helfen, den Kunden zu überzeugen<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). So bieten manche Hersteller so genannte<br />
„Produkteseiten“ an, auf denen eigene und fremde Produkte anhand der wichtigsten<br />
technischen Daten verglichen werden. Hierdurch wird es dem Vertriebspartner erleichtert,<br />
vor dem Kunden die richtigen Argumente zu treffen.<br />
5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“<br />
Der Faktor „Finanzielle Konditionen“ beinhaltet die Politik des Herstellers in Bezug<br />
auf Finanzierungshilfen und Incentivierung. Dazu gehören sowohl Bedingungen, um<br />
Ware zu überlassen und zu liefern, als auch Unterstützung von Erweiterungsfinanzierungen.<br />
Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden wie z. B. Leasing und Vorfinanzierung<br />
gehören heute zu wichtigen Marketinginstrumenten im Bereich des Pricing und erlauben<br />
auch finanzschwachen Kunden den Erwerb der Leistungen, wodurch sich der<br />
Markt <strong>für</strong> den Anbieter vergrössert. Die Unterstützung des Kunden in Finanzierungsfragen<br />
spielt insbesondere aus Sicht deutscher und Schweizer Hersteller eine besondere<br />
Rolle, da diese aufgrund ihrer Herstellkosten zu höheren Verkaufspreisen anbieten<br />
müssen. Zu den finanziellen Konditionen des Herstellers zählen auch die Programme<br />
der Incentivierung, die durch attraktive Boni, Verkaufswettbewerbe oder Reisemöglichkeiten<br />
wichtige Anreize geben und die Vertriebsmitarbeiter zu höheren Leistungen<br />
motivieren können.<br />
Der Faktor 4 „Finanzielle Konditionen“ erhält von allen sieben Faktoren mit dem arithmetischen<br />
Mittelwert von 4.55 die geringste Bedeutung <strong>für</strong> das lokale Geschäft.<br />
Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass diese Dimension aber auch die grösste Streuung<br />
aufweist. Mehr als 50 Prozent der Befragten schätzen seine Bedeutung höher ein<br />
(s. Abbildung 5-5, S. 117). Eine Detailanalyse (s. Abbildung 5-6, S. 121) zeigt, dass<br />
befragte Verkaufsleiter (Arithmetisches Mittel von 4.73) den finanziellen Konditionen<br />
ein erheblich höheres Gewicht beimessen als befragte Geschäftsführer (Arithmetisches<br />
Mittel von 4.27; Signifikanz des Mittelwertunterschiedes auf dem 1-Prozent-Niveau).<br />
Dies mag an der unmittelbaren Betroffenheit liegen: Verkaufsleiter im Kundenkontakt<br />
nehmen unmittelbar die Probleme wahr, die aus fehlenden Finanzierungshilfen resul-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 121<br />
tieren. Ebenfalls richten sich Boni und andere Incentivierungsprogramme des Herstellers<br />
vorrangig an die Vertriebsmitarbeiter und machen Verkaufsleiter damit in besonderem<br />
Masse betroffen.<br />
Bedeutung <strong>für</strong> lokalen Geschäftserfolg<br />
(1=gering, 7=hoch)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
***: p < .01<br />
Geschäftsführer vs. Vertriebsleiter Tochtergesellschaften vs. Distributoren<br />
Arithm. Mittel<br />
N<br />
Geschäftsführer<br />
*<br />
4.27***<br />
102<br />
Vertriebsleiter<br />
4.73***<br />
87<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Tochtergesellschaften<br />
Arithm. Mittel 4.43***<br />
N 179<br />
*<br />
Distributoren<br />
4.97***<br />
54<br />
Abbildung 5-6: Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle Konditionen“ und Verteilung<br />
<strong>für</strong> verschiedene Fallgruppen<br />
Eine weitere Analyse zeigt (s. Abbildung 5-6), dass sich auch die Einschätzungen der<br />
Mitarbeiter von Tochtergesellschaften von denen unabhängiger Distributoren unterscheiden.<br />
Distributoren messen den finanziellen Konditionen eine signifikant (1-<br />
Prozent-Niveau) höhere Bedeutung (4.97) zu als die Mitarbeiter von Tochtergesellschaften<br />
(4.43). Dies scheint die hohe Streuung plausibel erklären zu können, da sich<br />
die Beziehung zwischen Hersteller und Distributoren nicht wie bei Tochtergesellschaften<br />
durch eine rechtliche Zugehörigkeit, sondern hauptsächlich durch kommerzielle<br />
Interessen an einer Zusammenarbeit bestimmt. Das Interesse an finanziellen Aspekten<br />
der Zusammenarbeit ist also bei rechtlich unabhängigen Vertriebspartnern gerade die<br />
Basis <strong>für</strong> die Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Einen guten Überblick zur Problematik<br />
der finanziellen Konditionen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften und Vertretungen findet<br />
sich bei Belz/Reinhold (1999a, S. 159 ff.).<br />
5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“<br />
Wie bereits mehrfach erläutert (s. Absatz 5.1.3, S. 106), spielen aus Sicht der Vertriebspartner<br />
auch verschiedene Aspekte der „Sozialen Interaktion“ mit dem Hersteller<br />
eine wichtige Rolle. Die Dimension „Soziale Interaktion“ erhält in der vorliegenden
122<br />
Kapitel 5<br />
Untersuchung allerdings nur eine mittlere Bedeutung (Arithmetisches Mittel 5.56;<br />
Rang vier von sieben). Zu den Aspekten der sozialen Interaktion gehören insbesondere<br />
die Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers, das Interesse und die Sorge, die der Hersteller<br />
<strong>für</strong> die Erreichung der Ziele eines Vertriebspartners zeigt. Aber auch die gesamte<br />
Art und Weise, in der ein Vertriebspartner vom Hersteller oder dem regionalen<br />
Headquarters des Herstellers behandelt wird, stellt eine wichtige Facette der sozialen<br />
Interaktion dar. Die Bedeutung der Dimension „Soziale Interaktion“ ist allerdings<br />
nicht unumstritten (s. Abbildung 5-5, S. 117). Der Median weist nach der „Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung und Lieferung“ den höchsten Wert auf (s. Abbildung 5-5, S.<br />
117). Das bedeutet, mindestens 50 Prozent der Befragten messen der Bedeutung dieser<br />
Dimension den Wert 5.58 oder höher zu. Das arithmetische Mittel wird also in erheblichem<br />
Masse durch die Streuung nach unten beeinflusst. Mit anderen Worten messen<br />
die Hälfte der Befragten der sozialen Interaktion einen ausgesprochen hohen Punktwert<br />
zu. Es gibt jedoch auch einige Befragte, die eine gänzlich abweichende Einschätzung<br />
vertreten und die Aspekte der sozialen Interaktion <strong>für</strong> unbedeutend halten. Diese<br />
wenigen Extremwerte im unteren Wertebereich beeinflussen damit das arithmetische<br />
Mittel erheblich.<br />
Die Bedeutung der sozialen Aspekte der Interaktion <strong>für</strong> die Einstellung der Vertriebspartner<br />
und das Verhalten gegenüber Kunden und dem Hersteller wurde bereits vertieft<br />
(s. Kapitel 3, S. 49 ff.). Henrik Sjöwall, Vertriebsmitarbeiter der UAB Geotronics<br />
Vilnius in Vilnius, Litauen, betont noch einmal die Bedeutung der sozialen Aspekte<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „There must be a certain ‚feel good<br />
factor’ too, since we are no robots. All business is personal in the end.”<br />
5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“<br />
Ebenfalls im Kontext der sozialen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />
angesiedelt, befindet sich die Dimension „Umgang mit Kultur und Werten“.<br />
Obgleich Aspekte der kulturellen Unterschiede zwischen Ländern und Organisationseinheiten<br />
vielfach zum Gegenstand von Anekdoten (s. Absatz 4.1.2.1, S. 80) und wissenschaftlicher<br />
Diskussionen gemacht wurde (einen Überblick geben<br />
Kutschker/Schmid 2002, S. 655 ff.; Belz/Reinhold 1999a, S. 56 ff.), schenken die Vertriebspartner<br />
diesen kulturellen Aspekten auffallend wenig Beachtung (Arithmetisches<br />
Mittel 4.91). Zu den beurteilten Teilaspekten gehören etwa der Umgang des Herstellers<br />
mit den lokalen Gebräuchen und Werten, die Ähnlichkeit dieser lokalen Werte mit<br />
denen des Herstellers, die Art und Weise, in der der Hersteller diese Kultur des Gast-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 123<br />
landes respektiert und behandelt sowie das Verständnis der lokalen Sprache und<br />
Schrift.<br />
Gründe <strong>für</strong> die aus Sicht der Vertriebspartner geringe Bedeutung dieser Dimension<br />
liegen einerseits in der schon aufgezeigten zunehmenden Ähnlichkeit der Kulturen im<br />
regionalen Kontext. Die Bedeutung der kulturellen Dimension fällt demnach bei einer<br />
weltweiten Befragung weit höher aus, als es bei der vorliegenden regionalen Fokussierung<br />
der Fall war. Andererseits ist die Bedeutung von kulturellen Aspekten, da diese<br />
auf einer wertemässigen, teilweise unbewussten Sinnesebene liegen, nach Ansicht des<br />
Autors nur schlecht über eine direkte Befragung erfassbar und den Befragten ggf. gar<br />
nicht bewusst. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Bedeutung kultureller Aspekte<br />
aufgrund der Tendenz zur externen Ursachenattribution teilweise in der Wissenschaft<br />
und aus Sicht der Zentrale überschätzt wird, wenn diese das Scheitern einer Marketingimplementierung<br />
begründen.<br />
5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“<br />
“Information is the key, that ‘opens’ all sales channels” unterstreicht Krzysztof Lubowiecki,<br />
Sales Manager der ABB in Lodz, Polen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />
2-3, S. 37). Als letztgenannte Dimension der Beurteilung des Herstellers kommt dem<br />
„Informations- und Kommunikationsverhalten“ aus Sicht der Vertriebspartner die<br />
drittstärkste Bedeutung zu. Zu wichtigen Teilaspekten dieser Dimension gehören z. B.<br />
die Länge der Reaktionszeiten auf Anfragen an den Hersteller, die Zeitigkeit mit der<br />
der Hersteller informiert sowie die Vollständigkeit von Informationen die der Vertriebspartner<br />
vom Hersteller erhält.<br />
Zu den Informationen, die der Hersteller dem Vertriebspartner zugänglich machen<br />
kann, gehören insbesondere produkt-, leistungs-, kunden- und wettbewerbsbezogene<br />
Informationen. So gewährleistet eine frühe Information über mögliche Lieferengpässe,<br />
dass der Kunde ebenso frühzeitig informiert wird und sich dementsprechend einrichten<br />
kann. Informationen zu Wettbewerbern und deren Strategien in anderen Märkten unterstützen<br />
unmittelbar den Verkauf, wie auch Informationen über das Vorgehen von<br />
Kunden in anderen Märkten. Vertriebspartner weisen darauf hin, dass Kunden über<br />
Neuprodukteinführungen über andere Kanäle früher und besser informiert sind als die<br />
Vertriebspartner selbst. Hierdurch leidet die vom Kunden wahrgenommene Kompetenz<br />
sowie das Vertrauen des Kunden in den Vertriebspartner.
124<br />
Kapitel 5<br />
Belz/Reinhold (1999a, S. 147) sprechen sogar von der „Kommunikativen Führung“<br />
der Niederlassungen, wodurch sie die zentrale Bedeutung der Information im Machtgefüge<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartner in den Mittelpunkt rücken. Und<br />
trotzdem wird dem Stellhebel der Kommunikation in vielen Unternehmen keine ausreichend<br />
hohe Aufmerksamkeit geschenkt. So werden zwar häufig Informationssysteme<br />
eingeführt, die aber nicht den Möglichkeiten entsprechend genutzt werden (s. auch<br />
Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Francisco Mesquita, Sales Manager der Handelsgesellschaft<br />
Caupel LDA in Porto, Portugal, betont zurecht (Vertriebsbefragung 2004, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37): „With all the new ways to inform, the manufacturer should provide<br />
more and better information about all the new that happens in the company and in<br />
the other markets.”<br />
5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren<br />
Die Vermutung liegt nahe, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit selbst unmittelbar<br />
durch die Situation beeinflusst wird, in der diese vorgenommen wird (Achrol et al.<br />
1983, S. 55). Zieht man die Zufriedenheit als Beurteilungsmassstab heran, so kann<br />
man sich das Zustandekommen eines situativen Einflusses am besten vergegenwärtigen.<br />
Denn die Zufriedenheit ist das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses, bei dem die<br />
wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativerwarteten<br />
Ausprägung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42;<br />
Parasuraman et al. 1991, S. 422). Folglich können situative Unterschiede in der Beurteilung<br />
dann entstehen, wenn sich entweder die Erwartungen oder aber die wahrgenommene<br />
Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes in Abhängigkeit von der Situation<br />
ändern.<br />
Diese Vermutung wird durch die im Rahmen dieser Untersuchung geführten qualitativen<br />
Experteninterviews erhärtet (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Vertriebspartner,<br />
die sich in einer besonderen Situation befinden, haben besondere Erwartungen<br />
an die Unterstützung durch den Hersteller, so z. B. an die Preisspielräume und<br />
finanzielle Konditionen in besonders intensiven Wettbewerbssituationen.<br />
Um die vermutete Situativität der Beurteilung quantitativ-empirisch zu überprüfen,<br />
wurden stellvertretend <strong>für</strong> jede der fünf Gruppen von Kontextfaktoren jeweils eine<br />
Variable ausgewählt. Als Auswahlkriterien galten dabei inhaltliche Überlegungen, die<br />
aus den Interviews resultierten ebenso wie Erkenntnisse ähnlicher wissenschaftlicher<br />
Untersuchungen und den dort gewählten situativen Variablen (s. Jaworski/Kohli 1993,<br />
S. 55; Kumar et al. 1995, S. 64; Mohr et al. 1996, S. 113). Im Einzelnen werden die
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 125<br />
„Unsicherheit des lokalen Umfelds“, die „lokale Wettbewerbsintensität“, die „Profitabilitätssituation<br />
des Herstellerunternehmens“, die „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“<br />
sowie die „Dauer der Beziehung mit dem Herstellerunternehmen“ herangezogen,<br />
um die Ausprägung der fünf Kontextfaktoren der lokalen Situation zu erfassen (s.<br />
Abbildung 5-7, S. 125).<br />
Lokale Kontextfaktoren<br />
Allgemeines lokales<br />
Umfeld<br />
Spezifische Markt- und<br />
Kundensituation<br />
Organisation des<br />
Herstellerunternehmens<br />
Lokale Vertriebsorganisation<br />
Manager des<br />
lokalen Vertriebs<br />
Variablen Lokale Beurteilung<br />
� Unsicherheit<br />
des Umfeldes,<br />
� Wettbewerbsintensität,<br />
� Profitabilität<br />
des Herstellers,<br />
� Grösse der lokalen<br />
Organisation,<br />
� Beziehungsdauer<br />
zum Hersteller.<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
„Marketingsupport“<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
„Information und<br />
Kommunikation“<br />
„Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
„Kultur und<br />
Werte“<br />
Abbildung 5-7: Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner<br />
Zur Überprüfung der vermuteten Kausalbeziehungen zwischen den Kontextvariablen<br />
und der Beurteilung der Zusammenarbeit wurden sieben multiple Regressionsmodelle<br />
errechnet, die Auskunft über die Güte und die Stärke der Beziehungen geben. Eine vor<br />
der Durchführung der Regressionsanalyse vorgenommene Überprüfung der Prämissen,<br />
insbesondere der Heteroskedastizität, der Autokorrelation sowie der Multikollinearität<br />
(s. Backhaus et al. 2000b, S. 33 ff.) deutet auf eine gute Eignung des Datenmaterials<br />
hin. Tabelle 5-4 fasst die Ergebnisse der Regressionsmodelle zusammen. Eine ausführliche<br />
Erläuterung der Operationalisierung der situativen Variablen und eine Interpretation<br />
der Ergebnisse wird in den folgenden Absätzen 5.3.3.1 (S. 126) bis 5.3.3.5 (S.<br />
133) gegeben. Für anschauliche Darstellungen und Erläuterungen zu den Verfahren<br />
der Regressionsanalyse und der multiplen Regressionsanalyse sei an dieser Stelle auf<br />
Schira (2003, S. 105 ff. und S. 535 ff.) und Backhaus et al. (2000b, S. 1 ff.) verwiesen.<br />
Die Güte und die inhaltlichen Ergebnisse der in Tabelle 5-4 dargestellten multiplen<br />
Regressionen werden im Folgenden <strong>für</strong> jede der Kontextvariablen inhaltlich vertieft.<br />
Faktor 1<br />
(zSat01)<br />
Faktor 2<br />
(zSat02)<br />
Multiple Regression<br />
β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />
Faktor 3<br />
(zSat03)<br />
Faktor 4<br />
(zSat04)<br />
Faktor 5<br />
(zSat05)<br />
Faktor 6<br />
(zSat06)<br />
Faktor 7<br />
(zSat07)<br />
• Unsicherheit -.06 -.16** -.21*** -.24*** -.23*** -.13** -.23***
126<br />
des Umfelds<br />
• Wettbewerbsintensität<br />
• Profitabilität<br />
des Herstellers<br />
• Lokale Anzahl<br />
Mitarbeiter<br />
• Beziehungsdauer<br />
Kapitel 5<br />
.13** .02 .13** -.10 .06 .07 .03<br />
.26*** .16** .12* .13* .16** .22*** .13**<br />
-.15** -.15** -.18*** -.01 -.25*** -.10 -.19***<br />
.10 -.03 .11* .15** .07 .04 .06<br />
Globale Gütekriterien des Modells<br />
R .36 .29 .35 .36 .40 .31 .34<br />
R 2 .13 .08 .12 .13 .16 .10 .12<br />
F-Wert 6.62 4.05 6.15 6.12 8.22 4.83 6.15<br />
Signifikanzniveau<br />
.000 .002 .000 .000 .000 .000 .000<br />
n = 238; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01<br />
Tabelle 5-4: Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die Dimensionen<br />
der Beurteilung<br />
5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers<br />
Die Forschung in Distributionskanälen hat gezeigt, dass die Unzufriedenheit, die<br />
Frustration und Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />
in unsicheren Umweltbedingungen zunehmen (Achrol et al. 1983, S. 56).<br />
Vertriebspartner wollen unter unsicheren Umweltbedingungen ein Höchstmass an Flexibilität<br />
erhalten (Dwyer et al. 1987, S. 21 ff.), zeigen weniger Commitment, insbesondere<br />
unabhängige Vertretungen glauben weniger an die Fortführung der Beziehung<br />
zum Hersteller (Kumar et al. 1995, S. 57). Die Verkaufsergebnisse gehen in solch unsicheren<br />
Situationen häufig zurück. Vertriebspartner neigen stärker zu einer externen<br />
Ursachenattribution (Kumar et al. 1995, S. 57; s. Absatz 4.2.2, S. 97), da sie wissen,<br />
dass die Einflussmöglichkeit des Herstellers geringer ist als in stabilen Situationen, die<br />
sie sich aber in dieser Situation stärker wünschen.<br />
Zur Messung der Variable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“ („Environmental uncertainty“)<br />
wird auf ein semantisches Differenzial von Kumar et al. (1995, S. 64) zurückgegriffen.<br />
Dieses misst, wie volatil und unvorhersehbar sich das Verkaufsgebiet<br />
des Vertriebspartners in Bezug auf die Produkte und Leistungen des Herstellers darstellt<br />
(Kumar et al. 1995, S. 59). Mit steigender Unsicherheit sind gesteigerte Erwartungen<br />
an den Hersteller und damit eine tendenziell sinkende Zufriedenheit verbunden<br />
(s. Abbildung 5-8). Der Vergleich zwischen Vertriebspartnern in Situationen mit hoher<br />
Unsicherheit (4. Quartil) mit solchen in Situationen mit geringer Unsicherheit (1.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 127<br />
Quartil) zeigt den Einfluss der wahrgenommenen Unsicherheit des lokalen Umfelds<br />
auf die Beurteilung der Zusammenarbeit des Herstellers deutlich.<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
(***)<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
(*)<br />
4.92<br />
5.08<br />
4.56<br />
5.76<br />
4.25<br />
5.17<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
(***)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
(**)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
5.12<br />
4.74<br />
3.99<br />
4.75<br />
4.57<br />
4.51<br />
5.15<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
(***)<br />
5.30<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
(***)<br />
„Marketingsupport“<br />
(***)<br />
Hohe Unsicherheit des<br />
Umfelds (4. Quartil, n=69)<br />
Geringe Unsicherheit des<br />
Umfelds (1. Quartil, n=46)<br />
Achsenbeschriftung:<br />
1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
Abbildung 5-8: Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung<br />
des Herstellers<br />
Bei hoher Unsicherheit fällt das Zufriedenheitsurteil in Bezug auf sämtliche Dimensionen<br />
der Zusammenarbeit deutlich geringer aus als im Fall einer geringen wahrgenommenen<br />
Unsicherheit. Ein Test auf Mittelwertgleichheit bestätigt das Ergebnis <strong>für</strong><br />
die einzelnen Dimensionen auf dem jeweils angegebenen Signifikanzniveau (s.<br />
Abbildung 5-8). Die stärksten Unterschiede in der Beurteilung liegen bezogen auf das<br />
„Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers vor. Aus Sicht des<br />
Vertriebspartners trägt gerade die Information über neue Entwicklungen, Innovationen<br />
und Strategien des Herstellers dazu bei, Unsicherheiten abzubauen. Besonders deutliche<br />
Unterschiede liegen auch in der Beurteilung des „Marketingsupports“ und den<br />
„Finanziellen Konditionen“. Beide Aspekte helfen dem Vertriebspartner in besonderem<br />
Masse, seine Position im Markt zu stärken und darüber Unsicherheiten zu beseitigen.<br />
Die Ergebnisse des Quartilsvergleichs decken sich hinsichtlich der Signifikanz sowie<br />
der Richtung und der Stärke der Zusammenhänge mit den Ergebnissen der multiplen<br />
Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126). Lediglich die Signifikanz des eher schwachen<br />
negativen Zusammenhanges mit der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“<br />
kann bei der multiplen Regression nicht auf dem 10-Prozent-Niveau bestätigt
128<br />
Kapitel 5<br />
werden. Da der Mittelwertunterschied dieser Dimension beim Quartilsvergleich auf<br />
dem 1-Prozent Niveau signifikant ist, deutet dies darauf hin, dass die Beurteilung der<br />
„Produkte und Leistungen“ <strong>für</strong> einen mittleren Bereich der Unsicherheit (Fälle des 2.<br />
und 3. Quartils) keine Assoziation mit der Situation zulässt. Die Unsicherheit als Determinante<br />
der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“ erhält folglich vor<br />
allem in Extremsituationen mit sehr starker oder sehr schwacher Unsicherheit ihre<br />
höchste Relevanz.<br />
5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume<br />
Die lokale Wettbewerbsintensität besitzt aus Sicht der Vertriebspartner eine besondere<br />
Bedeutung, wie bereits die Ausführungen zu Abbildung 4-4 (S. 98) in Absatz 4.2.2<br />
(97 ff.) gezeigt haben. Die Wettbewerbsintensität erfasst dabei, in wie weit Wettbewerber<br />
sich durch ihr Verhalten, ihre Ressourcen und ihre Fähigkeiten im Vergleich<br />
zum Anbieter differenzieren können (Jaworski/Kohli 1993, S. 59 f.).<br />
Wie Kohli/Jaworski (1990, S. 15 f.) herausfanden, kann eine Vertriebsorganisation bei<br />
fehlender oder geringer Wettbewerbsintensität selbst dann gute Ergebnisse erzielen,<br />
wenn sie nicht marktorientiert und ihr Produkt- und Leistungsangebot nicht optimal<br />
auf Kundenbedürfnisse abgestimmt ist, da die Kunden keine Alternativen besitzen und<br />
auf die Produkte und Leistungen des Anbieters angewiesen sind. Im Gegensatz dazu<br />
haben Kunden in wettbewerbsintensiven Situationen viele Alternativen, um ihre Bedürfnisse<br />
und Wünsche zu befriedigen (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Daraus ergibt<br />
sich, dass eine Organisation, die Kundenwünsche nicht so gut wie der Wettbewerb<br />
bedient, in wettbewerbsintensiven Zeiten Kunden an Wettbewerber verliert und damit<br />
schlechtere Marktergebnisse erzielt (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Die Forderung nach<br />
einer stärkeren Orientierung an den Bedürfnissen des Kunden wird von Vertriebspartnern<br />
deshalb in wettbewerbsintensiven Situationen mit mehr Nachdruck gestellt.<br />
Die zur Messung der Variable „Wettbewerbsintensität“ („Competitive Intensity“) verwendete<br />
Operationalisierung entspricht der von Jaworski/Kohli (1993, S. 68) verwendeten<br />
Muli-Item Skala. Die multiple Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126) weist<br />
<strong>für</strong> die unabhängige Variable Wettbewerbsintensität lediglich einen einzelnen signifikanten<br />
Zusammenhang auf, der auf dem 5-Prozent-Niveau zur Beurteilungsdimension<br />
„Marketingsupport“ besteht. Es erstaunt, dass es sich hierbei um einen positiven Zusammenhang<br />
handelt, d. h., die Beurteilung des Marketing-Supports fällt mit steigen-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 129<br />
der Wettbewerbsintensität tendenziell besser aus. Der Quartilsvergleich mit dem entsprechenden<br />
t-Test auf Mittelwertgleichheit führt zum selben Ergebnis.<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
(n. s.)<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
(n. s.)<br />
4.80<br />
4.60<br />
4.58<br />
4.67<br />
5.24<br />
5.19<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
(n. s.)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
(n. s.)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
4.75<br />
4.92<br />
3.97<br />
4.47<br />
4.76<br />
4.47<br />
4.92<br />
4.97<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
(**)<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
(n. s.)<br />
„Marketingsupport“<br />
(**)<br />
Hohe Wettbewerbsintensität<br />
(4. Quartil, n=58)<br />
Geringe Wettbewerbsintensität<br />
(1. Quartil, n=58)<br />
Achsenbeschriftung:<br />
1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
Abbildung 5-9: Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpunkte<br />
in umkämpften Märkten<br />
Als Erklärung hier<strong>für</strong> bieten sich wiederum zwei Ansatzpunkte an. Es ist zu hinterfragen,<br />
in welchem Masse sich die Erwartungen in Bezug auf den Marketingsupport verändern.<br />
Hier ist sicherlich mit einer steigenden Erwartungshaltung gegenüber dem<br />
Hersteller zu rechnen, die allerdings damit das Ergebnis nicht zu erklären hilft. Lenkt<br />
man den Blick auf die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes,<br />
die dem Vertriebspartner als Referenzmass <strong>für</strong> die Beurteilung dient, so erhält man<br />
einen weiteren Ansatzpunkt. Hersteller neigen in verschärften Wettbewerbssituationen<br />
eher dazu, zusätzlichen Support im Bereich der Verkaufsunterlagen, Präsentationen<br />
oder gemeinsamen Kundenbesuchen zu geben. Massnahmen in diesem Bereich sind<br />
<strong>für</strong> den Hersteller mit geringeren Kosten verbunden, als weitgehende Eingeständnisse<br />
bei den finanziellen Konditionen. Die von Fredy A. Lienhard, Präsident und Delegierter<br />
des Verwaltungsrates, Lista Holding AG, Erlen (Schweiz) aufgezeigten Ansätze <strong>für</strong><br />
Marketinganstrengungen in turbulenten Zeiten scheinen diese Überlegungen zu bestätigen:<br />
„Look for new market niches, no price-war, continue sales promotion and improve<br />
tracking of all marketing programs“ (Belz et al. 2003, S. 45). Dies zeigt sich<br />
auch im Quartilsvergleich, denn während die Zufriedenheit mit dem Marketingsupport<br />
in wettbewerbsintensiven Situationen steigt, sinkt die Zufriedenheit mit den finanziel-
130<br />
Kapitel 5<br />
len Konditionen des Herstellers (Signifikanzniveau von 5-Prozent) als Ergebnis einer<br />
steigenden Erwartungshaltung des Vertriebspartners.<br />
5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck<br />
In den letzten Jahren waren viele deutsche und Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller in<br />
starkem Masse von den negativen konjunkturellen Entwicklungen betroffen. Als Hersteller<br />
aus Ländern mit vergleichsweise hohen Herstellkosten, zeigte sich bei diesen<br />
eine vergleichsweise geringe Flexibilität, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.<br />
Als Folge dessen hatten und haben etliche Hersteller erhebliche Schwierigkeiten,<br />
ihr Geschäft profitabel zu erhalten und waren gezwungen, umfangreiche Sparmassnahmen<br />
und Umstrukturierungen in Gang zu setzen. Prominente Beispiele waren<br />
z. B. ABB und Von Roll. Nach einer Studie der Mercer Management Consulting<br />
Schweiz waren von 20 führenden <strong>Industriegüter</strong>herstellern der Schweiz im Zeitraum<br />
Juni 2001 bis Juni 2002 17 Hersteller von EBIT-Schrumpfungen von bis zu 100 Prozent<br />
betroffen, 15 der 20 Unternehmen mussten zum Teil erhebliche Umsatzrückgänge<br />
hinnehmen (MMC 2003a, S. 21). Die Hersteller Sulzer, Saurer, Unaxis, Von Roll, Leica<br />
Geosystems und Mikron Holding erzielten im Berichtsjahr 2001 sogar einen negativen<br />
EBIT. Im Folgejahr verzeichneten die ABB, Georg Fischer, Unaxis und Bucher<br />
Verluste, die teilweise in Rekordhöhe lagen.<br />
Die Unsicherheit des Herstellers und die von diesem initiierten Programme zur Verbesserung<br />
der finanziellen Lage übertragen sich auch auf seine internationalen Vertriebspartner.<br />
Diese sind von geringeren Ressourcen im Stammhaus und resultierenden<br />
Knappheiten bei der Unterstützung ebenso betroffen wie durch ambitionierte bis unrealistische<br />
Zielvorgaben und Streichungen im Produkt- und Leistungsportfolio. Hersteller<br />
gehen bei der Umsetzung von neuen Zielen meist nicht differenziert vor, daher<br />
müssen häufig profitable Tochtergesellschaften mit effizienten Strukturen die Massnahmenpakete<br />
in gleichem Masse tragen wie Vertriebspartner mit erheblichen Verbesserungspotenzialen.<br />
Der Einfluss, den die Profitabilitätssituation des Herstellers auf die lokale Beurteilung<br />
hat, wird durch die multiple Regressionsanalyse in Bezug auf alle Dimensionen der<br />
Zusammenarbeit signifikant bestätigt. (s. Tabelle 5-4, S. 126).<br />
Auch der Gruppenvergleich von Vertriebspartnern, deren Hersteller über eine hohe<br />
respektive geringe Profitabilität verfügen, zeigt die resultierende Diskrepanz in der<br />
Beurteilung. Die beiden Gruppen der geringen und hohen Profitabilität wurden, da es
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 131<br />
sich bei der vorliegenden Variable um eine ordinale Skala handelt, durch die Zusammenlegung<br />
der jeweils extremsten Kategorien gebildet, <strong>für</strong> die Nennungen vorlagen.<br />
Auch hierbei weisen die Mittelwertvergleiche in sämtlichen Dimensionen mindestens<br />
auf dem 5-Prozent-Niveau signifikante Unterschiede auf. Der starke Einfluss der Herstellersituation<br />
auf die lokale Beurteilung wird damit nachhaltig bestätigt.<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
(***)<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
(***)<br />
4.99<br />
4.93<br />
4.43<br />
5.65<br />
4.11<br />
4.90<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
(***)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
(***)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
5.18<br />
4.31<br />
3.86<br />
4.54<br />
4.30<br />
4.53<br />
5.13<br />
5.17<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
(***)<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
(***)<br />
„Marketingsupport“<br />
(**)<br />
Geringe Profitabilität des Herstellerunternehmens<br />
(Kategorien „Rather, Mainly<br />
und Highly unprofitable“, n=32)<br />
Hohe Profitabilität des Herstellerunternehmens<br />
(Kategorien Highly und<br />
Mainly profitable, n=62)<br />
Achsenbeschriftung:<br />
1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit<br />
mit den Beurteilungsdimensionen<br />
5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche<br />
Der Einfluss des situativen Faktors „Organisationsgrösse“ auf die Spezialisierung, die<br />
Delegation, den Koordinationsaufwand oder generell die Bürokratisierung einer Organisation<br />
wurde bereits vielfach zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen<br />
gemacht (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.; Ford/Slocum Jr. 1977, S. 564 ff.;<br />
Weber 1972, S. 551 ff.). Die Grösse einer lokalen Vertriebsorganisation hat, wie es<br />
scheint, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Verhältnis zum Herstellerunternehmen.<br />
Während grosse lokale Vertriebsorganisationen zusätzliche Anstrengungen<br />
im Verkauf selbst schultern können (Mohr et al. 1996, S. 110), so z. B. bei Messeauftritten<br />
und bei den Verkaufsunterlagen, fehlen hierzu den kleineren Vertriebspartnern<br />
die notwendigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Andererseits besitzen grosse<br />
Vertriebsorganisationen aber aufgrund ihres höheren Spezialisierungsgrades und der<br />
grösseren Arbeitsteilung auch eine höhere Professionalität und Formalisierung bei den
132<br />
Kapitel 5<br />
verschiedenen Teilprozessen der Zusammenarbeit (s. Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />
210). Grössere lokale Vertriebsorganisationen besitzen in der Regel mehr Erfahrung in<br />
der Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern und kennen die Möglichkeiten, die<br />
auf Herstellerseite bestehen. Insgesamt erwachsen deshalb höhere Anforderungen an<br />
die Art und den Umfang der Unterstützung durch den Hersteller.<br />
Die Organisationsgrösse eines Vertriebspartners wurde in dieser Untersuchung, wie in<br />
der Literatur verbreitet, durch die Anzahl der Mitarbeiter in der lokalen Vertriebsorganisation<br />
gemessen (s. Mohr et al. 1996, S. 110). Die multiple Regressionsanalyse (s.<br />
Tabelle 5-4, S. 126) zeigt negative Zusammenhänge zwischen der Grösse der lokalen<br />
Organisation und der Zufriedenheit mit den sieben Beurteilungsdimensionen, jedoch<br />
nur <strong>für</strong> fünf dieser Dimensionen sind die Zusammenhänge auch auf dem 5-Prozent<br />
Niveau signifikant. Für die fünf Beurteilungsdimensionen „Produkte und Leistungen“,<br />
„Abwicklung und Lieferung“, „Marketing-Support“, „Soziale Interaktion“ und „Information<br />
und Kommunikation“ bedeutet dies, dass mit steigender Organisationsgrösse<br />
die Differenz zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung zunimmt. Dem<br />
Hersteller fällt es also schwerer, die Erwartungen des Vertriebspartners zu erfüllen, je<br />
grösser dessen lokale Vertriebsorganisation ist. Am stärksten fallen Erwartung und<br />
Leistung in den Bereichen der „Sozialen Interaktion“, der „Information und Kommunikation“<br />
sowie des „Marketing-Supports“ auseinander. Für die Dimensionen „Finanzielle<br />
Konditionen“ und „Kultur und Werte“ besitzen die Regressionskoeffizienten<br />
keine Signifikanz auf dem 10-Prozent-Niveau.<br />
Der Quartilsvergleich zwischen dem ersten und vierten Quartil der Organisationsgrösse<br />
bringt erstaunliche Ergebnisse zutage (s. Abbildung 5-11, S. 133). Lediglich <strong>für</strong> die<br />
beiden Dimensionen „Finanzielle Konditionen“ und „Kultur und Werte“ liegen deutliche<br />
Mittelwertunterschiede zwischen den Gruppen vor, der Mittelwertunterschied <strong>für</strong><br />
die Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ ist auf dem 1-Prozent-Niveau hochsignifikant.<br />
Für die anderen fünf Dimensionen liegen hingegen weder erkennbare Mittelwertunterschiede<br />
vor, noch sind diese auf dem 10-Prozent-Niveau signifikant (s.<br />
Abbildung 5-11, S. 133).<br />
Dies lässt darauf schliessen, dass der Umgang mit „Kultur und Werten“, wie auch die<br />
„finanziellen Konditionen“ gerade <strong>für</strong> sehr kleine Vertriebsorganisationen eine besondere<br />
Bedeutung besitzen. Kleine und grosse lokale Organisation werden durch den<br />
Umgang des Herstellers mit „Kultur und Werten“ aussergewöhnlich stark unterschieden<br />
(s. Abbildung 5-11), während sich <strong>für</strong> die Gesamtheit der Fälle (s. Tabelle 5-4, S.<br />
126) weder ein deutlicher noch ein signifikanter Zusammenhang ergibt. Für die ande-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 133<br />
ren fünf Dimensionen stellt sich dies genau andersherum dar: Für die Gesamtheit der<br />
Fälle ist ein signifikanter linearer Zusammenhang zwischen der Organisationsgrösse<br />
und der Beurteilung erkennbar (s. Tabelle 5-4, S. 126). Für die Extrema der kleinen<br />
und grossen Vertriebsorganisationen (1. und 4. Quartil) sind die Mittelwertunterschiede<br />
jedoch nicht signifikant.<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
(n. s.)<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
(***)<br />
5.02<br />
4.63<br />
4.60<br />
4.45<br />
5.27<br />
5.21<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
(n. s.)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
(n. s.)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
4.88<br />
4.79<br />
4.00<br />
4.34<br />
4.84<br />
4.84<br />
4.66<br />
4.97<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
(n. s.)<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
(n. s.)<br />
„Marketingsupport“<br />
(n. s.)<br />
Grosse lokale Organisation<br />
(4. Quartil, n=51)<br />
Kleine lokale Organisation<br />
(1. Quartil, n=56)<br />
Achsenbeschriftung:<br />
1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> unterschiedliche Grössen der lokalen<br />
Vertriebsorganisation<br />
5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen<br />
Bereits Hakansson (1982, S. 17) betont, dass die Dauer der Zusammenarbeit zwischen<br />
zwei Organisationen durch die Anzahl der persönlichen Erfahrungen im sozialen Austauschprozess<br />
wesentlich über das Zustandekommen von Vertrauen und den Erfolg<br />
der Geschäftsbeziehung bestimmt. Wie Anderson/Weitz (1989, S. 320) gezeigt haben,<br />
erhöht sich das Vertrauen und verbessert sich die Erwartungsbildung in reifenden Beziehungen<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Kumar et al. (1995, S. 57) zeigen,<br />
dass sich die Gesamtqualität der Beziehung zum Hersteller im Laufe der Zeit erhöht.<br />
Frazier (1983, S. 68) und Dwyer et al. (1987, S. 11 ff.) argumentieren, dass rationale<br />
Vertriebspartner Beziehungen zu solchen Herstellern vermeiden werden, bei<br />
denen sie sich nicht gut behandelt fühlen. Wenn gewünschte Ergebnisse nicht erzielt<br />
werden können, kann die Beziehung schnell enden (Kumar et al. 1995, S. 57). Erhalten<br />
Vertriebspartner hingegen die gewünschten Ergebnisse aus der Zusammenarbeit
134<br />
Kapitel 5<br />
zum Hersteller, bereitet dies den Weg <strong>für</strong> eine tiefere Zusammenarbeit (Kumar et al.<br />
1995, S. 57). Nach dieser Ansicht besitzt die zufrieden stellende Zusammenarbeit<br />
schon in frühen Phasen eine wichtige Bedeutung und ist notwendige Bedingung <strong>für</strong><br />
eine Ausweitung der Zusammenarbeit.<br />
Die Dauer der Beziehung zum Herstellerunternehmen wird, wie von Mohr et al. (1996,<br />
S. 113) vorgeschlagen, als Single-Item Indikator gemessen, der erfasst, wie lange der<br />
Vertriebspartner bereits die Produkte und Leistungen des Herstellers verkauft (s.<br />
Kumar et al. 1995, S. 59). Die multiple Regression der Beziehungsdauer mit den sieben<br />
Beurteilungsdimensionen kann lediglich einen Zusammenhang <strong>für</strong> die Dimensionen<br />
„Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ signifikant bestätigen. Demnach<br />
steigt mit der Dauer der Beziehung zum Hersteller die Zufriedenheit mit dem<br />
Marketing-Support und mit den finanziellen Konditionen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Verantwortlich<br />
<strong>für</strong> diesen Zusammenhang ist ggf. die Zuverlässigkeit von Erwartungen,<br />
die sich auf Grundlage der langjährigen Erfahrung mit dem Hersteller verbessert.<br />
„Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“<br />
(n. s.)<br />
„Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten“<br />
(*)<br />
4.85<br />
4.57<br />
4.47<br />
4.48<br />
5.36<br />
5.01<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
(*)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
(n. s.)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
4.88<br />
4.71<br />
4.02<br />
4.27<br />
4.63<br />
4.49<br />
4.74<br />
4.96<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
(n. s.)<br />
„Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
(n. s.)<br />
„Marketingsupport“<br />
(*)<br />
Lange Dauer der Beziehung zum<br />
Hersteller (4. Quartil, n=63)<br />
Kurze Dauer der Beziehung zum<br />
Hersteller (1. Quartil, n=56)<br />
Achsenbeschriftung:<br />
1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />
n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />
Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der<br />
Beziehung zum Hersteller<br />
Der Quartilsvergleich kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Für die Beurteilungsdimensionen<br />
„Informations- und Kommunikationsverhalten“, „Produkte und Leistungen“ und<br />
„Abwicklung und Lieferung“ kann auch hier kein signifikanter Mittelwertunterschied<br />
ermittelt werden. Für die Dimension „Finanzielle Konditionen“ besteht im Quartilsvergleich<br />
ebenfalls kein signifikanter Mittelwertunterschied. Im Bereich des „Marke-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 135<br />
ting-Support“ kann - wie in der Regressionsanalyse - ein signifikanter Unterschied<br />
festgestellt werden. Hinzu kommen die Dimensionen „Kultur und Werte“ und „Soziale<br />
Interaktion“, <strong>für</strong> die beim Quartilsvergleich ebenfalls ein deutlicher, wenn auch nur<br />
schwach signifikanter Zusammenhang ermittelt werden kann (s. Abbildung 5-12, S.<br />
134).<br />
Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass der Einfluss der Beziehungsdauer auf die<br />
Beurteilung der Zusammenarbeit ausgesprochen schwach ausfällt. Nach der Argumentation<br />
der weiter oben aufgeführten Autoren wäre anzunehmen gewesen, dass insbesondere<br />
die Dimensionen „Soziale Interaktion“, „Kultur und Werte“ und „Information<br />
und Kommunikation“ besonders stark durch die Dauer der Zusammenarbeit beeinflusst<br />
würden, da sie direkten Bezug zu den sozialen Aspekten der Zusammenarbeit<br />
und den dort agierenden Akteuren aufweisen. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen<br />
scheint es also, als würde die Bedeutung der Beziehungsdauer zum Hersteller tendenziell<br />
überbewertet.<br />
5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung<br />
An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Abschnitte 5.1 (S. 102 ff.) bis 5.3 (S.<br />
112 ff.) noch einmal zusammengefasst. Zentrale Ergebnisse der vorangegangenen Abschnitte<br />
und Absätze waren:<br />
• Die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller erfolgt anhand vielfältiger<br />
Teilaspekte, die durch bisherige konzeptionelle Ansätze (s. Abschnitt 5.1, S.<br />
102 ff.) nicht vollständig erfasst werden. Die Auswertung der explorativen Interviews,<br />
die der Autor in der Vertriebsorganisation internationaler Industriefirmen geführt<br />
hat (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), zeigt die Vielfalt der Beurteilungsaspekte<br />
in der Praxis (s. Tabelle 5-1, S. 110). Im Rahmen der quantitativen<br />
Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) wurden die identifizierten<br />
Beurteilungsaspekte genutzt, um die führenden Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
aus Sicht der europäischen Vertriebspartner zu beurteilen (s. Absatz 5.2.2, S.<br />
110 ff.). Eine Analyse zeigt, dass Vertriebspartner insbesondere finanzielle Aspekte<br />
und die Informationspolitik Schweizer Hersteller bemängeln (s. Abbildung 5-4, S.<br />
111).<br />
• Über die exemplarische Beurteilung der Schweizer Hersteller hinaus konnte durch<br />
eine mehrstufige Datenanalyse die Dimensionalität der Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />
ermittelt werden (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Es wurden sieben Beur-
136<br />
Kapitel 5<br />
teilungsdimensionen identifiziert, die von Vertriebspartnern zur Beurteilung eines<br />
Herstellers herangezogen werden. Die einzelnen Dimensionen sind die „Produktund<br />
Leistungspolitik“, die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der<br />
„Marketing- und Verkaufssupport“, die „Konditionenpolitik“, die „soziale Interaktion“,<br />
der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“ sowie das „Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten“ des Herstellers. Für jede der sieben Dimensionen wurde<br />
die relative Bedeutung <strong>für</strong> den lokalen Geschäftserfolg ermittelt und ausführlich interpretiert<br />
(s. Absatz 5.3.2, S. 116 ff. und Abbildung 5-5, S. 117).<br />
• Im Weiteren wurde untersucht, inwieweit die Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />
vom lokalen Kontext abhängt (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.). Es zeigt sich, dass die<br />
einzelnen Kontextvariablen in unterschiedlichem Masse Einfluss auf die verschiedenen<br />
Beurteilungsdimensionen besitzen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Besonders deutlich<br />
wurde der Einfluss der Situationsvariablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“,<br />
„Profitabilität des Herstellers“ und „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“ auf<br />
die Beurteilung der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.3.1, S. 126 ff.; Absatz 5.3.3.3,<br />
S. 130 ff.; Absatz 5.3.3.4, S. 131 ff.). Bei der Interpretation wurde herausgestellt,<br />
dass sich im Kontext der lokalen Situation die Erwartungen an die Leistungen des<br />
Herstellers zu ändern scheinen, weshalb sich die Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />
bei gleich bleibender Unterstützung durch diesen massgeblich verändern kann.<br />
Lokale<br />
Situation<br />
Produkte und<br />
Leistungen<br />
Marketingsupport<br />
Umgang mit<br />
Kultur und<br />
Werten<br />
Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung<br />
und Lieferung<br />
Lokale<br />
Beurteilung<br />
Finanzielle<br />
Konditionen<br />
Informations- und<br />
Kommunikationsverhalten<br />
Soziale<br />
Interaktion<br />
Vertriebsgestaltung<br />
Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung<br />
Insgesamt zeigt sich damit, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />
nicht alleine von dessen Vertriebsgestaltung abhängig ist, sondern ebenso durch die
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 137<br />
lokale Situation und deren Veränderungen bestimmt wird. Die lokale Beurteilung befindet<br />
sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen der lokalen Situation und<br />
der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 136).
138<br />
6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung<br />
der Vertriebsgestaltung<br />
Kapitel 6<br />
6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung<br />
Vertriebspartner fordern vielfach, mit ihren Anliegen stärker bei der Vertriebsgestaltung<br />
des Herstellers berücksichtigt zu werden. Zwar erkennen viele Hersteller die Vorteile,<br />
die mit einer besseren Zusammenarbeit verknüpft sind, doch in den wenigsten<br />
Unternehmen werden systematisch Lösungen entwickelt, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit<br />
aktiv zu verbessern.<br />
Die Ausführungen in Kapitel 3 (S. 49 ff.) haben bereits gezeigt, dass die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner eine wichtige Voraussetzung darstellt, um mitarbeiter- und marktbezogener<br />
Ziele des Herstellers zu erreichen. Um eine hohe Zufriedenheit herzustellen,<br />
müssen Hersteller die Situation berücksichtigen, in der sich Vertriebspartner befinden.<br />
Die in dieser Arbeit empirisch ermittelten Beurteilungsdimensionen (s. Abschnitt 5.3,<br />
S. 112 ff.) und deren situative Ausprägung (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.) geben Anhaltspunkte<br />
<strong>für</strong> eine Vertriebsgestaltung, die in besonderem Masse der Zufriedenheit internationaler<br />
Vertriebspartner Rechnung trägt.<br />
Die Relevanz (s. Kapitel 3, S. 49 ff.) und die Determinanten (Kapitel 4, S. 78 ff. und<br />
Kapitel 5, S. 102 ff.) der Zufriedenheit unter Vertriebspartnern als zwei von drei zentralen<br />
Forschungsfragen dieser Arbeit (s. Abschnitt 1.3, S. 6) wurden bereits eingehend<br />
untersucht. Die dritte noch zu beantwortende Forschungsfrage fokussiert die Alternativen,<br />
die einem Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen.<br />
Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage werden mögliche Ansatzpunkte der<br />
Vertriebsgestaltung und deren situative Eignung näher untersucht. Es stellt sich die<br />
Frage, aus welchen Strategien und Massnahmen der Hersteller generell wählen kann<br />
(s. Abschnitt 6.2, S. 139 ff. und 6.3, S. 159 ff.), inwieweit diese die lokale Situation<br />
berücksichtigen müssen und in welcher Abfolge der Hersteller sein Vorgehen vorteilhafter<br />
Weise organisieren sollte (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.).<br />
Die Unterscheidung in strategische und operative Ansätze wird anhand der Fristigkeit<br />
und dem Konkretisierungsgrad der Gestaltungsalternativen vorgenommen. Diese Unterscheidung<br />
wird den Ansatzpunkten nicht in jederlei Hinsicht gerecht. Denn bspw.<br />
Teamorganisationen (Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) oder das Informationsmanagement (Absatz<br />
6.3.8, S. 229 ff. ) besitzen sowohl strategische als auch operative Aspekte. Obgleich<br />
die Strukturierung demnach keine absolute Trennschärfe besitzt, ermöglicht sie<br />
es zwischen richtungweisenden Grundoptionen und konkreten Stossrichtungen zu unterscheiden.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 139<br />
Um ein systematisches Vorgehen bei der Um- und Durchsetzung von Aktivitäten zur<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit zu unterstützen, wird als ergänzender Zugang eine<br />
dynamische Betrachtung herangezogen (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.). Dabei wird ein<br />
vierstufiger Managementprozess modelliert und beschrieben, der Hersteller bei der<br />
Diagnose der Zusammenarbeit, der Planung und Gestaltung von Massnahmen sowie<br />
deren Kontrolle anleitet. Anschliessend erfolgt anhand der erarbeiteten Ansätze in Abschnitt<br />
6.5 (S. 259 ff.) eine Analyse konkreter Unternehmen in Form von Fallstudien.<br />
Diese Durchdringung trägt zum besseren Verständnis der situativen Differenzierung<br />
der Vertriebsgestaltung bei.<br />
Abbildung 6-1 (S. 139) zeigt die gewählten Zugänge zur Vertriebsgestaltung des Herstellers<br />
und deren Verzahnung mit der Situation des Vertriebspartners und bildet damit<br />
den gedanklichen Rahmen <strong>für</strong> Kapitel 6.<br />
Perspektive Inhalte Abschnitt<br />
Statische<br />
Betrachtung<br />
Dynamische<br />
Betrachtung<br />
Situative<br />
Betrachtung<br />
Strategische<br />
Konfiguration<br />
Operative Koordination<br />
und Unterstützung<br />
Prozess der<br />
Vertriebsgestaltung<br />
Unternehmensfälle<br />
Abschnitt 6.2<br />
Abschnitt 6.3<br />
Abschnitt 6.4<br />
Abschnitt 6.5<br />
Abbildung 6-1: Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung<br />
6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation<br />
6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration<br />
In der Literatur zur Organisationstheorie werden verschiedene Konzepte und Masse<br />
zur Erfassung und Beschreibung von formalen Organisationsstrukturen vorgeschlagen<br />
(s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 71 ff.). Hierzu gehören bspw. die Spezialisierung, die<br />
Partizipation, die Zentralisierung und die Formalisierung (s. Kieser/Walgenbach 2003,<br />
S. 71; Ruekert et al. 1985, S. 15; Dwyer/Welsh 1985, S. 399). Ghoshal/Nohria (1989,<br />
S. 325) halten die Zentralisierung und Formalisierung <strong>für</strong> die wichtigsten Konstrukte<br />
bei der Analyse internationaler Marktorganisationen. Ferrell/Skinner (1988, S. 104)<br />
heben neben Formalisierung und Zentralisierung die Bedeutung verschiedener „forma-
140<br />
Kapitel 6<br />
ler Führungsstile“ hervor, die Marktorganisationen prägen. Zu den formalen Führungsstilen<br />
gehören insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile, die<br />
nach Gencturk/Aulakh (1995, S. 757 f.) den internationalen Vertrieb in besonderem<br />
Masse kennzeichnen (s. auch Jaworski/MacInnis 1989, S. 407).<br />
Auf Basis der von Ferrell/Skinner (1988, S. 104) vorgeschlagenen Auswahl und der<br />
Konzeptualisierung von Jaworski/MacInnis (1989, S. 407) werden im Folgenden die<br />
Zentralisierung, die Formalisierung und ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile<br />
herangezogen, um die „strategische Konfiguration“ der internationalen Vertriebsorganisation<br />
zu erfassen. Durch den Begriff „strategische Konfiguration“ soll einerseits der<br />
allgemeine und in der Regel langfristige Charakter dieser Stellhebel zum Ausdruck<br />
gebracht werden. Andererseits wird durch den Begriff der „Konfiguration“ betont,<br />
dass es sich um Rahmenbedingungen <strong>für</strong> Vertriebspartner handelt, die allerdings aus<br />
der Perspektive des Herstellers beeinflussbar sind (s. Dwyer/Welsh 1985, S. 400).<br />
Der Grad an Zentralisierung bezieht sich auf die hierarchische Ebene, die Entscheidungsautorität<br />
besitzt (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Entscheidungen, die an niedrigere<br />
Ebenen delegiert werden, bezeichnet man als dezentralisiert, Entscheidungsbefugnisse,<br />
die auf Top-Ebene behalten werden, hingegen als zentralisiert (Ferrell/Skinner<br />
1988, S. 104). Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) weisen darauf hin, dass durch die Zentralisierung<br />
von Entscheidungskompetenz die zentralen Einheiten begünstigt werden,<br />
weshalb es insbesondere in der Zusammenarbeit mit starken Vertriebspartnern zu<br />
ernsthaften Auseinandersetzungen kommt. Tabelle 6-1 fasst die wichtigsten Gründe<br />
zusammen, die Unternehmen bei der Entscheidung zu zentralem oder dezentralem<br />
Vorgehen im internationalen Vertrieb antreiben.<br />
Wie in Tabelle 6-1 dargestellt, lässt sich einerseits zwischen Faktoren der externen<br />
Situation unterscheiden, die zur Zentralisierung oder Dezentralisierung führen und<br />
andererseits den Vorteilen, die sich Unternehmen aus der jeweiligen Alternative versprechen.<br />
Cavusgil/Myers (2000, S. 56) betonen, dass die Herausforderung darin liegt,<br />
die Balance zu halten zwischen der Kostenersparnis und der Erhöhung von Margen<br />
auf der einen Seite und der Befriedigung von Kundenbedürfnissen und der Erhaltung<br />
der lokalen Wettbewerbsfähigkeit auf der anderen Seite.<br />
Gründe Zentrales Vorgehen Dezentrales Vorgehen<br />
Externe<br />
Situation<br />
• Zunehmende Konvergenz im Nachfrageverhalten,<br />
• Akzeptanz von globalen Marken,<br />
• Harmonisierung von internationalen<br />
Standards und Verfahren,<br />
• Nationalstaaten und Protektionismus,<br />
• Tarifliche und aussertarifliche Handelshemmnisse,<br />
• Einzigartige Branchen- und Produktstandards,
Vertriebsgestaltung des Herstellers 141<br />
Interne<br />
Vorteile<br />
• Diffusion einheitlicher Technologien,<br />
• Integration nationaler Märkte durch<br />
Wirtschaftsunionen,<br />
• Internationale Professionalität und Koordiniertheit<br />
des Wettbewerbs.<br />
• Kostenreduktion,<br />
• Synergien in zentralen<br />
Aktivitäten,<br />
• Zentrales Know-How und zentrale Ressourcen,<br />
• Verbesserte und einheitliche<br />
Qualität von Produkten und Prozessen,<br />
• Stärkere Möglichkeit zur Kontrolle und<br />
Überwachung.<br />
• Lokale Markterfordernisse: Kundenbedürfnisse,<br />
Wettbewerbssituation, Vertriebsstrukturen,<br />
• Kulturelle Differenzen,<br />
• Geografische Trennung.<br />
• Möglichkeit auf lokale Bedürfnisse einzugehen,<br />
• Schnelle Reaktionsmöglichkeiten auf<br />
wechselnde Umweltbedingungen,<br />
• Nutzung lokaler Talente und Fähigkeiten,<br />
• Schaffung von unternehmerischem Geist,<br />
Verantwortlichkeitsgefühl und Moral,<br />
• Erhöhung der lokalen Wettbewerbsfähigkeit,<br />
• Erhalt der Ergebnisverantwortlichkeit<br />
lokaler Manager.<br />
Tabelle 6-1: Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der Zentralisierung<br />
(In Anlehnung an Cavusgil/Myers 2000, S. 55 f.)<br />
Wie bereits weiter oben erwähnt, wird neben der Zentralisierung häufig die Formalisierung<br />
herangezogen, um das Wesen von internationalen Organisationen zu analysieren<br />
(Ghoshal/Nohria 1989, S. 325). Formalisierung umfasst die Standardisierung und<br />
Dokumentation von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung<br />
(Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Unter Formalisierung fallen damit alle Ansätze zur<br />
Standardisierung von Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozessen<br />
bei der Entwicklung und Durchsetzung von Massnahmen im Marketing und Vertrieb<br />
(Backhaus et al. 2000a, S. 369). Diese unternehmensweite Vereinheitlichung der Vorgehensweise<br />
bei der Entscheidungsfindung wird in der Literatur zum internationalen<br />
Marketing auch häufig als Prozessstandardisierung bezeichnet (Backhaus et al. 2000a,<br />
S. 369). Aus Sicht des Herstellers wird die Formalisierung meist unter Effizienzgesichtspunkten<br />
betrachtet. Backhaus et al. (2000a, S. 370) heben die folgenden Vorteile<br />
eines formalisierten Vorgehens hervor:<br />
• Entlastung von Planungs- und Entscheidungsinstanzen,<br />
• Realisierung organisatorischer Rationalisierungspotenziale,<br />
• Vereinfachung der Koordination durch Schaffung von Transparenz<br />
der Entscheidungsfindung,<br />
• Erleichterung länderübergreifender Controllingmassnahmen und<br />
• Sicherstellung einer Abstimmung länderspezifischer Massnahmen.<br />
Formalisierung bestimmt somit den Grad an Autonomie und den Entscheidungsspielraum<br />
eines Vertriebspartners (Dwyer/Oh 1987, S. 356). In der Forschung wird betont,
142<br />
Kapitel 6<br />
dass die weitgehenden Befolgung von Regeln und definierten Abläufen häufig negative<br />
Folgen <strong>für</strong> die Betroffenen mit sich bringt (Geyskens et al. 1999, S. 228).<br />
Dwyer/Oh (1987, S. 356) nennen bspw. die intrinsische Motivation eines Vertriebspartners,<br />
die durch Formalisierung reduziert wird.<br />
Als drittes Merkmal zur Beschreibung der formalen Marktorganisation wird der formale<br />
Führungsstil des Herstellers herangezogen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 407).<br />
Auf Basis zentraler Forschungsbeiträge zur organisationalen Führung (s. Child 1972;<br />
Jaworski 1988; Ouchi 1979) können formale Führungsstile in Anlehnung an<br />
Gencturk/Aulakh (1995, S. 757) als „management-initiated mechanisms [Anm. d.<br />
Verf.; „verstanden werden,“] that are designed to regulate organizational activities to<br />
ensure their conformance to established expectations.“ Dabei können insbesondere<br />
ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden<br />
(Gencturk/Aulakh 1995, S. 757), die sich in Abhängigkeit von der lokalen Situation<br />
der Vertriebspartner unterscheiden können (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren<br />
Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern eher zu ergebnisbezogener Kontrolle,<br />
während der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnern versucht,<br />
über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise des Vertriebspartners die Position<br />
am Markt zu verbessern (s. auch Absatz 4.1.3.2, S. 89).<br />
Damit es dem Hersteller gelingt, eine strategische Konfiguration der internationalen<br />
Vertriebsorganisation vorzunehmen, die optimal auf die korrespondierenden Situationen<br />
abgestimmt ist, sind nicht nur Kenntnisse über die lokale Situation erforderlich.<br />
Vielmehr wird auch die Kenntnis über die Eignung der verschiedenen Konfigurationsalternativen<br />
<strong>für</strong> die verschiedenen Situationen benötigt, um über deren Einsatz zu entscheiden<br />
(Gencturk/Aulakh 1995, S. 756; Dwyer/Welsh 1985, S. 401; Stern/Reve<br />
1980, S. 54). An diese Gedanken schliesst Absatz 6.2.2 an, in dem die Wirkungen der<br />
vorgestellten Konfigurationsalternativen in verschiedenen Situationen untersucht werden.<br />
6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration<br />
6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression<br />
In diesem Absatz werden wichtige methodische Grundlagen erläutert und ein Konzept<br />
vorgeschlagen, um die situative Eignung der strategischen Konfigurationsalternativen<br />
zu überprüfen. In diesem Zusammenhang können drei Gruppen von Variablen unterschieden<br />
werden. Hierzu gehören Variablen der strategischen Konfiguration, der loka-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 143<br />
len Situation und der lokalen Ergebnisse. Abbildung 6-2 (S. 143) zeigt die drei Variablengruppen<br />
und deren Zusammenhänge.<br />
Variablen der strategischen<br />
Konfiguration<br />
• Zentralisierung,<br />
• Formalisierung,<br />
• Führungsstil.<br />
Direkter<br />
Effekt<br />
Variablen der<br />
lokalen Situation<br />
• Lokale Unsicherheit,<br />
• Wettbewerbsintensität,<br />
• Organisationsgrösse,<br />
• Beziehungsdauer.<br />
Moderierender<br />
Effekt<br />
Direkter<br />
Effekt<br />
Variablen der lokalen<br />
Ergebnisse<br />
• Zufriedenheit.<br />
Abbildung 6-2: Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und<br />
Moderatorvariablen<br />
Als Variablen der strategischen Konfiguration werden die bereits in Absatz 6.2.1 (S.<br />
139 ff.) vorgestellten Alternativen „Zentralisierung“, „Formalisierung“ und „Führungsstile“<br />
herangezogen. Details zur Messung der jeweiligen Variablen finden sich in<br />
den Absätzen 6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.).<br />
Um die Wirkungen der verschiedenen Konfigurationsalternativen zu erfassen, ist ein<br />
Bewertungsmassstab <strong>für</strong> die lokalen Ergebnisse festzulegen. Als Ergebnisgrössen<br />
kommen verschiedene (bereits in Absatz 3.1.1, S. 49 ff. aufgezeigte) wirtschaftliche,<br />
effektivitäts- und potenzialbezogene Zielgrössen in Betracht, wie z. B. die lokale Verkaufsleistung<br />
oder der wirtschaftliche Markterfolg. In der vorliegenden Untersuchung<br />
wird die lokale Zufriedenheit der Vertriebspartner („Channel Member Satisfaction“)<br />
als Ergebnisgrösse herangezogen, da untersucht werden soll, ob und wie unterschiedlich<br />
die Konfigurationsalternativen in verschiedenen lokalen Situationen aus Sicht des<br />
Vertriebspartners beurteilt werden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 760). Für die Messung<br />
der Variablen „Channel Member Satisfaction“ wird hierbei wiederholt auf die<br />
von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte und validierte Skala zurückgegriffen.<br />
Das verwendete Messmodell der Variablen „Channel Member Satisfaction“<br />
sowie die Angaben bezüglich der Erfüllung von Gütekriterien erster und zweiter Generation<br />
finden sich in Anhang G - 1 (S. 363).<br />
Als letzte Gruppe von Variablen sind die Variablen der lokalen Situation zu erfassen,<br />
deren moderierende Effekte untersucht werden sollen. Hierzu werden die bereits in
144<br />
Kapitel 6<br />
Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) vorgestellten Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“,<br />
„Lokale Wettbewerbsintensität“, „Grösse der lokalen Organisation“ und „Beziehungsdauer<br />
mit dem Hersteller“ verwendet. Die in Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) berücksichtigte<br />
Situationsvariable „Profitabilität des Herstellerunternehmens“ wird an dieser Stelle<br />
von der Untersuchung ausgeschlossen, da zu vermuten ist, dass sie stark mit der Vertriebsgestaltung<br />
des Herstellers assoziiert ist. Die Variable wirkt durch ihren Einfluss<br />
auf die Vertriebsgestaltung des Herstellers zwar indirekt auch auf die lokale Situation,<br />
allerdings diskriminiert sie damit im vorliegenden Modell nicht ausreichend scharf<br />
genug von den Gestaltungsvariablen. Eine klare Zuordnung ist damit nicht möglich.<br />
Um die vermuteten Moderatoreffekte der situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen<br />
Umfelds“, „Wettbewerbsintensität“, „Organisationsgrösse“ und „Beziehungsdauer“<br />
zu testen, wird <strong>für</strong> jede Konfigurationsalternative eine hierarchische moderierte<br />
Regressionsanalyse durchgeführt. Dabei werden sowohl direkte Effekte als auch indirekte<br />
Moderatoreffekte berücksichtigt. Das Vorgehen im Rahmen der moderierten<br />
Regressionsanalyse wird im Folgenden kurz erläutert.<br />
Zunächst sei angenommen, dass die Ergebnisvariable Y eine lineare Funktion der<br />
Konfigurationsvariable X sei.<br />
(1) y = a + b · x<br />
Demnach wird also unterstellt, dass sich die Ergebnisse Y ändern, wenn sich die Konfigurationsvariable<br />
X ändert. Weiterhin wird angenommen, dass die Änderungen in Y<br />
auf die Veränderungen der Variablen X zurückzuführen sind. Zur Schätzung dieser<br />
linearen Beziehung könnte eine einfache Regressionsanalyse herangezogen werden. In<br />
Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) wurde bereits erörtert und empirisch überprüft, dass ebenfalls<br />
direkte Effekte der Änderungen von Situationsvariablen S auf die lokale Zufriedenheit<br />
wirken. Die Gleichung (1) ist dementsprechend um unabhängige Situationsvariablen<br />
zu ergänzen.<br />
(2) y = a + b1 · x + b2 · s<br />
Neben dem direkten Effekt der Variablen S auf die Ergebnisgrösse Y ist ferner davon<br />
auszugehen, dass die Stärke der Beziehung zwischen der Konfigurationsvariablen X<br />
und der Ergebnisvariablen Y (X � Y) durch die Situationsvariable S moderiert wird.<br />
Mit anderen Worten ist der Regressionskoeffizient B1 abhängig von der Situationsvariablen<br />
S. Daraus ergibt sich Gleichung (3).<br />
(3) b1 = c + d · s
Vertriebsgestaltung des Herstellers 145<br />
Setzt man Gleichung (3) in Gleichung (2) ein, so ergibt sich neben den direkten Beziehungen<br />
von X und S auf Y noch der Interaktionsterm zwischen den Gestaltungsvariablen<br />
X und den Situationsvariablen S. Der Interaktionsterm gibt an, inwiefern die<br />
situative Variable die Beziehung zwischen den Variablen X und Y moderiert und wird<br />
deshalb auch als „Moderatoreffekt“ oder „Interaktionseffekt“ bezeichnet.<br />
(4) y = a + (c + d · s) · x + b2 · s<br />
= a + c · x + b2 · s + d · s · x<br />
= Konstante + direkter Effekt X + direkter Effekt S + Interaktionsterm (X, S)<br />
Durch eine hierarchische, moderierte Regressionsanalyse können nun die verschiedenen<br />
in Gleichung (4) dargestellten Parameter (direkter Effekt X, direkter Effekt S, Interaktionsterm<br />
X, S) in einem „Modell“ geschätzt werden. Dabei werden wie bei der<br />
„klassischen“ multiplen Regression Gütemasse <strong>für</strong> die Qualität des Gesamtmodells<br />
sowie der einzelnen Parameter angelegt. Ein besonderes Vorgehen schlagen Sharma et<br />
al. (1981, S. 293 f.) <strong>für</strong> die hierarchische, moderierte Regression vor. Demnach wird in<br />
einem vierstufigen Vorgehen zunächst ein Modell geschätzt, das lediglich die direkten<br />
Effekte der Gestaltungsvariablen enthält (siehe Gleichung (1); Abbildung 6-3, S. 145<br />
„Modell 1“).<br />
Konfiguration<br />
Modell 1<br />
DE<br />
Ergebnis<br />
DE = Direkter Effekt, ME = Moderatoreffekt<br />
Konfiguration<br />
Modell 2<br />
Situation<br />
DE<br />
DE<br />
Ergebnis<br />
Konfiguration<br />
Modell 3<br />
Situation<br />
Abbildung 6-3: Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression<br />
ME<br />
DE<br />
DE<br />
Ergebnis<br />
In einem zweiten Schritt wird ein erweitertes Modell geschätzt, das die direkten Effekte<br />
der situativen Variablen mit berücksichtigt (siehe Gleichung (2) ; Abbildung 6-3, S.<br />
145 „Modell 2“). In einem dritten Schritt werden auch die Interaktionsterme zwischen<br />
Gestaltungs- und Situationsvariablen aufgenommen (siehe Gleichung (4) ; Abbildung<br />
6-3, S. 145 „Modell 3“). In einem vierten Schritt wird letztlich die Veränderung der<br />
Qualität der Modelle anhand des partiellen F-Tests beurteilt. Dieser gibt an, ob sich die<br />
Erklärungskraft des Modells auf den drei Stufen durch Hinzufügen der jeweiligen Va-
146<br />
Kapitel 6<br />
riablen erhöht (Krafft 1995, S. 367). Diesem Vorgehen wird in den folgenden Absätzen<br />
6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.) gefolgt.<br />
Vor der Durchführung der einzelnen Regressionsanalysen wurde die Prämisseneinhaltung<br />
überprüft. Die VIF-Werte, die Durbin-Watson-Statistik sowie der Kolmogorov-<br />
Smirnov-Test deuten nicht auf schwerwiegende Verletzungen der Prämissen hin (s.<br />
Skiera/Albers 2000, S. 222). Ebenfalls wurden bei jeder der Analysen, die <strong>für</strong> die vier<br />
unterschiedlichen Konfigurationsalternativen durchgeführt wurden, jeweils zwischen<br />
zwei und vier Ausreisser eliminiert, wodurch sich die Modellgüte merklich verbesserte.<br />
6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen<br />
Als erste der vier Konfigurationsalternativen wird die situative Eignung der Variable<br />
„Zentralisierung“ untersucht werden. Die Messung der Variable „Grad der Zentralisierung“<br />
wurde in Form einer Multi-Item Skala in Anlehnung an Ferrell/Skinner (1988,<br />
S. 107 f.) mit fünf Indikatorvariablen vorgenommen, deren Konzeptualisierung und<br />
Operationalisierung wesentlich auf die Arbeit von John (1984, S. 171 ff.) zurückgeht.<br />
Die Ergebnisse der Konstruktmessung ergaben <strong>für</strong> das Konstrukt „Zentralisierung“<br />
eine sehr hohe Eignung. Die Ergebnisse der Messung befinden sich im Anhang G - 7<br />
(S. 367).<br />
Wie bereits früher angeführt, zeigen verschiedene Studien, dass Vertriebsbeziehungen,<br />
in denen die Entscheidungskompetenz beim Hersteller monopolisiert ist, grundsätzlich<br />
zu einer grösseren psychischen Distanz und Frustration gegenüber dem Hersteller führen<br />
(s. Geyskens et al. 1999, S. 228; Dwyer/Oh 1987, S. 356; John 1984, S. 279). Wie<br />
die Untersuchungen von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353)<br />
zeigen, besteht diese negative Assoziation auch zwischen dem Grad der Zentralisierung<br />
und der Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />
Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich die Beziehung zwischen der Zentralisierung<br />
und deren lokaler Vorteilhaftigkeit und Akzeptanz abhängig von der lokalen Situation<br />
verändern. Dwyer/Welsh (1985, S. 401) zeigen, dass unterschiedliche lokale<br />
Situationen über die Vorteilhaftigkeit ebenso unterschiedlicher Alternativen der Vertriebsgestaltung<br />
bestimmen. Obwohl heterogene Situationen von Vertriebspartnern<br />
den Bedarf an spezialisierten Lösungen und dezentralisierten Entscheidungsstrukturen<br />
zugunsten einer hohen Effektivität suggerieren, verhindern diese häufig eine Steige-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 147<br />
rung der Effizienz und wirken damit negativ auf die Unternehmensergebnisse<br />
(Dwyer/Welsh 1985, S. 401; siehe auch Tabelle 6-1, S. 141).<br />
Trotzdem prägen situative Einflüsse die dyadischen Strukturen und Prozesse in Marketing-<br />
und Vertriebskanälen (Stern/Reve 1980, S. 55). Mit Hilfe der Erfassung der<br />
„lokalen Unsicherheit“ zeigten Stern/Reve (1980, S. 61) die Interdependenzen zwischen<br />
Veränderungen der Situation und korrespondierenden Veränderungen in der<br />
Konfiguration der Vertriebskanäle und dem Verhalten der beteiligten Mitarbeiter (s.<br />
Stern/Reve 1980, S. 61; Dwyer/Welsh 1985, S. 398). Je grösser die Komplexität eines<br />
lokalen Umfelds und je grösser dessen Dynamik ist, desto grösser sind die Schwierigkeiten<br />
von zentralen Entscheidungsträgern die relevanten Informationen über die lokale<br />
Umwelt zu erfassen und zu berücksichtigen (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Homogene<br />
lokale Situationen, mit geringer Unsicherheit, geringer Dynamik und niedriger<br />
Wettbewerbsintensität begünstigen hingegen ein zentralisiertes Vorgehen<br />
(Dwyer/Welsh 1985, S. 401).<br />
Auch die Grösse der lokalen Organisation wurde teilweise als wichtige Determinante<br />
bei der Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen ein zentralisiertes Vorgehen herangezogen (s.<br />
Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Die lokale Organisationsgrösse bestimmt den Umfang<br />
von Aufgaben, die ein Vertriebspartner im Rahmen der Vertriebsziele lokal wahrnehmen<br />
kann. Für kleine Vertriebspartner bedeutet die Zentralisierung von Aufgaben und<br />
Entscheidungen eine lokale Entlastung. Wie Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) betonen,<br />
empfinden grosse Niederlassungen die Zentralisierung hingegen als Einschränkung<br />
lokaler Kompetenzen. Hersteller tendieren deshalb dazu, Aufgaben und Entscheidungen<br />
an grosse Niederlassungen zu delegieren, während sie diese bei kleineren Vertriebspartnern<br />
zentral erledigen (Ghoshal/Nohria 1989, S. 326).<br />
Im Laufe der Beziehung zum Hersteller erlangen Vertriebspartner nicht nur weit reichende<br />
Kenntnisse über die Produkte, Technologien, Ziele und Prozesse des Herstellers,<br />
sondern auch tiefgehende Erfahrungen und Wissen über die <strong>für</strong> den Hersteller<br />
relevanten lokalen Marktsegmente und deren Bearbeitung (Bakka 1986, S. 854 f.). Mit<br />
zunehmender Beziehungsdauer scheint deshalb die Dezentralisierung, im Sinne einer<br />
Verlagerung von Entscheidungskompetenzen hin zu den Vertriebspartnern, aus Sicht<br />
von Herstellern und Vertriebspartnern mit Vorteilen verbunden.<br />
Tabelle 6-2 (S. 148) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression<br />
sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Zur<br />
Beurteilung der Modelle müssen zunächst die globalen Gütemasse betrachtet werden.<br />
Das R 2 ist in allen drei Modellen hoch signifikant. Das bedeutet, dass der Erklärungs-
148<br />
Kapitel 6<br />
beitrag der einbezogenen Variablen in allen drei Modellen mit einer Wahrscheinlichkeit<br />
von mindestens 99-Prozent von Null verschieden ist. Um zu überprüfen, ob die<br />
Veränderung des R 2 , die durch das Hinzufügen der Situations- und Interaktionsvariablen<br />
entsteht, zu einer signifikanten Erhöhung des R 2 führt, kann der partielle F-Wert<br />
herangezogen werden (Chow 1960, S. 594 f.). Hierbei zeigt sich, dass die Aufnahme<br />
der situativen Variablen zu einer signifikanten Erhöhung des R 2 führen (Modell 2).<br />
Durch das Hinzufügen der Interaktionsterme (Modell 3) wird jedoch keine signifikante<br />
Veränderung der Erklärung mehr erreicht (partieller F-Wert = 1.096).<br />
Moderierte multiple Regression<br />
β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />
Unabhängige Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />
Zentralisierung (zcentra) -.177*** -.149*** -.183***<br />
Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.228*** -.219***<br />
Wettbewerbsintensität (zcomp) .058 .055<br />
Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.265*** -.335***<br />
Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .080 .093<br />
IE: zcentra * zuncert .107*<br />
IE: zcentra * zcomp -.014<br />
IE: zcentra * zj05.1_1 -.088<br />
IE: zcentra * zj03_1 .040<br />
Globale Gütekriterien des Modells<br />
R .177 .374 .395<br />
R 2 .031 .140 .156<br />
Korrigiertes R 2<br />
.027 .121 .122<br />
Veränderungen im R 2<br />
.031 .108 .016<br />
F-Wert 7.625*** 7.525*** 4.675***<br />
Partieller F-Wert 7.625*** 7.297*** 1.096<br />
n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />
Tabelle 6-2: Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und<br />
lokaler Zufriedenheit<br />
Auf der Ebene der einzelnen Parameter zeigt sich bereits im Modell 1, dass eine steigende<br />
Zentralisierung - wie vermutet - zu einer geringeren Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />
in der Zusammenarbeit führt. Ebenfalls nehmen die situativen Variablen<br />
„Unsicherheit des lokalen Umfelds“ und „die lokale Organisationsgrösse“ einen direkten<br />
Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit (siehe Modell 2). Wie bereits<br />
in Absatz 5.3.3 (S.124 ff.) diskutiert und in Tabelle 5-4 (S. 126) <strong>für</strong> die verschiedenen<br />
Dimensionen der Zufriedenheit aufgezeigt wurde, besteht ein negativer direkter<br />
Zusammenhang zwischen den beiden oben genannten situativen Variablen und der<br />
Zufriedenheit der Vertriebspartner. Diese direkten Beziehungen werden auch in Mo-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 149<br />
dell 3 bestätigt. Direkte Effekte der situativen Variablen „Wettbewerbsintensität“ und<br />
„Beziehungsdauer“ können hingegen nicht bestätigt werden.<br />
Ein leichter auf dem 90-Prozent signifikanter Interaktionseffekt zeigt sich zwischen<br />
der Situationsvariable „Unsicherheit“ und der Gestaltungsvariable „Zentralisierung“.<br />
Dieser positive Interaktionskoeffizient zeigt, dass der negative Effekt der Zentralisierung<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner in unsicheren Situationen abgeschwächt<br />
wird. D.h. in unsicheren Situationen führt die Zentralisierung zu einer geringeren<br />
Abnahme der Zufriedenheit als bei sicherem lokalem Umfeld. Allerdings dürfen<br />
bei dieser Betrachtung die Höhe der direkten Effekte der Situations- und Gestaltungsvariablen<br />
nicht unberücksichtigt bleiben. Der standardisierte Regressionskoeffizient<br />
des Interaktionsterms fällt nämlich geringer aus als der standardisierte Regressionskoeffizient<br />
der Situationsvariable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“. Es ist deshalb<br />
davon auszugehen, dass eine Erhöhung des Zentralisierungsgrades unabhängig von<br />
der Ausprägung der untersuchten Situationsvariablen zu einer Verringerung der lokalen<br />
Zufriedenheit führt.<br />
6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln<br />
Aus bereits erläuterten Gründen (s. Absatz 6.2.1, S. 139 ff.) streben Hersteller häufig<br />
eine Formalisierung von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung an<br />
(Ferrell/Skinner 1988, S. 104). An dieser Stelle soll überprüft werden, ob das Ausmass<br />
der Formalisierung über die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt und in welchen<br />
Situationen die Formalisierung besonders geeignet ist.<br />
Die Messung der Variable „Grad der Formalisierung“ wurde dazu nach der Konzeptualisierung<br />
und Operationalisierung von Ferrell/Skinner (1988, S. 107) durchgeführt.<br />
Ferrell/Skinner (1988, S. 107) erfassen den Grad an Formalisierung mit einer reflektiven<br />
Multi-Item Skala, die sechs Indikatorvariablen umfasst. Die Messung des Konstruktes<br />
„Formalisierung“ erreichte trotz der Eliminierung einer hohen Anzahl von<br />
Indikatoren keine hohe Güte. Die Reliabilität verfehlt mit einem Cronbach’schen Alpha<br />
von .60 knapp die vielfach geforderte Höhe von .70. Allerdings ist die schwierige<br />
Erfassung der „Formalisierung“ kein spezifisches Problem der vorliegenden Untersuchung,<br />
sondern bereits seit langem bekannt. Dwyer/Oh (1987, S. 350) zeigen die Probleme<br />
und die unzureichende Ausprägung der Gütekriterien auf, die bei der Messung<br />
des Konstruktes „Formalisierung“ aus zahlreichen Untersuchungen hervorgegangen<br />
sind (s. John 1984; John/Reve 1982; Spekman/Stern 1979; Phillips 1982). Bei der In-
150<br />
Kapitel 6<br />
terpretation der Analyseergebnisse ist in diesem Fall jedoch eine besonders hohe Sorgfalt<br />
geboten. Die Ergebnisse der Messung befinden sich ebenfalls im Anhang G - 8 (S.<br />
368).<br />
Das Ausmass der Formalisierung einer Vertriebsorganisation bestimmt den Grad an<br />
Autonomie und Kompetenz der Vertriebspartner und reduziert dadurch häufig deren<br />
intrinsische Motivation (Geyskens et al. 1999, S. 228; Boyle/Dwyer 1995, S. 196 f.).<br />
Eine Meta-Untersuchung von Geyskens et al. (1999, S. 230) zeigt eine geringe, aber<br />
negative Assoziation zwischen dem Grad der Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit.<br />
Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass ein hohes Ausmass an Formalisierung<br />
häufig zu Interessenkonflikten zwischen Hersteller und Vertriebspartner führt.<br />
Nach Dwyer/Welsh (1985, S. 401) begünstigen homogene lokale Situationen, in denen<br />
geringe Unsicherheit, wenig Wettbewerb und eine gute Vorhersehbarkeit der zukünftigen<br />
Marktentwicklung gegeben sind, ein formalisiertes Vorgehen. Denn bereits die<br />
Erfassung relevanter Informationen über die lokale Umwelt wird durch eine solche<br />
Situation erleichtert (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). In dynamischen Situationen ist es<br />
dem Hersteller hingegen nur schwer möglich, ausreichend über die lokalen Vorgänge<br />
informiert zu sein und sinnvolle Regeln und Vorgehensweisen zu definieren, da sich<br />
die Umwelt häufig ändert (Jaworski 1988, S. 28). Aus diesem Grund tendieren Hersteller<br />
im Falle grosser Heterogenität lokaler Situationen zu einem geringeren Grad an<br />
Formalisierung von Informationsprozessen und Dokumentationen (Dwyer/Welsh<br />
1985, S. 400).<br />
Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) betonen, dass sich bei zunehmender Organisationsgrösse<br />
die unabhängigen Interessen einer Vertriebsgesellschaft ändern. So erwarten<br />
grössere Vertriebspartner eine umfassendere Autonomie in ihrem Vorgehen, was häufig<br />
den Interessen der Hersteller widerspricht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325) und einer<br />
Formalisierung entgegensteht. Es ist deshalb zu vermuten, dass der negative Zusammenhang<br />
zwischen Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit bei grösseren Niederlassungen<br />
entsprechend stärker ausfällt.<br />
Eine wichtige Eigenschaft formalisierter Strukturen ist, dass sie als ein administrativer<br />
Mechanismus <strong>für</strong> den Hersteller nur wenig Aufwand bedeuten und darüber hinaus helfen,<br />
den zentralen Aufwand, etwa bei der Auswertung internationaler Ergebnisse, zu<br />
reduzieren. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass weder die Institutionalisierung<br />
noch die Abwicklung formalisierter Prozesse einen hohen ressourcenmässigen<br />
Einsatz <strong>für</strong> das Management des Herstellers mit sich bringt. Hinzu kommen weitere<br />
Vorteile einer Formalisierung, so z. B. dass der Austausch zwischen Vertriebspartner
Vertriebsgestaltung des Herstellers 151<br />
und Hersteller auch in Konfliktfällen geregelt weitergeführt wird und dass mit der Zeit<br />
eine grosse Vorhersehbarkeit und Planbarkeit durch die Vereinfachung erreicht wird,<br />
die durch Routine und Regeln entsteht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 328). Es ist deshalb<br />
davon auszugehen, dass eine Formalisierung insbesondere in langjährigen Beziehungen<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu Vorteilen führt, da sich verlässliche<br />
Erwartungen herausbilden können, die auch <strong>für</strong> den Vertriebspartner zu einer höheren<br />
Verlässlichkeit und besseren Planbarkeit führen.<br />
Tabelle 6-3 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie<br />
lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle.<br />
Moderierte multiple Regression<br />
β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />
Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />
Formalisierung (zform) .117* .054 .074<br />
Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.274*** -,271***<br />
Wettbewerbsintensität (zcomp) .073 .058<br />
Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.075 -.067<br />
Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .053 .068<br />
IE: zform * zuncert .025<br />
IE: zform * zcomp -.021<br />
IE: zform * zj05.1_1 .004<br />
IE: zform * zj03_1 .187***<br />
Globale Gütekriterien des Modells<br />
R .117 .311 .361<br />
R 2 .014 .097 .131<br />
Korrigiertes R 2<br />
.009 .075 .092<br />
Veränderungen im R 2<br />
.014 .083 .034<br />
F-Wert 2.919* 4.425*** 3.374***<br />
Partieller F-Wert 2.919* 4.749*** 1.957*<br />
n = 215; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />
Tabelle 6-3: Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und<br />
lokaler Zufriedenheit<br />
Die drei Modelle zur Schätzung der Formalisierung weisen im vorliegenden Fall alle<br />
drei signifikante Beiträge zur Erklärung der Gesamtvarianz auf. Allerdings muss betont<br />
werden, dass die Signifikanz der einfachen Regression zwischen der Formalisierung<br />
und der lokalen Zufriedenheit lediglich auf dem 90-Prozent-Niveau vorliegt. Der<br />
Konfigurationsparameter „Formalisierung“ kann gerade einmal 1 Prozent an der Gesamtvarianz<br />
der lokalen Zufriedenheit erklären (Modell 1). Durch das Hinzufügen von<br />
situativen Variablen und Interaktionstermen wird der Erklärungsbeitrag jedoch jeweils<br />
signifikant erhöht (siehe partieller F-Wert Modelle 2 und 3). Die Gesamterklärungs-
152<br />
Kapitel 6<br />
kraft ist im Fall der Modelle 2 und 3 jeweils auf dem 99-Prozent-Niveau signifikant<br />
von Null verschieden.<br />
Auf Ebene der Modellparameter fällt zunächst auf, dass der direkte Zusammenhang<br />
zwischen Formalisierung und lokaler Zufriedenheit nur schwach und <strong>für</strong> die Modelle 2<br />
und 3 nicht signifikant ausfällt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass<br />
ein linearer direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an Formalisierung und der<br />
lokalen Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit besteht. Es existiert also kein genereller<br />
Zusammenhang zwischen dem Ausmass, zu dem der Hersteller seine Abläufe formalisiert,<br />
und der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner. Bei der Betrachtung von direkten<br />
Effekten der situativen Variablen fällt erneut der Einfluss der Unsicherheit des<br />
lokalen Umfelds ins Gewicht (s. auch Absatz 6.2.2.2, S. 146 ff.) (s. Modell 2). Dieser<br />
direkte Effekt wird auch in Modell 3 bestätigt.<br />
In Modell 3 zeigt sich weiterhin, dass neben dem direkten Einfluss der lokalen Unsicherheit<br />
auch ein Moderatoreffekt von der Dauer der Beziehung mit dem Hersteller<br />
und dem Formalisierungsgrad besteht. Dieser Effekt zeigt sich auf dem 99-Prozent-<br />
Niveau hoch signifikant. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist also weder direkt<br />
vom Grad der Formalisierung abhängig noch besteht ein direkter Zusammenhang zur<br />
Dauer der Beziehung. Es besteht jedoch ein Interaktionseffekt zwischen beiden Einflussfaktoren.<br />
Dieser führt dazu, dass durch die Formalisierung der Zusammenarbeit<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartner bei steigender Beziehungsdauer eine höhere<br />
Zufriedenheit der lokalen Vertriebspartner erreicht werden kann. Diese Erkenntnis<br />
erscheint insbesondere im Hinblick auf die Vermutungen plausibel, die in Bezug auf<br />
Vertrauen und die Bildung verlässlicher Erwartungen angestellt wurden (s.<br />
Ghoshal/Nohria 1989, S. 327). Im Laufe der Beziehung können sich verlässliche Verhaltens-<br />
und Erwartungsmuster bilden. Die Formalisierung trägt damit dazu bei, die<br />
Planungs- und Erwartungssicherheit auf beiden Seiten - also auch <strong>für</strong> die Vertriebspartner<br />
- zu erhöhen.<br />
6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen<br />
Als drittes Merkmal der Vertriebsstruktur (s. Ferrell/Skinner 1988, S. 104) werden an<br />
dieser Stelle Führungsstile auf ihre situative Eignung untersucht. Gencturk/Aulakh<br />
(1995, S. 755) heben hervor, dass das Management des Herstellers zur Berücksichtigung<br />
der verschiedenen interdependenten Vorgänge zwischen unterschiedlichen Ländern<br />
Steuerungsmechanismen benötigt, die einerseits lokale Unterschiede und Bedin-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 153<br />
gungen einbeziehen, andererseits aber in der Lage sind, die Vorteile der globalen<br />
Möglichkeiten zu nutzen. Jaworski (1988, S. 25) betont, dass die Wirkung verschiedener<br />
Führungsstile auf psychologische Verhaltens- und Ergebnisgrössen durch die Situation<br />
moderiert wird, in der sie ihre Anwendung finden. Es können insbesondere ergebnis-<br />
und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden<br />
(Jaworski/MacInnis 1989, S. 407; Gencturk/Aulakh 1995, S. 757). Dabei muss festgehalten<br />
werden, dass sich diese beiden Führungsstile nicht ausschliessen. Vielmehr<br />
können in einer bestimmten Situation beide, keiner oder nur einer der beiden Führungsstile<br />
vorliegen (Jaworski/MacInnis 1989, S. 408). In der Praxis finden beide Führungsstile<br />
häufig einen ergänzenden Einsatz (Gencturk/Aulakh 1995, S. 755).<br />
Wie bereits in Absatz 4.1.3.2 (S. 89 ff.) gezeigt, kann sich der Führungsstil in Abhängigkeit<br />
von der lokalen Situation der Vertriebspartner durchaus unterscheiden (s.<br />
Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern<br />
eher zu ergebnisbezogener Kontrolle, während der Hersteller bei weniger erfolgreichen<br />
Vertriebspartnern versucht, über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise<br />
die Position am Markt zu verbessern. Jaworski (1988, S. 26) kritisiert, dass<br />
bis Ende der 1980er Jahre keine Forschungsergebnisse zu den moderierenden Effekten<br />
vorlagen, die Umweltvariablen auf die Führungsstile und deren Wirkungen ausüben.<br />
Auch heute existieren nur wenige Untersuchungen, die sich dieser Fragestellung annehmen<br />
(s. z. B. Gencturk/Aulakh 1995).<br />
Ergebnisorientierter Führungsstil<br />
Ergebnisorientierte Führung, die auch unter dem Begriff „Management by objectives“<br />
bekannt ist, zeichnet sich dadurch aus, dass Leistungsziele vorgegeben werden, an deren<br />
Erreichung der Hersteller den Vertriebspartner bewertet (Jaworski 1988, S. 27).<br />
Wird das Leistungsziel vollständig erreicht, muss der Hersteller keine Kenntnisse über<br />
die Gründe und kausalen Zusammenhänge der Zielerreichung besitzen, um Vertriebspartner<br />
wieder auf Kurs zu bringen (Jaworski 1988, S. 27). Vielmehr wird die Kenntnis<br />
um die Mittel und Wege zur Zielerreichung an die Vertriebspartner delegiert<br />
(Jaworski 1988, S. 27). Vollständige Ergebnisorientierung der Führung liegt also<br />
bspw. dann vor, wenn das Management des Herstellerunternehmens die Vertriebspartner<br />
dazu anhält, ihre Verkaufsziele zu erhöhen, ohne aber die Vorgehensweise näher<br />
zu spezifizieren oder vorzugeben (Jaworski 1988, S. 27).
154<br />
Kapitel 6<br />
Zur Messung des ergebnisorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall auf<br />
die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurückgegriffen. Die Messung führte<br />
zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen (s. Anhang G - 9, S. 369)<br />
Grundsätzlich kann ein positiver Zusammenhang zwischen einem ergebnisorientierten<br />
Führungsstil und der Zufriedenheit der Vertriebspartner unterstellt werden. Den Zusammenhang<br />
zwischen Zielsetzung, Messung, Feedback und Belohnung zeigen bereits<br />
die richtungsweisenden Untersuchungen von Vroom (1964, S. 246) und Lawler<br />
III/Porter (1967, S. 25 ff.). Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) weisen darauf hin,<br />
dass die Beziehung zwischen der ergebnisorientierten Führung und der Zufriedenheit<br />
massgeblich davon abhängt, wie gut es dem Management gelingt, adäquate Ziele zu<br />
setzen, deren Erreichung zu erfassen, zu bewerten und angemessen zu belohnen. Unterschiedliche<br />
lokale Situationen der Vertriebspartner können <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
die verschiedenen Stufen des von Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) aufgezeigten<br />
Prozesses behindern oder sogar unterstützen.<br />
Wenn Manager des Herstellers nicht in der Lage sind, die lokale Situation und die lokalen<br />
Aktivitäten zu erfassen, ist davon auszugehen, dass ein ergebnisorientierter Führungsstil<br />
nicht seine optimale Anwendung findet (Jaworski et al. 1993, S. 408). Dies<br />
ist z. B. in Situationen lokaler Unsicherheit oder bei einer hohen lokalen Wettbewerbsintensität<br />
der Fall. Jaworski (1988, S. 26) vermutet, dass eine hohe Ergebnisorientierung<br />
der Führung insbesondere in wettbewerbsintensiven Situationen zu dysfunktionalem<br />
Verhalten führt, woraus eine geringere Zufriedenheit der Vertriebspartner impliziert<br />
werden kann. Andererseits neigen Hersteller gerade in Situationen mit hohem<br />
lokalem Wettbewerb zu einem ergebnisorientierten Führungsstil (Jaworski 1988, S.<br />
29), da auch sie nicht in der Lage sind, die lokalen Prozesse adäquat mitzuverfolgen<br />
und prozessorientiert zu führen. Hierdurch wird in wettbewerbsintensiven Situationen<br />
die Zufriedenheit der Vertriebspartner zusätzlich belastet.<br />
Je grösser eine Organisation ist, desto höher ist die Tendenz zu formalisierten Abläufen,<br />
Regeln und Kontrollsystemen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.). Es kann deshalb<br />
davon ausgegangen werden, dass insbesondere grosse lokale Vertriebsorganisationen<br />
in der Lage und dazu bereit sind, notwendige Dokumentationen und Reportings,<br />
die <strong>für</strong> eine Beurteilung im ergebnisorientierten Sinne benötigt werden, zu unterstützen<br />
(Bakka 1986, S. 858). Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Zufriedenheit<br />
mit ergebnisorientierten Führungsansätzen in grossen lokalen Vertriebsorganisationen<br />
höher ist, als dies bei kleineren Vertriebspartnern aufgrund des formalen Aufwandes<br />
der Fall sein dürfte.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 155<br />
Mit zunehmender Beziehungsdauer und damit einem grösseren Erfahrungsschatz in<br />
der Zusammenarbeit wird es dem Hersteller erleichtert, geeignete Zielsetzungen <strong>für</strong><br />
einen Vertriebspartner zu formulieren und deren Erreichung hinreichend zu überprüfen<br />
und zu bewerten (Rosson 1990, S. 206 f.). Es wird daher angenommen, dass die<br />
Zufriedenheit von Vertriebspartnern bei einem ergebnisorientierten Führungsstil mit<br />
zunehmender Beziehungsdauer steigt.<br />
Tabelle 6-4 (S. 155) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression<br />
sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle, die den<br />
Zusammenhang zwischen dem Grad der ergebnisorientierten Führung und der lokalen<br />
Zufriedenheit abbilden.<br />
Moderierte multiple Regression<br />
β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />
Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />
Ergebnisorientierte Führung (zoutpc) .148** .114* .108*<br />
Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.244*** -.229***<br />
Wettbewerbsintensität (zcomp) .058 .062<br />
Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.265*** -.184**<br />
Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .076 .071<br />
IE: zoutpc * zuncert .038<br />
IE: zoutpc * zcomp .076<br />
IE: zoutpc * zj05.1_1 -.116<br />
IE: zoutpc * zj03_1 .069<br />
Globale Gütekriterien des Modells<br />
R .148 .370 .390<br />
R 2 .022 .137 .152<br />
Korrigiertes R 2<br />
.018 .118 .119<br />
Veränderungen im R 2<br />
.022 .115 .016<br />
F-Wert 5.308** 7.353*** 4.555***<br />
Partieller F-Wert 5.308** 7.714*** 1.049<br />
n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />
Tabelle 6-4: Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Führung<br />
und lokaler Zufriedenheit<br />
Bei der hierarchischen, moderierten Regression der Variablen „Ergebnisbezogene<br />
Führung“ auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist <strong>für</strong> alle drei Modelle eine hohe<br />
Signifikanz auf dem 95- bzw. 99-Prozent-Niveau festzustellen. Die dem Modell hinzugefügten<br />
Situationsvariablen führen zu einer signifikanten Erhöhung des Erklärungsbeitrages<br />
des Modells (s. Modell 2). Die Berücksichtigung der Interaktionseffekte<br />
hingegen, bringen keine signifikante Erhöhung des R-Quadrates mit sich (siehe<br />
Modell 3).
156<br />
Kapitel 6<br />
Auf der Ebene der einzelnen Parameter ist zunächst der direkte, positive Effekt des<br />
ergebnisbezogenen Führungsstils zu beachten, der in jedem der drei Modelle mindestens<br />
das Signifikanzniveau von 90 Prozent erreicht. Demnach wirkt sich die Ergebnisorientierung<br />
in der Führung positiv auf die Beurteilung aus Sicht der Vertriebspartner<br />
aus. Vertriebspartner wollen also an ihren Erfolgen gemessen werden. Ein ergebnisorientierter<br />
Führungsstil trägt damit unabhängig von der lokalen Situation zu einer<br />
Erhöhung der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner bei.<br />
An direkten Effekten der Situationsvariablen bestätigt sich wiederholt der Einfluss der<br />
Unsicherheit des lokalen Umfelds sowie der Grösse der lokalen Organisation auf die<br />
lokale Zufriedenheit. Interaktionseffekte zwischen der Gestaltungsvariablen „Ergebnisorientierter<br />
Führungsstil“ und den aufgenommenen Situationsvariablen haben hingegen<br />
keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Die<br />
zufriedenheitssteigernde Wirkung der Ergebnisorientierung hängt demnach nicht - wie<br />
vermutet - von der lokalen Situation ab, sondern besteht unabhängig von dieser.<br />
Prozessorientierter Führungsstil<br />
Ein prozessorientierter Führungsstil setzt an der Vorgehensweise bzw. an den Prozessen<br />
an, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden sollen (Jaworski 1988, S. 26). Der<br />
Fokus liegt also auf dem Verhalten und den Aktivitäten der Vertriebspartner und nicht<br />
etwa beim Endresultat. Im Falle einer vollständigen Prozessorientierung des Führungsstils<br />
macht der Hersteller den Vertriebspartner also <strong>für</strong> die Einhaltung eines vorgeschriebenen<br />
Prozesses verantwortlich, nicht aber <strong>für</strong> die Erreichung der Zielsetzungen<br />
(Jaworski 1988, S. 26). Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Management des<br />
Herstellers die Vertriebspartner an der Anzahl von Mailings oder Kundenbesuchen<br />
misst, nicht aber am Umsatz. In der Praxis wird dieser Fall eher als theoretisch betrachtet,<br />
meist findet sich im Führungsstil eine Mischung zwischen Ergebnis- und Prozessorientierung<br />
wieder (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Als Messmodelle des prozessorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall<br />
die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) verwendet. Die Messung führte zu<br />
sehr zufrieden stellenden Ergebnissen, die im Anhang G - 10 (S. 370) detailliert einzusehen<br />
sind.<br />
Vielfach wird angeführt, dass eine prozessorientierte Führung eine direkte, persönliche<br />
Überwachung, ein hohes Mass an Einbezug des Managements und ggf. Interventionen<br />
in die lokalen Prozesse erfordert (Gencturk/Aulakh 1995, S. 759). Dazu muss das Management<br />
des Herstellers genau wissen, was in den lokalen Gesellschaften getan wird
Vertriebsgestaltung des Herstellers 157<br />
und wie dies geschieht. Deshalb liegt es in der Natur der prozessorientierten Führung,<br />
dass das Management des Herstellers grössere zeitliche und aufwandsmässige Ressourcen<br />
in die Überwachung der lokalen Aktivitäten investieren muss<br />
(Gencturk/Aulakh 1995, S. 759).<br />
Sind die Manager des Herstellers in der Lage, die lokale Situation und die lokalen Aktivitäten<br />
zu erfassen, so z. B. bei geringer Dynamik der lokalen Situation, geringer<br />
Wettbewerbsintensität und geografischer Nähe des Vertriebspartners, so kann davon<br />
ausgegangen werden, dass ein prozessorientierter Führungsstil aus Sicht der Vertriebspartner<br />
eher akzeptiert wird als in dynamischen unsicheren Situationen (Jaworski<br />
et al. 1993, S. 408).<br />
Auch bei der Betrachtung des prozessorientierten Führungsstils ist die Grösse einer<br />
lokalen Organisation als situative Variable mit einzubeziehen. Kleinere Organisationen<br />
sind aufgrund geringerer Ressourcen häufig nur schwer in der Lage, den formalisierten<br />
Anforderungen gerecht zu werden und empfinden diese tendenziell als zusätzliche<br />
Belastung. Andererseits kann eine starke Führung in Bezug auf die Vorgehensweise<br />
und die weitgehende Einbringung von zentraler Managementkompetenz auch<br />
eine wichtige Unterstützung, insbesondere <strong>für</strong> junge Niederlassungen, mit sich bringen.<br />
Diese beiden gegenläufigen Trends gleichen den moderierenden Effekt der beiden<br />
Variablen je nach Gewichtung vermutlich aus.<br />
Tabelle 6-5 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie<br />
lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle.<br />
Moderierte multiple Regression<br />
β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />
Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />
Prozessorientierte Führung (zprocc) .067 .050 .056<br />
Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.267*** -.264***<br />
Wettbewerbsintensität (zcomp) .071 .075<br />
Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.269*** -.264*<br />
Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .077 .084<br />
IE: zprocc * zuncert .044<br />
IE: zprocc * zcomp .060<br />
IE: zprocc * zj05.1_1 .003<br />
IE: zprocc * zj03_1 .025<br />
Globale Gütekriterien des Modells<br />
R .067 .366 .373<br />
R 2 .004 .134 .139<br />
Korrigiertes R 2<br />
.000 .115 .105<br />
Veränderungen im R 2<br />
.004 .129 .006
158<br />
Kapitel 6<br />
F-Wert 1.051 7.124*** 4.080***<br />
Partieller F-Wert 1.051 8.608*** .372<br />
n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />
Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Führung<br />
und lokaler Zufriedenheit<br />
Die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses eines prozessbezogenen Führungsstiles<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner sollen hier der Vollständigkeit halber<br />
aufgeführt werden. Es zeigt sich bereits auf der Ebene des Gesamtmodells, dass weder<br />
die Konfigurationsvariable „Prozessorientierter Führungsstil“ noch deren Interaktion<br />
mit den Situationsvariablen signifikante Erklärungsbeiträge liefern. Als einzige Variablengruppe<br />
haben die unabhängigen Situationsvariablen „lokale Unsicherheit“ und<br />
„lokale Organisationsgrösse“ einen jeweils direkten Effekt auf die Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner. Deshalb weisen die Modelle 2 und 3 jeweils signifikante F-Werte<br />
auf. Die Prozessorientierung der Führung scheint damit aus Sicht der Vertriebspartner<br />
nicht relevant <strong>für</strong> die Zufriedenheitsbeurteilung zu sein, was auch durch verschiedene<br />
lokale Situationen keine Änderung erfährt.<br />
6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung<br />
Im vorangegangenen Absatz 6.2.2 (S. 142 ff.) wurden die strategischen Alternativen<br />
der Konfiguration von internationalen Vertriebsorganisationen untersucht. Es wurde<br />
analysiert, ob und inwieweit sich die Konfiguration an den lokalen Situationen ausrichten<br />
sollte. Die Analyse kam zu folgenden Ergebnissen:<br />
• Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen<br />
und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit.<br />
Insbesondere bei grösseren Vertriebspartnern und in Situationen lokaler Unsicherheit<br />
ist die lokale Zufriedenheit gering. Es konnte jedoch nur ein schwacher<br />
signifikanter Interaktionseffekt zwischen dem Zentralisierungsgrad und der lokalen<br />
Unsicherheit festgestellt werden, der die Erklärungskraft des Modells nicht signifikant<br />
erhöhte. Der negative direkte Effekt der Zentralisierung von Entscheidungen<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner wird also durch die lokale Situation weder<br />
abgeschwächt noch verstärkt (s. Tabelle 6-2, S. 148).<br />
• Der Grad an Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich<br />
einen schwachen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Dieser begründet<br />
sich in der Vereinfachung und Vorhersehbarkeit von Abläufen und Entscheidungen,<br />
die durch die Formalisierung erhöht werden. Ferner zeigte die Unter-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 159<br />
suchung, dass die Formalisierung bei zunehmender Beziehungsdauer zum Vertriebspartner<br />
zu einer starken Zunahme der Zufriedenheit führt. Das bedeutet, dass<br />
gerade in langjährigen Beziehungen die Vorteile der Formalisierung auch von Vertriebspartnern<br />
erkannt und akzeptiert werden (s. Tabelle 6-3, S. 151).<br />
• Zwischen der Ergebnisorientierung des Führungsstils und der lokalen Zufriedenheit<br />
konnte ein positiver Zusammenhang festgestellt werden (Tabelle 6-4, S. 155).<br />
Es existiert allerdings kein Einfluss von situativen Variablen auf diese Beziehung.<br />
Ebenfalls konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Prozessorientierung<br />
des Führungsstils und der Zufriedenheit der Vertriebspartner nachgewiesen<br />
werden. Unabhängig von der lokalen Situation spielt die Prozessorientierung des<br />
Managements damit keine Rolle <strong>für</strong> die Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass insbesondere die lokale Unsicherheit des<br />
Umfelds und die Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner bei der strategischen<br />
Konfiguration zu beachten sind. Darüber hinaus scheint es angebracht, auch die direkten<br />
Zusammenhänge zwischen den Konfigurationsalternativen und der lokalen Zufriedenheit<br />
zu beachten, wenn über deren Einsatz entschieden werden soll.<br />
6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit<br />
6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung<br />
Um die operative Zusammenarbeit zu internationalen Vertriebspartnern zu verbessern,<br />
stehen Herstellern vielfältige Ansatzpunkte zur Verfügung. Bei den Gestaltungsbereichen<br />
der Zentrale lassen sich insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstützung<br />
unterscheiden (Reckenfelderbäumer 2001, S. 253), die im Folgenden unter<br />
der Bezeichnung „operative Vertriebsgestaltung“ zusammengefasst werden. Dem Hersteller<br />
stellen sich diesbezüglich Fragen auf verschiedenen Konkretisierungsebenen:<br />
• Überblick: Welche Gestaltungsansätze stehen generell zur Verfügung?<br />
• Selektion: Welcher Ansatz ist <strong>für</strong> die entsprechende Problemstellung geeignet?<br />
• Gestaltung: Wie ist ein gewählter Ansatz auszugestalten, so dass er optimal zur<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit beiträgt?<br />
Um einen ersten Überblick zu erhalten, welche Gestaltungsmassnahmen internationale<br />
Vertriebspartner vorschlagen, wurden diese im Rahmen der europäischen Befragung<br />
(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) ungestützt<br />
aufgefordert, geeignete Lösungsansätze <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit zu
160<br />
Kapitel 6<br />
formulieren. Abbildung 6-4 (S. 160) zeigt als ein Ergebnis der Befragung die zwanzig<br />
meist genannten Lösungsansätze und die relative Häufigkeit ihrer Nennung. An dieser<br />
Stelle sei nur kurz auf die fünf meist genannten Lösungsvorschläge eingegangen.<br />
Top 5<br />
Gemeinsame strategische<br />
Orientierung<br />
Kundenbetreuungsteams<br />
Lösungsansätze (1-10)* Lösungsansätze (11-20)*<br />
Interne Kommunikationskanäle<br />
Key-Account Management<br />
Gemeinsame Schulung<br />
und Weiterbildung<br />
Projektorganisation<br />
Jobrotation und<br />
Transferprogramme<br />
Gemeinsame<br />
Kundendatenbank<br />
Informationen über<br />
andere Märkte<br />
Abstimmung von Zielen<br />
11.04%<br />
11.04%<br />
10.43%<br />
10.43%<br />
9.82%<br />
9.20%<br />
9.20%<br />
14.11%<br />
20.25%<br />
18.40%<br />
Gemeinsame Kundenbesuche<br />
Informelle Netzwerke<br />
Integration bei Entwicklung<br />
und Markteinführung<br />
Gemeinsame Werte<br />
und Kultur<br />
Koordination von Preisen<br />
Antwortzeiten, Flexibilität<br />
und Unterstützung<br />
Service Level Agreements<br />
Jährliche Salesmeetings<br />
Kenntnis der<br />
lokalen Situation<br />
Gemeinsame<br />
Informationssysteme<br />
* Offene Antwortkategorien nachträglich zugeordnet. Angaben in Prozent der 163 Antwortenden.<br />
Abbildung 6-4: Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Am häufigsten wurde die Verbesserung der internen Kommunikationskanäle genannt.<br />
Dabei wurde insbesondere auf die Verwendung und Institutionalisierung von Instrumenten<br />
hingewiesen, die den täglichen Informationsfluss unterstützen. Als zweithäufigster<br />
Ansatz wurde die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Orientierung<br />
angeführt. Hierbei stehen <strong>für</strong> Vertriebspartner die Transparenz, die Mitentwicklung<br />
und die konsequente Orientierung an der Strategie im Vordergrund. Auch das Key-<br />
Account Management, das von über vierzehn Prozent der Befragten als Gestaltungsansatz<br />
aufgezeigt wurde, besitzt gegenwärtig eine enorme Bedeutung. Diese ist u.a auf<br />
die hohe Kundenkonzentration, zunehmende Professionalität in der Einkaufsorganisation<br />
der Kunden und das internationale Engagement von Kundenunternehmen zurückzuführen<br />
(Belz et al. 2004, S. 29 ff.). Die Befragten hoffen, durch Key-Account Management<br />
eine über Ländergrenzen hinweg koordinierte Bearbeitung der wichtigsten<br />
Kunden zu erreichen und damit Koordinationsdefizite zu überwinden, die Kunden bisher<br />
<strong>für</strong> ihre eigenen Zielsetzungen nutzen konnten.<br />
Elf Prozent der Befragten sind der Meinung, dass auch der Bereich der Schulungs- und<br />
Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers Potenzial <strong>für</strong> die Zusammenarbeit besitzt.<br />
9.20%<br />
8.59%<br />
7.98%<br />
6.75%<br />
6.13%<br />
6.13%<br />
6.13%<br />
6.13%<br />
5.52%<br />
5.52%
Vertriebsgestaltung des Herstellers 161<br />
Vertriebspartner sind dabei davon überzeugt, dass durch die Anzahl und die Qualität<br />
der angebotenen Schulungen der lokale Verkauf in hohem Masse gesteigert werden<br />
kann. Ebenso viele Befragte schlagen eine Projektorganisation <strong>für</strong> verschiedene Entscheidungsbereiche<br />
der Vertriebsorganisation vor. Durch ein gemischtes Projektteam<br />
sollen das Wissen, die Erfahrung und das Interesse der Vertriebspartner besser berücksichtigt<br />
werden und, z. B. im Falle der Einführung eines neuen Produktes, zum Gelingen<br />
des Vorhabens beitragen.<br />
Die in Abbildung 6-4 aufgeführten Gestaltungsansätze besitzen unterschiedliche Konkretisierungsebenen.<br />
Teilweise werden konkrete einzelne Massnahmen genannt wie<br />
z. B. „gemeinsame Kundenbesuche“, teilweise handelt es sich aber auch um Vorschläge<br />
die Programmcharakter besitzen und ein komplexes organisatorisches Unterfangen<br />
mit strategischen Teilaspekten darstellen wie z. B. eine „Projektorganisation“ oder das<br />
„Key-Account Management“. In Tabelle 6-6 (S. 161) wurden deshalb einzelne Massnahmen<br />
zu inhaltlichen „Lösungspaketen“ zusammengefasst und nach der jeweiligen<br />
Stossrichtung kategorisiert. Eine ausführliche Diskussion der einzelnen in Tabelle 6-6<br />
(S. 161) aufgeführten Gestaltungsansätze findet sich in den Absätzen 6.3.2 (S. 162 ff.)<br />
bis 6.3.8 (S. 229 ff.).<br />
Lösungspakete Stossrichtung<br />
1) <strong>Internationales</strong> Key-Account Management,<br />
2) Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen,<br />
3) Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion,<br />
4) Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten,<br />
5) Regionalzentren statt weltweites Vorgehen,<br />
6) Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens,<br />
7) Koordinations- und Planungsteams,<br />
8) Projektorganisation beim Neuproduktmanagement,<br />
9) Integrierte Kundenbetreuung durch Teams,<br />
10) Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen,<br />
11) Markt- und serviceorientierte Unternehmenskultur,<br />
12) Segmentierung von Vertriebspartnern,<br />
13) Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen,<br />
14) Herstellersupport in Marketing und Vertrieb,<br />
15) Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung,<br />
16) Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien,<br />
17) Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung,<br />
Zentrale<br />
Strukturen<br />
Vertikale<br />
Strukturen<br />
Teamorganisation<br />
Kultur und Soziales<br />
Segmentierung<br />
Zentrale<br />
Ressourcen<br />
18) Informationslieferung, -austausch und -versorgung,<br />
19) Einsatz von IT-Systemen und -Tools.<br />
Informationsmanagement<br />
Tabelle 6-6: Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
Um die eingangs (S. 159) aufgezeigte Frage der „Selektion“ von Gestaltungsalternativen<br />
zu beantworten, muss geprüft werden, ob sich ein Lösungsansatz <strong>für</strong> den Prob-
162<br />
Kapitel 6<br />
lemkontext eignet. Dazu können die Lösungspakete in den Kontext der sieben Beurteilungsdimensionen<br />
der Zusammenarbeit gesetzt werden, die in Abschnitt 5.3 (S. 112)<br />
entwickelt wurden. Aufgrund von inhaltlichen Überlegungen wurde die in Abbildung<br />
6-5 (S. 162) vorgeschlagene Zuordnung vorgenommen. Eine eineindeutige Zuordnung<br />
ist aufgrund inhaltlicher Überschneidungen der Gestaltungsalternativen sicherlich weder<br />
möglich noch ratsam. Vielmehr müssen die Lösungsansätze so gewichtet werden,<br />
dass die inhaltlichen Schwerpunkte der sieben Beurteilungsdimensionen zufrieden<br />
stellend abgedeckt werden. Hersteller, die Kenntnisse über die Defizite ihrer Vertriebsorganisation<br />
besitzen, können damit die Zusammenstellung ihrer Lösungspakete<br />
optimal wählen.<br />
Lösungspakete Beurteilungsdimension Ebene<br />
1), 3), 5), 7), 8), 12), 13),<br />
15), 16)<br />
2), 3), 4), 10), 16), 17),<br />
18), 19)<br />
1), 2), 3), 5), 8), 9), 11),<br />
12), 13), 14), 15), 17), 18)<br />
1), 5), 12), 13), 16), 19)<br />
6), 7), 8), 9), 10), 11),<br />
15), 18)<br />
5), 6), 9), 10), 11), 15),<br />
18)<br />
1), 5), 7), 8), 10), 11), 14),<br />
15), 17), 18), 19)<br />
„Produkte und<br />
Leistungen“<br />
„Abwicklung<br />
und Lieferung“<br />
„Marketingsupport“<br />
„Finanzielle<br />
Konditionen“<br />
„Soziale<br />
Interaktion“<br />
„Kultur und<br />
Werte“<br />
„Information und<br />
Kommunikation“<br />
Leistungen<br />
Konditionen<br />
Soziales<br />
Abbildung 6-5: Verbindung von Lösungspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen<br />
6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen<br />
Im Folgenden werden Gestaltungsalternativen zur Koordination aufgezeigt, die an der<br />
zentralen Aufbauorganisation des Herstellers ansetzen. Alle Ansätze werden in Bezug<br />
auf ihre Wirkung und Eignung <strong>für</strong> die Zufriedenheit in der Zusammenarbeit diskutiert.<br />
6.3.2.1 <strong>Internationales</strong> Key-Account Management<br />
<strong>Internationales</strong> Key-Account Management ist zugleich Chance und Gefahr <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartnern. Müllner (2002, S. 39 ff.)<br />
kommt in seiner empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Zusammenar-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 163<br />
beit mit den Vertriebspartnern die grösste Herausforderung ist, die sich Herstellern bei<br />
der Bearbeitung internationaler Schlüsselkunden stellt.<br />
Potenziale durch länderübergreifende Koordination<br />
In der Einkaufsorganisation der Kunden wurde der länderübergreifende Informationsaustausch<br />
über Preise und Qualitäten in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert.<br />
Das macht es <strong>für</strong> den Hersteller zunehmend schwieriger, Preisspielräume zwischen<br />
verschiedenen Ländermärkten zu nutzen. Homburg et al. (2004, S. 52) sprechen sogar<br />
von einem „Koordinationswettlauf“ zwischen der Verkaufsorganisation des Anbieters<br />
und der Einkaufsorganisation des Kunden, bei dem diejenige Organisation gewinnt,<br />
die besser in der Lage ist, ihre internationalen Aktivitäten zu koordinieren. Im ungünstigsten<br />
Fall gelingt es dem Einkauf des Kundenunternehmens, Leistungen schwerpunktmässig<br />
aus Niedrigpreisländern des Anbieters zu beziehen, in denen die günstigsten<br />
Konditionen gewährt werden. Beim Hersteller erhöhen in diesem Fall wenige<br />
Vertriebspartner ihre Marktergebnisse, während viele Vertriebspartner sowie der Hersteller<br />
einen kumuliert höheren Betrag verlieren. Durch eine Koordination auf Herstellerseite<br />
gewinnt deshalb nicht nur der Hersteller selbst, sondern zumindest langfristig<br />
auch die Mehrheit der Vertriebspartner in den wichtigen hochpreisigen Märkten. Neben<br />
den preislichen Effekten betonen Belz et al. (2004, S. 33 ff.) zudem die Möglichkeit,<br />
die Beziehung zum internationalen Key-Account zu vertiefen, eine Abwanderung<br />
des Kunden zu verhindern und Cross-Selling Potenziale zu erschliessen.<br />
Bei der organisatorischen Verankerung des internationalen Key-Account Management<br />
muss festgelegt werden, wer die Rolle des internationalen Key-Account Managers einnimmt<br />
und wo dieser angesiedelt ist (Belz et al. 2004, S. 284 ff.). Besonders hervorzuheben<br />
sind zwei geografische Alternativen. Entweder wird eine Person mit Vertriebserfahrung<br />
ausgewählt, die in der Zentrale des Herstellers sitzt. Ein wichtiger Vorteil<br />
liegt hierbei in der Nähe zu den zentralen Vertriebsprozessen. Oder aber, der internationale<br />
Key-Account Manager wird in dem Land installiert, in dem sich die zentrale<br />
Einkaufsabteilung des internationalen Key-Accounts befindet. Vorteile dieses Vorgehens<br />
liegen in der geografischen und kulturellen Nähe zum Kundenunternehmen.<br />
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass sämtliche Alternativen des internationalen<br />
Key-Account Management eine Zentralisierung von kundenbezogenen Entscheidungen<br />
bedingen, durch die eine länderübergreifende Koordination erst möglich<br />
wird. Die Zentralisierung bedeutet dabei nicht unbedingt eine Konzentration dieser<br />
Entscheidungskompetenz auf die zentrale Organisation des Herstellers, sondern kann
164<br />
Kapitel 6<br />
auch von dezentralen Organisationseinheiten im Stammland des Kunden wahrgenommen<br />
werden. <strong>Internationales</strong> Key-Account Management bedeutet damit unabhängig<br />
von der gewählten Alternative <strong>für</strong> die meisten Vertriebspartner einen Verlust an Entscheidungsfreiheit<br />
und Macht, da kundenbezogene dezentrale Entscheidungen länderübergreifend<br />
aufeinander abgestimmt werden müssen.<br />
Umstellung und operative Koordination<br />
Bei der Umstellung der kundenbezogenen Koordination von der Landesgesellschaft<br />
weg und hin zum länderübergreifenden Key-Account Manager kommt es häufig zu<br />
Widerständen. Starke Vertriebspartner wollen häufig keine Kompetenz und Macht<br />
abgeben. “Account managers end up investing a lot of their energy simply fighting<br />
internal battles – for systems, support, or money – instead of spending time in front of<br />
the customer” (Toland 2004, S. 47). Diese oder ähnliche Aussagen hört man bei vielen<br />
der oftmals vorher so euphorisch gestarteten Key-Account Management-Projekte. Die<br />
grösste Herausforderung des Key-Account Management liegt nämlich in der Überwindung<br />
historisch gewachsener Organisationsstrukturen (Barth/Lockau 1998, S. 84).<br />
Eine der aus Sicht von Vertriebspartnern wichtigsten Entscheidungen, die im Rahmen<br />
des internationalen Key-Account Management getroffen werden, betrifft die Harmonisierung<br />
von Preisen (s. Mühlmeyer/Belz 2000, S. 77f). Die zentrale Frage <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />
ist, ob Umsätze, die der Key-Account dezentral mit dem Vertriebspartner<br />
tätigt, weiterhin dezentral über die Vertriebspartner abgerechnet werden oder nicht<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Werden die lokalen Umsätze oder Deckungsbeiträge<br />
eines internationalen Key-Accounts nach der Einführung des internationalen<br />
Key-Account Managements zentral verrechnet und bei der Incentivierung der<br />
Vertriebspartner nicht mehr berücksichtigt, ergeben sich Konflikte. Häufig zählen die<br />
internationalen Key-Accounts auch lokal zu den bedeutendsten Kunden und bestimmen<br />
damit massgeblich die lokalen Ergebnisse. In der Praxis existieren zz. erst wenige<br />
Ansätze, um diesen erheblichen Konfliktpotenzialen zu begegnen. Fallbeispiel 6-1<br />
zeigt, wie die Hoerbiger-Origa Systems GmbH durch eine „schrittweise Entschädigung“<br />
Konfliktpotenziale reduziert und damit zur Umstellung auf internationales Key-<br />
Account Management beigetragen hat.<br />
Mehrperiodische Entschädigung <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />
Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Altenstadt, Deutschland<br />
Die Hoerbiger-Origa Systems GmbH ist Teil der Hoerbiger-Gruppe mit Hauptsitz in Altenstadt,<br />
Deutschland, die im Jahr 2003 mit ca. 4'350 Mitarbeitern einen Umsatz von 519 Mio. EUR erzielte.<br />
Die Gruppe beschäftigt sich mit den drei Bereichen Kompressortechnik, Antriebstechnik und Auto-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 165<br />
matisierungstechnik. Der Bereich Automatisierungstechnik, zu dem die Hoerbiger-Origa Systems<br />
GmbH gehört, erwirtschaftet mit 187 Mio. Euro ca. 36% des Gesamtumsatzes und ist auf Komponenten<br />
und Systeme der Fluidtechnik (Hydraulik und Pneumatik) spezialisiert.<br />
Der weltweite Vertrieb im Bereich der Standardpneumatik ist über sogenannte Intercompanies (ICOs)<br />
organisiert, die juristisch selbstständige Tochtergesellschaften sind und neben dem reinen Vertrieb<br />
(der aufgrund der rechtlichen Selbstständigkeit bei Hoerbiger als „Handelsgeschäft“ bezeichnet wird)<br />
teilweise auch die Veredlung von Komponenten übernehmen.<br />
Zur besseren Bearbeitung und Betreuung von internationalen Schlüsselkunden wurde im Jahr 2002<br />
schrittweise damit begonnen, die Betreuung in den internationalen Märkten von den ICOs auf Key-<br />
Account Manager umzustellen. Benno Birke, Geschäftsführer der Hoerbiger-Origa Systems GmbH<br />
betont: „Man muss den ICOs zur Umstellung auf das Key-Account Management Märkte wegnehmen.“<br />
Im Jahr 2003 waren bereits ca. 35 Prozent der Märkte umgestellt, was zuvor im Rahmen einer<br />
zwölfmonatigen Planungsperiode vorbereitet worden war. Den ICOs wurden zunächst die Ziele und<br />
Vorteile der Key-Account-Strategie erläutert. Da die Verrechnung der kundenbezogenen Umsätze<br />
nach der Umstellung ausschliesslich zentral erfolgen sollte, fielen mit der Umstellung grosse Teile der<br />
Incentivierung von ICOs weg und lokale Ergebnisse wurden geschmälert.<br />
Es stellte sich deshalb die Herausforderung, die ICOs zur Übergabe der Kundenkontakte zu motivieren.<br />
Dabei sollte die lokale Bereitschaft erhalten werden, Key-Account Manager wohlwollend zu<br />
unterstützen. Einen Kompromiss fand man, indem man sich dazu entschloss, die ICOs übergangsweise<br />
noch an den mit Key Accounts realisierten Umsätzen zu beteiligen, um zumindest <strong>für</strong> eine „Übergangsperiode“<br />
etwaige Umsatzausfälle teilweise zu kompensieren. Man entschied sich <strong>für</strong> ein standardisiertes<br />
Vorgehen um die Übergabe der Kundenbetreuung und –verantwortung von ICOs an Key-<br />
Account Manager zu regeln. Danach bestimmt ein „Basisvertrag“, der von der Unternehmensbereichsleitung<br />
vorgegeben wird, dass ICOs nach Abgabe eines Kunden an das Key-Account Management<br />
<strong>für</strong> den Planungszeitraum von drei Jahren eine Umsatzbeteiligung an den mit dem Key Account<br />
realisierten Umsätzen i. H. v. fünf Prozent erhalten. In einzelnen Fällen, in denen von der Seite der<br />
ICOs ein besonders hoher Aufwand <strong>für</strong> die Betreuung des Key Accounts erbracht werden muss, werden<br />
teilweise zusätzliche Provisionen ausgehandelt. Damit fallen die Margen der ICOs nach der Übergabe<br />
des Kunden nicht vollständig weg, sondern werden lediglich abgeschwächt. Der Planungszeitraum<br />
von drei Jahren erlaubt es den ICOs darüber hinaus, sich an die veränderte Situation anzupassen.<br />
Mit Hilfe dieses Vorgehens erzielte die Hoerbiger-Origa Systems GmbH unterschiedliche Ergebnisse.<br />
In wenigen Ausnahmefällen wurden aus Gründen lokaler Besonderheiten Kunden beim ICO belassen.<br />
Die meisten internationalen Key-Account Manager stammen zumindest aus dem Stammland oder<br />
kulturell nahe stehender Regionen des Kundenunternehmens. Auch wenn mit diesem Vorgehen nicht<br />
sämtliche Konflikte bei der Übergabe von Kundenkontakten an das Key-Account Management gelöst<br />
werden können, werden Spannungen abgeschwächt und die Implementierung des länderübergreifenden<br />
Key-Account Managements durch die Einbeziehung der ICOs wirksam unterstützt.<br />
Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH<br />
(Einzelinterview Birke 2003, s. Anhang A, S. 346)<br />
Das Beispiel Hoerbiger-Origa zeigt die Möglichkeit, Vertriebspartner zu einer Übergabe<br />
der Kundenverantwortung zu bewegen. Ausserdem zeigt es, dass auch die Zusammenarbeit<br />
mit dem Vertriebspartner zu bedenken ist, die in Bezug auf die übrigen<br />
Kunden besteht. Der internationale Key-Account Manager benötigt die Unterstützung<br />
durch die bestehende Vertriebsorganisation in den internationalen Märkten. Aus diesem<br />
Grund erlauben einige Firmen ihren Key-Account Managern die Zeit von anderen<br />
Mitarbeitern zu „kaufen“ (Maister 1999, S. 64). Hierdurch wird die Teilnahme und
166<br />
Kapitel 6<br />
Unterstützung des Key-Account Management gefördert, bis sich erste langfristige Erfolge<br />
zeigen (Maister 1999, S. 64).<br />
Anders als im Fall Hoerbiger gibt es viele Hersteller, die sich auf einen Kompromiss<br />
einigen. Danach werden internationale Vertriebspartner weiterhin an den mit internationalen<br />
Key-Accounts erzielten Umsätzen gemessen, obwohl diese nicht mehr in ihren<br />
eigentlichen Zuständigkeitsbereich fallen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37). Dadurch ergeben sich allerdings Konflikte anderer Art, insbesondere dann, wenn<br />
globale Agreements die weltweiten Preise <strong>für</strong> den Kunden vereinheitlicht regeln. In<br />
dieser Situation müssen gerade Vertriebspartner in hochpreisigen Märkten (s.<br />
Abbildung 6-6, S. 166; „Land B“) Margen einbüssen, wenn zentrale Preisvereinbarungen<br />
mit dem Kunden zu einem weltweit mittleren Preisgefüge führen (siehe Abbildung<br />
6-6, S. 166; „Ohne Transfer“). Als Lösung dieser Konflikte sind Transferzahlungen<br />
zwischen Niedrigpreisländern („Land A“ und „Land C“) und Hochpreisländern<br />
(„Land B“) denkbar.<br />
Preis<br />
pro<br />
Stück<br />
ø Preis<br />
Ohne Koordination<br />
Land A<br />
Land B<br />
Länder<br />
Land C<br />
Preis<br />
pro<br />
Stück<br />
ø Preis<br />
Land A<br />
Land B<br />
Länder<br />
Land C<br />
Mit Koordination<br />
Ohne Transfer Mit Transfer<br />
Preis<br />
pro<br />
Stück<br />
ø Preis<br />
Land A<br />
Land B<br />
Länder<br />
Abbildung 6-6: Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung <strong>für</strong> internationale<br />
Key-Accounts<br />
Eine besondere Berücksichtigung benötigen in diesem Falle Vertretungen, die vor allem<br />
in niedrigpreisigen Nebenmärkten von dem gesicherten höheren Preisniveau profitieren<br />
würden. In diesem Fall bestehen zwei Möglichkeiten <strong>für</strong> eine Transferzahlung.<br />
Durch einen direkten Transfer wird die Differenz zwischen altem und neuem Preisniveau<br />
unmittelbar an den Hersteller gezahlt. Hierbei werden Vertretungen dazu neigen,<br />
eine Erhöhung des „Marktpreisniveaus“ vorzugeben, um möglichst wenig Transfers<br />
zahlen zu müssen. Bei diesem Konflikt kann sich der Hersteller allerdings an den<br />
Land C
Vertriebsgestaltung des Herstellers 167<br />
durchschnittlich erzielten Preisen mit den lokalen Kunden orientieren, mit denen keine<br />
globalen Agreements bestehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass Vertretungen höhere<br />
Verrechnungspreise <strong>für</strong> Lieferungen an Key-Accounts zahlen müssen und so den<br />
Transfer indirekt bezahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Akzeptiert<br />
die dezentrale Organisationen des Kunden die in globale Agreements vereinbarten<br />
Preise, so kann eine lokale Vertretung auf diese Weise dennoch ihre Margen erhalten.<br />
Bei der konkreten Konzeption solcher Transferzahlungen und der Ausgestaltung der<br />
Vertretungsverträge sind darüber hinaus lokale Steuergesetze zu beachten, die zum<br />
Teil einem internen Gewinntransfer entgegenstehen.<br />
In der Realität ist ferner davon auszugehen, dass der in globalen Agreements vereinbarte<br />
Preis geringer ausfällt, als der in Abbildung 6-6 (S. 166) eingezeichnete Durchschnittspreis.<br />
Der Grund da<strong>für</strong> ist die bessere Verhandlungsbasis des Kunden aufgrund<br />
der kumulierten Mengen. Damit wird er sich bei Preisverhandlungen am bisher international<br />
niedrigsten Preis orientieren. Aus diesem Grund können auch Transferzahlungen<br />
<strong>für</strong> Vertriebspartner aus Hochpreisländern nicht den vollständigen entgangenen<br />
Umsatz ausgleichen. Auf lange Frist verhindert ein solches Vorgehen aber zumindest,<br />
dass grosse Teile der key-accountbezogenen Nachfrage in Niedrigpreisländer abwandern.<br />
Damit liegt dieses Vorgehen auch im Interesse der einflussreichen lokalen Geschäftsführer.<br />
6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen<br />
Wenn bisher vom Hersteller oder der „Zentrale“ die Rede war, wurden unter diesem<br />
Begriff diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden, die durch die Koordination<br />
und Unterstützung der Vertriebspartner zur Erfüllung von Vertriebsaufgaben beitragen<br />
(s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 253 f.). Eine besondere Herausforderung stellt sich,<br />
wenn eine Vertriebsorganisation von verschiedenen Geschäftsbereichen bzw. Business-Units<br />
genutzt wird. Aus Sicht der Vertriebspartner existieren dann mehrere Zentralen:<br />
Die verschiedenen Geschäftsbereiche stehen sich mit ihren Produkt- und Leistungsspektren<br />
im Wettbewerb um die Ressource „Vertriebsorganisation“ gegenüber<br />
(Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Dabei können sich Strategien, Zeitpläne und Anforderungen<br />
der Geschäftsbereichsleiter in der „Zentrale“ massgeblich unterscheiden, da die<br />
Marketingabteilungen der Bereiche ihre Pläne zur Markteinführung und -bearbeitung<br />
weitgehend unabhängig voneinander ausarbeiten (Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Hierdurch<br />
entstehen unterschiedliche Anforderungen und Vorgaben, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />
oftmals widersprüchlich und teilweise weder inhaltlich noch zeitlich mit-
168<br />
Kapitel 6<br />
einander vereinbar sind. Hierdurch werden die von den Geschäftsbereichen unabhängig<br />
voneinander entwickelten Pläne im Ergebnis ihrer Umsetzung interdependent. Eine<br />
Untersuchung von Thomaszik/Hanser (2004, S. 36) betont die Bedeutung dieses<br />
Aspektes. 35.8 Prozent der Befragten nennen die Verbesserung der internen Schnittstellen<br />
zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen und Abteilungen als wichtigsten<br />
Ansatzpunkt bei der Optimierung ihrer Vertriebsorganisation. Auch Hungenberg<br />
(1992, S. 349) weist auf die Wertbeiträge hin, die von der Zentrale durch eine horizontale<br />
Koordination der damit interdependenten Geschäftsbereiche erreicht werden können<br />
(s. Abbildung 6-7, S. 168).<br />
Geschäftsbereich<br />
A<br />
Geschäftsbereich<br />
B<br />
Unternehmensleitung<br />
Geschäftsbereich<br />
C<br />
Region 1<br />
• Land 1<br />
• Land 2<br />
• ...<br />
Region 2<br />
• Land 1<br />
• Land 2<br />
• ...<br />
Region 3<br />
• Land 1<br />
• Land 2<br />
• ...<br />
Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation<br />
(In Anlehnung an Kutschker/Schmid 2002, S. 486)<br />
Internationale<br />
Division<br />
Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Vertriebsgesellschaften entstehen vor allem<br />
dadurch, dass sich die Geschäftsbereichsstrukturen häufig nicht auch in den Tochtergesellschaften<br />
wieder finden (Lach 2001, S. 63). Das ist insbesondere in kleineren<br />
Märkten der Fall, in denen wenige Mitarbeiter ein dementsprechend breites Produktportfolio<br />
bedienen. Zu Konflikten kommt es, da jeder Geschäftsbereich zunächst die<br />
eigenen Ziele anstrebt und von der Vertriebsorganisation eine besondere Aufmerksamkeit<br />
<strong>für</strong> seine Produkte fordert (Lach 2001, S. 63; Kullmann/Kühl 1998, S. 44). Es<br />
resultiert ein Interessenkonflikt <strong>für</strong> die Tochtergesellschaft, da Ressourcen bei anderen<br />
Produkten abgezogen werden müssen, um sich um ein neues Produkt zu kümmern. Als<br />
Antwort hierauf erhöhen Geschäftsbereichsleiter häufig ihren Druck auf die Vertriebs-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 169<br />
partner, wenn sie der Meinung sind, ihre Produkte würden vernachlässigt (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch entstehen Fronten und Konflikte, was<br />
dauerhaft einer wirksamen Marktbearbeitung entgegenstehen muss.<br />
Alternativ zur Machtausübung besteht <strong>für</strong> Geschäftsbereichsleiter die Möglichkeit,<br />
sich dem internen Wettbewerb um die Gunst der Vertriebsorganisation zu stellen und<br />
zu versuchen, ihre Aktivitäten besser auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner abzustimmen.<br />
Durch eine offene Kommunikation, frühzeitige und umfassende Informationen<br />
z. B. über den Markt des neuen Produktes sowie kommerzielle und technische<br />
Unterstützung können Tochtergesellschaften das neue Produkt ressourcengünstiger ins<br />
Sortiment aufnehmen. Sie erhalten dadurch den Anreiz, die Produkte der Geschäftsbereiche<br />
zu unterstützen, die ihnen da<strong>für</strong> die beste Ausgangssituation schaffen.<br />
Aus Sicht des Gesamtunternehmens ergeben sich aus diesem internen Wettbewerb<br />
Vorteile, da sich die Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation im Gegensatz zu<br />
einer machtbasierten Lösung stetig verbessert. Es handelt sich um eine Form der<br />
Selbstkoordination. Als wichtige Voraussetzung hier<strong>für</strong> müssen allerdings machtbasierte<br />
Lösungen verhindert werden, die den internen Marktmechanismen entgegenstehen.<br />
Auf Unternehmensebene besteht bis zu einem gewissen Grad alternativ auch die<br />
Möglichkeit, eine direkte inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Marketingpläne<br />
der verschiedenen Bereiche vorzunehmen (Kullmann/Kühl 1998, S. 45), wie z. B.<br />
durch eine Stabsstelle unter der Verantwortung des Leiters der internationalen Division.<br />
Nur wenn die Marketingpläne der Geschäftsbereiche einer gewissen Kontrolle unterliegen,<br />
kann sichergestellt werden, dass Vertriebspartner und Kunden ein stimmiges<br />
Bild des Gesamtunternehmens erhalten. Fallbeispiel 6-2 zeigt, wie das Unternehmen<br />
Emhart Glass durch eine Rezentralisierung von Entscheidungen ihre Koordination<br />
verbessert hat.<br />
Interne Koordination durch Central Sales Administration (CSA)<br />
Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz<br />
Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit<br />
führender Hersteller von Maschinen <strong>für</strong> die Glasbehälterindustrie (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51). Zu<br />
ihren Produkten gehören Maschinen <strong>für</strong> Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur<br />
Konfektion der Flaschen sowie Maschinen <strong>für</strong> die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa<br />
900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF.<br />
Zum Vertrieb setzt das Unternehmen primär auf eigene Tochtergesellschaften, vor allem in kleineren<br />
Märkten werden aber auch unabhängige Vertretungen hinzugezogen. Gerade in den wichtigsten<br />
Märkten ist das Unternehmen mit Tochtergesellschaften vertreten, deren Handlungsspielraum beim<br />
profitablen Verkauf von Maschinen und Ersatzteilen ursprünglich nur durch die Höhe der Transfer-
170<br />
Kapitel 6<br />
preise begrenzt war, die beim internen Bezug an die „Manufacturing Units“ zu entrichten waren (siehe<br />
Abbildung „Initial Setup“).<br />
Initial Setup<br />
Specialized<br />
Manufacturing Units<br />
Sales Units<br />
Group Group<br />
Customers<br />
Customers<br />
IT<br />
Transfer Price<br />
Production Planning<br />
Manufacturing<br />
IT<br />
In each Unit<br />
Market Pricing<br />
Acquisition<br />
Specification<br />
Quoting<br />
(Manufacturing)<br />
Invoicing<br />
IT<br />
Eine kunden- und wettbewerbsseitige Konzentration des Marktes sowie rückläufige Wachstumsraten<br />
forderten eine bessere Koordination der internen und internationalen Aktivitäten. Die geringere Auslastung<br />
der Produktion, sinkende Marktpreise und hohe Overheadkosten in den Vertriebsgesellschaften<br />
belasteten das Ergebnis des Unternehmens. Die länderübergreifende Koordination von Preisen<br />
und Konditionen wurde durch die dezentrale Organisation weiterhin erschwert. Weder die Aktivitäten<br />
der Manufacturing Units, die ihre Produktlinien über die gleiche Verkaufsorganisation vertreiben,<br />
konnten in dieser Konstellation koordiniert werden. Noch konnten Redundanzen in den dezentralen<br />
Vertriebseinheiten vermieden werden. Um Kosten zu senken und die interne Koordination zwischen<br />
den verschiedenen Akteuren voranzutreiben, wurde eine Reorganisation durchgesetzt. Dazu wurden<br />
wesentliche Managementkompetenzen aus den Ländergesellschaften abgezogen und in einer zentralen<br />
Stelle, der so genannten „Central Sales Administration“ konzentriert (s. Abbildung „New Setup“).<br />
New Setup<br />
Specialized<br />
Manufacturing Units<br />
Sales Units<br />
Group Group<br />
with with CSA CSA<br />
Customers<br />
Customers<br />
1x<br />
Production Planning<br />
Manufacturing<br />
Market Pricing<br />
Specification<br />
Quoting<br />
Invoicing<br />
IT<br />
Acquisition<br />
Die Central Sales Administration (CSA) übernimmt sämtliche administrativen Vertriebsentscheidungen<br />
und stellt den Vermittler zwischen den Manufacturing Units und den Vertriebsgesellschaften dar.<br />
Vertriebsgesellschaften konzentrieren sich nun ausschliesslich auf Aufgaben der Marktbearbeitung<br />
und werden von Backofficeaktivitäten befreit. CSA übernimmt diese Aufgaben und stimmt die Aufträge<br />
und Spezifikationen mit den Produktionseinheiten ab. Interne Informationen und solche über die<br />
Märkte werden damit in einer Stelle konzentriert. Das Unternehmen reduziert damit die Komplexität<br />
<strong>für</strong> die einzelnen Produktions- und Vertriebseinheiten und verbessert nachhaltig die interne Kommunikation<br />
und Abstimmung.<br />
Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. (Hatz 2004, S.<br />
19 ff.)
Vertriebsgestaltung des Herstellers 171<br />
6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstützung<br />
Nach Hungenberg (1992, S. 342) muss die Zentrale, wie alle anderen Unternehmensbereiche<br />
zunehmend ihren Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes nachweisen<br />
und damit ihre Existenzberechtigung sichern. Zu den zentralen Aufgaben der Zentrale<br />
gehören, wie bereits betont wurde, die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner<br />
zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben (s. Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />
253). Die Qualität mit der die Zentrale beide Aufgabenbereiche erfüllt, kann demnach<br />
als Kriterium zur Beurteilung der zentralen Leistungsfähigkeit herangezogen werden<br />
(Hungenberg 1992, S. 341).<br />
Die Unterstützung durch die Zentrale wird auch von Vertriebspartnern als wichtiges<br />
Beurteilungskriterium herangezogen. Dazu gehören finanzielle Hilfen, Dokumentationen<br />
und Verkaufsmaterial sowie die Bereitstellung von kunden- und wettbewerbsbezogenen<br />
Informationen. Je stärker die Vertriebsmanager der Zentrale allerdings neben<br />
der Koordination auch gleichzeitig Aufgaben der Unterstützung übernehmen und verantworten,<br />
desto mehr besteht die Gefahr der Unangreifbarkeit ihrer Leistung. Fehlende<br />
oder mangelhafte Unterstützung der Vertriebspartner kann leicht vom involvierten<br />
Vertriebsmanager durch überzogene Forderungen der Vertriebspartner begründet und<br />
abgetan werden, um nicht die eigene Leistungsfähigkeit in Frage zu stellen. Eine personelle<br />
Verquickung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben steht damit einer<br />
differenzierten Beurteilung und Kritik im Wege. Eine höhere Leistungsfähigkeit<br />
der Vertriebsorganisation, die durch eine optimale Unterstützung der Vertriebspartner<br />
erreicht werden kann, wird hierdurch erschwert.<br />
Es bedarf deshalb einer eindeutigen Kompetenzabgrenzung zwischen koordinierenden<br />
und unterstützenden Akteuren sowie einer Kontrollinstanz, die nicht gleichzeitig unmittelbare<br />
Verantwortung <strong>für</strong> die Unterstützungsleistungen besitzt und im Stande ist,<br />
disziplinarische Massnahmen einzuleiten (s. Abbildung 6-8, S. 172).<br />
Hungenberg (1992, S. 353) geht sogar soweit, eine rechtliche Unabhängigkeit zentraler<br />
„Service-Center“ zu fordern, deren Leistungen nach Möglichkeit marktpreisorientiert<br />
abgerechnet werden. Dem schliesst sich Reckenfelderbäumer (2001, S. 263) an,<br />
der betont, dass ohne marktähnliche Gestaltungsspielräume von den Servicebereichen<br />
nicht ernsthaft verlangt werden könne, wettbewerbskonforme und kundenorientierte<br />
Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Ausserdem sei es unverzichtbar, Anforderungen<br />
wie Qualität, Liefertreue und Gewährleistung zu marktüblichen Bedingungen <strong>für</strong><br />
die Leistungen der Zentralfunktionen festzulegen (Hungenberg 1992, S. 353). Koordi-
172<br />
Kapitel 6<br />
nations- und Unterstützungsleistungen der Zentrale werden dadurch transparent und<br />
<strong>für</strong> eine Beurteilung zugänglich.<br />
Durch die personelle Trennung der Verantwortlichkeiten <strong>für</strong> Koordination und Unterstützung,<br />
wie sie in Abbildung 6-8 gezeigt wird, wird zudem die Unterstützung der<br />
Vertriebspartner als eigenständige wertschaffende Aufgabe betont. Die Form, in der<br />
diese Trennung in Organisationen realisiert wird, hängt sicherlich u. a. von der Grösse<br />
und Finanzkraft des Herstellerunternehmens ab. Ein geeigneter Ansatz, der die Transparenz<br />
und Verlässlichkeit zentraler Leistungen erhöht, stellt z. B. die Vereinbarung<br />
von „Service-Level-Standards“ dar. Dieser wird in Absatz 6.3.7.3 (S. 220 ff.) näher<br />
erläutert.<br />
Geschäftsbereich<br />
C<br />
Geschäftsbereich<br />
B<br />
Geschäftsbereich<br />
A<br />
Unternehmensleitung<br />
Shared-Service<br />
Center<br />
Service Level<br />
Agreements<br />
Internationale<br />
Division<br />
Land 1<br />
Land 2<br />
Land ...<br />
Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion<br />
Der Einsatz von Service-Centers erfreut sich in den letzten Jahren grosser Beliebtheit.<br />
Vor allem administrative Leistungen wie rechtliche, technische, wirtschaftliche und<br />
steuerliche Beratung, Logistikdienstleistungen, Marktforschung, Buchhaltung zentraler<br />
Rechnungserstellung sowie IT-Dienstleistungen werden bereits in hohem Masse<br />
durch zentrale Service-Centers realisiert (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263; Neilson<br />
et al. 2005, S. 3). Weltweit und auch auf regionaler Ebene realisieren diese einen<br />
Grossteil von Unterstützungsleistungen, die bisher vor allem Backoffice-Aufgaben<br />
betreffen. Einer aktuellen Studie von Booz Allen Hamilton zufolge wird sich der<br />
Einsatzbereich der Shared-Service-Center jedoch in Zukunft auch bis hin zur Unterstützung<br />
bei kundenbezogenen Prozessen erstrecken (s. Neilson et al. 2005). Hierdurch<br />
können einerseits eine grosse Anzahl an lokalen Aktivitäten zentralisiert werden,<br />
wodurch Synergien entstehen. Andererseits wird Vertriebspartnern eine hohe<br />
Qualität der Unterstützung garantiert. Das entlastet die administrativen Prozesse des
Vertriebsgestaltung des Herstellers 173<br />
Vertriebspartners weitgehend, der sich daher zunehmend auf seine Kernkompetenz,<br />
die Kundenbetreuung, konzentrieren kann.<br />
6.3.2.4 Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten<br />
In der Literatur zum <strong>Vertriebsmanagement</strong> wurde die Thematik der Honorierungssysteme<br />
bereits vielfältig aufgegriffen und diskutiert (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 159;<br />
Krafft 1995). Die Diskussion bezieht sich allerdings weitgehend auf Vergütungsfragen,<br />
die Tochtergesellschaften, Vertretungen oder Aussendienstmitarbeiter betreffen.<br />
Bedingungen und Anforderungen an Honorierungssysteme <strong>für</strong> die zentralen Einheiten,<br />
die aus der Bedeutung der Vertriebspartner resultieren, wurden dabei nicht formuliert.<br />
Wenn die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Leistungen der Zentrale jedoch<br />
als wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> den Erfolg einer internationalen Unternehmung begriffen<br />
wird, muss diese im Zielsystem der Zentrale messbar erfasst, überprüft und incentiviert<br />
werden. Auch Mitarbeiter der Zentrale müssen sich <strong>für</strong> die Qualität ihrer Leistungen<br />
verantworten und werden dadurch zu Höchstleistungen motiviert. Dies ist offenbar<br />
nur selten der Fall. Wie Belz/Reinhold (1999a, S. 23) betonen, müssen sich<br />
Zentralen oft nur an sich selbst messen.<br />
Zu den herkömmlichen Grössen wie Kosten, Umsätzen, Deckungsbeiträgen und Verkäufen<br />
müssen weitere Kennzahlen hinzutreten, die die Leistungsfähigkeit der Zentrale<br />
in Bezug auf die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner widerspiegeln.<br />
Hierzu können einerseits weitere objektive Kennzahlen herangezogen werden, die<br />
Aufschluss über die erbrachte Leistung der Zentrale geben. So spielen die Lieferzuverlässigkeit<br />
und Lieferdauer aus Sicht von Vertriebspartnern und Kunden eine zentrale<br />
Rolle bei der Beurteilung eines Herstellers (Lach 2001, S. 290). Aber auch Kennzahlen<br />
wie die Abwanderungsrate von Vertriebspartnern als Resultat der Zusammenarbeit<br />
kann Aufschluss über die Art und Weise geben, mit der es der Zentrale gelingt, die<br />
Anforderungen der Marktpartner zu erfüllen.<br />
Um einen direkten und <strong>für</strong> verschiedene Gestaltungsbereiche differenzierten Eindruck<br />
der Zentrale zu erhalten, kann auch subjektives Datenmaterial <strong>für</strong> die Beurteilung der<br />
Zentrale hinzugezogen werden. Durch eine Indexierung der Zufriedenheitswerte kann<br />
ein Zeitvergleich wertvolle Hinweise geben, inwieweit es dem Hersteller gelingt, auf<br />
die verschiedenen Anforderungsbereiche der internationalen Vertriebsorganisation zu<br />
reagieren. Durch die Befragung der Vertriebspartner erhält man neben einer Beurtei-
174<br />
Kapitel 6<br />
lungsgrundlage <strong>für</strong> die Leistungsqualität der Zentrale auch Hinweise <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
der Vertriebsorganisation.<br />
Objektive Kennzahlen<br />
Klassische Grössen Erweiterte Grössen<br />
•Umsätze,<br />
•Deckungsbeiträge,<br />
•Kosten,<br />
• Gewinn,<br />
• Marktanteile.<br />
• Verfügbarkeiten,<br />
• Lieferzuverlässigkeit,<br />
• Lieferdauer,<br />
• Innovationsrate,<br />
Neuprodukteinführungen,<br />
• Vertriebspartnerfluktuation,<br />
• Konditionalstrafen,<br />
Vertragsstrafen,<br />
• Anzahl juristischer<br />
Verfahren.<br />
Daten aus der Buchhaltung und dem<br />
Controlling<br />
Information<br />
Kultur<br />
Subjektive Kennzahlen<br />
Soziales<br />
Produkte<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Konditionen<br />
Zufriedenheits-Befragung unter<br />
Vertriebspartnern<br />
Abbildung 6-9: Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der Zentrale<br />
Zuverlässigkeit<br />
Support<br />
6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen<br />
Neben der Koordination der zentralen Einheiten stellt auch die Koordination in vertikalen<br />
Organisationsstrukturen einen wichtigen Ansatzpunkt dar, um die Zusammenarbeit<br />
mit Vertriebspartnern zu verbessern. Wichtige Ansätze zur Koordination sind dabei<br />
zum einen der Einsatz von Regionalzentren und zum anderen die Verzahnung des<br />
Personalmanagements. Beide Ansätze werden im Folgenden dargestellt.<br />
6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen<br />
Neben Funktionen, Geschäftsbereichen und Produkten kann als primäres Strukturierungskriterium<br />
auf der ersten Hierarchieebene nach der Unternehmensleitung auch der<br />
Regionalaspekt stehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 503). Egelhoff (1982) betont, dass<br />
Regionalstrukturen vor allem dann von Unternehmen gewählt werden, wenn sie in<br />
einem hohen Umfang international tätig sind, starke regional- und länderspezifische<br />
Anpassungen notwendig sind und Verhandlungen mit ausländischen Regierungsstellen,<br />
Behörden oder Verbänden eine zentrale Rolle <strong>für</strong> den Geschäftserfolg spielen.<br />
Top-Manager der Regionalsparten sowie deren Ressorts können sowohl in der Zentrale<br />
als auch in der betreffenden Region ihren Sitz haben. Allerdings bietet es sich häu-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 175<br />
fig an, die Regionalbereiche in den entsprechenden Regionen anzusiedeln und nicht<br />
am Stammsitz der Unternehmung (Kutschker/Schmid 2002, S. 505). Da<strong>für</strong> spricht vor<br />
allem die grössere Nähe zum Markt, aber auch das Argument des politischen Einflusses.<br />
Regionalzentren können als unabhängige rechtliche Gesellschaft aufgestellt werden,<br />
die sich weder im Stammhaus noch in den Länderniederlassungen befindet<br />
(Schütte 1996, S. 29). Es ist aber im anderen Extrem auch denkbar, einzelne Manager<br />
des Stammhauses oder von Niederlassungen als kleinste organisatorische Einheit <strong>für</strong><br />
regionale Verantwortlichkeiten einzusetzen (Schütte 1996, S. 29). Unabhängig von<br />
ihrer organisatorischen Aufstellung repräsentieren Regionalzentren damit gegenüber<br />
der Zentrale gewissermassen als „Botschafter“ die verschiedenen Regionen (Frese<br />
1995, S. 421) und anderseits gegenüber den Vertriebspartnern die regionalen Interessen<br />
der Zentrale. Regionalzentren managen damit die Spannung zwischen den zentralen<br />
Effizienzwünschen des Herstellers und den Bemühungen der Ländergesellschaften<br />
nach lokaler Effektivität (Sullivan 1992, S. 238). Der häufig notwendigen Anpassung<br />
von Strategien an Regionen, Ländergruppen und Ländermärkten kann durch eine Regionalorganisation<br />
besser Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ermöglicht sie eine<br />
bessere Nutzung von lokalem bzw. regionalem Know-How (Kutschker/Schmid 2002,<br />
S. 504). Sowohl kulturelle als auch informationsbezogene Distanzen zu den Vertriebspartnern<br />
können in hohem Masse überwunden werden. Durch die Einrichtung von Regionalstrukturen<br />
kann damit ein wichtiger Schritt zur Absicherung der Kooperation<br />
zwischen der Zentrale und den Landesgesellschaften unternommen werden.<br />
Fallbeispiel 6-3 zeigt, wie die Bosch Sicherheitssysteme GmbH ihren Vertrieb in der<br />
Asien-Pazifik-Region durch den Einsatz einer Regionalzentrale professionalisierte.<br />
Regional Headquarters manages Asia-Pacific operations<br />
Bosch Security Systems Pte Ltd., Singapore, Singapore<br />
As part of the Robert Bosch Group, established in Germany in 1886, Bosch Security Systems grew<br />
out of the former Bosch Telecom in 1984. The company was, however, involved in security business<br />
much earlier than this, since as early as 1921. Although the history of Bosch Security Systems is relatively<br />
short, the history of its parent company and the origins of its Asia-Pacific headquarters are rather<br />
more extensive.<br />
Today Bosch has sales in excess of EUR 36 bn in 2003 and is active in 38 countries around the world,<br />
spread over five continents. Bosch Security Systems is a division of Bosch that develops, manufactures<br />
and sells a range of fire, intrusion, CCTV, access control, management and communication products<br />
including public address, voice alarm and conference microphones. Bosch Security Systems has<br />
its main headquarters in Germany and also regional headquarters for Europe, the Middle East and<br />
Africa, for the Asia-Pacific region and the US.<br />
Bosch Security Systems Asia-Pacific has more than 750 employees and operates regional sales offices<br />
in Australia, New Zealand, Malaysia, Indonesia, Thailand, Philippines, Taiwan, Japan, Hong<br />
Kong/China, India, Vietnam and South Korea. The headquarters for the Asia-Pacific- Region is in<br />
Singapore, where its main business is in video products and systems (CCTV), communications and
176<br />
Kapitel 6<br />
intrusion detection. The headquarters is run by Bosch Security Systems Asia Pacific VP Philippe<br />
Huinck and deputy VP James Ang. Dutch by birth, Huinck has held his position since 2002, after 11<br />
years of holding various management positions in the US, Netherlands, Hong Kong and Singapore.<br />
Ang is a Singaporean who worked for Philips Electronics for 18 years holding positions in Vietnam,<br />
Indonesia and Singapore. Together they steer the Asia-Pacific business.<br />
Headquarters (HQs)<br />
Regions<br />
North<br />
America<br />
Regional sales offices<br />
Latin<br />
America<br />
HQs<br />
Bosch Security<br />
Systems<br />
Asia<br />
Pacific<br />
(Singapore)<br />
Europe,<br />
Middle East,<br />
Africa<br />
Australia, Hong Kong/China, India,<br />
Indonesia, Japan, Malaysia, New Zealand,<br />
Philippines, South Korea, Taiwan,<br />
Thailand, Vietnam.<br />
India<br />
Thailand<br />
RHQs<br />
Singapore<br />
China<br />
Hong<br />
Kong<br />
Vietnam<br />
Malaysia<br />
Taiwan<br />
Philippines<br />
Indonesia<br />
South<br />
Korea<br />
Japan<br />
Australia<br />
New Zealand<br />
‘Bosch Security Systems is committed to its strategy of developing a global presence and has chosen<br />
Singapore as its strategic location for its regional headquarters to better serve our customers in the<br />
Asia-Pacific region,’ says Singapore marketing manager Madeline Hia. ‘This regional operation of 42<br />
people offers front-office/back-office functions such as sales, marketing, technical and customer support,<br />
training, logistics, finance and accounting. It also serves as a regional logistics hub providing<br />
support to its customers and sales subsidies in the region.’<br />
As Asia is one of the most diverse regions in the world, the company’s approach to business is shaped<br />
accordingly: ‘Our strategy is to have local people in the local market to deal with the local customers,’<br />
Hia explains. ‘The key is to have local team to obtain first hand information about local requirements.<br />
Then we can provide the best support to the individual market. We want to continue to build<br />
brand awareness, expand our business and grow market share in the market. Our intention is to make<br />
business grow faster in this region.’<br />
‘The Asia-Pacific is likely one of the most diverse regions in the world,’ Huinck confirms. ‘We cover<br />
Pakistan to New Zealand, and Japan to Indonesia. Some markets, such as Japan and Singapore, are<br />
more developed than many European countries – they all have different languages, currencies and<br />
policies so our strategy is to have local people in local markets to deal with local customers. There is<br />
no exception to this rule.<br />
‘Take China,’ he continues. ‘Five years ago, we hardly had any manuals in Chinese but the sales people<br />
were saying that they needed local manuals. Now almost everything is available in Chinese. Even<br />
the software is in Chinese. The Japanese want everything to be perfect. They have a list of requirements<br />
and if your product hits 98 points out of a total of 100, say, that means they are not ready to<br />
buy it. If you want to do business in Japan, you have to make sure that your products meet all of their<br />
requirements.’<br />
Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH (Bosch<br />
2005)
Vertriebsgestaltung des Herstellers 177<br />
6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens<br />
Ein weiterer Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Koordination der Zusammenarbeit mit internationalen<br />
Vertriebspartnern liegt in einer engen Verzahnung bei den Aufgaben des Personalwesens<br />
(Homburg/Krohmer 2003, S. 1037; Krafft/Haase 2004, S. 16; Walti 1999,<br />
S. 224). Die dezentrale Struktur und die heterogenen Anforderungen an Mitarbeiter<br />
schaffen im Vertrieb eine besonders hohe Komplexität (Homburg/Krohmer 2003, S.<br />
1037 f.). Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern erfordert eine<br />
sorgfältige Mitarbeiterselektion und eine gezielte Mitarbeiterentwicklung.<br />
Die hohe Bedeutung einer systematischen Mitarbeiterselektion <strong>für</strong> zentrale und dezentrale<br />
Aufgaben in der Vertriebsorganisation ergibt sich aus dem beträchtlichen Risiko,<br />
das mit Fehleinstellungen verbunden ist (Homburg/Krohmer 2003, S. 1039). Hohe<br />
Weiterbildungskosten im Fall mangelnder Fähigkeiten der neuen Mitarbeiter, eine hohe<br />
Mitarbeiterfluktuation, die damit verbundenen Kosten sowie die Beeinträchtigung<br />
von Kundenbeziehungen sind Beispiele <strong>für</strong> Konsequenzen, die aus einer fehlerhaften<br />
Mitarbeiterselektion resultieren können (s. Homburg/Krohmer 2003, S. 1040). Walti<br />
(1999, S. 224) betont deshalb, dass eine Methodik zu entwickeln sei, um potenzielle<br />
Kandidaten systematisch zu evaluieren. Hersteller und Vertriebspartner können dazu<br />
gemeinsame Anforderungsprofile erarbeiten (Walti 1999, S. 224), die sowohl die lokalen<br />
Marktbedingungen als auch die Unternehmenssituation des Herstellers berücksichtigen.<br />
Wichtige Variablen eines solchen Anforderungsprofils können bspw. sein: Ausbildung,<br />
Branchenerfahrung, technologische Kompetenz, sprachliche Kompetenz, Datenbank-<br />
und Softwarekenntnisse, Persönlichkeitsmerkmale sowie persönliche Netzwerke<br />
(Cespedes 1995, S. 62 f.). Durch den Einsatz gemeinsamer Rekrutierungsrichtlinien<br />
können auf diese Weise Mitarbeiter in Zentrale und bei Vertriebsgesellschaften<br />
gewonnen werden, die durch gemeinsame und übergreifende Fähigkeiten eine Zusammenarbeit<br />
erleichtern (Krafft/Haase 2004, S. 16; Cespedes 1995, S. 62).<br />
Klumpp (2000, S. 179 ff.) misst der gemeinsamen Mitarbeiterentwicklung eine besonders<br />
hohe Bedeutung bei. Hierbei ist der organisationsübergreifende Personaleinsatz<br />
besonders hervorzuheben. Durch Personalrotation oder temporäre Mitarbeitertransfers<br />
können neben einem sachlichen Informationsaustausch ein emotionaler Fit zwischen<br />
zentralen und dezentralen Einheiten hergestellt werden (Klumpp 2000, S. 179;<br />
Edstrom/Galbraith 1977, S. 255). Manche Hersteller beziehen einen mehrmonatigen<br />
Arbeitsaufenthalt bei einem internationalen Vertriebspartner als Station <strong>für</strong> Führungsnachwuchs<br />
vor der Übernahme von Tätigkeiten im Stammhaus mit ein. Durch den<br />
personellen Austausch erhalten Mitarbeiter einen tiefen Einblick in die Interessen, die
178<br />
Kapitel 6<br />
Denk- und Arbeitsweise ihres Counterparts, wodurch die Entwicklung der Vertriebsorganisation<br />
eine ganzheitliche Sichtweise erhält. Die Intensität der Personalrotation<br />
wird dabei durch die Anzahl der ausgetauschten Mitarbeiter, die Dauer des Austausches<br />
und die Aufgaben, die in der anderen Funktion übernommen wurden, bestimmt<br />
(Klumpp 2000, S. 180). Allerdings sind <strong>für</strong> die Umsetzung einer solchen Rotation in<br />
der Praxis häufig interne Hürden zu überwinden. Ausgetauschte Mitarbeiter können<br />
nicht von Beginn an mit voller Produktivität an einer neuen Aufgabe arbeiten. Deshalb<br />
verlangt ein solches Vorgehen von den Beteiligten die Überzeugung, dass sich kurzfristige<br />
Produktivitätsverluste langfristig in Form von verminderten Reibungsverlusten,<br />
einer effizienteren Vertriebsorganisation und damit höheren Verkaufsergebnissen<br />
auszahlen.<br />
Eine weitere Möglichkeit, um zentrale und dezentrale Organisationseinheiten im Rahmen<br />
des Personalwesens mental und personell enger zu verbinden, besteht in durchlässigen<br />
Karrierepfaden (Krafft/Haase 2004, S. 16). In vielen Traineeprogrammen, die<br />
auf zentrale Führungspositionen im Verkauf hinführen, wird vorgeschrieben, dass vorher<br />
eine mehrjährige Tätigkeit im dezentralen Verkauf wahrgenommen werden muss.<br />
Auch hierdurch wird ein ganzheitliches Denken der Führungskräfte unterstützt, das<br />
sich in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten bemerkbar<br />
macht.<br />
Fallbeispiel 6-4 zeigt, wie die Royal Dutch/Shell Group durch gezielte Unterstützungskonzepte<br />
den internationalen Transfer von Mitarbeitern in der Gruppe vorantreibt.<br />
Internationale Mitarbeitertransfers durch „Dual Career Couples“<br />
Royal Dutch/Shell Group, London, England<br />
Die Royal Dutch/Shell Gruppe ist eine der grössten Unternehmensgruppen der Welt. Sie entstand im<br />
Jahr 1907 aus einem Zusammenschluss der N.V. Koninklijke Nederlandsche Petroleum Maatschappij,<br />
Den Haag, und The "Shell" Transport and Trading Company p.l.c., London. Im Jahr 2003 belief sich<br />
der Nettogewinn der Gruppe auf Basis laufender Kosten auf USD 12.5 Mrd. In den fünf Geschäftsbereichen<br />
Exploration und Förderung von Öl und Erdgas, Verarbeitung und Vertrieb von Mineralöl,<br />
Erdgas/Strom, Chemie und erneuerbare Energien werden rund 115’000 Mitarbeiter in über 145 Ländern<br />
weltweit beschäftigt.<br />
Eine Karriere auf dem Berufsweg zwischen dem 25. bis zum 60. Lebensjahr umfasst bei Shell etwa<br />
zehn bis zwölf Positionen. Die permanente theoretische Aus- und Weiterbildung erfolgt durch interne<br />
und externe Kurse. Einen zentralen Stellenwert nimmt das Training „on the job“ ein. Zur Karriere<br />
gehören vor allem <strong>für</strong> Hochschulabsolventen, die zu einem späteren Zeitpunkt Führungsverantwortung<br />
übernehmen wollen, auch Auslandsaufenthalte. Da<strong>für</strong> existieren verschiedene Programme:<br />
• Eurodevelopment Assignments: Einsätze von zwei bis drei Jahren <strong>für</strong> junge Mitarbeiter bis 35<br />
Jahre innerhalb Europas, teilweise auch weltweit.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 179<br />
• Europrofessional Assignments: drei- bis fünfjährige Einsätze <strong>für</strong> erfahrene Mitarbeiter, Spezialisten<br />
oder Manager, die zum Gelingen in einer anderen Niederlassung beitragen.<br />
• International Employment: Mitarbeiter, die <strong>für</strong> eine internationale Laufbahn angestellt werden.<br />
Bei Shell waren 1996 laut einer internen Studie rund 5'700 Mitarbeiter ausserhalb ihres Heimatlandes<br />
beschäftigt, das sind rund 5.35 Prozent aller Mitarbeiter. Es handelt sich um so genannte „Expatriates“,<br />
die <strong>für</strong> eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren versetzt werden. Auch Job-Rotation wird im<br />
Unternehmen bereits seit Anfang des Jahrhunderts eingesetzt und wird als absolute Selbstverständlichkeit<br />
gesehen. Job-Rotation bietet rund einem Viertel aller Mitarbeiter die Gelegenheit, ihre Stelle<br />
etwa im Dreijahresrhythmus innerhalb der Firmengruppe zu wechseln.<br />
Shell betrachtet die internationalen Arbeitsaufenthalte im Rahmen der Karriereentwicklung <strong>für</strong> einen<br />
wesentlichen Erfolgsfaktor des Unternehmens. Um die Bereitschaft der Mitarbeiter <strong>für</strong> internationale<br />
Transfers zu erhöhen, hat sich Shell ausgiebig mit den Hemmnissen beschäftigt, die Mitarbeiter von<br />
einem Transfer abhalten. Es wurden Konzepte entwickelt, die auch die privaten Umstände der Mitarbeiter<br />
berücksichtigen, die in den häufigsten Fällen Grund <strong>für</strong> eine Ablehnung der internationalen<br />
Transferprogramme darstellten. Unter dem Schlagwort „Dual Career Couples (DCC)“ wurden Lösungen<br />
entwickelt, die an der gemeinsamen Lebensplanung von Mitarbeitern und deren Ehepartnern ansetzen.<br />
Die Abbildung zeigt Instrumente, die im Rahmen des DCC-Programmes eingesetzt werden.<br />
TOOLS<br />
zur Förderung von „Dual Career Couples“<br />
Datenbank<br />
HERMES<br />
Career Spouses<br />
Network<br />
Interne<br />
Vakanzenliste<br />
Unterstützung<br />
beim Bewerben<br />
Network<br />
Finanzielle<br />
Unterstützung<br />
Versetzungsentschädigung<br />
Freistellungen<br />
Teilzeit, Freizeit<br />
Kinderbetreuung<br />
Die gruppeninterne Mitarbeiterdatenbank „Hermes“ enthält nicht nur Daten über rund 35'000 Mitarbeiter.<br />
Darüber hinaus sind Angaben darüber erfasst, ob Partner grundsätzlich an einer Stelle bei Shell<br />
interessiert sind, ob der Partner den Kandidaten bei einem internationalen Einsatz begleiten würde<br />
und falls ja, ob dieser von Shell oder einer befreundeten Firma angestellt werden sollte. Das „Career<br />
Spouses Network“ umfasst 35 internationale Konzerne, die eine Vereinbarung getroffen haben, sich<br />
gegenseitig über offene Stellen zu informieren und die begleitenden Partner zu berücksichtigen. Hierdurch<br />
wird es erleichtert, <strong>für</strong> Partner eine Stelle zu finden, selbst wenn Shell keine geeignete Vakanz<br />
besitzt. Über E-Mail werden wöchentliche Vakanzen in der gesamten Unternehmensgruppe veröffentlicht.<br />
Für die Bewerbung bei anderen Firmen steht bei Shell eine interne Beratungsstelle zur Verfügung, die<br />
den begleitenden Partnern hilft, die richtige Form der Bewerbung zu finden, Präsentationsfähigkeiten<br />
zu verbessern und damit Berufschancen in fremden Ländern zu optimieren. Um ein schnelles und<br />
rationelles Einleben zu erleichtern, stellt Shell Mittel und Ideen zur Verfügung, um auf freiwilliger<br />
Basis ein Netzwerk aufzubauen, das nicht selten von den nichtberufstätigen Partnern geleitet wird.<br />
Darüber finanziert der Konzern <strong>für</strong> den berufsbedingten Studienwechsel eines Partners Aus- und Weiterbildungsmassnahmen,<br />
um sich den veränderten Bedingungen anzupassen.<br />
Die finanzielle Kompensation ist bei Shell grosszügig. Auch Pendlerlösungen („grass widower“) werden<br />
finanziell unterstützt, da neben den Reisekosten auch zusätzliche Kosten <strong>für</strong> eine zweite Wohnung,<br />
<strong>für</strong> Haushaltshilfen oder bei der Kinderbetreuung anfallen. Arbeiten beide Partner bei Shell,<br />
kann einer der beiden <strong>für</strong> eine Zeit von drei bis vier Jahren freigestellt werden. Die Pensionskasse,<br />
andere Versicherungen sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes bleiben in diesem Fall bestehen. Bei<br />
gewissen Stellen existiert die Möglichkeit des Jobsharing und der Teilzeitbesetzung. Im Jahre 1992
180<br />
Kapitel 6<br />
wurde der Bedarf nach Kinderkrippen und Horten untersucht, konnte aber nicht nachgewiesen werden.<br />
Bisher werden Kinder von Expatriates ab drei Jahren in der Regel auf Kosten der Shell in Internaten<br />
und Privattagesschulen ausgebildet, worüber das Paar eigenständig entscheidet.<br />
Es muss betont werden, dass nicht alle genannten Punkte in sämtlichen Ländern umgesetzt werden<br />
konnten. In der Schweiz ist es bspw. <strong>für</strong> Partner von Ausländern aufgrund fehlender Arbeitsbewilligungen<br />
nicht gestattet zu arbeiten. In anderen Ländern konnten Massnahmen aufgrund von religiösen<br />
oder kulturellen Gründen nicht umgesetzt werden. Jedoch schafft Shell <strong>für</strong> seine Mitarbeiter vergleichsweise<br />
gute Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Vereinbarkeit des Auslandsaufenthaltes mit der persönlichen<br />
Situation. Hier liegt sicherlich der Grund <strong>für</strong> eine besonders hohe Akzeptanz der Auslandseinsätze<br />
und die hohe Anzahl von Expatriates im Unternehmen. Shell schafft damit die Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> eine gute Zusammenarbeit in der internationalen Organisation.<br />
Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group (Kuenzle 1997,<br />
S. 181-200; Shell 2004)<br />
6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams<br />
Neben den Koordinationsansätzen durch Gestaltung der Primärorganisation gewinnen<br />
in den letzten Jahren Ansätze der Teamorganisation zunehmend an Bedeutung. Im<br />
Folgenden werden Einsatzmöglichkeiten der Teamorganisation diskutiert, die Hersteller<br />
in der Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern bei Planungsprozessen,<br />
dem Neuproduktmanagement und der Kundenbetreuung unterstützen.<br />
6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams<br />
Wie bereits aufgezeigt, sind in internationalen Vertriebsorganisationen eine Vielzahl<br />
von komplexen Entscheidungen zu treffen, die verschiedene Dimensionen wie z. B.<br />
Unternehmensfunktionen und –bereiche, Produkte, Kundengruppen, Regionen, Länder<br />
und Vertriebsformen betreffen. Der optimalen Abstimmung von zentralen Entscheidungen<br />
auf die Bedürfnisse der Mitglieder der Vertriebsorganisation steht damit eine<br />
hohe Komplexität gegenüber, der aus zentraler Sicht auch bei besten Absichten nur<br />
teilweise zu begegnen ist. Um die verschiedenen Entscheidungsdimensionen bei der<br />
Planung und Koordination im <strong>Vertriebsmanagement</strong> entsprechend berücksichtigen zu<br />
können, greifen manche Unternehmen auf eine Teamorganisation zurück, die die Primärorganisation<br />
als Sekundärorganisation ergänzt (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36;<br />
Kutschker/Schmid 2002, S. 620). In diesem Zusammenhang soll auf die Zusammensetzung<br />
der Teams, die Aufbauorganisation, die Koordination der Teams und die Entscheidungsbereiche<br />
eingegangen werden.<br />
Charakteristisch <strong>für</strong> international tätige Unternehmen ist, dass den Planungsteams neben<br />
Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionalbereiche, unterschiedlicher Produktbereiche<br />
und unterschiedlicher Hierarchieebenen auch Repräsentanten aus Mutter- und
Vertriebsgestaltung des Herstellers 181<br />
Tochtergesellschaften beiwohnen (Wittmer/Putze 2000, S. 31; Kutschker/Schmid<br />
2002, S. 624). In manchen Fällen wird ein so genanntes Kernteam (A-Mitglieder) eingerichtet,<br />
in dem ausgewählte Entscheidungen in kleinerer Runde getroffen werden<br />
können (Wittmer/Putze 2000, S. 30; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). Wittmer/Putze<br />
(2000, S. 30) schlagen eine Kernteamgrösse von ca. 6-10 Mitgliedern vor, die sich<br />
regelmässig persönlich treffen und <strong>für</strong> die Ergebnisse der Teamarbeit verantwortlich<br />
sind. B-Mitglieder nehmen in eingeschränktem Masse an Treffen teil, C-Mitglieder<br />
hingegen nehmen nicht an Teammeetings teil, sind jedoch sowohl als Empfänger als<br />
auch Lieferanten in den Informationskreislauf des Teams eingebunden (Wittmer/Putze<br />
2000, S. 30).<br />
Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie erleichtert die<br />
Teamarbeit gerade in internationalen Organisationen (Kutschker/Schmid 2002, S.<br />
625). Ein Vorwurf, der häufig aus den Tochtergesellschaften geäussert wird, ist von<br />
Informationen aus der Unternehmenszentrale weitgehend ausgeschlossen zu sein<br />
(Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Die Arbeit mit Teams kann<br />
diesen Informationsmissstand beheben, wenn geeignete Verteilerlisten <strong>für</strong> Informationen<br />
wie Besuchsberichte, Kundenprofile, Wettbewerbsinformationen, Umsatzentwicklung<br />
etc. entworfen werden (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31).<br />
Der Umfang und die Art der zur Verfügung gestellten Informationen können sich ebenfalls<br />
an Kern und Schalen der Teamorganisation orientieren, um eine Informationsüberflutung<br />
zu verhindern (Wittmer/Putze 2000, S. 31).<br />
Als wichtige Ergebnisse der Teamorganisation können die Sammlung und Systematisierung<br />
globaler Informationen über Kunden, Branchen und Wettbewerber festgehalten<br />
werden. Durch die Einbindung der verschiedenen Perspektiven und Interessen<br />
wird eine globale Sichtweise erzielt, die ein besseres Verständnis und eine stärkere<br />
Berücksichtigung verschiedener Kulturen, Märkte und Denkansätze ermöglicht<br />
(Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36 f.). Wittmer/Putze (2000, S. 31) berichten, dass auch die<br />
Kosten <strong>für</strong> die Informationsbeschaffung abnehmen, da Doppelarbeit drastisch vermieden<br />
wird. Durch die Teamorganisation erkennen die Beteiligten ihre Verantwortung<br />
<strong>für</strong> den Erfolg beim Kunden in höherem Masse als zuvor, wodurch ein höheres Engagement<br />
erzielt wird (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Das Fallbeispiel 6-5 (S. 183) zeigt,<br />
wie die Degussa AG durch eine globale Teamorganisation die Zusammenarbeit mit<br />
ihren Tochtergesellschaften und Vertretungen nachhaltig verbessern konnte.
182<br />
Globale Teamorganisation verbindet zentrale Effizienz und dezentrale Effektivität<br />
Degussa AG, Geschäftsgebiet Polyurethane-Additives, Essen, Deutschland<br />
Kapitel 6<br />
Degussa ist ein multinationales Unternehmen und im Gebiet der Spezialchemie tätig. Das Geschäftsgebiet<br />
„Goldschmidt Polyurethane Additives“ mit Sitz in Essen wird mit einem Geschäftsvolumen<br />
von ca. 150 Millionen Euro und einem Auslandsumsatz von etwa 80 Prozent besonders stark vom<br />
internationalen Geschäft bestimmt. Die Primärorganisation des internationalen Vertriebs ist im Geschäftsgebiet<br />
Polyurethane Additives zunächst klassisch nach Regionen aufgeteilt, denen die jeweiligen<br />
Ländergesellschaften und Vertretungen unterstellt sind. Die Business Line „Goldschmidt Polyurethane<br />
Additives“ arbeitet seit dem Jahr 1997 ergänzend mit einer globalen Teamorganisation<br />
(GTO).<br />
Durch die Einführung der GTO wurde die Strategieentwicklung weitgehend an die Teams delegiert,<br />
die Strategien <strong>für</strong> Accounts und Märkte entwickeln und diese nach Freigabe durch das Management<br />
selbst umsetzen. Konkrete Aspekte der kurz- und mittelfristigen Strategien, die durch die Teams entwickelt<br />
werden sind z. B. Umsatz- und Mengenplanungen, Marktanteilsziele, globale Preisstrategien,<br />
SWOT-Analysen, Aktuelles und Organisatorisches bei Kunden und Wettbewerbern, Vorschläge zu<br />
eigenen Reaktionen, Trends, Analysen und ggf. Anpassung des Produktprogramms sowie die Einführung<br />
von Neuprodukten. Die Teamorganisation unterstützt darüber hinaus das interne Networking<br />
und verbessert hierdurch die persönliche Kommunikation.<br />
Aktiv involviert sind in die GTO ca. 50 Mitarbeiter aus technischen und kaufmännischen Bereichen,<br />
aus der Zentrale und den weltweiten Vertriebstöchtern. Wie das Beispiel in der Abbildung zeigt, kann<br />
die Zahl der Mitglieder in einem globalen Team erstaunlich gross sein. Neben der grossen Zahl als<br />
solcher ist interessant, dass die Mehrheit der Teammitglieder nicht in der Zentrale, sondern in den<br />
lokalen Märkten und damit nah bei ihren Kunden stationiert ist. In der Tat sind in diesem Team Mitarbeiter<br />
aus zwölf verschiedenen Ländern und fünf Kontinenten beteiligt.<br />
27 Teammitglieder<br />
• 10 aus der Zentrale,<br />
• 17 aus lokalen Gesellschaften.<br />
12<br />
C-Mitglieder<br />
9<br />
B-Mitglieder<br />
6<br />
A-Mitglieder<br />
Um die optimale Teamstärke von 6 bis 10 Mitarbeitern pro Gruppe in Meetings nicht zu überschreiten,<br />
wurde eine abgestufte Teammitgliedschaft installiert. Der so genannte A-Kreis involviert Mitarbeiter,<br />
die regelmässig mit wichtigen Entscheidungsträgern der jeweiligen Kunden bzw. Branchen<br />
zusammenarbeiten. Diese A-Mitglieder treffen sich zweimal jährlich im Rahmen der Team-Meetings<br />
und sind verantwortlich <strong>für</strong> die Planung, Strategie sowie Ergebnisse des Key-Accounts bzw. der Industrie.<br />
B-Mitglieder nehmen hingegen nur gelegentlich an Teamtreffen teil. C-Mitglieder nehmen<br />
nicht an den Treffen teil, sind jedoch in den Informationskreislauf des Teams eingebunden. Die Festlegung<br />
der Teammitgliedschaften erfolgt in Abstimmung mit dem Management-Team. Wichtige<br />
Merkmale der Teamzusammensetzung sind Kundennähe, Internationalität und Cross-Funktionalität.<br />
Aus Sichtweise der Zentrale kann der Einsatz der GTO als durchweg positiv beurteilt werden. Kurz<br />
nach der Einführung war der Ansatz teilweise etwas zu „demokratisch“, weshalb die Entscheidungs-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 183<br />
prozesse zunächst langsamer wurden, als unbedingt nötig. Niederlassungen und Vertretungen hatten<br />
in dieser Startphase einen gewissen Mehraufwand und den Verlust an lokaler Macht zu verzeichnen.<br />
Jedoch konnte keine Erhöhung der Mitarbeiterfluktuation beobachtet werden.<br />
Die vielfach beobachteten Konflikte an den Schnittstellen zwischen separaten (Stabs-) Funktionen,<br />
wie z. B. Key-Account Management, Marketing etc., und den ‚Operativen’ sind abgeschafft, da es<br />
diese separaten Funktionen nicht mehr gibt. Die Organisation ist damit flach, dezentral und kundennah.<br />
Entscheidungsbefugnisse sind de facto weitgehend an die Teams delegiert. Dies setzt durch höhere<br />
Motivation, grössere Entscheidungsflexibilität und -geschwindigkeit zusätzliche Energie <strong>für</strong> die<br />
Organisation frei. Die GTO ist als lernendes Netzwerk angelegt. Permanente interne Best-Practice-<br />
Vergleiche werden durch externe Benchlearning-Projekte ergänzt. Alle Aktivitäten sind auf die jeweiligen<br />
Schlüsselerfolgsfaktoren fokussiert, die kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert<br />
werden.<br />
Im Einzelnen konnten mit der Einführung der globalen Teamorganisation im Geschäftsgebiet „Polyurethane<br />
Additives“ der Degussa AG damit zahlreiche potentielle Konfliktfelder im internationalen<br />
Vertrieb entschärft werden. Hierzu gehören insbesondere lokale Personalentscheidungen und die allgemeine<br />
Strategie des Geschäftsgebiets. Aspekte, die auf Länderebene entschärft werden konnten,<br />
sind weiterhin die Koordination internationaler Kunden, lokale Betreuung der Kunden, Lieferbereitschaft<br />
und -fähigkeiten sowie der Umgang mit Garantien und Reklamationen. Auch Kommunikationsprobleme,<br />
die aufgrund fehlendem, globalen oder cross-funktionalen Denken oder dem starken<br />
Einfluss lokaler Geschäftsführer bestanden, konnten überwunden werden. Damit wurde die Voraussetzung<br />
geschaffen, um Umsätze und Erträge international zu optimieren.<br />
Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG (Einzelinterview<br />
Putze 2002, s. Anhang A, S. 346; Schmitz/Putze 2004, S. 34 ff.)<br />
6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement<br />
Die Markteinführung von neuen Produkten bestimmt die Zukunft eines Unternehmens<br />
in besonderem Masse (Belz et al. 1996, S. 71). Denn Hersteller tätigen häufig bereits<br />
im Vorfeld hohe Investitionen <strong>für</strong> die Forschung und Entwicklung. Zudem bringt auch<br />
die eigentliche Markteinführung durch Kommunikationsanstrengungen, Schulungen<br />
und Messeauftritte grosse finanzielle Risiken mit sich. Erfolglose Produkte sind <strong>für</strong><br />
Unternehmen mit hohen Kosten verbunden und gefährden nicht selten dessen Fortbestand.<br />
In einer von Kiepe (2004, S. 40) durchgeführten Untersuchung im Top-Management<br />
deutscher Hersteller nannten 46 Prozent der Befragten die inkonsequente Umsetzung<br />
als grösstes Hindernis <strong>für</strong> die Einführung neuer Produkte. Vertriebspartner bemängeln<br />
hingegen häufig die Markttauglichkeit der Neuprodukte und fordern eine stärkere Integration<br />
bei Entwicklung und Markteinführung (s. Abbildung 6-4, S. 160). Auch<br />
Josef Vilana, Sales Manager bei der Sulzer Metco Europe in Madrid, Spanien, fordert<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “The manufacturer should better analyze<br />
the market needs when designing new products. The goal should be a mixed<br />
global-local organization, where local needs are taken into account, as well.” In vielen
184<br />
Kapitel 6<br />
Fällen kommt es sogar vor, dass Tochtergesellschaften und Kunden nach wünschenswerten<br />
Funktionalitäten <strong>für</strong> Neuprodukte gefragt werden, die dann aber bei der Realisierung<br />
nicht berücksichtigt werden (Lach 2001, S. 58). Dadurch wird die Unzufriedenheit<br />
noch erhöht (Lach 2001, S. 58).<br />
Im Folgenden wird aufgezeigt, wie Hersteller durch die stärkere Einbeziehung von<br />
Vertriebspartnern zum Erfolg von Neuprodukteinführungen beitragen können. Die<br />
Bildung und der Einsatz von Teams zwischen Hersteller und Vertriebspartner findet<br />
dabei als zentraler Lösungsansatz eine besondere Berücksichtigung.<br />
Ideengenerierung und Selektion<br />
Leiter von Tochtergesellschaften müssen über viel Geschick, Hartnäckigkeit und<br />
Glück verfügen, wenn sie eigene Initiativen realisieren wollen (Birkinshaw/Fry 1999,<br />
S. 52). Birkinshaw/Fry (1999, S. 52) sprechen sogar von einem inneren „Immunsystem<br />
des Unternehmens“, das alle von aussen eindringenden Vorschläge und Initiativen<br />
abtötet, in der Furcht, sie könnten den übrigen Organismus infizieren. Vorschläge aus<br />
den Tochtergesellschaften erliegen damit häufig der Skepsis der Zentrale in Bezug auf<br />
ihren Nutzen und ihre Realisierbarkeit (Lach 2001, S. 59 f.; Birkinshaw/Fry 1999, S.<br />
58). In Neuproduktvorschlägen der Vertriebspartner sehen Mitarbeiter aus der Zentrale<br />
häufig den blossen Opportunismus der „Schaffung eines eigenen Reiches“, weshalb<br />
sie die dezentralen Initiativen häufig auch dann unterbinden, wenn zunächst keine<br />
zentralen Ressourcen eingebunden werden (Birkinshaw/Fry 1999, S. 62).<br />
Die Erfassung, der Austausch und die Nutzung von Marktinformationen stellen die<br />
wichtigsten Determinanten <strong>für</strong> den Erfolg und Misserfolg der Einführung neuer Produkte<br />
dar (Ottum/Moore 1997, S. 258). Trotzdem werden Marktinformationen nur<br />
selektiv an die Zentrale weitergeben (Ottum/Moore 1997, S. 261), wodurch die Generierung<br />
von Ideen <strong>für</strong> Neuprodukte stark dezimiert wird und <strong>für</strong> die Selektion ein<br />
dementsprechend eingeschränkter Ideenpool zur Verfügung steht.<br />
Ottum/Moore (1997, S. 262) schlagen deshalb bereits bei der Generierung von Produktideen<br />
ein gemeinsames Vorgehen von Hersteller und Vertriebspartner vor.<br />
Birkinshaw/Fry (1999, S. 59) gehen sogar soweit, die umfassende Delegation der Verantwortlichkeit<br />
<strong>für</strong> Neuproduktinitiativen an die Tochtergesellschaften zu fordern. Auf<br />
dem Kontinuum zwischen vollständig zentralisiertem und vollständig dezentralisiertem<br />
Vorgehen sind verschiedene Abstufungen denkbar.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 185<br />
Eine mit vergleichsweise wenig Aufwand verbundene Möglichkeit, der Zentrale ein<br />
besseres Bild des Marktes zu ermöglichen und damit Markteindrücke in neue Produkte<br />
zu leiten, besteht bspw. in gemeinsamen Kundenbesuchen. Dr. Pius Baschera, CEO<br />
der Hilti AG betont die Bedeutung gemeinsamer Kundenbesuche (Baschera 2004). Bei<br />
Besuchen in internationalen Tochtergesellschaften des Konzerns lege er Wert darauf,<br />
mit Aussendienstmitarbeitern Kunden in verschiedenen Landesteilen zu besuchen.<br />
Hierdurch lasse sich die Zufriedenheit und Wahrnehmung des Kunden am besten erfassen.<br />
Auch durch Gespräche mit Aussendienstmitarbeitern stelle sich schnell heraus,<br />
welche Probleme und Verbesserungsvorschläge existieren. Eine Investition in diese<br />
„Kontaktzeit“ sei häufig mindestens so wertvoll und ergiebig wie die anschliessenden<br />
Präsentationen während des offiziellen Veranstaltungsteils in den Tochtergesellschaften.<br />
Diese Art der Ideengenerierung nennt man auch „Shadowing“, das z. B. von Mettler-<br />
Toledo eingesetzt wird. Dazu werden Mitarbeiter der Zentrale ganz bewusst zu Tochtergesellschaften<br />
geschickt, um bei Besuchen neue Produktideen und Optimierungspotenziale<br />
zu finden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei Rieter wird das<br />
Shadowing gar als die Hauptquelle der Ideengenerierung bezeichnet. Dabei wird darauf<br />
geachtet, dass jeder Kundenbesuch eines Verkäufers oder eines Servicemitarbeiters<br />
über das Intranet in speziellen Formularen rapportiert wird (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Die durch das „Shadowing“ gewonnenen Informationen vermitteln aber selbstverständlich<br />
nur eine unvollständige Momentaufnahme, die stark durch die Auswahl der<br />
Kunden und dem Zeitpunkt der Besuche bestimmt wird. Es besteht die Gefahr, dass<br />
Mitarbeiter der Zentrale die Aussagekraft dieser Informationsbasis überschätzen. Um<br />
dieses Defizit auszugleichen, hat man bei der Wampfler AG einen alternativen Weg<br />
der Ideengenerierung eingeschlagen. Fallbeispiel 6-6 (S. 186) zeigt Instrumente, die<br />
bei der Wampfler AG hinzugezogen werden, um Ideen zu erfassen und über deren Realisierbarkeit<br />
zu entscheiden.<br />
Instrumente der Ideengenerierung und Selektion<br />
Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland<br />
Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller<br />
von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im<br />
Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch<br />
27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert.<br />
Innovationstage
186<br />
Kapitel 6<br />
Wampfler geht mit dem einmal jährlichen Zusammentreffen, den „Innovationstagen“ neue Wege. Zu<br />
dieser Tagung werden Mitarbeiter aus allen Abteilungen und allen Tochtergesellschaften eingeladen.<br />
Aus dem bunten Gemisch der Mitarbeiter werden nach dem Zufallsprinzip Teams zusammengestellt.<br />
Das Ziel des Tages ist es, einen unkomplizierten Austausch zwischen den Mitarbeitern herzustellen.<br />
In den Gruppen wird ein out-of-the-box-thinking angestrebt, in denen innovative Lösungen gesucht<br />
werden sollen. Es werden bewusst keine direkten Zielprodukte vorgegeben. Dies erlaubt es, dass mittels<br />
Brainstorming und anderer Kreativitätstechniken völlig neue Ideen generiert werden.<br />
Neben neuen Produktideen leisten die Innovationstage einen grossen Beitrag <strong>für</strong> eine gute Beziehung<br />
zwischen den beteiligten Parteien, da der persönliche Austausch gefördert wird. Nach Aussagen von<br />
Michael Ibarth, Product Manager in der Zentrale, wird der Ansatz der Innovationstage von den Beteiligten<br />
gut aufgenommen und führt ebenso zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Die Selektion<br />
und Weiterverarbeitung der gesammelten Ideen erfolgt in der Zentrale, die ein Feedback an sämtliche<br />
Teilnehmer verschickt.<br />
Expertengruppen<br />
Zur Ideenfindung werden Gruppen aus Vertretern der wichtigsten Märkte zusammengestellt und nach<br />
Kundenwünschen und Problemen befragt. Hier findet ein zielgerichtetes Suchen nach Produktlösungen<br />
statt.<br />
Ein Vorteil dieses Ansatzes liegt in der hohen Produktivität, da es sich um ein eingespieltes Team von<br />
Experten handelt. Durch die regelmässige Zusammenarbeit können der Zusammenhalt und der persönliche<br />
Kontakt unter den Mitglieder der Gruppe als sehr gut eingestuft werden. Allerdings birgt<br />
dieser sehr professionelle Ansatz die Gefahr, dass immer wieder dieselben Märkte und immer die<br />
gleichen Leiter der Tochtergesellschaften befragt werden und somit keine Gleichberechtigung der<br />
Tochtergesellschaften stattfindet. Es stellt sich auch die Frage, wer wieviel Mitspracherecht in einem<br />
solchen Gremium hat. Als Lösungen bieten sich deshalb eine regelmässig wechselnde Besetzung der<br />
Expertengruppe und die klare Kommunikation der Rechte der beteiligten Parteien an. Eine Weiterentwicklung<br />
von Ideen wird auch in diesem Fall durch die Zentrale vorgenommen.<br />
Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG (Einzelinterview<br />
Ibarth 2004, s. Anhang A, S. 346)<br />
Konzept und technische Entwicklung<br />
Auf Basis der gesammelten und selektierten Ideen werden Produktkonzepte erarbeitet<br />
und bewertet. Hierbei kann auf gemischte Teams zurückgegriffen werden, allerdings<br />
spielt offenbar gerade <strong>für</strong> die Einschätzung von Entwicklungskosten zentrales Know-<br />
How eine wichtige Rolle. Und trotzdem scheint es wichtig, Vertriebspartner auch in<br />
dieser Phase unbedingt gelegentlich zu informieren. In Interviews wurde darüber berichtet,<br />
dass es teilweise Entwicklungsprojekte gibt, bei denen bis zu drei Jahren nach<br />
der Ideenabfrage und Selektion kein Austausch mehr mit den Vertriebspartnern erfolgt<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings können Mitarbeiter unterschiedlicher<br />
Märkte gerade bei der Konkretisierung von Positionierungszielen und<br />
technischer Ausstattung wertvolle Hinweise geben. Einige Autoren empfehlen nachdrücklich<br />
die gemeinsame Entwicklung mit einem „Lead-User“ durch ausgewählte<br />
Tochtergesellschaften (Birkinshaw/Fry 1999, S. 58; Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Ein<br />
entscheidender Vorteil liegt häufig in der Motivation der beteiligten Niederlassung, die
Vertriebsgestaltung des Herstellers 187<br />
sich <strong>für</strong> ihren Produktvorschlag nach allen Kräften einsetzt (Belz/Reinhold 1999a, S.<br />
150) und darüber hinaus beträchtliche finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen<br />
investiert, die wegen der hohen Anzahl an Projekten in der Zentrale häufig nicht zu<br />
mobilisieren wären. Es entstehen hierdurch detaillierte Konzepte, die in hohem Masse<br />
die Anforderungen der Märkte bzw. des Lead-Users berücksichtigen. Andererseits<br />
besteht die Gefahr, dass die von einzelnen Niederlassungen entwickelten Konzepte die<br />
Anforderungen anderer Märkte oder die Realisierbarkeit im Rahmen des Gesamtunternehmens<br />
bzw. der Gesamtstrategie vernachlässigen. Aus diesem Grunde empfiehlt<br />
es sich, auch bei der dezentralen Konzeption und Entwicklung ein begleitendes Teammanagement<br />
einzurichten, das die Interessen anderer Märkte und die zentrale Sichtweise<br />
mit berücksichtigt.<br />
Manche Hersteller verzichten allerdings gänzlich auf diese kontinuierliche Betreuung<br />
und integrieren sich erst wieder in den Prozess, wenn erste Ergebnisse mit Lead-Usern<br />
oder gleich bezüglich der kompletten Einführung in einem „Lead-Country“ vorliegen<br />
und die Übertragbarkeit auf andere Märkte überprüft werden kann. Nach der vollzogenen<br />
Einführung im Lead-Land sollte eine Präsentation des Konzeptes und eine Berichterstattung<br />
zu den Erfahrungen mit dem Neuprodukt so z. B. auf dem jährlichen<br />
Sales-Meeting stattfinden. Durch die dezentrale Entwicklung gelingt es der Zentrale,<br />
Motivations- und Vertrauenseffekte <strong>für</strong> die Übernahme des Produktes bei anderen<br />
Vertriebspartnern zu erzeugen. Vorschläge des Lead-Landes werden von anderen<br />
Länderverantwortlichen ggf. kompetenter eingeschätzt und besser aufgenommen. Dezentrale<br />
Kompetenzen und Ressourcen werden dadurch besser genutzt und damit die<br />
Zentrale entlastet.<br />
Produkteinführung in internationale Märkte<br />
Bei der Einführung eines Neuproduktes in die verschiedenen Märkte, die in der Regel<br />
auch mit der Abschaffung von Vorgängerprodukten verbunden ist, kann auf die Erfahrungen<br />
aus dem Lead-Land zurückgegriffen werden. Allerdings sind <strong>für</strong> eine Übertragbarkeit<br />
der Erfahrungen auch die unterschiedlichen Situationen verschiedener Regionen<br />
und Länder zu beachten. Eine Teamorganisation schafft deshalb auch in dieser<br />
Phase Vorteile <strong>für</strong> eine reibungslose Einführung.<br />
Neben der Wahl zwischen einem parallelen und einem sequenziellen Markteinführungsmodus<br />
spielen die Information und die Unterstützung der Vertriebspartner eine<br />
entscheidende Rolle (Belz et al. 1996, S. 74). Hierzu gehören die frühzeitige und verbindliche<br />
Information zu Meilensteinen wie Produktvorstellungen, Materialbereitstel-
188<br />
Kapitel 6<br />
lung, Lieferterminen und Messepräsenzen, wie auch die finanzielle und inhaltliche<br />
Unterstützung der Vertriebspartner bei kommunikativen Massnahmen der Markteinführung<br />
(Lach 2001, S. 63). Auch der Umgang mit häufig auftretenden Terminverschiebungen<br />
oder kurzfristigen Terminproblemen bedarf eines professionellen Kommunikationsmanagements<br />
der Zentrale. Zwar sind Vertriebspartner grundsätzlich von<br />
der Notwendigkeit von Neuprodukten überzeugt, da sie hierdurch neue Differenzierungsmöglichkeiten<br />
erhalten. Neuprodukte bedeuten allerdings <strong>für</strong> Tochtergesellschaften<br />
auch erheblichen Aufwand. Sie teilen deshalb häufig nicht die Euphorie der Mitarbeiter<br />
des Stammhauses, die sich gewöhnlich bereits lange mit dem Neuprodukt beschäftigt<br />
haben (Lach 2001, S. 63).<br />
Das folgende Fallbeispiel 6-7 (S. 189) zeigt, wie die Novozymes AG durch einen<br />
teamorientierten Ansatz die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften bei der Eliminierung<br />
und Einführung von Produkten nachhaltig verbessern konnte.<br />
Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung<br />
Novozymes Switzerland AG, Dittingen, Schweiz<br />
Seit 1941 stellt die Novozymes AG Enzyme her, welche an die technische Industrie (Waschmittel,<br />
Textil-, Zuckerindustrie) und die Nahrungsmittelindustrie (Brauerei-, Back-, Fruchtsaftindustrie, Alkohol)<br />
verkauft werden. Novozymes ist heute mit etwa 4’000 Mitarbeitern der weltweit grösste Hersteller<br />
von industriellen Enzymen.<br />
Im zentralen Marketing des mittelständischen Feinchemieunternehmens war man zu dem Schluss<br />
gekommen, dass ein seit Jahrzehnten verkauftes Produkt eliminiert werden sollte, da dieses weltweit<br />
nur noch an wenige Kunden verkauft wurde. Zudem existierten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere<br />
Nachfolgeprodukte, die aus Sicht des Herstellers dem alten Produkt technisch überlegen waren. Ein<br />
europäischer Vertriebspartner, einer von den wenigen, die das Produkt noch verkauften, hatte es erst<br />
wenige Wochen vorher mit sehr viel Engagement und Überzeugungskraft geschafft, einen neuen<br />
Grosskunden <strong>für</strong> das Produkt zu gewinnen. Der Grosskunde hatte bereits seine Rezepte und Maschineneinstellungen<br />
überprüft und <strong>für</strong> die Produktion entsprechend angepasst. Allerdings wurde der Vertriebspartner<br />
erst einen Monat vor der Produktumstellung informiert, sodass es zu einem Streit zwischen<br />
ihm und der Zentrale kam. Eine weitere Facette bekam der Ablauf, als die Zentrale keine zusätzlichen<br />
Budgets <strong>für</strong> die Einführung des neuen Produktes bereitstellte, sondern vom Vertriebspartner<br />
verlangte, „selbst darüber zu entscheiden, ob das Stück Marktanteil bei uns bleibt oder bei der<br />
Konkurrenz“. Als Folge der unzureichenden Kommunikation und Information im Vorfeld der Umstellung<br />
war nicht nur das Verhältnis zum betroffenen Vertriebspartner beschädigt. Auch auf Kundenseite<br />
wurde das Vertrauen in die Kompetenz des Vertriebspartners erheblich beeinträchtigt. Es entstanden<br />
erhebliche Kosten beim Endkunden, die mit einer erneuten Umstellung der Produktion verbunden<br />
waren.<br />
Bei der Novozymes AG wurde deshalb intensiv nach Lösungen gesucht, um ähnliche Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> die Zukunft auszuschliessen. Vom Unternehmen wurde daher ein Konzept entwickelt, das <strong>für</strong><br />
zukünftige „Produktumstellungen“ berücksichtigt werden soll. Dabei werden Umstellungspläne durch<br />
ein crossfunktionales Team entwickelt, das die Kunden und Vertriebspartner bereits Monate vor der<br />
Einführung im voraus informiert und realistische Budgetvorschläge ausarbeitet.<br />
Um die Produktumstellung operativ möglichst reibungslos bei Vertriebspartnern und Kunden durchzuführen<br />
werden diese umfangreich informiert, es werden Vor- und Nachteile des neuen Produktes<br />
realistisch <strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erläutert und frühzeitig Proben an Vertriebspartner und<br />
Kunden herausgegeben, damit sich diese vertraut machen können.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 189<br />
Planung durch<br />
Zentrale<br />
�� Ausgangslage: Produkt wird nur noch wenig<br />
verkauft und soll eliminiert werden,<br />
�� Technisch überlegene Nachfolgeprodukte,<br />
�� Europäischer Vertriebspartner hat Produkt noch<br />
erfolgreich verkauft,<br />
�� Wenige Wochen vorher: Vertrag mit neuem<br />
Grosskunden,<br />
�� Kunde hat bereits seine Rezepte und<br />
Maschineneinstellungen angepasst,<br />
�� Vertriebspartner wird erst einen Monat vor der<br />
Produktumstellung informiert,<br />
�� Keine zusätzlichen Budgets <strong>für</strong> die Einführung<br />
des neuen Produktes.<br />
Planung durch<br />
Team<br />
�� Umstellungspläne durch Team entwickeln,<br />
�� Kunden und Vertriebspartner bereits Monate im<br />
voraus informieren,<br />
�� Neueinführung eines Produktes rechtzeitig<br />
budgetieren,<br />
�� Kommunikation während der Umstellung<br />
klarstellen,<br />
�� Vor- und Nachteile neuer Produkte realistisch<br />
<strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erläutern,<br />
�� Frühzeitig Materialproben an Vertriebspartner<br />
und Kunden herausgegeben, um sich vertraut<br />
machen zu können.<br />
Ausgangslage Unzufriedenheit bei<br />
Kunde,<br />
Vertriebspartner,<br />
Hersteller<br />
Lösungsansatz<br />
Der Marketingleiter im geschilderten Fall betont, dass sich selbstverständlich nicht alle Interessengegensätze<br />
auflösen lassen. Jedoch ist er überzeugt, dass die gemeinsam mit Vertriebspartnern entwickelten<br />
Schritte zukünftig eine sanfte und einvernehmliche Umstellung von Produkten ermöglichen<br />
werden.<br />
Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG (Einzelinterview<br />
Issenhuth 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />
6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams<br />
In den vergangenen Jahren wurde das „Teamselling“ zu einem wichtigen Schlagwort<br />
in der Vertriebspraxis, das in zahlreichen Beiträgen zu modernen Ansätzen des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />
thematisiert wird (Stock 2003; Homburg/Krohmer 2003, S.<br />
981 ff.). Der Ansatz der Teamorganisation leistet nicht nur <strong>für</strong> Koordinationszwecke<br />
bei Planung und Neuproduktmanagement wertvolle Beiträge (s. 6.3.4, S. 180). Auch<br />
bei der operativen Marktbearbeitung kann ein Teamansatz im internationalen Vertrieb<br />
besondere Hilfestellung leisten.<br />
Die hohe Bedeutung von Teams an der Schnittstelle des Unternehmens mit seinen<br />
Kunden resultiert aus der besonderen Intensität, die Kundenbeziehungen im <strong>Industriegüter</strong>geschäft<br />
besitzen (Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Hieraus ergibt sich wiederum<br />
die Notwendigkeit, umfassende Kompetenzen an der Schnittstelle zum Kunden<br />
anzusiedeln, die in der Regel allerdings nicht mehr von einer einzelnen Person geleistet<br />
werden können (Cespedes 1995, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Dies ist
190<br />
Kapitel 6<br />
bei global agierenden Kunden in besonders starkem Masse der Fall, da sowohl länderübergreifende<br />
als auch nationale Merkmale des Kunden beachtet werden müssen<br />
und durch die Kompetenzen des Anbieters abzudecken sind. Cespedes (1995, S. 63)<br />
sieht den wichtigsten Einsatzbereich multifunktionaler Kundenteams deshalb bei<br />
Grosskunden, die an verschiedenen Standorten tätig sind und daher einer besonderen<br />
zentralen Abstimmung bedürfen. Als eine besondere Form der Kundenbetreuungsteams<br />
sind Key-Account Teams deshalb heute bereits stark verbreitet, denn die hohen<br />
Anforderungen bei der Betreuung globaler und internationaler Grosskunden lassen<br />
sich nur noch durch kundenfokussierte Vertriebsteams bewältigen (Zupancic 2000, S.<br />
220). Wie eine empirische Untersuchung von Zupancic (2001, S. 14) zeigt, gehören<br />
das proaktive Erkennen und Befriedigen von Kundenbedürfnissen, Effizienzsteigerungen<br />
in der Kundenbearbeitung, die Verbesserung der internen Kommunikation und die<br />
Förderung der länderübergreifenden Zusammenarbeit zu den wichtigsten Zielen, die<br />
durch den Einsatz von internationalen Kundenbetreuungsteams verfolgt werden.<br />
Der Kunde ist im Falle einer Betreuung durch das Kundenteam nicht mehr „Eigentum“<br />
des Vertriebpartners, sondern er und seine Mitarbeiter werden Partner einer Vielzahl<br />
von Mitarbeitern der Anbieterorganisation, die bei ihm und <strong>für</strong> ihn tätig sind<br />
(Hauser 1994, S. 46). Hieraus erwachsen <strong>für</strong> die Bearbeitung des Kunden und der engeren<br />
Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern grosse Chancen, aber auch die schwere<br />
Aufgabe, Vertriebspartner zu einer Neuorientierung zu bewegen. Auch Zupancic<br />
(2000, S. 220) betont die Herausforderung, bei der Kundenbetreuung durch gemeinsame<br />
Teams, die nationalen Interessen der Länderniederlassung mit den internationalen<br />
Interessen des Gesamtunternehmens zu vereinbaren.<br />
Es ist darauf hinzuweisen, dass auch im Fall von Kundenbetreuungsteams die Zugehörigkeit<br />
von Mitarbeitern zum Team auf Vollzeitbasis oder auch punktuell ausgestaltet<br />
werden kann (Zupancic 2001, S. 12). In diesem Zusammenhang kann unterschieden<br />
werden zwischen dem engeren Selling-Team und dem weiteren Selling-Center. Dem<br />
Selling-Team gehören Personen an, die ausschliesslich im Team tätig sind<br />
(Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Es scheint im internationalen Vertrieb angebracht,<br />
im Selling-Team Mitarbeiter aus zentralen und dezentralen Einheiten permanent zu<br />
integrieren, um die informellen Kontakte zwischen den Mitarbeitern und darüber gegenseitige<br />
Erfahrungen und Wissen auszutauschen. Je nach Bedeutung des Kunden,<br />
kann auch dessen Integration in das Team eine sinnvolle Massnahme darstellen, wie es<br />
bei Key-Account Teams heute bereits weit verbreitet ist (s. Zupancic 2001). Im Selling-Center<br />
finden sich hingegen Personen, die auch Aufgaben ausserhalb des Teams
Vertriebsgestaltung des Herstellers 191<br />
wahrnehmen und nur im Hinblick auf spezielle Aufgabenstellungen zum Team hinzugezogen<br />
werden. (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Eine wichtige Rolle spielen im<br />
Selling-Center neben Verkaufsmitarbeitern auch Mitarbeiter aus anderen Unternehmensbereichen<br />
wie z. B. dem Produktmarketing, dem Service, der Logistik oder aus<br />
technischen Bereichen wie der Herstellung (Cespedes 1995, S. 62). Durch die enge<br />
Verknüpfung der unterschiedlichen Kompetenzen, können damit Leistungen erstellt<br />
werden, die in hohem Masse auf die Bedürfnisse von Kunden abgestimmt sind und<br />
einen deutlichen Mehrwert liefern können. Darunter fällt z. B. die umfassende Beratung<br />
des Kunden im Vorfeld der Leistungserstellung durch die Einbindung von Servicetechnikern<br />
der Zentrale.<br />
Fallbeispiel 6-8 (S. 192 ff.) zeigt, wie der <strong>Industriegüter</strong>hersteller Mettler-Toledo die<br />
interne Abstimmung und damit seine Verkäufe durch den Einsatz von Kundenbetreuungsteams<br />
verbessern konnte.<br />
Kundenbetreuungsteams steigern europäische Verkäufe<br />
Mettler-Toledo, Giessen, Deutschland<br />
Die Mettler-Toledo International Inc. ist ein führender globaler Anbieter im Bereich Präzisionsinstrumente<br />
und weltgrösster Hersteller von Wiegeinstrumenten <strong>für</strong> Laboranwendungen, Industrie und<br />
Lebensmittelhandel. Mit 8’500 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Jahr 2003 einen Umsatz<br />
von über 1,3 Mrd. USD, wovon über 86 Prozent ausserhalb Zentraleuropas generiert wurden.<br />
Bereits im Jahre 1995 entschloss man sich in der Vertriebsorganisation bei Mettler-Toledo statt mit<br />
vielen verschiedenen „Einzelkämpfern“ aus zentralen und dezentralem Vertrieb, Marketing und Service<br />
zu arbeiten, in allen Bereichen auf Teamselling umzustellen. Dabei wurden Kundenbearbeitungsteams<br />
eingesetzt, die aus Aussendienst, Servicetechnikern und Mitarbeitern der Dialogzentrale (administrative<br />
Arbeiten wie Auftragsabwicklung und Factoring) bestehen. Diese Kundenbearbeitungsteams<br />
arbeiten dicht mit zentralen Planungsteams zusammen (s. Absatz 6.3.4.1, S. 180), so genannten<br />
„Fachteams“, die auf Spartenebene <strong>für</strong> die überregionale Planung verantwortlich sind. Die Koordination<br />
zwischen Fachteams und Kundenbearbeitungsteams wird durch den „Linking Pin“ Ansatz hergestellt,<br />
der die Gruppen durch gemeinsame Gruppenmitglieder miteinander verknüpft und so <strong>für</strong> eine<br />
Selbstabstimmung sorgt.<br />
Sparten<br />
Produktmanager<br />
Teamleitung<br />
Fachteams<br />
Aussendienst<br />
Marketing Support<br />
Servicetechniker<br />
Selbstabstimmung<br />
durch<br />
„linking pin“<br />
Kunden<br />
Kundenbearbeitungsteams<br />
Servicetechniker<br />
Aussendienst<br />
Dialogzentrale
192<br />
Kapitel 6<br />
Der Einstieg ins Teamselling bedeutete bei Mettler-Toledo eine minutiöse Planung einzelner Umstellungsphasen,<br />
die mehrere Schritte umfasste. Dazu gehörten Treffen der Projektgruppe, Festlegung<br />
von Teamzielen und Anforderungen der Mitarbeiter sowie „Kontraktierung“ der Mitarbeiter und<br />
Schulungen im Rahmen eigens da<strong>für</strong> konzipierter Teambildungsworkshops. Zu den wichtigen gemeinsamen<br />
Teamaufgaben gehören die Erstellung von Kundenkommunikationsplänen und operativen<br />
Marketingplänen, Kundenentwicklungspläne <strong>für</strong> Grosskunden sowie die Wahrnehmung von Aktivitäten<br />
<strong>für</strong> und mit den Kunden. Insbesondere die Abstimmung von Verkaufsförderungsmassnahmen,<br />
Schulungen, Services und Preisen wird durch die Teamlösung erleichtert. Durch die personelle Verknüpfung<br />
wird die Kommunikation und damit der Wissensaustausch erleichtert. Walter Bösch, Geschäftsbereichsleiter<br />
Labor erklärt: „Zwei Kundenbereiche wurden zusammengelegt, und wir konnten<br />
so das Know-how aus Servicetechnikern und Verkaufsmitarbeitern im Aussendienst bündeln“.<br />
Die Zusammenarbeit in Teams und die Einbindung von Servicemitarbeitern brachte im Prozessbereich<br />
Industrie konkrete Vorteile:<br />
• Die Kontakthäufigkeit bei den 130’000 Kunden konnte mit vier bis sechs Kontakten pro Jahr und<br />
Ansprechpartner deutlich erhöht werden,<br />
• Kunden werden besser betreut, neue Kundenbedürfnisse und Verkaufschancen schneller erkannt,<br />
• Es entsteht mehr Kundenzufriedenheit,<br />
• Ablauf und Prozessmanagement werden wesentlich effektiver gesteuert,<br />
• Kundenaufträge und Serviceleistungen können schneller und effizienter abgewickelt werden,<br />
• Reisekosten werden insgesamt reduziert,<br />
• Cross-Selling-Aktivitäten erhöhen sich.<br />
Im Mettler-Toledo-Bereich Industrie zahlte sich die Umstellung auf Teamselling aus: Noch mehr<br />
Marktnähe und Innovation bei neuen Produkt- und Vermarktungskonzepten entstehen, weil sich die<br />
Mitarbeiter des Teams, "Informationen direkt von Kunden und vom Markt holen, aber gleichzeitig<br />
auch zeitnahe Informationen aus den Produktionsabteilungen", so Andreas Fuhrländer, Manager Business<br />
Process Industrie <strong>für</strong> Zentraleuropa. Zum Teil werden in den Teams auch Servicetechniker mit<br />
neuen Aufgaben, bspw. dem Verkauf von Wartungsverträgen beauftragt. Nach seiner Einführung<br />
erzielte dieses "Aufgaben-Switching" eine Steigerung des Geschäfts mit Wartungsverträgen von 24<br />
Prozent. Insgesamt steigerte sich der Umsatz durch Teamselling entgegen der Marktentwicklung in<br />
allen Bereichen um 15 Prozent.<br />
Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG (Krah 1999; Mettler 2004)<br />
6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen<br />
Neben formalen Koordinationsmechanismen der Organisationsstruktur werden Entscheidungen<br />
und Prozesse in der Vertriebsorganisation häufig in hohem Masse durch<br />
informelle Steuerungsmechanismen mitbestimmt (Jaworski 1988, S. 27). Zu diesen<br />
informellen Mechanismen gehören persönliche Beziehungen, informelle Netzwerke<br />
und kulturelle Aspekte. Die können von Herstellern zwar kaum unterdrückt werden, es<br />
bestehen aber Möglichkeiten, sie zielgerichtet zu unterstützen und zu nutzen. Im Folgenden<br />
werden die drei genannten Ansätze der informellen Koordination vorgestellt<br />
und auf ihren Koordinationsbeitrag überprüft.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 193<br />
6.3.5.1 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen<br />
Führungskräfte aus der Vertriebsorganisation berichten immer wieder über die Bedeutung<br />
informeller Netzwerke und persönlicher Beziehungen als informale Steuerungsmechanismen<br />
im internationalen Management (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />
S. 37). Dies bestätigen auch Belz/Reinhold (1999a, S. 147) in ihrer Untersuchung. Zu<br />
den wichtigsten Voraussetzungen, um die persönlichen Beziehungen zwischen Vertriebsverantwortlichen<br />
des Stammhauses und den Mitarbeitern der Vertriebspartner<br />
herzustellen und zu unterstützen gehören die Reisetätigkeit der Vertriebsleiter und deren<br />
Sprachkompetenz (Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Dr. Robert Sum, CEO der Nanosurf<br />
AG aus Liestal, Schweiz, sieht sogar einen direkten Zusammenhang zwischen<br />
dem Verkaufserfolg und der Häufigkeit des Kontaktes mit internationalen Vertriebspartnern.<br />
Die Besuchshäufigkeit durch Vertreter der Zentrale wird häufig als wichtigste<br />
Determinante <strong>für</strong> die persönliche Beziehung zu Vertriebspartnern gesehen. Denn der<br />
Besuch bringt nicht nur den persönlichen Austausch, sondern zeigt darüber hinaus<br />
auch die Wertschätzung gegenüber dem Vertriebspartner und das diesbezügliche Engagement<br />
der Zentrale. Untersuchungen zeigen, dass die Dichte und die Qualität der<br />
persönlichen Beziehungen von der geografischen Distanz abhängig ist (Allen 1985, S.<br />
238), die vermutlich wiederum stark über die Häufigkeit der Besuche bestimmt. Diese<br />
Aussage deckt sich mit der Einschätzung internationaler Vertriebspartner, die insbesondere<br />
die nationalen Vertriebsleiter im Vorteil sehen, die in der Zentrale sitzen und<br />
„die jeden Mittag Geschäftsbereichsleiter sowie internationale Vertriebs- und Logistikverantwortliche<br />
in der Kantine treffen“, so der Geschäftsführer einer internationalen<br />
Tochtergesellschaft (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ermögliche es,<br />
Anliegen auf informellen Wegen zu klären und durchzusetzen. Je weiter eine Vertriebsgesellschaft<br />
geografisch vom Stammhaus entfernt liegt, desto ressourcenintensiver<br />
wird die persönliche Betreuung. Abbildung 6-10 (S. 194) zeigt, dass die Anzahl<br />
der persönlichen Besuche durch Vertreter der Zentrale mit zunehmender Distanz zum<br />
Stammhaus abnimmt.<br />
Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung kumulierter Häufigkeiten (s. Tabelle 6-7, S.<br />
194). Nahezu alle befragten Vertriebspartner werden mindestens einmal pro Jahr durch<br />
Vertreter der Zentrale persönlich besucht. Die hellgraue (Kumulierte Häufigkeit > 20<br />
Prozent) und dunkelgraue Schattierung (Kumulierte Häufigkeit > 50 Prozent) zeigen,<br />
dass näher gelegene Vertriebsgesellschaften deutlich häufiger besucht werden als solche<br />
mit erheblicher geografischer Distanz. Ist die Distanz zum Stammhaus geringer als<br />
100 Kilometer, werden 52.4 Prozent der Befragten mindestens fünf mal pro Jahr be-
194<br />
Kapitel 6<br />
sucht, was bei einer Distanz von 1'000 bis 1'500 km nur noch auf 23.1 Prozent der Befragten<br />
zutrifft. Überschreitet die Distanz zum Stammhaus 2'500 km, werden 35.3 Prozent<br />
mindestens drei mal pro Jahr besucht, was bei einer Distanz zwischen 100 und<br />
300 km bei rund 82 Prozent der Befragten der Fall ist.<br />
n = 186<br />
Anzahl<br />
Besuche<br />
pro Jahr<br />
(Klassen)<br />
0<br />
1-2<br />
3-4<br />
5-6<br />
7-10<br />
11-15<br />
>16<br />
21 11 45<br />
4.8%<br />
18.2%<br />
28.6% 24.4%<br />
14.3% 45.5%<br />
6.7%<br />
26.7%<br />
5.0% 5.9%<br />
50.0%<br />
57.7%<br />
41.9%<br />
58.8%<br />
13.3%<br />
26.7%<br />
14.3%<br />
10.0%<br />
25.8%<br />
33.3%<br />
14.3% 9.1% 17.8%<br />
15.0%<br />
19.2%<br />
11.8%<br />
14.3%<br />
9.5%<br />
9.1%<br />
9.1%<br />
9.1%<br />
15.6%<br />
2.2%<br />
6.7%<br />
15.0%<br />
5.0%<br />
7.7%<br />
3.8%<br />
3.8%<br />
7.7%<br />
19.4%<br />
6.5%<br />
6.5%<br />
11.8%<br />
11.8%<br />
20.0%<br />
6.7%<br />
Vertriebsgestaltung des Herstellers 195<br />
sollen und wie die persönlichen Beziehungen instrumentalisiert werden können, um<br />
Verkaufsziele besser zu erreichen. Die vielfältigen Anstrengungen, die Hersteller unternehmen,<br />
um die persönlichen Beziehungen zwischen Mitgliedern der Vertriebsorganisation<br />
zu vertiefen, legen nahe, dass Hersteller an die positiven Wirkungen der<br />
persönlichen Netzwerke glauben. Dies betont auch die Arbeit von Jaworski (1988, S.<br />
27), die von informeller Steuerung spricht, durch die formale Steuerungsmechanismen<br />
des Managements vielfach entlastet werden. Die bereits vorgestellten Ansätze der Regionalorganisation<br />
(s. Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.) tragen durch kürzere Distanzen zu<br />
einer grösseren Nähe bei. An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass die<br />
in Tabelle 6-7 (S. 194) dargestellten Ergebnisse aus der regionalen Untersuchung<br />
stammen. Es kann vermutet werden, dass bei grösseren geografischen Distanzen Besuche<br />
wesentlich seltener stattfinden oder gänzlich entfallen. Dies scheint paradox, da<br />
kulturelle und sprachliche Distanzen eine persönliche Beziehung gerade zu diesen<br />
Vertriebspartnern zusätzlich erschweren und deshalb sogar häufigere Besuche notwendig<br />
machen würden als in geografisch nahe gelegenen Ländern.<br />
Es muss festgehalten werden, dass sich informelle Kontakte damit keineswegs dem<br />
Management durch den Hersteller entziehen. Selbstverständlich kann der Hersteller<br />
nicht direkt befehlen, Freundschaften zu schliessen oder diese zu entwickeln. Vielmehr<br />
bestehen indirekte Möglichkeiten, die in der Schaffung geeigneter Bedingungen<br />
liegen (Allen 1985, S. 223). Mitarbeiter müssen sich zunächst persönlich treffen, um<br />
sich einander bekannt zu machen und sich kennen zu lernen (Allen 1985, S. 223). Es<br />
liegt zu einem hohen Masse im Einflussbereich des Herstellers, da<strong>für</strong> zu sorgen, dass<br />
solche persönlichen Treffen stattfinden. Gemeinsame Projekte bringen Mitarbeiter zusammen,<br />
die sich andernfalls nicht kennen würden (Allen 1985, S. 226). Diese Massnahmen<br />
erbringen damit neben ihren primären Zielsetzungen auch wichtige indirekte<br />
Beiträge zur Kommunikation und den persönlichen Netzwerken in der Vertriebsorganisation.<br />
Auch Besuche durch Mitarbeiter der Zentrale in den Märkten oder zentrale<br />
Events wie Vertriebstagungen helfen dabei, persönliche Beziehungen zu unterstützen.<br />
Eine besondere Rolle spielen Symposien und Tagungen, so z. B. die von vielen Herstellern<br />
jährlich durchgeführten Vertriebstreffen (Explorative Interviews, s. Tabelle<br />
2-3, S. 37). Diese können ebenso genutzt werden, um die Kommunikation und die<br />
Kontakte unter den Vertriebspartnern zu fördern. Allerdings bergen Veranstaltungen<br />
dieser Art aufgrund der eher grossen Anzahl von Anwesenden die Gefahr, dass der<br />
Aufbau oder die Pflege von persönlichen Beziehungen zur Zentrale untergeht. Meist<br />
treffen wenige Mitarbeiter der Zentrale auf eine hohe Anzahl von Vertriebspartnern. In
196<br />
Kapitel 6<br />
der vorliegenden Untersuchung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller betreuen Zentralen<br />
durchschnittlich weltweit 188 Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />
2-3, S. 37). Obgleich diese hohe Anzahl in starkem Masse durch die Grösse der untersuchten<br />
Industriekonzerne bestimmt wird, lässt sich leicht ableiten, wie viele zentrale<br />
Mitarbeiter in die Betreuung während eines Vertriebstreffen involviert sein müssten,<br />
um intensive persönliche Gespräche führen zu können. Eine Lösungsmöglichkeit stellen<br />
Tagungen in kleinerem Rahmen dar, was aber finanzieller Zusatzaufwendungen<br />
bedarf und deshalb häufig abgelehnt wird. Bei regionaler Führung wird häufig anstatt<br />
auf zentrale Vertriebstreffen auf regionale Treffen gesetzt, wodurch wiederum eine<br />
bessere Betreuung möglich wird und der Ressourcenaufwand damit dezentralisiert<br />
werden kann.<br />
6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale<br />
In vielen Branchen ist heute zu beobachten, dass Kundenorientierung und Kundennähe<br />
immer wichtiger werden. Verschärfte Wettbewerbsbedingungen, zunehmende Deregulierung,<br />
steigende Kundenansprüche und eine höhere Wechselbereitschaft konfrontieren<br />
Hersteller mit ständig wachsenden Anforderungen an Qualität, Innovationsgeschwindigkeit<br />
und auch Kosten ihrer Produkte (Harmeier 2004, S. 1; Hungenberg<br />
1992, S. 342). Um erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen stärker als bisher an<br />
den Ansprüchen von Kunden orientieren (Harmeier 2004, S. 2; Von der Oelsnitz 2002,<br />
S. 54). Der positive Einfluss von Kundenorientierung auf den ökonomischen Erfolg<br />
konnte bereits in zahlreichen Studien empirisch bestätigt werden (s. Homburg/Becker<br />
2000, S. 20; Narver/Slater 1990, Bruhn 2002, S. 22).<br />
Defizite der Kundenorientierung bestehen bei vielen Herstellern sowohl in der Ermittlung<br />
von Kundenanforderungen, als auch in der Umsetzung der kundenorientierten<br />
Ausrichtung (Harmeier 2004, S. 2). Anforderungen an Kundennähe sind umso schwieriger<br />
zu erfassen und zu erfüllen, je weiter entfernt vom Kunden und vom lokalen<br />
Wettbewerb Entscheidungen getroffen werden und je weniger differenziert diese auf<br />
die Besonderheiten einzelner Märkte und Kunden eingehen (Hungenberg 1992, S.<br />
342). In internationalen Märkten beeinträchtigt die Notwendigkeit grösserer Kundennähe<br />
deshalb die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen zentral zu treffen<br />
(Hungenberg 1992, S. 342). Untersuchungen zur „Embeddedness“ von Verkaufsorganisationen<br />
haben gezeigt, dass sich Vertriebspartner in besonderem Masse <strong>für</strong> die Anliegen<br />
ihrer lokalen Kunden einsetzen und diese gegenüber dem zentralen Marketing<br />
und Vertrieb vertreten (s. Andersson/Forsgren 1996). Das unterstreicht, dass eben
Vertriebsgestaltung des Herstellers 197<br />
nicht die Vertriebspartner, sondern vor allem die zentralen Marketing- und Vertriebseinheiten<br />
zu einer noch höheren Kundenorientierung bewegt werden müssen.<br />
Je mehr Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, desto stärker muss diesen<br />
marktfernen Einheiten das Wissen und die Bedeutung kunden- und marktbezogener<br />
Besonderheiten vermittelt werden. Denn die Orientierung an den Bedürfnissen von<br />
Kunden setzt <strong>für</strong> Mitarbeiter der Zentrale zunächst eine gewisse Kenntnis über diese<br />
Bedürfnisse voraus. Nur „vor Ort“ in den Märkten ist das Wissen und die Erfahrung<br />
über die tatsächlichen Kunden- und Marktanforderungen vorhanden (Hungenberg<br />
1992, S. 342). Und nur die Vertriebspartner verspüren meist überhaupt den Erfolgszwang,<br />
unangenehme „Sonderwünsche“ zu erfüllen oder Spezialaspekte zu berücksichtigen<br />
(Hungenberg 1992, S. 342). Deshalb gilt es, die Vertriebspartner aktiv zu<br />
integrieren, um die Kundenorientierung auch in der Zentrale zu verstärken.<br />
Allerdings müssen auch in der Zentrale die Voraussetzungen da<strong>für</strong> geschaffen werden,<br />
damit die Mitarbeiter kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag legen können<br />
(Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Um in der Zentrale eine marktorientierte Kultur<br />
zu unterstützen, kann der Einfluss des Top-Managements genutzt werden.<br />
Jaworski/Kohli (1993, S. 55) fanden heraus, dass eine Bestärkung der Bedeutung der<br />
Marktorientierung durch das Top-Management gut dazu geeignet ist, um diese voranzutreiben.<br />
Auf diesem Wege können Mitarbeiter einer Organisation dazu angeleitet<br />
werden, sich an Märkten und deren Veränderungen zu orientieren, diesbezügliche Informationen<br />
auszutauschen und die Verantwortung <strong>für</strong> die Erfüllung von Kundenbedürfnissen<br />
zu übernehmen (Jaworski/Kohli 1993, S. 55). Je weiter Organisationseinheiten<br />
von den Märkten entfernt sind, desto weniger verspüren diese den Druck, der<br />
aus den Anforderungen der Kunden entsteht. Die Weichenstellung muss deshalb durch<br />
Manager vorgenommen werden, die den Vertriebsverantwortlichen in der Zentrale<br />
übergeordnet sind.<br />
Und trotzdem gehen viele Programme zur Steigerung der Kundenorientierung einseitig<br />
von der Zentrale aus (Belz/Reinhold 1999a, S. 23). Die Zentrale scheint darin eine<br />
Chance zu sehen, die Zentralisierung und damit ihre Position zu verstärken, obgleich<br />
dies ausgerechnet <strong>für</strong> das Thema Kundenorientierung paradox erscheint. Lach (2001,<br />
S. 64) spricht von einem „Kolonialdenken“ des Stammhauses, das mit verschiedenen<br />
Massnahmen versucht, alles unter seiner Kontrolle zu behalten. Dabei gehen Mitarbeiter<br />
in der Zentrale häufig unbewusst davon aus, Dinge besser zu wissen (Lach 2001, S.<br />
64). Mitarbeiter der Zentrale erkennen nicht, dass sie erst durch die Kompetenzen der<br />
Tochtergesellschaft einen Zugang zu internationalen Märkten und den Kunden erhal-
198<br />
Kapitel 6<br />
ten, da niemand den Markt so gut kennt, wie die vor Ort Tätigen (Walti 1999, S. 40).<br />
Viele Vertriebspartner würden gerne Verbesserungen anstossen, das Stammhaus hat<br />
aber häufig gar kein wirkliches Interesse an diesem Wissen (Lach 2001, S. 64). Die<br />
Kommunikation und der Erfahrungsaustausch zwischen Zentrale und Vertriebspartner<br />
leidet hierdurch und verhindert, dass die Zentrale überhaupt aktuelle und wichtige Informationen<br />
über die Kunden erhält, um sich an diesen auszurichten. Auch wird in<br />
vielen Fällen der Wert von qualitativen Erfahrungsberichten der Vertriebspartner im<br />
Vergleich zu quantitativen Marktforschungsergebnissen von der Zentrale unterschätzt<br />
(Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Die in Tabelle 6-8 (S. 199) dargestellten<br />
Stossrichtungen können ein kundenorientiertes Vorgehen in internationalen Vertriebsorganisationen<br />
voranbringen (s. Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.).<br />
Stossrichtung Erläuterung<br />
Geringere Prozessstandardisierung<br />
Ein Übermass an Formalisierung und Standardisierung wird gerade von solchen<br />
Kunden als problematisch erlebt, die aus dem <strong>für</strong> sie vorgesehenen Raster fallen.<br />
Durch Computereingabemasken und Bestellformulare begrenzen Unternehmen<br />
häufig die Option <strong>für</strong> die von der Regel abweichenden Lösungen. Sofern Mitarbeiter<br />
nicht über die Handlungsfreiräume verfügen, eigenständig und über die<br />
Regeln hinweg im Sinne des Kunden zu entscheiden, kommt es zu Frustration in<br />
Vertriebsgesellschaften und Abwanderung von Kunden. Es sind deshalb Vorgehensweisen<br />
zu entwickeln, die es Vertriebspartnern erlauben, in Ausnahmefällen<br />
systematisch und nach vorgegebenen Schritten weitergehende Lösungen <strong>für</strong> die<br />
Kundenanliegen zu suchen. Es sind ggf. pro Vertriebspartner Kontingente an<br />
Ausnahmefällen zu definieren, um die Synergien einer Prozessstandardisierung<br />
nicht aufgeben zu müssen.<br />
Flache Hierarchien Ein organisatorischer „Wasserkopf“ mit langen Dienst- und Entscheidungswegen<br />
wird von Vertriebspartnern und Kunden häufig als bürokratisch und inflexibel<br />
erlebt. Kundennähe ist in hierarchischen Organisationen nur dann möglich,<br />
wenn Kunden die intern beschrittenen Dienstwege gar nicht merken. Flache<br />
Hierarchien und direkte Kommunikationswege verkürzen entsprechend die<br />
Delegation von<br />
Kompetenz<br />
(Empowerment)<br />
Mehr Selbstabstimmung<br />
Weniger<br />
Papierkrieg<br />
Mehr interne<br />
Märkte<br />
Dienstwege und stellen eine grössere Nähe zum Kunden her.<br />
Mitarbeiter, die flexibel, schnell und im Sinne des Kunden handeln sollen, benötigen<br />
auch die entsprechenden Befugnisse <strong>für</strong> ihre Aufgaben. Diese reichen von<br />
Auskunftsrechten über Entscheidungskompetenzen bis hin zu Umsetzungsmög-<br />
lichkeiten.<br />
Wenn Mitarbeitern die Möglichkeit zur internen Regelung auf dem „kleinen<br />
Dienstweg“ fehlt, so steigt der externe Regelungsbedarf und damit der zeitliche<br />
Aufwand. Kunden verlangen aber rasche Entscheidungen, Auskünfte oder Angebote<br />
vor Ort. Zeitliche Verzögerungen führen hingegen zu Unzufriedenheit<br />
bei allen Beteiligten.<br />
Mitarbeiter <strong>für</strong>chten mitunter, <strong>für</strong> Entscheidungen, die nicht schriftlich angeordnet<br />
oder belegt waren, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Umfangreiche Dokumentationsarbeiten<br />
halten jedoch von der eigentlichen Arbeit am Kunden ab.<br />
Der bürokratische Aufwand ist deshalb zu bekämpfen, da er Ressourcen bindet<br />
und damit die Innovativität und Marktpräsenz lähmt.<br />
Kundenorientierung am Markt sollte sich auch in einem internen Marktdenken<br />
niederschlagen. Mitarbeiter, Teams und Profit-Center müssen im internen Wettbewerb<br />
versuchen, möglichst gut die Bedürfnisse interner und externer Kunden<br />
zu bedienen. Interne Verrechnungspreise und interne Qualitätsbeurteilungen, die<br />
auch <strong>für</strong> interne Dienstleistungen konzipiert werden können, sind dabei wichtige
Vertriebsgestaltung des Herstellers 199<br />
Instrumente.<br />
Breitere<br />
Höhere Spezialisierung von Mitarbeitern und die damit verbundene Verteilung<br />
Kompetenzen von Zuständigkeiten führen zu einem hohen Koordinationsaufwand. Dies bedeutet,<br />
dass Kunden und Vertriebspartner mit langen Dienstwegen und wechselnden<br />
Ansprechpartnern konfrontiert werden. Insbesondere der „First-level Support“<br />
sollte deshalb über eine breite Kompetenz verfügen und den Prozess von internen<br />
und externen Anfragen in den meisten Fällen selbst lösen oder aber koordinierende<br />
begleiten können.<br />
Weniger Planungs- Kundenorientierung verlangt schnelle Reaktion auf Kundenwünsche, die jedoch<br />
technokratie dann nicht erfüllt werden können, wenn die betrieblichen Reaktionszeiten aufgrund<br />
interner Abstimmungsprozessen verlangsamt sind. Die Neigung zur Perfektion<br />
und zur Genauigkeit mit der resultierenden Langsamkeit wird von Kunden<br />
häufig nicht so stark honoriert, wie eine raschere Planung und Umsetzung,<br />
die auf beiläufige Details bewusst verzichtet.<br />
Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und Serviceorientierung<br />
(In Anlehnung an Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.)<br />
Aufbauend auf die Einsicht, dass kundenbezogenes Wissen vor allem bei Vertriebspartnern<br />
vorliegt, stellt sich die Frage, inwieweit eine direkte Kundenorientierung überhaupt<br />
von den zentralen Stellen des Herstellers ausgehen kann. Je höher die Anzahl<br />
der Hierarchieebenen und das Mass an Zentralisierung, desto länger sind interne Entscheidungs-,<br />
Informations- und Kommunikationswege (Harmeier 2004, S. 5). Es<br />
scheint eher der Fall, dass Zentralen dadurch Kundenorientierung unterstützen können,<br />
indem sie eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche herstellen<br />
(Bruhn 2003, S. 15; Belz 2002, S. 237), Entscheidungswege verkürzen und stärker<br />
dezentralisieren (Harmeier 2004, S. 5).<br />
Ergänzend zur Kundenorientierung wird deshalb eine stärkere Orientierung an den<br />
Anforderungen der Vertriebspartner vorgeschlagen, deren Kompetenz in Markt- und<br />
Kundenkenntnis liegt. Eine serviceorientierte Kultur in der Zentrale, die sich in hohem<br />
Masse an den Bedürfnissen der Vertriebspartnern orientiert, dient als Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> die Erreichung einer hohen Kundennähe. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, das<br />
gesamte <strong>Vertriebsmanagement</strong> auf die Schaffung von Kundenvorteilen auszurichten.<br />
Dazu sind die Ziele des Gesamtunternehmens, die der Vertriebszentrale und der Vertriebspartner<br />
auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten (Belz/Reinhold 1999a, S.<br />
38). Alle betroffenen Ebenen sind aufeinander abzustimmen (s. Abbildung 6-11, S.<br />
200). Dabei ist es nützlich, die unmittelbar nachgelagerte Stufe als internen Kunden zu<br />
verstehen (Belz/Reinhold 1999a, S. 38), denn an deren Anforderungen müssen sich<br />
zentrale Einheiten messen lassen.
200<br />
Vorteile<br />
des<br />
Unternehmens<br />
Vorteile<br />
der<br />
Vertriebszentrale<br />
Vorteile<br />
des<br />
Vertriebspartners<br />
Fliessrichtung notwendiger<br />
Informationen<br />
Vorteile<br />
des<br />
Kunden<br />
Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt <strong>für</strong> den Vertrieb (In Anlehnung an<br />
Belz/Reinhold 1999a, S. 38)<br />
Kapitel 6<br />
Um die Kundenvorteile zu erreichen, müssen in der Zentrale die Bedürfnisse von Vertriebspartnern<br />
bekannt sein und wirkungsvoll unterstützt werden. Eine Unterstützung<br />
der Vertriebspartner, die effektiver ist als die der Konkurrenz, kann wiederum überlegene<br />
Kundenvorteile schaffen. Rainer Mehrer, Leiter Group Marketing und Leiter International<br />
Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, fasst<br />
diese Philosophie unter dem Begriff „Easy Buying, Easy Selling“ zusammen (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Danach benötigt die Zentrale eine serviceorientierte<br />
Kultur, um Vertriebspartnern möglichst schnelle und akkurate Unterstützung<br />
geben zu können. Dabei muss sich die Unterstützung unmittelbar an den Bedürfnissen<br />
des Vertriebspartners ausrichten und befähigt diesen dazu, mehr und einfacher zu verkaufen.<br />
Die Vorteile des Kunden verhelfen damit dem Vertriebspartner zu höheren<br />
Verkäufen und dem Hersteller zu besseren Ergebnissen.<br />
Die Vertriebsphilosophie der Wampfler AG ist damit richtungsweisend. Es wird zur<br />
Kenntnis genommen, dass es der Zentrale nur in eingeschränktem Masse möglich ist,<br />
die Bedürfnisse und Besonderheiten internationaler Kunden und Wettbewerber zu erfassen.<br />
Die Serviceorientierung der Zentrale tritt damit an Stelle einer unmittelbaren<br />
Orientierung am Kunden. Kundenorientierung wird in gewissem Masse an die Vertriebspartner<br />
delegiert. Durch die Erfüllung der Serviceansprüche von Vertriebspartnern,<br />
die aus den Erfordernissen der Märkte erwachsen, wird die Zentrale damit der<br />
Maxime der Marktorientierung gerecht und leistet wertvolle Beiträge, um eine hohe<br />
Kundennähe zu gewährleisten.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 201<br />
6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung<br />
Wenn in dieser Arbeit im Rahmen des internen und vertikalen Marketing gefordert<br />
wurde, dass sich das <strong>Vertriebsmanagement</strong> mit seinen Massnahmen an den Bedürfnissen<br />
und der Situation der Vertriebspartner ausrichten soll (s. Absatz 2.3.1, S. 21 ff.),<br />
muss sich diese Forderung der Frage nach ihrer Wirtschaftlichkeit stellen. Die Segmentierung<br />
von Vertriebspartnern und die Differenzierung von Massnahmen werden<br />
im Folgenden als Ansätze vorgestellt, um die Unterstützung des Herstellers zu verbessern<br />
und um neben den Bedürfnissen der Vertriebspartner auch die Ziele und Restriktionen<br />
des Herstellers zu berücksichtigen.<br />
6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern<br />
Als Mittelweg zwischen vollständiger Standardisierung und vollständiger Individualisierung<br />
kann die Segmentierung von Vertriebspartnern mit einer modularen Leistungsgestaltung<br />
herangezogen werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 179; Belz 1998, S.<br />
599). Ein solches Vorgehen wird von Belz/Reinhold (1999a, S. 179) ausdrücklich<br />
empfohlen. Hierbei werden Vertriebspartner zu Gruppen zusammengefasst, die in Bezug<br />
auf bestimmte Merkmale homogen sind und daher bezogen auf ihre Bedürfnisse<br />
eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Die Segmentlösung besitzt den Vorteil, systematisch<br />
auf die Bedürfnisse eingehen zu können und gleichzeitig durch ein gewisses Ausmass<br />
an Synergien die Kosten einzuschränken.<br />
Zur Segmentierung der Vertriebspartner kommen bedürfnis- und potenzialbezogene<br />
Kriterien sowie deren Kombination in Betracht (s. Abbildung 6-12, S. 202). Bedürfnisbezogen<br />
wird in der Praxis häufig nach Sprach- und Kulturräumen sowie der rechtlichen<br />
Konstellation unterschieden, so z. B. durch unterschiedliche Betreuungskonzepte<br />
<strong>für</strong> Tochtergesellschaften und Distributoren. Um regionalen Unterschieden zu begegnen,<br />
besitzen viele Grossunternehmen regionale Zentralen, die ein differenziertes<br />
Vorgehen sicherstellen (s. Absatz 6.3.3.1, S. 174).<br />
Ebenso einfach zu erheben, aber seltener <strong>für</strong> eine systematische Differenzierung genutzt<br />
werden hingegen die Beziehungsdauer zu Vertriebspartnern sowie die Grösse der<br />
lokalen Gesellschaft. Dies ist erstaunlich, da diese Merkmale meist über die Erfahrung<br />
des Vertriebspartners und die lokale Ressourcenstärke bestimmen. Deshalb prägen sie<br />
die Bedürfnisse in besonderer Weise und legen eine besondere Berücksichtigung nahe.<br />
Am schwierigsten zu ermitteln, da sie <strong>für</strong> den Hersteller einerseits schwer erfassbar<br />
und andererseits starken Veränderungen ausgesetzt sein können, sind Merkmale des<br />
lokalen Marktes und des lokalen Umfelds. Hierzu gehören etwa die Wettbewerbsin-
202<br />
Kapitel 6<br />
tensität, die Dynamik der technologischen Veränderungen oder aber die Veränderung<br />
von Kundenbedürfnissen. Dem Autor sind zum bisherigen Zeitpunkt keine Unternehmen<br />
bekannt, die markt- und umfeldbezogene Variablen in die Segmentierung ihrer<br />
Vertriebspartner einbeziehen. Vielmehr werden in Ausnahmesituationen häufig individuelle<br />
Lösungen gefunden. Hierin ist allerdings ein Problem zu sehen, da die Zentrale<br />
in der Regel nicht über adäquate Beurteilungsmöglichkeiten dieser Situationsvariablen<br />
verfügt. Es ergeben sich die Schwierigkeiten der Beurteilungsverzerrung, wie sie<br />
bereits in Abschnitt 4.2 (S. 94 ff.) vorgestellt und diskutiert wurden. Um dies zu vermeiden,<br />
müssen Wege gefunden werden, um markt- und umfeldbezogene Merkmale<br />
systematisch zu erfassen und in die Beurteilung der lokalen Situation mit einzubeziehen.<br />
Bedürfnisprofil Leistungspotenzial<br />
• Region und Kultur,<br />
• Rechtliche Zugehörigkeit,<br />
• Dauer der Zusammenarbeit,<br />
• Grösse der Gesellschaft,<br />
• Wettbewerbs- und<br />
Rahmenbedingungen etc.<br />
•Umsätze,<br />
• Deckungsbeiträge,<br />
•Kosten,<br />
• Gewinn,<br />
• Marktgrösse,<br />
• Mitarbeiterzahl etc.<br />
Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien<br />
Neben den bedürfnisorientierten Merkmalen können potenzialbezogene Merkmale zur<br />
Segmentierung der Vertriebspartner herangezogen werden. Diese besitzen in der betrieblichen<br />
Praxis bisher wohl die meiste Verbreitung. Die Leica Microsystems AG<br />
und die Feintool AG unterscheiden nach der Marktgrösse A-, B- und C-Distributoren,<br />
<strong>für</strong> die sie jeweils unterschiedliche Betreuungskonzepte besitzen (Befragung Leica I, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37; Belz et al. 1996, S. 59; Walti 1999, S. 221). Die Leistungssysteme<br />
<strong>für</strong> die unterschiedlichen Segmente können unterschiedliche Unterstützungsleistungen,<br />
Vorgaben und Forderungen enthalten, die vom Hersteller zu entwickeln sind. Es können<br />
Betreuungsmodule bspw. zu Produkten, Preisen, Services, Verkaufsförderung und<br />
Logistikleistungen entwickelt werden, die in verschiedenen Intensitäten kombinierbar<br />
sind (Belz 1998, S. 599f). Aufgrund von Profitabilitätsgesichtspunkten erhalten A-<br />
Vertriebspartner eine stärkere Betreuung als C-Vertriebspartner, die in Märkten tätig
Vertriebsgestaltung des Herstellers 203<br />
sind, die <strong>für</strong> den Hersteller eine nachrangige Bedeutung besitzen. Gleichzeitig entstehen<br />
hieraus <strong>für</strong> Vertriebspartner Anreize, die Ergebnisse in ihrem Vertriebsgebiet massiv<br />
zu erhöhen, um statt einer „C-Betreuung“ eine „B-Betreuung“ zu erhalten.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein segmentbezogenes Konzept eine systematische<br />
proaktive Betreuung von Vertriebspartnern unter Einbezug lokaler Bedürfnisse<br />
ermöglicht. Es überwindet damit die oftmals reaktive Vorgehensweise globaler<br />
Konzepte, bei der erst in Notfallsituationen individuelle Lösungen <strong>für</strong> betroffene Vertriebspartner<br />
gefunden werden. Fallbeispiel 6-9 (S. 204) zeigt die Segmentierung und<br />
modulare Unterstützung von Vertriebspartnern bei der Feintool AG.<br />
Segmentierung und modulare Unterstützung von Vertriebspartnern<br />
Feintool AG, Lyss, Schweiz<br />
Die Feintool AG mit Sitz in Lyss, gehört zu den grössten <strong>Industriegüter</strong>unternehmen der Schweiz. Im<br />
Geschäftsjahr 2003/2004 erzielte der führende Technologie- und Lösungsanbieter mit seinen 1'777<br />
Mitarbeitern in den Bereichen Anlagebau und Zuliefergeschäft einen Umsatz von 452 Mio. CHF.<br />
Im Zentrum der Vertriebsprofessionalisierung steht bei Feintool die Steigerung der Vertriebskompetenz.<br />
Mit einem Stufenkonzept wird versucht, den Know-how Transfer mit Vertriebspartnern zu optimieren,<br />
die Kompetenz der Vertriebseinheiten zu steigern und die Zusammenarbeit zwischen Zentrale<br />
und lokalen Partnern zu verbessern. Die Spezifität der angebotenen Problemlösungen erfordert<br />
bei Vertriebspartnern vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die Produkte und deren Anwendungsmöglichkeiten.<br />
Zur Segmentierung der Vertriebspartner wird in einem ersten Schritt nach<br />
dem Kriterium der rechtlichen Zugehörigkeit unterschieden und in einem zweiten Schritt bei unabhängigen<br />
Vertretungen nach dem Potenzial der Märkte, das wiederum die Vertragsgestaltung determiniert. <br />
Feintoolgesellschaften<br />
Vertriebspartner<br />
Unabhängige<br />
Vertretungen<br />
A-Vertretung B-Vertretung C-Vertretung<br />
Hauptmärkte Schwerpunktmärkte Nebenmärkte Kleinmärkte<br />
Deutschland, Frankreich,<br />
Grossbritannien, USA,<br />
Japan, China u.a.<br />
Zusammenarbeitsvertrag<br />
Brasilien, Italien, Korea,<br />
Österreich, Polen, Russland,<br />
Schweden, Spanien, u.a.<br />
Agenturvertrag mit<br />
jährlicher<br />
Kündigungsmöglichkeit<br />
Argentinien, Australien,<br />
Baltikum, Bulgarien, Indien,<br />
Iran, Kroatien, Rumänien, u.a.<br />
Agenturvertrag mit<br />
laufender<br />
Kündigungsmöglichkeit<br />
Ägypten, Belgien, Finnland,<br />
Indonesien, Israel, Malaysia,<br />
Neuseeland, Norwegen, u.a.<br />
Gentlemen Agreement<br />
Insgesamt ist Feintool in 47 Ländern aktiv. In den Hauptmärkten existieren eigene Vertriebsgesellschaften,<br />
mit denen ein Zusammenarbeitsvertrag besteht. In anderen Märkten werden unabhängige<br />
Vertretungen eingesetzt. Dabei können nach ihrem Potenzial drei Typen von Märkten unterschieden<br />
werden: Potenzialstarke „Schwerpunktmärkte“ werden von A-Vertretungen bearbeitet, mit denen ein<br />
Agenturvertrag besteht, der eine jährliche Kündigungsmöglichkeit besitzt. Für Nebenmärkte sind B-<br />
Vertretungen verantwortlich, mit denen ebenfalls Agenturverträge bestehen, die allerdings laufende
204<br />
Kapitel 6<br />
Kündigungsmöglichkeiten offen halten. In Märkten mit geringerer Bedeutung übernehmen C-<br />
Vertretungen die Marktbearbeitung. Mit diesen besteht lediglich ein „Gentlemen Agreement“. Allerdings<br />
behalten sie ihren Status <strong>für</strong> maximal drei Jahre und werden dann zu B-Vertretern oder scheiden<br />
aus. Für die Information und Unterstützung besitzt Feintool ein modulares Konzept, das die vier Vertriebspartnersegmente<br />
differenziert betreut.<br />
Modul 1: Das Modul 1 zielt hauptsächlich darauf ab, das Interesse der Vertriebspartner zu wecken<br />
und aufzuzeigen, was das Unternehmen leisten kann. Es wird in erster Linie die Lösungskompetenz<br />
von Feintool nachgewiesen. Dazu werden Prospekte, Verfahrensvergleiche, Musterteile und Angebote<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Modul 2: Das Modul 2 zeigt dem Vertriebspartner auf, welche Vorteile sich ihm aus dem Know-How<br />
des Herstellers ergeben. Vertriebspartner sollen erkennen, dass ihre Kompetenz sich in Kundengesprächen<br />
und Verkäufen bezahlt macht. Hierzu werden Betriebsrundgänge veranstaltet, Anwendungsbeispiele<br />
mit Kostenvergleichen demonstriert und Nachweise <strong>für</strong> den Kundennutzen erbracht.<br />
Modul 3: Das Modul 3 knüpft an der Kundenberatung und dem Kundenbedarf an. Es werden Verfahrensmöglichkeiten<br />
und Anwendungen sowie deren Grenzen erläutert und aufgezeigt. Technische und<br />
betriebswirtschaftliche Seminare geben damit eine Grundlage <strong>für</strong> die technische und betriebswirtschaftliche<br />
Beratung des Kunden.<br />
Modul 4: Das Modul 4 vertieft das Wissen des Vertriebspartners und gibt detaillierte Einblicke in die<br />
Feintool-Lösung und deren Nutzen <strong>für</strong> den Kunden. Es wird eine fachlich anspruchsvolle Beratung<br />
und Betreuung des Kunden ermöglicht, die z. B. durch Ausbildungen in den Bereichen der Konstruktionstechnik<br />
und Werkzeugherstellung ein fachliches Fundament erhalten.<br />
C-Vertretung<br />
Modul 3<br />
Modul 2 Modul 2<br />
Modul 1 Modul 1 Modul 1<br />
Kleinmärkte<br />
B-Vertretung<br />
Nebenmärkte<br />
A-Vertretung<br />
Schwerpunktmärkte<br />
Feintoolgesellschaften<br />
Modul 4<br />
Modul 3<br />
Modul 2<br />
Modul 1<br />
Hauptmärkte<br />
Das erklärte Ziel von Feintool ist es, die Vertriebspartner durch eine differenzierte Unterstützung auf<br />
eine höhere Stufe zu führen und die Vertriebskompetenz global zu steigern.<br />
Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool AG<br />
(Walti 1999, S. 216 ff.; Feintool 2005)<br />
6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer<br />
Eine besondere Determinante der Bedürfnisse internationaler Vertriebspartner stellt<br />
die Dauer der Beziehung zum Hersteller dar. Im Laufe der Zusammenarbeit verändern<br />
sich die Kompetenzen, der Erfahrungsschatz und die Mitsprachemöglichkeiten der<br />
Vertriebspartner. In jungen Beziehungen zur Zentrale sind Vertriebspartner äusserst<br />
gehorsam, die Kontrolle liegt unbestreitbar bei dem Hersteller, der über technologi-<br />
Module zur Unterstützung<br />
von Vertriebspartnern
Vertriebsgestaltung des Herstellers 205<br />
sche Kompetenz, finanzielle Ressourcen und über Managementsysteme verfügt, durch<br />
die er das Verhalten der Vertriebspartner in hohem Masse bestimmt (Bakka 1986, S.<br />
852; s. Abbildung 6-13, S. 205). Häufig stammen Führungskräfte in jungen Tochtergesellschaften<br />
oder bei der Einführung eines Produktbereiches aus dem Stammhaus<br />
und integrieren damit die Regeln der Zentrale (Bakka 1986, S. 852).<br />
hoch<br />
Machtbasis<br />
der Parteien<br />
niedrig<br />
Hersteller<br />
• Technologie,<br />
• Ressourcen,<br />
• Management<br />
Systeme.<br />
Vertriebspartner<br />
• Marketing,<br />
• Kundenloyalität,<br />
• Persönliche<br />
Ambitionen.<br />
jung reif<br />
Beziehungsdauer<br />
Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit (Bakka 1986, S. 851)<br />
Im Laufe der Zeit entwickeln Vertriebspartner jedoch eine eigene Machtbasis. Die Erfahrungen<br />
und damit steigende lokale Kompetenz in Bezug auf lokale Kunden und<br />
Wettbewerber führt zu einer höheren Entschlossenheit und Überzeugung gegenüber<br />
den Massnahmen der Zentrale. Diese wird zunehmend mit kulturellen Unterschieden<br />
konfrontiert, wodurch Spannungen entstehen (Rosson 1990, S. 207; Bakka 1986, S.<br />
852). Das lokale Management bringt zunehmend die Interessen grosser lokaler Kunden<br />
ins Gespräch und entwickelt einen lokalen Ehrgeiz. Aus Sicht des Herstellers ist<br />
dies durchaus positiv zu bewerten, ruft allerdings in der Zusammenarbeit Konflikte<br />
hervor.<br />
Die Entwicklung von Tochtergesellschaften in der Beziehung zum Hersteller kann in<br />
eine Aufbau-, Wachstums- und Reifephase unterteilt werden. Anhand der Phaseneinteilung<br />
werden Unterschiede in der lokalen Situation deutlich, die im Laufe der Zeit<br />
entstehen. Hieraus erwachsen <strong>für</strong> den Hersteller - wie bereits angeführt - unterschiedliche<br />
Ansatzpunkte <strong>für</strong> eine Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner.<br />
Abbildung 6-14 (S. 206) zeigt Schwerpunkte in Situationen und Massnahmen.
206<br />
Beziehungsphase<br />
Aufbau<br />
Lokale Situation<br />
• Geringe Kunden-, Produkt- und<br />
Unternehmenskenntnisse,<br />
• Wenig Erfahrungen in<br />
Zusammenarbeit,<br />
• Zeitlicher und finanzieller Aufwand<br />
<strong>für</strong> Ingangsetzung,<br />
• Druck und kurzfristige Orientierung,<br />
• Hoher Kommunikationsaufwand,<br />
• Neuentwicklung von Abläufen und<br />
Verhaltensweisen,<br />
• Rekrutierung einer<br />
Vertriebsmannschaft.<br />
Zentrale Unterstützung<br />
• Produkt- und Verkaufsschulungen,<br />
• Umfangreiche Dokumentationen<br />
und Handbücher,<br />
• Ausreichende finanzielle<br />
Unterstützung,<br />
• Inhaltliche Beratung,<br />
• Häufige Meetings und Telefonate.<br />
Wachstum<br />
• Eingliederung in Spielregeln,<br />
• Erste Erfahrungen und Konflikte,<br />
• Aufbau von Kenntnissen über<br />
Kunden und Markt,<br />
• Einbindung in Vertriebsplanung des<br />
Herstellers,<br />
• Festigung und Ausbau von<br />
Kundenbeziehungen.<br />
• Frühzeitige Information über<br />
Aktivitäten,<br />
• Erfahrungsaustausch mit Zentrale<br />
und anderen Vertriebspartnern,<br />
• Anpassung an<br />
Unternehmensstandards,<br />
• Prioritäten bei der<br />
Konditionengestaltung.<br />
Reife<br />
Kapitel 6<br />
• Sehr gute Markt- und<br />
Kundenkenntnisse,<br />
• Festes Rollenverständnis und Bild<br />
über Zentrale,<br />
• Prozesse sind bekannt,<br />
Diskussionen über Details,<br />
• Hohe Produkt- und<br />
Anwendungskenntnisse,<br />
• Etablierter Name im Markt, bei<br />
Kunden und Konkurrenz.<br />
• Regelmässige Besuche und<br />
Vertriebsmeetings,<br />
• Veränderungen der<br />
Rahmenbedingungen früh<br />
ankündigen,<br />
• Marktinformationen als<br />
Innovationspotenzial.<br />
Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener Beziehungsphasen<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Aufbauphase: Unterstützung auf allen Ebenen<br />
Am Anfang der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner steht der Aufbau<br />
interner und externer Kontakte. Vertriebspartner haben meist weder Kenntnisse über<br />
Produkteigenschaften, noch besitzen sie Netzwerke bei den relevanten Kundengruppen<br />
im Markt. Dazu kommen die ebenfalls fehlenden Erfahrungen in der Zusammenarbeit<br />
mit dem Hersteller. Selbst in Fällen, in denen ein Manager der Zentrale <strong>für</strong> den<br />
Aufbau einer Tochtergesellschaft eingesetzt wird, findet sich dieser häufig in einer<br />
neuen Rolle wieder. Der bis dato im lokalen Markt noch unbekannte Vertriebspartner<br />
muss sich lokal etablieren, wozu umfangreiche Kommunikationsanstrengungen notwendig<br />
sind.<br />
Währenddessen bestehen von Seiten der Zentrale bereits Umsatzziele. Lokal sind die<br />
Anstrengungen allerdings zunächst auf den Aufbau von Infrastruktur und die Rekrutierung<br />
einer kleinen Vertriebsmannschaft gerichtet, die geschult und mit den Strategien<br />
und Vorgehensweisen des Unternehmens vertraut gemacht werden muss (Bakka 1986,<br />
S. 852). Für das lokale Management entsteht hieraus ein enormer Druck. Es wird versucht,<br />
trotz dieser umfangreichen internen Rüstkosten erste Ergebnisse im Markt zu<br />
erzielen. Je höher der Druck dabei wird, der auf dem lokalen Manager lastet, desto<br />
stärker ist eine Konzentration auf kurzfristige Umsatzerreichung zu beobachten<br />
Zeit
Vertriebsgestaltung des Herstellers 207<br />
(Bakka 1986, S. 852). Dabei werden erste Forderungen nach besserer Verkaufsunterstützung<br />
an die Zentrale formuliert und Unterlagen in Landessprache verlangt statt<br />
englischsprachiges Material (Bakka 1986, S. 852). Aussendienstmitarbeiter arbeiten zu<br />
diesem Zeitpunkt weitgehend eigenständig in Bezug auf ihre Routenwahl, Zeitplanung<br />
und Umfang des Reportings. Allerdings registriert die Zentrale diese lokalen Improvisationen<br />
und fordert mehr systematische und wirtschaftliche Denkweise. Mit der Zeit<br />
adaptieren die lokalen Manager einige grundsätzliche Regeln und Anforderungen der<br />
Zentrale. So z. B. bei der Auswahl und systematischen Betreuung von Kunden, der<br />
Erstellung von Angeboten nach zentralen Preislisten oder bei der Gestaltung von Messeauftritten<br />
und Anzeigen.<br />
Der Hersteller kann den Vertriebspartner in dieser Aufbauphase in vielerlei Hinsicht<br />
unterstützen, um die lokale Geschäftstätigkeit in möglichst kurzer Zeit in Gang zu setzen<br />
(Arnold 2000, S. 136). Die Unterstützung betrifft dabei sämtliche lokale Funktionen.<br />
Zunächst müssen Budgets <strong>für</strong> die lokalen Kommunikationsanstrengungen festgelegt<br />
werden sowie <strong>für</strong> interne Infrastruktur wie Büro- und EDV-Ausstattung, Geschäftswagen<br />
und Verkaufsmaterialien (Arnold 2000, S. 136). Um lokale Mitarbeiter<br />
möglichst schnell „verkaufsfähig“ zu machen, kann der Hersteller Produkt- und Verkaufsschulungen<br />
durchführen. Dokumentationen, Handbücher und Verkaufsunterlagen<br />
unterstützen bei der Kundenakquisition ebenso wie gemeinsame Kundenbesuche mit<br />
Technikern oder Managern aus der Zentrale. Denn da der Kunde noch keine Erfahrung<br />
mit dem Anbieter hat, treten Vertrauenseigenschaften an diese Stelle, so z. B. die Zuversicht<br />
in das Bemühen des Herstellers, die Kundenwünsche zu erfüllen. Als wichtige<br />
Investition kann das Bestreben der Zentrale gesehen werden, persönliche Beziehungen<br />
zu den lokalen Mitarbeitern zu entwickeln. Dazu ist der häufige und regelmässige persönliche<br />
Austausch zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitern, etwa in Form<br />
von Meetings heranzuziehen. Telefonischer und elektronischer Austausch wird von<br />
Managern häufig eher als ungeeignet <strong>für</strong> die Herstellung oder Vertiefung von persönlichen<br />
Beziehungen angesehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625).<br />
Die Bedeutung, die persönliche Beziehungen zum Stammhaus insbesondere in der<br />
Aufbauphase einer Niederlassung besitzen, hat auch die Wampfler AG erkannt. Diese<br />
setzt ein so genanntes „Patenschaftskonzept“ ein, um den informellen Austausch zwischen<br />
Niederlassung und Stammhaus bei jungen Niederlassungen systematisch zu fördern<br />
(s. Fallbeispiel 6-10, S. 208).<br />
Patenschaftskonzept zur Betreuung junger Niederlassungen<br />
Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland (s. auch Fallbeispiel 6-6, S. 186)
208<br />
Kapitel 6<br />
Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller<br />
von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im<br />
Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch<br />
27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert. Der Exportanteil des deutschen Unternehmens<br />
beträgt ca. 70 Prozent vom Gesamtumsatz.<br />
Die Wampfler AG hat bereits vor einiger Zeit ein „Patenschaftskonzept“ zur Betreuung junger Niederlassungen<br />
eingeführt. Die Grundüberlegung war hierbei, dass Niederlassungen vor Ort umso erfolgreicher<br />
sein können, desto enger die Anbindung an die Zentrale ist. Aus diesem Grund wollte man<br />
die persönliche Anbindung zwischen dem Management des Stammhauses und den Niederlassungen<br />
besonders in der kritischen Phase der Neugründung verstärken. Das Konzept sieht die „Patenschaft“<br />
eines Mitarbeiters aus dem Stammhaus <strong>für</strong> ein oder mehrere Führungskräfte aus internationalen Vertriebsgesellschaften<br />
vor.<br />
Wampfler<br />
HQs<br />
Land A Land B<br />
Land C<br />
...<br />
Rainer Mehrer, Manager Group Marketing & International Field Sales, ist „Pate“ der italienischen<br />
Vertriebsgesellschaft Wampfler s.r.l. in Melegnano, Italien, deren Gründung er massgeblich mitgestaltet<br />
hat. Als Pate ist Herr Mehrer persönlicher Ansprechpartner des italienischen Niederlassungsleiters.<br />
Dieser meldet sich je nach Bedarf und erkundigt sich nach Neuigkeiten und der Stimmungslage<br />
in der Zentrale. Insbesondere vor Meetings können Themen besprochen werden, die in der Zentrale<br />
von aktueller Bedeutung sind. Der italienische Niederlassungsleiter kann sich durch diesen informellen<br />
Gedankenaustausch besser auf Meetings vorbereiten und erhöht damit den Wert gemeinsamer<br />
Diskussionen mit der Zentrale. Rainer Mehrer ist vom Patenschaftskonzept überzeugt. Kritisch sieht<br />
er zwar die Gefahr, dass Paten persönlich gefärbte Meinungen an die Niederlassungen weitergeben.<br />
Allerdings überwiegt aus seiner Sicht der Vorteil, die lokalen Niederlassungsverantwortlichen zu<br />
integrieren und damit die Basis <strong>für</strong> eine optimale Zusammenarbeit zu legen. Aufgrund der ausschliesslich<br />
positiven Erfahrungen plant das Unternehmen, das Patenschaftskonzept ggf. auch auf<br />
bestehende Niederlassungen auszuweiten.<br />
Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG (Einzelinterview Mehrer 2002,<br />
s. Anhang A, S. 346)<br />
Wachstumsphase: Zunehmende Selbstständigkeit<br />
Im Laufe der Zeit etablieren sich beim Vertriebspartner die Prozesse, es bilden sich<br />
Netzwerke zum Markt hin sowie zum Stammhaus. Es kann bei positiver Marktentwicklung<br />
eine zunehmende Stabilisierung des Vertriebspartners beobachtet werden,<br />
die bei der Zentrale häufig das Bedürfnis nach einer stärkeren Einbindung in die Planung<br />
des Unternehmens hervorruft. Die Zentrale verlangt nun umfangreiches Daten-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 209<br />
material <strong>für</strong> ein bis zwei jährliche Planungen (Bakka 1986, S. 853). Dazu muss der<br />
Vertriebspartner gründliche Analysen zu Kunden, Wettbewerbern, Verkaufs- und Ergebniszielen,<br />
Marketingaktivitäten und kosten, zur Produktpositionierung und weiteren<br />
lokalen Grössen darlegen. Vertriebspartner reagieren auf diese Forderung zunächst<br />
positiv, da sie die Möglichkeit sehen, sich mit positiven Zahlen und Studien zu schmücken,<br />
die sie von öffentlichen Statistiken, Industrieverbänden, Marktstudien und persönlichen<br />
Kontakten zusammengetragen haben (Bakka 1986, S. 854). Darüber hinaus<br />
reizen die Möglichkeiten, die der Hersteller im Gegenzug liefern kann. Dazu gehört<br />
die Lieferung weltweiter Vergleichszahlen zu Märkten, Kunden, Wettbewerbern und<br />
Verkäufen, mit denen sich Vertriebspartner selbst einschätzen und ranken können.<br />
Leider nutzen Hersteller diese Möglichkeit der Unterstützung nur selten (siehe auch<br />
Abbildung 5-4, S. 111 und Abbildung 6-4, S. 160). Stattdessen dienen die Informationen<br />
über den lokalen Ländermarkt meist dazu, neue Konditionen <strong>für</strong> den nun wachsenden<br />
Vertriebspartner festzulegen. Hierzu gehören neben hohen Verkaufszielen,<br />
niedrigere Marketingbudgets und dem Wegfall zusätzlicher Unterstützung bei der<br />
Kommunikation auch hohe Gemeinkosten der Zentrale, die nun von der Tochtergesellschaft<br />
mit zu tragen sind. Darüber hinaus kann die Einbindung in interne Transferpreise,<br />
die aus steuerlichen Gründen den lokalen Gewinn auf Null reduzieren, eine<br />
zusätzliche Demotivation <strong>für</strong> das lokale Management mit sich bringen (Bakka 1986, S.<br />
854). Insgesamt verändert sich die Situation <strong>für</strong> das lokale Management unerwartet<br />
bedrohlich, da die ersten Erfolge und die vermeintliche Stabilisierung ins Wanken geraten.<br />
Zu diesem Zeitpunkt entsteht lokal eine hohe Demotivation und Unzufriedenheit,<br />
der im Nachhinein nur schwer zu begegnen ist (Rosson 1990, S. 207).<br />
Aus diesem Grunde scheint es notwendig, Vertriebspartnern von Beginn an eine hohe<br />
Transparenz über die gewährte Unterstützung und deren Planung zu geben. Genaue<br />
Programme, die den Zeitpunkt von Kürzungen vorhersehbar und damit auch lokal<br />
planbar machen, können erste Transparenz schaffen. Durch ein stufenweises Vorgehen<br />
kann vermieden werden, dass es kurzfristig zu Engpässen durch die veränderte Konditionengestaltung<br />
kommt. Erfahrene Niederlassungsleiter anderer Länder können wichtige<br />
Hinweise zur Überbrückung dieser Zeit geben. Bakka (1986, S. 854) hält insbesondere<br />
die frühzeitige Kommunikation bevorstehender Konditionenveränderungen<br />
<strong>für</strong> unerlässlich, um die Harmonie in der Zusammenarbeit wahren zu können. Durch<br />
die Erläuterung der Hintergründe und der daraus folgenden Prioritäten bei der Konditionenänderung<br />
kann wichtige Akzeptanz gewonnen werden. So erfolgt eine schrittweise<br />
Anpassung an die Standards der Marketingplanung im Gesamtunternehmen.
210<br />
Reifephase: Spezialist des lokalen Marktes<br />
Kapitel 6<br />
Hat der Vertriebspartner die vollständige Integration in die Vorgehensweise und die<br />
Prinzipien des Herstellers vollzogen, steht einer stabilen Zusammenarbeit nichts mehr<br />
im Wege. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vertriebspartner ein Spezialist des lokalen<br />
Marktes und fühlt sich seinen Kunden in hohem Masse verpflichtet. Er ist bei Kunden<br />
und Wettbewerbern bekannt und stellt einen etablierten Anbieter im Markt dar. Intern<br />
haben sich inzwischen häufig Bilder über den Hersteller verfestigt. Die Anbindung an<br />
diesen und die „Spielregeln“ sind bekannt, so dass es nur wenige operative Reibungspunkte<br />
gibt. Konflikte treten vor allem dann auf, wenn die gefestigten Strategien, Prioritäten<br />
oder Prozesse verletzt oder verändert werden (Rosson 1990, S. 208).<br />
Der Vertriebspartner ist in dieser Situation ein kompetenter Ansprechpartner <strong>für</strong> sämtliche<br />
Belange des lokalen Marktes. Aus diesem Grunde dient er nicht selten als Quelle<br />
<strong>für</strong> neue Produktideen (s. Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) und kann ebenso bei der Entwicklung<br />
marktorientierter Strategien wirkungsvolle Unterstützung leisten (s. Absatz<br />
6.3.4.1, S. 180 ff.). Herstellern muss es demnach gelingen, in dieser Reifephase der<br />
Beziehung eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu erhalten<br />
und deren Marktkompetenz optimal einzusetzen. Das gilt z. B. bei der Beratung oder<br />
bei einer Partnerschaft <strong>für</strong> junge Niederlassungen in anderen Märkten. Rosson (1990,<br />
S. 206) betont, dass die langfristige Zusammenarbeit in einer gefestigten Beziehung zu<br />
Vertriebspartnern erfolgskritischer ist als die Phase der anfänglichen Ingangsetzung (s.<br />
auch Arnold 2000, S. 136 f.).<br />
6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen<br />
Die zentralen Strukturen und Ressourcen des Herstellers besitzen nicht nur wie dargestellt<br />
wurde eine hohe Bedeutung <strong>für</strong> die Aufgaben der Koordination (s. Absatz 6.3.2,<br />
S. 162 ff.), sondern auch <strong>für</strong> die Unterstützung der Vertriebspartner. Im Folgenden<br />
werden Ansätze zur systematischen Gestaltung der zentralen Unterstützungsleistungen<br />
und zu deren Verrechnung diskutiert. Ausserdem werden die Voraussetzungen thematisiert,<br />
die intern vorliegen müssen, um die zentrale Leistungsfähigkeit sicherzustellen.<br />
6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb<br />
Durch eine professionelle Verkaufsunterstützung können Hersteller den Erfolg ihrer<br />
internationalen Vertriebspartner massgeblich mitbestimmen. Um die eigentliche industrielle<br />
Kernleistung herum, die im Zentrum der Beziehung zwischen Hersteller und
Vertriebsgestaltung des Herstellers 211<br />
Vertriebspartner steht (Hakansson 1982, S. 15), bestehen zahlreiche „Unterstützungsleistungen“,<br />
die der Hersteller einsetzen kann, um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des<br />
Vertriebspartners zu erhöhen. Zur Systematisierung der Kombination interner Leistungen<br />
der Zentrale wird hier eine Analogie zum Leistungssystemansatz nach Belz et al.<br />
(1997, S. 29) herangezogen und anhand eines Schalenmodells dargestellt. Die umhüllenden<br />
Schalen heben die Bedeutung der begleitenden Leistungen in den Vordergrund,<br />
durch die eine Differenzierung beim Vertriebspartner möglich wird.<br />
Im Kern des Schalenmodells steht das industrielle Leistungsangebot, durch das die<br />
Probleme des Kunden gelöst werden sollen. Diese „Kernleistung“ ist unabdingbare<br />
Geschäftsgrundlage zwischen Kunde und Vertriebspartner und begründet damit überhaupt<br />
erst die Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die Gestaltung der<br />
Kernleistung bestimmt weitgehend über die Fähigkeit des Vertriebspartners, Bedürfnisse<br />
des Kunden zu lösen. Sie bestimmt deshalb in ebenso hohem Masse über die Zufriedenheit<br />
des Vertriebspartners mit dem Hersteller. Die Möglichkeiten und Chancen<br />
der Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner im Prozess von der Idee<br />
über die Entwicklung bis zur Einführung neuer Produkte wurde bereits in Absatz<br />
6.3.4.2 (S. 183 ff.) diskutiert. Durch ein gemeinsames Vorgehen können überlegene<br />
Kundenvorteile geschaffen werden, die Vertriebspartnern zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen<br />
verhelfen.<br />
Lokale<br />
Geschäftsprozesse<br />
Lokale Verkaufsprozesse<br />
(Back-End)<br />
Lokale Verkaufsprozesse<br />
(Front-End)<br />
Kundenprozesse<br />
Finanzielle Zuschüsse<br />
Informationsversorgung<br />
Infrastruktur<br />
Interne Services<br />
Verkaufsunterlagen<br />
Industrielle<br />
Kernleistung<br />
z. B. Maschine<br />
z. B. Produktprospekte<br />
z. B. Begleitung durch Techniker<br />
z. B. IT-Tools zur Auftragsabwicklung<br />
z. B. Rundschreiben zu internen Projekten<br />
z. B. Subventionierung von lokalen Investitionen<br />
Kundenbezug<br />
Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems <strong>für</strong> Vertriebspartner (In Anlehnung an<br />
Belz et al. 1997, S. 29)
212<br />
Kapitel 6<br />
Neben dieser Kernleistung stehen dem Hersteller weitere Ansatzpunkte zur Verfügung,<br />
um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebspartners zu unterstützen. Diese<br />
zielen auf die Unterstützung bei den lokalen Verkaufs- und sonstigen Geschäftsprozessen<br />
ab. Herstellern eröffnen diese Leistungen insbesondere bei unabhängigen Vertretungen<br />
eine Möglichkeit, sich gegenüber anderen Herstellern im Portfolio zu differenzieren<br />
(Rosenbloom 1990, S. 54 f.). Bezugspunkte der Unterstützungsleistungen<br />
des Herstellers können vom konkreten Kundenprozess bis hin zu internen Prozessen<br />
der lokalen Organisation reichen. Die Schalen des in Abbildung 6-15 (S. 211) dargestellten<br />
Leistungssystems sind in abnehmender Reihenfolge ihres Bezugs zu den Kundenprozessen<br />
angeordnet. Im Folgenden sollen kurz die einzelnen Schalen erläutert<br />
werden:<br />
• Verkaufsunterlagen: Durch professionelle Verkaufsunterlagen kann der Hersteller<br />
das Auftreten und die Kompetenz des Vertriebspartners beim Kunden unterstützen.<br />
Gleichsam wird die Einhaltung eines unternehmensweiten Corporate Designs sichergestellt.<br />
Wichtige Verkaufsunterlagen, die den Vertriebspartner im Kundenkontakt<br />
unterstützen können, sind vorgefertigte Verkaufspräsentationen <strong>für</strong> neue Produkte<br />
(s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). Aber auch Argumentationshilfen, die Vorteile<br />
im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen, und Verkaufsvideos mit<br />
Anwendungsdemonstrationen gehören zu den Verkaufsunterlagen, die Hersteller<br />
bereitstellen können. Um den Informationsbedarf des Kunden sowohl in Bezug auf<br />
technische Details zu stillen als auch aufzuzeigen, wie Kunden durch die Lösung<br />
des Herstellers eigene Wettbewerbsvorteile erzielen können, können darüber hinaus<br />
umfangreiche Dokumentationen wie Handbücher, Prospekte und Datenblätter eingesetzt<br />
werden.<br />
• Interne Services: Neben den Materialien <strong>für</strong> den Verkaufsprozess kann der Hersteller<br />
auch interne Dienstleistungen anbieten, bei denen er selbst aktiv wird. Gemeinsame<br />
Kundenbesuche mit Vertretern aus der Zentrale oder mit Anwendungstechnikern<br />
können sowohl in der Beratungsqualität <strong>für</strong> den Kunden, als auch in der diesem<br />
entgegengebrachten Wertschätzung entscheidende Differenzierung gegenüber<br />
der Konkurrenz bringen. Aber auch von der Zentrale durchgeführte Marktforschungen,<br />
Schulungen oder Events <strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erhöhen die lokale<br />
Kompetenz und führen häufig zu höheren Verkäufen.<br />
• Infrastruktur: Anstatt unmittelbaren Support <strong>für</strong> den Verkauf beim Kunden (Front-<br />
End) zu geben, können Hersteller ebenso die Professionalität der lokalen Infrastrukturen<br />
und Prozesse (Back-End) unterstützen. Wichtige Stellhebel sind hierbei der
Vertriebsgestaltung des Herstellers 213<br />
Einsatz von IT-Systemen und Tools, so z. B. <strong>für</strong> eine effiziente Auftragsabwicklung<br />
(s. Belz et al. 1996, S. 78; Belz/Bussmann 2002, S. 280). Vertriebspartner können<br />
durch die Professionalisierung ihrer lokalen Prozesse wiederum ihre Verlässlichkeit<br />
gegenüber dem Kunden verbessern, so z. B. in der Einhaltung von Lieferterminen<br />
oder der realistischen Einschätzung von Verfügbarkeiten. Darüber hinaus kann der<br />
Hersteller Infrastruktur bereithalten, die lokale Marketingaktivitäten ermöglichen.<br />
So z. B. durch die zentrale oder regionale Anschaffung von Messematerialien und<br />
Messeständen, Demogeräten und Muster, die <strong>für</strong> einzelne Vertriebspartner nicht finanzierbar<br />
sind (s. Walti 1999, S. 208).<br />
• Informationsversorgung: Informationen bilden die Basis <strong>für</strong> eine lokale Strategiefindung<br />
und die Anpassung lokaler Prozesse. Auswertungen über die lokale Verkaufsleistung<br />
im Ländervergleich bilden die Grundlage <strong>für</strong> Selbsteinschätzungen<br />
und Zielsetzungen. Produkt-, wettbewerbs- und kundenbezogene Daten wiederum<br />
ermöglichen die Strategiebildung (Belz et al. 1996, S. 78). Im operativen Kontext<br />
sind allerdings auch Projekte, Personalia und andere Interna des Herstellers <strong>für</strong> den<br />
Vertriebspartner von Bedeutung, um eigene Vertriebsprozesse anzupassen und die<br />
Entwicklungen in der Herstellerorganisation mitverfolgen zu können. Vielfach existieren<br />
aus diesem Grunde interne Newsletters, die alle Mitglieder der Vertriebsorganisation<br />
über Neuigkeiten auf dem aktuellen Stand halten oder Intranetanwendungen,<br />
die einen direkten Austausch ermöglichen (s. Belz/Bussmann 2002, S.<br />
281).<br />
• Finanzielle Zuschüsse: Als wichtiger Ansatzpunkt der Unterstützung der lokalen<br />
Geschäftsprozesse sind finanzielle Zuschüsse zu nennen. Diese können in unterschiedlichen<br />
Formen gewährt werden. Gerade beim Aufbau oder der Erweiterung<br />
der lokalen Präsenz werden häufig direkte Zuschüsse in Form von Budgets gewährt.<br />
In schwierigen Wettbewerbssituationen sind allerdings auch Zuschüsse zu Werbekosten,<br />
Messen, Nachlässe bei Transferpreisen oder Vereinfachung von Zahlungsbedingungen<br />
möglich, durch die die lokale Finanzkraft gestärkt wird (Rosenbloom<br />
1990, S. 55). So z. B. auch durch Konsignationslager, die lokale Kapitalbindungskosten<br />
senken und die Liquidität der Vertriebspartner erhöhen.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dem Hersteller damit eine Vielzahl von<br />
Ansatzpunkten zur Unterstützung der Vertriebspartner zur Verfügung stehen.<br />
Abbildung 6-16 (S. 214) zeigt noch einmal die verschiedenen Ansatzpunkte im Überblick.
214<br />
Verkaufsunterlagen<br />
•Verkaufspräsentationen,<br />
• Argumentationshilfen,<br />
• Handbücher,<br />
Prospekte und<br />
Datenblätter,<br />
• Verkaufsvideos.<br />
Interne<br />
Services<br />
• Gemeinsame<br />
Kundenbesuche,<br />
• Technische Verkaufsunterstützung,<br />
• Interne Marktforschung,<br />
• Events <strong>für</strong> Kunden<br />
und Vertriebspartner,<br />
• Schulung und<br />
Weiterbildung.<br />
Ansätze der<br />
Unterstützung von<br />
Vertriebspartnern<br />
Infrastruktur<br />
•IT-Systeme,<br />
• IT-Tools,<br />
• Demogeräte,<br />
•Muster,<br />
• Messestand,<br />
Messematerialien,<br />
Exponate.<br />
Informationsversorgung<br />
• Auswertungen zur<br />
Verkaufsleistung,<br />
• Produkt-,<br />
Wettbewerbs- und<br />
Kundendaten,<br />
• Rundschreiben zu<br />
Neuprodukten,<br />
•Newsletterzu<br />
Internas, Meilensteinen<br />
etc.<br />
Finanzielle<br />
Zuschüsse<br />
Kapitel 6<br />
• Werbekostenzuschuss,<br />
• Subventionierung<br />
von Bauvorhaben,<br />
• Messezuschüsse,<br />
• Nachlässe bei<br />
Transferpreisen,<br />
• Konsignationslager,<br />
• Rabattteilung.<br />
Kunde Bezugspunkt<br />
Organisation<br />
Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den Hersteller<br />
6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung<br />
Die Aus- und Weiterbildung von Vertriebspartnern in Bezug auf Produkte und Verkaufsprozesse<br />
des Herstellers bilden eine der wichtigsten Schnittstellen in der Beziehung<br />
von Zentrale und Vertriebspartnern. Tomczak (1997, S. 76) betont, dass Hersteller<br />
schliesslich nicht nur von der Bereitschaft, sondern ebenso von der Fähigkeit der<br />
jeweiligen Vertriebspartner abhängig sind. Schulungsdefiziten des Verkaufspersonals<br />
muss demnach eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (Tomczak 1997, S.<br />
77). Aufgrund ihrer grossen Bedeutung soll auf den Gestaltungsansatz der Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
vertiefend eingegangen werden.<br />
Inhalte der Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers beziehen sich auf die Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten, die der Vertriebspartner bei der Planung und Marktbearbeitung<br />
benötigt. Dazu gehören insbesondere (s. Belz et al. 1996, S. 61 f.; Homburg/Krohmer<br />
2003, S. 1052):<br />
• Kommerzielles und technisches Fachwissen,<br />
• interaktionsbezogene Fähigkeiten sowie<br />
• analytische und konzeptionelle Fähigkeiten.<br />
Kommerzielles Fachwissen umfasst sämtliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die<br />
Vertriebspartner zum Verkauf ihrer Produkte nutzen. Hierzu gehört vor allem das Wis-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 215<br />
sen über Kunden und Wettbewerber sowie über Instrumente der operativen Marktbearbeitung<br />
(s. Tabelle 6-9, S. 215). Das kommerzielle Fachwissen kann sich damit über<br />
sämtliche Ebenen von marktbezogenen Gegebenheiten bis hin zu internen Prozessen<br />
und Vorgehensweisen beziehen. Im Mittelpunkt stehen die betriebswirtschaftlichen<br />
Aspekte des operativen Verkaufs, so z. B. Verkaufsargumente <strong>für</strong> die verschiedenen<br />
Kundensegmente und Alternativen bei der Konditionengestaltung. Tabelle 6-9 (S.<br />
215) zeigt Beispiele zu den verschiedenen inhaltlichen Weiterbildungskategorien.<br />
Inhalte der<br />
Weiterbildung<br />
Kommerzielles<br />
Fachwissen<br />
Technisches<br />
Fachwissen<br />
Interaktions<br />
bezogene<br />
Fähigkeiten<br />
Analytische und<br />
konzeptionelle<br />
Fähigkeiten<br />
Beispiele<br />
• Kenntnis der komparativen Konkurrenzvorteile (z. B. Fertigungsprozess 20 %<br />
beschleunigen, geringere Abrichtzeiten, Lebensdauer, Präzision),<br />
• Kenntnis von Preisen und Konditionen (z. B. Verrechnung von Einzelleistungen,<br />
Rabattpolitik, Finanzierungsangebote, Zusatzleistungen, Lieferfristen),<br />
• Kenntnis der potenziellen Zielgruppe (z. B. Formenbau, Automobilindustrie,<br />
Werkzeugmaschinenindustrie, Elektronik-/Halbleiterhersteller),<br />
• Kenntnis des Anspruchsniveaus der verschiedenen Zielgruppen (z. B. Zeit- und<br />
Qualitätsvorgaben),<br />
• Kenntnis der Zuständigkeiten und Ansprechpartner beim Hersteller (z. B.<br />
Preisverhandlungen, Reparaturen, Reklamationen).<br />
• Detailkenntnisse der Produkte im Sortiment (z. B. technische Werte, Funktionsweise),<br />
• Kenntnis der Produktionsverfahren beim Kunden (z. B. Fertigungstiefe und<br />
Lieferanten, Montage, Kapazitäten),<br />
• Kenntnis technischer Details und Nachteile von Konkurrenz- und Substitutionsprodukten<br />
(z. B. von Billiganbietern aus Fernost).<br />
• Verhandlungskompetenz und Beziehung zum Buying-Center (z. B. den Sales<br />
Cycle-Schritten angepasste Argumentation; Auswahl der richtigen Ansprechpartner,<br />
Kontaktpflege mit Entscheidungsträgern),<br />
• Flexibilität im Umgang mit Kundenproblemen (z. B. Berücksichtigung von<br />
Sonderwünschen, Vermittlerfunktion zum Hersteller).<br />
• Kenntnisse zur strategischen Positionierung und Marketingkonzept des Herstellers,<br />
• Kenntnisse zur Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse,<br />
• Erkennen von Markttrends und verändertem Kundenverhalten.<br />
Tabelle 6-9: Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern (In Anlehnung an<br />
Belz et al. 1996, S. 61 f.)<br />
Das technische Fachwissen der Vertriebspartner stellt eine wichtige Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> dar, dass Kunden kompetent beraten werden können und die Leistungen sinnvoll<br />
auf die Anwendungsbereiche des Kunden abgestimmt werden. Vertriebspartner müssen<br />
dabei sowohl technische Anwendungsfelder des Kunden kennen und verstehen, als<br />
auch die technischen Spezifikationen und Einsatzbereiche des eigenen Leistungsspektrums<br />
beherrschen. Nur so wird es möglich, die Vorteile der eigenen Lösung <strong>für</strong> den<br />
Kunden hervorzuheben und nachhaltig unter Beweis zu stellen.
216<br />
Kapitel 6<br />
Über die technischen und kommerziellen Fähigkeiten hinaus, muss der Vertriebspartner<br />
auch im Bereich der „Interaktionsqualität“ professionell vorgehen. Kenntnisse zur<br />
systematischen Auswahl von Gesprächspartnern und -inhalten beim Kunden, zum<br />
Vorgehen bei Verhandlungen sowie Spielräume bei und Strategien <strong>für</strong> den Umgang<br />
mit Problemsituationen und Sonderwünschen des Kunden, schaffen sowohl in der Zusammenarbeit<br />
zwischen Kunde und Vertriebspartner als auch in der Beziehung zum<br />
Hersteller eine höhere Professionalität und verhindern Konflikte. Auch analytische<br />
und konzeptionelle Fähigkeiten des Vertriebspartners können durch Weiterbildungsmassnahmen<br />
unterstützt werden. Hierzu gehören betriebswirtschaftliche Kenntnisse,<br />
die <strong>für</strong> die Planung der lokalen Marktbearbeitungsstrategie notwendig sind. Techniken<br />
der Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen und der daraus folgenden strategischen<br />
Positionierung und Verkaufsplanung gehören zu den wichtigen analytischen und konzeptionellen<br />
Fähigkeiten, die insbesondere vom lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> verlangt<br />
werden. Diese erlauben es, professionelle Marketingkonzepte zu erstellen, die als<br />
Basis <strong>für</strong> die ein- oder mehrjährige Planung dienen.<br />
Hersteller müssen der Frage nachgehen, welche dieser vielfältigen Kenntnisse überhaupt<br />
vermittelt werden können bzw. vermittelt werden sollen und darüber hinaus,<br />
welche geeigneten Weiterbildungsmassnahmen <strong>für</strong> diese Vermittlung zur Verfügung<br />
stehen. Tabelle 6-10 (S. 217) zeigt verschiedene Formen der Weiterbildung und die<br />
dabei primär vermittelten Inhalte. Grundsätzlich unterschieden werden dabei einerseits<br />
autodidaktische Weiterbildungsformen, die das Selbststudium der Vertriebspartner<br />
unterstützen, und andererseits persönliche Weiterbildungsformen, die eine Wissensübermittlung<br />
im persönlichen Kontakt vornehmen.<br />
An autodidaktischen Weiterbildungsformen stehen Schulungshandbücher, Videos und<br />
E-Learning-Applikationen zur Verfügung. Schulungshandbücher können insbesondere<br />
zur produktbezogenen und anwendungstechnischen Ausbildung verwendet werden.<br />
Das Nachschlagen technischer Details und Dokumentationen wird damit ermöglicht.<br />
Allerdings muss auch der Aufwand betont werden, der mit der Erstellung didaktisch<br />
brauchbarer Schulungshandbücher verbunden ist. Vertriebspartner betonen, dass sich<br />
Hersteller häufig auf die Aneinanderreihung technischer Details beschränken, weshalb<br />
dieses Instrument zu Schulungszwecken häufig ungeeignet ist. Zu Dokumentationszwecken<br />
ist es hingegen zu empfehlen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 217<br />
persönlich<br />
Autodidaktisch<br />
Weiterbildungs-<br />
form<br />
Primär vermittelte Inhalte<br />
Fachwissen<br />
Analytische und<br />
konzeptionelle<br />
Fähigkeiten<br />
Interaktionsbezogene<br />
Fähigkeiten<br />
Beispiele<br />
Seminare<br />
Fachseminar zur Erstellung<br />
von Kundenstrategien<br />
Trainings<br />
Training zur Anwendung von<br />
Verkaufstechniken<br />
Lehrgänge<br />
Lehrgang zur Anwendung neuer<br />
Softwarelösungen<br />
Tagungen<br />
Aussendiensttagung zum Austausch<br />
von Markttrends<br />
Coaching<br />
Coaching von<br />
Vertriebsleitern<br />
Lernen durch<br />
Begleitung eines erfahrenen Vertriebspart-<br />
Beobachtung<br />
ners durch eine Nachwuchskraft<br />
Schulungs-<br />
Schulungshandbücher zur<br />
handbücher<br />
Anwendungstechnik<br />
Videos<br />
Videos zu Techniken<br />
der Gesprächsführung<br />
E-Learning<br />
CD-Roms und Intranetanwendungen<br />
zur produktbezogenen Schulung<br />
= trifft nicht zu; = trifft zu; = trifft teilweise zu<br />
Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />
(In Anlehnung an Homburg/Krohmer 2003, S. 1053)<br />
Videoaufnahmen, die kommentiert oder unkommentiert das Vorgehen bei Kundengesprächen<br />
beschreiben, sind von hohem didaktischen Wert. Die Erstellung solcher Videos<br />
ist mit geringerem Aufwand verbunden, da nicht sämtliche verhaltensbezogenen<br />
Aspekte expliziert werden müssen. Nachteile liegen darin, dass Videos häufig auf fiktionalen<br />
Kundengesprächen basieren, die wesentliche Details oder Herausforderungen<br />
der verschiedenen Märkte unberücksichtigt lassen. Videoaufnahmen können deshalb<br />
eher als ergänzendes Instrument eingesetzt werden, das sowohl interaktionsbezogene<br />
als auch fachliche Kenntnisse unterstützt. Über die Bedeutung und das Potenzial des<br />
E-Learnings gehen die Meinungen auseinander. Zwar ermöglicht diese autodidaktische<br />
Weiterbildungsform, verschiedene Medien wie Videoübertragung, Hör- und<br />
Schriftbeiträge miteinander zu verbinden. Trotzdem sehen Homburg/Krohmer (2003,<br />
S. 1053) den Anwendungsbereich des E-Learnings vor allem bei den fachlichen<br />
Kenntnissen.<br />
Die persönlichen Weiterbildungsformen nehmen bei Herstellern häufig einen höheren<br />
Stellenwert ein als autodidaktische. Seminare, Trainings und Lehrgänge sind sicherlich<br />
die am meisten verbreiteten Instrumente zur Weiterbildung von Mitgliedern der Ver-
218<br />
Kapitel 6<br />
triebsorganisation. Dabei unterscheiden sich Seminare, Trainings und Lehrgänge vor<br />
allem bei den Schwerpunkten der vermittelten Kenntnisse. Während Schulungen meist<br />
technisches und betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie konzeptionelle Fähigkeiten<br />
vermitteln, legen Trainings den Schwerpunkt auf die Anwendung. Lehrgänge verbinden<br />
beide Ansätze und bilden damit den breitesten Ansatz der Weiterbildung. Alle drei<br />
Ansätze besitzen ähnliche Vor- und Nachteile. Sie ermöglichen es, durch die physische<br />
Präsenz der Teilnehmer den Wissensstand in der Vertriebsorganisation in der Interaktion<br />
zu erleben und geben dem Hersteller damit Implikationen <strong>für</strong> die interne<br />
Kommunikation und die aktuellen Fähigkeiten, mit denen er bei der Marktbearbeitung<br />
rechnen kann. Neben den primären Weiterbildungszielen der Seminare, Trainings und<br />
Lehrgänge ergeben sich Vorteile durch den persönlichen Kontakt und Austausch der<br />
Teilnehmer untereinander und mit dem Hersteller. Dies ist auch bei Tagungen, Coaching<br />
und Begleitungen der Fall (s. „Patenschaftskonzept“, Fallbeispiel 6-10, S. 208),<br />
und nicht selten deren primäre Zielsetzung. Allerdings muss auch betont werden, dass<br />
Schulungsangebote der Hersteller häufig unter mangelnder Teilnahme durch die Vertriebspartner<br />
leiden. Gründe sind meist eine mangelhafte Qualität der Schulungen und<br />
eine fehlende Differenzierung des Schulungsangebotes:<br />
• Mangelhafte Qualität: In manchen Fällen ist die Qualität der Schulungen unzureichend.<br />
Wenn die Konzeption und Durchführung der Schulungen an Hilfskräfte delegiert<br />
werden, die keine oder nur wenig Vertriebserfahrung besitzen, kann das Potenzial<br />
der Schulungen nicht ausgenutzt werden. Mangelhafte organisatorische Vorbereitung,<br />
die sich in Verspätungen, Wartezeiten oder technischen Problemen am<br />
Schulungstag äussert, wird von Vertriebspartnern stark bemängelt, da diese häufig<br />
erhebliche zeitliche und finanzielle Ressourcen aufwenden müssen, um an zentralen<br />
Schulungsterminen teilnehmen zu können (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />
S. 37). Die Professionalität in der Vorbereitung muss deshalb unter allen Umständen<br />
durch Vertriebsverantwortliche in der Zentrale sichergestellt werden.<br />
• Fehlende Differenzierung: Häufig werden Schulungen nicht <strong>für</strong> verschiedene Vertriebspartner<br />
differenziert. Heute ist es vielfach der Fall, dass Schulungen ausschliesslich<br />
auf Anfängerniveau stattfinden, wodurch erfahrene Vertriebspartner<br />
abgeschreckt werden. Manche Hersteller setzen deshalb Wissenstests ein, um das<br />
Kenntnisniveau von Vertriebspartnern zu bestimmen und unterschiedliche Seminarlevels<br />
anbieten zu können. Auch findet häufig keine regionale Differenzierung statt,<br />
die durch inhaltliche Abstimmung auf die Region vor allem bei kommerziellen Seminaren<br />
erhebliche Vorteile bieten können. Darüber hinaus wird durch ein weltweit
Vertriebsgestaltung des Herstellers 219<br />
standardisiertes Angebot in englischer Sprache häufig eine weitere Barriere geschaffen,<br />
die insbesondere lateinamerikanische Vertriebspartner von einer Teilnahme<br />
fernhält (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Eine geringe Teilnahme an den angebotenen Seminaren führt indessen bei Herstellern<br />
nicht dazu, dass diese auf den Prüfstand gestellt, verbessert und damit attraktiver werden.<br />
Vielmehr werten viele Hersteller eine fehlende Teilnahme als mangelhaftes Interesse<br />
und reduzieren das eigene Engagement, was nicht selten auch zu einer Reduktion<br />
im Schulungsangebot führt. Auch die wirtschaftlich angespannte Lage in europäischen<br />
Ländern hat dazu geführt, dass bei Schulungen erhebliche Kürzungen vorgenommen<br />
wurden (Mansfeld 2004, S. 66). Hierdurch konterkariert der Hersteller allerdings seine<br />
eigenen Interessen, die in einem besseren Ausbildungsniveau seiner Vertriebsorganisation<br />
liegen. Um das Ausbildungsniveau und die Motivation der Vertriebspartner zu<br />
erhöhen, müssen deshalb massive Anstrengungen zur Verbesserung von Schulungen<br />
unternommen und dem Abbau von internen Weiterbildungsangeboten Einhalt geboten<br />
werden. Ebenso müssen Konzepte ausgearbeitet werden, die vor allem auch <strong>für</strong> Mitarbeiter<br />
unabhängiger Vertretungen Anreize bieten, Schulungen des Herstellers zu besuchen<br />
und ihren Kenntnisstand zu verbessern. Häufig werden Vertretungen nur unzureichend<br />
eingebunden, woraus unterschiedliche Ausbildungsstände zwischen Tochtergesellschaften<br />
und Vertretungen resultieren. Hier liegen Potenziale <strong>für</strong> die Verkaufsqualität<br />
und damit <strong>für</strong> die Verkaufsergebnisse in vielen internationalen Märkten.<br />
Fallbeispiel 6-11 (S. 220) zeigt den Aufwand, der bei Siemens <strong>für</strong> technisches und<br />
betriebswirtschaftliches Training bei der internationalen Neuprodukteinführung betrieben<br />
wird.<br />
Technisches und betriebswirtschaftliches Training vor der Markteinführung<br />
Siemens Building Technologies AG, Zürich, Schweiz<br />
Der Siemens Bereich "Building Technologies" (SBT) mit Stammsitz in Zug wurde am 1. Oktober,<br />
1998 durch Integration des Industrieteils der früheren Elektrowatt-Gruppe, Zürich, in die Gebäudetechnikaktivitäten<br />
der Siemens AG, München, gegründet. Die Fachkompetenz der ehemaligen Cerberus,<br />
Landis & Staefa und Siemens wurde in einer einzigen Organisation zusammengefasst. Zusammen<br />
mit den Bereichen „Automation and Drives“, „Industrial Solutions and Services“ und „Logistics and<br />
Assembly Systems“ repräsentiert Building Technologies das Arbeitsgebiet „Automation and<br />
Control“.<br />
Building Technologies ist in allen Disziplinen der Gebäudetechnik zuhause – von der Heizungs-,<br />
Lüftungs- und Klimaregelung bis hin zur Brandmeldung, Löschung, Evakuierung, Zutrittskontrolle,<br />
Videoüberwachung und Alarmanlage. Insgesamt erzielten die 28'159 Mitarbeiter der Building Technologies<br />
im Jahr 2004 weltweit einen Umsatz von EUR 4.247 Mrd., von dem etwa 65 Prozent auf<br />
Europa entfallen. Building Technologies unterhält in 42 Ländern der Welt mehr als 500 Niederlassungen<br />
und fertigt in acht Produktionsstätten in Europa, USA und Asien.<br />
Zur Vorbereitung auf Neuprodukteinführungen werden bei Siemens Building Technologies umfangreiche<br />
produktbezogene Schulungsmassnahmen durchgeführt, die als wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> den
220<br />
Kapitel 6<br />
Erfolg gesehen werden. Die Abbildung zeigt den Zeitplan der Markteinführung <strong>für</strong> das Desigo Gebäudeautomationssystem.<br />
Durch Schulungen und Trainings wurde die Grundlage <strong>für</strong> eine hohe Akzeptanz<br />
und fundiertes produktbezogenes Wissen in der Vertriebsorganisation gelegt.<br />
Vor der Erprobung und Markteinführung wurden Mitarbeiter in der SBT-Zentrale in Zug, Schweiz,<br />
und in den Ländern auf ihre Aufgaben vorbereitet und damit ein reibungsloser Wissenstransfer sichergestellt.<br />
Inhalte waren dabei sowohl technischer als auch betriebswirtschaftlicher Natur. Die<br />
Schulungsmassnahmen wurden von über 600 Verkaufsberatern und 400 Techniker aus 24 Ländern als<br />
Vorbereitung auf die bevorstehende Markteinführung besucht. Insgesamt investierte Siemens Building<br />
Technologies damit <strong>für</strong> das Produkt Desigo über 5’000 Trainingstage <strong>für</strong> Engineering und 1’500<br />
Trainingstage <strong>für</strong> Verkaufsschulungen.<br />
Zeitplan <strong>für</strong> die Markteinführung des Desigo Gebäudeautomationssystems<br />
...<br />
12/2002<br />
Schulungsphase<br />
• Vorbereitung auf Einführung und<br />
Wissenstransfer,<br />
• Durchführung in Zentrale und in<br />
Ländern,<br />
• Teilnehmer aus 24 Ländern,<br />
• 600 Vertriebsmitarbeiter und 400<br />
Techniker,<br />
• 5‘000 Trainingstage <strong>für</strong><br />
technische Schulungen<br />
(„Engineering“),<br />
• 1‘500 Trainingstage <strong>für</strong><br />
betriebswirtschaftliche<br />
Verkaufsschulung.<br />
03/2003 06/2003 09/2003 12/2003 03/2004 06/2004 ...<br />
Erprobungsphase<br />
• 20 Feldtestprojekte,<br />
• Sechs Länder,<br />
• Sechs Monate,<br />
• Feedback von Fachleuten<br />
der Zentrale,<br />
• Ergebnis: Freigabeversion.<br />
Markteinführung<br />
Einführungsphase<br />
• Start: Offizielle Verkaufsfreigabe,<br />
• Alle europäischen Länder,<br />
• Diverse Markteinführungs- und<br />
Projektaktivitäten,<br />
• Auch: Berichte in Fachpresse.<br />
Die darauf folgende Markteinführung verlief in zwei aufeinander abgestimmten Zeitphasen. In einer<br />
ersten Phase wurden mit sechs Ländern ca. 20 Feldtestprojekte abgewickelt. In dieser sechsmonatigen<br />
Erprobungsphase wurden die Projekte intensiv von Fachleuten aus der Zentrale begleitet und das<br />
Feedback in die endgültige Freigabeversion eingearbeitet. Ebenso gaben der Einsatz in zahlreichen<br />
Bauten Aufschluss über die Bewährung des Systems beim Kunden. Die zweite Phase begann im Dezember<br />
2003 mit der offiziellen Verkaufsfreigabe in allen europäischen Ländern. Mitte 2004 liefen in<br />
nahezu ganz Europa diverse Markteinführungs- und Projektaktivitäten, die Einführung wurde bereits<br />
zu diesem Zeitpunkt als erfolgreich bewertet. Das Unternehmen führt den Erfolg des Projekte wesentlich<br />
auf die gewissenhafte Marketingplanung und Verkaufsvorbereitung zurück.<br />
Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG (Wigger 2004;<br />
Siemens 2005)<br />
6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien<br />
Ungenügende telefonische Erreichbarkeit, mangelnder technischer Support, fehlende<br />
Informationen oder verspätete Lieferungen sind Beispiele <strong>für</strong> die oftmals von Vertriebspartnern<br />
bemängelten Defizite in der Unterstützung durch die Zentrale. Fehlende<br />
Steuerungsmechanismen führen dazu, dass die Qualität der Unterstützung in hohem
Vertriebsgestaltung des Herstellers 221<br />
Masse von der Qualifikation und der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter der<br />
Zentrale abhängen.<br />
An dieser Stelle muss wiederholt zwischen den Koordinationsaufgaben und den Unterstützungsaufgaben<br />
der Zentrale differenziert werden (s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.).<br />
Während Koordinationsaufgaben vor allem die Abstimmung verschiedener Unternehmensbereiche<br />
und Länderaktivitäten betreffen, entlasten Unterstützungsaufgaben<br />
die einzelnen Vertriebspartner durch eine zentrale Leistungserstellung<br />
(Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Hierdurch können einerseits Synergieeffekte genutzt<br />
werden, andererseits erreicht man in vielen Fällen eine qualitativ höherwertige<br />
Leistung als bei dezentraler Erbringung, da Zentralbereiche in verschiedenen Bereichen<br />
auf überlegenes Know-How zurückgreifen können (Reckenfelderbäumer 2001,<br />
S. 254). Zu diesem Know-how gehören etwa technische Kenntnisse, länderübergreifende<br />
Kunden- und Wettbewerbsaktivitäten sowie Marktforschungserfahrung. Hierin<br />
liegt der Grund, warum Schulungen, Marktforschung oder Rechts- und IT-Beratung<br />
häufig durch die Zentrale realisiert werden.<br />
Verschiedene Autoren empfehlen, sämtliche zentrale Unterstützungsleistungen in so<br />
genannten internen „Service-Centers“ zu organisieren (Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />
263; Hungenberg 1992, S. 352; s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.). Diese stellen innerbetriebliche<br />
Äquivalente zu den auf externen Märkten agierenden „Profit-Centers“ dar<br />
und erzielen durch ihre marktähnlichen Gestaltungsspielräume nachdrücklich wettbewerbskonforme<br />
und (interne) kundenorientierte Verhaltensweisen (Malone 2004, S.<br />
29 ff.; Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Damit gehen sie über die heute noch weit<br />
verbreiteten Cost-Center deutlich hinaus, deren Zuständigkeit entsprechend auf nicht<br />
marktfähige Koordinationsaufgaben beschränkt werden sollte (Reckenfelderbäumer<br />
2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352).<br />
Um die Qualität der durch die Zentrale gewährten Unterstützung zu verbessern, stehen<br />
verschiedene Gestaltungsansätze zur Verfügung. Eine zunehmende Relevanz besitzen<br />
„Service Level Agreements“ in Verbindung mit Transferpreisen und „Interne Garantien“.<br />
Service-Level Agreements in Verbindung mit Transferpreisen<br />
Service Level Agreements (SLA) definieren die Art und den Umfang der internen<br />
Leistungen, die zentrale Anbieter <strong>für</strong> Vertriebspartner erbringen. Gleichzeitig verpflichten<br />
sich die zentralen Service-Center, den Service in einer festgelegten Qualität<br />
zu leisten (z. B. garantierte Verfügbarkeiten, Response Times, maximale Fehlerraten
222<br />
Kapitel 6<br />
usw.) und legen Verfahren zum Leistungscontrolling fest. Durch die Einführung von<br />
Service Level Agreements wird damit die tatsächliche Leistung der Zentrale transparenter.<br />
Auch tragen SLA dazu bei, die Kommunikation zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />
zu optimieren und letztere bei der Definition ihrer Anforderungen mit in<br />
die Pflicht zu nehmen. Kombiniert werden können Service-Level-Agreements mit<br />
Transferpreisen, die <strong>für</strong> unternehmensinterne Lieferungen und Leistungen festgelegt<br />
werden (Kutschker/Schmid 2002, S. 1016).<br />
Während unmittelbar marktfähige Leistungen wie Produkte und Logistikdienstleistungen<br />
bereits seit langem durch interne Verrechnungspreise Berücksichtigung finden,<br />
werden in der Praxis auch zunehmend intangible Unterstützungsleistungen mit Preisen<br />
versehen. Interne Preise besitzen verschiedene Funktionen: Sie bemessen den Wert der<br />
Leistung, verlagern damit den Gewinn und tragen zur Selbstkoordination des Unternehmens<br />
bei (Kutschker/Schmid 2002, S. 1019 ff.), da interne Anbieter und Nachfrager<br />
nur dann die Leistungen austauschen werden, wenn die Konditionen auf beiden<br />
Seiten vorteilhaft erscheinen. Dies bedeutet, dass Unterstützungsleistungen von Vertriebspartnern<br />
nur in soweit beansprucht werden, dass unter der Voraussetzung des<br />
internen Preises positive Ergebnisbeiträge generiert werden können. Andererseits berücksichtigt<br />
der Preis die Kosten auf der Anbieterseite und verhindert damit, dass<br />
wertvolle interne Kapazitäten von Vertriebspartnern <strong>für</strong> sinnlose Aktionen verschwendet<br />
werden (Malone 2004, S. 28).<br />
Selbstverständlich ist die Situation im Unternehmen nicht mit einer marktlichen Situation<br />
gleichzusetzen. Gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen besitzen<br />
Anbieter in der Zentrale häufig eine Monopolstellung, die eine freie Verhandlung der<br />
internen Preise verhindert. In grossen Unternehmen ist hingegen zu bedenken, dass<br />
hohe Gemeinkostenumlagen die Höhe von auf Kostenbasis kalkulierten Preisen in die<br />
Höhe treiben können. Aus diesem Grund schlagen {Hungenberg #32} ({, 1992 #32},<br />
S. 353) und Kutschker/Schmid (2002, S. 1017 ff.) verschiedene alternative marktpreisund<br />
kostenorientierte Verfahren vor, um die optimale Höhe der Transferpreise zu ermitteln<br />
und festzulegen. Bei den Transferpreisen <strong>für</strong> interne Services sind neben der<br />
Höhe zudem verschiedene Preismodelle denkbar. Neben einer vollständig von der Inanspruchnahme<br />
abhängigen Verrechnung (Abbildung 6-17, S. 223; „Konditionen A“)<br />
ist z. B. denkbar, Vertriebspartnern je nach Grösse bestimmte Kontingente „gutzuschreiben“,<br />
so dass erst nach deren Verzehr zusätzliche Kosten <strong>für</strong> die Vertriebspartner<br />
anfallen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 223<br />
Als Nachteil der SLAs in Verbindung mit dienstleistungsbezogenen Verrechnungspreisen<br />
ist sicher der interne Rüstaufwand und die Koordination dessen zu nennen.<br />
Nur wenn die internen Vereinbarungen präzise ausgearbeitet sind und Verstösse gegen<br />
die vereinbarten Service-Level messbar und sanktionierbar gemacht werden, stellt sich<br />
der gewünschte Koordinationseffekt ein. Auch die systematische Erfassung und Verrechnung<br />
von internen Dienstleistungen benötigt einen nicht zu unterschätzenden Ressourcenaufwand.<br />
Diesen erheblichen Rüstkosten stehen jedoch Synergieeffekte entgegen,<br />
da die Leistungserstellung zentralisiert werden kann. Auch ist eine höhere Qualität<br />
in der Leistungserstellung zu erwarten, da sich die zentralen Einheiten dementsprechend<br />
spezialisieren können.<br />
hoch<br />
Preis bzw.<br />
Kosten<br />
niedrig<br />
Konditionen A<br />
Konditionen B<br />
niedrig hoch<br />
Freikontingent<br />
Leistungsumfang<br />
Abbildung 6-17: Verrechnungsmodelle <strong>für</strong> interne Dienstleistungen<br />
Das folgende Beispiel der Zement AG (Name aus Vetraulichkeitsgründen geändert)<br />
zeigt, wie es dem internationalen Unternehmen gelungen ist, durch die Einführung von<br />
SLAs die zentrale Durchführung interner Dienstleistungen durch Service-Centers zu<br />
etablieren und transparent zu gestalten.<br />
Service-Level Agreements bei der Zement AG<br />
Zement AG, Schweiz<br />
Die Zement Gruppe ist ein weltweit führender Anbieter von Zement, Kies, Sand und Transportbeton.<br />
Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz besitzt heute eine starke Marktpräsenz in über 50 Ländern<br />
auf allen Kontinenten und beschäftigt mehr als 37'000 Mitarbeiter. Der „Global Player“ erzielte im<br />
Jahr 2004 einen Umsatz von CHF 9 Mrd., davon mehr als 57 Prozent ausserhalb Europas.<br />
Seit langem legt die Zement Gruppe einen Hauptakzent auf kontinuierliche Kostensenkungen. In den<br />
vergangenen Jahren wurden bei der Zement AG sämtliche zentralen und dezentralen Prozesse, insbesondere<br />
im Bereich der Administration und IT kritisch auf ihren optimalen Erbringungsort hin unter-
224<br />
Kapitel 6<br />
sucht. Insbesondere Back-End-Prozesse, die aus Kundensicht nicht notwendig dezentral erstellt werden<br />
müssen, wurden in den Durchführungsbereich regionaler „Shared-Service Center“ verlegt, wozu<br />
die „Zement Support Ltd.“ gegründet wurde. Durch die Errichtung regionaler „IT-Service Centers“<br />
zeigten sich substantielle Einsparungspotentiale. Dies bedeutete aber ein partielles Verlassen der klassischen<br />
Aufbauorganisation des Konzerns, bei dem die Konzernleitung nach geografischen Gesichtspunkten<br />
führte, die unterstützenden Konzernstäbe in einer eigenen AG gebündelt waren und die Ländergesellschaften<br />
bisher eigenverantwortlich alle notwendigen Unternehmensfunktionen führen durften.<br />
Der Beschluss, sechs regionale Service-Centers aufzubauen brachte mit sich, dass die Ländergesellschaften<br />
ihre eigenen Kompetenzen im Bereich der Back-Office Prozesse weitestgehend an diese<br />
regionalen Service-Centers abzutreten hatten. Dieser Prozess ist heute bei fünf davon abgeschlossen,<br />
beim sechsten noch im Gange.<br />
Service Level<br />
Agreements<br />
Service-<br />
Center<br />
Region C<br />
Service-<br />
Center<br />
Region B<br />
Service-<br />
Center<br />
Region A<br />
Zement<br />
Group<br />
Support Ltd.<br />
North &<br />
Latin<br />
America<br />
Land 1 Land 2 Land 3<br />
Unternehmensleitung<br />
Central<br />
Europe<br />
East<br />
Europe<br />
Asia and<br />
Mittle East<br />
Zement AG<br />
Philippines,<br />
Australia,<br />
New<br />
Zealand<br />
Africa<br />
Zuständigkeitsbereiche im<br />
Management eines Service Centers<br />
� Service Analyse und Service Portfolio,<br />
� Service Organisation,<br />
� Service Level Definitionen,<br />
� Service Continuity Massnahmen,<br />
� Service Policy und Prozesse (z.B.<br />
Change Management),<br />
� Service Management Tools Architektur.<br />
Zu den Aufgaben der Service-Center gehören heute die Unterstützung, die Beratung und die Bereitstellung<br />
von Management-Tools in den Bereichen Personalentwicklung, Informationstechnologie,<br />
Produktentwicklung, Konstruktion, Marktforschung, Marketing und Logistik. Dazu erbringen sie <strong>für</strong><br />
die Niederlassungen der Region weitgehend alle administrativen Prozesse, die keine lokale Durchführung<br />
erfordern wie z. B. die Rechnungserstellung und Buchhaltung, logistische Abwicklung, Pflege<br />
und Bedienung von Datenbanken wie Warenwirtschaftssystemen, Aufbereitung von Managementinformationen<br />
und der Einsatz von CRM-Systemen.<br />
Die Schritte zur Umsetzung der Zentralisierung, auch wenn sie „nur“ an regionale Service-Centers<br />
und nicht an die Konzernzentrale erfolgte, mussten laut Sandy Keys, Head Service & Information<br />
Center, „gut geplant und klar strukturiert werden, denn jedes Abtreten von Führungskompetenzen<br />
kann zu Bedenken führen“. So bedeutete die Regionalisierung der Backoffice-Prozesse <strong>für</strong> die Länderverantwortlichen<br />
einen Verlust an direkter Einflussnahme, eine Erhöhung des Koordinationsaufwandes<br />
sowie die Mitbestimmung anstatt des bisherigen Alleinentscheides. Gleichzeitig entstand eine<br />
zusätzliche Transparenz, da die Zusammenarbeit nun eine noch stärkere Integration zentraler und<br />
dezentraler Prozesse verlangte. Beides führte ebenso, zumindest aus der Sicht der dezentralen Einheiten,<br />
zu einem Verlust von lokaler Flexibilität. Denn in der veränderten Konstellation haben Niederlassungsleiter<br />
keinen disziplinarischen Einfluss mehr auf die Sicherstellung der Qualität und der Rechtzeitigkeit<br />
von Services, die seither zentral erbracht werden. So z. B. auf die rechtzeitige Erstellung<br />
von Rechnungen oder auf die Berücksichtigung von „Change Requests“ des Kunden.<br />
Aus diesem Grunde war es im Rahmen des Change Managements wesentlich, die Benefits auch <strong>für</strong><br />
die Länderverantwortlichen sichtbar zu machen, diese bei der Durchführung zu messen, die neue<br />
Kompetenzverteilung klar darzustellen sowie mit Service-Level Agreements zu arbeiten. Die „Servi-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 225<br />
ce-Level Agreements“ stellen bei der Zement AG einen internen, aber dennoch einklagbaren Vertrag<br />
über die zu erfüllenden Pflichten der verschiedenen Parteien dar. Aus Sicht von Keys stellen Service<br />
Level Agreements ein ideales Mittel dar, um so genannte "Back-end" Prozesse an Dritte, in diesem<br />
Falle an die eigenständigen Service-Centers, zu delegieren. Der Niederlassungsleiter kauft damit zu<br />
internen Verrechnungspreisen die vom Shared-Service Center angebotenen Dienstleistungen ein und<br />
kann berechtigt gegen einen Verstoss von Termin- oder Qualitätsvereinbarungen vorgehen. Die Vereinbarungen<br />
können sich auf vielfältige Leistungen beziehen. So z. B. neben den oben genannten<br />
Prozessen auch auf die Übernahme lokaler Lagerverwaltung und die Sicherstellung bestimmter Vorräte<br />
in den lokalen Zementsilos. Die SLAs regeln Konditionalstrafen und sichern damit die Erfüllung<br />
lokaler Interessen.<br />
Sandy Keys betont, dass sich eine eingehende Diskussion von SLAs besonders in einem frühen Stadium<br />
des Change-Prozesses lohnt und dass SLAs sämtliche grundsätzlichen Leistungsbeziehungen<br />
regeln sollen, nicht aber Einzelheiten. Denn ansonsten entstünden schnell unhandliche Dokumente,<br />
die <strong>für</strong> den Leistungserbringer erstickend wirken und im entscheidenden Konfliktfall doch Lücken<br />
aufweisen. SLAs sollten sich auf diejenigen Elemente konzentrieren, die <strong>für</strong> das Geschäft des Leistungsempfängers<br />
wesentlich sind (bspw. die maximale Wartezeit zum Druck eines Lieferscheins, weil<br />
hier Kunden des Leistungserbringers betroffen sind) und sollten nach Keys das weglassen, was interne<br />
Fragestellungen des Leistungserbringers betrifft (bspw. die Zahl der Arbeitsplätze in einem Hotline<br />
Büro).<br />
Heute kann man festhalten, dass die Erfahrungen der Zement Gruppe mit Service-Level Agreements<br />
positiv sind. Gegenwärtig wird in einer Region ein Service Center aufgebaut, das eine Reihe weitergehendes<br />
Aktivitäten aus dem Bereich Finanzen und Administration <strong>für</strong> die ganze Region übernehmen<br />
wird. Hier<strong>für</strong> sind in einem nächsten Schritt messbare Leistungskriterien zu bestimmen, die die<br />
Grundlage <strong>für</strong> die Entwicklung eines SLAs bilden.<br />
Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG<br />
Garantien <strong>für</strong> die interne Leistungsqualität<br />
Eine Alternative zur Sicherstellung der internen Leistungsqualität, die der „Internen<br />
Garantien“, zeigt Hart (1995, S. 64 ff.) auf. Er setzt dabei nicht wie das Konzept der<br />
Verrechnungspreise bei dem Entgelt <strong>für</strong> die Erbringung der Leistung an, sondern verlangt<br />
eine Bestrafung <strong>für</strong> die Nicht-Erfüllung bzw. die ungenügende Erfüllung einer<br />
Leistung.<br />
Interne Garantien sind Versprechen, die von den <strong>für</strong> die Leistungserbringung Verantwortlichen<br />
gemacht werden. Im internationalen Vertrieb betrifft dies die Mitarbeiter<br />
der zentralen Vertriebsorganisation, die ein bestimmtes Leistungsniveau <strong>für</strong> Unterstützungsleistungen<br />
festlegen und bei Verstoss eine interne Entschädigung zahlen. Die<br />
Entschädigung hat dabei zweierlei Zwecke: Zum einen werden Verluste und Unzufriedenheit<br />
auf der Seite der Vertriebspartner zumindest symbolisch kompensiert. Zum<br />
anderen wird den Zentralverantwortlichen hierdurch der Anreiz gegeben, ihre Leistungsversprechen<br />
einzuhalten (Hart 1995, S. 65). Um interne Garantien in der Vertriebsorganisation<br />
einzusetzen, sind vier Schritte zu bewältigen (Hart 1995, S. 66):<br />
• Schritt 1: Die Zentrale muss ihre eigenen Aufgaben und ihre Mission klar<br />
erkennen und festlegen,
226<br />
Kapitel 6<br />
• Schritt 2: Vertriebspartner als interne Kunden müssen erkannt werden, ggf. sind<br />
verschiedene Mitarbeitergruppen auf Vertriebspartnerebene zu unterscheiden<br />
(z. B. Führungsverantwortliche, Verkaufspersonal, Innendienst,...),<br />
• Schritt 3: Die unterschiedlichen Präferenzen der Vertriebspartner müssen<br />
erkannt werden,<br />
• Schritt 4: Es müssen interne Garantien gestaltet werden, die an diesen dezentralen<br />
Bedürfnissen ansetzen und Sanktionsmechanismen <strong>für</strong> den Fall eines<br />
Verstosses vorsehen.<br />
Der grösste Vorteil der Alternative „Interner Garantien“ ist gleichzeitig ihr grösster<br />
Nachteil: Interne Garantieversprechen zu tätigen und bei Nichteinhaltung dieser zu<br />
sanktionieren, liegt im Einflussbereich der zentralen Verantwortlichen und ist ohne<br />
Restrukturierung und grösseren Ressourcenaufwand realisierbar. Der Ansatz eignet<br />
sich deshalb insbesondere auch <strong>für</strong> kleinere Unternehmen, die keine Ressourcen besitzen,<br />
um ein umfassendes internes Berichtswesen zur Erfassung der Leistungsqualität<br />
und der Transferpreise zu führen. Selbst einzelne Abteilungen können interne Garantien<br />
auf eigene Initiative hin ins Leben rufen (Hart 1995, S. 66). Leider bringt diese<br />
starke Flexibilität auch den Nachteil mit sich, dass interne Garantien, wenn deren Einhaltung<br />
nicht nachhaltig überprüft wird und wenn sie nicht auf Direktive des Top-<br />
Managements hin eingeführt werden, leicht der Erosion des Tagesgeschäfts unterliegen<br />
und mit der Zeit aufweichen. Es liegt in diesem Falle häufig bei der Konsequenz<br />
und Nachhaltigkeit des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s, ob interne Garantien langfristig aufrecht<br />
gehalten werden können oder nicht. Hart (1995, S. 66) schlägt deshalb vor, das<br />
Konzept durch das Top-Management im Unternehmen zu verankern und damit langfristig<br />
zu etablieren.<br />
Ansatzpunkte um interne Garantien zu professionalisieren, können dabei in der eigenen<br />
Abgabe von Garantien durch das Top-Management liegen, in der Erstellung von<br />
Richtlinien, der Einführung von Systemen, welche die Einhaltung der Garantieversprechen<br />
erfassen, in zusätzlichen Budgets <strong>für</strong> Technologie und Personal sowie in der<br />
Einflussnahme bei der Auswahl von Aktivitäten zur Erhöhung der internen Dienstleistungsqualität<br />
(Hart 1995, S. 66). Interne Garantien können somit in vielfältiger Weise<br />
und mit unterschiedlich starkem Engagement eingesetzt werden, was Herstellern insbesondere<br />
die Möglichkeit zu „Pilotprojekten“ gibt, ohne grössere Investitionen tätigen<br />
zu müssen. Interne Garantien stellen damit insbesondere <strong>für</strong> kleinere Unternehmen
Vertriebsgestaltung des Herstellers 227<br />
und ressourcenbeschränkte Abteilungen eine attraktive Alternative dar, um die Qualität<br />
der internen Leistungen der Zentrale systematisch zu verbessern.<br />
6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung<br />
Nach Belz/Reinhold (1999a, S. 178) stehen die Fähigkeiten der Zentrale im Mittelpunkt<br />
des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s. Denn diese bestimmen massgeblich darüber, wie<br />
erfolgreich im Markt vorgegangen werden kann (Belz/Reinhold 1999a, S. 178). Nur<br />
wenn es gelingt, die professionelle Koordination der internationalen Aktivitäten mit<br />
einer treffenden Unterstützung der Vertriebsorganisation zu verbinden, erreicht diese<br />
ihre höchste Effektivität.<br />
In der Praxis wird der Professionalität der Zentrale häufig nur wenig Aufmerksamkeit<br />
geschenkt, obwohl von dieser die Betreuung der Vertriebspartner und damit in hohem<br />
Masse auch die Vertriebsergebnisse abhängen. Stattdessen konzentrieren sich Mitarbeiter<br />
des Herstellers oftmals auf die Professionalisierung und Mobilisierung der Vertriebspartner<br />
(Walti 1999, S. 167 ff.), schreiben diesen die Gründe <strong>für</strong> unzufriedenstellende<br />
Marktergebnisse zu und übersehen leicht die Schwächen der eigenen Führung<br />
und Unterstützung. Viele Führungskräfte im Stammhaus unterschätzen zudem, welche<br />
enorme Bedeutung kulturellen Aspekten und persönlichen Beziehungen im internationalen<br />
Geschäft zukommt (Belz et al. 1996, S. 29), da sie sich im Heimmarkt selbstverständlich<br />
und oft unbewusst darauf abstützen (Belz/Reinhold 1999a, S. 186). Auch<br />
überschätzen Mitarbeiter der Zentrale häufig ihre eigenen Kenntnisse (Hungenberg<br />
1992, S. 342).<br />
Es scheint daher ratsam, den Blickwinkel zu ändern und auch die Fähigkeiten der zentralen<br />
Einheiten auf den Prüfstand zu stellen, um eine wirkungsvolle Koordination und<br />
Unterstützung der Vertriebsorganisation sicherzustellen. Dazu müssen Soll- und Ist-<br />
Profile der erforderlichen zentralen Kompetenzen entwickelt werden (Belz/Reinhold<br />
1999a, S. 183). Als Prüfstein <strong>für</strong> die Kompetenzen der Zentrale kann die Beurteilung<br />
durch die Vertriebspartner herangezogen werden. Ein Zeitvergleich gibt Aufschluss<br />
über den Erfolg von eingeleiteten Verbesserungen.<br />
Belz/Reinhold (1999a, S. 181 ff.) formulieren acht Kompetenzdimensionen, über die<br />
die Zentrale <strong>für</strong> ein professionelles Vorgehen verfügen muss. Dazu gehören interne<br />
und externe Kommunikationskompetenz, Leistungs- und Beziehungskompetenz, Führungskompetenz<br />
sowie operative, kommerzielle und strategische Kompetenz, die als<br />
Anforderungen an die Zentrale gestellt und kontinuierlich weiterentwickelt werden
228<br />
Kapitel 6<br />
müssen. Die Vielfalt der benötigten Kompetenzen und die zu deren Entwicklung bestehenden<br />
Gestaltungsansätze lassen bereits den Umfang und die Komplexität der<br />
zentralen Koordinations- und Unterstützungsaufgabe erahnen. Selbst wenn die Zentrale<br />
sich über die optimale Schwerpunktsetzung beim Weiterentwickeln ihrer Fähigkeiten<br />
bewusst ist, scheitern viele dieser Vorhaben an ungenügenden Ressourcen des<br />
Stammhauses (Belz/Reinhold 1999a, S. 209). Belz/Reinhold (1999b, S. 29) geben an,<br />
dass es in der Investitionsgüterbranche nicht aussergewöhnlich sei, dass 2 bis 3 Mitarbeiter<br />
in der Zentrale 40 bis 60 Agenten oder Niederlassungen in unterschiedlichen<br />
Märkten betreuen. Da<strong>für</strong> sprechen auch die Ergebnisse der vom Autor durchgeführten<br />
Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die bereits weiter oben (s.<br />
Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.) angestellten Überlegungen zur Kontakthäufigkeit machen<br />
deutlich, dass bei einer geringen Ressourcenausstattung der Zentrale eine Unterstützung<br />
der Vertriebspartner erheblichen Restriktionen unterliegt. Reisezeiten, Konzepte<br />
<strong>für</strong> die Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen und Weiterbildung, Mitarbeitertransfers,<br />
telefonische und elektronische Betreuung sowie die Abwicklung von Garantiefällen<br />
benötigen zentrale Mitarbeiterressourcen, die häufig nicht vorhanden sind.<br />
Die Analyse des empirischen Datenmaterials zeigt sehr deutlich diesen Zusammenhang<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dazu wurde durch eine bivariate<br />
Regressionsanalyse untersucht, ob das Verhältnis zwischen der Ressourcenausstattung<br />
der Zentrale und der Anzahl der zu betreuenden Vertriebspartner eine Auswirkung<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner besitzt (s. Tabelle 6-11, S. 228). Die<br />
Zufriedenheit wurde in diesem Fall erneut durch die von Gassenheimer/Ramsey (1994,<br />
S. 261) entwickelte Multi-Item Skala gemessen.<br />
Unabhängige Variable<br />
Relative Ressourcen<br />
(Anzahl Vertriebspartner zu Anzahl Mitarbeiter<br />
im zentralen Marketing und Vertieb)<br />
Bivariate Regression<br />
n = 71; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01<br />
Channelmember-Satisfaction (zsat)<br />
β<br />
(standardisiert)<br />
R 2<br />
Signifikanzniveau<br />
-.351*** .123 .003<br />
Tabelle 6-11: Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstärke<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Es zeigt sich ein starker negativer Zusammenhang zwischen den relativen Ressourcen<br />
und der Zufriedenheit sowie ein grosser Beitrag der relativen Ressourcen zur Erklärung<br />
der Gesamtstreuung der Zufriedenheit. Damit wird die Vermutung unterstützt,
Vertriebsgestaltung des Herstellers 229<br />
dass die Qualität der Betreuung und damit die Zufriedenheit abnimmt, je mehr Vertriebspartner<br />
von einem Mitarbeiter der Zentrale betreut werden.<br />
Durch eine professionelle Planung von zentralen Aufgaben und Aktivitäten sowie der<br />
benötigten und verfügbaren Ressourcen kann der Hersteller jedoch versuchen, die<br />
Qualität zentraler Leistungen zu optimieren. Zentrale Vertriebseinheiten müssen festlegen,<br />
welche Funktionen sie mit welchem Ressourcenumfang erfüllen wollen, um<br />
eine optimale Unterstützung und Koordination der Vertriebspartner zu erreichen. Dazu<br />
werden sämtliche wertschaffende Aktivitäten erfasst und strukturiert. Erst wenn sich<br />
die zentralen Einheiten über die von ihnen zu erfüllenden Funktionen und konkreten<br />
Aufgabeninhalte bewusst sind, kann eine Planung und Gestaltung erfolgen. Dem<br />
Stammhaus stehen dabei insbesondere die in Abbildung 6-18 (S. 229) dargestellten<br />
Stellhebel zur Verfügung.<br />
Stossrichtung Aktivität<br />
Vergrössern<br />
Entlasten<br />
Einsparen<br />
Übertragen<br />
Umverteilen<br />
� Ausweitung zentraler Vertriebsressourcen, Rekrutierung<br />
zusätzlicher Mitarbeiter.<br />
� Entlastung durch den Einsatz von Informationssystemen und<br />
durch die Vereinfachung oder Standardisierung von Prozessen.<br />
� Gänzlicher Verzicht auf ausgewählte Aufgaben.<br />
� Dezentralisierung und Delegation von Aufgaben an<br />
Vertriebspartner und Teams.<br />
� Konsequente Bündelung administrativer Aufgaben und<br />
Delegation an geringer qualifizierte Mitarbeiter mit geringeren<br />
Lohnkosten.<br />
Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen<br />
Jede dieser Gestaltungsalternativen kann dabei helfen, die Zentrale mit den notwendigen<br />
Ressourcen auszustatten, um die angestrebten Aufgaben zu erfüllen. Eine Nutzwertanalyse<br />
zentraler Aufgaben kann aus Sicht der Vertriebspartner wertvolle Aufschlüsse<br />
geben, wenn über die Reduktion von zentralen Aufgaben entschieden werden<br />
soll. Es werden damit die Voraussetzungen geschaffen, eine optimale Unterstützung<br />
und Koordination zu gewährleisten.<br />
6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information<br />
Die Bedeutung, die Informationen bei der Koordination der Vertriebsorganisation und<br />
bei der Unterstützung der Vertriebspartner zukommt, wurde bereits mehrfach deutlich.<br />
Im Folgenden werden Ansätze diskutiert, welche die verschiedenen Informationsströ-
230<br />
Kapitel 6<br />
me zwischen Hersteller und Vertriebspartner fördern, und Möglichkeiten dargestellt,<br />
die durch den Einsatz von Informationssystemen und -Tools eröffnet werden.<br />
6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung<br />
Der Informations- und Wissenstransfer in international tätigen Unternehmen wird in<br />
den letzten Jahren besonders intensiv diskutiert (Kutschker/Schmid 2002, S. 1022). Da<br />
der Zentrale durch unterschiedliche Aufgaben und geografische Distanzen nur sehr<br />
unvollständige Informationen zur Verfügung stehen, lassen sich häufig weder Marktpotenziale<br />
noch Marktanteile zuverlässig abschätzen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24).<br />
Aktionen der Zentrale werden daher häufig zu einem „Blindflug“ (Belz/Reinhold<br />
1999a, S. 24). Auch die Qualität der Informationen ist häufig ungenügend.<br />
Belz/Reinhold (1999a, S. 24) sprechen von Versteckspielen der Niederlassungen, da<br />
Planungsinformationen häufig politisch statt objektiv geprägt seien. <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />
können sich teilweise nicht einmal auf eine Kundendatenbasis stützen (Kundenentwicklung,<br />
Buying-Centers, Umsatzpotenziale usw.), weil Niederlassungen diese<br />
Informationen sorgsam im eigenen Besitz pflegen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Der<br />
Informationsaustausch wird damit durch Machtspiele behindert (Von Krogh et al.<br />
2000, S. 125).<br />
Aber auch Hersteller stehen in der Kritik. Häufig erhalten Vertriebspartner benötigte<br />
Informationen nur unvollständig, gar nicht oder zu spät. So z. B. bei der Einführung<br />
neuer oder der Abschaffung bestehender Produkte (s. Fallbeispiel 6-7, S. 189). Potenziale,<br />
die sich durch länderübergreifende Kunden- und Wettbewerbsanalysen ergeben,<br />
erschliessen Hersteller nur selten. Vertriebspartnern entgeht hierdurch wichtige Unterstützung.<br />
Darüber hinaus stellen sich auch Demotivationseffekte ein, da Vertriebspartner<br />
nur selten Feedback auf die meist umfangreichen Reportings erhalten (Belz et al.<br />
1996, S. 57). Der lokale Aufwand <strong>für</strong> die Erfassung und Aufbereitung von Informationen<br />
scheint aus Sicht der Vertriebspartner verschwendet, wenn Zahlen auf dem zentralen<br />
„Zahlenfriedhof“ landen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Informationsdefizite und Handlungsbedarf bestehen damit sowohl in der Zentrale als<br />
auch bei Vertriebspartnern. Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) stellen drei generelle<br />
Prinzipien auf, um die Qualität des Informationsaustausches zu verbessern. Es sollen<br />
Anreize gesetzt werden („Prinzip eins“), Regeln <strong>für</strong> die Kommunikation festgelegt<br />
werden („Prinzip zwei“) und eine aktive Führung der internen Kommunikationsprozesse<br />
sichergestellt werden („Prinzip drei“) (Von Krogh et al. 2000, S. 132 ff.). Bezieht<br />
man die drei Prinzipien nach Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) auf den konkre-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 231<br />
ten Informationsaustausch zwischen Hersteller und Vertriebspartner zeigen sich neue<br />
Gestaltungsansätze. Die Strukturierung des Informationsaustausches kann durch eine<br />
Orientierung an dessen Fliessrichtung erfolgen (Kutschker/Schmid 2002, s. 1023). Als<br />
Adressaten und Absender der Information kommen, wenn an dieser Stelle nicht weiter<br />
in Abteilungen differenziert wird, Hersteller und Vertriebspartner in Betracht.<br />
Abbildung 6-19 (S. 231) zeigt die sich ergebenden vier Kombinationsmöglichkeiten.<br />
Absender<br />
Vertriebspartner<br />
Hersteller<br />
Bottom-Up<br />
Lieferung<br />
Zentraler<br />
Austausch<br />
Hersteller<br />
Adressat<br />
Horizontaler<br />
Austausch<br />
Top-Down<br />
Versorgung<br />
Vertriebspartner<br />
Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen<br />
Der Absender der Information entscheidet über Richtung, Umfang, Qualität, Zeitpunkt<br />
und Inhalt der Information. Der Adressat hingegen urteilt darüber, ob die erhaltene<br />
Information <strong>für</strong> seine Zwecke geeignet ist. Inhalte können dabei vielfältige Bereiche<br />
betreffen. Tabelle 6-12 (S. 231) zeigt beispielhaft die Inhalte interner Informationsflüsse<br />
<strong>für</strong> die vier Kombinationen. Diese werden im Folgenden näher erläutert.<br />
Inhalte interner Informationsflüsse<br />
Fall 1: Bottom-Up Fall 2: Horizontaler Fall 3: Top-Down<br />
Lieferung<br />
Austausch<br />
Versorgung<br />
• Logistische, technische • Erfahrungsaustausch zu • Produkt-, Wettbe-<br />
und preisliche Auftrags- Produkten und Leistunwerbs- und Kundaten,gen<br />
des Herstellers, den-informationen,<br />
• Besuchsberichte des • Marktbearbeitung und • Logistikinformati-<br />
Aussendienstes,<br />
Strategie der Wettbeweronen, • Kunden- und segmentbeber, Schwächen von • Informationen zu<br />
zogene Daten, Wettbe- Wettbewerbsprodukten, internen Projekten<br />
werbssituation,<br />
• Markttrends bei Kunden und Prozessen,<br />
• Finanzielles Reporting, in anderen Märkten, • Strategien und<br />
• Planzahlen zu Verkäufen • Tipps zur Marktbearbei- Instrumente der<br />
und Marketingaktivitäten tung,Verkaufsargumen- Marktbearbeitung.<br />
<strong>für</strong> die zentrale Planung. te.<br />
Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse<br />
Fall 4: Zentraler<br />
Austausch<br />
• Internationale<br />
Marktaktivitäten<br />
der Business-<br />
Units und anderen<br />
zentralen Abteilungen.
232<br />
Fall 1: „Bottom-Up Lieferung“<br />
Kapitel 6<br />
Die „Bottom-Up Lieferung“ gehört zu den Standardaufgaben im Vertrieb. Neben logistischen<br />
und technischen Informationen der Auftragsabwicklung fordern Hersteller<br />
meist finanzielle Ist- und Planzahlen <strong>für</strong> ihre zentralen Planungsprozesse. In den letzten<br />
Jahren werden von Herstellerseite zunehmend Anstrengungen unternommen auch<br />
Informationen zur Marktbearbeitung, zu Kunden und Wettbewerbern zu erhalten<br />
(Walti 1999, S. 54). Die Erfassung, Aufbereitung und Übermittlung dieser Daten bedeutet<br />
<strong>für</strong> Vertriebspartner einen nicht unwesentlichen Aufwand (Arnold 2000, S.<br />
137). Hersteller fordern standardisiertes, umfangreiches Datenmaterial, das in den<br />
meisten Fällen lokal erst beschafft werden muss (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Erfolgen<br />
diese Reporte in Papierform, was durch unterschiedliche IT-Systeme hervorgerufen<br />
werden kann, wird die Weiterverarbeitung mühselig (Walti 1999, S. 53). Mehrheitlich<br />
gelangen Reportinginformationen nur an einen engen Personenkreis in der Zentrale<br />
und werden dadurch nicht konsequent ausgewertet (Walti 1999, S. 53). Zudem dienen<br />
die an die Zentrale adressierten Berichte häufig primär Kontrollzwecken, anstatt zielgerichtete<br />
Massnahmen auszulösen (Walti 1999, S. 53). Vertriebspartner hinterfragen<br />
nicht selten den Nutzen, der sich aus dieser umfangreichen Datensammlung ergibt,<br />
und verzichten auf die vollständige Übermittlung der gewünschten Daten (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Die nach dem ersten Prinzip nach Von Krogh et al. (2000, S. 132) geforderten Anreize<br />
zur Kommunikation können bei Vertriebspartnern durch den Einbezug der Informationsqualität<br />
in die Incentivierung und die Konditionengestaltung gesetzt werden. Darüber<br />
hinaus kann der Hersteller das Zahlenmaterial aufbereiten und den Vertriebspartnern<br />
Feedback anbieten (Arnold 2000, S. 136). Die Einhaltung von Regeln zur Informationsübermittlung<br />
werden hierdurch unterstützt („Prinzip zwei“). Aber auch die<br />
generelle Gestaltung des geforderten Informationsumfangs sollte vom Hersteller regelmässig<br />
auf seine Zweckmässigkeit überprüft werden. Unnötig erhobene Informationen<br />
binden wichtige Ressourcen und belasten die Zusammenarbeit. Hier ist weniger<br />
mehr.In der Praxis führen Hersteller ihre Vertriebsgesellschaften ohnehin selten an<br />
mehr als einer Hand voll zentraler Kennzahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />
S. 37). Einer übereifrigen Datensammlung der Zentrale ist deshalb Einhalt zu gebieten.<br />
Fall 2: „Horizontaler Austausch“<br />
Der horizontale Austausch zwischen Vertriebspartnern betrifft in erster Linie Marktinformationen<br />
und Informationen der Marktbearbeitung. Durch den Austausch können
Vertriebsgestaltung des Herstellers 233<br />
Vertriebspartner abgestimmter agieren und überlegene Bearbeitungsstrategien entwickeln.<br />
Der marktübergreifende Austausch von Ideen kann die Leistung verbessern und<br />
führt häufig zu einer höheren Stimmigkeit in der Durchführung internationaler Strategien<br />
(Arnold 2000, S. 137). Vereinzelt findet der Austausch zwischen den Vertriebspartnern<br />
auf Intranetplattformen, unsystematisch durch persönliche Beziehungen oder<br />
Gespräche im Rahmen gemeinsamer Meetings statt (Explorative Interviews, s. Tabelle<br />
2-3, S. 37). Hier ist eine Entlastung und Koordination durch die Zentrale möglich und<br />
sinnvoll. Insbesondere die systematische Erfassung und Auswertung länderübergreifender<br />
Informationen über international agierende Kunden und Wettbewerber kann <strong>für</strong><br />
einzelne Vertriebspartner äusserst hilfreich sein. Zumal bei einer zentralen Übernahme<br />
von Informationsaufgaben die Zuständigkeiten eindeutig geklärt werden können. Ein<br />
Vorgehen durch die Zentrale setzt selbstverständlich die Mitwirkung der Vertriebspartner<br />
voraus. Der Nutzen, den Vertriebspartner in der diesbezüglichen Informationsleistung<br />
der Zentrale sehen, bestimmt vermutlich weitgehend über deren Mitwirkung.<br />
Hersteller müssen sich deshalb bei Übernahme dieses internen Austauschdienstes ganz<br />
besonders am Urteil der Vertriebspartner messen lassen. Für Vertriebspartner können<br />
hierdurch wichtige Informationen zu Kunden, Wettbewerbern oder Best-Practices bei<br />
der Marktbearbeitung in den verschiedenen Märkten bereit gestellt werden. Dies wird<br />
in vielen Fällen durch zentral aufbereitete Newsletter realisiert (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37), so z. B. bei der Wampfler AG durch den monatlich erscheinenden<br />
Newsletter „Wampflercom“ oder bei Feintool durch den Newsletter<br />
„Rep-Flash“, der <strong>für</strong> Distributoren erstellt wird.<br />
Vorteile der zentralen Koordination von Marktinformationen werden bspw. von der<br />
Hilti AG durch ein so genanntes „Competition radar“ realisiert (s. Fallbeispiel 6-13, S.<br />
234). In diesem Fall werden die Aufgaben der Sammlung, Aufbereitung und Verteilung<br />
von Informationen an die zentralen Stellen delegiert. Hierdurch entstehen Synergien<br />
und ebenso wertvolle Informationen <strong>für</strong> Zentrale und Vertriebspartner. Im Zentrum<br />
des „Competition radars“ steht das Ziel, Informationsdefizite in Bezug auf Wettbewerber<br />
horizontal zwischen den Märkten abzubauen.<br />
„Competition Radar“ bei der HILTI AG<br />
Hilti AG, Schaan, Liechtenstein<br />
Die Hilti Gruppe ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Befestigungs- und Abbautechnik.<br />
Mit den Produktlinien Bohr- und Abbautechnik, Direktbefestigung, Diamanttechnik, Dübeltechnik,<br />
Brandschutz- und Schaumsysteme, Installationstechnik, Positionier-Systeme, Schraubtechnik<br />
sowie Säge- und Schleiftechnik steht das Unternehmen <strong>für</strong> Innovation, Qualität und Kundennähe.<br />
Hilti ist weltweit in über 120 Ländern präsent. Zwei Drittel der mehr als 15’000 Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter sind in den Verkaufsorganisationen, im Engineering und im Kundendienst unmittelbar <strong>für</strong>
234<br />
Kapitel 6<br />
die Kunden tätig. Im Jahr 2004 hat Hilti weltweit einen Umsatz von 3’299 Millionen Schweizer Franken<br />
erzielt. Dr. Pius Baschera, CEO des Weltkonzerns setzt auf integrierte Kundenlösungen und Methoden,<br />
die dabei helfen, latente Kundenbedürfnisse aufzudecken und Informationsvorsprünge zu<br />
generieren.<br />
Eine dieser innovativen Managementmethoden ist das „Competition radar“, mit dem die internationalen<br />
Aktivitäten der Konkurrenz zentral erfasst werden, um bei Strategiefindung und bei operativen<br />
Massnahmen eine höhere Entscheidungsqualität herbeizuführen.<br />
Competition radar<br />
� Klare Verantwortlichkeit in der<br />
Zentrale,<br />
� Geregelte Verantwortlichkeiten in<br />
den Vertriebsgesellschaften,<br />
� Regelmässiger Austausch,<br />
� Quelle <strong>für</strong> markt- und<br />
organisationsbezogene Innovation,<br />
� Zeitnahe Identifizierung kritischer<br />
Entwicklungen,<br />
� Informationsbasis <strong>für</strong> weltweite<br />
Strategieentwicklung.<br />
Country<br />
A<br />
Country<br />
A<br />
HQs<br />
(Hilti)<br />
Country<br />
B<br />
Country<br />
B<br />
HQs<br />
(competitors)<br />
Country<br />
C<br />
Country<br />
C<br />
Dazu wurden in der Liechtensteiner Zentrale und in den weltweiten Vertriebsgesellschaften Verantwortlichkeiten<br />
definiert, die in der Regel bei den lokalen Marketingverantwortlichen liegen. Der beauftragte<br />
Mitarbeiter in der Zentrale führt jeden Monat Videokonferenzen und Telefonate mit den<br />
dezentral Verantwortlichen durch und bespricht lokale Aktionen, Innovationen, Preisstrategien und<br />
Verkaufsargumentationen des Wettbewerbs. Durch die regelmässige Aufarbeitung der lokalen Wettbewerbssituation<br />
der verschiedenen Märkte erhält die Zentrale ein gutes Bild über die allgemeine<br />
Situation in den Märkten als auch in Bezug auf die länderübergreifenden Strategien der Wettbewerber.<br />
Testläufe <strong>für</strong> Neuprodukte, Dienstleistungen, Managementmethoden und Verkaufsunterlagen der<br />
Wettbewerber können damit entdeckt und bewertet werden, bevor sie in weiteren Märkten das Geschäft<br />
der Hilti gefährden können. „Im Ergebnis“ hält Dr. Baschera fest, „führt dies zu weniger Überraschungen.<br />
Wir sind ständig über das Vorgehen der Konkurrenz informiert und können ggf. proaktiv<br />
Massnahmen einleiten anstatt uns reaktiv verteidigen zu müssen.“ Zudem diene das Competition radar<br />
als Quelle <strong>für</strong> Innovation, da auch Best-Practices der Wettbewerber früh entdeckt werden.<br />
Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG (Baschera 2004, Folie 10)<br />
Fall 3: „Top-Down Versorgung“<br />
Die „Top-Down Versorgung“ betrifft zum einen die Versorgung der Vertriebspartner<br />
mit internen Prozessen und Projekten in der Zentrale, zum anderen die Versorgung mit<br />
aufbereiteten Informationen aus den anderen Märkten. Vertriebspartner haben durch<br />
die räumliche Trennung ein natürliches Defizit an Informationen über interne Prozesse,<br />
Projekte und Entwicklungen in der zentralen Herstellerorganisation (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dem Hersteller muss es deshalb gelingen, die <strong>für</strong><br />
den Vertriebspartner relevanten Informationen zu erfassen und zu vermitteln. Dazu<br />
gehören bspw. Änderungen in Ablauf- und Aufbauorganisation, Änderungen in Zu-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 235<br />
ständigkeiten oder Personalwechsel. Aber auch die Entwicklung neuer Produkte, Strategiewechsel<br />
oder die Einführung neuer Instrumente, so z. B. neuer Tools und Informationssysteme<br />
sind aus dezentraler Sicht ohne Kommunikationsmassnahmen des<br />
Herstellers meist nicht bekannt und überraschen diese häufig erst bei der Einführung.<br />
Interne Informationen sollten deshalb systematisch aufbereitet und verteilt werden. Bei<br />
Mettler Toledo wird aus diesem Grund ein Kommunikationspaket <strong>für</strong> sämtliche Märkte<br />
zusammengestellt, das Pressemitteilungen, Prospekte und andere visuelle Mittel<br />
enthält (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Rieter Schweiz präsentiert<br />
zweimal jährlich eine Product Road Map, in der neue Produkte und Entwicklungen<br />
vorgestellt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Neben den Informationen über zentrale Aktivitäten und Änderungen, gehören die Information<br />
zur Abwicklung von Aufträgen sowie aufbereitete Marktinformationen ebenfalls<br />
zu den Informationspflichten der Zentrale. Bei der Abwicklung sind insbesondere<br />
logistische Informationen zu Lieferterminen entscheidend. Häufig werden<br />
Vertriebspartner bei Nicht-Einhaltung von Lieferzeiten erst spät oder gar nicht informiert,<br />
weshalb auch beim Kunden höchste Unzufriedenheit entstehen kann (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier<strong>für</strong> sind interne Informationsstandards zu<br />
setzen, deren Verletzung sanktioniert werden muss. Auch bei der Aufbereitung und<br />
Verteilung von Markt- und Finanzinformationen sind bei Herstellern häufige Defizite<br />
zu beobachten. Bei 51 Prozent der von Belz et al. (1996, S. 57) befragten Schweizer<br />
Werkzeugmaschinenhersteller existiert kein standardisiertes Berichtssystem mit den<br />
Vertriebspartnern. Vertriebspartner kritisieren wie bereits oben erwähnt, dass sie nur<br />
selten Feedback auf die von ihnen gestalteten Reportings erhalten (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37). Gerade hier müssen zum einen Regeln <strong>für</strong> die Mitarbeiter<br />
der Zentrale geschaffen werden, Informationen regelmässig und systematisch aufzubereiten<br />
und zu verteilen. Zur Einhaltung dieser Regeln sind zum anderen Anreize zu<br />
setzen. Auch hierbei könnte die Incentivierung an die Einhaltung von gesetzten Informationsstandards<br />
oder die von den Vertriebspartnern wahrgenommene Informationsqualität<br />
gekoppelt werden.<br />
Fall 4: „Zentraler Austausch“<br />
Der vierte Typ des Informationsflusses besteht in der zentralen Herstellerorganisation<br />
und betrifft deshalb nur indirekt die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner.<br />
Adressat und Absender stammen jeweils aus der Zentrale des Herstellers.<br />
In Absatz 6.2.2.2 (S. 146 ff.) wurde bereits auf die Relevanz der Abstimmung
236<br />
Kapitel 6<br />
zwischen den zentralen Geschäftsbereichen des Herstellers verwiesen, die gemeinsam<br />
die Vertriebsorganisation nutzen. Ungenügender Informationsfluss und mangelnde<br />
Abstimmung führen zu Doppelbelastungen und widersprüchlichen strategischen Vorgaben<br />
bei den Vertriebspartnern. Ein Informationsaustausch zwischen zentralen Abteilungen<br />
des Herstellers ist deshalb unabdingbare Voraussetzung <strong>für</strong> die inhaltliche und<br />
zeitliche Abstimmung und damit <strong>für</strong> konsistente Strategien und eine effektive sowie<br />
effiziente Umsetzung in der Vertriebsorganisation.<br />
6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools<br />
In den letzen 15 Jahren haben in Vertriebsorganisationen so viele neue IT-Systeme<br />
und verkaufsunterstützende Tools ihren Einsatz gefunden, wie in sonst kaum einem<br />
anderen Unternehmensbereich (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien lassen sich unterscheiden in<br />
• kommunikationsunterstützende Methoden und<br />
• informationsverarbeitende Systeme.<br />
Diese werden in den folgenden Absätzen einzeln vorgestellt und diskutiert.<br />
Kommunikationsunterstützende Methoden<br />
Kommunikationsunterstützende Methoden ermöglichen den Austausch zwischen zwei<br />
Personen, die zeitlich und bzw. oder räumlich von einander getrennt sind (Cristofolini<br />
2005, S. 182 ff.), wie z. B. Mitarbeiter aus Hersteller- und Vertriebspartnerorganisationen.<br />
Kommunikationsunterstützende Methoden bieten sich in solchen Fällen an, in<br />
denen das zu transferierende Wissen implizit vorliegt, also zwischen einzelnen Personen<br />
direkt ausgetauscht werden muss. Dazu stehen in der Vertriebsorganisation eine<br />
unüberschaubare Anzahl von Instrumenten zur Verfügung. Abbildung 6-20 (S. 237),<br />
die aus einer Studie in der Halbleiterindustrie stammt (s. Almeida/Grant 1998), vermittelt<br />
einen Überblick zu den Instrumenten <strong>für</strong> die internationale Kommunikation und<br />
den Wissenstransfer.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 237<br />
Viele<br />
Empfänger<br />
Reichweite der<br />
Kommunikation<br />
Wenige<br />
Empfänger<br />
Modulare Integration<br />
CommunitiesCommunitiesof-Interestof-Practice<br />
Interne<br />
Beratung<br />
Seminare<br />
und Kurse<br />
Face-to-<br />
Face<br />
Personal-<br />
Informelle<br />
transfer<br />
Besuche<br />
On-the-job<br />
Meetings<br />
Training<br />
Telefonate<br />
Gering<br />
(implizites Wissen)<br />
Regeln, Prozeduren und Anweisungen<br />
Kodifizierungsmöglichkeit<br />
des Wissens<br />
Berichte und<br />
Handbücher<br />
Fax<br />
Groupware<br />
Videokonferenzen<br />
E-Mail Electronic<br />
Data<br />
Exchange<br />
Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers (In Anlehnung an<br />
Almeida/Grant 1998, Punkt 6)<br />
Hoch<br />
(explizites Wissen)<br />
Besondere Aufschlüsse gibt dabei die Einordnung der Instrumente nach der Anzahl<br />
der Adressaten und der Möglichkeit, das Wissen zu explizieren („Kodifizierungsmöglichkeit“).<br />
Es zeigt sich, dass die Möglichkeit Wissen zu explizieren, ein Kontinuum<br />
mit vielen Zwischenstufen darstellt. Der handlungsleitende Aspekt der Abbildung 6-20<br />
liegt in der Konsequenz der beiden Dimensionen <strong>für</strong> die Akteure in der Vertriebsorganisation.<br />
Diese bestimmen über den Aufwand der Kommunikation und der Eignung<br />
des Mediums <strong>für</strong> die jeweiligen Inhalte. Bei den vorgestellten Massnahmen handelt es<br />
sich um bekannte, zum grossen Teil bereits in den Absätzen 6.3.1 (S. 159 ff.) bis 6.3.7<br />
(S. 210 ff.) thematisierten Gestaltungsansätze, die Funktionen beim Austausch und der<br />
Vermittlung von Informationen übernehmen (Kutschker/Schmid 2002, S. 1023;<br />
Abbildung 6-20, S. 237).<br />
Almeida/Grant (1998) betonen, dass eine Nutzung von IT-Systemen immer eine Erfassung<br />
und damit Explikation von Wissen voraussetzt. IT-Systeme sind deshalb nur <strong>für</strong><br />
den Transfer von Informationen zwischen Hersteller und Vertriebspartner geeignet,<br />
die eine hohe Kodifizierungsmöglichkeit aufweisen. Manche Mitarbeiter klagen darüber,<br />
dass sich viele Probleme in der Zusammenarbeit durch den vermehrten Einsatz<br />
von E-Mail verschärft haben (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Auch<br />
Kutschker/Schmid (2002, S. 625) warnen davor, den Fortschritt der Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie trotz vieler Verbesserungen in der Zusammenarbeit allzu<br />
euphorisch zu beurteilen: Bei vielen Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren<br />
schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass ohne face-to-face Kommunikation wesentli-
238<br />
Kapitel 6<br />
che Probleme in der Abstimmung auftreten und der Einsatz von Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien keineswegs persönliche Kontakte und Treffen der Mitarbeiter<br />
ersetzen kann (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Dies ist insbesondere auf<br />
zwei Gründe zurückzuführen.<br />
• Erstens können implizite Wissensinhalte über elektronische Wege nur bedingt ausgetauscht<br />
werden. E-Mails besitzen eine geringere Kodifizierungsmöglichkeit im<br />
Vergleich zu Telefongesprächen, die wiederum gegenüber persönlichen Beratungen<br />
Defizite aufweisen (s. Abbildung 6-20, S. 237). Bei der Wahl des Mediums ist somit<br />
immer zu beachten, welche Rolle die impliziten Inhalte <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />
besitzen. Dazu gehören z. B. Stimmungen, emotionale Beziehungsaspekte wie Ausdrücke<br />
von Sympathie und Vertrauen. In vielen Fällen ist deshalb einer E-Mail ein<br />
Telefonat vorzuziehen und einem Telefonat der persönliche Kontakt. Dem steht die<br />
Herausforderung entgegen, dass sich der Aufwand pro Adressat <strong>für</strong> den Absender<br />
der Information genau entgegengesetzt verhält. Hersteller neigen wegen des geringeren<br />
Aufwandes dazu, mit elektronischen Instrumenten wie Datenbanken und E-<br />
Mail Informationen an möglichst viele Adressaten zu kommunizieren (Explorative<br />
Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier liegen allerdings Gefahren <strong>für</strong> die persönliche<br />
Nähe der Beteiligten, die eine wichtige Voraussetzung der Zusammenarbeit<br />
darstellt. Es ist daher eine Balance zu finden zwischen dem Aufwand der Kommunikation<br />
und der Vermittlung impliziter Wissensinhalte.<br />
• Der zweite Grund <strong>für</strong> eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten elektronischer Informationssysteme<br />
liegt gerade im geringen Aufwand, den die Erstellung pro Adressat<br />
verursacht. Hieraus resultiert nicht selten eine Informationsüberflutung der Adressaten.<br />
Es besteht die grosse Gefahr, dass unternehmensinterner „spam-artiger“ unpersönlicher<br />
E-Mailverkehr entsteht, der die Vorteile der Systeme reduziert. Empfänger<br />
der Nachrichten benötigen einen hohen Aufwand, um wichtige und unwichtige<br />
Nachrichten zu selektieren. Vertriebsleiter erhalten nicht selten zwischen 60 und 90<br />
E-Mails pro Tag (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einzelne Nachrichten<br />
können neben dem Tagegeschäft teilweise nicht mehr zur Kenntnis genommen,<br />
geschweige denn zeitgerecht beantwortet werden. In dieser Situation rückt das Telefon<br />
<strong>für</strong> Hersteller immer häufiger wieder in den Fokus, um überhaupt wahrgenommen<br />
zu werden, was die Voraussetzung darstellt, um Inhalte übermitteln zu können<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Der Einsatz elektronischer Informationssysteme kann also neben kommunikationsunterstützenden<br />
Funktionen auch kommunikationshemmende Effekte hervorrufen. Aus
Vertriebsgestaltung des Herstellers 239<br />
diesem Grund müssen Hersteller zum einen darüber entscheiden, welche Inhalte je<br />
nach Bedeutung impliziter Informationen mit welchen Instrumenten übermittelt werden<br />
sollen. Zum anderen sind Regeln aufzustellen, die den elektronischen Datenfluss,<br />
insbesondere E-Mailverteiler und Groupware-Anwendungen systematisch gestalten<br />
und verhindern, dass durch eine unsystematische Verteilung von Informationen in der<br />
Vertriebsorganisation die Effektivität der kommunikationsunterstützenden Methoden<br />
erlahmt.<br />
Informationsverarbeitende Systeme<br />
Neben den kommunikationsunterstützenden Methoden werden im Vertrieb eine grosse<br />
Anzahl informationsverarbeitender Systeme eingesetzt, die als Medium zur Speicherung<br />
und Bereitstellung von Informationen genutzt werden können (Cristofolini 2005,<br />
S. 182 ff.). In der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bringen<br />
diese Systeme mehrere Vorteile mit sich. Sie ermöglichen es, auf einen gleichen aktuellen<br />
Datenbestand zurückgreifen zu können, sie helfen dabei, eine Mehrfacherfassung<br />
von Daten zu vermeiden und sie sichern durch automatisierte Anwendungen gleichzeitig<br />
eine einheitliche Qualität und entlasten dezentrale Prozesse des Vertriebspartners.<br />
Zu den wohl wichtigsten informationsverarbeitenden Systemen gehören gemeinsame<br />
Warenwirtschaftssysteme, gemeinsame Kundendatenbanken und Anwendungen zur<br />
Verkaufsunterstützung.<br />
Gemeinsame Warenwirtschaftssysteme geben die Möglichkeit, Lager- und Auftragsbestände<br />
sowie finanzielle Informationen jederzeit verfügbar zu machen. Allerdings<br />
relativieren sich die nicht unerheblichen Einführungskosten vor dem Hintergrund aller<br />
Vorteile häufig, sodass Systeme oftmals nur bei grossen Tochtergesellschaften eingeführt<br />
werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Von Vertriebspartnern<br />
wird der Einsatz neuer Informationssysteme häufig kritisch betrachtet. Denn <strong>für</strong> die<br />
Implementierung und Lizenzkosten sind meist erhebliche Investitionen zu tätigen, an<br />
denen sich Hersteller nur geringfügig beteiligen. Um zentrale, länderübergreifende<br />
Datenbestände optimal zu nutzen, müssen zudem die lokalen Prozesse standardisiert<br />
werden und bestehende Formulare angepasst werden (Explorative Interviews, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei können zwangsläufig nicht alle lokalen Bedürfnisse erfüllt<br />
werden (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Vertriebspartnern ergibt sich daher der Eindruck,<br />
dass das neue zentrale System ihre Bedürfnisse schlechter erfüllt als bereits bestehende<br />
„selbstgestrickte“ Lösungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei der
240<br />
Kapitel 6<br />
Einführung entsteht zudem enormer Schulungsaufwand und vor allem in der Anfangsphase<br />
häufig eine äusserst zurückhaltende Nutzung der Systeme (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37). Hieraus verringert sich der Nutzen des Systems, da Daten<br />
unter Umständen unvollständig oder nicht aktuell eingepflegt sind.<br />
Neben den gemeinsamen Warenwirtschaftssystemen spielen im Verkauf insbesondere<br />
gemeinsame Kundendatenbanken bzw. CRM-Systeme eine Rolle, die zum Teil als<br />
Modul in die Warenwirtschaftssysteme integriert (z. B. mySAP CRM) oder als<br />
„Stand-alone Lösung“ eingesetzt werden (z. B. Siebel). Die Sammlung und Auswertung<br />
detaillierter Markt- und Kundenformationen eröffnet <strong>für</strong> Hersteller neue Dimensionen<br />
der Kundenanalyse und -bearbeitung (Walti 1999, S. 167). Jedoch bedeutet die<br />
Preisgabe detaillierter Kundeninformationen <strong>für</strong> Vertriebspartner gleichzeitig ein<br />
stückweit Machtverlust. Einige Vertriebspartner sehen die Gefahr, dass Hersteller die<br />
Kunden direkt ansprechen und den Vertriebspartner umgehen (Explorative Interviews,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ist insbesondere bei gefestigten Kundenbeziehungen der<br />
Fall. In der Tat gaben Hersteller im Rahmen der durchgeführten Einzelinterviews an,<br />
diese „Entwaffnung“ des Vertriebspartners <strong>für</strong> eigene Interessen zu nutzen und auszuspielen<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies führt dazu, dass Kundendaten<br />
von Vertriebspartnern häufig nicht detailliert, wahrheitsgemäss und vollständig<br />
in Datenbanken eingepflegt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die<br />
Datenbasis ist deshalb in vielen Fällen nicht geeignet, um Strategien der Marktbearbeitung<br />
zentral zu entwickeln. Hersteller müssen versuchen, diesen Kreis zu durchbrechen,<br />
indem sie sich dazu verpflichten, nicht ohne das Einverständnis des Vertriebspartners<br />
mit den Kunden in Kontakt zu treten. Regelverstösse sind auch in diesem Fall<br />
zu sanktionieren, um das Vertrauen sicherzustellen.<br />
Neben der Nutzung zentraler Datenbanksysteme spielen im Vertrieb zunehmend auch<br />
verkaufsunterstützende Anwendungen eine Rolle. Alex Bührer, Partner und Leiter des<br />
„Industrial and High Tech Sectors“ von McKinsey & Company Schweiz Inc. hält insbesondere<br />
Sales-Support Tools zur Kundenentwicklung, Angebotserstellung und Pricing<br />
<strong>für</strong> besonders hilfreich, um die Effizienz zu erhöhen (Einzelinterview Bührer<br />
2004, s. Anhang A, S. 346). Die Tools unterstützen Vertriebspartner vor allem bei administrativen<br />
Aufgaben und führen neben einer Entlastung häufig auch zu einer Steigerung<br />
der Qualität. Allerdings sind dem Einsatz von Tools zur Verkaufsunterstützung<br />
auch Grenzen gesetzt. Vor allem in grossen Organisationen wird eine unüberschaubare
Vertriebsgestaltung des Herstellers 241<br />
Anzahl von Tools eingesetzt, die einen neue Komplexität bei deren Auswahl und entsprechende<br />
Anwendungskenntnisse voraussetzt. Andreas Keiger, Vertriebsmanager<br />
bei der ABB Automation Products GmbH in Lampertheim, Deutschland berichtet<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „To support and offer ten product<br />
lines, we have to use more than 60 different tools“.<br />
Dennoch wird der Wert verkaufsunterstützender Tools von Vertriebspartnern als äusserst<br />
hoch eingeschätzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Fallbeispiel<br />
6-14 (S. 242) zeigt ein von der Geschäftseinheit „Minerals and Mining“ der ABB<br />
Schweiz AG eingesetztes Tool zur Angebotserstellung und dessen Vorteile aus Sicht<br />
eines Vertriebsmanagers.<br />
Support-Tools zur Angebotserstellung bei ABB<br />
ABB Schweiz AG, Baden, Schweiz<br />
Die ABB AG ist weltweit führend in der Energie- und Automationstechnik. Der Konzern beschäftigt<br />
rund 102'000 Mitarbeitende in über 100 Ländern, davon rund 5’000 Mitarbeitende in der Schweiz.<br />
Die Business Unit „Minerals“ verkauft weltweit Planungs- und Engineeringleistungen von elektrischen<br />
Anlagen.<br />
Der Verkauf und die Angebotserstellung verlangen von Mitarbeitern ein weit reichendes technisches<br />
Know-how (s. Absatz 4.1.3.1, S. 92). So werden bei der Spezifikation <strong>für</strong> die elektrischen Anlagen<br />
einer Zementfabrik neben detaillierten Informationen über die Grösse und den Typ der Anlage<br />
Kenntnisse über technische Komponenten benötigt um zu einer möglichst zuverlässigen Kalkulation<br />
zu gelangen. Um die gegebene Komplexität zu verringern, stellt die Badener Zentrale verschiedene<br />
Support-Tools zur Verfügung. Dazu gehören z. B. Applikationen, die Spezifikationen erstellen, die<br />
wiederum Grundlage der Angebotskalkulation sind (s. Screenshot).<br />
Ausserdem gehören dazu teilstandardisierte Beschreibungen und Support-Tools, in denen die Hauptparameter<br />
<strong>für</strong> das Bauprojekt eingegeben werden und die Erstellung von Offerten fast vollständig<br />
automatisiert erfolgt. Bei den am weitesten entwickelten Support-Tools werden die Parameter eingegeben<br />
und man bekommt „auf Knopfdruck“ ein komplettes Angebot. Bei ABB sind die Mitarbeiter<br />
damit in der Lage, innerhalb von 24 Stunden ein vollständiges Angebot zu erstellen. Unterschiedliche<br />
Ausführungen der Anwendung befähigen das Unternehmen diesen zeitlichen Standard einzuhalten<br />
unabhängig davon, welche Anforderungen der Kunde hat und welche Planungsbasis er zur Verfügung<br />
stellt. Adrian Schenk, Vertriebsmanager des Unternehmens betont: „Durch professionelle Tools können<br />
wir jedem Kunden in 24 Stunden ein umfassendes und professionell ausgearbeitetes Angebot<br />
unterbreiten. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> Kunden aus dem Nahen Osten, die vor dem Bau einer Zementfabrik<br />
häufig nur vage Vorstellungen über die monatlichen Produktionsmengen besitzen, als auch <strong>für</strong> europäische<br />
Kunden, die mit detaillierten Plänen, Anforderungen und einer genauen Angabe von Parametern<br />
zu uns kommen.“ Das Unternehmen unterstützt durch den Einsatz von Tools zur Angebotserstellung<br />
damit nicht nur ein professionelles und einheitliches Vorgehen, sie schaffen darüber hinaus eine<br />
wesentlich höhere Produktivität der Mitarbeiter.
242<br />
Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG (Einzelinterview<br />
Schenk 2004, s. Anhang A, S. 346)<br />
Kapitel 6<br />
6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung<br />
Um die qualitative Diskussion der verschiedenen Gestaltungsansätze der Absätze 6.3.1<br />
(S. 159 ff.) bis 6.3.8 (S. 229 ff.) zu ergänzen, wurde ein Grossteil der Ansätze auch bei<br />
der quantitativ-empirischen Untersuchung berücksichtigt (Vertriebsbefragung 2004, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37). Zwar gehen die bereits unternommenen qualitativen Überlegungen<br />
in Bezug auf ihre Anzahl und den Differenzierungsgrad bei den Gestaltungsansätzen<br />
weit über die im Folgenden dargestellten empirischen Ergebnisse hinaus. Jedoch bietet<br />
die quantitative Analyse die Möglichkeit, die Wirkungen der einzelnen Ansatzpunkte<br />
zu quantifizieren und miteinander zu vergleichen.<br />
Abbildung 6-21 (S. 245) und Abbildung 6-22 (S. 246) zeigen die Ergebnisse eines<br />
Mittelwertvergleiches zwischen der Gruppe der zufriedenen und der Gruppe der unzufriedenen<br />
Vertriebspartner. Die Zufriedenheit wurde hierbei durch das von<br />
Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Konstrukt „Channel-Member Satisfaction“<br />
gemessen. Bei der Gruppe der „unzufriedenen Vertriebspartner“ handelt es<br />
sich um Fälle, die unterhalb der 34. Perzentile liegen, bei der Gruppe der „zufriedenen<br />
Vertriebspartner“ um Fälle die oberhalb der 66. Perzentile liegen. Diese Dreiteilung<br />
wurde aufgrund ihrer grösseren Trennschärfe einem Mediansplit vorgezogen. Für beide<br />
Gruppen sind jeweils die Mittelwerte in Bezug auf die aktuelle Bedeutung des jeweiligen<br />
Gestaltungsansatzes dargestellt. Die Sternchen zeigen, auf welchem Signifi-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 243<br />
kanzniveau der Mittelwertunterschied angenommen werden kann, was mit Hilfe eines<br />
t-Tests überprüft wurde.<br />
Im Ergebnis zeigt sich, dass siebzehn von dreiundzwanzig Mittelwertunterschieden<br />
mindestens auf dem 90-Prozent-Niveau signifikant sind. Dies bedeutet, dass ein zufälliges<br />
Zustandekommen der Unterschiede in Bezug auf den Einsatz der verschiedenen<br />
Ansätze zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern in den meisten<br />
Fällen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dies legt die<br />
Vermutung nahe, dass die Intensität, mit der die verschiedenen Ansätze der Vertriebsgestaltung<br />
in einem Unternehmen zum Einsatz kommen, über die Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner bestimmt. Streng genommen kann an dieser Stelle allerdings weder<br />
eine Aussage über einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Variablengruppen<br />
gemacht werden noch über die Richtung der Kausalität, da hierzu <strong>für</strong> die<br />
einzelnen Ansätze und ihren Einfluss auf die Zufriedenheit Theorien herangezogen<br />
werden müssten, die entsprechende Hypothesen implizieren. Auf Basis der durchgeführten<br />
Einzelinterviews (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) sowie der von<br />
Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) aufgezeigten Beziehungen<br />
zwischen Gestaltungsvariablen des Herstellers und der Channel-Member-<br />
Satisfaction wird an dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen der Variablengruppe<br />
„Ansätze der operativen Koordination und Unterstützung“ und der Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner unterstellt (s. auch Abschnitt 5.4 (S. 135 ff.) und Absatz 6.2.1 (S.<br />
139)). Die Gestaltungsansätze werden in Kurzform genannt (s. Abbildung 6-21, S. 245<br />
und Abbildung 6-22, S. 246), die ausführliche Bezeichnung findet sich im Fragebogen<br />
(s. Anhang D, S. 353) und teilweise in der unten stehenden Erläuterung.<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ein stärkerer<br />
Einsatz der Gestaltungsansätze durch den Hersteller zur Zugehörigkeit zur Gruppe<br />
der zufriedenen Vertriebspartner führt. Im Einzelnen sind folgende Ergebnisse zu<br />
verzeichnen:<br />
• Koordinationspotenziale in zentralen Strukturen: Bei den drei Ansätzen zur Koordination<br />
in zentralen Strukturen zeigt sich ein deutlicher und signifikanter Unterschied<br />
in der Bedeutung der Ansätze zwischen den beiden Gruppen (s. Abbildung<br />
6-21, S. 245). Durch internationales Key-Account Management können internationale<br />
Aktivitäten der Kundenunternehmen koordiniert werden, woraus überwiegend<br />
Vorteile <strong>für</strong> die Vertriebspartner entstehen (s. Absatz 6.3.2.1, S. 162 ff.). Die<br />
Harmonisierung von Zielen und die gemeinsame strategische Orientierung bilden<br />
die Basis <strong>für</strong> gemeinsame Interessen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.) und gemeinsa-
244<br />
Kapitel 6<br />
me Vorstellungen darüber, wie Prioritäten zu setzen sind, um die gewünschten<br />
Zielsetzungen zu erreichen. Die Mittelwertunterschiede sind <strong>für</strong> alle drei Gestaltungsansätze<br />
signifikant.<br />
• Koordinationspotenziale in vertikalen Strukturen: Keiner der Ansätze zur Verzahnung<br />
des zentralen und dezentralen Personalwesens (s. Absatz 6.3.3.2, S. 177 ff.)<br />
zeigt einen deutlichen oder signifikanten Mittelwertunterschied zwischen den<br />
Gruppen auf (s. Abbildung 6-21, S. 245). Es kann somit kein Einfluss der übergreifenden<br />
Karrierepfade, gemeinsamer Rekrutierungsanforderungen und der Personalrotation<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ausgemacht werden, sodass<br />
der Einsatz dieser Ansätze kritisch hinterfragt werden muss.<br />
• Koordination durch Organisation in Teams: Die Gestaltungsansätze der Teamorganisation<br />
(s. Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) zeigen deutlichen Einfluss auf die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner, der in allen Fällen signifikant ist (s. Abbildung 6-21,<br />
S. 245). Kundenbetreuungsteams und gemeinsame Kundenbesuche tragen in besonderem<br />
Masse zur Zufriedenheit der Vertriebspartner bei. Aber auch projektbasierte<br />
Teamorganisation, gemeinsame Planungsanstrengungen und eine systematische<br />
Projektbewertung helfen deutlich, die Zusammenarbeit zwischen Hersteller<br />
und Vertriebspartner zu fördern.<br />
• Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen: Die Massnahmen, die ein<br />
Hersteller nutzen kann, um um eine gemeinsame Unternehmenskultur und stärkere<br />
persönliche Beziehungen aufzubauen, führen zu unterschiedlichen Ergebnissen (s.<br />
Abbildung 6-21, S. 245). Die Förderung informeller Netzwerke (s. Absatz 6.3.5.1,<br />
S. 193) steigert die Zufriedenheit der Vertriebspartner merklich. Gemeinsame Unternehmensevents<br />
wie gemeinsame Feiern, Reisen oder Sportveranstaltungen<br />
scheinen hingegen weitgehend wirkungslos zu bleiben. Der stärkste Einfluss ergibt<br />
sich bei jährlichen Sales-Meetings, auf denen sich die Mitglieder der Vertriebsorganisation<br />
treffen. Sales-Meetings erfüllen mehrfachen Nutzen, da sie Informationszwecke,<br />
Schulungen, den Erfahrungsaustausch und die Vertiefung persönlicher<br />
Beziehungen miteinander verknüpfen. Obgleich die Durchführung von<br />
Sales-Meetings häufig erhebliche Defizite besitzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 21 ff.),<br />
scheint sie dennoch besonders effektiv, um die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation<br />
zu verbessern.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 245<br />
Key-Account Management*<br />
Abstimmung von Zielen***<br />
Gemeinsame strategische<br />
Orientierung***<br />
Übergreifende Karrierepfade<br />
Gemeinsame<br />
Rekrutierungsanforderungen<br />
Job Rotation und Transferprogramme<br />
Projektorganisation**<br />
Gemeinsame Planung und<br />
Budgetierung**<br />
Systematische Projektbewertung**<br />
Kundenbetreuungsteams***<br />
Gemeinsame Kundenbesuche***<br />
Informelle Netzwerke**<br />
Gemeinsame Veranstaltungen<br />
Jährliche Salesmeetings***<br />
Gemeinsame Werte und Kultur***<br />
Aktueller Status Quo in der<br />
Vertriebsorganisation<br />
Keine<br />
Hohe<br />
Bedeutung<br />
Bedeutung<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
2.81<br />
3.38<br />
3.42<br />
3.70<br />
3.83<br />
4.05<br />
2.85<br />
4.22<br />
4.37<br />
4.27<br />
4.36<br />
4.15<br />
3.68<br />
4.48<br />
4.45<br />
4.86<br />
4.04<br />
4.66<br />
3.85<br />
4.67<br />
4.45<br />
4.88<br />
4.78<br />
5.04<br />
5.12<br />
5.01<br />
5.21<br />
5.23<br />
Unzufrieden (N-Til 1) Zufrieden (N-Til 3)<br />
Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen:<br />
* α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01<br />
Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen<br />
Vertriebspartnern (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
5.63<br />
5.97
246<br />
Segmentierung von Vertriebspartnern<br />
Gemeinsame Schulung und<br />
Weiterbildung***<br />
Service Level Agreements***<br />
Zentralisierung lokaler<br />
Funktionen<br />
Interne Kommunikationskanäle***<br />
Definierte<br />
Informationsstandards***<br />
Information über andere Märkte***<br />
Gemeinsame Kundendatenbank**<br />
3.05<br />
3.35<br />
3.80<br />
4.05<br />
3.28<br />
4.27<br />
4.22<br />
4.49<br />
4.39<br />
3.97<br />
4.22<br />
4.79<br />
5.12<br />
4.97<br />
5.23<br />
5.17<br />
Kapitel 6<br />
Keine<br />
Aktueller Status Quo in der<br />
Vertriebsorganisation<br />
Hohe<br />
Bedeutung<br />
Bedeutung<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
Unzufrieden (N-Til 1) Zufrieden (N-Til 3)<br />
Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen:<br />
* α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01<br />
Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen<br />
Vertriebspartnern (Fortsetzung) (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S.<br />
37)<br />
• Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung: Der Ansatz der<br />
Segmentierung (s. Absatz 6.3.6.1, S. 201) nach der Grösse oder der rechtlichen<br />
Anbindung der Vertriebspartner sowie einer entsprechenden Differenzierung bei<br />
den Massnahmen zeigt keine Wirkungen bei der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />
(s. Abbildung 6-22, S. 246). Auch hier muss der Einsatz kritisch betrachtet<br />
werden, da er mit erheblichen internen Kosten verbunden ist.<br />
• Unterstützung durch zentrale Ressourcen: Schulungen, die der Hersteller in technischen<br />
und betriebswirtschaftlichen Feldern anbietet, werden von Vertriebspartnern<br />
in hohem Masse begrüsst (s. Abbildung 6-22, S. 246). Gute Kenntnisse über<br />
Produkte und deren Vermarktung bilden schliesslich die Grundlage <strong>für</strong> erfolgreiche<br />
Verkaufsaktivitäten in den lokalen Märkten. Auch die Vereinbarung und
Vertriebsgestaltung des Herstellers 247<br />
transparente Verrechnung der intern vom Hersteller erbrachten Leistungen führen<br />
zu einer höheren Zufriedenheit der Vertriebspartner. Durch die geregelte Verantwortlichkeit<br />
des Herstellers <strong>für</strong> die Erbringung der vereinbarten internen Leistungen<br />
steigt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und die Durchsetzung von Ansprüchen<br />
im Falle einer Nichterfüllung. Es kann kein positiver Einfluss der Zentralisierungsbestrebungen<br />
des Herstellers auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner gemessen<br />
werden.<br />
• Koordination und Unterstützung durch Information: Die Anstrengungen, die Hersteller<br />
im wichtigen Bereich der internen Informationspolitik unternehmen, zeigen<br />
einen überaus starken Einfluss auf die Zufriedenheit in den Märkten. Jede der vier<br />
aufgenommenen Ansätze (s. Abbildung 6-22, S. 246) weist hoch signifikante Mittelwertunterschiede<br />
bei den Gruppen auf. Der Ausbau interner Kommunikationskanäle,<br />
die Definition von Informationsstandards sowie die Unterstützung durch<br />
Informationen aus anderen Märkten zeigen allesamt einen starken Einfluss auf die<br />
Zufriedenheit der Vertriebspartner. Auch der Einsatz einer gemeinsamen Kundendatenbank<br />
kann wie es scheint, zur Erhöhung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />
bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller beitragen (s. Abbildung<br />
6-22, S. 246).<br />
6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung<br />
Die hohe Bedeutung der Zufriedenheit der Vertriebspartner in einer internationalen<br />
Marktorganisation fordert ein systematisches Vorgehen. Dazu wird ein typischer Managementprozess<br />
zur Umsetzung einer internen Kundenorientierung modelliert (s.<br />
auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.), wie er bspw. von Bruhn (2002, S. 29) vorgeschlagen<br />
wird. Der Prozess beinhaltet die vier Phasen der Diagnose, der Planung, der Umsetzung<br />
und der Kontrolle (s. Abbildung 6-23, S. 248).<br />
Zunächst sind die Situation und die Bedürfnisse der internationalen Vertriebspartner<br />
als „interne Kunden“ zu analysieren (Rosenbloom 1990, S. 53). Hierzu muss festgelegt<br />
werden, ob sämtliche oder nur bestimmte Vertriebspartnergruppen betrachtet werden<br />
sollen. Durch die Befragung der ausgewählten Vertriebspartner können Verbesserungspotenziale<br />
bei den Massnahmen des Herstellers identifiziert werden. Im nächsten<br />
Schritt, der Planung, werden Ziele und Strategien festgelegt, um die Zusammenarbeit<br />
zu verbessern (Rosenbloom 1990, S. 53). In der Phase der Umsetzung finden die zuvor<br />
festgelegten Massnahmen der internen Kundenorientierung ihren Einsatz, deren Erfolg
248<br />
Kapitel 6<br />
in der Kontrollphase auf dem Prüfstand steht. In dieser letzten Phase ergeben sich<br />
wichtige Hinweise, die notwendige Verbesserungen bei der Vorgehensweise aufzeigen<br />
können. Im Folgenden werden die in einzelnen Prozessphasen zum Einsatz kommenden<br />
Instrumente und die zu treffenden Entscheidungen vorgestellt und diskutiert.<br />
� Zeit- und Organisationsvergleiche<br />
durchführen,<br />
� Erfolge von Massnahmen<br />
evaluieren,<br />
� Hinweise <strong>für</strong> Planung<br />
erarbeiten.<br />
� Technische, finanzielle<br />
und personelle<br />
Ressourcen mobilisieren,<br />
� Marktorganisation<br />
informieren und<br />
Widerstände überwinden.<br />
Umsetzung<br />
Kontrolle<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Planung<br />
Diagnose<br />
� Zu betrachtende Vertriebspartner<br />
festlegen,<br />
� Lokale Situationen und<br />
Bedürfnisse erfassen und<br />
analysieren,<br />
� Verbesserungspotenziale<br />
identifizieren.<br />
� Ziele und Strategien in der<br />
Zusammenarbeit festlegen<br />
und priorisieren,<br />
� Strategien und Massnahmen<br />
konfigurieren,<br />
� interne Verrechnung und<br />
Budget bestimmen.<br />
Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
Die dynamische Betrachtung ermöglicht es Herstellern, ein konkretes Vorgehen zu<br />
modellieren. Sie können die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern voranbringen, indem<br />
sie die vorgestellten Gestaltungsansätze entsprechend ihrer Ressourcenstärke<br />
auswählen und einsetzen.<br />
6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren<br />
Eine gründliche Diagnose steht am Anfang einer systematischen Verbesserung der<br />
Zusammenarbeit. Dazu ist festzulegen, welche Vertriebspartner betrachtet werden sollen.<br />
Eine Befragung gibt Aufschluss über lokale Situationen und hilft, Verbesserungspotenziale<br />
zu identifizieren, die als Basis der Konfiguration von Massnahmen dienen.<br />
Zu betrachtende Vertriebspartner festlegen<br />
In einem allerersten Schritt muss festgelegt werden, ob alle Vertriebspartner befragt<br />
werden sollen oder nur ausgewählte (bspw. nach Erfolg, Region, Konflikthäufigkeit,<br />
rechtlicher Zugehörigkeit). Bei der Bestimmung der zu befragenden Einzelpersonen,<br />
der „internen Kunden“, kommen einerseits lokale Geschäftsführer, andererseits aber
Vertriebsgestaltung des Herstellers 249<br />
auch produkt- oder bereichsverantwortliche Vertriebsmitarbeiter, etwa bei Vertretungen<br />
oder ggf. Verkaufspersonal in Frage. Die Identifizierung des zu befragenden Personenkreises<br />
stellt insbesondere in grossen Konzernen mit internationalen Standorten<br />
eine grosse Herausforderung dar und ist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden<br />
(Künzel 1999, S. 177). Es existiert eine grosse Anzahl an Marketing- und Vertriebsmitarbeitern,<br />
die als potenzielle interne Kunden in Frage kommen. Hierzu gehören<br />
bspw. die lokale Geschäftsführung, Mitarbeiter des lokalen Marketing, der Kommunikationsabteilung,<br />
der lokalen Servicebereiche, der Vertriebsleitung und des Vertriebsaussendienstes.<br />
Zunächst muss deshalb entschieden werden, welche Mitarbeiter überhaupt befragt<br />
werden sollen. Es können bspw. Mitarbeitergruppen aus Funktionsbereichen des Unternehmens<br />
ausgewählt werden, die sich in der Zusammenarbeit als besonders problematisch<br />
erweisen. So können in dieser Phase z. B. Mitarbeiter des Vertriebsaussendienstes<br />
im Mittelpunkt stehen, weil sich etwa die Zusammenarbeit mit diesen als besonders<br />
konfliktreich darstellt. Auch können Eingrenzungen auf bestimmte geografische<br />
oder kulturelle Gebiete sowie die hierarchische Stellung vorgenommen werden,<br />
um auch hier die Sichtweise von in sich homogenen Gruppen zu erfassen. Der Eingrenzung<br />
sind aus theoretischer Sicht wenige Grenzen gesetzt, auch Kombinationen<br />
verschiedener Segmentierungskriterien sind denkbar. In der Praxis sind jedoch meist<br />
konkrete Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen internen<br />
Wertschöpfungspartnern der Grund <strong>für</strong> eine genauere Betrachtung und eine entsprechende<br />
Berücksichtigung im Management. Deshalb sind die „internen Kundensegmente“<br />
in der Praxis meist bereits beim Zustandekommen des Projektes festgelegt.<br />
Merkmale der lokalen Situation erfassen<br />
Wurde eine „interne Kundengruppe“ ausgewählt, kann diese nach Verbesserungspotenzialen<br />
befragt werden. Hierbei genügt es nicht, direkt nach den zu verbessernden<br />
Aspekten zu fragen. Es sollten auch situative Variablen erfasst werden (s. Kapitel 4, S.<br />
78 ff.), die Hersteller <strong>für</strong> die Ursache unterschiedlicher lokaler Bedürfnisse halten<br />
(Rosenbloom 1990, S. 54). Zwar lassen sich diese lokalen Rahmenbedingungen meist<br />
nicht vom Hersteller beeinflussen. Sie tragen allerdings zum besseren Verständnis der<br />
lokalen Bedürfnisse bei und erhöhen damit die Zielgenauigkeit der Vertriebsgestaltung<br />
(Rosenbloom 1990, S. 54). Situative Unterschiede, die Unzufriedenheit verursachen,<br />
liegen dabei z. B. in den unterschiedlichen Bedürfnissen externer Kunden, in lokalen<br />
Kulturen, Normen und Gesetzen sowie in der geografischen Distanz (s. Kapitel 4, S.
250<br />
Kapitel 6<br />
78 ff.). Häufig führt auch die meist in der Anfangsphase der internationalen Aktivitäten<br />
noch geringe lokale Kompetenz zu besonderen Bedürfnissen an die zentrale Unterstützung<br />
und Führung (s. Absatz 4.1.3.3, S. 91 ff. und Absatz 6.3.6.2, S. 204 ff.).<br />
Verbesserungspotenziale identifizieren<br />
Um die wesentlichen Beurteilungskriterien der internen Zusammenarbeit aus dem<br />
Blickwinkel der Vertriebspartner zu ermitteln, empfehlen sich Fokusgruppengespräche<br />
und Interviews mit Vertriebspartnern. Bei der Zusammensetzung der Teilnehmer ist<br />
darauf zu achten, dass man je nach Problemlage möglichst unterschiedliche Vertriebspartner<br />
mit einbezieht (bspw. unabhängige und abhängige, grosse und kleine, Kernund<br />
Nebenmärkte, erfolgreiche und erfolglose, erfahrene und unerfahrene), um ein<br />
möglichst breites Spektrum an Wahrnehmungsdimensionen zu erhalten. Bereits durch<br />
die offene Diskussion im Rahmen eines interaktiven Workshops werden unterschiedliche<br />
Sichtweisen der Parteien deutlich und können begründet und vertieft werden. Um<br />
den Aufwand zu begrenzen, können Fokusgruppeninterviews bspw. im Rahmen des<br />
jährlichen Sales-Meetings durchgeführt werden. Als Ergebnis dieses Schrittes kann<br />
eine Liste der ermittelten Verbesserungspotenziale erstellt werden, anhand derer sämtliche<br />
betrachtete Vertriebspartner eine Bewertung der Teilaspekte vornehmen können.<br />
Hierbei ist zum einen die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Teilaspekt zu erfragen,<br />
zum anderen die Relevanz, die der Vertriebspartner dem Teilaspekt <strong>für</strong> seine lokale<br />
Geschäftstätigkeit beimisst. Für die Bewertung der Teilaspekte empfiehlt sich aus<br />
Kostengründen eine standardisierte schriftliche Befragung, in der auch die entsprechenden<br />
Situationsvariablen erfasst werden können. Beispiele <strong>für</strong> relevante Teilaspekte<br />
in der Zusammenarbeit wurden bereits in Tabelle 5-1 (Abschnitt 5.2, S. 110) aufgezeigt.<br />
Zur weiteren Analyse können Befragungsergebnisse in Form einer Matrix dargestellt<br />
werden (s. Abbildung 6-24, S. 251). Auf der Basis der Einordnung in die Matrix wiederum<br />
können die zufriedenheitsrelevanten Teilaspekte der Zusammenarbeit priorisiert<br />
werden. Abbildung 6-24 (S. 251) zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Befragung, die<br />
vom Autor bei einem mittelständischen Industrieunternehmen durchgeführt wurde.<br />
Die Bezeichnungen der Teilaspekte wurden dabei im ursprünglichen englischen Wortlaut<br />
der Untersuchung belassen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 251<br />
Hoch<br />
Zufriedenheit<br />
Gering<br />
�Paying<br />
�Products/<br />
�Documents and forms behavior<br />
services<br />
�Warranty cases quality<br />
�Frequency of new<br />
products/services<br />
�Promotion material �Availability<br />
�New<br />
�Support<br />
�Technical/ �Meeting of<br />
product<br />
with<br />
commercial delivery<br />
opportunities<br />
manuals<br />
training dates<br />
�Informal<br />
etc.<br />
information<br />
�Availability in �Overall<br />
�Information emergency sales<br />
cases<br />
support<br />
�Market �Marketing<br />
exchange<br />
information coordination �IT-support/<br />
demanded<br />
�Order handling<br />
-systems<br />
�Timeliness of<br />
information<br />
�Profits from products<br />
�Financial reporting<br />
�Determining<br />
budgets<br />
Gering<br />
�Incentives<br />
�Sharing of costs<br />
Bedeutung<br />
�Information<br />
about bottle<br />
necks<br />
�Transfer prices<br />
�Market<br />
information<br />
provided<br />
�Response<br />
times<br />
�Price support<br />
Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-Bedeutungs-Diagramm<br />
Bei der Einordnung in das Diagramm kann das praktische Probleme auftreten, dass<br />
nicht klar ist, wo die Grenzen <strong>für</strong> die Quadranten festzulegen sind. Dabei ist schliesslich<br />
immer ein gewisser Ermessensspielraum gegeben. Der Autor hält es <strong>für</strong> sinnvoll,<br />
die Achsen der Matrix eher als ordinal denn als metrisch skaliert zu verstehen. Die<br />
Lage der Teilaspekte in der Matrix gibt demnach vor allem Aufschluss über die relative<br />
Bedeutung und Zufriedenheit zueinander. Betrachtet man bspw. die Verteilung der<br />
Zufriedenheit in verschiedenen empirischen Datensätzen, stellt man häufig eine<br />
Rechtssteilheit fest. Dies lässt darauf schliessen, dass Befragte dazu neigen, sich eher<br />
als zufrieden einzustufen, denn als unzufrieden. Das Ergebnis in Bezug auf einen bestimmten<br />
Teilaspekt ist deshalb immer im Vergleich zu anderen Teilaspekten zu sehen<br />
und entzieht sich einer absoluten Betrachtung. Um dieser Erkenntnis gerecht zu werden,<br />
kann der Ursprung des Koordinatensystems durch den Schwerpunkt der Punktewolke<br />
(arithmetisches Mittel von Zufriedenheit und Bedeutung über alle Variablen<br />
und alle Fälle) gelegt werden.<br />
6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen<br />
Nachdem die Koordinaten des Diagramms festgelegt wurden und sämtliche <strong>für</strong> die<br />
Zusammenarbeit relevanten Aspekte erfasst und in das Diagramm aufgenommen wurden,<br />
kann bereits eine Priorisierung vorgenommen werden.<br />
Hoch
252<br />
Kapitel 6<br />
Wichtig und zugleich dringend scheint eine Verbesserung der Teilaspekte, die in<br />
Quadrant 1 liegen (s. Abbildung 6-25, S. 252). Diese weisen trotz ihrer hohen Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit keine zufrieden stellende Ausprägung auf. Gerade<br />
aufgrund ihrer hohen Bedeutung bergen diese Aspekte der Zusammenarbeit besondere<br />
Konfliktpotenziale in sich. Hierzu gehören im oben dargestellten Beispiel<br />
(Abbildung 6-24, S. 251) die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Marktinformationen,<br />
Transferpreise, Unterstützung in Preiskämpfen, Länge von Antwortzeiten, Informationen<br />
bei Engpässen sowie die allgemeine Gestaltung von Margen der Produkte.<br />
Ziel ist es <strong>für</strong> diese Aspekte Lösungsalternativen zu finden, die die Zufriedenheit<br />
erhöhen und so dazu führen, dass sich die Aspekte in den Quadranten 3 bewegen.<br />
Hoch<br />
Zufriedenheit<br />
Gering<br />
4<br />
Gering<br />
Externe Einflüsse verändern<br />
Bedeutung<br />
„Einsparen“ „Beobachten“<br />
„Beobachten“<br />
Bedeutung<br />
„Verbessern“<br />
2 1<br />
Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten<br />
3<br />
Hoch<br />
Potenzial <strong>für</strong><br />
Verbesserungen<br />
Weiterer Handlungsbedarf besteht bei den Teilaspekten, die sich in Quadrant 4 befinden.<br />
In Bezug auf diese Aspekte besteht bei den Vertriebspartnern eine hohe Zufriedenheit,<br />
obwohl sie nach deren Einschätzung keine Rolle <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit<br />
spielen. An dieser Stelle kann der Hersteller Ressourcen einsparen, indem er<br />
sein Engagement und seinen zeitlichen Einsatz bei betroffenen Aspekten abbaut. Freiwerdende<br />
Ressourcen können <strong>für</strong> Teilaspekte in Quadrant 1 reinvestiert werden.<br />
Durch die veränderte Schwerpunktbildung nimmt die Zufriedenheit mit den Aspekten<br />
des Quadranten 4 ab und wird damit der geringen Bedeutung gerecht. Den dadurch in<br />
Quadrant 2 befindlichen Aspekten muss der Hersteller kein weiteres Engagement entgegenbringen.<br />
Jedoch sollte er diese beobachten, da externe Einflüsse wie z. B. Ver-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 253<br />
änderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder von Kundenbedürfnissen die Bedeutung<br />
einzelner Aspekte erhöhen können. In diesem Fall ist ggf. zu intervenieren. Es<br />
stehen damit drei strategische Alternativen zur Verfügung: Verbessern, Einsparen und<br />
Beobachten.<br />
Für die ausgewählten Aspekte kann nun eine Zielposition festgelegt werden. Vorteilhaft<br />
ist es an dieser Stelle, Datenmaterial anderer Messungen (z. B. aus den Vorjahren)<br />
oder von weiteren Unternehmen als Benchmark einzusetzen. Auf diese Weise gelingt<br />
es, den eigenen Standort zu reflektieren und auch bei der Bestimmung der Ziele ein<br />
besseres Fingerspitzengefühl zu entwickeln. Ggf. müssen an dieser Stelle Teilaspekte<br />
von der Analyse ausgeschlossen werden, etwa weil sich bereits aktuelle Projektgruppen<br />
ihrer annehmen. Hierbei ist die Information nützlich, ob sich die ggf. bereits eingeleiteten<br />
ersten Massnahmen als wirksam erweisen oder nicht. Das kann bereits durch<br />
die Befragung erfasst werden.<br />
Ist die Zielposition bestimmt und sind die zu betrachtenden Teilaspekte abgegrenzt,<br />
stellt sich die Frage, wie die Zufriedenheit mit einzelnen Teilaspekten erhöht werden<br />
kann. Hierzu stehen dem Unternehmen eine grosse Anzahl von Massnahmen zur Verfügung<br />
(s. Abschnitt 6.3, S. 159). Die Strategien hängen dabei von den inhaltlichen<br />
Bezugspunkten der identifizierten Aspekte der Zusammenarbeit ab. Das strategische<br />
Entscheidungsfeld gestaltet sich bspw. bei Aspekten der Kultur und Kommunikation<br />
grundlegend anders als bei Aspekten der Unterstützung bei der Auftragsabwicklung<br />
oder beim After-Sales Services. Eine gute Kenntnis der Problemlage ist notwendig,<br />
um einerseits möglichst gute Problemlösungen zu finden, andererseits aber auch die<br />
Kosten <strong>für</strong> die Lösungen in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Hinweise von Vertriebspartnern<br />
oder ggf. gemeinsame Lösungsworkshops geben auch hierbei entsprechend<br />
Aufschluss und helfen, adäquate Lösungen zu entwickeln. Dabei können gleichzeitig<br />
die Vertriebspartner verpflichtet werden, die gemeinsam entwickelten Massnahmen<br />
auch umzusetzen.<br />
Die <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit zusätzlich benötigten Budgets hängen<br />
selbstverständlich grundlegend von den gewählten Strategien und Massnahmen ab.<br />
Die organisatorische Umgestaltung z. B. durch die Einführung länderübergreifender<br />
Verkaufsteams schlägt sich anders nieder als die Einführung eines Newsletters, der die<br />
Kommunikation zu den dezentralen Einheiten unterstützt. Zudem muss die Verteilung<br />
des Budgets auf die zentralen und dezentralen Einheiten berücksichtigt werden. Teilweise<br />
kann das zur Verfügung stehende Budget <strong>für</strong> bestimmte Massnahmen (aus Sicht
254<br />
Kapitel 6<br />
zentraler Bereiche) dadurch erhöht werden, indem Mitarbeiter internationaler Vertriebseinheiten<br />
überzeugt und an den benötigten Mitteln beteiligt werden.<br />
6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren<br />
Bedeutsam <strong>für</strong> eine konsequente Implementierung ist zum einen die Umsetzung im<br />
Sinne der Festlegung von konkreten Inhalten und Massnahmen und zum anderen die<br />
Durchsetzung dieser im Sinne der Erzielung einer breiten Akzeptanz der Umsetzungsmassnahmen<br />
in der gesamten Vertriebsorganisation (Belz 1981, S. 382). Zunächst<br />
muss, wie bereits betont, die Finanzierbarkeit der Lösungen sichergestellt werden.<br />
Dazu sind zusätzliche Ressourcen aus zentralen Budgets zu mobilisieren oder<br />
aber Kürzungen an anderer Stelle vorzunehmen. Dies hängt vor allem vom Umfang<br />
des Vorhabens ab. Ebenso müssen detaillierte Pläne zur technischen Umsetzung erarbeitet<br />
werden. Insbesondere bei der Einführung neuer IT-Tools und -Systeme können<br />
bereits kleinere technische Fehler zum Zeitpunkt der Umsetzung eine Inakzeptanz gegenüber<br />
der Anwendung hervorrufen, wodurch das Vorhaben leicht scheitern kann.<br />
Die inhaltliche, technische und finanzielle Stimmigkeit der Lösungsansätze ist allerdings<br />
nur die notwendige Bedingung <strong>für</strong> den Erfolg der Massnahmen. Als hinreichende<br />
Voraussetzung ist darüber hinaus die Überzeugung und Mobilisierung der Mitarbeiter<br />
in der Vertriebsorganisation gefordert.<br />
Denn bei der Umsetzung überwiegen nicht die sachlichen, sondern die emotionalen,<br />
personellen und kulturellen Widerstände gegen Massnahmen, die von der Zentrale<br />
getroffen werden (Belz 1981, S. 380; Belz 1998, S. 620). Vor allem die Mitarbeiter<br />
der Zentrale, aber auch alle anderen an der Entwicklung von Lösungen beteiligten<br />
Mitarbeiter der Vertriebsorganisation haben die Aufgabe, diese Überzeugungsarbeit zu<br />
leisten. Bestehende Zweifel und falsche Vorstellungen müssen abgebaut (Belz 1981,<br />
S. 363) und der Nutzen der Lösungen verdeutlicht werden. Indem Vertriebspartner<br />
bereits bei Diagnose und Planung konsequent einbezogen werden, werden die Massnahmen<br />
eher akzeptiert. Ggf. sind einzelne Teams aus dezentralen und zentralen Mitarbeitern<br />
zu bilden, die jeweils als „Pate“ <strong>für</strong> ihre Lösung einstehen und weit reichende<br />
Informations- und Erklärungsarbeit übernehmen. Auch Leiter von Vertriebsgesellschaften<br />
müssen an der inhaltlichen Umsetzung arbeiten und diese mit ihren Mitarbeitern<br />
vorantreiben und stützen (George/Grönroos 1995, S. 72 ff.).<br />
Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, Vertriebsleiter aus der Zentrale hätten in<br />
erster Linie Widerstände der Vertriebspartner zu überwinden. Von diesen werden Lö-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 255<br />
sungen, die an ihren Problemen ansetzen, teilweise sehr begrüsst und sogar unterstützt.<br />
Jedoch sind auch in der Zentrale meist mehrere Abteilungen von den erarbeiteten Lösungsansätzen<br />
betroffen. Die eigentliche Herausforderung besteht deshalb <strong>für</strong> Vertriebsleiter<br />
aus der Zentrale meist darin, die internen Hürden im Stammhaus zwischen<br />
Marketing, After-Sales Services, Logistik, Produktion und je nach Spezialisierungsgrad<br />
weiteren zentralen Abteilungen zu überwinden. Hierzu bedarf es häufig neben<br />
einer umfangreichen Information und informellen Absprachen auch einem Top-<br />
Management Support, der sicherstellt, dass die Bedeutung des Vorhabens sich auch<br />
dort manifestiert. Es bietet sich daher an, Mitarbeiter der jeweils betroffenen Abteilungen<br />
ebenfalls in die Entwicklung von Lösungen einzubinden. Damit wird die Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> geschaffen, dass die Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden.<br />
Vertriebspartner berichten teilweise darüber, dass bereits angekündigte Massnahmenpakete<br />
nie zum Einsatz gekommen sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Hierdurch werden das Misstrauen und die Vorurteile gegenüber dem Hersteller weiter<br />
geschürt. Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft der Vertriebspartner ab, sich bei weiteren<br />
Projekten der Zusammenarbeit zu engagieren, was deren Erfolgswahrscheinlichkeit<br />
senkt. Die konsequente und gewissenhafte Umsetzung stellt somit die herausforderndste<br />
Aufgabe im Prozess zur Verbesserung der Zusammenarbeit dar.<br />
6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche<br />
Nach der Umsetzung einzelner Massnahmen können einmalige oder regelmässige<br />
Kontrollen eingesetzt werden, um Fortschritte zu erfassen. Bei der Kontrolle wird<br />
noch einmal deutlich, ob die formulierten Ziele hinreichend präzise formuliert wurden<br />
und inwieweit diese realisiert werden konnten. Konnten Ziele nicht hinreichend erfüllt<br />
werden, lässt dies zweierlei Rückschlüsse zu: Zum einen ergibt sich ein Bild über die<br />
Realitätsnähe der Zielbildung. Die verantwortlichen Manager erhalten ein Gefühl da<strong>für</strong>,<br />
in welchem Ausmass Steigerungen der Zufriedenheit realistischerweise überhaupt<br />
möglich sind. Zum anderen gibt eine schlechte Zielerreichung auch Hinweise <strong>für</strong> die<br />
Auswahl und den Einsatz der Massnahmen, die bei der weiteren Umsetzung zu berücksichtigen<br />
sind. Die Kontrollphase ist deshalb unerlässlich, um die Qualität des<br />
Managementprozesses zu verbessern. Sie spielt ebenso eine wichtige Rolle <strong>für</strong> die<br />
Manager im Stammhaus, die nicht selten in der internen Kritik stehen und in der Herstellerorganisation<br />
die Kosten und Erfolge ihrer Aktivitäten detailliert kommunizieren<br />
und verteidigen müssen.
256<br />
Kapitel 6<br />
Zur Kontrolle können Zeit- und Organisationsvergleiche herangezogen werden. Zeitvergleiche<br />
geben einen guten Aufschluss darüber, wie sich die betrachteten Zufriedenheitswerte<br />
im Verlauf der Zeit entwickeln. Zeitvergleiche sind insbesondere <strong>für</strong> die<br />
Wirkungskontrolle der eingesetzten Massnahmen heranzuziehen. Ob sich die Zusammenarbeit<br />
in einer Vertriebsorganisation im Laufe der Betrachtungsperiode verbessert<br />
hat, kann damit überprüft werden. Allerdings kann keine Aussage darüber getroffen<br />
werden, ob die Zusammenarbeit im Vergleich zum Wettbewerb eine bessere oder<br />
schlechtere Ausgangsposition verschafft. Unternehmen benötigen deshalb weitere Bezugspunkte,<br />
mit denen sie ihre Zusammenarbeit vergleichen können. Da ein direkter<br />
Vergleich mit Wettbewerbsorganisationen meist aus strategischen Gründen ausgeschlossen<br />
wird, ziehen Hersteller entweder Vertriebsorganisationen anderer Divisionen<br />
oder anderer Hersteller heran, um durch ein Benchmarking ihre eigene Position zu<br />
ermitteln. Zeit- und Organisationsvergleiche schliessen sich nicht aus, vielmehr erzeugen<br />
sie ein ergänzendes Bild über den Stand der Zusammenarbeit. Abbildung 6-26 (S.<br />
256) zeigt die Möglichkeiten der Kontrolle.<br />
Organisationsvergleich<br />
Zeitvergleich<br />
Teilaspekte Gesamtzufriedenheit<br />
Sehr<br />
unzufrieden Zufriedenheit<br />
Sehr<br />
zufrieden<br />
1<br />
Informationen über<br />
Lieferengpässe<br />
Bereitstellung von<br />
Marktinformationen<br />
Antwortzeiten bei<br />
Anfragen<br />
Unterstützung bei<br />
Preiskämpfen<br />
2 3 4 5 6<br />
Firma y<br />
Firma x Firma z<br />
7<br />
Informationen über<br />
Lieferengpässe<br />
Bereitstellung von<br />
Marktinformationen<br />
Antwortzeiten bei<br />
Anfragen<br />
Unterstützung bei<br />
Preiskämpfen<br />
Sehr<br />
unzufrieden<br />
Zufriedenheit<br />
Sehr<br />
zufrieden<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
t-1 t0<br />
Gesamtindex<br />
Gesamtzufriedenheit<br />
• Firma x: 25.47 Punkte,<br />
• Firma y: 26.59 Punkte,<br />
• Firma z: 29.01 Punkte.<br />
Gesamtindex<br />
Gesamtzufriedenheit<br />
• Zeitpunkt t-1:<br />
26.12 Punkte,<br />
• Zeitpunkt t 0:<br />
25.47 Punkte.<br />
Dimensionen<br />
7<br />
5<br />
1<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
4<br />
2<br />
6 3<br />
Dimensionen<br />
7<br />
5<br />
1<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
4<br />
2<br />
6 3<br />
Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich <strong>für</strong> Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit<br />
Neben der Wahl des Vergleichsobjektes können unterschiedliche Inhalte zum Gegenstand<br />
eines Vergleiches gemacht werden. Die Zufriedenheit mit Teilaspekten oder aber<br />
die Zufriedenheit mit der gesamten Zusammenarbeit können als Vergleichsinhalt dienen.<br />
Der Vergleich von Teilaspekten ist zum einen <strong>für</strong> eine detaillierte Diagnose, zum<br />
anderen aber auch <strong>für</strong> die Wirksamkeitskontrollen der Massnahmen heranzuziehen.<br />
Die Teilaspekte geben Aufschluss über das Zustandekommen von Gesamturteilen.<br />
Beim Organisationsvergleich kann bspw. die Bedeutung von Teilaspekten aufgrund
Vertriebsgestaltung des Herstellers 257<br />
von Branchenunterschieden stark variieren. Diese Unterschiede können durch eine<br />
Detailanalyse von Teilaspekten ebenfalls aufgedeckt werden. Analysen der Teilaspekte<br />
geben dem verantwortlichen Management damit wichtige Informationen <strong>für</strong> die Planung<br />
und den Einsatz von Massnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit.<br />
Für die Gesamtbeurteilung der Zusammenarbeit scheint es sinnvoll, eine Komprimierung<br />
der Daten vorzunehmen, um die aspektübergreifende Leistungsfähigkeit der<br />
Zentrale schnell und übersichtlich darstellen zu können (Stauss/Neuhaus 1995, S.<br />
595). Diese können ggf. auch <strong>für</strong> die Leistungsbewertung des zentralen <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />
herangezogen werden (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173). Hierbei scheinen zwei<br />
Aggregationsstufen sinnvoll: Ein globales Mass <strong>für</strong> die Gesamtzufriedenheit gibt einen<br />
Gesamtüberblick. Masse <strong>für</strong> die einzelnen Beurteilungsdimensionen geben hingegen<br />
Einblicke in die verschiedenen internen Leistungsdimensionen des Herstellers. Dabei<br />
kann in beiden Fällen ein Ratingverfahren und <strong>für</strong> zeitliche Vergleiche ggf. eine Indexierung<br />
vorgenommen werden, die Zufriedenheitsurteile und Bedeutungen der Teilaspekte<br />
miteinander verbindet (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595 f.).<br />
Als Grundlage der Berechnung eines Ratingwertes dienen Daten aus einer standardisierten<br />
Befragung der Vertriebspartner. Zufriedenheits- und Bedeutungswerte zu den<br />
einzelnen Teilaspekten können dabei durch fünf- oder siebenstufige Ratingskalen erhoben<br />
werden. Siebenstufige Ratingskalen erhöhen einerseits die Komplexität <strong>für</strong> den<br />
Befragten, weisen andererseits aber meist eine höhere Streuung auf, weshalb sie besseren<br />
Aufschluss geben können. Aus diesen Daten berechnet man die arithmetischen<br />
Mittelwerte sämtlicher Zufriedenheits- und Bedeutungswerte (Gleichung 1 und Gleichung<br />
2). Auf Basis der Mittelwerte kann schliesslich der Ratingwert R ermittelt werden<br />
(Gleichung 3).<br />
(1) i z~ = Mittelwert der Zufriedenheitsvariable zi über alle Fälle fj,<br />
<strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />
z~<br />
i = ∑ =1<br />
1 j<br />
m<br />
m<br />
zij<br />
, <strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />
(2) i b~ = Mittelwert der Bedeutungsvariable bi über alle Fälle fj,<br />
<strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />
b i<br />
~ = ∑ =1<br />
1 j<br />
bij<br />
, <strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />
m m<br />
(3) S = Salespartner-Satisfaction Score<br />
S = ∑ = 1 1 ~ ~<br />
⋅<br />
i<br />
zi<br />
bi<br />
, <strong>für</strong> i = 1 bis n<br />
n<br />
n
258<br />
Kapitel 6<br />
Der Maximalwert des Ratings liegt bei siebenstufigen Skalen demnach bei einem Wert<br />
von 49, der Minimalwert bei 1. In der Realität liegen Werte irgendwo zwischen diesen<br />
Grenzwerten. Um auch Vergleiche mit solchen Befragungsergebnissen herstellen zu<br />
können, bei denen andere Ratingskalen verwendet wurden, ist der tatsächlich erreichte<br />
Wert ins Verhältnis zum Maximalwert zu setzen. Hierdurch erhält man eine relative<br />
Punktwerterreichung. Dem Autor bekannte Unternehmen, die nach diesem Verfahren<br />
die Zufriedenheit ihrer Vertriebsorganisation evaluieren, erreichen zwischen 50 und 65<br />
Prozent der maximalen Punktzahl.<br />
Andere Verfahren ermitteln lediglich die Summe der Produkte aus mittleren Zufriedenheits-<br />
und Bedeutungsvariablen. Einem solchen Vorgehen ist das vorgestellte Verfahren<br />
überlegen, denn es ist gegen Verzerrungen resistent, die durch Hinzufügen,<br />
Veränderung oder Entfernen einzelner Variablen entstehen. Dies ist in der Praxis im<br />
Laufe der Zeit häufig notwendig, da sich durch technologische, markt- und organisationsbezogene<br />
Veränderungen die wichtigen Teilaspekte und damit die zu erfassenden<br />
Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen ändern.<br />
Das aufgezeigte Verfahren lässt sich selbstverständlich auch <strong>für</strong> die Analyse der einzelnen<br />
in Abbildung 6-26 (S. 256) dargestellten Beurteilungsdimensionen verwenden<br />
(s. auch Abschnitt 5.3, S. 112 ff.). Dazu sind pro Dimension lediglich die jeweils zugehörigen<br />
Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen mit einzubeziehen. Es ergeben<br />
sich in diesem Fall je nach Auswertung Punkt- oder Verhältniswerte pro Beurteilungsdimension.<br />
6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen<br />
Es hat sich in Absatz 6.4.1 (S. 247 ff.) gezeigt, dass <strong>für</strong> eine nachhaltige Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit nicht alleine die Kenntnisse über mögliche Gestaltungsansätze<br />
ausreichen. Vielmehr müssen Instrumente eingesetzt werden, um eine gründliche Diagnose<br />
der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das Bauchgefühl des Stammhausmanagers<br />
führt häufig zu anderen Ergebnissen als die Befragung der Vertriebspartner selbst.<br />
Fehleinschätzungen in der Diagnose führen leicht dazu, dass Massnahmenpakete ihr<br />
Ziel verfehlen. Es zeigt sich, dass bereits eine schriftliche Befragung und Auswertung<br />
ein hohes Ausmass an Detailplanung und Tiefgang verlangen.<br />
Für die Auswahl und Umsetzung von Massnahmen werden hingegen andere Fähigkeiten<br />
benötigt. Es ist abzuschätzen, welchen Aufwand, welche Wirkung in der Zusammenarbeit<br />
und welche Wahrscheinlichkeit der reibungslosen Umsetzung die zur Ver-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 259<br />
fügung stehenden Massnahmen mit sich bringen. Während der Umsetzung sind soziale<br />
Kontakte zu nutzen und personelle Widerstände durch Überzeugung und Fingerspitzengefühl<br />
zu überwinden. Erst durch eine regelmässige Kontrolle mit Hilfe von Zeitund<br />
Organisationsvergleichen gelingt es, objektiv den Erfolg der Anstrengungen und<br />
die Position der Vertriebsorganisation zu ermitteln. Hierdurch werden Potenziale und<br />
Stärken im internationalen Vertrieb sichtbar. Durch eine systematische und regelmässige<br />
Wiederholung des Prozesses kann die Wettbewerbsfähigkeit der Vertriebsorganisation<br />
kontinuierlich verbessert werden, die die Basis <strong>für</strong> nachhaltigen Vertriebserfolg<br />
darstellt.<br />
6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung<br />
6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien<br />
Der Abschnitt 6.5 untersucht, wie drei unterschiedliche Firmen die Zusammenarbeit<br />
mit internationalen Vertriebspartnern gestalten. Die Betrachtung der Unternehmenssituationen<br />
und Lösungen in einem Gesamtzusammenhang scheint ergiebig, um die in<br />
den vergangenen Abschnitten 6.2 (S. 139 ff.) bis 6.4 (S. 247 ff.) erarbeiteten operativen<br />
und strategischen Gestaltungsansätze zu illustrieren. Darüber hinaus können Gestaltungsansätze<br />
in ihrem situativen Kontext dargestellt sowie Einflussfaktoren und Zusammenhänge<br />
bei der Wahl und dem Einsatz der Gestaltungsansätze interpretiert werden.<br />
Damit trägt die inhaltliche Durchdringung der Fälle „BASF AG“, „Gallus Ferd.<br />
Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ dazu bei, die Antworten auf die Forschungsfragen 2<br />
und 3 (s. Abschnitt 1.3, S. 6 ff.) noch einmal in einen konkreten Zusammenhang zu<br />
stellen.<br />
Zur Datenerhebung wurde in den drei Fällen eine Kombination aus heuristischen, qualitativ-empirischen<br />
und quantitativ-empirischen Methoden eingesetzt. An dieser Stelle<br />
sei noch einmal auf die Details der eingesetzten Methoden verwiesen, die bereits in<br />
den Absätzen 2.4.1 (S. 34 ff.) und 2.4.2.3 (S. 46) ausführlich dargestellt und erörtert<br />
wurden (s. Tabelle 2-3, S. 37 und Tabelle 2-7, S. 48). Bei der Auswahl der Fallstudien<br />
wurde das Ziel verfolgt, solche Unternehmen mit einzuschliessen, die möglichst unterschiedliche<br />
Ausgangslagen besitzen. Dazu wurden ein Kleinunternehmen, ein mittelständisches<br />
Unternehmen und ein Grosskonzern herangezogen, die jeweils aus unterschiedlichen<br />
Branchen stammen und verschiedene Vertriebsorganisationen aufweisen.<br />
Die Unterschiedlichkeit der Fälle soll Parallelen und Akzente betonen, die sich in der<br />
Zusammenarbeit mit internationalen Vetriebspartnern und deren Gestaltung <strong>für</strong> den<br />
Hersteller ergeben.
260<br />
Kapitel 6<br />
Abbildung 6-27 (S. 260) zeigt die unterschiedlichen Konstellationen der betrachteten<br />
Unternehmensfälle. Die Herstellerunternehmen haben verschiedene Unternehmensgrössen,<br />
die sich u. a. in Unterschieden in der Vertriebsorganisation niederschlagen.<br />
Grösse des<br />
Herstellerunternehmens<br />
Grossunternehmen<br />
Mittelunternehmen<br />
Kleinunternehmen<br />
herstellereigen<br />
kooperativ herstellerfremd<br />
Vertriebsform<br />
BASF AG<br />
Gallus Ferd.<br />
Rüesch AG<br />
Nanosurf AG<br />
Unternehmensfälle<br />
Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien<br />
• Die Nanosurf AG ist ein Schweizer Kleinunternehmen am Standort Liestal. Der<br />
weltweite Vertrieb von Hightechgeräten wird aus Ressourcengründen<br />
(Sum/Reinhold 2004, S. 32) ausschliesslich von herstellerfremden Distributoren<br />
wahrgenommen.<br />
• Die Gallus Ferd. Rüesch AG ist ein mittelständisches Unternehmen in der grafischen<br />
Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Unternehmen setzt international<br />
verschiedene Vertriebsformen ein. So existieren in wichtigen Märkten, in<br />
denen das Unternehmen bereits seit vielen Jahren präsent ist, eigene Vertriebsgesellschaften.<br />
Seit einigen Jahren kooperiert Gallus eng mit dem Unternehmen Heidelberg,<br />
das sich im Jahr 1999 bei Gallus beteiligt hat und über dessen Vertriebsgesellschaften<br />
Gallus insbesondere in starken Wachstumsmärkten wie Osteuropa, Asien<br />
und Lateinamerika präsent ist. In anderen Märkten greift man hingegen auf unabhängige<br />
Distributoren zurück.<br />
• Die BASF AG mit Hauptsitz in Ludwigshafen gehört mit etwa 46'500 Mitarbeitern<br />
in Deutschland zu den grössten industriellen Arbeitgebern des Landes und ist der<br />
grösste Chemiekonzern weltweit. Die im Fall betrachtete Division Feinchemikalien<br />
erfuhr im Jahre 2001 eine Reorganisation, seitdem werden Vertriebsaufgaben in den
Vertriebsgestaltung des Herstellers 261<br />
verschiedenen Märkten ausschliesslich von herstellereigenen Vertriebsmitarbeitern<br />
wahrgenommen.<br />
Die folgenden Absätze 6.5.2 (S. 261 ff.) bis 6.5.4 (S. 286 ff.) zeigen die Anstrengungen,<br />
die von den Herstellern „Nanosurf AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „BASF<br />
Fine Chemicals Europe“ zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit ihren internationalen<br />
Vertriebspartnern durchgeführt wurden. Sämtliche Informationen zu den Fällen<br />
stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus der in Tabelle 2-7 (S. 48) dargestellten<br />
Datenbasis.<br />
6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen<br />
Der Fall der Nansosurf AG zeigt, wie ein Kleinunternehmen mit flachen Hierarchien<br />
und geringer Ressourcenstärke vorgeht, um die Zusammenarbeit mit internationalen<br />
Distributoren zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie sind die Übernahme<br />
von Informationsaufgaben durch den Hersteller (s. auch Absatz 6.3.8.1, S.<br />
230 ff.), der Umgang mit Spezialanfragen und deren Integration in den Prozess des<br />
Neuproduktmanagements (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie die Weiterentwicklung<br />
des Reporting (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.).<br />
6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf<br />
Die Nanosurf AG ist ein Hightech-Unternehmen im schnell wachsenden Markt der<br />
Nanotechnologie und ein Spin-off der Universität Basel. Seit der Gründung im Jahr<br />
1997 hat das Unternehmen ein bemerkenswertes, organisches Wachstum erlebt und<br />
beschäftigt zz. achtzehn Mitarbeiter. Der Firmensitz ist der Technologiepark „Tenum“<br />
in Liestal, Schweiz, von wo aus das Unternehmen innovative und preiswerte Raster-<br />
Sondenmikroskope mit Auflösungen im Nanometer-Bereich entwickelt, produziert<br />
und vertreibt.<br />
Organisation im Stammhaus<br />
In den ersten Jahren nach der Gründung gab es zur Organisationsentwicklung bei Nanosurf<br />
kein explizites, auf Papier festgehaltenes Konzept. Alle wichtigen Entscheidungen<br />
wurden demokratisch gefällt, wobei alle Mitarbeiter sehr weite Spielräume besassen.<br />
Konflikte wurden nach Angaben der Mitarbeiter „offen und fair ausgetragen und<br />
nicht durch eine starre Hierarchie unterdrückt“ (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3,<br />
S. 37). Die Vorteile der schnellen Kommunikation und der hohen Flexibilität, die diese<br />
Konstellation ermöglichte, wurden allerdings mit der Zeit durch verschiedene
262<br />
Kapitel 6<br />
Nachteile überlagert, so z. B. durch Redundanzen, Unklarheiten in der Zuständigkeit<br />
und Unstimmigkeiten. Aufgrund der zunehmenden Unternehmensgrösse wurde deshalb<br />
im September 2003 eine stärkere organisationale Strukturierung vorgenommen.<br />
An der Spitze des Unternehmens stehen nun Dr. Robert Sum als CEO und Dr. Lukas<br />
Howald als Verwaltungsratspräsident. Nanosurf besitzt die drei Organisationseinheiten<br />
Produktion, Produktentwicklung sowie Marketing und Verkauf. Weitere Funktionen<br />
wie bspw. der Einkauf werden je nach Bedarf von den operativen Kernabteilungen<br />
selbst wahrgenommen.<br />
Produktportfolio des Unternehmens<br />
Das Unternehmen verfügt über drei Produktlinien, die auf unterschiedliche Kundensegmente<br />
abzielen:<br />
• „easyScan STM“ ist eine Lösung <strong>für</strong> die Marktnische schulische und universitäre<br />
Ausbildung sowie angewandte Forschung,<br />
• „easyScan AFM“ wird auf dem Massenmarkt <strong>für</strong> industrielle Qualitätskontrollen<br />
sowie industrielle Forschung und Entwicklung angeboten,<br />
• „easyPLL“ ist ein „Top-Level“ Technologiebaustein <strong>für</strong> professionelle Anwendungen<br />
in der Grundlagenforschung.<br />
Die wichtigen Vorteile sämtlicher Nanosurf-Produkte liegen in ihrer einfachen und<br />
mobilen Nutzung sowie den relativ niedrigen Anschaffungskosten. Mit der Kommerzialisierung<br />
eines Mikroskops zur Oberflächenanalyse, das einfacher aufgebaut ist als<br />
die Konkurrenzgeräte und zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten werden<br />
kann, hat die Nanosurf AG den Markteintritt gut geschafft. Obwohl die Nanosurf AG<br />
zu den kleineren Anbietern auf dem Weltmarkt von über 100 Mio. Euro gehört, hat sie<br />
mit ihren innovativen Lösungen die Marktnische <strong>für</strong> Geräte zur Ausbildung von Studierenden<br />
an Hochschulen und Fachhochschulen erfolgreich besetzt und bietet zudem<br />
<strong>für</strong> industrielle Kunden ein preiswertes und robustes Einstiegsgerät <strong>für</strong> die Oberflächenanalyse<br />
im Nanometerbereich.<br />
Internationale Vertriebsorganisation<br />
Verantwortlich <strong>für</strong> den Vertrieb ist Dr. Loris Scandella, der die Abteilung Marketing<br />
und Verkauf leitet. Wie in der Branche üblich, werden die physikalisch-chemischen<br />
Messgeräte auch bei Nanosurf über technisch versierte und qualifizierte Distributoren<br />
abgesetzt. Es wurden solche Distributoren ausgewählt, die komplementäre Ana-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 263<br />
lytikinstrumente anderer Wettbewerber verkaufen und deshalb zwar Zugang und<br />
Kenntnisse über Kunden und lokale Märkte besitzen, aber trotzdem nicht in Konkurrenz<br />
zu den Nanosurf-Produkten stehen. Die im Branchenvergleich hohen Margen<br />
von bis zu 45 Prozent machen Nanosurf <strong>für</strong> Distributoren ausgesprochen attraktiv.<br />
Ein Vertrieb über eigene Tochtergesellschaften war und ist <strong>für</strong> das Unternehmen bisher<br />
aufgrund der geringen Finanzkraft weder finanzierbar noch wäre dies aufgrund der<br />
kleinen Marktvolumina in den einzelnen Regionen rentabel. Die Distribution erfolgt<br />
deshalb hauptsächlich durch das Vertriebsnetz von weltweit achtzehn unabhängigen<br />
Partnern. Gesondert betrachtet werden muss der Markt der Ausbildung, welcher zentral<br />
vom deutschen Didaktikvertrieb, der LD Didactic GmbH (ehemals „Leybold Didactic“)<br />
geführt wird. In Ländern und Regionen ohne lokalen Vertriebspartner und <strong>für</strong><br />
Spezialanfertigungen findet ein Direktvertrieb ab Werk statt.<br />
Die Distributoren sind <strong>für</strong> Nanosurf der mit Abstand umsatzstärkste Verkaufskanal,<br />
mit dem das Unternehmen zz. 32 Länder in den Regionen Europa, Asien, Amerika und<br />
Ozeanien abdeckt (Abbildung 6-28, S. 264). Dazu folgende Details:<br />
• Europa: Im Jahr 1997 hat die Gesellschaft die ersten Vereinbarungen mit einigen<br />
Distributionspartnern abgeschlossen. Anfänglich wurde in erster Linie die Marktregion<br />
Europa bearbeitet, wo heute noch der grösste Umsatzbeitrag erzielt wird. In<br />
Kontinentaleuropa erfolgt der Vertrieb durch eine einzige Vertriebsgesellschaft, die<br />
Schweizer Schaefer Holding AG und ihre jeweiligen internationalen Tochtergesellschaften,<br />
welche <strong>für</strong> verschiedene Gebiete verantwortlich sind. Für Grossbritannien<br />
und Irland hat Nanosurf einen weiteren Distributor gewählt, der besondere Marktkenntnisse<br />
besitzt und früher <strong>für</strong> einen Wettbewerber gearbeitet hat.<br />
• Amerika: In den USA ist <strong>für</strong> Nanosurf ein einzelner Distributor zuständig, der bis<br />
dahin bei einem Spezialhändler gearbeitet und dort bereits Nanosurf- und Komplementärprodukte<br />
verkauft hatte. Nachdem dieser eine eigene Vertriebsgesellschaft<br />
gegründet hatte, wurde er zum alleinigen Vertriebskanal <strong>für</strong> die USA und konnte<br />
einen massiven Anstieg der Umsätze bewirken.<br />
• Asien und Ozeanien: Asien stellt <strong>für</strong> die Nanosurf AG ein Aufbaumarkt dar.<br />
Durch Forschungskontakte hatte man zunächst einen Distributor in Japan gefunden.<br />
Diese erste asiatische Geschäftsverbindung und die daran anknüpfenden Erfolge<br />
haben weitere Türen geöffnet. Inzwischen besitzt Nanosurf einen koreanischen<br />
Distributor und weitere Vertriebsverträge <strong>für</strong> Malaysia, Thailand, Vietnam, die Philippinen,<br />
Indonesien und Taiwan. Vor allem die Erschliessung des chinesischen<br />
Marktes hatte zunächst einige Sorgen bereitet, ist aber seit Januar 2002 durch einen
264<br />
Kapitel 6<br />
Distributor mit Niederlassungen in Hongkong, Peking und Shanghai gut fortgeschritten.<br />
Abbildung 6-28 zeigt die internationale Länderpräsenz des High-Tech Unternehmens<br />
im Überblick.<br />
18 18 Distributoren in in<br />
32 32 Ländern<br />
Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG<br />
6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />
Die Konzeption eines geeigneten internationalen Vertriebssystems war laut Nanosurf<br />
AG die grösste Herausforderung bei der Vergrösserung des Geschäftes. Weil der Heimatmarkt<br />
zu klein ist, musste zwingend ein internationales Netzwerk von Distributoren<br />
bzw. Fachhändlern aufgebaut werden (Sum/Reinhold 2004, S. 32). Für das Unternehmen<br />
stand in den Jahren 2002 und 2003 insbesondere die Erweiterung der Verkäufe<br />
in den Randmärkten ausserhalb Europas im Vordergrund. Obwohl diese zu den vertraglich<br />
vereinbarten Verkaufsgebieten gehören, wurden sie nur ungenügend bearbeitet.<br />
Aus diesem Grunde entschloss man sich, das jährliche Distributorenmeeting im<br />
Jahr 2003 dazu zu nutzen, die Märkte und ihre Anforderungen besser kennen und verstehen<br />
zu lernen, die Kompetenzen der Distributoren zu fördern und Ansatzpunkte <strong>für</strong><br />
eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu identifizieren. Dr. Robert Sum betont, dass<br />
„der Geschäftserfolg [...] eng mit der Intensität der Zusammenarbeit zwischen Distributoren<br />
und Nanosurf korreliert“.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 265<br />
Abbildung 6-29 (S. 265) zeigt den Aufbau und die Inhalte des dreitägigen Distributorenmeetings<br />
sowie einen Auszug aus der Begrüssungspräsentation, der sich an diesen<br />
Zielen ausrichtet. Am ersten Tag des Distributorenmeetings standen Veränderungen<br />
beim Personal und bei den Zuständigkeiten, finanzielle Ergebnisse und Entwicklungen<br />
des vergangenen Jahres sowie Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten auf dem<br />
Programm. Hierdurch sollten die Distributoren Einblicke in die aktuellen Themen und<br />
Entwicklungen der Zentrale bekommen und Kompetenzen in Bezug auf die Produkte<br />
und Organisation des Herstellers erhalten. Der zweite Tag hingegen diente im Wesentlichen<br />
dem Austausch zwischen den Distributoren und der Darstellung und Diskussion<br />
von marktbezogenen Anforderungen. U. a. wurden Konkurrenz- und Kundenanalysen<br />
durchgeführt. Der Vertriebsleiter Dr. Scandella erhielt hierdurch zum einen einen tieferen<br />
Einblick in den kunden- und wettbewerbsbezogenen Status Quo der Märkte.<br />
Zum anderen konnten Hinweise zu Verkaufsargumenten der verschiedenen Märkte<br />
und zum Vorgehen der Wettbewerber wertvolle Einsichten <strong>für</strong> Distributoren untereinander<br />
geben.<br />
Aufbau und Inhalte des<br />
Distributorenmeetings<br />
� Tag 1 (Montag):<br />
�Organisationale Veränderungen bei<br />
Nanosurf,<br />
�Verkaufs- und Marktentwicklungen,<br />
�Neuentwicklungen und Produkte.<br />
� Tag 2 (Dienstag):<br />
�Workshops und Erfahrungsberichte zu<br />
Märkten, Kunden und Wettbewerbern,<br />
�Hinweise zur Marktbearbeitung,<br />
�Befragung der Distributoren.<br />
� Tag 3 (Mittwoch):<br />
�Diskussion der Befragungsergebnisse,<br />
�Workshops zu Verbesserungspotenzialen<br />
und Lösungen in der<br />
Zusammenarbeit.<br />
Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der Nanosurf AG<br />
Am Abend des zweiten Tages füllten die Distributoren den von Nanosurf entwickelten<br />
Fragebogen zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller aus. Auf Basis der Ergebnisse<br />
dieser Befragung konnten schliesslich am dritten Tag Schwerpunkte <strong>für</strong> Verbesserungen<br />
in der Zusammenarbeit festgesetzt und konkrete Lösungen entwickelt werden.<br />
Das Vorgehen im Rahmen der „Diagnose“ am dritten Tag wird im Folgenden beschrieben.<br />
Von besonderer Bedeutung sind dabei die standardisierte Befragung der<br />
Distributoren und die Entwicklung von Lösungen in Workshops.
266<br />
Standardisierte Befragung der Distributoren<br />
Kapitel 6<br />
Bereits im Vorfeld des Distributorenmeetings wurde der erwähnte Fragebogen als eine<br />
ausführliche Liste der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit entwickelt. In dieser<br />
„Longlist“ waren sämtliche konkreten Aspekte erfasst, die in der Zusammenarbeit<br />
zwischen Nanosurf und den Distributoren eine Rolle spielen. Um Schwerpunkte bei<br />
Massnahmen der Verbesserung setzen zu können, sollten Zufriedenheit und Bedeutung<br />
der Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Distributoren bewertet werden.<br />
Auf Basis dessen konnte eine Auswahl getroffen werden, die am dritten Tag des<br />
Distributorenmeetings von Kleingruppen im Rahmen von Workshops intensiv bearbeitet<br />
wurde.<br />
Der Fragebogen wurde von den verschiedenen Distributoren am zweiten Tag des<br />
Distributorenmeetings ausgefüllt. Die Teilnehmer stammten aus folgenden Ländern:<br />
China, Deutschland, England, Frankreich, Japan, Mexiko, Schweiz, Singapur, Südkorea,<br />
Taiwan, USA. Der Fragebogen enthielt z. B. Fragen zu den folgenden Aspekten:<br />
Informationsaustausch zwischen der nationalen Vertretung und Nanosurf, der Zufriedenheit<br />
mit gemeinsamen Projekten, Planung und Marketingmanagement des Herstellers,<br />
Verkaufsinstrumente und Verkaufsaktivitäten, Bestellabwicklung, soziale Aspekte<br />
der internen Zusammenarbeit, Zentralisierung und Aufgabenverteilung in Marketing<br />
und Verkauf, Koordination mit dem Hersteller und Wechsel der Marketingstrategie<br />
durch die Nanosurf.<br />
Zur Auswertung wurden Durchschnittswerte zur Zufriedenheit und zur Bedeutung pro<br />
Aspekt in der Zusammenarbeit ermittelt. Die auf einer Fünferskala erfassten Zufriedenheits-<br />
und Bedeutungswerte liessen dabei durch die Multiplikation eine Verdichtung<br />
zu einem Ratingwert zu. Die maximale Punktzahl 25 hätte durch die Multiplikation<br />
der höchsten Unzufriedenheit (fünf Punkte) bei höchster Bedeutung (fünf Punkte)<br />
erreicht werden können (s. auch Abbildung 6-25, S. 252). Es waren die Aspekte zu<br />
fokussieren, die hohe Unzufriedenheit bei hoher Bedeutung aufwiesen. Aus diesem<br />
Grund wurde auf Basis des Ratingwertes eine Rangreihe gebildet.<br />
Tabelle 6-13 zeigt die nach dem Unzufriedenheitsrating zehn wichtigsten Aspekte im<br />
Fall Nanosurf im Wortlaut der Befragung. Die Prioritätenliste stellt ein Ranking über<br />
die gesamte Vertriebsorganisation dar. Die Bildung und Zuordnung zu inhaltlichen<br />
Feldern wurde gemeinsam mit den Distributoren vorgenommen und diente der Bildung<br />
von Workshop-Gruppen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 267<br />
Rang Aspekte der Zusammenarbeit Ratingwert Inhaltliches Feld<br />
1 Information about competition, market and customers<br />
provided by Nanosurf.<br />
11.92 Information and<br />
Communication<br />
2 Nanosurf support during local price wars. 11.56 Financial Issues<br />
3 Extent to which the distributor is allowed to fulfill special<br />
customer requests.<br />
4 Sharing of joint projects costs (fairs and expositions,<br />
internetsite, special offers etc.).<br />
5 Customer financing programs (including leasing and<br />
prefinancing).<br />
11.43 Sales-Organization<br />
10.54 Financial Issues<br />
10.36 Financial Issues<br />
6 Targeting new customer segments. 10.35 Sales-Organization<br />
7 Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts<br />
etc.).<br />
8 Customer and market-related information, demanded by<br />
Nanosurf.<br />
9 Nanosurf responding and reacting time if problems concerning<br />
customer services occur (complaints, reclamations,<br />
warranty claims).<br />
10 Clearness of responsibilities and number of persons<br />
responsible for your requests.<br />
Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte<br />
Entwicklung von Lösungen in gemeinsamen Workshops<br />
10.12 Information and<br />
Communication<br />
10.01 Information and<br />
Communication<br />
9.94 Sales-Organization<br />
9.85 Sales-Organization<br />
Die in Tabelle 6-13 gezeigten Aspekte der Zusammenarbeit wurden zunächst den<br />
Distributoren präsentiert, erläutert und diskutiert. Bereits an dieser Stelle zeigte sich<br />
die Betroffenheit der Beteiligten, die unmittelbar damit begannen, Details und Ursachen<br />
<strong>für</strong> die Schwierigkeiten zu erörtern. Um Lösungen strukturiert und zielorientiert<br />
diskutieren und entwickeln zu können, wurden die Aspekte - wie bereits erwähnt - zu<br />
inhaltlichen Feldern zusammengefasst und Workshop-Teams gebildet, die jeweils ein<br />
inhaltliches Feld bearbeiteten. Die Workshop-Teams wurden durch Selbstzuordnung<br />
der Distributoren gebildet, jedem Team wurden zu Moderations- und Dokumentationszwecken<br />
zwei Mitarbeiter der Zentrale zugewiesen.<br />
Insgesamt wurden drei inhaltliche Felder und entsprechend drei Teams gebildet:<br />
„Sales-Organization“, „Financial Issues“ und „Information and Communication“ (s.<br />
Abbildung 6-30).
268<br />
RANKING BY DIS-SATISFACTION AND IMPORTANCE<br />
Rank Description Indicator Field<br />
1Information about competition, market and customers 11.917 Information &<br />
provided by Nanosurf<br />
Communication<br />
2Nanosurf support during local price wars. 11.563 Financial Issues<br />
3Extent to which the distributor is allowed to fulfill special 11.432 Sales-<br />
customer requests.<br />
Organization<br />
4Sharing of joint projects costs (fairs and expositions, internetsite,<br />
special offers etc.).<br />
10.542 Financial Issues<br />
5Customer financing programs (including leasing and prefinancing).<br />
10.364 Financial Issues<br />
6 Targeting new customer segments. 10.349 Sales-<br />
Organization<br />
7Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts 10.118 Information &<br />
etc.).<br />
Communication<br />
8Customer and market-related information, demanded by 10.012 Information &<br />
Nanosurf.<br />
Communication<br />
9Nanosurf responding and reacting time if problems<br />
9.941 Sales-<br />
concerning customer services occur (complaints,<br />
reclamations, warranty claims).<br />
Organization<br />
10Clearness of responsibilities and number of persons 9.846 Sales-<br />
responsible for your belongings at Nanosurf.<br />
Organization<br />
DISTRIBUTORS SEE POTENTIAL FOR IMPROVEMENT AT<br />
INFORMATION, FINANCE AND ORGANIZATION<br />
Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung <strong>für</strong> Workshops<br />
Team 1:<br />
Information &<br />
Communication<br />
Team 2:<br />
Sales-<br />
Organization<br />
Team 3:<br />
Financial<br />
Issues<br />
THREE TEAMS, EACH<br />
WORKING ON ONE TOPIC<br />
Kapitel 6<br />
Aufgabenstellung <strong>für</strong> die Teams war es, die Probleme in ihrem inhaltlichen Feld und<br />
deren Auswirkungen genau zu beschreiben, Beispiele zu nennen und Lösungen zu<br />
entwickeln. Als Ergebnis sollten die Distributoren jeweils drei Powerpointfolien vor<br />
den anderen Gruppen präsentieren aus denen die Problemlage, die Beispiele und entwickelte<br />
Lösungsansätze ersichtlich würden.<br />
Ergebnisse der Workshops<br />
In den Workshops stellte sich heraus, dass zunächst eine weitere inhaltliche Konkretisierung<br />
der einzelnen Probleme vorzunehmen und eine weitere Auswahl zu treffen<br />
war. Teilweise bestanden bei einzelnen Distributoren keine konkreten Erfahrungen mit<br />
einem Aspekt der Zusammenarbeit, es wurde ihm keine Bedeutung zugemessen oder<br />
aber Aspekte wurden <strong>für</strong> nicht lösbar gehalten. So gestanden Vertriebspartner ein, dass<br />
kein wirklicher Preiskampf in ihren Märkten herrsche und ihnen bewusst sei, dass Nanosurf<br />
keine vollständigen Messestände <strong>für</strong> Distributoren finanzieren könne. Jede<br />
Gruppe grenzte somit ihren Problemkreis weiter ein.<br />
Zur Verbesserung der Zusammenarbeit wurden als Ergebnis der Workshops insbesondere<br />
folgende Ansätze vorgestellt:<br />
• Unterlagen und Informationen zur Verkaufsunterstützung,<br />
• Internetportal zur besseren Information der Distributoren,<br />
• systematischer Umgang mit technischen Spezialanfragen,<br />
• Überarbeitung von Inhalten und Umfang des Reportings.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 269<br />
In den folgenden Absätzen werden die einzelnen Ansätze und ihre spätere inhaltliche<br />
Ausgestaltung vorgestellt und diskutiert. Weitere Ansätze wurden zwar diskutiert, aber<br />
im Unternehmen bisher nicht weiter verfolgt oder gelöst. Dazu gehören Finanzierungsmodelle<br />
<strong>für</strong> Kunden, Kostenbeteiligungen bei gemeinsamen Projekten und die<br />
länderspezifische Unterstützung beim Erschliessen neuer Kundensegmente. Die<br />
„Unklarkeit von Verantwortlichkeiten“ (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 10“) wurde<br />
ebenfalls von der weiteren Analyse ausgeschlossen, da aus Sicht des Herstellers die<br />
Effekte der kurz vor dem Distributorenmeeting vorgenommenen Reorganisation in der<br />
Zentrale noch nicht abzuschätzen waren.<br />
6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />
6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung<br />
Im Bereich des Informationsaustausches wurde ein grosser Spielraum <strong>für</strong> Verbesserungen<br />
gesehen. Distributoren forderten von Nanosurf die Aufbereitung und Bereitstellung<br />
verkaufsunterstützender Informationen und Unterlagen (s. Tabelle 6-13, S.<br />
267; „Rang 1“). Dazu gehören einerseits aktuelle Dokumentationen und Handbücher<br />
zu den angebotenen Produkten, andererseits aber auch Informationen zu Wettbewerbern,<br />
Wettbewerbsprodukten, Kunden und Kundenanwendungen.<br />
Handbücher und Sales CD<br />
Trotz des Bestrebens der Nanosurf AG nach besonders einfachen Bedienungskonzepten,<br />
bleiben Rasterkraft- und Rastertunnel-Mikroskope technisch anspruchsvolle Geräte.<br />
Die Verkäufer in den Vertretungen müssen genau wissen, welche Bedürfnisse die<br />
Nanosurf-Produkte erfüllen, damit die richtigen potentiellen Kunden angesprochen<br />
werden können. Dazu benötigen sie ausführliche Kenntnisse über die Produktspezifikationen,<br />
-eigenschaften und -anwendungen. Bisher wurden Fragen zu technischen<br />
Details insbesondere durch den technischen Support beantwortet, der von einem Mitarbeiter<br />
als Nebentätigkeit übernommen wurde. Aufgrund der eingeschränkten personellen<br />
Ressourcen war es nicht möglich, Anfragen immer zeitnah zu beantworten. Daher<br />
hat die Nanosurf AG einerseits die personellen Ressourcen im Support der Distributoren<br />
erhöht und andererseits durch schriftliche Unterlagen wie Handbücher und<br />
eine „Sales CD“ die Möglichkeit geschaffen, unmittelbar auf benötigte Informationen<br />
zuzugreifen. Die Handbücher werden Distributoren und Kunden bereits in verschiedenen<br />
Sprachen zur Verfügung gestellt. Die Sales CD, auf der Neuigkeiten und Produktinformationen<br />
enthalten sind, wird zweimal jährlich an die Distributoren versandt.
270<br />
Wettbewerbsinformationen<br />
Kapitel 6<br />
Die Distributoren bemängelten die fehlende Information über Wettbewerber, deren<br />
Produkte und die Vor- und Nachteile dieser im Vergleich zu Nanosurf. Sie wünschten<br />
sich darüber hinaus eine Argumentationsliste, die ihnen Ansatzpunkte <strong>für</strong> ein erfolgreiches<br />
Verkaufsgespräch gibt. Nach ihrer Aussage stellen Konkurrenten ihren Distributoren<br />
bereits technische Argumentationshilfen zur Verfügung, die wichtige technische<br />
Details und überlegene Funktionen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen.<br />
Hierdurch werden fehlende technische Kenntnisse der Distributoren ausgeglichen<br />
und der Verkauf wesentlich erleichtert.<br />
Nanosurf hat diesbezüglich bereits Aktionen unternommen. Zunächst wurden Dokumentationen<br />
mit wichtigen Unternehmensinformationen zu Wettbewerbern, zu deren<br />
Produktportfolio und den Marktanteilen erstellt. Ebenso konnte eine qualitative Argumentationshilfe<br />
erarbeitet werden, die Vorteile und Abgrenzungen der Nanosurfprodukte<br />
im Vergleich zur Konkurrenz sowie die Verkaufsargumente der Konkurrenz<br />
aufzeigt, soweit diese bekannt sind (s. Abbildung 6-31, S. 270).<br />
Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen<br />
Noch nicht fertig gestellt sind quantitative Argumentationhilfen zu einzelnen Produkten.<br />
Hierzu müssen die eigenen Instrumente und die Konkurrenzinstrumente an identischem<br />
Probenmaterial getestet und diese Messungen ausgewertet werden. Ziel ist es,<br />
pro Instrument der Wettbewerber eine Vergleichsseite mit Spezifikationen zu erstellen.<br />
Jedoch müssen hierzu zunächst Kunden gefunden werden, die solche Messvergleiche<br />
mit ihren Konkurrenzgeräten zulassen. Auf Basis der zz. durchgeführten Testergebnis-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 271<br />
se sollen die qualitativen Argumentationshilfen um quantitative Messergebnisse erweitert<br />
werden.<br />
Referenzlisten und Success Stories<br />
Nanosurf hat damit begonnen, <strong>für</strong> Distributoren eine Liste mit Referenzen und Success<br />
Stories <strong>für</strong> spezielle Kundenanwendungen zusammenzustellen. Distributoren berichten,<br />
dass der Konkurrent Alcatel bereits ein regelmässiges „Information Bulletin“ <strong>für</strong><br />
seine Vertriebspartner zusammenstellt. Nanosurf hat sich dazu bereit erklärt, ein eigenes<br />
Bulletin zu verschicken, wenn neue Informationen verfügbar sind (Befragung Nanosurf<br />
I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Distributoren sollten hierzu Informationen und<br />
Success Stories an Nanosurf senden, die von diesen regelmässig an die anderen Distributoren<br />
weitergeleitet und ggf. auf weiteren Distributorenmeetings vorgestellt werden.<br />
Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“<br />
Leider blieben zahlreiche Versuche in diese Richtung bisher weitgehend erfolglos, da<br />
Nanosurf nur wenige Informationen aus den Märkten erhielt. Kundenunternehmen, so<br />
z. B. Forschungsinstitute und -labors wollen vielfach ihre Arbeitsmethoden geheim<br />
halten und sind nicht bereit, den Einsatz ihrer Messinstrumente bekannt zu geben. Eine<br />
Referenzliste konnte aus diesem Grunde bisher nicht erstellt werden. Auch Success<br />
Stories wurden nur von wenigen Distributoren zur Verfügung gestellt, weil auch hier<br />
die Vertraulichkeit gegenüber den Kunden gewahrt werden musste, die die Nutzung<br />
von Nanosurf-Produkten als eigenen Konkurrenzvorteil begreifen und Anwendungsinformationen<br />
häufig nicht weitergeben wollen. Abbildung 6-32 zeigt einen Auszug aus
272<br />
Kapitel 6<br />
der Success Story bei der Freien Universität Berlin, die eine spezielle Anwendung der<br />
Nanosurf-Produkte nutzt.<br />
6.5.2.3.2 Internetportal <strong>für</strong> Distributoren<br />
Um die einzelnen Informationen zu Produkten, Kunden und Wettbewerbern integriert<br />
bereitzustellen und im Vergleich zur Sales CD eine noch höhere Aktualität zu erzielen,<br />
die insbesondere auch <strong>für</strong> Software-Updates und Neuentwicklungen von Bedeutung<br />
ist, hat man sich dazu entschieden, ein geschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren einzurichten<br />
(s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 1“). Dieses Portal soll in Zukunft auch <strong>für</strong><br />
den Austausch zwischen den Distributoren genutzt werden können. Durch die Ausrichtung<br />
auf die spezifischen Informationsbedürfnisse der Distributoren werden die<br />
lokale Kompetenz und damit die Verkäufe erhöht. Inhalte, die <strong>für</strong> ein solches Informationsportal<br />
vorgeschlagen wurden, sind:<br />
• Monatlicher Newsletter mit aktuellen Entscheidungen und Neuproduktund<br />
Produktweiterentwicklungen von Nanosurf,<br />
• Wettbewerbsticker mit Informationen über Wettbewerber, deren Produkte<br />
und Verkaufsaktivitäten,<br />
• Success Stories zu Kundenanwendungen,<br />
• Dokumentationen und Handbücher zu Produkten und technischen Details,<br />
• Software und Software-updates zu den Nanosurf-Produkten,<br />
• Diskussionsforum über Verbesserungen, zukünftige Produktentwicklungen<br />
und Markttrends,<br />
• Frequently Asked Questions mit besonderer Berücksichtigung der<br />
Supportfunktion <strong>für</strong> die unterschiedlichen Produktgruppen.<br />
Der Einsatz des Internets <strong>für</strong> den internen Informationsaustausch wurde bis zum<br />
Vertriebstreffen 2003 auf eine Download-Seite mit Fotos von Produkten und Softwarepaketen<br />
beschränkt. Die Bereitstellung von Downloadmaterialien wie Software,<br />
Dokumentationen und Informationen über das Internet wurde deshalb von den Distributoren<br />
bisher besonders bemängelt. Auch wurde eine stärkere marktübergreifende<br />
Vernetzung von den Distributoren gefordert.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 273<br />
Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren<br />
Die meisten dieser Mängel wurden durch den Einsatz eines selbst entwickelten Internetportals<br />
<strong>für</strong> Distributoren behoben. Die passwortgeschützte Internetseite stellt zu den<br />
einzelnen Produktlinien verkaufsunterstützende Materialien (z. B. Broschüren, Poster,<br />
Bildmaterial), Dokumentationen (z. B. Handbücher, technische Steckbriefe) sowie<br />
Software, Informationen zu Zubehör und Antworten zu häufigen Fragen bereit. Darüber<br />
hinaus werden monatliche Newsletter veröffentlicht und archiviert, Presseinformationen,<br />
Success Stories und Wettbewerbsinformationen bereitgestellt. Eine Lösung<br />
<strong>für</strong> die Kommunikation der Distributoren untereinander in Form eines Forums „Nanosurf<br />
Talk“ ist in Planung. Nanosurf spricht von einem „Distributorennetzwerk“, das<br />
stärker unterstützt werden soll und die Distributoren untereinander stärker verbindet.<br />
Das Teilen der Erfahrungen und der individuellen Problemlösungen wird von Nanosurf<br />
aufgrund der technisch anspruchsvollen Produkte als wichtige Erfolgsgrundlage<br />
gesehen. Aber nicht nur die höhere Professionalität der Distributoren liefert hierbei<br />
einen wichtigen Erfolgsbeitrag. Auch die Dezentralisierung des Wissenstransfers<br />
entlastet die zentralen Ressourcen und weitet damit die Möglichkeiten des Supports<br />
aus.<br />
6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen<br />
Ein besonders intensiv diskutierter Punkt in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf<br />
und den Distributoren ist die Bereitschaft des Herstellers, auf spezielle Kundenanfra-
274<br />
Kapitel 6<br />
gen zu reagieren und Sonderlösungen anzubieten (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 3“).<br />
Zusätzliche Betriebsarten, individuelle Produktanpassungen, Anpassungen der Software<br />
und gemeinsame Entwicklungsinitiativen sind Beispiele <strong>für</strong> Speziallösungen, die<br />
von Distributoren gefordert wurden. Es wurde dabei von Distributoren die Meinung<br />
vertreten, dass durch technische Modifikationen auch weitere Kundensegmente angesprochen<br />
und bedient werden könnten.<br />
Nanosurf stand diesen Anliegen in der Vergangenheit sehr kritisch gegenüber, da hierdurch<br />
Komplexitätskosten entstehen, die oftmals bis zu einer Verfünffachung der Preise<br />
führen könne. Die zentralen Wettbewerbsvorteile der bestehenden Nanosurf Lösungen,<br />
die insbesondere in der einfachen Anwendung und in den geringen Kosten liegen,<br />
werden hierdurch aufgeweicht. Nach eigenen Ermittlungen des Herstellers benötigen<br />
die geforderten Spezialanwendungen nicht nur in der Entwicklung zusätzliche Ressourcen.<br />
Insbesondere fallen wegen fehlender Standardisierung weitaus höhere Kosten<br />
im technischen Support an, denn Spezialanfragen können bis zu 80 Prozent der gesamten<br />
Supportzeit vereinnahmen.<br />
Als Kompromiss hat man sich deshalb dazu entschlossen, nur auf geringe Abweichungen<br />
von den Standardlösungen einzugehen. Um dem dadurch steigenden Supportaufwand<br />
Rechnung zu tragen, hat man Handbücher und andere Dokumentationen erstellt<br />
sowie die personellen Ressourcen im Support auf eine volle Mitarbeiterstelle ausgeweitet.<br />
Liegen Anwendungsbereiche der Kundenprobleme hingegen weit von den<br />
Kernanwendungen der Nanosurfprodukte entfernt, wie z. B. Messungen in Flüssigkeiten<br />
anstatt in Luft, werden diese Anfragen nicht realisiert. Auch wenn hierdurch potenzielle<br />
Umsätze verloren gehen, bildet diese Entscheidung nach Einschätzung Nanosurfs<br />
die Basis <strong>für</strong> die nachhaltige Profitabilität des Wachstums.<br />
An dieser Stelle wurde eine weitere strategische Entscheidung getroffen: Spezialanfragen<br />
werden bei Nanosurf in Zukunft systematisch erfasst und bei der Häufung eines<br />
Bedarfs in bestimmten Anwendungsfeldern an die Entwicklungsabteilung weitergegeben.<br />
Hier können Aufwand und Potenziale abgeschätzt werden. Ist man der Meinung,<br />
dass ganze Marktsegmente mit einer Lösung bedient werden können, wird man ggf.<br />
den Entwicklungsaufwand investieren.<br />
6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings<br />
Zu Planungszwecken in Produktion und Marketing sollen Distributoren bei Nanosurf<br />
quartalsweise einen „Distributor’s report“ erstellen und übermitteln. Diese Reporte
Vertriebsgestaltung des Herstellers 275<br />
enthalten u. a. wichtige Informationen über Kunden, Kundenbedürfnisse, Werbeinitiativen,<br />
kurzfristige Verkaufsplanung, Konkurrenz und Marktlage des jeweiligen Distributors.<br />
Im bisherigen Reporting mussten Distributoren Informationen zu zwölf verschiedenen<br />
inhaltlichen Bereichen erstellen.<br />
Diese Informationswünsche des Herstellers werden von Distributoren als unverhältnismässig<br />
hoch eingeschätzt. In der Vergangenheit führte dies dazu, dass Distributoren<br />
die Reportings nicht oder nur unvollständig erstellten. Im ersten Quartal des Jahres<br />
2003 wurde schliesslich trotz mehrmaliger Ermahnung von nur drei Distributoren ein<br />
Reporting bei Nanosurf eingereicht. Die hieraus resultierende fehlende Aussagekraft<br />
sowie die Unzufriedenheit der Distributoren (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 7“) bestärken<br />
die Notwendigkeit einer Veränderung der bestehenden Vorgehensweise.<br />
Einige Distributoren kritisierten, dass die benötigte Zeit zum Ausfüllen des quartalsweise<br />
geforderten Reportings zu hoch sei. Insbesondere die Erfassung und schriftliche<br />
Beschreibung der Aktivitäten von Kunden und Wettbewerbern erzeuge lokal einen<br />
verhältnismässig grossen Aufwand. Man entschloss sich deshalb dazu, das Reporting<br />
in Inhalt und Umfang zu überarbeiten. Nanosurf erklärte sich bereit, das Format des<br />
Reportings nach Massgabe der Vorschläge der Distributoren zu verändern.<br />
Dazu wurden die inhaltlichen Informationskategorien überarbeitet und von 12 auf 10<br />
Kategorien reduziert (s. Abbildung 6-34). Der von den Distributoren beschriebenen<br />
Schwierigkeit, die qualitativen Kunden- und Wettbewerbsinformationen schriftlich<br />
festzuhalten und <strong>für</strong> Nanosurf brauchbar zu übermitteln, wurde durch den Wechsel des<br />
verwendeten Mediums erreicht. Informationen zu Kundenbedürfnissen, Neuproduktvorschläge<br />
und Wettbewerbsaktivitäten werden nach der neuen Vorgehensweise nicht<br />
mehr schriftlich übermittelt. Stattdessen werden die Distributoren von Nanosurf telefonisch<br />
kontaktiert und zu den entsprechenden Informationskategorien befragt. Dieser<br />
vermehrte persönliche Kontakt trägt ebenfalls zu einer Verbesserung der Beziehung<br />
bei. Die Anzahl der schriftlich zu übermittelnden Informationskategorien wurde damit<br />
von 12 auf 6 halbiert. Der zeitliche Aufwand <strong>für</strong> Distributoren sinkt im Vergleich zu<br />
vorher hingegen auf ca. ein Drittel, da der überdurchschnittliche Aufwand <strong>für</strong> die<br />
schriftliche Formulierung der qualitativen Informationen wegfällt.<br />
Die Veränderung des Vorgehens wird sowohl aus Sicht des Herstellers als auch aus<br />
Sicht der Distributoren als voller Erfolg angesehen. Für den Hersteller hat sich die<br />
Verfügbarkeit und die Qualität der Informationen erhöht, während Distributoren ihren<br />
Aufwand zur Erstellung des Reportings senken konnten.
276<br />
Altes Reporting<br />
Neues Reporting<br />
Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings<br />
6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />
Kapitel 6<br />
Auf dem Distributorenmeeting im Jahre 2003 wurden Schwerpunkte <strong>für</strong> Verbesserungen<br />
festgelegt und erste Lösungsansätze vorgeschlagen. Die Detailplanung und die<br />
Umsetzung der Vorschläge wurden im Laufe des Geschäftsjahres 2003/2004 beim<br />
Hersteller in Gang gesetzt.<br />
Im Jahr 2004 wurden die Lösungen in Form eines Zeitvergleiches beurteilt. Allerdings<br />
wurden hierzu keine quantitativen Vergleichsgrössen herangezogen, sondern eine qualitative<br />
Beurteilung durch die Distributoren auf dem Distributorenmeeting 2004. Es<br />
zeigten sich bereits erste Erfahrungen mit der Umsetzung der Massnahmen und deren<br />
Erfolg. Zum Teil gaben Distributoren Vorschläge <strong>für</strong> die Weiterentwicklung der Lösungsansätze,<br />
so wurden z. B. weitergehende Wettbewerbsanalysen gefordert. Auch<br />
Nanosurf präsentierte weitere Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Professionalisierung der Vertriebsorganisation,<br />
so z. B. durch weitere personelle Veränderungen im Support der<br />
Distributoren, der Konzeption von Bewertungskriterien <strong>für</strong> Distributoren und durch<br />
die Verdopplung des zentralen Aufwandes bei der Bereitstellung von Applikationen<br />
auf dem Internetportal <strong>für</strong> Distributoren. Eine erneute Beurteilung und Weiterentwicklung<br />
ist <strong>für</strong> das Distributorenmeeting im Jahr 2005 geplant.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 277<br />
6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />
Der Fall der Nanosurf AG zeigt Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
mit Distributoren unter der Berücksichtigung knapper Ressourcen. Der Weg über<br />
Distributoren eröffnete dem High-tech Unternehmen die Möglichkeit, schnell und effizient<br />
in den Besitz internationaler Marktpräsenz zu gelangen. Der Engpass an produkt-<br />
und organisationsbezogenem Wissen der Distributoren konnte durch verschiedene<br />
Informationsansätze abgebaut werden. Dank der komfortablen Margenstruktur und<br />
dem eher geringen Wettbewerb war es somit möglich, <strong>für</strong> Distributoren ein attraktiver<br />
Zulieferer zu werden.<br />
Bei weiter steigenden Verkäufen wird das Unternehmen in grossen Märkten allerdings<br />
vermutlich an die Grenze der Distributorenlösung stossen. Dr. Robert Sum und Dr.<br />
Loris Scandella gehen davon aus, dass sich ab einem Umsatzvolumen von ca. 2 Mio.<br />
CHF in einem Markt über den Aufbau einer eigenen Niederlassung nachgedacht werden<br />
muss. In manchen Märkten wird diese Schwelle wohl bald erreicht sein. Aus der<br />
Zusammenarbeit mit eigenen Tochtergesellschaften resultieren <strong>für</strong> das Unternehmen<br />
neue Herausforderungen.<br />
In Zukunft will Nanosurf seine Anstrengungen im wichtigen Marktsegment der industriellen<br />
Anwendung verstärken. Hier können die bereits mit Distributoren diskutierten<br />
Finanzierungs- und Leasinglösungen eine neue Bedeutung erhalten. Denn in diesem<br />
Segment spielen steuerliche Aspekte und Wirkungen auf das Umlaufvermögen bzw.<br />
die Kapitalbindungskosten des Umlaufvermögens eine sehr viel höhere Rolle als im<br />
Segment der Universitäten und universitätsnahen Forschungslabors. Aus der neuen<br />
Schwerpunktsetzung bei den bearbeiteten Segmenten können deshalb unmittelbar neue<br />
Anforderungen <strong>für</strong> die Zusammenarbeit folgen. Dies gilt vermutlich auch <strong>für</strong> Bestrebungen<br />
asiatischer Distributoren, die eine Erschliessung neuer Kundensegmente <strong>für</strong><br />
ihre Märkte fordern. Sollte sich Nanosurf hierzu entschliessen, sind ebenfalls Anpassungen<br />
in der von Distributoren benötigten Unterstützung zu erwarten. Die regelmässigen<br />
Feedbacks und Diskussion von Lösungen auf den Distributorentreffen der Nanosurf<br />
AG bilden eine gute Grundlage <strong>für</strong> diese kontinuierliche Anpassung und <strong>für</strong> eine<br />
nachhaltige Professionalisierung der Zusammenarbeit in der internationalen Vertriebsorganisation.
278<br />
Kapitel 6<br />
6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand<br />
Die Fallstudie Gallus Ferd. Rüesch AG zeigt, wie ein mittelständisches Unternehmen<br />
mit einer gewachsenen Organisationsstruktur vorgeht, um die Zusammenarbeit mit<br />
Tochtergesellschaften, kooperativ genutzen Vertriebsgesellschaften und unabhängigen<br />
Distributoren zu gestalten. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie liegen bei der Bereitstellung<br />
kunden- und wettbewerbsbezogener Informationen (s. auch Absatz 6.3.7.1,<br />
S. 210 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.), der Gestaltung und Sicherstellung von Margen<br />
und Transferpreisen (s. auch Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.; Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie<br />
bei der Entwicklung von verkaufsunterstützenden Finanzierungsprogrammen <strong>für</strong><br />
Kunden (s. Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.).<br />
6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch<br />
Die Gallus Ferd. Rüesch AG wurde im Jahr 1923 gegründet und ist mit ca. 500 Mitarbeitern<br />
ein mittelständisches Unternehmen der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St.<br />
Gallen, Schweiz. Das Unternehmen entwickelt, produziert, vertreibt und unterhält<br />
Drucksysteme <strong>für</strong> die weltweite Etikettendruckindustrie. Entwicklung und Produktion<br />
befinden sich an den beiden Hauptstandorten in St. Gallen und Langgöns-Oberkleen,<br />
Deutschland. Mit einem Umsatz von etwa 120 Mio. EUR pro Jahr ist Gallus Weltmarktführer<br />
in diesem Bereich. Der weltweite Marktanteil von Gallus beträgt etwa 30<br />
Prozent.<br />
Seit 1999 hält die Heidelberger Druckmaschinen AG aus Heidelberg, Deutschland,<br />
rund 30 Prozent des Eigenkapitals an der Gallus Holding AG. Die Heidelberger<br />
Druckmaschinen AG ist Weltmarktführer <strong>für</strong> Lösungen in der Pre-Press-, Press- und<br />
Post-Pressindustrie. Die beiden Unternehmen kooperieren in den Geschäftsbereichen<br />
Marketing, Vertrieb und Technologie.<br />
Produkte und Kunden des Unternehmens<br />
Die Gallus-Gruppe spricht mit ihrem Produktportfolio derzeit vor allem die Etikettendruckindustrie<br />
an und steht nach eigenen Angaben in diesem Segment weltweit <strong>für</strong><br />
Qualität und Innovation. Die modulare Bauweise der Gallus-Druckmaschinen ermöglicht<br />
flexible Einsatzmöglichkeiten auch <strong>für</strong> Spezialsegmente des Verpackungsdrucks<br />
(z. B. Faltschachteln).<br />
Im Markt der Etikettendrucker erhöhte sich in den letzten Jahren der Kostendruck.<br />
Einerseits führen Zusammenschlüsse und Insolvenzen zu einer stärkeren Konzentration<br />
des Marktes. Andererseits sehen sich die Etikettendrucker zunehmend mit kleiner
Vertriebsgestaltung des Herstellers 279<br />
werdenden Auftragsgrössen bei kürzeren Lieferfristen konfrontiert. Hierdurch schwinden<br />
Skaleneffekte und die stückbezogenen Rüstkosten steigen. Der Margendruck führt<br />
bei vielen Anbietern zu einer hohen Unsicherheit über die Zukunft des Geschäftes.<br />
Auch findet in der nachgelagerten Marktstufe eine Internationalisierung statt, die vor<br />
allem durch die Abnehmer der Etiketten getrieben wird. Insbesondere Markenartikelhersteller<br />
suchen die Zusammenarbeit mit internationalen Etikettendruckern, die global<br />
tätig sind, aber gleichzeitig die lokale Versorgung sicherstellen können.<br />
Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, hat Gallus Drucksysteme entwickelt,<br />
die durch geringe Makulatur, kurze Einrichtzeiten und geringe Ausfallzeiten auch <strong>für</strong><br />
kleine Auflagen eine rentable Produktion ermöglichen. Gallus versucht damit einen<br />
Beitrag zu leisten, um die Wertschöpfungskette ihrer Kunden zu optimieren.<br />
Internationale Vertriebsorganisation<br />
Die Gallus-Gruppe ist schon seit Jahrzehnten international tätig und belieferte bereits<br />
im Jahre 1955 die ersten Kunden in Grossbritannien. Durch die Kooperation mit der<br />
Heidelberger Druckmaschinen AG im Jahr 1999 hat der Begriff Internationalität bei<br />
Gallus eine neue Dimension erhalten. Heidelberger ermöglicht der Gallus-Gruppe, auf<br />
ein globales Vertriebsnetz der grafischen Industrie zurückzugreifen und in neue Märkte<br />
hineinzuwachsen.<br />
Zz. setzt die Gallus Ferd. Rüesch AG <strong>für</strong> die internationale Marktpräsenz verschiedene<br />
Vertriebsformen ein. In wichtigen Märkten, in denen das Unternehmen bereits seit<br />
vielen Jahren präsent ist, existieren eigene Vertriebsgesellschaften. Dank der Kooperation<br />
mit dem Unternehmen Heidelberg ist Gallus nun auch in starken Wachstumsmärkten<br />
wie Osteuropa und Asien präsent. In anderen Märkten greift man hingegen<br />
nach wie vor auf unabhängige Distributoren zurück. Abbildung 6-35 zeigt die von der<br />
Gallus Ferd. Rüesch AG genutzte weltweite Vertriebsorganisation. Das Unternehmen<br />
ist vor allem in Westeuropa, Australien und den USA mit eigenen Tochtergesellschaften<br />
und Vertretungen tätig. Die Marktregionen Osteuropa, Lateinamerika, Afrika, Naher<br />
Osten und Asien werden hingegen durch Vertriebspartner der Heidelberger<br />
Druckmaschinen abgedeckt.
280<br />
••Gallus Gallus Tochtergesellschaft,<br />
••Gallus Gallus Vertretung,<br />
••Heidelberg Heidelberg Ländergesellschaft.<br />
Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch<br />
Kapitel 6<br />
Seit dem Jahr 2001 besitzt Gallus Regionalzentren, so genannte „Hubs“ <strong>für</strong> die vier<br />
Wirtschaftsräume „Zentraleuropa“, „Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika“, „Asia-<br />
Pacific und Lateinamerika“ sowie „Nordamerika“. In den regionalen Hubs können<br />
Entscheidungen <strong>für</strong> Regionen angepasst und länderübergreifend pro Region Aktivitäten<br />
und Ressourcen gebündelt werden. So können z. B. Vorführmaschinen regional<br />
bereit gestellt werden, wodurch erst möglich wird, dass Gallus weltweit Etikettendruckmaschinen<br />
vorführen kann. Ebenso bietet Gallus den Kunden regional an, Maschinenoperateure<br />
auszubilden. Zudem wird es leichter, die First Level Support Strategie<br />
umzusetzen. Eine hohe technische Kompetenz wird in den Regionalzentren gebündelt.<br />
Um die Risiken bei der Neuinstallation von komplexen Drucksystemen zu<br />
reduzieren, werden Mitarbeiter aus der Vertriebspartnerorganisation zu lokalen technischen<br />
Spezialisten ausgebildet, was ebenfalls auf regionaler Ebene erfolgen kann.<br />
6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />
In der Sitzung des Verwaltungsrates der Gallus Gruppe im November 2003 wurde beschlossen,<br />
die Vertriebsorganisation und insbesondere die Zusammenarbeit mit den<br />
Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG auf den Prüfstand zu<br />
stellen. Ziel war es, Potenziale aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen, da<br />
eine effektive Vertriebsorganisation bei Gallus als eine der wichtigsten strategischen<br />
Ressourcen im internationalen Wettbewerb gesehen wird.
Vertriebsgestaltung des Herstellers 281<br />
Vorgehensweise bei der Diagnose<br />
Klaus Aarestrup, Leiter Marketing und Vertrieb bei Gallus, wurde mit der Aufgabe<br />
betraut, Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern zu identifizieren<br />
und Ansätze zu deren Lösung vorzuschlagen. Die Ergebnisse und mögliche<br />
Lösungsansätze sollten bereits auf der nächsten Verwaltungsratssitzung im August<br />
2004 vorgestellt werden. Klaus Aarestrup entschloss sich zu einer standardisierten Befragung,<br />
um die Meinungen möglichst aller Vertriebspartner erfassen zu können. Zunächst<br />
wurde in mehreren internen Workshops in der Zentrale ein Fragebogen mit<br />
sämtlichen Aspekten erstellt, die <strong>für</strong> die Zusammenarbeit wesentlich erschienen. Der<br />
Fragebogen wurde vor dem Versand durch Vertriebspartner aus den verschiedenen<br />
Regionen getestet und ausführlich beurteilt. Dadurch konnten unklare Formulierungen<br />
aufgedeckt und im Fragebogen abgeändert werden. In der endgültigen Version des<br />
Fragebogens mussten die Befragten einschätzen, wie hoch ihre Zufriedenheit mit bestimmten<br />
Aspekten der Zusammenarbeit ist, welche Bedeutung sie diesem Aspekt<br />
beimessen und ob Gallus sich diesbezüglich innerhalb der letzten 12 Monate verbessert<br />
hat oder nicht.<br />
Der englischsprachige Fragebogen wurde im Mai 2004 elektronisch an 82 Vertriebspartner<br />
versandt. Es nahmen sowohl Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen<br />
AG, eigene Tochtergesellschaften und unabhängige Distributoren an der<br />
Befragung teil. Nach einer schriftlichen Aufforderung durch Klaus Aarestrup und einer<br />
telefonischen Nachfassaktion konnten schliesslich 61 Vertriebspartner zu einer<br />
Antwort bewegt werden, was immerhin einer Rücklaufquote von 73 Prozent entspricht.<br />
Bei den meisten Befragten handelte es sich um lokale Geschäftsführer und<br />
Vertriebsleiter.<br />
Die Daten wurden anschliessend einem Plausibilitätscheck unterzogen und mit Hilfe<br />
eines zuvor erstellten Auswertungsplanes analysiert. Nach der Präsentation der Ergebnisse<br />
vor dem Verwaltungsrat erhielten schliesslich sämtliche Mitglieder der internationalen<br />
Vertriebsorganisation ein knappe Zusammenfassung.<br />
Ergebnisse der Untersuchung<br />
Das Ergebnis der Befragung umfasste die Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit<br />
aus Sicht der Vertriebspartner. Abbildung 6-36 (S. 282) zeigt als zentrales<br />
Analyseergebnis ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit und deren Bewertung aus<br />
Sicht der Vertriebspartner im Wortlaut der Untersuchung. Bei der Befragung wurden<br />
insgesamt 49 Aspekte beurteilt und einer Analyse unterzogen. An dieser Stelle wird
282<br />
Kapitel 6<br />
der Fokus auf kritische Aspekte gelegt, die Ansatzpunkte <strong>für</strong> eine Verbesserung darstellen.<br />
Aus Vertraulichkeitsgründen wird darauf verzichtet, die absoluten Werte in<br />
Bezug auf Zufriedenheit, Bedeutung und Entwicklung anzugeben. Die relative Darstellung<br />
der Aspekte in Abbildung 6-36 (S. 282) führt jedoch zu den gleichen Handlungsimplikationen.<br />
Hoch<br />
Zufriedenheit<br />
Gering<br />
Gering<br />
Issue 2<br />
Issue 1<br />
Issue 3<br />
Bedeutung<br />
Issue 9<br />
Issue 4<br />
Issue 11<br />
Issue 5<br />
Hoch<br />
Issue 10<br />
Issue 8<br />
Issue 7<br />
Issue 6<br />
Legende: Anteil der<br />
Vertriebspartner, die<br />
glauben, dass sich Gallus in<br />
den letzten 12 Monaten<br />
verbessert hat:<br />
Weniger als 40 %<br />
Zwischen 40 und 60 %<br />
Mehr als 60 %<br />
Anm. d. Verf.: Aus Vertraulichkeitsgründen wurden die Bezeichnung im Diagramm anonymisiert. Issues waren z. B.: „Market information”,<br />
„Incentive programs”, „Technical and commercial training”, „Credit policies”, „Sales growth potential of products”, „Harmonizing international<br />
prices”, „Fairness and honesty“, „Transfer prices“, „Profits from products“, „Customer financing programs“ und „IT-support“.<br />
Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus<br />
Eine besonderer Stellenwert kommt den Finanzierungsprogrammen <strong>für</strong> Kunden zu,<br />
denn bei diesem Aspekt ist eine hohe Bedeutung ist mit niedriger Zufriedenheit der<br />
Vertriebspartner gekoppelt. Weniger als 40 Prozent der Befragten sind der Meinung,<br />
dass sich Gallus in den letzten 12 Monaten in Bezug auf angebotene Finanzierungsprogramme<br />
verbessert hat. Die beiden Aspekte „Transferpreise“ und „Profitmargen“<br />
hängen inhaltlich zusammen und zeigen ähnliche Ergebnisse, da die Höhe der Transferpreise<br />
bei einem gegebenem Verkaufspreis die Marge bestimmt. Bei beiden Aspekten<br />
besteht eine Unzufriedenheit bei gleichzeitig hoher Bedeutung <strong>für</strong> die Vertriebspartner.<br />
Nur wenige Vertriebspartner sehen Verbesserungen in den letzten 12 Monaten.<br />
Dagegen wird bei Gallus bereits seit einiger Zeit an einer verbesserten internen Kommunikation<br />
mit den Vertriebspartnern gearbeitet. In diesem Rahmen wurden z. B.<br />
Wettbewerbs- und Kundeninformationen bereitgestellt, die durch eine weltweite<br />
Marktbefragung erhoben worden waren. Obgleich sich aus Sicht der Vertriebspartner<br />
bereits Verbesserungen eingestellt haben, soll die Versorgung der internationalen Ver-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 283<br />
kaufs- und Serviceorganisation mit marktbezogenen Informationen weiter verstärkt<br />
werden. Mit den drei weiteren in Abbildung 6-36 (S. 282) genannten Aspekte des<br />
„Verkaufspotenzials der Produkte“, des „technischen und betriebswirtschaftlichen<br />
Trainings“ sowie der „Fairness und Ehrlichkeit“ des Herstellers Gallus besteht aus<br />
Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit. Diese Aspekte<br />
benötigen somit derzeit keinerlei Veränderungen.<br />
Bei Gallus wurden deshalb die drei Aspekte „Bereitstellung von Marktinformationen“,<br />
„Transferpreise und Margen der Produkte“ und „Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden“<br />
weiter verfolgt, um eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen.<br />
6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />
6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen<br />
Die Bereitstellung von marktbezogenen Informationen, insbesondere in Bezug auf<br />
Kunden und Wettbewerb, wurde im letzten Jahr bereits weitgehend verbessert. Die<br />
Leiterin des Bereiches Marktkommunikation, Gerda Gerschwiler führte internationale<br />
Kundenbefragungen durch. U. a. wurden <strong>für</strong> die Unterstützung der Vertriebspartner<br />
„Sales Kits“ entworfen, die eine bessere Kundenbetreuung ermöglichen. Dazu gehören<br />
Massnahmen im Bereich der technischen Schulung der Vertriebspartner, es wurde<br />
teilweise zusätzliches Personal <strong>für</strong> den technischen Support eingestellt sowie die<br />
schnellere Verteilung von Marketing- und Vertriebsinformationen durch einen Marketing<br />
Newsletter sichergestellt.<br />
Die Vertriebspartner wünschen sich darüber hinaus, Informationen zu Wettbewerbern<br />
sowie Vergleichstests und Dokumentation zu Wettbewerbsprodukten bereitgestellt zu<br />
bekommen. In der Marketing- und Vertriebsleitung wurde die Bereitstellung umfangreicher<br />
Wettbewerbsinformationen kontrovers diskutiert. Man ist sich bewusst, dass<br />
die Kenntnis der Wettbewerbsprodukte besonders <strong>für</strong> unerfahrene Vertriebsmitarbeiter<br />
eine wichtige Argumentationshilfe bietet. Es könnte jedoch auch sein, dass diese missbraucht<br />
wird, um über die fehlende Kenntnis der eigenen Produkte abzulenken. Hier<br />
sieht der Vertriebsleiter Aarestrup eine Gefahr, denn gerade unerfahrene Vertriebspartner<br />
können bei der umfangreichen Bereitstellung von Informationen zu den<br />
Nachteilen der Wettbewerbsprodukte schnell dazu neigen, sich beim Kunden darüber<br />
zu profilieren, dass sie Wettbewerbsprodukte schlecht machen. Der Vergleich zwischen<br />
Lösungen von Gallus und denen der Konkurrenz steht nach Aarestrup eindeutig<br />
den Kunden zu, nicht aber dem Vertriebspartner. Die Profilierung auf Kosten der Kon-
284<br />
Kapitel 6<br />
kurrenz fällt nach Einschätzung Aarestrups mittelfristig allzu leicht wieder auf den<br />
Vertriebspartner und damit auf Gallus zurück.<br />
Klaus Aarestrup führt die Unzufriedenheit bezüglich wettbewerbsbezogener Informationen<br />
somit zumindest teilweise und insbesondere bei unerfahrenen Vertriebspartnern<br />
auf die fehlende Kenntnis von technischen und kommerziellen Vorteilen der Gallus-<br />
Lösungen zurück. Wesentliche Ansatzpunkte liegen demnach nicht nur in der Bereitstellung<br />
zusätzlicher Informationen, sondern vor allem in der Ausweitung von Schulungen<br />
und technischem Training. Für Verkäufer, die wegen unzureichender Kenntnisse<br />
bisher nicht in der Lage waren, die Stärken der Produkte darzustellen und darüber<br />
zu verkaufen, sollen eigene produktbezogene Schulungen angeboten werden.<br />
6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen<br />
Der Höhe der Transferpreise und Profitmargen der verschiedenen Produkte aus Sicht<br />
der Zentrale und der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu. Dies ist<br />
nicht nur der Fall, weil sie direkten Einfluss auf die zentralen und dezentralen Cash-<br />
Flows und Gewinne besitzen. Darüber hinaus sind Aspekte des Commitments und der<br />
Kultur zu beachten. Denn Gallus ist weltweit als hochpreisiger Qualitätsführer positioniert.<br />
Die Zentrale sieht deshalb die Kritik am Preisniveau teilweise auch als Mangel<br />
an Vertrautheit und Verbundenheit mit den Positionierungszielen des Herstellers.<br />
Gallus formulierte zur Lösung der Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen<br />
deshalb zwei verschiedene Ansätze, die zz. ausgearbeitet werden:<br />
• „Retrainings“: Um die Kenntnisse und Durchsetzung in Bezug auf die Positionierungsziele<br />
des Herstellers Gallus zu unterstützen, sieht man auch hier aktuellen<br />
Schulungsbedarf. Es ist ein so genanntes „Retraining“ durchzuführen, das Vertriebspartner<br />
mit geeigneten Kundensegmenten und Verkaufsargumenten vertraut<br />
macht, um die strategische Positionierung aufrecht zu erhalten.<br />
• „Open-Book Dialoge“: Die hohe Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen<br />
besteht insbesondere bei Vertriebspartnern, die in Schwellenländern tätig sind. Als<br />
mögliche Gründe <strong>für</strong> die Unzufriedenheit sieht Klaus Aarestrup zu hohe Erwartungen,<br />
die z. B. durch ungünstige lokale Kostenstrukturen zustande kommen können.<br />
Dem kann nach Einschätzung Aarestrup nicht durch standardisierte Massnahmen<br />
der Zentrale begegnet werden, sondern bedarf der persönlichen Kommunikation.<br />
Deshalb hat man sich dazu entschlossen, den Vertriebsgesellschaften so genannte<br />
„Open-Book Dialoge“ anzubieten. „Open Book“ bedeutet, dass beide Partner mit
Vertriebsgestaltung des Herstellers 285<br />
offenen Karten spielen und sich zu ernsthaften Diskussionen und Beratungen auf<br />
Basis von internem Zahlenmaterial bereit erklären.<br />
Durch die Kombination der beiden Stossrichtungen versucht Gallus, die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner mit den Transferpreisen und Margen zu erhöhen.<br />
6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden<br />
Die höchste Unzufriedenheit, die bei Vertriebspartnern in der Zusammenarbeit mit<br />
Gallus besteht, betrifft fehlende Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden. Wie bereits<br />
weiter oben erwähnt, ist Gallus allerdings nicht in der Lage, eigene Kreditprogramme<br />
<strong>für</strong> Kunden in sämtlichen Märkten anzubieten. Als Alternative kann auch Leasing <strong>für</strong><br />
finanzschwache Kunden eine Hilfe bei der Finanzierung darstellen. Leasing ermöglicht<br />
die Wahrung von Liquidität. Für grössere Kundenunternehmen stehen häufig<br />
auch die dadurch geringeren Kapitalbindungskosten und steuerlichen Vorteile im Vordergrund.<br />
Klaus Aarestrup sieht Leasinglösungen <strong>für</strong> eine gute Alternative zur reinen Kreditvergabe.<br />
In entwickelten Märkten arbeitet Gallus bereits mit lokalen Leasinggesellschaften<br />
zusammen. Diese kaufen die Maschinen bei Gallus und verleasen diese an die<br />
Kundenunternehmen. Für Gallus änderte sich daher finanziell nichts, jedoch würde<br />
Vertriebspartnern ein wichtiges Verkaufsinstrument an die Hand gegeben, das insbesondere<br />
Verkäufe an kleine finanzschwache Kunden fördert.<br />
Ein weitaus grösserer Bedarf und zugleich eine grössere Dringlichkeit der Finanzierungslösungen<br />
besteht in schwachen Märkten wie z. B. Argentinien. In diesen Ländermärkten<br />
sind Leasingmodelle nicht möglich, denn es existieren keine lokalen Leasinggesellschaften,<br />
die Geld zur Verfügung stellen. Lösungen <strong>für</strong> die Finanzierung in<br />
Ländermärkten, in denen keine Leasinggesellschaften bestehen, existieren bislang jedoch<br />
nicht.<br />
6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />
Eine Präsentation der Untersuchungsergebnisse auf der Sitzung des Verwaltungsrates<br />
im August 2004 hat ein Bewusstsein <strong>für</strong> die Stärken und Schwächen von Gallus in der<br />
Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern erzeugt. Investitionen in die Zusammenarbeit<br />
mit Vertriebspartnern wurden hierdurch unterstützt. Um Verbesserungen systematisch
286<br />
Kapitel 6<br />
erfassen, beurteilen und weitertreiben zu können, sieht man bei Gallus <strong>für</strong> die Zukunft<br />
zwei Ansatzpunkte der Kontrolle vor:<br />
• Regelmässige Wiederholung: Die Diagnose soll in regelmässigen Abständen von<br />
zwei Jahren wiederholt werden. Hierdurch werden der Erfolg eingeleiteter Massnahmen<br />
erfasst und neue Schwachstellen frühzeitig identifiziert. Der zeitliche Abstand<br />
von zwei Jahren stellt sicher, dass erneute Erhebungen bereits die Wirkungen<br />
der Verbesserungsmassnahmen enthalten, die zum Teil mit der Geschäftsleitung<br />
abgestimmt werden müssen.<br />
• Benchmarking: Klaus Aarestrup will neben dem Zeitvergleich auch ein Benchmarking<br />
der Vertriebsorganisation vornehmen. Durch den Vergleich mit anderen Unternehmen<br />
kann weiterer Handlungsbedarf identifiziert werden. Zz. werden dazu<br />
mögliche Benchmarking-Partner ermittelt, bewertet und zu einer Teilnahme eingeladen.<br />
6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />
Der Fall Gallus zeigt die Möglichkeiten und Einschränkungen, denen sich Vertriebsverantwortliche<br />
im Mittelstand ausgesetzt sehen, wenn sie die Zusammenarbeit in der<br />
Vertriebsorganisation verbessern wollen. Finanzierungslösungen sind zum einen nur<br />
begrenzt möglich. Zum anderen bestehen durch klare Organisationsstrukturen und höhere<br />
Spezialisierung und Arbeitsteilung formale Anforderungen an das Vorgehen und<br />
die Entscheidungskompetenzen. Der Einbezug des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung<br />
und die damit verbundenen personellen und zeitlich längeren Entscheidungswege<br />
kosten Flexibilität. Andererseits gelingt es dem Unternehmen mit einer<br />
hohen Professionalität vorzugehen um Lösungen zu entwickeln.<br />
In Zukunft werden regionale Meetings der Vertriebspartner durchgeführt, bei denen<br />
die Lösungsansätze der Zentrale weiterentwickelt werden sollen. Klaus Aarestrup will<br />
damit die Voraussetzung <strong>für</strong> eine noch höhere Akzeptanz bei der Umsetzung schaffen<br />
und bildet damit die Grundlage <strong>für</strong> eine hohe Effektivität der strategisch so wichtigen<br />
internationalen Vertriebsorganisation.<br />
6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern<br />
Die Fallstudie BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE) zeigt, wie ein Grosskonzern<br />
mit komplexen Organisationsstrukturen vorgeht, um die Zusammenarbeit in seiner<br />
europäischen Vertriebsorganisation zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fall-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 287<br />
studie liegen im Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienst (s. auch<br />
Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.4.3, S. 189 ff.; Absatz 6.3.5.1, S. 193ff), bei der<br />
Abstimmung im Planungsprozess (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.; Absatz 6.3.5.2, S.<br />
196 ff.) sowie der Verbesserung des Vorgehens bei der Beantwortung von Kundenanfragen<br />
(s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.; Absatz 6.3.7.3, S.<br />
220 ff.).<br />
6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe<br />
Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF) wurde im Jahr 1865 gegründet und<br />
ist heute ein weltweit führender Zulieferer in seinen Sektoren Petrochemikalien, Plastik,<br />
Performance Chemikalien, Öl & Gas und Feinchemikalien wie z. B. Produkte <strong>für</strong><br />
die pharmazeutische Industrie. Im Jahr 2004 beschäftigte das Unternehmen mit Hauptsitz<br />
in Ludwigshafen, Deutschland, weltweit etwa 82’000 Mitarbeiter und erzielte einen<br />
Umsatz von 37.5 Mrd. Euro.<br />
Die regionale Business Unit „Pharma“, die zur regionalen Division „Fine Chemicals<br />
Europe, Africa, West Asia“ (RBU FCE) gehört, wird von Business Director Michael<br />
Lappas geleitet. Wichtige Produkte in diesem Bereich der BASF sind Wirk- und Trägerstoffe,<br />
wie sie z. B. zur Herstellung von Tabletten eingesetzt werden. Zu den Kunden<br />
zählen bekannte Pharmaunternehmen wie z. B. Pfizer, GlaxoSmithKline, Novartis<br />
und Bayer.<br />
Aktuelle Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma<br />
Die gegenwärtige Situation des Bereiches Pharma stellt das Unternehmen vor eine<br />
grosse Herausforderung. Seit Jahren ist es BASF im Pharmageschäft nicht gelungen,<br />
neue „Blockbuster-Produkte“, deren jährlicher Umsatz 1 Mrd. USD übersteigt, auf den<br />
Markt zu bringen. In zunehmendem Masse werden allerdings bestehende Produkte,<br />
deren Patentschutz inzwischen abgelaufen ist, durch indische und asiatische Konkurrenten<br />
kopiert und teilweise zu Preisen verkauft, die weit unter den BASF-Preisen liegen.<br />
Der schwache Dollar gibt diesen Konkurrenten zusätzliche Kraft. Gleichzeitig ist<br />
der Markt der Pharmaunternehmen besonders stark von Unternehmenskäufen und -<br />
zusammenschlüssen betroffen. Hierdurch entstehen Kundenunternehmen mit enormer<br />
Kaufkraft. Diese Tendenz als auch die Zentralisierungsbestrebungen im Einkauf der<br />
Kundenunternehmen führen zu zusätzlichem Druck auf Preise und Konditionen. Insbesondere<br />
verlangt dies eine entsprechend professionelle Koordination des Vorgehens<br />
bei Schlüsselkunden zwischen verschiedenen Märkten und Regionen.
288<br />
Kapitel 6<br />
Regulatorische Erfordernisse im europäischen Pharmageschäft (z. B. Analysen, Eintragungen,<br />
Zertifikate), wie sie zum Schutze des Verbrauchers von staatlicher Seite<br />
eingerichtet sind, stellen an die Hersteller von Wirk- und Trägerstoffen hohe Anforderungen.<br />
So sind Pharmaunternehmen dazu verpflichtet, bei den lokalen Behörden <strong>für</strong><br />
jedes Medikament ein so genanntes „Drug Master File“ einzureichen, das alle Inhaltsstoffe<br />
und Lieferanten mit detaillierten beglaubigten Angaben erfasst. Die BASF besitzt<br />
in Bezug auf die Erfüllung der geforderten Vorschriften eine vergleichsweise hohe<br />
Kompetenz, die bei asiatischen und indischen Wettbewerbern erst langsam aufgebaut<br />
werden kann. Aussen- und Innendienstmitarbeiter halten unterdessen die im Vergleich<br />
zur asiatischen Konkurrenz grössere räumliche Nähe zu den Kundenunternehmen<br />
und die dadurch höhere Lieferfähigkeit bei Engpässen im Kundenunternehmen<br />
<strong>für</strong> eine weitere besondere Stärke der BASF, die eine Abwanderung von Kunden verhindere.<br />
„Es ist bereits vorgekommen, dass wir erst morgens um zehn Uhr einen Kunden<br />
am Telefon hatten, dem wir bereits am Mittag eine Lieferung nach Dänemark<br />
schicken konnten“, so Annie Janning, Sales Manager im Bereich Pharma. Sarah Ervine,<br />
Head of Sales, kennt eine Vielzahl von Kunden, die einen besonderen Anspruch an<br />
die Liefersicherheit stellen und dem Hersteller daher den erzeugten Zusatzaufwand in<br />
Form eines „Insurance-Premiums“ vergüten.<br />
Kunden<br />
verlagern<br />
Produktion<br />
Hohe F&E-<br />
Kosten<br />
Gesamtmarkt FCE-Pharma Organisation BASF-Organisation<br />
Asiatische<br />
und indische<br />
Konkurrenz<br />
Sinkende<br />
Preise<br />
Konzentration<br />
von<br />
Einkaufsmacht<br />
Schwacher<br />
Dollar<br />
Regulatorische<br />
Standards<br />
Globale<br />
Kunden mit<br />
enormer<br />
Kaufkraft<br />
Zusammenschlüsse<br />
von Kunden<br />
Neue IT-<br />
Systeme<br />
Mehr interne<br />
Anfragen<br />
Reifes Produktportfolio<br />
Unerfahrene<br />
Kollegen<br />
Weniger<br />
neue Kunden<br />
Knappe<br />
Ressourcen<br />
Eigene<br />
Produktionsverlagerungen<br />
Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE<br />
Komplexe<br />
Organisation<br />
Where to get<br />
information<br />
Lagervermeidungspolitik<br />
Abbildung 6-37 zeigt die aktuellen Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma.<br />
Dabei sind Herausforderungen zu unterscheiden, die den gesamten europäischen<br />
Pharmamarkt betreffen, solche, die ausschliesslich die Organisationseinheit BASF
Vertriebsgestaltung des Herstellers 289<br />
FCE Pharma betreffen und die, die <strong>für</strong> den gesamten BASF-Konzern von Bedeutung<br />
sind.<br />
In letzter Zeit berichten die Aussendienstmitarbeiter allerdings, dass die Kundenunternehmen<br />
bereits in vielen Fällen asiatische und indische Konkurrenz als Zweit- und<br />
Drittlieferanten in ihre Drug Master Files haben eintragen lassen. Andere Kunden<br />
sammeln bereits Erfahrung mit diesen Produkten, wodurch sich der Druck auf die<br />
BASF erhöht. Insbesondere in England sei dieser Wettbewerb am stärksten und die<br />
BASF verliert zunehmend Marktanteile. Auch betonen die Aussendienstmitarbeiter,<br />
dass nicht nur die Kunden an Erfahrung und Vertrauen zu den Asiaten gewinnen, ebenso<br />
erzielen die asiatischen Unternehmen eine immer grössere Kenntnis über die<br />
europäischen Märkte, eine höhere Professionalität im Verkauf und bauen persönliche<br />
Beziehungen zu den Kunden auf. Die Strategie der BASF könne diesbezüglich nur im<br />
Bereich des Cross- und Upsellings liegen, so ein Aussendienstmitarbeiter. Denn die<br />
BASF FCE Pharma sei bereits bei allen wichtigen Kunden als Lieferant vertreten, so<br />
dass kaum Möglichkeiten der Neukundenakquisition bestehen.<br />
Europäische Vertriebsorganisation FCE-Pharma<br />
In dieser angespannten Situation stehen die Effizienz und Effektivität der europäischen<br />
Vertriebsorganisation in besonderem Masse auf dem Prüfstand. Erst im Jahr 2001<br />
wurde die Vertriebsorganisation im Rahmen der Reorganisation „Triple F – Fit For<br />
Future“ grundlegend neu organisiert. Die neue Vertriebsorganisation zeichnet sich<br />
durch geringe lokale Ressourcen und einen hohen Grad an Zentralisierung in der Region<br />
aus (s. Abbildung 6-37, S. 288). So wurden sämtliche Aufgaben des Vertriebsinnendienstes<br />
von der Zuständigkeit der Ländergesellschaften in die Zentrale nach Ludwigshafen<br />
verlegt (s. Abbildung 6-38, „Sales & Supply Center (SSC)“). Im Sales &<br />
Supply Center arbeiten Mitarbeiter, die aus vierzehn verschiedenen Ländern stammen<br />
und Verkaufsgebieten in ihrer jeweiligen Heimatregion zugeordnet sind. Dadurch soll<br />
vor allem sprachlichen und auch kulturellen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit<br />
mit Kunden und Account Managern aktiv begegnet werden. Darüber hinaus befinden<br />
sich die Mitarbeiter des Sales & Supply Centers in unmittelbarer Nähe zu den Mitarbeitern<br />
der Logistikabteilung, um auch diese Schnittstelle möglichst effizient zu gestalten.
290<br />
Produktion<br />
Strategisches<br />
Marketing<br />
FC Südamerika<br />
Business Unit<br />
FCE Cosmetics<br />
FC Europa, Afrika,<br />
West Asien (FCE)<br />
(Dr. Meyer)<br />
Business Unit<br />
FCE Human<br />
Nutrition<br />
Sales & Supply Center<br />
(Beenken)<br />
SSC Account Manager<br />
(Ludwigshafen)<br />
Vorstandsebene<br />
(Oakley)<br />
Division<br />
Fine Chemicals (FC)<br />
(Laudenbach)<br />
FC NAFTA FC Asien<br />
Business Unit<br />
FCE Pharma<br />
(Lappas)<br />
Sales<br />
(Ervine)<br />
Account Manager<br />
(Verkaufsgebiete)<br />
Division ...<br />
Business Unit<br />
FCE Animal<br />
Nutrition<br />
Regionales Marketing<br />
(Hoffmann)<br />
Technisches<br />
Marketing<br />
Abbildung 6-38: Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma<br />
Kommerzielles<br />
Marketing<br />
Kapitel 6<br />
Das regionale Marketing passt die globalen Marktstrategien des strategischen Marketing<br />
regional an und entwickelt Konzepte zu dessen Umsetzung, so z. B. in Bezug auf<br />
technische Fragestellungen und die Preisgestaltung.<br />
Die Kunden werden unterdessen in allen europäischen Märkten vor Ort durch herstellereigene<br />
Vertriebsmitarbeiter („Account Manager“) des Konzerns betreut. Durch den<br />
Abbau lokaler Kompetenzen und Ressourcen hat sich die Situation dieser Account<br />
Manager in den letzten Jahren erheblich verändert. Insbesondere die Zusammenarbeit<br />
mit den Mitarbeitern des Sales & Supply Centers wird von den Account Managern als<br />
wichtige neue Voraussetzung gesehen, um erfolgreich zu verkaufen. Beide Abteilungen<br />
sehen sich knappen Ressourcen gegenüber, die durch die Reorganisation verursacht<br />
wurden. Darüber hinaus sind Engpässe bei der produzierten Ware zu beobachten,<br />
da in der Produktionslogistik ein Abbau sämtlicher Läger zur Senkung der „Working<br />
capital costs“ vorgenommen wurde.<br />
Sowohl Mitarbeiter des Sales & Supply Centers als auch die Verkaufsmitarbeiter in<br />
den verschiedenen Ländermärkten werden aufgrund ihrer Aufgaben im Kundenkontakt<br />
bei BASF als „Account Manager“ bezeichnet. Hierdurch soll die wichtige Bedeutung<br />
der Backoffice-Funktionen <strong>für</strong> die Betreuung des Kunden betont werden. Da dieser<br />
Begriff jedoch keine Unterscheidung zwischen beiden Mitarbeitergruppen zulässt,
Vertriebsgestaltung des Herstellers 291<br />
wird an dieser Stelle <strong>für</strong> diese Arbeit eine begriffliche Differenzierung der Account<br />
Manager in „Innen- und Aussendienst“ vorgenommen.<br />
6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />
Nachdem im Januar 2004 das dritte Jahr nach dem Start der Reorganisation „Triple F“<br />
vergangen war, entschied Michael Lappas, Business Director Pharma & Human Nutrition,<br />
sich dazu, den Status Quo der Vertriebsorganisation aus Mitarbeitersicht zu erfassen.<br />
Die angespannte Marktsituation stellte hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />
der Vertriebsorganisation. Es bestand die Unsicherheit, ob die erheblichen organisationalen<br />
Änderungen durch „Triple F“ diesen Anforderungen gerecht würden.<br />
Dadurch entstand eine gewisse Dringlichkeit. Ziel war es, Verbesserungspotenziale zu<br />
identifizieren und ggf. Massnahmen einzuleiten, die zur Verbesserung der internen<br />
Zusammenarbeit und damit zur Verbesserung der Kompetenz am Markt führen sollten.<br />
Um ein möglichst umfassendes Bild über die Eignung der neuen Entscheidungsstrukturen<br />
und Prozesse in der europäischen Vertriebsorganisation zu erhalten, wurden Vertreter<br />
sämtlicher Abteilungen und Hierarchieebenen mit einbezogen.<br />
Es wurde ein Projekt aufgesetzt, in dem zwischen April und Juni 2004 eine Anzahl<br />
von 18 Einzelinterviews und 6 Gruppeninterviews in verschiedenen europäischen Büros<br />
und der Zentrale in Ludwigshafen durchgeführt wurde (s. Abbildung 6-38, S. 290).<br />
Für die Leitung des Projektes und die Durchführung der Interviews wurde auf einen<br />
externen Dienstleiter zurückgegriffen. Hierdurch sollte eine möglichst unvoreingenommene<br />
Sicht erzielt und interne Mitarbeiter im Tagesgeschäft nicht weiter belastet<br />
werden. Die Interviews wurden schriftlich dokumentiert und die Ergebnisse in Form<br />
von Powerpointpräsentationen <strong>für</strong> die verschiedenen internen Gruppen aufbereitet.<br />
Aus der Vielzahl von Meinungen konnten aufgrund der Häufigkeit ihrer Nennung und<br />
der von den Gesprächspartnern dargestellten Relevanz drei wesentliche Aspekte der<br />
Verbesserung dargestellt werden. Dazu gehören eine stärkere „Verzahnung von Innenund<br />
Aussendienst“, eine bessere „Planungsgenauigkeit und transparente Warenpriorisierung“<br />
sowie die „Antwortqualität und -geschwindigkeit <strong>für</strong> Kundenanfragen“. Die<br />
drei Problembereiche und erste Lösungsansätze zu deren Verbesserung werden im<br />
Folgenden vorgestellt.
292<br />
6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />
6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst<br />
Kapitel 6<br />
Bei der BASF-internen Untersuchung konnten Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit<br />
zwischen Account Managern im Innen- und Aussendienst identifiziert<br />
werden, die beiden Parteien bewusst waren. Account Manager im Innen- und Aussendienst<br />
sehen sich selbst im Spannungsfeld zwischen den aktuellen internen Restriktionen<br />
und den externen Anforderungen der Kunden. Zu den internen Restriktionen gehören<br />
die Komplexität der BASF-Organisation, geringe Warenverfügbarkeiten aufgrund<br />
der Produktions- und Lagerhaltungspolitik sowie knappe Ressourcen wegen der<br />
restriktiven Einstellungspolitik. Der Innendienst wurde darüber hinaus durch viele interne<br />
Projekte belastet, durch Umstellungszeiten und Ineffizienzen wegen der Einführung<br />
neuer IT-Systeme sowie durch die zz. noch nicht voll ausgereiften Kompetenzen<br />
neuer Mitarbeiter im technischen Marketing (s. Abbildung 6-37, S. 288).<br />
Die Erfüllung der Kundenanfragen wird in vielen Fällen durch die genannten Restriktionen<br />
eingeschränkt. Kundenanfragen betreffen meist Spezialwünsche zu Produkten,<br />
landessprachliche Dokumentationen, technische und rechtliche Beratung, Zahlungsund<br />
Lieferkonditionen, technische Kundenfragebögen <strong>für</strong> die Erstellung eines „Drug<br />
Master Files“, Qualitätsbeanstandungen und -fragen sowie in besonderem Masse auch<br />
kurzfristige Lieferungen. Account Manager im Innen- und Aussendienst versuchen in<br />
dieser Situation eine Balance zu finden, um Anfragen trotz der genannten Restriktionen<br />
optimal zu beantworten. So kann z. B. bei kurzfristigen Engpässen des Kunden<br />
durch Teil-, Nach- und Expresslieferungen oder „Quarantäne-Lieferungen“ (Lieferung<br />
ohne Analysezertifikat auf Risiko des Kunden) eine Lösung erreicht werden.<br />
Während die Aussendienstmitarbeiter ein grosses marktbezogenes Wissen über Wettbewerber<br />
und Kunden einer Verkaufsregion besitzen, haben Innendienstmitarbeiter im<br />
Sales & Supply Center detaillierte interne Kenntnisse über interne Logistik- und IT-<br />
Projekte und andere organisationsbezogene Informationen. Selbst in Bezug auf das<br />
Wissen über gemeinsam betreute Kunden unterscheiden sich Aussen- und Innendienstmitarbeiter<br />
erheblich (s. Abbildung 6-39).
Vertriebsgestaltung des Herstellers 293<br />
Account Manager im Aussendienst<br />
� Kontakt in der Kundenorganisation :<br />
Verantwortlicher Einkaufsleiter,<br />
� Gesprächsinhalte: Strategische<br />
Fragen, Entwicklung des Kunden,<br />
� Kontakthäufigkeit: 1-4 mal pro Jahr.<br />
Account Manager im Innendienst<br />
� Kontakt in der Kundenorganisation:<br />
Mitarbeiter der Einkaufs- oder<br />
Logistikabteilung,<br />
� Gesprächsinhalte: Details zu<br />
Abwicklung und Lieferung,<br />
� Kontakthäufigkeit: Täglich oder<br />
wöchentlich.<br />
Mitarbeiter<br />
1<br />
Mitarbeiter<br />
1<br />
Kundenorganisation<br />
Purchasing<br />
manager<br />
Mitarbeiter<br />
2<br />
Kundenorganisation<br />
Purchasing<br />
manager<br />
Mitarbeiter<br />
2<br />
Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation<br />
Mitarbeiter<br />
3<br />
Mitarbeiter<br />
3<br />
Aussendienstmitarbeiter treffen sich je nach Bedeutung des Kunden ein bis viermal<br />
pro Jahr mit dem Einkaufsleiter des Kundenunternehmens. Die Inhalte der Gespräche<br />
sind meist strategischer Natur und betreffen die Ausgestaltung und Verlängerung langfristiger<br />
Verträge oder die strategische Weiterentwicklung der Partnerschaft mit dem<br />
Kundenunternehmen. Die Mitarbeiter im Sales & Supply Center (SSC) hingegen übernehmen<br />
die Abwicklung der Geschäftsprozesse mit dem Kunden. Ansprechpartner<br />
auf Kundenseite sind meist Mitarbeiter aus der Einkaufs- oder Logistikabteilung, mit<br />
denen Details über Abwicklung und Lieferung besprochen werden. Durch den häufigen<br />
Kontakt zu diesen Mitarbeitern besteht ein sehr nahes soziales Verhältnis und daher<br />
ein hohes Mass an informeller Information über die Entwicklungen im Kundenunternehmen.<br />
Mitarbeiter des SSC verfügen hierdurch über Wissen über das Kundenunternehmen,<br />
das dem Aussendienst nicht zugänglich ist, obwohl es teilweise eine hohe<br />
Relevanz besitzt. Dies gilt vice versa <strong>für</strong> die Informationen des Aussendienstes.<br />
Der verstärkte Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern<br />
ist unabdingbar, um die Betreuung des Kunden weiter zu professionalisieren.<br />
Abbildung 6-40 zeigt Ansatzpunkte, die bei BASF zur Verbesserung des Informationsaustausches<br />
herangezogen werden.
294<br />
Erhöhte Nutzung von<br />
„Salesnet“<br />
Regelmässige Treffen<br />
Informationsaustausch<br />
verbessern<br />
Gemeinsame<br />
Kundenbesuche<br />
Gemeinsame Entwicklung von<br />
„Customer concepts”<br />
Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches<br />
Kapitel 6<br />
• Erhöhte Nutzung von „Salesnet“: Bei Salesnet handelt es sich um eine erst vor kurzem<br />
eingeführte Kundendatenbank, die von Mitarbeitern des SSC ebenso genutzt<br />
werden soll wie vom Aussendienst. Das Ziel besteht darin, beiden Abteilungen die<br />
gleichen aktuellen Kundeninformationen verfügbar zu machen. Aussendienstmitarbeiter<br />
bemängeln, dass die Kundeninformationen von SSC-Mitarbeitern nur unzureichend<br />
gepflegt werden. Hierdurch entstehen Ineffizienzen und Fehler in der Kundenbearbeitung.<br />
In Zukunft wird die Nutzung des Informationssystems Salesnet als<br />
Zielsetzung bei der Mitarbeiterbewertung mit aufgenommen. Hierdurch wird sichergestellt,<br />
dass Entscheidungen bezüglich der Kundenbetreuung auf dem höchsten<br />
verfügbaren Informationsstand basieren können.<br />
• Gemeinsame Kundenbesuche: In Zukunft werden gemeinsame Kundenbesuche von<br />
Aussen- und Innendienstmitarbeitern ausdrücklich unterstützt. Hierdurch werden<br />
einerseits die persönlichen Beziehungen zwischen Innendienst und Kunden gezielt<br />
gefördert. Durch eine Teilnahme an gemeinsamen Gesprächen mit der Einkaufsleitung<br />
wird andererseits die Bedeutung und Kompetenz des Innendienstes aus Sicht<br />
der Kunden gestärkt. Durch die gemeinsamen Eindrücke beim Kunden wird darüber<br />
hinaus die soziale Bindung zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern gefestigt<br />
und erhält eine breitere gemeinsame Basis.<br />
• Gemeinsame Entwicklung von „Customer Concepts“: Um das komplementäre<br />
Kundenwissen optimal zur Entwicklung kundenbezogener Strategien und Massnahmen<br />
zu nutzen, werden kundenbezogene Bearbeitungskonzepte, so genannte<br />
„Customer Concepts“, gemeinsam erstellt. Hierdurch verbessert sich einerseits die
Vertriebsgestaltung des Herstellers 295<br />
Informationsgrundlage <strong>für</strong> die Konzepte. Andererseits stellt die gemeinsame Entwicklung<br />
aber auch sicher, dass Account Manager im Innen- und Aussendienst<br />
beim Kunden gleiche Ziele verfolgen und mit identischen Strategien vorgehen.<br />
Hierdurch wird die Kundenbearbeitung weiter professionalisiert.<br />
• Regelmässige Treffen: Regelmässige Treffen zwischen SSC-Mitarbeitern und Aussendienstmitarbeitern<br />
können den Austausch von Informationen ebenso verbessern<br />
wie die sozialen Bindungen zwischen den Parteien, wodurch die Effizienz erhöht<br />
werden kann. Individuelle Treffen, wie z. B. im Rahmen der Vor- oder Nachbereitung<br />
von Kundenterminen oder der Erstellung von Customer Concepts stellen einen<br />
ersten Schritt zur Verbesserung der Beziehungen dar. Darüber hinaus können auf<br />
Gruppenbasis Treffen arrangiert werden, um nicht nur auf Individualebene gemeinsame<br />
Zielsetzungen zu diskutieren, sondern auch sicherzustellen, dass die allgemeine<br />
strategische Ausrichtung auch gruppenübergreifend einheitlich ist.<br />
6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung<br />
Die restriktive Lagerhaltungspolitik des Konzerns verlangt von den Mitarbeitern in der<br />
Vertriebsorganisation bei der Planung eine höhere Genauigkeit, um trotz der eingeschränkten<br />
Lagerbestände eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. Es stellten sich<br />
im Bereich FCE-Pharma zwei Problembereiche heraus: Erstens muss die Planungsgenauigkeit<br />
erhöht werden. Zweitens muss <strong>für</strong> die Übergangszeit ein Vorgehen zur Zuteilung<br />
von Waren bei knapper Verfügbarkeit gefunden werden.<br />
Planungsgenauigkeit<br />
Im Planungsprozess konnten verschiedene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit<br />
zwischen den verschiedenen Abteilungen identifiziert werden. Zur Produktionsplanung<br />
müssen zunächst die Aussendienstmitarbeiter abhängig von den Produkten<br />
zweimal jährlich angeben, welche Planmengen sie <strong>für</strong> welche Artikel bei welchem<br />
Kunden <strong>für</strong> den Planungszeitraum annehmen. Als Zahlenbasis dienen zum Teil Schätzungen<br />
des Kunden, die auf deren eigener Produktionsplanung basieren, oder aber die<br />
Einschätzung des Aussendienstmitarbeiters.<br />
Dieses Zahlenmaterial wird durch die Mitarbeiter des SSC über die Kunden und Märkte<br />
zusammengefasst, sodass Plandaten pro Artikelnummer bestehen, die nach einem<br />
Plausibilitätscheck an das strategische Marketing weitergegeben werden. Gemeinsam<br />
mit Kollegen aus der Produktion finden so genannte „Production meetings“ statt, auf
296<br />
Kapitel 6<br />
deren Basis der zu produzierende und damit <strong>für</strong> den Vertrieb verfügbare Warenbestand<br />
festgelegt wird.<br />
Bei der Planung entsteht bei der BASF FCE-Pharma ein grosses Konfliktpotenzial, das<br />
in einer schlechteren Warenverfügbarkeit resultiert und damit unmittelbar die Qualität<br />
der Leistung <strong>für</strong> den Kunden betrifft. Eine BASF-interne Studie hat gezeigt, dass die<br />
Kunden im Bereich FCE-Pharma der Lieferzuverlässigkeit eine wesentlich höhere Bedeutung<br />
zumessen als der Lieferdauer. Die Verfügbarkeit bestellter Ware ist somit ein<br />
wichtiges Kriterium, an dem der Kunde die Kompetenz der Mitarbeiter in kundennahen<br />
Unternehmensbereichen misst.<br />
Konflikte kommen durch die wechselseitige Interaktion der beteiligten Abteilungen im<br />
Planungsprozess zustande. Es tritt der so genannte „Bullwhip-Effekt“ auf, bei dem<br />
sich die Planungsgenauigkeit schrittweise verschlechtert (Abbildung 6-41, S. 296).<br />
2. Runde: ��<br />
2. Runde: ��<br />
Strategisches<br />
Marketing/ Produktion:<br />
Abzug von y %<br />
Knappe<br />
Verfügbarkeit<br />
Planungsprozess<br />
„Bullwhip-<br />
Effekt“<br />
SSC Planer:<br />
Abzug x %<br />
Forecasts von<br />
Aussendienst<br />
und SSC<br />
Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma<br />
2. Runde: �<br />
3. Runde: � �<br />
2. Runde: ��<br />
...<br />
Nachdem SSC-Mitarbeiter im Kundenkontakt und Aussendienstmitarbeiter ihre Planzahlen<br />
abgegeben haben, werden diese, meist im Rahmen eines „Plausibilitätschecks“<br />
durch einen Mitarbeiter, der im SSC die Planung übernimmt nach Absprache mit dem<br />
jeweiligen Account Manager nach unten korrigiert. Auch das strategische Marketing<br />
und die Produktion, die unnötige Lagerbildung vermeiden wollen, schätzen Zahlen aus<br />
den Märkten häufig als zu optimistisch ein und führen erneut Kürzungen durch. Bei<br />
einer guten Ausgangsplanung durch Aussendienst und SSC stellt sich damit eine<br />
Knappheit bei der Warenverfügbarkeit ein. Hierdurch können Aussendienst und SSC<br />
gegenüber dem Kunden ihre Lieferversprechen nicht einhalten und neigen dazu, in der<br />
nächsten Planungsperiode noch optimistischere Zahlen anzugeben. Hierdurch bestärkt
Vertriebsgestaltung des Herstellers 297<br />
sich das Misstrauen der anderen Abteilungen und erhöht deren Abzüge. Damit verschlechtert<br />
sich die Qualität der Planung in jeder Periode weiter.<br />
Um den Bullwhip-Effekt zu durchbrechen und die Planungsgenauigkeit zu erhöhen,<br />
hat Laura Beenken, Leiterin des SSC verschiedene Anstrengungen unternommen. Zz.<br />
wird ein Konzept umgesetzt, das bereits erste Erfolge gebracht hat.<br />
• Feedback Aussendienst und SSC: Bisher erhielten SSC und Aussendienst kein<br />
Feedback über die Genauigkeit ihrer Planung, d. h. eine Aufstellung von geplanten<br />
und tatsächlich verkauften Mengen pro Artikel und Kunde. Daher fehlt bei den Mitarbeitern<br />
jegliche Kenntnis darüber, wie gut ihre eigene Planung denn eigentlich<br />
war. Verbesserungen der eigenen Planung können daher nicht systematisch erfolgen.<br />
Falsche Schlüsse, die aus der mangelnden Verfügbarkeit resultieren, verstärken<br />
den Bullwhip-Effekt zusätzlich. In Zukunft erhalten die Innen- und Aussendienstmitarbeiter<br />
deshalb eine Aufstellung der durch sie geplanten und realisierten Grössen.<br />
Für die Zukunft wird darüber nachgedacht, die Planungsgenauigkeit auch in<br />
die Bewertung der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Der Plausibilitätscheck durch den<br />
Planungsmitarbeiter im SSC fällt in diesem Fall weg.<br />
• Service Level Agreements mit der Produktion: Darüber hinaus sind interne Service<br />
Level Agreements mit den produzierenden Einheiten zu schliessen. Darin wird vereinbart,<br />
dass die durch die Planung intern „bestellte“ Ware auch bereitgestellt werden<br />
muss. Für die interne Nicht- oder Spätlieferung sind Konditionalstrafen zu vereinbaren,<br />
durch die Komplexitäten und Entschädigungen in der Zusammenarbeit<br />
mit Kunden finanziert werden können. Ausserdem wird der Anreiz gesetzt, die exakte<br />
Menge bereitzustellen, die geplant wurde. Die Marktorganisation geht dabei<br />
ihrerseits die Verpflichtung ein, die Kapitalbindungskosten <strong>für</strong> etwaige Überproduktionen<br />
zu übernehmen. Dadurch wird auch hier der Anreiz gesetzt, möglichst<br />
genau zu planen. Zz. werden BASF-intern noch keine Konditionalstrafen verhängt,<br />
wie sie gegenüber externen Partnern üblich sind. Michael Lappas und Laura Beenken<br />
gehen allerdings davon aus, dass die Mitarbeiter hierdurch mit der Zeit das nötige<br />
Know-How <strong>für</strong> eine optimale Planung entwickeln, die sich hierdurch schrittweise<br />
verbessern wird.<br />
Zuteilung von Waren bei knapper Verfügbarkeit<br />
Ein weiteres Problem ist die Priorisierung und Zuteilung des verfügbaren Warenbestandes<br />
im Falle von Engpässen. Das Problem wird zwar mit zunehmender Planungsgenauigkeit<br />
abnehmen, jedoch wird aufgrund kurzfristiger Anfragen bedeutsamer
298<br />
Kapitel 6<br />
Kunden immer das Problem bestehen, einen verfügbaren Warenbestand zuzuteilen.<br />
Account Manager im Aussen- und Innendienst sehen die Zuteilung von Waren als kritisch<br />
<strong>für</strong> das Vertrauen des Kunden in sie und den Hersteller. Sie bemängeln, dass die<br />
Priorisierung von Waren häufig nicht die Qualität des Forecasts widerspiegelt. Stattdessen<br />
entscheiden interner „Warenklau“, d. h. die Zuteilung in der Logistik nach dem<br />
Prinzip der Schnelligkeit und die Bedeutsamkeit des Kunden häufig über eine Zuteilung.<br />
Aussendienstmitarbeiter, deren SSC-Partner langsamer reagierten als andere,<br />
hatten in manchen Fällen das Nachsehen, obwohl die Bestellungen ordnungsgemäss in<br />
der Planung berücksichtigt waren. Bei Kunden wurde hierdurch vielfach das Vertrauen<br />
in der Lieferzuverlässigkeit verletzt, was in einzelnen Fällen sogar zum Wechsel zu<br />
Zweitlieferanten führte. Aussendienstmitarbeiter wurden damit durch die fehlende<br />
Verfügbarkeit teilweise sogar „bestraft“, da sich ihr Zielerreichungsbonus nicht auf die<br />
von Kunden bestellte, sondern die in Rechnung gestellte Ware bezieht. Da selbstverständlich<br />
ohne Auslieferung auch keine Rechnung erstellt wird, verringert sich durch<br />
mangelnde Verfügbarkeit der Bonus der Aussendienstmitarbeiter. Aussendienst- und<br />
SSC-Mitarbeiter betonen, dass es bei manchen Artikelgruppen zu häufigen Knappheiten<br />
kommt.<br />
Die bereits weiter oben genannten Anstrengungen zur Vermeidung von allgemeinen<br />
Knappheiten und zur Verbesserung der Planung helfen dabei, das Problem seltener<br />
und damit weniger gewichtig zu machen. Im Weiteren müssen aber auch Regeln gefunden<br />
werden, die transparent über die Warenzuteilung zu entscheiden helfen. Willkürliche<br />
Verteilungen nach dem Prinzip des Schnelleren sind zu untersagen und ggf.<br />
zu sanktionieren. Denkbar wäre es, eine Verbindung zwischen der Planungsgenauigkeit<br />
und der Zuteilung herzustellen, sodass genaue Planung durch ebenso genaue Lieferfähigkeit<br />
belohnt wird. Allerdings wird von Account Managern im Aussendienst<br />
be<strong>für</strong>chtet, dass dies nicht umsetzbar ist. Account Manager, deren bedeutsame Schlüsselkunden<br />
kurzfristige Anfragen stellen, würden auch im Falle schlechter Planungsgenauigkeit<br />
bevorzugt, so die Be<strong>für</strong>chtung. Dieses Problem würde allerdings abgeschwächt,<br />
wenn die Planungsgenauigkeit ins Zielsystem der Account Manager aufgenommen<br />
wird. Trotzdem sind Kompromisse <strong>für</strong> Kunden zu finden, die trotz einer hohen<br />
Planungsgenauigkeit ihres Account Managers mit Lieferengpässen konfrontiert<br />
weden.<br />
Zz. sind diese Probleme bei BASF noch nicht gelöst. Es wurde allerdings bereits angekündigt,<br />
dem „Warenklau“ durch stärkere Sanktionen entgegenzuwirken. Weitere<br />
Massnahmen zur Regelung der Warenpriorisierung bei Engpässen sind zz. nicht ge-
Vertriebsgestaltung des Herstellers 299<br />
plant, da grundsätzlich erwartet wird, dass diese in den Hintergrund treten werden,<br />
sobald die aufgezeigten Verbesserungen bei der Planung greifen und zu einer höheren<br />
Verfügbarkeit führen.<br />
6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen<br />
Der europäische Pharmamarkt zeichnet sich in besonderem Masse durch seine regulatorischen<br />
Anforderungen der Kunden- und Zulieferunternehmen aus. Wie bereits erwähnt,<br />
sind bei der Zulassung von Medikamenten umfangreiche Dokumentationen<br />
und Analysezertifikate zu erstellen, die in einem „Drug Master File“ einzusehen sind.<br />
Selbst die Verpackungen von Standardstoffen müssen hohen Ansprüchen genügen.<br />
Obgleich die Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen Union bereits viele Anforderungen<br />
der nationalen Zulassungsstellen vereinheitlichen, sind dennoch eine<br />
Vielzahl von landesspezifischen rechtlichen und technischen Voraussetzungen zu beachten.<br />
Neben der unmittelbar auftragsbezogenen Abwicklung betreffen Kundenanfragen<br />
deshalb häufig technische und rechtliche Details, die einer rechtsverbindlichen<br />
Klärung bedürfen. Ein Teil dieser Anfragen beantworten Account Manager aus Aussen-<br />
und Innendienst unmittelbar selbst als „First Level Support“. Häufig wird jedoch<br />
die Unterstützung durch spezialisierte Abteilungen benötigt, wodurch sich der Prozess<br />
bis zur Beantwortung der Kundenanfragen deutlich verzögert. Hierdurch gerät die<br />
Kundenzufriedenheit in Gefahr. Mitarbeiter des SSC betonen, dass auch die Wettbewerbsfähigkeit<br />
leidet, da der Kunde in dieser Situation „Technische Fragebögen“<br />
meist gleichzeitig an die verschiedenen Lieferanten versendet und die Beantwortungszeiten<br />
und -qualitäten unmittelbar miteinander vergleichen kann und in seine Beurteilung<br />
des Lieferanten einschliesst.<br />
In der Vergangenheit betrafen die Verzögerungen bei der Beantwortung solcher Anfragen<br />
meist Mitarbeiter aus dem SSC. Diese sind in vielen Fällen nicht autorisiert,<br />
technische Fragen selber zu beantworten oder der spezialisierten Einheit direkt zuzustellen.<br />
Kundenanfragen müssen zunächst an das regionale Marketing weitergeleitet<br />
werden, das sich um die Weiterverfolgung kümmert (s. Abbildung 6-42, S. 300). Können<br />
die Anfragen nicht unmittelbar im regionalen Marketing beantwortet werden,<br />
durchläuft eine Kundenanfrage leicht mehr als drei Abteilungen. Bei einer nur geringen<br />
Verweildauer einer Anfrage pro Abteilung können mehrere Wochen verstreichen.<br />
Wenn Kundenanfragen schriftlich nicht klar formuliert sind, kann es zudem dazu<br />
kommen, dass sie an Spezifität verlieren. Das gilt insbesondere dann, wenn Antworten<br />
telefonisch übermittelt werden. Auch hierdurch leidet die Qualität. Häufig beantworten
300<br />
Kapitel 6<br />
interne Abteilungen sämtliche Anfragen ausschliesslich in deutscher Sprache stichwortartig<br />
oder „unpolitely“, wie Mitarbeiter des SSC betonen. Durch die dadurch notwendigen<br />
Übersetzungen und Umformulierungen durch das SSC verlieren die Antworten<br />
häufig weiter an Qualität.<br />
Kunde<br />
Sales & Supply<br />
Center<br />
Regionales<br />
Marketing<br />
Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage<br />
Strategisches<br />
Marketing<br />
Bisher besitzt die BASF keine Lösung, um dem Problem, das durch die komplexe formale<br />
Struktur verstärkt wird, vollständig zu begegnen. Um eine effiziente Regelung zu<br />
finden, wurde jedoch darüber nachgedacht, eine „Postbotenfunktion“ zu installieren.<br />
Dem „Postboten“ werden Kundenanfragen, die nicht im ersten Support-Level gelöst<br />
werden können, zugestellt. Dieser übernimmt als „Request Owner“ die Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die Qualität und Geschwindigkeit der Beantwortung. Im Rahmen dessen können<br />
Service Standards <strong>für</strong> die Beantwortung festgelegt werden. Der „Postbote“ muss über<br />
hervorragende Kenntnisse der internen Strukturen und Verantwortlichkeiten verfügen,<br />
denn er leitet die Kundenanfragen unmittelbar an die spezialisierte Abteilung weiter<br />
und kontrolliert deren Beantwortung. Eine erste Optimierung wurde bereits bei den<br />
Prozessen zur Beantwortung von technischen Fragebögen vorgenommen. Heute werden<br />
die entsprechenden Anfragen direkt von einer zentralen Qualitätsmanagementstelle<br />
im Unternehmensbereich bearbeitet und beantwortet. Zz. werden darüber hinaus das<br />
„Postbotenkonzept“ auf seine Machbarkeit hin untersucht und weitere Möglichkeiten<br />
zur Verbesserung der zentralen Verarbeitung von Kundenanfragen erarbeitet.<br />
6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />
Um den bisher erarbeiteten Lösungsansätzen gezielt nachzugehen, sieht der Projektplan<br />
vor, Teams zu bilden und mit der Bearbeitung zu betrauen. Der Erfolg der Massnahmen<br />
kann im Fall der BASF FCE Pharma erst einige Zeit nach ihrer Umsetzung<br />
kontrolliert werden, nachdem erste Erfahrungen in der neuen Konstellation bestehen
Vertriebsgestaltung des Herstellers 301<br />
und etwaige Ängste vor Veränderungen überwunden sind. Auf der „Head-ofs“-<br />
Präsentation wurden die Diagnoseergebnisse mit dem Management von SSC, Vertrieb<br />
und regionalem Marketing sowie dem Business Director Michael Lappas und dem<br />
Group Vice President RBU FCE Dr. Joachim Meyer diskutiert (s. Abbildung 6-43).<br />
Presentation of<br />
results<br />
� Dr. Joachim<br />
Meyer,<br />
� Mr. Michael<br />
Lappas.<br />
� Present<br />
results,<br />
� Discuss<br />
questions and<br />
single issues,<br />
� Set focus for<br />
further steps.<br />
Sep 2004<br />
„Head-ofs“<br />
presentation<br />
� Head ofs,<br />
� Mr. Michael<br />
Lappas,<br />
� Dr. Joachim<br />
Meyer.<br />
� Present<br />
results,<br />
� Discuss<br />
questions and<br />
single issues.<br />
Inform<br />
organization<br />
� Inform<br />
participants,<br />
� Inform others?<br />
� Select most<br />
important<br />
issues,<br />
� Organize<br />
teams,<br />
� Develop<br />
solutions.<br />
Set up a project<br />
Nov 2004 Dec 2004 tbd<br />
� Pilot project<br />
and<br />
experience,<br />
� Diagnosis and<br />
transfer in<br />
other BUs.<br />
Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen<br />
Einige der vorgeschlagenen Schritte wurden nach ihrer Ausarbeitung bereits implementiert.<br />
Ausserdem soll im Quervergleich eine Kontrolle zwischen den verschiedenen<br />
Business Units der Fine Chemicals Europe durchgeführt werden (s. Abbildung<br />
6-38, S. 290). Diese verfügen seit der Reorganisation „Triple F“ über eine fast identische<br />
Aufbauorganisation. Durch eine Diagnose soll herausgefunden werden, ob Probleme<br />
gleich gelagert sind und ob diesen mit ähnlichen Lösungsvorschlägen begegnet<br />
werden kann. Durch den Transfer von Best-Practices zwischen den Vertriebsorganisationen<br />
der verschiedenen Business Units kann deren Wettbewerbsfähigkeit schrittweise<br />
erhöht werden.<br />
6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />
Die Fallstudie BASF FCE Pharma hat gezeigt, welche erheblichen Herausforderungen<br />
sich durch die komplexe Aufbauorganisation eines Konzerns selbst auf europäischer<br />
Ebene <strong>für</strong> Mitarbeiter stellen. Die Verbesserungsvorschläge konnten im Fall BASF<br />
FCE Pharma wegen der hohen Spezialisierung der zentralen und dezentralen Einheiten<br />
nicht durch einen standardisierten Fragebogen erfasst werden. Um der Komplexität der<br />
Konzernorganisation gerecht zu werden, musste ein qualitatives Vorgehen herangezogen<br />
werden. Die Umsetzung dieses qualitativen Vorgehens war im vorliegenden Fall
302<br />
Kapitel 6<br />
<strong>für</strong> das Unternehmen mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden.<br />
Gleichzeitig ermöglichte ein qualitativer Ansatz, die Mitarbeiter gezielt und tiefgehend<br />
nach eigenen Verbesserungsvorschlägen zu befragen.<br />
Als nächste Schritte stehen die weitere Ausarbeitung und die Umsetzung der vorgeschlagenen<br />
Massnahmen an. Der Vergleich und der Transfer zwischen Business Units<br />
scheint ein geeigneter Ansatz, um auch beim Verbesserungsprozess Synergien zu nutzen.<br />
Die Komplexität und Grösse der Organisation und die dadurch ausgesprochen<br />
hohe Verteilung von Verantwortlichkeiten stellen besondere Anforderungen an ein<br />
solches Vorgehen. Sie führen trotz der enormen finanziellen Ressourcen zu einer gewissen<br />
Schwerfälligkeit bei der Entscheidungsfindung und zu zahlreichen Kompromissen<br />
bei der Umsetzung von Massnahmen.<br />
6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte<br />
Handlungsspielräume<br />
Die Fallstudien Nanosurf, Gallus und BASF haben drei äusserst unterschiedliche Vertriebsorganisationen<br />
gezeigt (s. Abbildung 6-27, S. 260). Unterschiede bestanden vor<br />
allem beim Grad der Zentralisierung und der Formalisierung von Prozessen, die bei<br />
den Herstellern in der Reihenfolge der Unternehmensgrösse zunehmen (s. Tabelle<br />
6-14, S. 303). Das Ausmass der Spezialisierung und die damit verbundene Komplexität<br />
der Arbeitsteilung stellt an die Vertriebsverantwortlichen im Fall BASF andere Anforderungen<br />
als an die Vertriebsverantwortlichen im Fall Nanosurf. Die Unternehmensgrösse<br />
und die damit verbundenen finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen<br />
in allen drei Unternehmen auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume.<br />
Es zeigte sich, dass <strong>für</strong> die drei Unternehmen in ihrer spezifischen Situation die gründliche<br />
Diagnose und die gezielte Selektion von Problemschwerpunkten eine Grundlage<br />
<strong>für</strong> die Verbesserung der Vertriebsorganisation darstellte. Zur Lösung der durch die<br />
Diagnose identifizierten Problembereiche wurde in den Unternehmen jeweils selektiv<br />
auf die Gestaltungsansätze zurückgegriffen, die in dieser Arbeit dargestellt wurden (s.<br />
Abschnitt 6.3, S. 159 ff.). Gerade in der spezifischen Zusammenstellung und Anpassung<br />
der Gestaltungsansätze scheint eine wichtige Herausforderung <strong>für</strong> die Hersteller<br />
zu liegen. Um sich dies zu vergegenwärtigen, sind in der folgenden Tabelle 6-14 sämtliche<br />
Gestaltungsansätze der Abschnitte 6.2 (S. 139) und 6.3 (S. 159 ff.) aufgeführt,<br />
um diese in den Kontext der unterschiedlichen drei Fälle zu setzen. Die Tabelle 6-14<br />
zeigt <strong>für</strong> jede Kombination von Fällen und Gestaltungsansätzen zweierlei. Zum einen
Vertriebsgestaltung des Herstellers 303<br />
wird der Status quo jedes Gestaltungsansatzes vorgestellt, der vor der Diagnose der<br />
Zusammenarbeit als Ausgangslage bei den drei Unternehmen gegeben war. Zum anderen<br />
demonstriert Tabelle 6-14 das Aussmass, in dem bei der Umsetzung der identifizierten<br />
Verbesserungsvorschläge Veränderungen vorgenommen wurden.<br />
Gestaltungsansätze<br />
Strategische Konfiguration<br />
• Grad der Zentralisierung<br />
• Grad der Formalisierung<br />
• Grad der Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />
• Grad der Prozessorientierung des Führungsstils<br />
Operative Koordination und Unterstützung<br />
Koordination in zentralen Strukturen<br />
• <strong>Internationales</strong> Key-Account Management<br />
• Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen<br />
• Trennung von Koordination und Unterstützung<br />
• Differenzierte Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten<br />
Koordination in vertikalen Strukturen<br />
• Regionalzentren statt weltweites Vorgehen<br />
• Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens<br />
Koordination durch Teams<br />
• Koordinations- und Planungsteams<br />
• Teamorganisation beim Neuproduktmanagement<br />
• Integrierte Kundenbetreuung durch Teams<br />
Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen<br />
• Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen<br />
• Markt- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale<br />
Systematische Differenzierung der Unterstützung<br />
• Segmentierung von Vertriebspartnern<br />
• Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen<br />
Unterstützung durch zentrale Ressourcen<br />
• Herstellersupport im Marketing und Vertrieb<br />
• Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung<br />
• Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien<br />
• Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung<br />
Koordination und Unterstützung durch Information<br />
• Informationslieferung, -austausch und -versorgung<br />
• Einsatz von IT-Systemen und -Tools<br />
Ausprägung vor der Diagnose:<br />
= geringe, = mittlere, = starke<br />
Nanosurf<br />
AG<br />
Veränderungen durch die Umsetzung neuer Lösungen:<br />
= keine, = teilweise, = starke<br />
Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei Unternehmensfällen<br />
Unternehmensfälle<br />
Gallus<br />
Ferd.<br />
Rüesch<br />
AG<br />
BASF<br />
FCE
304<br />
Kapitel 6<br />
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle in Tabelle 6-14 aufgeführten Ansätze<br />
auch in den drei Fallstudien thematisiert wurden. So waren bspw. die Aspekte des<br />
Key-Account Management nicht Gegenstand der Fallstudien (s. auch Absatz 6.3.2.1,<br />
S. 162 ff.), obwohl sie bei Gallus und BASF eine stratgisch bedeutende Rolle spielen.<br />
Zusammenfassend lässt sich bemerken, dass die Nutzung der verschiedenen Gestaltungsansätze<br />
mit zunehmender Unternehmensgrösse steigt. Während Nanosurf nur<br />
wenige der vorgestellten Gestaltungsansätze einsetzt, wählt BASF zahlreiche der vorgeschlagenen<br />
Ansätze (s. Tabelle 6-14, S. 303). Vermutlich führt dies dazu, dass die<br />
neuen Lösungen zur Vertriebsgestaltung bei der BASF AG ebenfalls wesentlich mehr<br />
Bereiche betreffen als im Fall Gallus und Nanosurf.<br />
Im Detailvergleich der einzelnen Fälle zeigen sich verschiedene Tendenzen, die zum<br />
einen bestehende Theorien bestätigen und zum anderen als exploratives Ergebnis die<br />
Basis <strong>für</strong> zukünftige Forschung darstellen können. Detailergebnisse sind:<br />
• Die klassischen Annahmen über den Zusammenhang zwischen Organisationsgrösse<br />
und den Konfigurationsvariablen „Zentralisierung“ und „Formalisierung“ scheinen<br />
sich abermals zu bestätigen (s. auch Kieser/Walgenbach 2003, S. 201 f.). Die<br />
Ausprägungen der beiden Variablen nehmen bei den betrachteten Fällen mit steigender<br />
Organisationsgrösse zu. Während bei BASF weitgehend alle marktbezogenen<br />
Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, nutzt man bei Nanosurf stärker<br />
die marktbezogene Kompetenz der Distributoren und delegiert Entscheidungen<br />
der Marktbearbeitung weitgehend an diese. Während bei BASF umfangreiche<br />
Marktinformationen fristgerecht in Informationssystemen abgelegt und durch standardisierte<br />
Prozesse weiterverarbeitet werden, besteht bei Nanosurf allenfalls im<br />
Bereich des Reportings ein definierter Prozess, der allerdings bislang nur unzureichend<br />
etabliert ist. Die Ergebnisorientierung des Führungsstils hängt - wie es<br />
scheint - nicht von der Grösse der Organisation ab, die Prozessorientierung nimmt<br />
hingegen bei den betrachteten Fällen mit steigender Organisationsgrösse zu. Dies<br />
zeigt sich auch an der Standardisierung der Prozesse und dem stärkeren Einbezug<br />
von Prozessvorgaben in die Incentivierung im Fall der BASF AG.<br />
• Die in Tabelle 6-14 (S. 303) dargestellten Unternehmensfälle zeigen weiterhin, dass<br />
die Koordinationsansätze in zentralen Organisationseinheiten mit steigender Organisationsgrösse<br />
stärker genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.2, S. 162 ff.; Absatz<br />
6.3.3, S. 174 ff. und Absatz 6.3.4, S. 180 ff.). Dies kann durch die höhere Spezialisierung<br />
und Arbeitsteilung begründet werden, die eine Vielzahl von Schnittstellen<br />
schafft und eine Koordination umso notwendiger macht. Dies schlägt sich einerseits
Vertriebsgestaltung des Herstellers 305<br />
in der Professionalisierung der Honorierungssysteme nieder, die als formelle Koordinationsmechanismen<br />
eine wichtige Rolle spielen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.).<br />
Andererseits werden, so z. B. bei der BASF informelle Koordinationsmechanismen<br />
bewusst unterstützt, indem eine engere persönliche Zusammenarbeit zwischen SSC<br />
und Aussendienst gefördert wird (s. auch Absatz 6.3.4.3, S. 189; Absatz 6.3.5.1, S.<br />
193 ff.).<br />
• Aber auch in der Koordination der vertikalen Organisation und möglichen Teamorganisationen<br />
zeigt sich der Einfluss der Organisationsgrösse. Gallus besitzt erste<br />
Ansätze zur Regionalorganisation (s. auch Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.), während Nanosurf<br />
alle weltweiten Entscheidungen von Liestal aus trifft und bei der BASF AG<br />
bereits auf der Ebene der Division eine Trennung zwischen den Geschäftsregionen<br />
besteht. Bei der BASF AG bestehen differenzierte Aufgabenbeschreibungen und<br />
Konzepte, die das Vorgehen und den Einbezug von den verschiedenen marktnahen<br />
Abteilungen bei der Planung, Neuprodukteinführung und Kundenbetreuung regeln.<br />
Konzepte der Teamorganisation sind bei BASF fester Bestandteil in der Abstimmung<br />
zwischen den verschiedenen Abteilungen. Bei Gallus bestehen durch die Einbindung<br />
der Regionen erste Ansätze zur Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung<br />
(s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.). Nanosurf hingegen delegiert weitgehend<br />
alle Entscheidungen bei der Einführung neuer Produkte an die Distributoren<br />
und vertraut auf deren Marktkompetenz.<br />
• In Bezug auf informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen zeigt sich ein gemischtes<br />
Bild. Bei Nanosurf ist die persönliche Nähe zwischen den verschiedenen<br />
Akteuren in der Vertriebsorganisation aufgrund der flachen Hierarchien naturgemäss<br />
hoch (s. auch Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.). Distributoren kennen sämtliche Mitarbeiter<br />
aus den <strong>für</strong> sie relevanten Bereichen persönlich, eine geringe Bürokratie<br />
senkt allerdings die Notwendigkeit der informellen Netzwerke aus Sicht der Distributoren.<br />
Bei der BASF AG spielen die informellen Netzwerke und die persönlichen<br />
Beziehungen aus Sicht der Aussen- und Innendienstmitarbeiter hingegen eine zentrale<br />
Rolle. Ein hoher Grad an Bürokratisierung und Formalisierung verlängert Entscheidungsprozesse<br />
und erhöht die Anzahl der an der Entscheidungsfindung beteiligten<br />
Mitarbeiter. Informelle Netzwerke erlauben es den Beteiligten, eine höhere<br />
Effizienz in der Entscheidungsfindung zu erreichen und bspw. durch die schnellere<br />
Beantwortung von Kundenanfragen auch die Effektivität am Markt zu erhöhen.<br />
Gleichzeitig ist die Bildung und Festigung informeller Netzwerke und persönlicher<br />
Beziehungen in einem Grosskonzern aufgrund der ungleich grösseren Anzahl an
306<br />
Kapitel 6<br />
beteiligten Mitarbeitern in der Marktorganisation mit grösseren Herausforderungen<br />
verbunden. Gallus befindet sich in der Mitte dieses Spanungsfeldes zwischen der<br />
Notwendigkeit informeller Netzwerke einerseits und der Bildung dieser andererseits.<br />
Die Markt- und Serviceorientierung in der zentralen Unternehmenskultur zeigt<br />
bei allen drei Unternehmen Potenziale auf (s auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.). In allen<br />
drei Fällen wurde deshalb Anstrengungen unternommen, die Potenziale der<br />
zentralen Kultur zu realisieren.<br />
• Die Differenzierung in der Unterstützung der Vertriebspartner ist nur bei Gallus<br />
stark ausgeprägt. Dies liegt an der bereits in Abbildung 6-27 (S. 260) dargestellten<br />
gemischten Vertriebsorganisation, deren unterschiedliche Arten von Vertriebspartnern<br />
verschiedene Forderungen an die Betreuung durch den Hersteller richten. Weder<br />
Nanosurf noch BASF besitzt Konzepte zur Segmentierung der Vertriebspartner<br />
(s. auch Absatz 6.3.6.1, S. 201 ff.). Ebenfalls wird bei keinem der Unternehmen die<br />
Betreuung nach der Dauer der Beziehung differenziert (s. auch Absatz 6.3.6.2, S.<br />
204 ff.).<br />
• Bei der Unterstützung durch zentrale Ressourcen zeigt sich, dass die Finanzkraft<br />
und die Komplexität der Herstellerorganisation unterschiedliche Vorgehensweisen<br />
bedingen. So stehen zur Weiterbildung der Mitarbeiter oder der Kreditvergabe bei<br />
der BASF weitaus grössere Budgets zur Verfügung als bei Gallus oder Nanosurf (s.<br />
auch Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.; Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.). Allerdings verlangt die<br />
hohe Arbeitsteilung bei der Unterstützung eine höhere Koordination, die bspw.<br />
beim Planungsprozess durch die Vereinbarung interner Service Level gesteuert wird<br />
(s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.). Alle drei Unternehmen haben erhebliche Anstrengungen<br />
unternommen, um insbesondere den Bereich der zentralen Unterstützung<br />
stärker zu gewichten (s. auch Absatz 6.3.7.4, S. 227 ff.).<br />
• Informationslieferung-, -austausch und -versorgung spielen in allen drei Unternehmen<br />
eine wichige Rolle und besitzen Verbesserungspotenzial (s. auch Absatz<br />
6.3.8.1, S. 230 ff.). Hierin liegen grosse Gemeinsamkeiten der drei Fälle. Die Lösungen,<br />
die von Nanosurf, Gallus und BASF zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
gewählt wurden, fördern gezielt, doch auf unterschiedliche Weise den Informationsfluss<br />
zwischen den Mitgliedern der Marktorganisation. Unterschiedliche Strukturen<br />
und Abläufe benötigen andere Ansätze, um den Informationsfluss zu unterstützen.<br />
Dabei werden von den Unternehmen in unterschiedlich hohem Ausmass Informationssysteme<br />
und -Tools eingesetzt (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Während die<br />
Nanosurf AG bisher ausser dem Internet keine elektronische Plattform mit ihren
Vertriebsgestaltung des Herstellers 307<br />
Distributoren genutzt hat, besitzen die Mitarbeiter bei BASF eine Vielzahl von elektronischen<br />
Verbindungen, so z. B. durch Applikationen zur kunden- und marktbezogenen<br />
Planung, zur Berichterstattung, über die Kundenbetreuung und zum finanziellen<br />
Reporting.<br />
Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ hat gezeigt,<br />
dass sich die Vertriebsgestaltung des Herstellers in hohem Masse am Koordinationsbedarf<br />
der zentralen Organisation sowie der finanziellen und inhaltlichen Fähigkeit<br />
zur Unterstützung der Vertriebspartner ausrichten muss. Sämtliche Gestaltungsansätze,<br />
die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, benötigen<br />
somit einer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens.<br />
Die Möglichkeiten, eine hohe Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen, scheinen<br />
dabei nicht unmittelbar von den finanziellen Ressourcen des Herstellers abzuhängen.<br />
Vielmehr scheint dem Geschick des Herstellers eine wichtige Bedeutung zuzukommen,<br />
geeignete Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen<br />
Spielräume anzupassen und umzusetzen.
308<br />
7 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> Forschung und Praxis<br />
Kapitel 7<br />
Die vorliegende Arbeit setzt an einem Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an<br />
und entwickelt mit Hilfe eines theoriegeleiteten Vorgehens Lösungsansätze. Schlussfolgerungen<br />
dieser Arbeit ergeben sich daher in zweierlei Hinsicht: Zum einen ergeben<br />
sich Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung, zu deren Erkenntnisfortschritt<br />
die Arbeit beiträgt. Zum anderen ergeben sich Folgerungen <strong>für</strong> die Vertriebspraxis,<br />
die durch die vorliegende Arbeit bei der Lösung bestehender Probleme unterstützt<br />
werden soll.<br />
7.1 Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung<br />
7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag<br />
Die Leistung einer wissenschaftlichen Arbeit kann an ihrem Erkenntnisbeitrag <strong>für</strong> die<br />
bestehende Forschung gemessen werden, welcher im Folgenden unter inhaltlichen,<br />
theoretischen und methodischen Gesichtspunkten betrachtet wird.<br />
Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten<br />
Zu Beginn dieser Arbeit wurde das Forschungsproblem im Kontext von vier benachbarten<br />
Forschungsgebieten dargestellt, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven<br />
dazu beitragen, es zu durchdringen (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.; Abbildung 2-10, S. 33).<br />
Durch die konsequente konzeptionelle und empirische Verflechtung mit den vier Forschungsgebieten,<br />
kann die Arbeit selbst wiederum wesentliche Beiträge zu deren Weiterentwicklung<br />
stiften (s. Abbildung 7-1, S. 308).<br />
<strong>Internationales</strong> Vertriebsund<br />
Marketingmanagement<br />
Internes und vertikales<br />
Marketing<br />
Beitrag der<br />
Dissertation<br />
Interaktionsansatz<br />
Zufriedenheits- und<br />
Konfliktforschung<br />
Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten<br />
• Beitrag zum internen und vertikalen Marketing: Die konzeptionellen Perspektiven<br />
des internen und vertikalen Marketing werden in dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht
Schlussfolgerungen 309<br />
weiterentwickelt. Erstens findet eine Anwendung auf den länderübergreifenden<br />
Kontext statt. Damit besitzen kulturelle, informationsbezogene und soziale Aspekte<br />
des internen Marketing bei der Diagnose und bei der Massnahmengestaltung eine<br />
höhere Bedeutung als bei bisherigen Untersuchungen im nationalen Kontext (s. Abschnitt<br />
5.3, S. 112 ff.). Zweitens wird die Perspektive des internen Marketing im<br />
Rahmen dieser Arbeit auf den konkreten Kontext der Beziehungen im Vertriebssystem<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartnern bezogen, was bereits von<br />
Stauss/Schulze (1990, S. 155) <strong>für</strong> das von ihnen so bezeichnete „systeminterne<br />
Marketing“ vorgeschlagen worden war. Drittens bleibt diese Arbeit nicht ausschliesslich<br />
auf einer konzeptionellen Betrachtungsebene wie zahlreiche bisherige<br />
Beiträge zum internen und vertikalen Marketing. Stattdessen werden qualitative und<br />
quantitative empirische Methoden eingesetzt, um die Komponenten und Determinanten<br />
der Zufriedenheitsbeurteilung der Vertriebspartner als „interne Kunden“ zu<br />
durchdringen (s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />
• Beitrag zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung: Die vorliegende Arbeit leistet<br />
drei wesentliche inhaltliche Beiträge zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung in<br />
Distributionskanälen. Erstens wurde untersucht, welche Auswirkungen die Zufriedenheit<br />
auf vorökonomische und ökonomische Zielgrössen besitzt (s. Abschnitt 3.2,<br />
S. 56 ff.). Damit wurde der von Schwab/Cummings (1970, S. 410) und Herzberg<br />
(1968, S. 53 ff.) gewählte Kausalausschnitt zwischen Zufriedenheit, Verhaltensund<br />
Erfolgsgrössen aufgegriffen und auf den Kontext der Vertriebsorganisation bezogen<br />
untersucht (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). In der Forschung zur Zufriedenheit in<br />
Vertriebsorganisationen wurde der gewählte Kausalausschnitt zur Zufriedenheit internationaler<br />
Vertriebspartner nach Wissen des Autors damit zum ersten Mal aufgegriffen.<br />
Zweitens wurde in den qualitativen Interviews und der quantitativempirischen<br />
Untersuchung ein Schwerpunkt auf die Vertriebsregion Europa gelegt<br />
(s. Tabelle 2-3, S. 37). Damit wird die bereits seit langem amerikanisch geprägte<br />
Forschung zur Zufriedenheit in Distributionskanälen (s. z. B. Ping Jr. 2003; Siguaw<br />
et al. 2003; Goodman/Dion 2001; Ruekert/Churchill Jr. 1984) um eine erste empirische<br />
Untersuchung dieses Phänomens in europäischen Vertriebsorganisationen ergänzt.<br />
Drittens ermittelte die Untersuchung die Dimensionen der Zufriedenheit mit<br />
dem Hersteller in einem internationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 112 ff.) und<br />
überprüfte sie auf ihre Abhängigkeit von lokalen Situationsvariablen (s. Absatz<br />
5.3.3, S. 124 ff.). Der internationale Bezug fehlt in bisherigen Untersuchungen zur<br />
„Channel Member Satisfaction“ vollständig, was auf die starke amerikanische Prägung<br />
des Forschungsfeldes zurückzuführen ist.
310<br />
Kapitel 7<br />
• Beitrag zum Interaktionsansatz: Der Interaktionsansatz als vornehmlich qualitatives<br />
Forschungsgebiet (s. Homburg 2000, S. 215) wird durch die quantitative Untersuchung<br />
in Teilbereichen erstmals empirisch fundiert. Die Konzeptualisierung von<br />
Elementen und Prozessen der Zusammenarbeit, wie sie im klassischen IMP-Modell<br />
vorgenommen wurde, wird durch die empirische Analyse entschieden weiterentwickelt<br />
(s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Als eine von sehr wenigen Untersuchungen (s.<br />
z. B. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000) betrachtet die vorliegende Arbeit dabei<br />
neben interorganisationalen Interaktionsbeziehungen auch die intraorganisationale<br />
Zusammenarbeit. Auch der Interaktionsansatz wird durch den zu Grunde gelegten<br />
internationalen Kontext der betrachteten Interaktionsbeziehung erweitert (s. Absatz<br />
5.3.2, S. 116 ff.).<br />
• Beitrag zum Forschungsfeld „internationales Vertriebs- und Marketingmanagement“:<br />
Der zentrale inhaltliche Beitrag dieser Arbeit zum Forschungsfeld des internationalen<br />
Vertriebs- und Marketingmanagements liegt in der gewählten Perspektive<br />
der Tochtergesellschaften und Vertretungen. Damit kommt die Arbeit den vielfach<br />
geäusserten Forderungen nach, die dezentrale Perspektive stärker zu betrachten<br />
und zu erklären (s. Stewart 1995; Gupta/Govindarajan 1991; Gupta/Govindarajan<br />
1994, S. 455; Renz 1998, S. 78; Belz/Reinhold 1999a, S. 221). Darüber hinaus wurden<br />
strategische Konfigurationsalternativen unter der Berücksichtigung der dezentralen<br />
Perspektive überprüft, die Eignung dieser Alternativen <strong>für</strong> verschiedene lokale<br />
Situationen untersucht und anhand des empirischen Datenmaterials interpretiert<br />
(s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Damit wurden nicht nur die Beurteilungen durch die<br />
Vertriebspartner analysiert, sondern auch konkrete Konsequenzen <strong>für</strong> die Vertriebsgestaltung<br />
des Herstellers herausgearbeitet.<br />
Beitrag zur theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes<br />
Als theoretische Perspektive wurde in dieser Arbeit der situative Ansatz herangezogen,<br />
der die Vorgehensweise prägte und über die Wahl der eingesetzten Methoden bestimmte<br />
(s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.). Ein Beitrag dieser Arbeit besteht darin, dass sie<br />
den situativen Ansatz in einem konkreten Anwendungskontext durch quantitativempirische<br />
Analysen überprüft und damit stützt. Weiterhin wurden eine Konzeptualisierung<br />
<strong>für</strong> den lokalen Kontext erarbeitet (s. Abschnitt 4.1, S. 78 ff.) sowie Alternativen<br />
der Vertriebskonfiguration und deren Eignung in verschiedenen lokalen Situationen<br />
untersucht (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.).
Schlussfolgerungen 311<br />
Die erzielten Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass den direkten Effekten von Situation<br />
und Vertriebskonfiguration im Vergleich zu den Interaktionseffekten eine hohe<br />
Aufmerksamkeit zukommen muss (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Lediglich im Fall der<br />
Konfigurationsvariable „Formalisierung“ führt der starke, signifikante Interaktionseffekt<br />
zu einer schwach signifikanten Verbesserung des Bestimmtheitsmasses (s. Tabelle<br />
6-3, S. 151). Es scheint daher in besonderem Umfang geboten, in zukünftigen Forschungen<br />
die Stärke von direkten Effekten und Interaktionseffekten zu erfassen und zu<br />
vergleichen, um damit Aussagen über eine professionelle Vertriebsgestaltung treffen<br />
zu können (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Die Relevanz der situativen Abstimmung, wie<br />
sie von einigen Autoren im Bereich <strong>Vertriebsmanagement</strong> vermutet wird (s. Jaworski<br />
1988; Ghoshal/Nohria 1989; Donaldson 2001, S. 12), wird durch die Ergebnisse dieser<br />
Arbeit insgesamt eher abgeschwächt. Denn wie sich gezeigt hat, wird die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner wesentlich durch die direkten Effekte bestimmt, während den<br />
Interaktionseffekten nur eine geringe Bedeutung zukommt.<br />
Methodische Beiträge dieser Arbeit<br />
Die wesentlichen methodischen Beiträge dieser Arbeit liegen in dem ergänzenden Einsatz<br />
qualitativer und quantitativer Methoden, der expliziten Aufnahme von Kontextvariablen<br />
im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse sowie in der mehrdimensionalen<br />
Weiterentwicklung des Messinstruments zur Erfassung des Konstrukts „Channel<br />
Member Satisfaction“.<br />
Ein erster wesentlicher Impuls dieser Arbeit bezieht sich auf den komplementären Einsatz<br />
qualitativer und quantitativer Methoden (s. Absatz 2.4.1, S. 34 ff). Beide Arten<br />
der empirischen Analyse dienen unterschiedlichen Zwecken im Forschungsprozess (s.<br />
Abbildung 2-11, S. 35) und sind daher keineswegs als konkurrierende Konzepte anzusehen<br />
(s. auch Homburg 2000, S. 215). Wie sich in der Arbeit gezeigt hat, sind rein<br />
qualitativ orientierte Forschungsansätze (wie z. B. der Interaktionsansatz der IMP-<br />
Group, s. Absatz 5.1.1, S. 102 ff.; Homburg 2000, S. 215) ebenso abzulehnen wie rein<br />
quantitativ orientierte die auf eine vorhergehende, umfassende qualitative Auseinandersetzung<br />
mit dem Untersuchungsobjekt verzichten (s. auch Tomczak 1992, S. 79;<br />
Homburg 2000, S. 215). Die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden<br />
ist aus Sicht des Autors die einzige Möglichkeit, um das Phänomen der „Zusammenarbeit<br />
zwischen Herstellern und Vertriebspartnern“ vollständig zu durchdringen<br />
und darüber hinaus realistische Gestaltungsempfehlungen <strong>für</strong> die Praxis erarbeiten zu<br />
können. Der komplementäre Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden in dieser
312<br />
Kapitel 7<br />
Arbeit kann als wichtiger Orientierungspunkt <strong>für</strong> zukünftige Untersuchungen in der<br />
organisationalen Forschung dienen.<br />
Ein weiterer wichtiger methodischer Beitrag dieser Arbeit resultiert unmittelbar aus<br />
der eingenommenen theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes und besteht in<br />
der expliziten Aufnahme situativer Variablen in die Datenanalyse. Die explizite Aufnahme<br />
situativer Variablen in Abhängigkeitsanalysen, wie sie in dieser Untersuchung<br />
z. B. im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse vorgenommen wurde (s. Absatz<br />
6.2.2, S. 142 ff.), ist aus Sicht des Autors überlegen, wenn das Analyseziel darin besteht,<br />
Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Praxis abzuleiten. Die konzeptionelle Differenzierung<br />
zwischen direkten Effekten und Interaktionseffekten der Situations- und Gestaltungsvariablen<br />
auf den Regressant „Zufriedenheit“ ermöglichte eine hohe Trennschärfe<br />
bei der Interpretation und differenzierte Schlussfolgerungen im Hinblick auf<br />
die Konfiguration der Gestaltungsvariablen (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Zwar entsteht<br />
eine höhere Komplexität, wenn auch situative Variablen in die Modelle einbezogen<br />
werden. Diese ist aber aus Sicht des Autors angesichts der deutlich höheren Aussagekraft<br />
vertretbar, die im Vergleich zur Untersuchung einfacher Zusammenhänge erzielt<br />
werden kann. Eine stärkere Berücksichtigung von situativen Variablen kann die empirische<br />
betriebswirtschaftliche Forschung aus Sicht des Autors deshalb in hohem Masse<br />
bereichern (s. Homburg 2000, S. 216) und dazu beitragen, ihre Relevanz <strong>für</strong> die Praxis<br />
stärker unter Beweis zu stellen.<br />
Der dritte wesentliche methodische Beitrag dieser Arbeit liegt in der stufenweisen<br />
Entwicklung eines Instruments, das eine mehrdimensionale Messung von Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner mit ihren Herstellern ermöglicht (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.).<br />
Hierdurch wird die häufig in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung vernachlässigte<br />
Problematik der Konstruktmessung aufgegriffen (Homburg 2000, S. 215)<br />
und <strong>für</strong> den konkreten Kontext der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />
weiterentwickelt. Das aufwendige Vorgehen bei der Konzeptualisierung und Operationalisierung<br />
des Messinstruments stellt sicher, dass bei der Analyse von Abhängigkeitsbeziehungen<br />
auch wirklich die Validität und Reliabilität der Messung der Konstrukte<br />
gegeben sind. Nach Homburg (2000, S. 215) ist dies bei vielen betriebswirtschaftlichen<br />
Analysen bis heute nicht der Fall, weshalb ihm der Beitrag vieler dieser<br />
Analysen zum Erkenntnisfortschritt als besonders zweifelhaft erscheint. Die Konstruktmessung<br />
der „Channel Member Satisfaction“ im internationalen Kontext bildet<br />
die Basis, um die Zufriedenheit internationaler Vetriebspartner auch in zukünftigen<br />
Forschungen zu erfassen und ihre Beziehung zu assoziierten Konstrukten überprüfen
Schlussfolgerungen 313<br />
zu können. Im vorliegenden Fall wurden deshalb umfangreiche Informationen zur Validität<br />
und Reliabilität des Konstruktes zur Verfügung gestellt (s. Tabelle 5-2, 115;<br />
Tabelle 5-3, S. 116; Anhang I - 1, S. 373).<br />
7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf<br />
Ansatzpunkte <strong>für</strong> zukünftige Forschung im Bereich der Zusammenarbeit zwischen<br />
Herstellern und Vertriebspartnern ergeben sich vor allem aus den Restriktionen der<br />
vorliegenden Arbeit. Denn wie bei jeder wissenschaftlichen Durchdringung mussten in<br />
verschiedenen Stufen des Forschungsprojektes Einschränkungen des Untersuchungsbereiches<br />
vorgenommen werden, um die Umsetzbarkeit zu gewährleisten und präzise<br />
Ergebnisse zu erhalten.<br />
Eine erste Restriktion liegt in der Beschränkung auf Schlüsselinformanten der Vertriebspartnerorganisation<br />
im Rahmen der quantitativ-empirischen Untersuchung. Duch<br />
die Einbeziehung weiterer Perspektiven können zusätzliche Erkenntnisse zu Tage gefördert<br />
werden. Zukünftige Untersuchungen könnten insbesondere versuchen, die besonders<br />
aufwendige quantitativ-empirische Erhebung in der Dyade zwischen Hersteller<br />
und Vertriebspartner sowie zwischen Vertriebspartner und Kunde durchzuführen.<br />
Hieraus können insbesondere wichtige Erkenntnisse <strong>für</strong> die kausalen Wirkungsbeziehungen<br />
von Einstellungs- und Verhaltensvariablen zwischen den Partnern in der jeweils<br />
betrachteten Dyade gewonnen werden. Durch ein solches Vorgehen könnte ebenfalls<br />
das in der qualitativen Untersuchung bestehende Problem überwunden werden<br />
(s. Absatz 2.4.2.1, S. 37), die Auswirkungen zu messen, die eine schlechte Zusammenarbeit<br />
zwischen Hersteller und Vertriebspartner auf die Zufriedenheit und das<br />
Vertrauen des Kunden besitzen.<br />
Eine zweite Restriktion liegt in der begrenzten Zahl an untersuchten Determinanten,<br />
die in die verschiedenen Modelle dieser Arbeit einbezogen werden konnten (s.<br />
Abbildung 3-2, S. 60; Abbildung 5-7, S. 125; Abbildung 6-2, S. 143). So wurde z. B.<br />
bei den situativen Variablen eine Auswahl getroffen, um eine tiefergehende Analyse<br />
zu ermöglichen. Bereits die Tabelle 4-1 (S. 80) zeigte eine über die einbezogenen Situationsvariablen<br />
hinausgehende Anzahl von Variablen, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />
bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers Berücksichtigung finden sollten<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die zukünftige Forschung sollte sich<br />
dieser Variablen annehmen.
314<br />
Kapitel 7<br />
Eine dritte Restriktion der Untersuchung liegt darin, dass das Untersuchungsobjekt auf<br />
den <strong>Industriegüter</strong>vertrieb eingegrenzt worden ist. Eine derartige Eingrenzung war<br />
unerlässlich, um zu aussagekräftigen, empirisch gestützten Ergebnissen zu gelangen.<br />
Eine Ausweitung der ohnehin sehr umfassenden empirischen Erhebung auf Konsumgüter-<br />
und Dienstleistungsunternehmen und deren Vertriebspartner, hätte den Rahmen<br />
der Arbeit gesprengt. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Rahmen der Konzeptualisierung<br />
herausgearbeiteten Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit (s. Absatz<br />
5.3.1, S. 112 ff.) sowie die Ansätze der Vertriebsgestaltung (s. Abschnitt 6.1, S.<br />
138 ff.) prinzipiell auch im Konsumgüter- bzw. Dienstleistungsbereich zutreffen. Allerdings<br />
ist ebenfalls anzunehmen, dass eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse<br />
auch ihre Grenzen besitzt. Diese sind durch Unterschiede in der Aufbauorganisation<br />
des internationalen Vertriebs, durch Unterschiede in der Bedeutung technischer Interaktionsdimensionen<br />
sowie der Komplexität der angebotenen Leistung begründet. Eine<br />
mögliche Aufgabe <strong>für</strong> weitere wissenschaftliche Arbeiten zum Themenkomplex der<br />
Zusammenarbeit zwischen Hersteller und internationalen Vertriebspartnern liegt deshalb<br />
darin, die Konzeptualisierung und Operationalisierung sowie die Ansätze der<br />
Vertriebsgestaltung zu übertragen und anzupassen.<br />
Eine vierte Restriktion der Untersuchung liegt in der verwendeten Datengrundlage. Sie<br />
besteht auf Herstellerseite fast ausschliesslich aus Schweizer und deutschen Unternehmen.<br />
Auf der Seite der Vertriebspartner wurden bei der quantitativen Befragung<br />
und bei den qualitativen Interviews fast ausschliesslich europäische Mitarbeiter befragt.<br />
Diese Einschränkung ergibt sich nicht aus der in Absatz 2.1.1 (S. 9 ff.) vorgenommenen<br />
Eingrenzung des Untersuchungsobjektes. Sie resultiert im Wesentlichen<br />
aus der Notwendigkeit, die Komplexität und den Aufwand der Datenerhebung zu begrenzen<br />
(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es wird an dieser Stelle deshalb darauf hingewiesen,<br />
dass die Besonderheit des Datensatzes auch Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse<br />
haben könnte, was bei den einzelnen Analysen bereits mehrfach betont wurde.<br />
So ist es z. B. denkbar, dass der Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ eine höhere<br />
Bedeutung zugemessen wird, wenn Datensätze von Vertriebspartnern aus aussereuropäischen<br />
Ländern in die Analyse eingeschlossen würden (s. Absatz 5.3.2.6, S.<br />
122 ff.). Die Ausweitung der Untersuchung auf weitere Marktregionen bietet daher<br />
einen interessanten Ansatzpunkt <strong>für</strong> zukünftige Forschungsarbeiten.<br />
Als weiterer Ansatzpunkt <strong>für</strong> zukünftige Forschungen, der allerdings keine unmittelbare<br />
Restriktion der vorliegenden Arbeit darstellt, ist die Durchführung von Replikationsstudien<br />
zu nennen. Dieser Ansatzpunkt bezieht sich insbesondere auf die entwi-
Schlussfolgerungen 315<br />
ckelte Skala zur Messung der einzelnen Dimensionen der Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />
(s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Replikationsstudien haben z. B. im Zusammenhang<br />
mit der SERVQUAL-Skala zur Messung der Dienstleistungsqualität interessante<br />
Ergebnisse geliefert, die auch zur Modifikation des ursprünglichen Messmodells geführt<br />
haben (s. Parasuraman et al. 1991; Babakus/Boller 1992; Babakus et al. 1993).<br />
Erneute Erhebungen geben damit die Möglichkeit, das Messmodell zu validieren, eventuelle<br />
Schwächen zu beheben und damit zu einer noch höheren Güte der Messung<br />
zu gelangen.<br />
7.2 Folgerungen <strong>für</strong> die internationale Vertriebspraxis<br />
Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Beobachtung, dass in der Zusammenarbeit zwischen<br />
<strong>Industriegüter</strong>herstellern und internationalen Vertriebspartnern ein bedeutendes<br />
Ausmass an Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit und Konflikten vorliegt, das bislang<br />
weder in der Praxis (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.) noch in der betriebswirtschaftlichen Forschung<br />
zufrieden stellend gelöst wird (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.). Der Blickwinkel der<br />
Vertriebspartner war der Bezugspunkt <strong>für</strong> die gesamte Untersuchung. Die Ergebnisse<br />
dieser Arbeit im Hinblick auf die Auswirkungen, die Determinanten und die Gestaltung<br />
der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner lassen zahlreiche<br />
Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Unternehmenspraxis zu. Die wichtigsten Folgerungen, die<br />
sich <strong>für</strong> die Vertriebspraxis aus den Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit ergeben,<br />
werden im Folgenden dargestellt.<br />
Folgerung 1: Potenziale des dezentralen Blickwinkels erkennen<br />
In der Unternehmenszentrale werden die Bedeutung des dezentralen Blickwinkels und<br />
die Potenziale, die sich durch eine bessere Zusammenarbeit ergeben, vielfach unterschätzt<br />
(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die vorliegende Untersuchung<br />
hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der internationalen Vertriebspartner einen wesentlichen<br />
Einfluss auf das Erreichen der verschiedenen Ziele besitzt, die Hersteller im Vertrieb<br />
verfolgen (s. Abschnitt 3.1, S. 49 ff.). So kommt es durch Unzufriedenheit der<br />
Vertriebspartner in der Zusammenarbeit bspw. zu Umsatzausfällen, zusätzlichen Kosten<br />
durch Fehlspezifikationen, Mitarbeiterabwanderung und ineffizienten Prozessen (s.<br />
Fallbeispiel 3-2, S. 56). Durch eine Analyse des quantitativ-empirischen Datenmaterials<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) zeigte sich darüber hinaus, dass<br />
die Zufriedenheit in hohem Masse Einfluss auf das Vertrauen, die Verbundenheit zum<br />
Hersteller sowie auf Konflikte hat, die mit dem Hersteller bestehen (s. Abschnitt 3.2,
316<br />
Kapitel 7<br />
S. 56 ff.). In der statistischen Analyse konnte nachgewiesen werden, dass hierdurch<br />
die Verkaufstätigkeit eingeengt wird und der Markterfolg von Vertriebspartnern abnimmt<br />
(s. Absatz 3.2.3, S. 68 ff.). Die Fallstudie „Leica Microsystems“ gewährte einen<br />
tiefen Einblick in die internen Wirkungszusammenhänge (s. Abschnitt 3.3, S. 72 ff.).<br />
Es zeigte sich, dass sich die Intensität der Zusammenarbeit und die Zufriedenheit der<br />
Distributoren auf die lokale Kompetenz, die Qualität der Kundengespräche und die<br />
daraus resultierenden Verkäufe auswirken.<br />
Es lässt sich also festhalten, dass die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern<br />
die Umsätze und Kosten des Herstellers erheblich beeinflusst. Die Potenziale,<br />
die sich aus der Verbesserung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> Hersteller ergeben, müssen allerdings<br />
von vielen Herstellern zunächst erkannt werden. Hierin liegt ein erster wichtiger<br />
Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />
Nehmen Sie Unzufriedenheit und Konflikte in der Zusammenarbeit ernst<br />
und berücksichtigen Sie diese in Ihren Entscheidungen!<br />
Folgerung 2: Hindernisse bei der Einschätzung der lokalen Situation abbauen<br />
Internationale Vertriebspartner beschreiben ihre lokale Situation häufig als ausgesprochen<br />
komplex und einzigartig (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Sie weisen<br />
darüber hinaus auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang mit dieser Situation<br />
an sie stellt (Bakka 1986, S. 853).<br />
In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Einschätzung der lokalen Situation<br />
bei Herstellern und Vertriebspartnern systematischen Verzerrungen unterliegt (s.<br />
Abschnitt 4.2, S. 94 ff.). Während Hersteller dazu neigen, die Gründe <strong>für</strong> lokalen<br />
Misserfolg in der Person des Vertriebsverantwortlichen zu suchen (s. Absatz 4.2.1, S.<br />
95 ff.), besteht bei Vertriebspartnern die Tendenz, den Einfluss der externen Situation<br />
zu überschätzen und die eigene Leistung besser darzustellen, als sie eigentlich ist (s.<br />
Absatz 4.2.2, S. 97 ff.). Durch die Erfahrung, die Hersteller und Vertriebspartner im<br />
Hinblick auf die gegenseitigen Einschätzungen der lokalen Situation in der Interaktion<br />
entwickeln, entfernen sich die Einschätzungen im Laufe der Zeit immer weiter von der<br />
Realität.<br />
Hersteller müssen deshalb konkrete Anstrengungen unternehmen, um möglichst gute<br />
Einschätzungen der lokalen Situation zu erhalten. Ein wichtiger Ansatzpunkt liegt in<br />
der Unterstützung eines länderübergreifenden Informationsaustausches, der Vertriebs-
Schlussfolgerungen 317<br />
partner über das Preisniveaus, Konkurrenzaktivitäten und Massnahmen in anderen<br />
Ländern in Kenntnis setzt. Hersteller können Informationssysteme und persönliche<br />
Besuche dazu einsetzen, den eigenen Informationsstand zu verbessern. Allerdings<br />
muss dazu eine gewisse Offenheit der Unternehmenskultur sowohl in der Zentrale als<br />
auch bei Vertriebspartnern vorliegen, damit eventuelle Fehleinschätzungen als Grundlage<br />
<strong>für</strong> Verbesserungen begriffen werden und nicht etwa die Basis <strong>für</strong> weitere Konflikte<br />
darstellen. Eine realistische Einschätzung der Situation durch Hersteller und<br />
Vertriebspartner bildet die Voraussetzung, um Massnahmen und Konditionen optimal<br />
auf lokale Gegebenheiten anzupassen. Hierin liegt ein zweiter wichtiger Ansatzpunkt<br />
<strong>für</strong> die Praxis.<br />
Unternehmen Sie Anstrengungen, um die Vertriebspartner und sich selbst<br />
möglichst gut über lokale Gegebenheiten zu informieren!<br />
Folgerung 3: Konditionenpolitik ist nur eine von sieben Stossrichtungen<br />
Bei Herstellern herrscht häufig die Annahme vor, Konflikte und Unzufriedenheit in<br />
der Zusammenarbeit seien vornehmlich durch die finanzielle Konditionenpolitik bestimmt,<br />
die auf systemimmanente Interessenunterschiede zurückzuführen und damit<br />
nicht auflösbar sei. Die Ergebnisse dieser Arbeit belehren eines Besseren.<br />
Die lokale Zufriedenheit betrifft insgesamt sieben inhaltliche Dimensionen, anhand<br />
derer die Vertriebspartner die Leistung des Herstellers in der Zusammenarbeit beurteilen.<br />
Dazu gehören neben der „Konditionenpolitik“ auch die „Produkt- und Leistungspolitik“,<br />
die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der „Marketing- und<br />
Verkaufssupport“, die „soziale Interaktion“, der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“<br />
sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers.<br />
Je nachdem, welche der Leistungsdimensionen aus Sicht der Vertriebspartner vom<br />
Hersteller nicht zufrieden stellend erfüllt wird, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten,<br />
die Zusammenarbeit zu verbessern. Auch hierzu wird eine Kultur in der Zentrale<br />
verlangt, die Selbstkritik zulässt. Denn sämtliche Leistungen des Stammhauses<br />
stehen auf dem Prüfstand, weshalb Änderungsvorschläge und Massnahmen leicht<br />
mehrere zentrale Abteilungen betreffen können. Beim Beispiel der „Zuverlässigkeit<br />
bei Abwicklung und Lieferung“ kann, wie sich in der Fallstudie BASF gezeigt hat (s.<br />
Absatz 6.5.4, S. 286 ff.), z. B. die Warenverfügbarkeit von den verschiedenen Abstimmungsprozessen<br />
zwischen Aussendienst-, Innendienst-, Logistik-, Produktions-
318<br />
Kapitel 7<br />
und Marketingabteilungen abhängen. Die aufgezeigten sieben Dimensionen stellen<br />
dem Hersteller eine breite Auswahl von Ansatzpunkten zur Verfügung, um die Zusammenarbeit<br />
mit internationalen Vertriebspartnern zu verbessern. Um geeignete Ansatzpunkte<br />
aufzudecken, muss der Hersteller demnach die Bereitschaft besitzen, sämtliche<br />
Leistungskategorien auf den Prüfstand zu stellen und geeignete Massnahmen<br />
ggf. auch abteilungsübergreifend durchzusetzen. Hierin liegt ein wichtiger dritter Ansatzpunkt<br />
<strong>für</strong> die Praxis.<br />
Erkennen Sie die vielfältigen Ansatzpunkte, die Ihnen zur Verfügung stehen,<br />
um die Zusammenarbeit mit Ihren Vertriebspartnern zu verbessern!<br />
Folgerung 4: Unrealistischen Erwartungen gezielt entgegentreten<br />
Die Unsicherheit des lokalen Umfelds, die Profitabilität des Herstellers und die Grösse<br />
der lokalen Vertriebsorganisation bestimmen die Situation vor Ort. Sie besitzen damit<br />
einen entscheidenden Einfluss auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner und die daraus<br />
folgenden Erwartungen, die Vertriebspartner gegenüber dem Hersteller entwickeln.<br />
Die lokale Beurteilung befindet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen<br />
der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S.<br />
136).<br />
Unzufriedenheit der Vertriebspartner entsteht, wenn Erwartungen an die Zusammenarbeit<br />
mit dem Hersteller nicht erfüllt werden können. Bei steigenden Erwartungen,<br />
die durch Änderungen der lokalen Situation hervorgerufen werden, kann damit Unzufriedenheit<br />
entstehen, obwohl der Hersteller seine Unterstützung nicht ändert bzw. es<br />
unterlässt, eine Anpassung an die lokale Situation vorzunehmen.<br />
Um Unzufriedenheit zu verringern oder vorzubeugen, können Hersteller demnach<br />
durch offene, frühzeitige Kommunikation und konsequentes Verhalten dazu beitragen,<br />
dass sich keine unrealistischen Erwartungen bilden können. Damit können Hersteller<br />
der Unzufriedenheit, die durch eine Verschärfung der lokalen Situation hervorgerufen<br />
wird, begegnen, ohne die operative Vertriebsgestaltung anpassen zu müssen. Hierin<br />
liegt ein vierter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />
Kommunizieren Sie offen und frühzeitig, um falschen Erwartungen<br />
der Vertriebspartner gezielt entgegenzutreten!
Schlussfolgerungen 319<br />
Folgerung 5: Zufriedenheit der Vertriebspartner bei der strategischen Vertriebskonfiguration<br />
berücksichtigen<br />
Vertriebspartner fordern vielfach von Herstellern, ihre lokale Situation bei der strategischen<br />
Vertriebskonfiguration zu berücksichtigen. Auch in der Literatur wird häufig<br />
vermutet, dass je nach lokaler Situation ein unterschiedliches Mass an Zentralisierung,<br />
Formalisierung, Ergebnis- und Prozessorientierung zu wählen ist, um die optimale<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> die lokalen Vertriebspartner zu schaffen (s. Donaldson 2001, S.<br />
12). Die vorliegende Untersuchung widerlegt diese Annahme zumindest teilweise.<br />
Denn die Wahl der Konfigurationsalternativen hat zwar einen grundsätzlichen Einfluss<br />
auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Doch dieser Einfluss unterscheidet sich in<br />
den meisten Fällen nicht von Situation zu Situation, sondern ist eben grundsätzlich<br />
gegeben. Für einzelne strategische Konfigurationsalternativen ergaben sich folgende<br />
Untersuchungsergebnisse (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.):<br />
1. Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen<br />
und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit<br />
(s. Tabelle 6-2, S. 148). Dies ist fast gänzlich unabhängig von der lokalen Situation<br />
der Fall. Lediglich in Situationen von grosser Unsicherheit des lokalen Umfelds<br />
gibt die Zentralisierung den Vertriebspartnern etwas mehr Sicherheit, weshalb<br />
die Unzufriedenheit etwas geringer ausfällt. Es existieren allerdings keine lokalen<br />
Situationen, in denen aus Sicht der Vertriebspartner ein zentrales Vorgehen insgesamt<br />
Vorteile schafft und positiv beurteilt wird. Hieraus folgt einerseits, dass Hersteller<br />
diese direkte zufriedenheitssenkende Wirkung der Zentralisierung und die<br />
daraus resultierenden Konflikte, Umsatz- und Kostenwirkungen stets berücksichtigen<br />
müssen, wenn über eine weitere Zentralisierung nachgedacht wird. Andererseits<br />
ergeben sich <strong>für</strong> Hersteller auch Chancen durch eine Dezentralisierung, die damit<br />
zum wirksamen Ansatzpunkt wird, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu erhöhen.<br />
2. Der Grad der Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich<br />
einen schwachen, positiven Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />
Dieser begründet sich dadurch, dass Abläufe und Entscheidungen durch die Formalisierung<br />
vereinfacht werden und ihre Vorhersehbarkeit zunimmt (s. Absatz 6.2.2.3,<br />
S. 149 ff.). Gerade in langjährigen Beziehungen zum Hersteller werden die Vorteile<br />
der Formalisierung von Vertriebspartnern erkannt und akzeptiert. Formalisierung<br />
führt bei zunehmender Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner deshalb zu einer<br />
Erhöhung der Zufriedenheit (s. Tabelle 6-3, S. 151). Die Formalisierung hat dem-
320<br />
Kapitel 7<br />
nach positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit, die langfristig sogar zunehmen.<br />
Dem Hersteller steht damit in der Formalisierung ein wichtiger Ansatzpunkt<br />
zur Konfiguration des Vertriebs zur Verfügung.<br />
3. Je höher die Ergebnisorientierung des Führungsstils ist, desto zufriedener sind Vertriebspartner,<br />
bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Tabelle 6-4, S.<br />
155). Hersteller können die Zufriedenheit der Vertriebspartner also unabhängig von<br />
der lokalen Situation dadurch erhöhen, dass sie ergebnisorientiert führen. Dazu sind<br />
realistische Leistungsziele transparent zu kommunizieren und Vertriebspartner danach<br />
zu bewerten, wie gut sie die festgelegten Ziele erreichen. Durch ein hohes<br />
Mass an Ergebnisorientierung werden die Verantwortungen und die Kenntnis über<br />
die Mittel und Wege zum Erreichen der Ziele an die Vertriebspartner delegiert, wodurch<br />
deren lokale Kompetenz optimal genutzt werden kann. Vertriebspartner sind<br />
hierdurch motiviert und fühlen sich in ihrer Kompetenz respektiert, wodurch die<br />
Zufriedenheit ebenfalls zunimmt.<br />
4. Die Prozessorientierung des Führungsstils hingegen besitzt keinen Einfluss auf die<br />
Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 6.2.2.4, S. 152 ff.; Tabelle 6-5, S.<br />
158). Demnach kann der Hersteller einerseits prozessorientierte Ansätze einsetzen,<br />
ohne die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu beeinflussen. Andererseits gibt ihm<br />
diese Konfigurationsalternative keinen Ansatzpunkt, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />
mitzubestimmen.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wirkungen der strategischen Ansatzpunkte<br />
kaum von der lokalen Situation bestimmt werden. D. h., dass spezifische lokale<br />
Situationen weder die Wirkung der Konfigurationsalternativen auf die Zufriedenheit<br />
der Vertriebspartner einschränken noch dazu beitragen, dass sie eine stärkere Wirkung<br />
entfalten. Die strategische Vertriebskonfiguration sollte sich deshalb auch nicht an der<br />
spezifischen lokalen Situation der Vertriebspartner orientieren. Allerdings müssen sich<br />
Hersteller stets darüber bewusst sein, dass die Zentralisierung, Formalisierung und<br />
Ergebnisorientierung Auswirkungen auf die Zufriedenheit besitzen. Sie bilden deshalb<br />
Ansatzpunkte, um unabhängig von der lokalen Situation etwaige Unzufriedenheiten zu<br />
beseitigen bzw. die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zu erhöhen. In der Berücksichtigung<br />
der Zufriedenheit bei der Auswahl und dem Einsatz der strategischen Alternativen<br />
der Vertriebskonfiguration liegt ein fünfter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die<br />
Praxis.
Schlussfolgerungen 321<br />
Seien Sie sich über die Zufriedenheitswirkungen strategischer Konfigurationsalternativen<br />
bewusst und treffen Sie strategische Konfigurationsentscheidungen weitgehend<br />
unabhängig von lokalen Situationen der Vertriebspartner!<br />
Folgerung 6: Koordination und Unterstützung professionalisieren<br />
Neben den Ansätzen der strategischen Konfiguration der Vertriebsorganisation stehen<br />
Herstellern zahlreiche operative Ansätze zur Verfügung, um ihre Aufgaben der Koordination<br />
und Unterstützung der Vertriebspartner zu professionalisieren. Stossrichtungen<br />
liegen dabei in zentralen und vertikalen Strukturen, in Ansätzen der Teamorganisation,<br />
der Kultur und sozialen Beziehungen, der Segmentierung und Differenzierung,<br />
in der Unterstützung durch zentrale Ressourcen sowie im Informationsmanagement (s.<br />
Tabelle 6-6, S. 161). Eine besondere Bedeutung kommt der in dieser Arbeit geforderten<br />
personellen Trennung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben der Zentrale<br />
zu. Wie gezeigt wurde, führen die häufige personelle Verquickung und die mangelnden<br />
zentralen Ressourcen dazu, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der<br />
Qualität von Unterstützungleistungen in der Zentrale nur unzureichend erfolgt (s. Absatz<br />
6.3.2.3, S. 171 ff.). Ansätze der Trennung von Koordination und Unterstützung,<br />
wie sie bspw. durch Shared-Service Center und interne Vereinbarungen geschaffen<br />
werden, helfen dem Hersteller dabei, die zentrale Leistungsfähigkeit zu erhöhen und<br />
zu verrechnen. Leistungen der Zentrale, durch die Vertriebspartner unterstützt werden<br />
können, erhalten auf diese Weise eine hohe Transparenz. Ebenfalls tragen Service-<br />
Center Ansätze dazu bei, dass sich bei Vertriebspartnern realistische Erwartungen und<br />
Wertschätzungen gegenüber den Leistungen des Herstellers entwickeln können.<br />
Für Vertriebsverantwortliche des Herstellerunternehmens stellt die vorliegende Arbeit<br />
drei Orientierungshilfen <strong>für</strong> die operative Vertriebsgestaltung zur Verfügung. Erstens<br />
wird ein Überblick zu 19 Lösungsansätzen vermittelt, die dem Hersteller generell zur<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen (s. Abschnitt 6.3, S. 159 ff.).<br />
Zweitens werden Gestaltungsansätze dahingehend beurteilt, inwieweit sie <strong>für</strong> verschiedene<br />
spezifische Problemstellungen geeignet sind. Drittens wurden Möglichkeiten<br />
aufgezeigt, um die gewählten Ansätze so auszugestalten, dass sie optimal zur Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit beitragen. Die Fähigkeit des Herstellers, geeignete Lösungsansätze<br />
auszuwählen und <strong>für</strong> spezifische Problemstellungen anzupassen, stellt<br />
eine wichtige Herausforderung dar, der mit Hilfe dieser Arbeit besser begegnet werden<br />
kann. Hierin liegt ein sechster wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.
322<br />
Kapitel 7<br />
Verstehen Sie sich als „internen Dienstleister“ und betreiben Sie ein aktives<br />
Qualitätsmanagement <strong>für</strong> Ihre internen Koordinations- und Unterstützungsleistungen!<br />
Folgerung 7: Systematisches Projekt statt „Blitzaktionen“ zur Verbesserung<br />
Für eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit reicht die alleinige Kenntnis<br />
über mögliche Gestaltungsansätze nicht aus. Reaktive „Blitzaktionen“ zur Unterstützung<br />
einzelner Vertriebspartner in Notfällen können die Potenziale der Vertriebsorganisation<br />
nicht ausschöpfen. Vielmehr muss ein systematisches Vorgehen entwickelt<br />
werden, um eine gründliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermöglichen und die<br />
Zusammenarbeit im Zeitablauf kontinuierlich zu verbessern. In Abschnitt 6.4 (S. 247)<br />
dieser Arbeit wurde ein Vorgehen aufgezeigt, an dem sich Hersteller zur Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit orientieren können. In einem vierstufigen Prozess sind Verbessungspotenziale<br />
in der Zusammenarbeit zu identifizieren („Diagnose“), Massnahmen<br />
festzulegen („Planung“), Beteiligte in der Vertriebsorganisation zu informieren und<br />
mobilisieren („Umsetzung“) sowie Zeit- und Organisationsvergleiche durchzuführen.<br />
Durch eine regelmässige und systematische Wiederholung des Prozesses kann die Zusammenarbeit<br />
in der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden. Hierin<br />
liegt ein siebter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />
Starten Sie ein Projekt zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
und benennen Sie Projektverantwortliche!<br />
Folgerung 8: Massnahmen unternehmensspezifisch anpassen<br />
Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ zeigt das<br />
konkrete Vorgehen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in drei verschiedenen Unternehmen.<br />
Die unterschiedlichen Ausgangslagen stellen an die Vertriebsverantwortlichen<br />
unterschiedliche Anforderungen. Die Unternehmensgrösse und die damit verbundenen<br />
finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen in allen drei Unternehmen<br />
auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume. Einige der Gestaltungsansätze,<br />
die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, zeigen<br />
sich in den Fallstudien in ihrer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens.
Schlussfolgerungen 323<br />
Damit wird deutlich, dass die Möglichkeit, Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen,<br />
vom Geschick des Herstellers abhängt. Dieser muss in der Lage sein, geeignete<br />
Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen Spielräume anzupassen.<br />
So war das Kleinunternehmen Nanosurf trotz eingeschränkter finanzieller Ressourcen<br />
durchaus in der Lage, die Zusammenarbeit mit internationalen Distributoren<br />
zu verbessern, indem schnell und flexibel gemeinsam mit den Distributoren praktikable<br />
Lösungen erarbeitet und umgesetzt wurden.<br />
In allen drei Unternehmensfällen wurden die Projekte zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
durch das persönliche Engagement von Vertriebsleitern in der Zentrale entschieden<br />
vorangetrieben. Es wurden in jedem der Unternehmen gemeinsam mit Mitgliedern<br />
der Vertriebsorganisation spezifische Lösungen erarbeitet, die der Grösse und<br />
den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens in höchstem Masse<br />
Rechnung tragen. Der allererste Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit bestand<br />
jedoch bei allen drei Unternehmen in der Bereitschaft von Führungskräften der Zentrale,<br />
sich selbst und die eigenen Leistungen einer Beurteilung zu stellen. Diese achte und<br />
letzte wichtige Folgerung ist gleichzeitig der allererste Schritt <strong>für</strong> sämtliche Ansätze<br />
zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit.<br />
Suchen Sie nach spezifischen Lösungen <strong>für</strong> Ihre Vertriebsorganisation und prüfen Sie<br />
genau, welche Voraussetzungen in Ihrem Unternehmen gegeben sind! Der intensive<br />
Austausch mit Vertriebspartnern wird Ihnen bei der Entwicklung von Lösungsalternativen<br />
helfen. Treffend hat ein internationaler Distributor der Leica Microsystems diese<br />
Forderung an den Hersteller formuliert:<br />
„Listen, listen, listen, and then talk.“
324<br />
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Anhang 345<br />
Anhang<br />
Seite<br />
Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews 346<br />
Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002 349<br />
Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung 350<br />
Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung 353<br />
Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung 361<br />
Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner 362<br />
Anhang G Gütekriterien der Messmodelle 363<br />
Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität 370<br />
Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation 372<br />
Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien 374
346<br />
Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews<br />
Im Folgenden werden die Einzelinterviews, die im Rahmen der Untersuchung geführt<br />
wurden, aufgelistet. Sämtliche Interviews hatten explorativen Charakter und folgten<br />
der in Absatz 2.4.2.1 dargestellten Vorgehensweise. Anhand der Befragungsteilnehmer<br />
können drei Typen von Interviews unterschieden werden: Interviews mit Führungskräften<br />
aus dem Herstellerunternehmen (Typ 1), Interviews mit Vertriebspartnern<br />
(Typ 2) und Interviews mit sonstigen Experten im Themenbereich des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs<br />
(Typ 3). Die Angabe des Ortes bezieht sich bei persönlichen Interviews<br />
auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz.<br />
Birke, Benno (2003), Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 17.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Altenstadt, Deutschland.<br />
Bollinger, Hans-Peter (2002), Wirtgen GmbH, Sales Manager Central Europe, persönliches<br />
Interview, Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 120 Minuten, Windhagen, Deutschland.<br />
Bührer, Alex (2004), McKinsey & Company Schweiz, Partner und Leiter des “Swiss Industrial<br />
and High Tech Sectors”, telefonisches Interview, Typ 3, 17.02.2004, Dauer:<br />
60 Minuten, Zürich, Schweiz.<br />
Dvorak, Zbynek (2004), Wampfler AG, Geschäftsführer Wampfler Tschechien, telefonisches<br />
Interview, Typ 2, 19.04.2004, Dauer: 55 Minuten, Chrudim, Tschechien.<br />
Felber, Heinz (2003), Hilti AG, Leiter Marktregion Europa 2, telefonisches Interview, Typ 1,<br />
27.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Schaan, Fürstentum Liechtenstein.<br />
Filz, Alexander (2004), Mettler-Toledo Gruppe, Head of Communications Mettler-Toledo<br />
Group, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Greifensee,<br />
Schweiz.<br />
Dr. Fontana, Giatgen-Peder (2002), Fontana Projects Ltd. Co., Geschäftsführer, persönliches<br />
Interview, Typ 3, 04.12.2002, Dauer: 120 Minuten, Bern, Schweiz.<br />
Füllemann, Mark (2002), Holcim Group Support Ltd., Direktor, Head Holcim Information<br />
Platform, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 55 Minuten, Holderbank,<br />
Schweiz.<br />
Greschner, Alexander (2004), Ammann Gruppe, Leiter Strategisches Marketing, persönliches<br />
Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Langenthal, Schweiz.<br />
Hatz, Jann J. (2002), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Cham, Schweiz.<br />
Hatz, Jann J. (2004), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 80 Minuten, Cham, Schweiz.<br />
Haupold, Ralf (2004), Wampfler Representative Office (RO) East and South Europe, Leiter<br />
RO, telefonisches Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Dresden,<br />
Deutschland.<br />
Dr. Helling, Volker (2004), Georg Fischer, Automotive, Technology Unit Eisenguss, Leiter<br />
Zentrales Marketing und Verkauf, persönliches Interview, Typ 1, 16.07.2004,<br />
Dauer: 140 Minuten, Singen, Deutschland.
Anhang 347<br />
Hilti, Rupert (2002), Hilti AG, ehemaliger Verantwortlicher Grosskunden International, persönliches<br />
Interview, Typ 3, 08.06.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Ibarth, Michael (2004), Wampfler AG, Product Manager, telefonisches Interview, Typ 1,<br />
07.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland.<br />
Issenhuth, Frederic (2002), Novozymes AG, Global Marketing Manager, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Dittingen, Schweiz.<br />
Jenzer, Lukas (2004), Ammann Gruppe, Leiter Kommunikation weltweit, persönliches Interview,<br />
Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Langenthal, Schweiz.<br />
Kistler, Markus (2003), Probst Maveg SA, Leiter Marketing und Verkauf, telefonisches Interview,<br />
Typ 2, 03.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Lyss, Schweiz.<br />
Dr. Klumpp, Thomas (2002), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, persönliches Interview,<br />
Typ 1, 18.06.2002, Dauer: 90 Minuten, Hinwil, Schweiz.<br />
Dr. Klumpp, Thomas (2004), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Hinwil, Schweiz.<br />
Koch, Thomas (2003), Ruag AG, Geschäftsbereich Aerospace Aircraft, Marketing- und Verkaufsleiter,<br />
telefonisches Interview, Typ 1, 23.01.2003, Dauer: 120 Minuten,<br />
Emmen, Schweiz.<br />
Kraft, Wolfgang (2003), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />
Typ 2, 05.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland.<br />
Kraft, Wolfgang (2004), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />
Typ 2, 28.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland.<br />
Kunert, Dieter (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter<br />
Marketing und Vertrieb, persönliches Interview, Typ 1, 20.04.2004, Dauer: 45<br />
Minuten, Baden, Schweiz.<br />
Kunst, Thomas (2004), Intraco (Agent der Ferag GmbH <strong>für</strong> die ehemalige Sowjetunion),<br />
Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 26.04.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />
Moskau, Russland.<br />
Lefevere, Werner (2004), Emhart Glass GmbH, Verkaufsdirektor Markt 2, persönliches Interview,<br />
Typ 1, 27.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Neuss, Deutschland.<br />
Loos, Joëlle (2002), GEMEX Trading, Ehemalige Mitarbeiterin im internationalen Einkauf,<br />
persönliches Interview, Typ 3, 04.04.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen,<br />
Schweiz.<br />
Mehrer, Richard (2003), Wampfler GmbH, Manager Group Marketing & International Field<br />
Sales, telefonisches Interview, Typ 1, 22.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Weil am<br />
Rhein, Deutschland.<br />
Mittelholzer, Leo (2002), Holcim Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ<br />
2, 09.12.2002, Dauer: 90 Minuten, Holderbank, Schweiz.<br />
Dr. Mühlmeyer, Joachim (2002), BASF AG, Fine Chemicals Europe, Manager Business<br />
Processes, persönliches Interview, Typ 1, 27.05.2002, Dauer: 120 Minuten,<br />
Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Neun, Winfried (2003), K.O.M. GmbH, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 3,<br />
30.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Allensbach, Deutschland.
348<br />
Pöllhuber, Alois (2003), Ferag Austria AG, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 2,<br />
15.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Wien, Österreich.<br />
Pritzkow, Jan (2002), Corus Bausysteme GmbH, Export Sales Director, persönliches Interview,<br />
Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 140 Minuten, Koblenz, Deutschland.<br />
Puchner, Gerald (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter<br />
Entwicklung und Konstruktion ABB CMC, persönliches Interview, Typ 1,<br />
13.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz.<br />
Putze, Thomas (2002), Degussa AG, Geschäftsbereich „Goldschmidt Polyurethane Additives“,<br />
Business Director Europe, Middle East, Africa, persönliches Interview, Typ<br />
1, 25.06.2002, Dauer: 120 Minuten, Essen, Deutschland.<br />
Rufo, Silvano (2004), Rieter Machine Works Ltd., Geschäftsbereich Textile Systems,<br />
Geschäftseinheit Parts & After Sales, Marketing Leiter, telefonisches Interview,<br />
Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Winterthur, Schweiz.<br />
Saacke, Hans-Herbert (2002), SAACKE GmbH & Co. KG, Geschäftsführer, telefonisches<br />
Interview, Typ 1, 11.12.2002, Dauer: 100 Minuten, Bremen, Deutschland.<br />
Schenk, Adrian (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftseinheit Minerals, Sales Manager Composite<br />
Plant Projects, telefonisches Interview, Typ 1, 16.02.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />
Baden, Schweiz.<br />
Schopferer, Jörg (2004), Wampfler Ltda., General Manager, telefonisches Interview, Typ 2,<br />
22.04.2004, Dauer: 70 Minuten, São Luis, Brasilien.<br />
Smolen, Rastislav (2004), Smolen (Unabhängige Vertretung der Wampfler AG), Geschäftsführer,<br />
Typ 2, Gesprächsleitfaden elektronisch beantwortet am 28.04.2004, Bratislava,<br />
Slowakei.<br />
Stricker, Markus (2004), Corus International, Vize Director und Vertriebsleiter, telefonisches<br />
Interview, Typ 2, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Basel, Schweiz.<br />
Van Kempen, Pierre (2004), Wampfler B.V., Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2,<br />
13.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Haarlem, Niederlande.<br />
Dr. Walti, Christian (2002), ABB Business Services Ltd., Senior Consultant, persönliches<br />
Interview, Typ 1, 22.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Baden, Schweiz.<br />
Werder, Gustav (2002), Hitachi Schweiz AG, Ehemaliger Geschäftsführer, persönliches Interview,<br />
Typ 3, 27.11.2002, Dauer: 180 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Wyss, Bernhard (2004), Wampfler Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />
Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Thörishaus, Schweiz.
Anhang 349<br />
Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002<br />
Die folgende Tabelle zeigt die regionale Umsatzverteilung der zwanzig grössten<br />
Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahre 2002. Sämtliche Daten beruhen auf einer<br />
Analyse der Geschäftsberichte aus dem Jahr 2003 (Geschäftsberichtsanalyse I, s.<br />
Tabelle 2-3, S. 37).<br />
Hersteller Europa Nord- und<br />
Südamerika<br />
Regionale Umsatzanteile<br />
Asien Naher, Mittlerer<br />
Osten,<br />
Afrika<br />
Gesamtumsatz<br />
2002<br />
(in Mio. CHF)<br />
ABB 56 % 22 % 14 % 7 % 31'008<br />
Schindler k. A. k. A. k. A. k. A. 7'888<br />
Georg Fischer 77 % 11 % 0 % 12 % 3'417<br />
Rieter 45 % 31 % 23 % 1 % 2'976<br />
SIG 78 % 8 % 11 % 3 % 2'826<br />
Saurer 35 % 20 % 0 % 0 % 2'490<br />
Mettler Toledo 40 % 47 % 0 % 13 % 2'057<br />
Sulzer 39 % 37 % 19 % 5 % 1'946<br />
Unaxis 46 % 23 % 31 % 1 % 1'490<br />
Bucher Industries 76 % 13 % 6 % 5 % 1'481<br />
Bobst 53 % 25 % 18 % 5 % 1'478<br />
Bühler 42 % 19 % 13 % 25 % 1'351<br />
Von Roll 79 % 15 % 4 % 2 % 1'213<br />
Endress+Hauser 67 % 18 % 16 % 2 % 1'067<br />
Agie Charmilles 61 % 22 % 17 % 0 % 1'009<br />
Ruag 92 % 6 % 0 % 2 % 1'006<br />
Conzzeta 77 % 13 % 0 % 10 % 909<br />
Leica Geosystems 50 % 27 % 17 % 6 % 790<br />
WMH 54 % 44 % k. A. 2 % 756<br />
Kardex Remstar 80 % 15 % 0 % 5 % 550<br />
Durchschnitt 62 % 22 % 10 % 6 % 3'385<br />
Anhang B - 1: Regionale Umsatzverteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr 2002<br />
(Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37)
350<br />
Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung<br />
Ankündigung<br />
Eine Woche vor dem Versand des Fragebogens wurde an sämtliche potenzielle Teilnehmer<br />
eine E-Mail verschickt, in der die bevorstehende Befragung angekündigt und<br />
um Mithilfe gebeten wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.).<br />
Anhang C - 1: E-Mail zur Vorankündigung der schriftlichen Befragung<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Anhang 351<br />
Versand<br />
Die folgende Abbildung enthält das Anschreiben, das beim tatsächlichen Versand der<br />
Fragebögen verwendet wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Der E-Mail hing der Fragebogen<br />
als Attachement in Form eines Adobe-PDF-Dokumentes an (s. Anhang D, S.<br />
353 ff.).<br />
Anhang C - 2: Anschreiben zur Befragung mit angehängtem Fragebogen<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
352<br />
Nachfassaktion<br />
Die potenziellen Teilnehmer, die bis zum Verstreichen der Abgabefrist nicht auf die<br />
Befragung reagierten, sollten mit dem folgenden Schreiben zu einer Teilnahme bewegt<br />
werden (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es war auch bei diesem Schreiben ein Fragebogen<br />
angehängt (s. Anhang D, S. 353 ff.).<br />
Anhang C - 3: Anschreiben bei der Nachfassaktion (Vertriebsbefragung 2004,<br />
s. Tabelle 2-3, S. 37)
Anhang 353<br />
Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung
354
Anhang 355
356
Anhang 357
358
Anhang 359
360
Anhang 361<br />
Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung<br />
Die folgende Abbildung zeigt die Rücklaufstatistik der quantitativ-empirischen Erhebung<br />
differenziert nach postalischer und elektronischer Ansprache der Befragten (s.<br />
Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37).<br />
E-Mail Kontakte<br />
Postalische Kontakte<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
400<br />
200<br />
0<br />
angeschrieben bereinigt (1) bereinigt (2) geantwortet<br />
1‘458<br />
376<br />
302<br />
1‘156<br />
1‘834 1‘501 (333) 1‘383 (118) 240 (7)<br />
93<br />
1‘063<br />
345 320<br />
Anhang E - 1: Struktur des Rücklaufs differenziert nach der Art der Ansprache<br />
(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />
31<br />
25<br />
226<br />
14<br />
55<br />
22<br />
„Effektiver,<br />
bereinigter<br />
Rücklauf“<br />
=<br />
17.4 %
362<br />
Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner<br />
Anhang F - 1 zeigt die Messergebnisse zur Gesamtzufriedenheit, die im Rahmen der<br />
quantitativ-empirischen Erhebung (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37) aus<br />
Kontrollgründen als Single-Item Skala erhoben wurde.<br />
% of sample<br />
30.00%<br />
25.00%<br />
20.00%<br />
15.00%<br />
10.00%<br />
5.00%<br />
0.00%<br />
Overall, how satisfied are you with all aspects of the manufacturer-relationship?<br />
2.70%<br />
Very<br />
Satisfied<br />
19.82%<br />
26.58%<br />
Satisfied Mainly<br />
Satisfied<br />
13.51%<br />
Rather<br />
satisfied<br />
7.21%<br />
Neither<br />
satisfied nor<br />
dissatisfied<br />
15.32%<br />
Rather<br />
dissatisfied<br />
10.81%<br />
Mainly<br />
dissatisfied<br />
Anhang F - 1: Gesamtzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />
4.05%<br />
n=222<br />
Ø=4.12<br />
0.00%<br />
Dissatisfied Very<br />
dissatisfied
Anhang 363<br />
Anhang G Gütekriterien der Messmodelle<br />
Im Folgenden werden die Messergebnisse der Konstrukte in Bezug auf Gütekriterien<br />
erster und zweiter Generation (s. Jensen 2001, S. 96; Homburg/Giering 1996, S. 13;<br />
Tabelle 3-2, S. 62) dargestellt. Die Konzeptualisierungen und Operationalisierungen<br />
der Konstrukte, auf die sich die Messungen stützen, sind in den jeweiligen Textpassagen<br />
der Arbeit im Kontext ihrer Anwendung erläutert (s. Absatz 3.2.2, S. 60 ff.; Absatz<br />
5.3.3, S. 124 ff.; Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Die umklammerten Angaben hinter den<br />
Items bezeichnen den Kurznamen der Items, der in der Kausalanalyse verwendet wurde<br />
(s. Absatz 3.2.2.1, S. 60 ff. und Abbildung 3-3, S. 68).<br />
Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />
Die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstruktes „Zufriedenheit mit<br />
dem Hersteller“ geht auf Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) zurück. Drei Indikatoren<br />
wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />
Messgüte erreicht wurde.<br />
Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />
(“Channel Member Satisfaction”)<br />
Please indicate, how satisfied you are with the Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
following aspects of your relationship with the<br />
manufacturer.<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• New product market opportunities manufacturer<br />
provided you.<br />
eliminiert<br />
• Overall “sales support”/relationship with the<br />
manufacturer’s sales representative. (SAT1)<br />
.62 .47 11.19<br />
• Overall fairness and honesty of manufacturer.<br />
(SAT2)<br />
.64 .52 11.93<br />
• Interest and concern manufacturer has displayed<br />
in helping you accomplish goals and<br />
objectives. (SAT3)<br />
.70 .63 13.48<br />
• Overall manner you were treated by manufacturer’s<br />
regional office or headquarters.<br />
(SAT4)<br />
.70 .63 13.43<br />
• Profits generated from manufacturer’s product<br />
lines.<br />
eliminiert<br />
• Sales growth potential from carrying manufacturer’s<br />
product lines.<br />
eliminiert<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .84 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .14 (2)<br />
Erklärte Varianz .59 p-Wert .93<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />
Faktorreliabilität .89 CFI 1.00<br />
Durchschnittlich erfasste Varianz<br />
.67 AGFI .99<br />
Anhang G - 1: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Zufriedenheit mit dem Hersteller“
364<br />
Vertrauen in den Hersteller<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Vertrauen<br />
in den Hersteller“ lehnt sich an Ganesan (1994, S. 16) an. Drei Indikatoren wurden<br />
aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />
Messgüte erreicht wurde. Insbesondere die gedrehten Indikatoren verschlechterten die<br />
Messgüter erheblich.<br />
Your trust in the manufacturer<br />
Vertrauen in den Hersteller<br />
(„Vendor’s credibility“)<br />
Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• Promises made by the manufacturer’s representatives<br />
are reliable. (TRU1)<br />
.50 -* -*<br />
• The manufacturer does not make false<br />
claims. (TRU2)<br />
.50 -* -*<br />
• The manufacturer is not open in dealing with<br />
you. (R)<br />
eliminiert<br />
• If problems such as shipment delays arise,<br />
the manufacturer is honest about the problems.<br />
eliminiert<br />
• The manufacturer’s representatives have<br />
problems answering your questions. (R)<br />
eliminiert<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .67 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />
Erklärte Varianz .50 p-Wert -*<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />
Faktorreliabilität -* CFI -*<br />
Durchschnittlich erfasste Varianz<br />
(R): Gedrehter Indikator<br />
-* AGFI -*<br />
* Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden.<br />
Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich.<br />
Anhang G - 2: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Vertrauen in den Hersteller“<br />
Konfliktniveau mit dem Hersteller<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Konfliktniveau<br />
mit dem Hersteller“ geht auf Mohr et al. (1996, S. 110) zurück. Es wurde<br />
eine zufrieden stellende Messgüte erreicht.<br />
Konfliktniveau mit dem Hersteller<br />
(„Level of conflict“)<br />
Conflicts with your manufacturer Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• You argue frequently with your manufacturer<br />
about business issues. (CON1)<br />
.58 .44 9.92<br />
• Your arguments with your manufacturer are .70 .86 13.34
Anhang 365<br />
very heated. (CON2)<br />
• You disagree with the manufacturer about<br />
how you can best achieve your goals.<br />
(CON3)<br />
.53 .36 9.02<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .77 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />
Erklärte Varianz .55 p-Wert -*<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />
Faktorreliabilität .78 CFI -*<br />
Durchschnittlich erfasste Varianz<br />
.55 AGFI -*<br />
* Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser<br />
Masse ist daher nicht sinnvoll.<br />
Anhang G - 3: Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktniveau mit dem Hersteller“<br />
Verbundenheit mit dem Hersteller<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „verbundenheit<br />
mit dem Hersteller“ geht auf Ganesan/Weitz (1996, S. 43) zurück. Zwei<br />
Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine hohe<br />
Messgüte erreicht wurde.<br />
Your commitment<br />
Verbundenheit mit dem Hersteller<br />
(„Affective Commitment“)<br />
Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• You are proud to be part of the manufacturer<br />
organization. (COM1)<br />
.62 .47 11.31<br />
• You enjoy discussing the manufacturer organization<br />
with people from outside.<br />
Eliminiert<br />
• You really care about the fate of the manufacturer.<br />
eliminiert<br />
• You are glad that you work for this manufacturer.<br />
(COM2)<br />
.76 .77 15.67<br />
• Your values are similar to those of the<br />
manufacturer. (COM3)<br />
.65 .53 12.12<br />
• You are willing to put extra effort beyond<br />
expected to make the manufacturer organization<br />
successful. (COM4)<br />
.65 .51 11.95<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .84 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .40 (2)<br />
Erklärte Varianz .57 p-Wert .82<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />
Faktorreliabilität .84 CFI 1.00<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.57 AGFI .99<br />
Anhang G - 4: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Verbundenheit mit dem Hersteller“
366<br />
Lokale Verkaufsleistung<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokale<br />
Verkaufsleistung“ geht auf Sujan et al. (1994, S. 47) zurück. Drei Indikatoren wurden<br />
aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />
Messgüte erreicht wurde.<br />
Lokale Verkaufsleistung<br />
(„Performance“)<br />
Please evaluate your performance compared to Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
other distributors/subsidiaries of the manufacturer<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• Producing a high market share for your<br />
company. (PER1)<br />
.72 .67 14.29<br />
• Making sales of those products with the<br />
highest profit margin. (PER2)<br />
• Generating a high level of sales (dollar/euro).<br />
(PER3)<br />
.58 .41 10.32<br />
.65 .55 12.60<br />
• Quickly generating sales of new products. eliminiert<br />
• Identifying major accounts and selling to<br />
them.<br />
• Producing sales or contracts with long-term<br />
profitability.<br />
eliminiert<br />
eliminiert<br />
• Exceeding sales targets and objectives for<br />
your territory during the year. (PER4)<br />
.62 .47 11.35<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .81 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .59 (2)<br />
Erklärte Varianz .53 p-Wert .74<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />
Faktorreliabilität .82 CFI 1.00<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.53 AGFI .99<br />
Anhang G - 5: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokale Verkaufsleistung“<br />
Lokaler Markterfolg<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokaler<br />
Markterfolg“ lehnt sich an Cravens et al. (1993, S. 58) an. Ein Indikator wurde aufgrund<br />
niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht<br />
wurde.<br />
Lokaler Markterfolg<br />
(„Sales effectiveness“)<br />
Relative to your businesses largest competitor, Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
how is…<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• Your overall sales volume with your manu- .82 .89 17.89
Anhang 367<br />
facturer’s products. (EFF1)<br />
• Your overall profitability with manufacturer’s<br />
products. (EFF2)<br />
.58 .36 9.96<br />
• Market share with manufacturer’s products.<br />
(EFF3)<br />
.82 .88 17.65<br />
• The annual sales growth with manufacturer’s<br />
products.<br />
eliminiert<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .86 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />
Erklärte Varianz .71 p-Wert -*<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />
Faktorreliabilität .88 CFI -*<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.71 AGFI -*<br />
* Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser<br />
Masse ist daher nicht sinnvoll.<br />
Anhang G - 6: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokaler Markterfolg“<br />
Grad der Zentralisierung<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Zentralisierung“<br />
geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) zurück. Ein Indikator wurde aufgrund<br />
niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht<br />
wurde.<br />
Grad der Zentralisierung<br />
(„Centralization“)<br />
Thinking about your relationship with the Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
manufacturer, would you say…<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• Any major decision that you make has to<br />
have the manufacturer’s approval.<br />
.45 .24 7.34<br />
• In your dealings with the manufacturer, even<br />
quite small matters have to be referred to<br />
someone higher up for a final answer.<br />
.61 .46 10.71<br />
• Your dealings with this manufacturer are<br />
subject to a lot of rules and procedures stating<br />
how various aspects of your job are to<br />
be done.<br />
eliminiert<br />
• You have to ask manufacturer’s reps before<br />
you do almost anything in your business.<br />
.64 .63 12.80<br />
• You can take very little action on your own<br />
until the manufacturer or his reps approve it.<br />
.63 .59 12.38<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .78 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 6.21 (2)<br />
Erklärte Varianz .48 p-Wert .05<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .09<br />
Faktorreliabilität .78 CFI .98<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.48 AGFI .93<br />
Anhang G - 7: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Zentralisierung“
368<br />
Grad der Formalisierung<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Grad<br />
der Formalisierung“ geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107) zurück. Vier Indikatoren<br />
wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert. Durch den Ausschluss der Indikatorvariablen<br />
konnte keine wesentliche Verbesserung der Messgüte erreicht werden.<br />
Wie bereits im Text erläutert (s. Abschnitt 6.2, S. 139) muss die Interpretation deshalb<br />
mit entsprechender Vorsicht erfolgen und die Einschränkungen der Inhaltsvalidität des<br />
Konstruktes berücksichtigen. Die Messgüte des Konstruktes wird deshalb als mangelhaft<br />
eingestuft.<br />
Grad der Formalisierung<br />
(„Formalization“)<br />
Bezeichnung des Indikators Item-to-Total-<br />
Korrelation<br />
• If a written rule does not cover some situation,<br />
you make up informal rules for doing<br />
things as you go along. (R)<br />
• There are many things in your business that<br />
are not covered by some formal procedures<br />
for doing it. (R)<br />
• Usually, your contact with your manufacturer<br />
and his representatives involves things<br />
“by the rule book”.<br />
• Contact with your manufacturer and his<br />
representatives are on a formal preplanned<br />
basis.<br />
• You ignore the rules and reach informal<br />
agreements to handle some situations. (R)<br />
• When rules and procedures exist with your<br />
manufacturer, they are usually written<br />
agreements.<br />
Indikatorreliabilität<br />
eliminiert<br />
t-Wert der<br />
Faktorladung<br />
.42 -* -*<br />
eliminiert<br />
eliminiert<br />
.42 -* -*<br />
eliminiert<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .60 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade)<br />
Erklärte Varianz .42 p-Wert -*<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />
Faktorreliabilität -* CFI -*<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
(R): Gedrehter Indikator<br />
-* AGFI -*<br />
* Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden.<br />
Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich.<br />
Anhang G - 8: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Formalisierung“<br />
Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Ergebnisorientierung<br />
des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zu-
Anhang 369<br />
rück. Ein Indikator wurde aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine<br />
hohe Messgüte erreicht wurde.<br />
Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />
(„Output control“)<br />
Bezeichnung des Indikators Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• Specific performance goals are established<br />
for your local sales organization.<br />
.65 .56 12.13<br />
• The manufacturer monitors the extent to<br />
which you reach your performance goals.<br />
.83 .63 18.10<br />
• If your performance goals were not met, you<br />
would have to explain why.<br />
.73 .87 14.23<br />
• You receive feedback from the manufacturer<br />
concerning the extent to which you achieve<br />
your goals.<br />
.70 .50 13.08<br />
• Your pay/salary increases are based upon<br />
your performance.<br />
eliminiert<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .87 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .90 (2)<br />
Erklärte Varianz .64 p-Wert .64<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />
Faktorreliabilität .88 CFI 1.00<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.64 AGFI .99<br />
Anhang G - 9: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Ergebnisorientierung des Führungsstils“<br />
Prozessorientierung des Führungsstils<br />
Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Prozessorientierung<br />
des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurück.<br />
Es wurde eine sehr hohe Messgüte erreicht.<br />
Prozessorientierung des Führungsstils<br />
(„Process control“)<br />
Bezeichnung des Indikators Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />
Korrelation reliabilität Faktorladung<br />
• The manufacturer monitors the extent to<br />
which you follow established procedures.<br />
.75 .75 15.84<br />
• The manufacturer evaluates the procedures<br />
you use to accomplish a given task.<br />
.76 .76 15.92<br />
• The manufacturer modifies your procedures<br />
when desired results are not obtained.<br />
.67 .50 11.90<br />
• You receive feedback on how you accomplish<br />
your performance goals.<br />
.61 .41 10.47<br />
Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />
Cronbachsches Alpha .86 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 9.71 (2)<br />
Erklärte Varianz .60 p-Wert .01<br />
Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .13
370<br />
Faktorreliabilität .86 CFI .98<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz<br />
.61 AGFI .90<br />
Anhang G - 10: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Prozessorientierung des Führungsstils“<br />
Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität<br />
Um die Diskriminanzvalidität der verwendeten Konstrukte zu überprüfen, wurden<br />
zwei Konstruktverbunde zu „einstellungsbezogenen Wirkungen“ und „ökonomischen<br />
Wirkungen“ gebildet. Diese wurden jeweils durch eine explorative Faktorenanalyse<br />
und das Fornell-Larcker Kriterium auf das Vorliegen hinreichender Diskriminanzvalidität<br />
untersucht (s. auch Homburg 2000, S. 111 f.).<br />
Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />
Zum Konstruktverbund der einstellungsbezogenen Wirkungen zählen die Konstrukte<br />
„Vertrauen in den Hersteller“, „Konfliktniveau mit dem Hersteller“ und „Verbundenheit<br />
mit dem Hersteller“, die allesamt durch die Zufriedenheit beeinflusst werden (s.<br />
Anhang G - 2, S. 364; Anhang G - 3, S. 365; Anhang G - 4, S. 365 und Abbildung 3-4,<br />
S. 70). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des Fornell-<br />
Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den Konstrukten<br />
schliessen (s. Anhang H - 1, S. 370 und Anhang H - 2, S. 371).<br />
Explorative Faktorenanalyse<br />
Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />
Faktor Indikator Faktorladungen (nach Varimax Rotation)<br />
Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3<br />
Trust<br />
Conflicts<br />
Commitment<br />
H01 .118 -.182 .809<br />
H02 .272 -.123 .549<br />
H06 -.038 .652 -.158<br />
H07 .001 .937 -.048<br />
H08 -.121 .583 -.123<br />
H09 .636 -.102 .286<br />
H12 .842 -.127 .156<br />
H13 .707 -.081 .171<br />
H14 .751 .043 .031<br />
Durch die Faktoren erklärte Varianz 25.35 % 19.19 % 12.61 %<br />
Anhang H - 1: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund<br />
„Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />
Fornell-Larcker Kriterium<br />
Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />
Faktor Faktor 3 Faktor 2 Faktor 1<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz (DEV)<br />
.503 .551 .571<br />
Trust .503
Anhang 371<br />
Conflicts .551 .102<br />
Commitment .571 .236 .026<br />
χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 49.03 (24)<br />
p-Wert .002<br />
RMSEA .066<br />
CFI .965<br />
AGFI .920<br />
Anhang H - 2: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums <strong>für</strong> den Konstruktverbund<br />
„Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />
Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />
Zum Konstruktverbund der ökonomischen Wirkungen zählen die Konstrukte „Lokale<br />
Verkaufsleistung“ und „Lokaler Markterfolg“ (s. Anhang G - 5, S. 366 und Anhang G<br />
- 6, S. 367). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des<br />
Fornell-Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen<br />
den beiden Konstrukten schliessen (s, Anhang H - 3, S. 371 und Anhang H - 4, S.<br />
371).<br />
Explorative Faktorenanalyse<br />
Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />
Faktor Indikator Faktorladungen (nach Oblimin Rotation)<br />
Faktor 1 Faktor 2<br />
Relative Performance<br />
I01 .710 -.212<br />
I02 .714 .097<br />
Sales Effectiveness<br />
I03 .705 -.018<br />
I07 .659 -.051<br />
I08 -.020 -.961<br />
I09 .212 -.465<br />
I10 -.049 -.969<br />
Durch die Faktoren erklärte Varianz 49.86 % 11.72 %<br />
Anhang H - 3: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund<br />
„Ökonomische Wirkungen“<br />
Fornell-Larcker Kriterium<br />
Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />
Faktor Faktor 1 Faktor 2<br />
Durchschnittlich erfasste<br />
Varianz (DEV)<br />
.529 .709<br />
Rel. Performance .529<br />
Sales Effectiveness .709 .424<br />
χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 56.22 (13)<br />
p-Wert .00<br />
RMSEA .12<br />
CFI .95<br />
AGFI .86<br />
Anhang H - 4: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums <strong>für</strong> den Konstruktverbund<br />
„Ökonomische Wirkungen“
372<br />
Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation<br />
Um die Methodeninvarianz zu überprüfen und die inhaltliche Nähe der Teilaspekte der<br />
Zusammenarbeit mit dem Hersteller zu berücksichtigen, wurde eine explorative Faktorenanalyse<br />
mit der schiefwinkligen Oblimin-Rotation durchgeführt. Um ein Maximum<br />
an Korrelation zwischen den Faktoren zuzulassen, wurde ein Delta von Null definiert.<br />
Anhang I - 1 zeigt die Ergebnisse der Analyse. Die Faktorladungen lassen auch in diesem<br />
Fall eine eindeutige Zuordnung zu den sieben Faktoren zu.<br />
Faktoren und Faktorladungen<br />
(nach schiefwinkliger Rotation)<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
New product market opportunities<br />
The width of the products and<br />
-.534 -.138 -.151 .121 -.003 .073 .046<br />
services offered<br />
Quality and design of products<br />
-.624 .006 -.093 -.050 .029 .007 -.104<br />
and services<br />
Frequency of introducing new<br />
-.460 -.196 -.106 -.155 .010 .036 -.178<br />
products or services<br />
Order handling by<br />
-.567 .022 -.014 .124 .134 -.009 .105<br />
manufacturer<br />
Meeting of promised<br />
.019 -.647 -.109 .087 .135 .057 .083<br />
delivery dates<br />
Availability of products and<br />
.067 -.717 .068 -.026 .029 .036 -.121<br />
replacement parts<br />
Support with manuals, hand-<br />
-.132 -.760 .044 .008 .000 -.043 -.011<br />
books, etc.<br />
Sales promotion material and<br />
-.195 .143 -.673 -.032 .040 .044 -.198<br />
documentations<br />
Manufacturer credit<br />
-.060 -.093 -.654 .066 .074 -.020 .003<br />
policies<br />
Customer financing<br />
.024 .032 .067 .430 .094 .071 -.164<br />
programs<br />
Incentive programs (bonuses,<br />
-.050 -.045 -.041 .744 -.076 -.051 .019<br />
contests, trips)<br />
Sales support relationship with<br />
-.010 -.003 -.012 .657 .028 .039 -.020<br />
the sales rep<br />
Overall fairness and honesty of<br />
-.147 -.043 -.216 .025 .496 -.024 -.040<br />
manufacturer<br />
Interest and concern<br />
.041 -.074 -.057 -.065 .681 .064 -.150<br />
to help you<br />
Overall manner you were<br />
-.068 -.080 -.002 .034 .727 .008 .048<br />
treated<br />
Dealing with your local customs<br />
.005 .012 .044 .028 .824 -.001 .022<br />
and values<br />
Way of respecting and treating<br />
-.254 -.080 .096 .060 -.051 .638 -.114<br />
your local culture -.159 .017 .161 -.031 .247 .708 -.167
Anhang 373<br />
Understanding your<br />
language .177 .004 -.178 .090 -.013 .608 .215<br />
Similarity of your values and<br />
the manufacturer’s .129 -.194 -.134 .038 .132 .443 -.095<br />
Manufacturer's response times<br />
to your requests -.020 -.201 -.108 .082 -.023 .118 -.531<br />
Timeliness of receiving necessary<br />
information -.017 -.091 -.041 .132 .084 -.077 -.665<br />
Completeness of information<br />
you get .023 -.024 -.140 .094 .182 .056 -.538<br />
Anhang I - 1: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren
374<br />
Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien<br />
Im Folgenden werden die explorativen Einzel- und Gruppeninterviews aufgelistet, die<br />
im Rahmen der Fallstudien geführt wurden. Die Angabe des Ortes bezieht sich bei<br />
persönlichen Interviews auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews<br />
auf den Firmensitz.<br />
Fallstudie „Leica Microsystems“ (s. „Befragung Leica I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Dr. Reuter, Wolf-Otto, President und CEO; Vogler, Martin R., Vice President und Managing<br />
Director European and Direct Sales Management (2004), Leica Microsystems,<br />
persönliches Gruppeninterview, 13.09.2004, Dauer: 120 Minuten, Flims,<br />
Schweiz.<br />
Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />
and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 19.01.2004,<br />
Dauer: 30 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />
and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 18.06.2004,<br />
Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />
and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 14.10.2004,<br />
Dauer: 30 Minuten, Flims, Schweiz.<br />
Fallstudie „Nanosurf AG“ (s. „Befragung Nanosurf I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview,<br />
17.05.2003, Dauer: 120 Minuten, Basel, Schweiz.<br />
Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview,<br />
01.07.2003, Dauer: 60 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Dr. Sum, Robert (2002), Nanosurf AG, CEO, telefonisches Einzelinterview, 05.11.2002,<br />
Dauer: 120 Minuten, Liestal, Schweiz.<br />
Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Braendlin, Dominik, Head of Development; Dr. Howald, Lukas,<br />
Chairman; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf<br />
AG, persönliches Gruppeninterview, 12.06.2003, Dauer: 180 Minuten, Liestal,<br />
Schweiz.<br />
Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf<br />
AG, persönliches Gruppeninterview, 16.07.2003, Dauer: 60 Minuten, Liestal,<br />
Schweiz.<br />
Fallstudie „Gallus Ferd. Rüesch AG“ (s. „Befragung Gallus I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus<br />
Ferd. Rüesch AG, persönliches Gruppeninterview, 23.01.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />
St. Gallen, Schweiz.<br />
Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing<br />
Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG,
Anhang 375<br />
persönliches Gruppeninterview, 06.04.2004, Dauer: 80 Minuten, St. Gallen,<br />
Schweiz.<br />
Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, persönliches<br />
Einzelinterview, 22.06.2004, Dauer: 35 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing<br />
Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG,<br />
persönliches Gruppeninterview, 13.08.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen,<br />
Schweiz.<br />
Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Beenken, Laura Ana (2004), Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition, BASF<br />
Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview,<br />
02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Cepheli, Tanju, Account Manager Pharma and Cosmetics; Demirkuşak, Olcay, Sales Support<br />
Pharma and Nutrition; Akyel, Idil Gulbalkan, Sales Coordination and Support<br />
BCI and BCD, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE),<br />
persönliches Gruppeninterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei.<br />
Dufrenoy, Carole (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe,<br />
Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Ervine, Sarah (2004), Head of Sales Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />
Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 240 Minuten,<br />
Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Gökce, Levent (2004), Head of Sales BC Istanbul & BC Dubai, BASF Fine Chemicals<br />
Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 01.06.2004,<br />
Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei.<br />
Hintz, Michael (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />
West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 06.05.2004, Dauer: 120<br />
Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Hoffmann, Peter, Head of Marketing Pharma Solutions; Dr. Geiselhart, Verena, Technical<br />
Marketing Manager Pharma; Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma (2004),<br />
BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches<br />
Gruppeninterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Janning, Annie (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />
West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Kelly, Mark (2004), Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />
Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 29.04.2004, Dauer: 120 Minuten,<br />
Wädenswil, Schweiz.<br />
Lyons, Roger (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />
West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 07.05.2004, Dauer: 90<br />
Minuten, Cheadle, England.
376<br />
Schnabel, Erhard (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe,<br />
Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 13.05.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Wenzler, Thiebaut (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe,<br />
Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 17.05.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Paris, Frankreich.<br />
Zezelj, Marijana (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe,<br />
Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 27.04.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF II“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />
Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business<br />
Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview,<br />
02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business<br />
Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview,<br />
11.06.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />
Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (RBU FCE); Eyer, Wolfgang,<br />
Mitarbeiter Management Recruiting (2004), BASF Fine Chemicals Europe,<br />
Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 10.02.2004, Dauer:<br />
120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />
Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />
Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 29.03.2004, Dauer: 70 Minuten,<br />
Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />
Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />
Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 24.09.2004, Dauer: 180 Minuten,<br />
Ludwigshafen, Deutschland.<br />
Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />
Pharma and Human Nutrition; Beenken, Laura Ana, Head of Sales & Supply Center<br />
Pharma and Nutrition; Dufrenoy, Carole, Account Manager Pharma (SSC);<br />
Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma Solutions (2004), BASF Fine Chemicals<br />
Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview,<br />
16.11.2004, Dauer: 140 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.
Lebenslauf<br />
Christian Schmitz, geboren am 18. April 1978 in Siegburg, Deutschland.<br />
Werdegang:<br />
1988 – 1997 Gymnasium am Ölberg, Abschluss: Allgemeine Hochschulreife, Königswinter-Oberpleis,<br />
Deutschland.<br />
1997 – 1999 Studium der Wirtschaftswissenschaften, Gerhard-Mercator-<br />
Universität Duisburg, Abschluss: Vordiplom, Duisburg, Deutschland.<br />
1999 – 2001 Studium der Betriebswirtschaftslehre, Diplomarbeit „Ganzheitliches<br />
Controlling des Kundenmanagements” bei Prof. Dr. Bernd Stauss,<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Dienstleistungsmanagement und ABWL, Abschluss:<br />
Diplom, Katholische Universität Eichstätt, Ingolstadt, Deutschland.<br />
2001 Auslandsstudium an der European Business School (EBS), London,<br />
England.<br />
2001 – 2002 Doktorandenstudium an der Universität St.Gallen (HSG), Fachprogramm<br />
Marketing, St. Gallen, Schweiz.<br />
2001 – 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzzentrum <strong>für</strong> Businessto-Business<br />
Marketing am Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel (IMH-<br />
HSG), Universität St.Gallen, St. Gallen, Schweiz.<br />
Anmerkungen, Fragen und Kritik sind herzlich willkommen.<br />
E-Mail: christian.schmitz@unisg.ch