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Internationales Vertriebsmanagement für Industriegüter

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<strong>Internationales</strong> <strong>Vertriebsmanagement</strong> <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong><br />

- Handlungsimplikationen aus dem Blickwinkel<br />

internationaler Tochtergesellschaften und Vertretungen<br />

D I S S E R T A T I O N<br />

der Universität St. Gallen,<br />

Hochschule <strong>für</strong> Wirtschafts-,<br />

Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)<br />

zur Erlangung der Würde eines<br />

Doktors der Wirtschaftswissenschaften<br />

vorgelegt von<br />

Christian Schmitz<br />

aus<br />

Deutschland<br />

Genehmigt auf Antrag der Herren<br />

Prof. Dr. Christian Belz<br />

und<br />

Prof. Dr. Torsten Tomczak<br />

Dissertation Nr. 3109<br />

Lithofactory, Bonn 2005


Die Universität St.Gallen, Hochschule <strong>für</strong> Wirtschafts-, Rechts-<br />

und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung<br />

der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen<br />

Anschauungen Stellung zu nehmen.<br />

St. Gallen, den 30. Juni 2005<br />

Der Rektor:<br />

Prof. Ernst Mohr, PhD


Meinen Eltern<br />

Bernhard und Hedwig Schmitz


Vorwort<br />

Internationale Vertriebspartner erzielen <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller heutzutage häufig<br />

mehr als 90 Prozent des jährlichen Umsatzes. Die Professionalität, die Motivation und<br />

die Zufriedenheit der Vertriebspartner vor Ort sind deshalb <strong>für</strong> Herstellerunternehmen<br />

von entscheidender Bedeutung. Angesichts verschärfter internationaler Wettbewerbsbedingungen<br />

und der zunehmenden Professionalität in der Einkaufsorganisation der<br />

Kunden stehen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem<br />

Masse auf dem Prüfstand.<br />

Die vorliegende Dissertation untersucht, welche Strategien und Massnahmen Herstellern<br />

zur Verfügung stehen, um die interne Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation<br />

zu gestalten. Dazu wurden Komponenten, Wirkungen und Determinanten der<br />

„Channel Member Satisfaction“ analysiert. Die Arbeit setzt an einem konkreten Problem<br />

der betriebswirtschaftlichen Praxis an und versucht dieses mit Hilfe wissenschaftlicher<br />

Theorien und Methoden zu erklären sowie Ansätze zu dessen Lösung zu entwickeln.<br />

Damit wurde dem realitätsorientierten Forschungsansatz gefolgt, der fordert,<br />

eine Brücke zwischen „praktischer Relevanz“ und „wissenschaftlicher Rigourness“ zu<br />

schlagen.<br />

Das vorliegende Werk wurde im Juni 2005 als Dissertation an der Universität St.Gallen<br />

angenommen und entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />

Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel. Mein aufrichtiger Dank gilt einer Reihe von Personen,<br />

die einen unmittelbaren Beitrag zu dieser Arbeit geleistet und mich unterstützt<br />

haben.<br />

Meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Belz danke ich sehr <strong>für</strong> die wertvolle<br />

fachliche Unterstützung und seine stets positive, motivierende und konstruktive Zusammenarbeit<br />

während der letzten drei Jahre, die ich am Institut <strong>für</strong> Marketing und<br />

Handel verbracht habe. Durch seine fortwährende Beharrlichkeit in der Frage nach der<br />

Praxisrelevanz hat er mich zu vielen Überlegungen angeregt, die die gesamte Konzeption<br />

meiner Arbeit sowie die Wahl von Methoden beeinflusst haben. Ebenso bedanke<br />

ich mich bei Professor Dr. Torsten Tomczak <strong>für</strong> die Übernahme des Korreferates und<br />

das von ihm geprägte, ausgesprochen angenehme Arbeitsumfeld am Institut. Mein<br />

Dank gilt weiterhin den Professoren Bernard J. Jaworski (University of Southern California,<br />

Los Angeles; Head Markets Chair der Monitor Group) und Robert W. Ruekert<br />

(University of Minnesota) <strong>für</strong> wertvolle Hinweise.


Ohne die inhaltliche und finanzielle Unterstützung durch Partner aus der Unternehmenspraxis<br />

wäre die Durchführung des vorliegenden Projektes nicht in dieser Form<br />

möglich gewesen. Für besondere Beiträge danke ich an dieser Stelle stellvertretend <strong>für</strong><br />

viele andere Herrn Michael Lappas (BASF AG), Herrn Martin Vogler (Leica Microsystems<br />

AG), Herrn Klaus Aarestrup (Gallus Ferd. Rüesch AG), Dr. Robert Sum (Nanosurf<br />

AG) und Dr. Loris Scandella (Nanosurf AG).<br />

Ebenso danke ich meinen Kollegen am Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel. Dr. Dirk<br />

Zupancic danke ich <strong>für</strong> den grossen Spielraum den er mir in den letzten beiden Jahren<br />

<strong>für</strong> die Umsetzung eigener Ideen und Projekte gewährte. Für die Unterstützung bei<br />

Experteninterviews und quantitativen Erhebungen danke ich meinen studentischen<br />

Mitarbeitern Herrn Flavio Pellegrini und Frau Julia Bächli. In der ersten Zeit am Institut<br />

haben mich meine Kollegen und Freunde Dr. des. Philipp Biermann und Dr. des.<br />

Dominik Pfeiffer durch regelmässige Forschungssitzungen und die gemeinsame Asienexkursion<br />

herausgefordert und damit einen entscheidenden Anstoss <strong>für</strong> das vorliegende<br />

Projekt gegeben. Darüber hinaus danke ich meinen Freunden und Kollegen Dr.<br />

des. Marc Cristofolini und Herrn Dipl.-Oec. Tim Oliver Brexendorf <strong>für</strong> die angenehme<br />

gemeinsame Zeit in St. Gallen und viele spannende Diskussionen.<br />

Und auch in den letzten wichtigen Monaten, Wochen und Tagen vor der Abgabe der<br />

vorliegenden Arbeit konnte ich auf ein verlässliches Team zurückgreifen, das mich<br />

trotz meiner ambitionierten Zeitvorgaben mit höchstem Einsatz beim „Feinschliff“<br />

unterstützt hat. Dr. Michael Reinhold und Herrn Dipl.-Kfm. Daniel Wentzel danke ich<br />

<strong>für</strong> inhaltliche, konzeptionelle und methodische Hinweise. Meiner Tante, Frau StD<br />

Monika Schmitz und Herrn Johannes Wirthmüller danke ich <strong>für</strong> die ausgesprochen<br />

gründliche und ausdauernde Korrektur meines Manuskriptes.<br />

Mein grösster Dank gebührt den Menschen, die mir am nächsten stehen. Mein ganz<br />

besonderer Dank gilt dabei meiner lieben Freundin Doreen Huster. Denn sie hat mir<br />

trotz unserer räumlichen Distanz über drei Jahre hinweg den Rücken gestärkt und mir<br />

so vieles abgenommen. Meinen Eltern Bernhard und Hedwig Schmitz danke ich da<strong>für</strong>,<br />

dass sie mich auf meinem bisherigen Lebensweg immer vorbehaltlos unterstützt und<br />

bestärkt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit.<br />

St. Gallen, im Juli 2005 Christian Schmitz


Inhaltsverzeichnis I<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Abbildungsverzeichnis VI<br />

Tabellenverzeichnis X<br />

Fallbeispielverzeichnis XII<br />

Abkürzungsverzeichnis XIII<br />

1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1<br />

1.1 Ausgangslage im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb 1<br />

1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern 3<br />

1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden 3<br />

1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern 4<br />

1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen 6<br />

1.4 Aufbau der Arbeit 7<br />

2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und<br />

Methodenmix 9<br />

2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen 9<br />

2.1.1 Internationaler Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n 9<br />

2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger 12<br />

2.1.3 Zentrale <strong>für</strong> länderübergreifende Koordination und Unterstützung 15<br />

2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 17<br />

2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz 17<br />

2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive 18<br />

2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete 20<br />

2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem 21<br />

2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen 25<br />

2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze 29<br />

2.3.4 <strong>Internationales</strong> Vertriebs- und Marketingmanagement 31<br />

2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung 32<br />

2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess 34<br />

2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden 34<br />

2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 37<br />

2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte 37<br />

2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion 39<br />

2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien 46


II<br />

3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 49<br />

3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 49<br />

3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele 49<br />

3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele 51<br />

3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der<br />

Vertriebspartner 56<br />

3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg 56<br />

3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 60<br />

3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse 60<br />

3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und<br />

Konstruktmessung 63<br />

3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation 68<br />

3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg 72<br />

4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller und<br />

Vertriebspartner 78<br />

4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 78<br />

4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten 78<br />

4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 80<br />

4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds 80<br />

4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb 84<br />

4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 88<br />

4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation 88<br />

4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation 89<br />

4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers 91<br />

4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation 94<br />

4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller 95<br />

4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner 97<br />

4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation 100<br />

5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und ihre<br />

Beurteilung 102<br />

5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit 102<br />

5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage 102<br />

5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion 103<br />

5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion 106<br />

5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis 107<br />

5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner107<br />

5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller 110


Inhaltsverzeichnis III<br />

5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre<br />

Kontextabhängigkeit 112<br />

5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung 112<br />

5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen 116<br />

5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“ 117<br />

5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ 118<br />

5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“ 119<br />

5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“ 120<br />

5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“ 121<br />

5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“ 122<br />

5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ 123<br />

5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen<br />

Kontextfaktoren 124<br />

5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers 126<br />

5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume 128<br />

5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck 130<br />

5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche 131<br />

5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen 133<br />

5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und<br />

Vertriebsgestaltung 135<br />

6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der<br />

Vertriebsgestaltung 138<br />

6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung 138<br />

6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 139<br />

6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration 139<br />

6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 142<br />

6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression 142<br />

6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen 146<br />

6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln 149<br />

6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen 152<br />

6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung 158<br />

6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit 159<br />

6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung 159<br />

6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen 162<br />

6.3.2.1 <strong>Internationales</strong> Key-Account Management 162<br />

6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen 167<br />

6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstützung 171<br />

6.3.2.4 Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten 173<br />

6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen 174<br />

6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen 174<br />

6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens 177


IV<br />

6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams 180<br />

6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams 180<br />

6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement 183<br />

6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams 189<br />

6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen 192<br />

6.3.5.1 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen 193<br />

6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale 196<br />

6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung 201<br />

6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern 201<br />

6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer 204<br />

6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen 210<br />

6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb 210<br />

6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung 214<br />

6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien 220<br />

6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung 227<br />

6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information 229<br />

6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung 230<br />

6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools 236<br />

6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen<br />

Vertriebsgestaltung 242<br />

6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 247<br />

6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung 247<br />

6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren 248<br />

6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen 251<br />

6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren 254<br />

6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche 255<br />

6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen 258<br />

6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 259<br />

6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien 259<br />

6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen 261<br />

6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf 261<br />

6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit 264<br />

6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 269<br />

6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung 269<br />

6.5.2.3.2 Internetportal <strong>für</strong> Distributoren 272<br />

6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen 273<br />

6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings 274<br />

6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 276<br />

6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 277<br />

6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand 278<br />

6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch 278<br />

6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit 280<br />

6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 283


Inhaltsverzeichnis V<br />

6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen 283<br />

6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen 284<br />

6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden 285<br />

6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 285<br />

6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 286<br />

6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern 286<br />

6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe 287<br />

6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit 291<br />

6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 292<br />

6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst292<br />

6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung 295<br />

6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen 299<br />

6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 300<br />

6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 301<br />

6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte<br />

Handlungsspielräume 302<br />

7 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> Forschung und Praxis 308<br />

7.1 Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung 308<br />

7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag 308<br />

7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf 313<br />

7.2 Folgerungen <strong>für</strong> die internationale Vertriebspraxis 315<br />

Literaturverzeichnis 324<br />

Anhang 345


VI<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Seite<br />

Abbildung 1-1: Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den<br />

Vordergrund 2<br />

Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes 6<br />

Abbildung 1-3: Aufbau der Arbeit 8<br />

Abbildung 2-1: Aufgabenträger und -inhalte im internationalen<br />

<strong>Industriegüter</strong>vertrieb 9<br />

Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer<br />

<strong>Industriegüter</strong>hersteller 12<br />

Abbildung 2-3: Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong> 14<br />

Abbildung 2-4: Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer<br />

Hersteller 15<br />

Abbildung 2-5: Konzept zur Korrespondenz von Situation und<br />

Organisationsstruktur 19<br />

Abbildung 2-6: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des<br />

Herstellers 25<br />

Abbildung 2-7: Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von<br />

Vertriebsmitarbeitern 27<br />

Abbildung 2-8: Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des<br />

Vertriebssystems 28<br />

Abbildung 2-9: Interaktionsansatz und wesentliche Elemente 30<br />

Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten<br />

Forschungsgebieten 33<br />

Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden 35<br />

Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr<br />

2002 41<br />

Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe 44<br />

Abbildung 3-1: Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens 49<br />

Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten<br />

Variablen 60<br />

Abbildung 3-3: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen 68<br />

Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten <strong>für</strong> ausgewählte<br />

Parameter 70<br />

Abbildung 3-5: Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der<br />

Leica Microsystems 74


Abbildungsverzeichnis VII<br />

Abbildung 4-1: Interne und externe Komponenten der lokalen Situation 79<br />

Abbildung 4-2: Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur 86<br />

Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern 93<br />

Abbildung 4-4: Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch<br />

Vertriebspartner 98<br />

Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und<br />

Vertriebspartner 102<br />

Abbildung 5-2: Lokale Prozesse des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs 104<br />

Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der<br />

Zusammenarbeit 108<br />

Abbildung 5-4: Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner 111<br />

Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen <strong>für</strong> die lokale<br />

Geschäftstätigkeit 117<br />

Abbildung 5-6: Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle<br />

Konditionen“ und Verteilung <strong>für</strong> verschiedene Fallgruppen 121<br />

Abbildung 5-7: Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch<br />

Vertriebspartner 125<br />

Abbildung 5-8: Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die<br />

Beurteilung des Herstellers 127<br />

Abbildung 5-9: Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale<br />

Ansatzpunkte in umkämpften Märkten 129<br />

Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit<br />

mit den Beurteilungsdimensionen 131<br />

Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> unterschiedliche Grössen<br />

der lokalen Vertriebsorganisation 133<br />

Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der<br />

Beziehung zum Hersteller 134<br />

Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und<br />

Vertriebsgestaltung 136<br />

Abbildung 6-1: Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der<br />

Vertriebsgestaltung 139<br />

Abbildung 6-2: Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und<br />

Moderatorvariablen 143<br />

Abbildung 6-3: Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten<br />

Regression 145<br />

Abbildung 6-4: Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der<br />

Zusammenarbeit 160


VIII<br />

Abbildung 6-5: Verbindung von Lösungspaketen und sieben<br />

Beurteilungsdimensionen 162<br />

Abbildung 6-6: Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung <strong>für</strong><br />

internationale Key-Accounts 166<br />

Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation 168<br />

Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und<br />

Unterstützungsfunktion 172<br />

Abbildung 6-9: Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der<br />

Zentrale 174<br />

Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der<br />

Besuchshäufigkeiten 194<br />

Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt <strong>für</strong> den Vertrieb 200<br />

Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien 202<br />

Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit 205<br />

Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener<br />

Beziehungsphasen 206<br />

Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems <strong>für</strong> Vertriebspartner 211<br />

Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den<br />

Hersteller 214<br />

Abbildung 6-17: Verrechnungsmodelle <strong>für</strong> interne Dienstleistungen 223<br />

Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen 229<br />

Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen 231<br />

Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers 237<br />

Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und<br />

unzufriedenen Vertriebspartnern 245<br />

Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und<br />

unzufriedenen Vertriebspartnern (Fortsetzung) 246<br />

Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der<br />

Zusammenarbeit 248<br />

Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-<br />

Bedeutungs-Diagramm 251<br />

Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten 252<br />

Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich <strong>für</strong> Teilaspekte und<br />

Gesamtzufriedenheit 256<br />

Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als<br />

Rahmenbedingungen der Fallstudien 260<br />

Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG 264


Abbildungsverzeichnis IX<br />

Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der<br />

Nanosurf AG 265<br />

Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung <strong>für</strong> Workshops 268<br />

Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen 270<br />

Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“ 271<br />

Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren 273<br />

Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings 276<br />

Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch 280<br />

Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus 282<br />

Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF<br />

FCE 288<br />

Abbildung 6-38: Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma 290<br />

Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation 293<br />

Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches 294<br />

Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma 296<br />

Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage 300<br />

Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung<br />

von Massnahmen 301<br />

Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten 308


X<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung<br />

Seite<br />

7<br />

Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen<br />

Marketing 23<br />

Tabelle 2-2: Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen<br />

Marketing 24<br />

Tabelle 2-3: Qualitative und quantitative Teilerhebungen im<br />

Forschungsprozess 37<br />

Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews 39<br />

Tabelle 2-5: Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“<br />

und „Late Respondents“ 45<br />

Tabelle 2-6: Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems 47<br />

Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und<br />

BASF 48<br />

Tabelle 3-1: Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit 53<br />

Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der<br />

Konstruktmessung 62<br />

Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur 69<br />

Tabelle 3-4: Quantilsvergleich <strong>für</strong> unzufriedene und zufriedene<br />

Distributoren der Leica Microsystems 76<br />

Tabelle 4-1: Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation 80<br />

Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen 101<br />

Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut<br />

der Untersuchung 110<br />

Tabelle 5-2: Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23<br />

Zufriedenheitsindikatoren 115<br />

Tabelle 5-3: Gütekriterien erster und zweiter Generation <strong>für</strong> die<br />

SALESSAT-Skala 116<br />

Tabelle 5-4: Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die<br />

Dimensionen der Beurteilung 126<br />

Tabelle 6-1: Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der<br />

Zentralisierung 141<br />

Tabelle 6-2: Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und<br />

lokaler Zufriedenheit 148<br />

Tabelle 6-3: Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und<br />

lokaler Zufriedenheit 151


Tabellenverzeichnis XI<br />

Tabelle 6-4: Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter<br />

Führung und lokaler Zufriedenheit 155<br />

Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter<br />

Führung und lokaler Zufriedenheit 158<br />

Tabelle 6-6: Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der<br />

Zusammenarbeit 161<br />

Tabelle 6-7: Kumulierte Häufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse 194<br />

Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und<br />

Serviceorientierung 199<br />

Tabelle 6-9: Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern 215<br />

Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung <strong>für</strong><br />

Vertriebspartner 217<br />

Tabelle 6-11: Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen<br />

Ressourcenstärke 228<br />

Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse 231<br />

Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer<br />

Ratingwerte 267<br />

Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei<br />

Unternehmensfällen 303


XII<br />

Fallbeispielverzeichnis<br />

Seite<br />

Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller 4<br />

Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern 5<br />

Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute<br />

Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A. 51<br />

Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit 56<br />

Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus<br />

Bausysteme GmbH 83<br />

Fallbeispiel 4-2: Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass<br />

S.A. 87<br />

Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa<br />

Systems GmbH 165<br />

Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. 170<br />

Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme<br />

GmbH 176<br />

Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group 180<br />

Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG 183<br />

Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG 186<br />

Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG 189<br />

Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG 192<br />

Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool<br />

AG 204<br />

Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG 208<br />

Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG 220<br />

Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG 225<br />

Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG 234<br />

Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG 242


Abkürzungsverzeichnis XIII<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

AGFI Adjusted Goodness of Fit Index<br />

bspw. beispielsweise<br />

bzw. beziehungsweise<br />

CEO Chief Executive Officer<br />

CFI Comparative Fit Index<br />

CH Schweiz<br />

CHF Schweizer Franken<br />

CRM-Systeme Customer Relationship Management-Systeme<br />

DE Deutschland<br />

DEV Durchschnittlich erklärte Varianz<br />

df Anzahl der Freiheitsgrade<br />

d. h. das heisst<br />

EBIT Earnings Before Interest and Taxes<br />

EFA Explorative Faktorenanalyse<br />

et al. Et alii<br />

etc. et cetera<br />

EUR Euro<br />

f., ff. folgende, fortfolgende<br />

F&E Forschung und Entwicklung<br />

GFI Goodness of Fit Index<br />

ggf. gegebenenfalls<br />

ggü. gegenüber<br />

HQs Headquarters<br />

i. d. R. in der Regel<br />

i. S. v. im Sinne von<br />

IMP-Group International Marketing and Purchasing Group<br />

k. A. keine Angabe<br />

KFA Konfirmatorische Faktorenanalyse<br />

M&A Mergers and Acquisitions<br />

MA Mitarbeiter<br />

Mio. Millionen


XIV<br />

ML-Methode Maximum-Likelihood Methode<br />

MNC Multinational Corporation<br />

Mrd. Milliarden<br />

n Grösse der Stichprobe<br />

NACE Klassifizierung der Wirtschaftszweige der Europäischen Union<br />

n. s. nicht signifikant<br />

o. V. ohne Verfasser<br />

p Irrtumswahrscheinlichkeit<br />

R 2<br />

Bestimmtheitsmass<br />

RA Reliabilitätsanalyse<br />

RHQs Regionales Headquarters<br />

RMR Root Mean Square Residual<br />

RMSEA Root Mean Square Error of Approximation<br />

S. Seite<br />

s. siehe<br />

SalesSat Salespartner Satisfaction Skala<br />

SLA Service Level Agreement<br />

SSC Sales & Supply Center<br />

u. a. unter anderem<br />

UNO Vereinte Nationen<br />

USA Vereinigte Staaten von Amerika<br />

USD US-Dollar<br />

u. U. unter Umständen<br />

VIF-Werte Variance Inflation Factors-Werte<br />

vs. versus<br />

USD US-Dollar<br />

z. B. zum Beispiel<br />

zz. zur Zeit


Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1<br />

1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau<br />

1.1 Ausgangslage im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />

Internationale Vertriebsaktivitäten gehören <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller bereits seit vielen<br />

Jahren zum Kern ihrer Geschäftstätigkeit (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Heute erzielen<br />

Schweizer Hersteller nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Im<br />

Jahr 2004 wurden bei führenden Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern wie Georg Fischer,<br />

Agie-Charmilles oder Bucher Industries laut Geschäftsbericht lediglich zwischen<br />

4 und 7 Prozent des Umsatzes in der Schweiz gewonnen. Angesichts verschärfter<br />

Wettbewerbsbedingungen, zunehmender Deregulierung und vor allem steigender<br />

Kundenansprüche müssen sich Hersteller mit ständig steigenden Anforderungen an<br />

Qualität, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte auseinandersetzen<br />

(Hungenberg 1992, S. 342). Immer mehr Kunden erwarten, dass sich Unternehmen<br />

als „Lösungsanbieter“ auf ihre individuellen Bedürfnisse einstellen (Belz/Bieger<br />

2004, S. 221 f.; Meyer/Dullinger 1998, S. 719). Aber auch die zunehmende internationale<br />

Professionalisierung in der Einkaufsorganisation von Kunden und in der Vertriebsorganisation<br />

von Wettbewerbern stellen <strong>Industriegüter</strong>hersteller vor neue Herausforderungen.<br />

Dies gilt insbesondere in wirtschaftlich angespannten Marktsituationen,<br />

in denen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem<br />

Masse auf dem Prüfstand stehen.<br />

In den internationalen Märkten werden Hersteller durch ihre Vertriebspartner vertreten,<br />

die aus Sicht der Kunden das Herstellerunternehmen verkörpern (Belz 1999, S.<br />

24). Bereits im Jahre 1982 betonten Behrman/Perreault Jr. (1982, S. 355), dass internationale<br />

Vertriebspartner und deren Verkaufsleistung <strong>für</strong> den Erfolg fast jedes <strong>Industriegüter</strong>unternehmens<br />

unverzichtbar und kritisch seien (Behrman/Perreault Jr. 1982, S.<br />

355). Die heutige Umsatzbedeutung der ausländischen Märkte macht die Verkaufsleistung<br />

internationaler Vertriebspartner <strong>für</strong> das Herstellerunternehmen wichtiger denn je.<br />

Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebsgesellschaften enthält allerdings<br />

vielfach Konflikte, bspw. um Entscheidungsfreiheiten, Ressourcen und Kundeninformationen.<br />

Lediglich 22.5 Prozent der europäischen Vertriebspartner führender<br />

Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller hält die Zusammenarbeit mit dem Stammhaus <strong>für</strong><br />

„zufrieden stellend“ oder besser (Vertriebsbefragung 2004, s. Anhang F - 1, S. 362).<br />

Mängel bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner, destruktive<br />

Konflikte und Unzufriedenheit führen dazu, dass Marketing- und Vertriebskonzepte<br />

lokal teilweise nicht mehr optimal umgesetzt werden. Die interne Effizienz leidet hier-


2<br />

Kapitel 1<br />

durch ebenso wie die Verkaufseffektivität in den Märkten. (Coughlan et al. 2001, S.<br />

245 f.; Klumpp 2000, S. 53) Wettbewerbsvorteile geraten deshalb leicht in Gefahr.<br />

Internationalisierung<br />

der<br />

Märkte<br />

Druck auf Herstellerunternehmen<br />

Professionalisierung<br />

im<br />

Einkauf<br />

Hohe<br />

Innovationsgeschwindigkeit<br />

Höhere Qualität<br />

und Flexibilität<br />

Hersteller<br />

Wettbewerbsbedingter<br />

Kostendruck<br />

Steigende<br />

Individualisierung<br />

Angespannte<br />

Wirtschaftslage<br />

Systematischer<br />

Verbesserungsprozess<br />

Wettbewerbsvorteile<br />

durch<br />

Vertriebskompetenz<br />

Potenziale im internationalen<br />

<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />

Konfiguration<br />

der Vertriebsorganisation<br />

<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />

Erhöhung der<br />

Effektivität<br />

„vor Ort“<br />

Abbildung 1-1: Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den Vordergrund<br />

Koordination<br />

internationaler<br />

Aktivitäten<br />

Vermeidung<br />

von Effizienzverlusten<br />

Unterstützungskonzepte<br />

<strong>für</strong><br />

Vertriebspartner<br />

Obgleich Hersteller unter dem Druck der aktuellen Herausforderungen stärker auf die<br />

optimale Abstimmung in der Vertriebsorganisation angewiesen sind als bisher, existieren<br />

in der Praxis nur selten systematische Ansätze um dieser „Zerrissenheit“ zu begegnen.<br />

Die Wissenschaft beschäftigt sich zwar seit vielen Jahren mit der Gestaltung und der<br />

Führung von Vertriebskanälen, doch dominiert dabei seit langem die Fokussierung auf<br />

Herstellerunternehmen und die Argumentation aus der Perspektive des Top-<br />

Managements (s. Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Um die lokalen Prozesse verstehen und<br />

gestalten zu können, die von Vertriebspartnern bisher ohne den Einfluss, teilweise<br />

auch gegen den Willen der Zentrale durchgeführt werden, muss sich die Forschung<br />

allerdings zunächst auf die lokale Ebene der Vertriebsgesellschaften ausrichten, bevor<br />

auf der Ebene des Stammhauses nach Lösungen gesucht wird (s. Gupta/Govindarajan<br />

1994, S. 455). Belz/Reinhold (1999a, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995)<br />

fordern deshalb, dass sich auch die Forschung „verstärkt auf Tochtergesellschaften<br />

fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz 1998, S. 79).<br />

Indem es internationalen <strong>Industriegüter</strong>herstellern gelingt, die Interessen lokaler Vertriebspartner<br />

zu erfassen, zu interpretieren und angemessen zu berücksichtigen, schaffen<br />

sie die Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass Marketingkonzepte vor Ort wirkungsvoll unterstützt<br />

und umgesetzt werden (s. Thies 1976, S. 51, 58 ff.). Den Blickwinkel der Ver-


Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 3<br />

triebspartner zu kennen, wird damit zu einem wichtigen Element <strong>für</strong> die internationale<br />

Führung im Stammhaus.<br />

Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung und die Determinanten des lokalen<br />

Blickwinkels und entwickelt Empfehlungen <strong>für</strong> die Gestaltung der Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Hersteller und seinen internationalen Vertriebspartnern.<br />

1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern<br />

1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden<br />

Die von Vertriebspartnern geäusserte Unzufriedenheit betrifft vielfältige Bereiche der<br />

Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen. Um dem Leser diese Vielfalt zu verdeutlichen,<br />

sind im Folgenden einige Beispiele <strong>für</strong> Schwierigkeiten aus Sicht der Vertriebspartner<br />

aufgeführt. Sämtliche Statements stammen aus Interviews, die der Autor<br />

in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mit Vertriebsleitern und Geschäftsführern von<br />

Tochtergesellschaften und Vertretungen deutscher und Schweizer Industrieunternehmen<br />

geführt hat (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Aussagen sind dabei<br />

bewusst einseitig ausgewählt, um Defizite in der Zusammenarbeit aufzuzeigen.<br />

• „Wenn es um Reklamationen, Servicebereitstellung oder Ersatzteilelogistik geht, stösst man in der<br />

Zentrale auf taube Ohren, unklare Zuständigkeiten und fehlende Lieferfähigkeiten. Man hat aber<br />

selber den Kunden im Nacken.“<br />

• „Ständig wird von langfristigen Strategien und klaren Vorgaben geredet, die aber von Seite der<br />

Zentrale ebenso oft verändert werden oder in die operativ eingegriffen wird.“<br />

• „Man sagt, wir sollen mehr verkaufen, was bei diesen Mondpreisen kaum möglich ist. Häufig passiert<br />

es dann, dass Geräte nicht wie versprochen ausgeliefert werden können.“<br />

• „Nach langen erfolglosen Diskussionen haben wir uns bereits vor mehreren Jahren eine eigene<br />

CRM-Software zugelegt. Heute will die Zentrale ein neues System einführen, das nicht einmal die<br />

Standardfunktionen unserer selbstgestrickten Lösung beherrscht.“<br />

• „Mitarbeiter in der Zentrale haben noch nie einen Kunden gesehen, vielen fehlen sogar einfachste<br />

Sprachkenntnisse.“<br />

• „Häufige personelle Veränderungen in der Zentrale führen dazu, dass unsere Betreuung leidet,<br />

Zuständigkeiten häufig unklar sind und Absprachen nicht eingehalten werden.“<br />

• „Lokal erhalten wir Informationen meistens zuletzt. Da kann man schon froh sein, wenn die Informationen<br />

wenigstens halbwegs vollständig und verständlich sind.“<br />

• „Der Hersteller versucht an Kundendaten heranzukommen um uns zu umgehen und direkt an Kunden<br />

heranzutreten.“<br />

• „Auch in dringenden Fällen ist in der Zentrale häufig niemand zu erreichen.“<br />

• „Budgetierung ist bei uns ein absolut politisches Spiel, es geht um die interne Rangordnung und<br />

nicht um den Kunden.“<br />

• „Umfangreiches standardisiertes Reporting und spezielle Reportinganfragen kosten Ressourcen<br />

und Zeit. Hierbei werden grosse und kleine Vertriebsgesellschaften über einen Kamm geschoren.“


4<br />

Kapitel 1<br />

• „Vorschläge <strong>für</strong> neue Produkte werden nicht geschätzt und nicht eingeführt. Stattdessen verbrennt<br />

man Ressourcen damit, indem man Produkte einführt, die offensichtlich nie eine Chance hatten.“<br />

Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern<br />

Schwierigkeiten und Konflikte in der Zusammenarbeit belasten Zentrale und Vertriebspartner<br />

in unterschiedlichem Masse. Zwar sind in der Zentrale Defizite bei der<br />

Zusammenarbeit bekannt. Allerdings besitzen Verantwortliche in der Zentrale fachliche<br />

und disziplinarische Weisungsbefugnisse und haben meist die Möglichkeit, Unstimmigkeiten<br />

durch Machtausübung zu lösen, bspw. indem sie androhen, Stellen neu<br />

zu besetzen oder tatsächlich neu besetzen. Führungskräfte aus der Zentrale müssen<br />

sich seltener <strong>für</strong> ihre Entscheidungen verantworten, die sie bezüglich der Zusammenarbeit<br />

treffen. Konflikte spielen aus Sicht der Hersteller deshalb nur dann eine Rolle,<br />

wenn sie nicht durch hierarchische Macht und Druck gelöst werden können, wie es<br />

häufig in den Beziehungen zu unabhängigen Vertretungen der Fall ist. Ebenso problematisch<br />

scheint es, dass Zentralen mit hoher Weisungsbefugnis die Probleme häufig<br />

als gelöst ansehen oder einfach ignorieren. Die Weisungsbefugnis führt somit nicht<br />

automatisch zu optimalen Lösungen, sondern ist vielleicht gerade die Ursache <strong>für</strong><br />

massive Probleme des Vertriebs.<br />

Selbst in Fällen, in denen aus Sicht des Herstellers ein Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit<br />

erkannt wird, scheitern weitere Schritte vielfach an mangelnden Ressourcen.<br />

Belz/Reinhold (1999a, S. 94) fanden heraus, dass die Ressourcen <strong>für</strong> die<br />

Betreuung in der <strong>Industriegüter</strong>branche häufig keine aktive Führung der Niederlassungen<br />

zulassen. So betreuen einzelne Vertriebsverantwortliche des Herstellers häufig<br />

mehr als 40 verschiedene Vertretungen und Tochtergesellschaften (Belz/Reinhold<br />

1999a, S. 94). Viele der in Interviews befragten Vertriebsverantwortlichen der Herstellerunternehmen<br />

erhalten täglich zwischen 60 und 70 E-Mails (Explorative Interviews,<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Mitarbeiter aus der Zentrale werden damit häufig zu „Trouble<br />

Shooters“, die lediglich selektive Notfallunterstützung <strong>für</strong> die dringendsten Fälle leisten<br />

können (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Eine aktive Führung und Unterstützung ist<br />

somit kaum möglich.<br />

Das Lösungsvermögen und der Entwicklungsstand in Bezug auf Konflikte in der Zusammenarbeit<br />

kann sich zwischen Unternehmen stark unterscheiden. Wichtige Ursachen<br />

<strong>für</strong> diese Unterschiede liegen in der Unternehmensgrösse und der Finanzkraft,


Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 5<br />

der Art der Produkte und in der Vertriebserfahrung des Herstellers. Die Interviews des<br />

Autors mit vertriebsverantwortlichen Managern in der Metall-, Chemie- und Maschinenbauindustrie<br />

zeigen, dass Konflikte in direkten und indirekten Vertriebskanälen der<br />

befragten Unternehmen zur Tagesordnung gehören und dort erheblichen Einfluss auf<br />

die Geschäftstätigkeit nehmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Beispielhafte<br />

Auswirkungen von Konflikten sind: Ein wichiger Kunde der Corus Bausysteme<br />

GmbH beklagt seine Unzufriedenheit, die auf interne Unstimmigkeiten mit dem spanischen<br />

Vertriebspartner zurückzuführen ist. Die Hilti AG verliert beinahe einen globalen<br />

Kunden, weil Vertriebspartner die „Global Agreements“ nicht akzeptieren wollen.<br />

Die Wirtgen GmbH investiert jährlich in die kostspielige Rekrutierung und Schulung<br />

neuer Führungskräfte <strong>für</strong> ausländische Vertriebsgesellschaften, weil diese wegen Unstimmigkeiten<br />

ausgewechselt werden.<br />

Sämtlichen Vertriebs- und Niederlassungsleitern, die an explorativen Interviews teilnahmen<br />

(Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), waren Probleme in der Zusammenarbeit<br />

mit Vertriebspartnern sehr wohl bekannt. Wichtige Herausforderungen bezüglich<br />

der Zusammenarbeit aus Sicht der Zentrale sind:<br />

• „Die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern ist auf einer persönlichen Ebene unbefriedigend, häufig<br />

sind keine sachlichen Diskussionen möglich.“<br />

• „Das Engagement der Vertriebspartner ist unzureichend, viele Vertriebspartner kümmern sich<br />

ungenügend um unsere Produkte.“<br />

• „Trotz vieler Anstrengungen machen unsere Produkte bei vielen Vertriebspartnern nur einen geringen<br />

Umsatzanteil aus.“<br />

• „Tochtergesellschaften zeigen mehr Initiative als Vertretungen.“<br />

• „Die Vertriebspartner kennen die Kundenbedürfnisse genau, informieren uns aber unzureichend<br />

über Bedürfnisse und Entwicklungen bei Kunden.“<br />

• „Vertriebspartner sehen die Kunden als ihren Besitzstand an und geben Kundendaten nicht weiter.“<br />

• „Vertriebspartner vernachlässigen strategische Ziele zugunsten kurzfristiger Umsatzprovisionen.“<br />

• „Die steigende Zahl von Neuprodukten überfordert den Vertrieb zunehmend.“<br />

• „Um die zahlreichen Niederlassungen sinnvoll betreuen zu können, fehlen im Stammhaus die notwendigen<br />

Ressourcen.“<br />

• „Die Professionalisierung des Einkaufs erfordert insbesondere bei international tätigen Kunden<br />

eine bessere Abstimmung zwischen zentralem und dezentralem Vorgehen.“<br />

• „Zusammenschlüsse von Kundenunternehmen führen zu einer höheren Abhängigkeit. Bei diesen<br />

Kunden dürfen wir uns keine Fehler leisten.“<br />

Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)


6<br />

Kapitel 1<br />

1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen<br />

Die in Abschnitt 1.1 (S. 1 f.) erarbeitete Ausgangslage deutet bereits an, dass die Wissenschaft<br />

bislang keine ausreichenden Lösungen bereitstellt, mit deren Hilfe der<br />

Blickwinkel der internationalen Vertriebspartner zur Zusammenarbeit erklärt werden<br />

kann, obgleich verschiedene Forscher die Beschäftigung mit diesem Themenbereich<br />

fordern (s. auch Absatz 2.3.4, S. 31 ff.). In der Praxis sind Probleme in der Zusammenarbeit<br />

zwar bekannt, jedoch weitgehend ungelöst (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.). Defizite<br />

in der Praxis und in der Forschung markieren damit eine Forschungslücke, anhand<br />

der die generelle Zielsetzung der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert werden kann:<br />

Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung und die Determinanten der Zusammenarbeit<br />

zwischen Herstellerunternehmen und Vertriebspartnern im internationalen<br />

<strong>Industriegüter</strong>vertrieb zu beschreiben und zu erklären, um eine Vertriebsgestaltung<br />

ableiten zu können, die optimal dazu beiträgt, die markt-<br />

und organisationsbezogenen Ziele des Herstellers zu erreichen.<br />

Die Zielsetzung enthält drei inhaltliche Frageblöcke (s. Abbildung 1-2, S. 6), an denen<br />

sich die Methoden im Forschungsprozess und der Aufbau dieser Arbeit ausrichten<br />

müssen. Zunächst ist die Bedeutung des Blickwinkels und der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />

zu untersuchen. Dazu wird geprüft, welche Wirkungen die Zufriedenheit<br />

auf das Erreichen der Unternehmensziele hat. Dadurch wird gleichzeitig die Relevanz<br />

des Themas ermittelt.<br />

Bedeutung<br />

Welche<br />

Bedeutung besitzt<br />

die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner?<br />

Frageblock 1<br />

Determinanten<br />

Welche Faktoren<br />

determinieren die<br />

Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner<br />

bezüglich der<br />

Zusammenarbeit mit<br />

dem Hersteller?<br />

Frageblock 2<br />

Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes<br />

Gestaltung<br />

Durch welche<br />

Strategien und<br />

Massnahmen gelingt<br />

es, die Zufriedenheit<br />

mit der<br />

Zusammenarbeit zu<br />

fördern?<br />

Frageblock 3<br />

In einem zweiten Schritt sind die Determinanten zu identifizieren, zu beschreiben und<br />

zu erklären, die die Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen<br />

massgeblich beeinflussen. Hierbei werden besondere Untersuchungsschwerpunkte<br />

auf die lokale Situation der Vertriebspartner und die Gestaltung des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />

durch den Hersteller gelegt. In einem letzten Schritt sollen schliesslich


Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 7<br />

handlungsleitende Implikationen entwickelt werden, die der Vertriebsgestaltung des<br />

Herstellers dienen, um die Perspektive der lokalen Vertriebspartner besser zu verstehen,<br />

zu integrieren und um die lokale Kompetenz des Vertriebs zu erhöhen.<br />

Zu den in Abbildung 1-2 dargestellten Frageblöcken lassen sich folgende Teilfragestellungen<br />

formulieren, um die Untersuchungsziele weiter zu konkretisieren (s. Tabelle<br />

1-1).<br />

Frageblock 1: Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />

• Welche Wirkung hat die lokale Zufriedenheit auf markt- und<br />

organisationsbezogene Ziele des Herstellerunternehmens?<br />

• Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die<br />

Qualität der Marktleistung und die Zufriedenheit der Kunden?<br />

• Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die<br />

Einstellung, die Verkaufsleistung und den Markterfolg von Vertriebspartnern?<br />

Frageblock 2: Determinanten der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />

• Welche internen und externen Kontextfaktoren bestimmen die lokale Situation der Vertriebspartner?<br />

• Welche Teilaspekte sind Gegenstand der Beurteilung durch die Vertriebspartner?<br />

• In welcher Weise beeinflussen lokale Kontextfaktoren die Beurteilung durch die Vertriebspartner?<br />

Frageblock 3: Gestaltung der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern<br />

• Inwiefern muss sich die Vertriebsgestaltung an der Situation vor Ort ausrichten?<br />

• Wie lassen sich die Massnahmen von Herstellerunternehmen auf die jeweilige Situation der Vertriebspartner<br />

abstimmen und bis zu welchem Grad ist eine solche Abstimmung vorteilhaft?<br />

• Welche Ansätze stehen dem Hersteller zur Verfügung, um die Zusammenarbeit mit<br />

seinen Vertriebspartnern zu verbessern?<br />

Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung<br />

1.4 Aufbau der Arbeit<br />

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel (s. Abbildung 1-3, S. 8), deren<br />

Inhalte nachfolgend knapp dargestellt werden.<br />

Kapitel 1 liefert zunächst einen Überblick, indem die Problemstellung und deren Relevanz<br />

<strong>für</strong> die Praxis veranschaulicht werden. Zielsetzung und Forschungsfragen geben<br />

einen Bezugspunkt <strong>für</strong> die gesamte Arbeit.<br />

In Kapitel 2 wird ein konzeptioneller Rahmen entwickelt. Dazu werden zentrale Begriffe<br />

<strong>für</strong> die Arbeit definiert sowie der vom Autor vertretene Forschungsansatz dargelegt.<br />

Das Untersuchungsobjekt wird bezüglich der Erklärungsbeiträge benachbarter<br />

Forschungsgebiete eingeordnet und der zur Beantwortung der Forschungsfragen he-


8<br />

Kapitel 1<br />

rangezogene quantitativ-qualitative Methodenmix erläutert. Die detaillierte Beschreibung<br />

der Datenbasis und der Erhebungsmethoden, die bereits in Abschnitt 2.4 (S.<br />

34 ff.) vorgenommen wird, ermöglicht es, empirische Ergebnisse nach inhaltlichen<br />

Bezügen fortlaufend in die Diskussion einzubringen.<br />

Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Bedeutung der Zufriedenheit bezüglich der Zusammenarbeit<br />

mit dem Hersteller. Durch konzeptionelle und empirische Ansätze werden<br />

verschiedene Wirkungsbereiche der Zufriedenheit herausgestellt.<br />

Kapitel 4 und 5 untersuchen interne und externe Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />

und deren Wirkung auf die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner.<br />

Es werden sieben inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit von Hersteller<br />

und Vertriebspartner identifiziert und eingehend diskutiert.<br />

Das Kapitel 6 richtet den Fokus auf die Alternativen der Vertriebsgestaltung unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit. Dabei werden<br />

die strategische Konfiguration sowie operative Ansätze der Koordination und Unterstützung<br />

unterschieden. Sämtliche Alternativen werden im Hinblick auf ihre situative<br />

Eignung analysiert, um schliesslich Empfehlungen <strong>für</strong> die Vertriebsgestaltung geben<br />

zu können. Eine dynamische Betrachtung zeigt Prozessschritte zur nachhaltigen Verbesserung<br />

der Zusammenarbeit auf. Abschliessend werden die Inhalte und Massnahmen<br />

anhand von Fallstudien inhaltlich vertieft und veranschaulicht.<br />

In Kapitel 7 werden Schlussfolgerungen aufgezeigt und diskutiert, die sich aus dieser<br />

Arbeit <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung und <strong>für</strong> die Vertriebspraxis ergeben.<br />

Konzeptioneller<br />

Einleitung<br />

Konzeptioneller<br />

Einleitung<br />

Bedeutung<br />

Rahmen<br />

Bedeutung Determinanten<br />

Rahmen<br />

Problem<br />

Praktische<br />

Relevanz<br />

Forschungsfragen<br />

Begriffe<br />

Forschungsansatz<br />

Stand der<br />

Wissenschaft<br />

Aufbau Methodenmix<br />

Konzeptionelle<br />

Betrachtung<br />

Kausalanalytische<br />

Betrachtung<br />

Fallstudie<br />

Leica<br />

Interne<br />

Kontextfaktoren<br />

Externe<br />

Kontextfaktoren<br />

Dimensionen der<br />

Beurteilung<br />

Gestaltung der<br />

Zusammenarbeit<br />

Strategische Konfiguration<br />

Operative Koordination und<br />

Unterstützung<br />

Prozess der<br />

Vertriebsgestaltung<br />

Fallstudien Nanosurf,<br />

Gallus, BASF<br />

Schlussfolgerungen<br />

Folgerungen <strong>für</strong><br />

die Forschung<br />

Folgerungen <strong>für</strong><br />

die Praxis<br />

Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 und 5 Kapitel 6 Kapitel 7<br />

Abbildung 1-3: Aufbau der Arbeit


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 9<br />

2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix<br />

2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen<br />

Im Folgenden werden die <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit wichtigsten Begriffe kurz erläutert,<br />

abgegrenzt und zweckmässig definiert. Der Aufgabe nach ist der „Vertrieb“, insbesondere<br />

der „internationale Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n“, zu beschreiben und abzugrenzen.<br />

Nach den Trägern der Aufgaben sind „Vertriebspartner“ und „Zentrale“ als<br />

die dezentralen und zentralen Organisationseinheiten zu beschreiben und abzugrenzen,<br />

die gemeinschaftlich die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen. Abbildung 2-1 gibt<br />

einen ersten strukturierenden Überblick zu den im Folgenden vorgenommenen Abgrenzungen. <br />

Aufgabenträger<br />

Aufgabeninhalte<br />

Zentrale<br />

Koordination und<br />

Unterstützung<br />

Inland Ausland<br />

Vertriebspartner<br />

Akquisitorische und<br />

logistische Aufgaben<br />

Kundenunternehmen<br />

Abbildung 2-1: Aufgabenträger und -inhalte im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />

2.1.1 Internationaler Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n<br />

Der „Vertrieb“ ist ein schillernder Begriff, der in der Wissenschaft und Praxis mit vielfältigen<br />

Bedeutungsinhalten belegt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 10; Weinhold-<br />

Stünzi 1994, S. 2 f.; Winkelmann 2003, S. 14 f.). Unterschiedliche Begriffsverständnisse<br />

ergeben sich u. a. aus der Abgrenzung vom Marketing sowie der organisatorischen<br />

und aufgabenbezogenen Einordnung (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). An dieser<br />

Stelle wird darauf verzichtet, die unterschiedlichen Begriffsverständnisse ausführlich<br />

zu diskutieren. Hierzu wird auf Winkelmann (2003, S. 14 ff.) verwiesen, der zehn verschiedene<br />

Auffassungen des Vertriebsbegriffs nennt und voneinander abgrenzt.<br />

Das dieser Arbeit zu Grunde liegende Verständnis des Begriffs „Vertrieb“ setzt bei<br />

den Aufgaben an, die im Rahmen der Vertriebsfunktion zu erfüllen sind. Nach<br />

Weinhold-Stünzi (1994, S. 2 ff.) beinhaltet der Vertrieb alle Entscheidungen und Aktivitäten,<br />

die zur Überwindung der verschiedenartigen Distanzen zwischen Anbietern<br />

und Nachfragern getroffen werden. Die zu überwindenden Distanzen sind dabei nicht<br />

nur geografischer, sondern u. a. auch zeitlicher, psychologischer, soziologischer, recht-


10<br />

Kapitel 2<br />

licher und politischer Natur (Weinhold-Stünzi 1994, S. 2). Allgemeiner formuliert<br />

kann die Aufgabe des Vertriebs folglich darin gesehen werden, alle Aktivitäten, die<br />

den Weg der Leistungsübertragung zum Kunden sicherstellen, zu definieren und umzusetzen<br />

(Backhaus 2003, S. 376).<br />

Dabei lassen sich eine akquisitorische und eine logistische Dimension des Vertriebs<br />

unterscheiden (Backhaus 2003, S. 377; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die akquisitorische<br />

Dimension beinhaltet alle Aktivitäten, die zur Gewinnung neuer oder der Festigung<br />

und der Ausschöpfung bestehender Kundenbeziehungen beitragen. Dazu gehören<br />

zum einen Managementaufgaben auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebsorganisation.<br />

Zum anderen zählen aber auch operative Aktivitäten z. B. die Verkaufsförderung<br />

und Werbung, der persönliche Verkauf und Verhandlungen, die Angebotserstellung<br />

sowie der Kundendienst und andere After-Sales Services zur aquisitorischen<br />

Dimension des Vertriebs (s. Backhaus 2003, S. 377; Rosenbloom 1999, S. 411;<br />

Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die logistische Dimension des Vertriebs umfasst hingegen<br />

solche Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, Raum und Zeit durch Transport und<br />

Lagerung zu überbrücken (Backhaus 2003, S. 377; s. Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.;<br />

Rosenbloom 1999, S. 411), wie z. B. die Auftragsabwicklung, die Anlieferung und die<br />

Installation. Die Vertriebsaufgabe besteht dabei in der Koordination und Sicherstellung<br />

von logistischen Anforderungen, die aus Kundensicht häufig ein wichtiges Entscheidungskriterium<br />

darstellen (Backhaus 2003, S. 399) und nicht unmittelbar in ihrer<br />

Durchführung.<br />

Marketing und Vertrieb sind eng verzahnt und besitzen deshalb häufig Aufgaben, die<br />

sich überschneiden, z. B. im Bereich der Werbung oder der Verkaufsförderung<br />

(Krafft/Haase 2004, S. 13 f.; Winkelmann 2003, S. 50 ff.). Wohl daher werden die<br />

Begriffe Marketing und Vertrieb insbesondere im <strong>Industriegüter</strong>bereich oft synonym<br />

verwendet (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). In dieser Arbeit wird dennoch zwischen den<br />

Aufgaben des Vertriebs und den Aufgaben des Marketing unterschieden. Demnach<br />

werden dem Marketing eher strategische Aufgaben zugeschrieben, wie z. B. Marktund<br />

Wettbewerbsanalysen, strategische Positionierung, Markenmanagement, Produktentwicklung<br />

und die Marktleistungsgestaltung (Krafft/Haase 2004, S. 14 ff.). Vertrieb<br />

hingegen ist auf operativer und taktischer Ebene mit der Implementierung von Marketingstrategien<br />

betraut, was im Rahmen der genannten Vertriebsaufgaben erfolgt.<br />

Im <strong>Industriegüter</strong>sektor besitzt der Vertrieb eine besonders gewichtige Rolle, die u. a.<br />

aus der Wichtigkeit des persönlichen Verkaufs und des Kundendienstes resultiert<br />

(Backhaus 1991, S. 5 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 705). Als <strong>Industriegüter</strong> werden


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 11<br />

solche Leistungen bezeichnet, die von Organisationen beschafft werden, um weitere<br />

Leistungen zu erstellen, die nicht <strong>für</strong> die Distribution an den Endkonsumenten bestimmt<br />

sind (Backhaus 2003, S. 9; Belz/Reinhold 1999a, S. 10 f.). Besonderheiten des<br />

organisationalen Beschaffungsverhaltens liegen nach Backhaus vor allem in einer abgeleiteten<br />

Nachfrage, einem ausgeprägten Phasenbezug im Beschaffungsprozess und<br />

in der Multipersonalität im Einkauf der Kundenorganisation. Zudem nennt Backhaus<br />

(1991, S. 3 ff.) einen hohen Formalisierungsgrad sowie die hohe Komplexität und Intensität<br />

der Kaufprozesse (Backhaus 1991, S. 3 ff.). Belz/Reinhold (1999a, S. 10; )<br />

und Backhaus (2003, S. 4) betonen, dass auch die Internationalität des Vertriebs <strong>für</strong><br />

<strong>Industriegüter</strong>unternehmen selbstverständlich und wesensbestimmend sei.<br />

Besinnt man sich auf die oben genannte Definition des Vertriebs nach Weinhold-<br />

Stünzi (1994, S. 2), so kann der internationale Vertrieb als die Überbrückung von Distanzen<br />

über nationale Grenzen hinweg verstanden werden. Dies stellt Anbieterunternehmen<br />

vor neue Herausforderungen. Belz (1994, S. 22) nennt insbesondere die geringere<br />

Vertrautheit auf Auslandsmärkten, unterschiedliche Anforderungen geografischer<br />

Märkte sowie mentalitätsmässige und räumliche Distanzen, die bei beschränkten<br />

Kapazitäten zu überwinden sind. Der internationale Vertrieb spielt in <strong>Industriegüter</strong>unternehmen<br />

oft eine grössere Rolle als der nationale Vertrieb, da der nationale Markt,<br />

bspw. <strong>für</strong> Spezialmaschinen mit einer langen Lebensdauer, im Vergleich zum internationalen<br />

Markt ein nur sehr begrenztes Wachstum und geringe Umsatzvolumen ermöglichen<br />

würde. Eine Analyse von Geschäftsberichten der zwanzig nach Umsatz<br />

grössten Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller zeigt (s. „Geschäftsberichtsanalyse II“<br />

Tabelle 2-3, S. 37), dass diese im Jahre 2003 durchschnittlich mehr als 85 Prozent ihres<br />

Umsatzes im Ausland tätigten, bei den meisten der Unternehmen waren es sogar<br />

über 93 Prozent (s. Abbildung 2-2, S. 12). Eine grosse Ausnahme stellt der Rüstungskonzern<br />

RUAG dar, der wesentliche Umsatzanteile allein mit dem Schweizer Militär<br />

gewinnt.<br />

In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass der nationale Vertrieb nur<br />

einen um viele Variablen vereinfachten Spezialfall des internationalen Vertriebs darstellt<br />

(Weiber/Adler 2002, S. 331 f.). Der internationale Vertrieb von <strong>Industriegüter</strong>n<br />

umfasst demnach alle weltweiten Vertriebsaktivitäten eines <strong>Industriegüter</strong>herstellers,<br />

einschliesslich nationaler Aktivitäten.


12<br />

Inlandsumsatz<br />

Schweiz<br />

Ø= 14.8%<br />

Auslandsumsatz<br />

Ø= 85.2%<br />

4% 2% 4% 2% 7% 52% 25% 40% 5% 6% 18%<br />

96% 98% 96% 98% 93%<br />

Georg<br />

Fischer<br />

SIG Mettler<br />

Toledo<br />

Sulzer Bucher<br />

Industries<br />

48%<br />

75%<br />

60%<br />

95% 94%<br />

Gesamt-<br />

3’257<br />

umsatz 20031 2’8632 2’2043 1’826 1’535 1’221 916 693 689 678 676<br />

1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR,<br />

3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD<br />

82%<br />

Ruag Conzetta WMH Leica Agie-<br />

Charmilles<br />

Von Roll<br />

Anmerkung: Nicht berücksichtigt wurden Familienunternehmen und Unternehmen ohne Angabe von inländischen Umsätzen<br />

(z. B. ABB, Schindler, Rieter, Saurer, Unaxis, Bobst, Bühler, Endress+Hauser, Kardex und Feintool).<br />

Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

(Geschäftsberichtsanalyse II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Kapitel 2<br />

2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger<br />

„Vertriebspartner“ (synonym: Niederlassungen) (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 10) sind<br />

dezentrale Aufgabenträger im Vertrieb, die gemeinschaftlich mit zentralen Unternehmenseinheiten<br />

eines Herstellerunternehmens die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen<br />

bzw. deren Erfüllung sicherstellen und damit dazu beitragen, die von Weinhold-Stünzi<br />

(1994, S. 2 ff.) angeführten verschiedenartigen Distanzen zu den Kundenunternehmen<br />

zu überwinden. Die Partnerschaftlichkeit, die der Begriff „Vertriebspartner“ nahe legt,<br />

kann angesichts der aufgezeigten Unstimmigkeiten allenfalls als Maxime der Zusammenarbeit<br />

interpretiert werden. Die Fähigkeiten der Vertriebspartner und deren Engagement<br />

entscheiden weitgehend darüber, ob sich ein Angebot wirksam bis zum Kunden<br />

und Anwender transferieren lässt und ob Unternehmen in spezifischen Regionen<br />

und Ländern lokal und kundennah vorgehen können (Belz/Reinhold 1999a, S. 10).<br />

In der Literatur zum Vertrieb wird häufig den Eigentumsverhältnissen nach, zwischen<br />

herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebsorganen unterschieden (s. Ahlert<br />

1996, S. 47 f.; Belz 1999, S. 99 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Diese<br />

Unterscheidung findet sich auch in empirischen Studien wieder, in denen meist eine<br />

Fokussierung auf einen Vertriebskanal (s. Anderson/Narus 1990; Andersson/Forsgren<br />

1996; Kim/Hsieh 2003, Goodman/Dion 2001) oder der Vergleich zwischen Vertriebskanälen<br />

(s. Jackson/d'Amico 1989; Smith/Barclay 1997; Mahajan et al. 1984) vorgenommen<br />

wird. Beide Vorgehensweisen bieten sich an, wenn das Kriterium der Eigen-<br />

100%<br />

50%<br />

0%


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 13<br />

tümerschaft in Bezug auf weitere untersuchte Variablen diskriminierend ist. Im ersten<br />

Fall wird der Einfluss der Eigentümerschaft eliminiert. Im zweiten Fall wird er als erklärende<br />

Variable in die Untersuchung integriert.<br />

Der Begriff „Vertriebspartner“ schliesst nach Belz/Reinhold (1999a, S. 10;<br />

Reinhold/Belz 2002, S. 40) herstellereigene Tochtergesellschaften sowie herstellerfremde<br />

Vertretungen, Untervertretungen und internationale Handelsgesellschaften mit<br />

ein (anders: Homburg/Krohmer 2003, S. 721). Die eingangs genannte Definition des<br />

„Vertriebspartners“ geht noch etwas weiter, indem sämtliche dezentralen Einheiten<br />

einbezogen werden, die Vertriebsaufgaben wahrnehmen. Damit können mögliche Unterschiede,<br />

die durch die Eigentumsverhältnisse und die mit diesen verbundenen Konsequenzen<br />

zustande kommen, berücksichtigt werden. Eine einseitige Betrachtung herstellereigener<br />

oder herstellerfremder Vertriebsorgane wäre <strong>für</strong> die Bearbeitung des<br />

vorliegenden Forschungsobjektes hingegen mit erheblichen Nachteilen verbunden und<br />

würde verschiedene Verzerrungen hervorrufen. Dies ist teilweise auf Besonderheiten<br />

der <strong>Industriegüter</strong>branche und des internationalen Kontextes zurückzuführen.<br />

Denn mit der Fokussierung auf einen Vertriebskanal findet gleichzeitig eine Schwerpunktsetzung<br />

auf spezifische Länder, Produkt- und Kundensegmente statt, da z. B. <strong>für</strong><br />

umsatzmässig kleine Ländermärkte (z. B. Norwegen) oder solche mit politisch unruhigen<br />

Bedingungen (z. B. Israel) besonders häufig auf unabhängige Distributoren zurückgegriffen<br />

wird (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 29 f.; Helm 2001, S. 52 f.;<br />

Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Auch würden solche Produkt- und Kundensegmente<br />

in den Vordergrund gerückt, bei denen im Verkauf weniger Komplexität und Erklärungsbedarf<br />

besteht, da sie ebenfalls einen Verkauf durch Distributoren begünstigen<br />

(s. Jackson/d'Amico 1989, S. 31 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Ein anderer<br />

Nachteil besteht in der problematischen Annahme, dass alle Vertriebsaufgaben durch<br />

die jeweils betrachtete Vertriebsform wahrgenommen würden. Denn häufig werden<br />

die lokalen Teilaufgaben des Vertriebs in den Ländermärkten und Regionen von unterschiedlichen<br />

zentralen und dezentralen Organisationseinheiten erbracht (Abbildung<br />

2-3, S. 14). Eine eigentumsbezogene Unterscheidung führt deshalb zwangsläufig zu<br />

einer willkürlichen Eingrenzung bei der Betrachtung von lokalen Vertriebsprozessen.


14<br />

Fähigkeiten<br />

• kommerzielle<br />

• technische<br />

• administrative<br />

Aufgabenträger<br />

1. Unabhängiger<br />

Distributor<br />

2. Unabhängiger<br />

Monteur<br />

3. Unabhängiger<br />

Logistiker<br />

4. Lokale<br />

Vertriebsgesellschaft<br />

5. Lokale<br />

Servicegesellschaft<br />

6. Zentrale<br />

Abteilungen<br />

Marketing<br />

Aktivitäten<br />

Kontakt/<br />

Verhandlungen<br />

Typischer Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>, Land Z<br />

Spezifikation<br />

Angebotserstellung/<br />

Verkauf<br />

Auftragsabwicklung<br />

Lieferung Installation<br />

Kapitel 2<br />

After-Sales-<br />

Services<br />

Ausmass benötigter Fähigkeiten Eignung von Aufgabenträgern<br />

Sehr hoch Hoch Gering Sehr gering<br />

Sehr geeignet Bedingt geeignet Wenig geeignet<br />

Abbildung 2-3: Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong><br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Abbildung 2-3 zeigt einen typischen Vertriebsprozess <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong> mit den zu<br />

erfüllenden Aufgaben. Auf jeder Prozessstufe werden unterschiedliche Fähigkeiten<br />

verlangt, die branchen- und produktabhängig variieren können. Die unterschiedlichen<br />

Vertriebsaufgaben in einem Ländermarkt können von verschiedenen lokalen und zentralen<br />

Aufgabenträgern gemeinsam wahrgenommen werden (Winkelmann 2003, S.<br />

53 f.). Hierbei sind unterschiedliche Konstellationen denkbar und möglich: Teilweise<br />

decken herstellereigene Vertriebsgesellschaften den gesamten Prozess ab, in anderen<br />

Fällen werden <strong>für</strong> verschiedene Teilaufgaben weitere externe und interne Aufgabenträger<br />

hinzugezogen. Aus dieser Perspektive betrachtet, scheint es sinnvoll nicht weiter<br />

zwischen herstellerfremden und herstellereigenen Vertriebspartnern zu unterscheiden,<br />

sondern vielmehr solche Vertriebsorgane zu betrachten, die <strong>für</strong> die Sicherstellung<br />

des Wegs der Leistungsübertragung zum Kunden verantwortlich sind und die Erfüllung<br />

der Vertriebsaufgaben lokal koordinieren. Hierbei kommen sowohl herstellerfremde<br />

als auch herstellereigene Vertriebsorgane in Frage. Bei der weiteren Diskussion<br />

wird auf theoretisch konzeptioneller Ebene deshalb nicht weiter nach den Eigentumsverhältnissen<br />

unterschieden, sondern der allgemeinere Begriff „Vertriebspartner“<br />

verwendet. Abbildung 2-4 zeigt die aufgabenteilige Erfüllung des Vertriebsprozesses<br />

am Beispiel führender Schweizer Hersteller. Hierdurch wird noch einmal deutlich,<br />

dass sich die Einbeziehung verschiedener Aufgabenträger in den Vertriebsprozess sowohl<br />

zwischen Firmen, als auch zwischen betrachteten Ländern unterscheidet.


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 15<br />

Beispiele<br />

• Bucher, Emhart<br />

Glass, Japan<br />

• Bucher, Emhart<br />

Glass, Deutschland<br />

• Bucher, Emhart<br />

Glass, Russland<br />

• ABB, Business Unit<br />

Minerals, Indien<br />

• ABB, Business Unit<br />

Minerals, Iran<br />

• RUAG, Aerospace<br />

Aircraft, Mittlerer Osten<br />

Marketing<br />

Aktivitäten<br />

4., 6.<br />

4., 6.<br />

1., 6.<br />

4.<br />

(1., 6.)<br />

6.<br />

(1., 4.)<br />

6.<br />

4.<br />

(6.)<br />

4.<br />

1., 4.<br />

4.<br />

4.<br />

1.<br />

(6.)<br />

Vertriebsprozesse Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

Kontakt/<br />

Verhandlungen<br />

Spezifikation<br />

4., 6.<br />

4., 6.<br />

Verantwortliche Aufgabenträger<br />

1. Unabhängiger Distributor 2. Unabhängiger Monteur 3. Unabhängiger Logistiker<br />

4. Lokale Vertriebsgesellschaft 5. Lokale Servicegesellschaft 6. Zentrale Abteilungen<br />

( ) = Vertriebshelfer mit unterstützender Tätigkeit<br />

4.<br />

4.<br />

(3., 6.)<br />

6.<br />

(3.)<br />

6.<br />

Angebotserstellung/<br />

Verkauf<br />

6.<br />

(4.)<br />

6.<br />

(4.)<br />

1., 6.<br />

(4.)<br />

4.<br />

(2., 3., 6.)<br />

6.<br />

(2., 3., 4.)<br />

1., 6.<br />

Auftragsabwicklung<br />

6.<br />

(4.)<br />

6.<br />

(4.)<br />

6.<br />

(4.)<br />

4.<br />

(3.)<br />

6.<br />

(3.)<br />

1., 4.<br />

Lieferung Installation<br />

Abbildung 2-4: Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

6.<br />

(4.)<br />

6.<br />

(4.)<br />

4.<br />

(3.)<br />

4.<br />

(3.)<br />

6.<br />

(3.)<br />

3.<br />

(2.)<br />

6.<br />

6.<br />

6., 2.<br />

2.<br />

(3., 4.)<br />

2.<br />

(3., 6.)<br />

2.<br />

After-Sales-<br />

Services<br />

Abbildung 2-4 zeigt insbesondere auch Aufgabenträger, wie Logistikdienstleister oder<br />

Monteure, die die lokalen Vertriebspartner bei der Erfüllung von Vertriebaufgaben<br />

unterstützen. Diese werden im Weiteren als Vertriebshelfer bezeichnet (s. Ahlert 1996,<br />

S. 47; Homburg/Krohmer 2003, S. 707 ff.). Darunter fallen dann bspw. auch Agenten,<br />

die von Tochtergesellschaften zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen eingesetzt<br />

werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 709).<br />

2.1.3 Zentrale <strong>für</strong> länderübergreifende Koordination und Unterstützung<br />

In dieser Arbeit werden unter der „Zentrale“ diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden,<br />

die durch die Koordination und Unterstützung der dezentralen Vertriebspartner<br />

zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />

253 f.). Zentrale und Vertriebspartner stellen damit eine Gemeinschaft zur Erfüllung<br />

von Vertriebsaufgaben dar (Thies 1976, S. 49 f.).<br />

Es muss jedoch nicht zwingend die weltweite Unternehmenszentrale bzw. das Stammhaus<br />

gemeint sein, wenn von der „Zentrale“ die Rede ist. Auch das regionale Management<br />

oder das divisionale Management kann die Rolle der „Zentrale“ einnehmen,<br />

wenn es eine koordinierende oder unterstützende Tätigkeit einnimmt, die zur Aufgabenerfüllung<br />

dezentraler Vertriebspartner beiträgt (Pahlberg 1997, S. 456 f.). So werden<br />

z. B. bei der BASF AG, der Bosch AG, der Emhart Glass S.A. und der Holcim<br />

6.<br />

6.<br />

4., 6.<br />

5.<br />

(4.)<br />

5.<br />

(6.)<br />

1.


16<br />

Kapitel 2<br />

AG weitgehend alle Logistik-, Preis- und Marketingentscheidungen <strong>für</strong> die Regionen<br />

Europa, Nord-, Südamerika und Asien von regionalen Headquarters getroffen.<br />

Die Begriffe „Zentrale“ und „Hersteller“ unterscheiden sich in der Praxis durch das<br />

Eigentumsverhältnis des Herstellers am Vertriebspartner und reflektieren dessen Sicht:<br />

Herstellereigene Vertriebspartner benutzen den Begriff „Zentrale“, während herstellerfremde<br />

Vertriebspartner die Ausdrücke „Hersteller“ oder „Lieferant“ verwenden. Da<br />

in der vorliegenden Arbeit zunächst nicht zwischen herstellereigenen und herstellerfremden<br />

Vertriebspartnern unterschieden wird, können die Begriffe Zentrale, Hersteller,<br />

Stammhaus, Headquarters, Herstellerunternehmen und Unternehmenszentrale im<br />

Weiteren synonym verwendet werden.<br />

Reckenfelderbäumer (2001, S. 253) betont, dass die Zentrale insbesondere Aufgaben<br />

der Koordination und der Unterstützung übernimmt (s. Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />

298 ff.; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Die Koordination durch die Zentrale betrifft<br />

dabei verschiedene Mechanismen. Hervorzuheben sind die Zentralisierung, die Formalisierung<br />

und die Kontrolle: Eine Zentralisierung wird aus Sicht des Herstellers angestrebt,<br />

um Skaleneffekte und Synergien zu nutzen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 299).<br />

Ein gewisser Grad an Formalisierung bildet die Basis, um eine länderübergreifende<br />

Planung inklusive Zielvereinbarungen und Ergebniskontrollen zu realisieren<br />

(Kieser/Walgenbach 2003, S. 299; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Für ein detailliertes<br />

Bild zu den einzelnen Koordinationsmechanismen sei an dieser Stelle auf<br />

Kieser/Walgenbach (2003, S. 300) verwiesen. Es bleibt festzuhalten, dass die Wahrnehmung<br />

von Koordinationsaufgaben durch die Zentrale zwangsläufig die Autonomie<br />

der Vertriebspartner einschränkt (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Dabei manifestiert<br />

sich, dass eine Vertriebsgesellschaft, so bedeutsam sie auch <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

der Unternehmung und deren Erfolg sei, aus Sicht der Zentrale nur ein Element im<br />

Gesamtsystem ist (Dülfer 1992, S. 384.). Entscheidungen, z. B. über Marketingaktivitäten<br />

oder Erweiterungsfinanzierungen, müssen deshalb immer auch die Interessen<br />

anderer Elemente (bspw. anderer Vertriebspartner) des Gesamtunternehmens berücksichtigen<br />

(Dülfer 1992, S. 384 ff.).<br />

Neben der Koordination kommen der Zentrale insbesondere Aufgaben der Unterstützung<br />

zu. Hierbei handelt es sich z. B. um die Übernahme verschiedener Sekundäraufgaben,<br />

wodurch dezentrale Bereiche entlastet werden können (Reckenfelderbäumer<br />

2001, S. 254). Auch hierbei spielen Synergieeffekte eine Rolle, allerdings verspricht<br />

man sich häufig auch eine höherwertige Leistung, als dies bei einer dezentralen Erstellung<br />

der Fall wäre (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Beispiele <strong>für</strong> die Unterstüt-


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 17<br />

zung sind z. B. die Durchführung von Schulungen, Marktforschungen oder die Bereitstellung<br />

von Produktdokumentationen sowie technische oder juristische Hilfestellungen<br />

(s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254; Lasserre/Schütte 1995, S. 253 ff.).<br />

Zentralbereiche verfügen in Bezug auf ihr Angebot, insbesondere bei unterstützenden<br />

Leistungen, häufig über eine innerbetriebliche Monopolstellung, so dass sie keiner<br />

unmittelbaren Konkurrenz ausgesetzt sind (Reckenfelderbäumer 2001, S. 257). Mittelbare<br />

Konkurrenz kommt bspw. dadurch zustande, dass Leistungen vor Ort selbst<br />

erstellt werden oder extern beschafft werden können.<br />

Als typisch führt Reckenfelderbäumer (2001, S. 258) an, dass viele Zentralbereiche<br />

nur unzureichende und ungenaue Vorstellungen über die qualitativen und quantitativen<br />

Bedürfnisse der internen Kunden haben, obwohl der „relevante Markt“ meist relativ<br />

eng und abgegrenzt ist (Reckenfelderbäumer 2001, S. 258). Hungenberg (1992, S.<br />

345) betont zudem, dass die Möglichkeit einer zentralen Problembewältigung in internationalen<br />

Märkten nur eingeschränkt besteht, was es der Zentrale erschwert, ihre<br />

Aufgaben zu erfüllen (Hungenberg 1992, S. 345).<br />

2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive<br />

2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz<br />

Nach Tomczak (1992, S. 80 f.) sind die drei Grundelemente empirischer Forschung<br />

die Realität, die Theorie und die Methode. Für die wissenschaftliche Betrachtungsweise<br />

von Realität ist es typisch, dass in sich widerspruchsfreie Systeme von Aussagen<br />

und Theorien aufzustellen sind, deren Entsprechung zur Realität unter Verwendung<br />

von Methoden zu überprüfen und zu entwickeln ist. Durch die Methoden soll eine<br />

Verbindung zwischen abstrakteren Elementen von Theorie und Realität hergestellt<br />

werden, wobei jeder Marketingforscher vor dem Dilemma zwischen qualitativer<br />

Gründlichkeit und quantitativer Abstraktion steht (Tomczak 1992, S. 81).<br />

Die realitätsorientierte Marketingforschung greift Probleme auf, die aktuell oder künftig<br />

<strong>für</strong> die Praxis relevant sind, und versucht diese auf dem Wege eines theoriegeleiteten<br />

Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen. (Belz 1991, S. 9; Tomczak<br />

1992, S. 83; Tomczak 1991, S. 30 ff.) Die praktische Relevanz wird demnach ebenso<br />

als Anforderung an ein realitätsorientiertes Forschungsvorhaben gestellt wie die theoretische<br />

Fundierung: Einerseits ist also zu untersuchen, welche anderen theoretischen<br />

Perspektiven, d. h. erste Strukturierungen oder ausgereifte Theorien bereits zur Verfügung<br />

stehen (Tomczak 1992, S. 83). Andererseits ist zu prüfen, ob das Forschungs-


18<br />

Kapitel 2<br />

problem in der Praxis – also bei den Personen, die sich in dem betrachteten Realitätsausschnitt<br />

befassen – tatsächlich ein relevantes Problem darstellt (Tomczak 1992, S.<br />

83; Tomczak 1991, S. 26).<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurde versucht, beiden Anforderungen in hohem Masse<br />

Rechnung zu tragen. Zum einen wurden umfangreiche qualitative und quantitative<br />

empirische Untersuchungen vorgenommen, um die Relevanz des Forschungsproblems<br />

aus Sicht der befragten Praxisvertreter zu untersuchen (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.; Abschnitt<br />

2.4, S. 34 ff.). Zum anderen konnten durch ein hermeneutisches Vorgehen die<br />

Beiträge grundsätzlicher theoretischer Perspektiven (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.) und die<br />

Beiträge benachbarter Forschungsgebiete (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.) herausgestellt<br />

werden. Sie leisten zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfragen eine wichtige<br />

Hilfestellung. Die Methoden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Dissertationsprojektes<br />

ihren Einsatz fanden, werden in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) einzeln vorgestellt<br />

und erörtert.<br />

2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive<br />

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich dem Phänomen Organisation theoriegeleitet zu<br />

nähern, und jede Theorie lässt bestimmte Facetten der Organisation in den Vordergrund<br />

treten und drängt zugleich andere in den Hintergrund (Kieser/Walgenbach 2003,<br />

S. 65). Während bspw. der situative Ansatz eine starke Gestaltungsorientierung aufweist,<br />

stehen bei anderen Theorien wie z. B. der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie<br />

in erster Linie die Erklärung oder das Verstehen formaler Organisation<br />

im Vordergrund (Kieser/Walgenbach 2003, S. 65). Für eine ausführliche Diskussion<br />

und Gegenüberstellung der unterschiedlichen Organisationstheorien sei an dieser<br />

Stelle auf Kieser (1999b) verwiesen.<br />

Um eine möglichst differenzierte, praxis- und realitätsnahe Betrachtungsweise zu fördern<br />

(Staehle 1976, S. 36; Belz 1993, S. 7; Mockler 1971, S. 146), wird als Ausgangspunkt<br />

der vorliegenden Arbeit der situative Ansatz gewählt. Diese theoretische Perspektive<br />

eignet sich besonders <strong>für</strong> eine Erklärung der formalen Struktur und führt in<br />

hohem Masse zu handlungsleitenden Implikationen (Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />

222 f.). Der situative Ansatz ist auch unter dem Begriff „Kontingenzansatz“ bekannt<br />

(Scherer/Beyer 1998, S. 334). Es soll damit die Annahme zum Ausdruck gebracht<br />

werden, dass Organisationsstrukturen von anderen Grössen abhängig (= kontingent)<br />

sind. Der Ansatz geht dabei von konkreten Problemsituationen aus, die durch eine


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 19<br />

Konstellation bestimmter Einflussgrössen (synonym: Kontextfaktoren) definiert werden<br />

(Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 146).<br />

Handlungsempfehlungen werden damit relativiert (Tomczak 1992, S. 84;<br />

Kieser/Kubicek 1992, S. 50), sie müssen sich an der Situation ausrichten, in der sich<br />

die jeweilige Organisation, bspw. der Vertriebspartner, befindet (Kieser/Kubicek<br />

1992, S. 45 f.; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 147). Die Aufgabe des situativen<br />

Ansatzes besteht darin, Handlungsalternativen zu entwerfen, die unter genau zu<br />

spezifizierenden Situationen erfolgreicher sind als andere (Staehle 1976, S. 36). Es<br />

gibt demnach nicht eine generell gültige optimale Handlungsalternative, sondern mehrere<br />

situationsbezogen angemessene (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 114;<br />

Mockler 1971, S. 148). Dabei nimmt der situative Ansatz an, dass das Management<br />

durch die Anpassung der Organisationsstruktur an die Situation („Fit“) versucht, die<br />

Effizienz der Organisation zu maximieren (Kieser/Walgenbach 2003, S. 222; Jensen<br />

2001, S. 12; Donaldson 2001, S. 12).<br />

Kontextfaktor<br />

Fit<br />

Organisationsstruktur<br />

Falls nicht<br />

befriedigend:<br />

Anpassung<br />

Andere Ursachen<br />

Ergebnisse<br />

Abbildung 2-5: Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur<br />

(In Anlehnung an Donaldson 2001, S. 12)<br />

Abbildung 2-5 (S. 19) zeigt das von Donaldson (2001, S. 12 f.) vorgeschlagene Fit-<br />

Konzept zur Anpassung der Organisationgestaltung an die Kontextfaktoren mit den<br />

entsprechenden Ergebniswirkungen, das <strong>für</strong> die Konzepte und Methoden der vorliegenden<br />

Arbeit besondere Impulse gibt. Danach müssen lokale Kontextfaktoren (z. B.<br />

die lokale Wettbewerbsintensität) und die jeweils korrespondierenden organisatorischen<br />

Gestaltungen (z. B. der Grad an Entscheidungszentralisierung in der Vertriebsorganisation)<br />

erfasst und beschrieben werden, um die Eignung der Kombination aus<br />

beiden Einflussgrössen anhand ihrer Ergebniswirkungen (z. B. lokaler Erfolg oder lokale<br />

Zufriedenheit) beurteilen zu können.


20<br />

Kapitel 2<br />

Wie Scherer (1999, S. 2) betont, „sind Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde,<br />

in denen viele Probleme auftreten können, die (...) nur schwer unter ein gemeinsames<br />

Dach einer wie auch immer gearteten ‚Supertheorie’ zu integrieren sind (...). Hinzu<br />

kommt (...), dass jeder dieser Teilaspekte wiederum unter verschiedenen theoretischen<br />

Perspektiven beleuchtet werden kann“. Die Perspektive des situativen Ansatzes wird<br />

deshalb dort, wo es dem Autor geboten scheint, um andere Betrachtungsweisen ergänzt,<br />

soweit diese zur theoretischen Durchdringung des Forschungsobjektes beitragen<br />

(s. Homburg 2000, S. 56; Kieser/Walgenbach 2003, S. 45 f., 68). Einen Beitrag leistet<br />

der ressourcenbasierte Ansatz, auch als „resource-based view“ bezeichnet, der den<br />

spezifischen Wert der effizienten Vertriebsorganisation als einzigartige innerorganisationale<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in den Vordergrund<br />

stellt und zu erklären hilft (s. Barney 1986; Penrose 1959; Rasche 1994;<br />

Wernerfelt 1984). Die Transaktionskostentheorie leistet einen Betrag, indem das Zustandekommen<br />

verschiedener Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie<br />

erklärt wird (s. Picot 1982; Picot/Dietl 1990; Williamson 1975; Williamson 1985;<br />

Williamson 1991). Und auch die Perspektive der Principal-Agent Theorie, die neben<br />

der Transaktionskostentheorie zu den institutionenökonomischen Ansätzen gehört,<br />

kann Beiträge leisten, indem sie den Blick auf Informations- und Interessenunterschiede<br />

zwischen den Parteien in der Vertriebsorganisation lenkt, aus denen Probleme in<br />

der Zusammenarbeit resultieren können (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 49 ff.).<br />

Die Integration nicht vereinbarer theoretischer Perspektiven kann aus wissenschaftlicher<br />

Sicht durchaus problematisiert werden. Solange es allerdings keine Möglichkeit<br />

gibt, ein objektives Urteil über die Güte der einzelnen Theorien zu fällen, erscheint<br />

Kieser/Walgenbach (2003, S. 68) dies der einzige Weg, das Verständnis von Organisationen<br />

zu verbessern. Die Perspektiven werden in dieser Arbeit deshalb in Anlehnung<br />

an Homburg (2000, S. 56) als komplementär betrachtet und integrierend genutzt.<br />

2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete<br />

In den folgenden Absätzen wird das Forschungsproblem in den Kontext verschiedener<br />

Forschungsgebiete gestellt, in deren Schnittmenge es sich befindet. Es werden jeweils<br />

ausgewählte wissenschaftliche Ansätze vorgestellt, die wichtige Beiträge zur Beantwortung<br />

der Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit leisten.


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 21<br />

2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem<br />

In Anlehnung an Rafée (1974, S. 80, S. 111) können unter einem Vertriebssystem<br />

sämtliche soziale Einheiten, d. h. Organisationen, Personengruppen und Einzelpersonen<br />

verstanden werden, die bei der Planung, Durchführung und Kontrolle von Vertriebsaufgaben<br />

mitwirken sowie die Beziehungen, die zwischen diesen sozialen Einheiten<br />

bestehen. Das Vertriebssystem schliesst damit sowohl herstellereigene als auch<br />

herstellerfremde Vertriebspartner ein, die an der Vertriebsaufgabe des Herstellers mitwirken<br />

sollen.<br />

Erste konzeptionelle Perspektiven, die systeminterne Austauschprozesse und ihre Gestaltung<br />

als Marketingprozesse interpretieren (Kotler 1972, S. 48 f.), waren das „Generic<br />

Concept of Marketing“ (Kotler 1972) und das mit ihm verwandte „Exchange Concept“<br />

(Bagozzi 1974; Bagozzi 1975). (Rafée 1974, S. 111) Das weite Marketingverständnis<br />

beider Konzepte hat sich allerdings nicht durchgesetzt (Stauss/Schulze 1990,<br />

S. 149), da von einigen Wissenschaftlern der „Allzuständigkeitsanspruch des Marketing“<br />

abgelehnt wird (s. Rafée 1974, S. 111; Stauss/Schulze 1990, S. 149; Schütz<br />

1993, S. 194; Rafée/Specht 1982, S. 556 ff.).<br />

Dennoch lässt sich bis heute eine Beachtung der systeminternen Dimension des Marketing<br />

feststellen (Lings 1999; Conduit/Mavondo 2001; Rafiq/Ahmed 2000), deren<br />

Bedeutung sich inzwischen etabliert hat. Zu den internen Themenbereichen des Marketing<br />

gehören bspw. Diskussionen über Corporate Identity, Corporate Communication,<br />

Behavioral Branding (s. z. B. Tomczak et al. 2005; Tomczak/Brexendorf 2003)<br />

sowie internes und vertikales Marketing. Die beiden letzten Konzepte geben <strong>für</strong> das<br />

Forschungsprojekt wichtige Impulse, da sie das klassische Kundenverständnis um interne<br />

und (den Kundenunternehmen) vorgelagerte Kundengruppen, wie Tochtergesellschaften<br />

und den Handel erweitern.<br />

Internes Marketing<br />

Internes Marketing ist die „planmässige Gestaltung von Austauschbeziehungen mit<br />

internen Systemmitgliedern zu absatzmarktbezogenen Zwecken“ (Stauss/Schulze<br />

1990, S. 155). Es kann als unternehmerische Grundhaltung verstanden werden, nach<br />

der alle unternehmerischen Entscheidungen konsequent an den Erfordernissen und<br />

Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten sind (George/Grönroos 1995, S. 66;<br />

Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150), um deren Zufriedenheit<br />

zu erhöhen. Die Mitarbeiterzufriedenheit gilt im internen Marketing als Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Realisierung ökonomischer Unternehmensziele (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450;


22<br />

Kapitel 2<br />

Lings 1999, S. 453). Vor allem im persönlichen Verkauf, der im <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />

häufig anzutreffen ist, haben das Personal und dessen Interaktion mit dem Kunden<br />

eine wesentliche Bedeutung <strong>für</strong> den Markterfolg (Lings 1999, S. 453; Stauss/Schulze<br />

1990, S. 151; Grönroos 1985, S. 42). Das interne Marketing dient damit der internen<br />

Absicherung einer externen Marketingstrategie (Meyer/Oppermann 1998, S. 993;<br />

Stauss/Schulze 1990, S. 156). Das Konzept des internen Marketing bringt also die Relevanz<br />

intraorganisationaler Voraussetzungen zum Ausdruck, die <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />

Umsetzung absatzorientierter Marketing- und Vertriebskonzepte vorliegen müssen.<br />

Als Austauschpartner bzw. Systemmitglieder kommen beim internen Marketing das<br />

Personal oder Subsysteme von Unternehmen in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S.<br />

155). Obwohl organisationsexterne Adressaten nicht explizit ausgeschlossen werden,<br />

liegt der Fokus im internen Marketing auf organisationsinternen Adressaten (Lings<br />

1999, S. 453; Hauser et al. 1996, S. 268 f.; Davis 1992, S. 6; Conduit/Mavondo 2001,<br />

S. 12; Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f.). Es existieren bislang keine Untersuchungen, die<br />

das interne Marketing auf das Verhältnis der Zentrale zu den Vertriebsgesellschaften<br />

beziehen. Nach Stauss/Schulze (1990, S. 155) kommt jedoch ein Unternehmen mit<br />

mehreren Betriebsstätten grundsätzlich als System in Betracht (Stauss/Schulze 1990,<br />

S. 155; Schütz 1993, S. 194 f.). Dann sind es Subsysteme wie Filialen, Mitglieder von<br />

Kooperationen oder Franchise-Nehmer, die mit Hilfe eines abgestimmten Instrumentariums<br />

gesteuert und zu absatzstrategisch festgelegtem Verhalten im Sinne der Systemziele<br />

bewegt werden müssen (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Adressat dieser Variante<br />

des internen Marketing ist das jeweilige Subsystem, in erster Linie dessen Leitung,<br />

sekundär auch die weiteren Elemente des Subsystems, bspw. Vertriebsmitarbeiter.<br />

Diese Variante wird von Stauss/Schulze (1990, S. 155) als „subsystemorientiertes internes<br />

Marketing“ bezeichnet.<br />

Tabelle 2-1 zeigt noch einmal die Einbeziehung von internen und externen Adressaten<br />

beim internen Marketing. Es wurden dazu jeweils einige wichtige Publikationen ausgewählt.<br />

Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut<br />

Rafiq/Ahmed 2000,<br />

S. 454 f.<br />

Meyer/Oppermann 1998,<br />

S. 992<br />

Stauss 1997,<br />

S. 720<br />

Mitarbeiter des Unternehmens, insbesondere Mitarbeiter<br />

im Kundenkontakt<br />

Organisationsinterne Mitarbeiter<br />

Mitglieder einer organisatorischen Unternehmensverbindung,<br />

rechtlich Kooperationspartner mit<br />

räumlich dezentraler Leistungserstellung, rechtlich<br />

Einbezogene<br />

Adressaten<br />

Externe Interne


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 23<br />

Bruhn 1995,<br />

S. 25<br />

George/Grönroos 1995,<br />

S. 65 f.<br />

Schütz 1993,<br />

S. 194 f.<br />

Stauss/Schulze 1990,<br />

S. 155<br />

unabhängige Teileinheiten<br />

Mitarbeiter, Abteilungen, Tochterunternehmen<br />

Interne Organisation und interner Mitarbeitermarkt<br />

Zentrale Bereiche, Glieder der Wertschöpfungskette,<br />

Teilfunktionen im Stammhaus, selbstständige<br />

Auslandsgesellschaften und Beteiligungen, Filia-<br />

len, Franchisenehmer<br />

Interne Organisationsmitglieder, Subsysteme, wie<br />

Filialen, Mitglieder von Kooperationen, Franchisenehmer<br />

Unternehmensinterne Mitarbeitermärkte<br />

Grönroos 1985,<br />

S. 42<br />

= vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen<br />

Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen Marketing<br />

Vertikales Marketing<br />

Vertikales Marketing basiert auf dem Grundgedanken, dass eine stufenübergreifende<br />

Abstimmung von Funktionen und Marketingaktivitäten der vertikalen Partner sowohl<br />

eine wirtschaftlichere Prozessgestaltung als auch eine bessere Ausschöpfung der<br />

Nachfrage von Endkunden ermöglicht (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11;<br />

Pabst/Brettenthaler 1995, S. 48 f.; Schneider 1989, S. 90). Damit soll das vertikale<br />

Marketing die Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebssystems insgesamt erhöhen<br />

(Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11; Belz 1989, S. 292 f.) und dazu führen, dass<br />

beide Partner ihre Ziele besser erreichen (Ceyp 1996, S. 8; Thies 1976, S. 59;<br />

Steffenhagen 1975, S. 63; Belz 1989, S. 251 ff.).<br />

Häufig wird vertikales Marketing ausschliesslich auf die Zusammenarbeit mehrerer<br />

wirtschaftlich selbstständiger Distributionsstufen bezogen (Thies 1976, S. 52; Pabst<br />

1993, S. 12 f.; Irrgang 1989, S. 12; Schneider 1989, S. 91, Engelhardt 1990, S. 11,<br />

Belz 1989, S. 571; Kirsch 1987, S. 20 f.). Das betrifft vor allem die Zusammenarbeit<br />

zwischen Hersteller und Handel oder zwischen Gross- und Einzelhandel (Thies 1976,<br />

S. 52; Belz 1989, S. 571; Ceyp 1996, S. 7). Thies (1976, S. 49 ff.) und Tietz/Mathieu<br />

(1979, S. 9 ff.) sehen die wirtschaftliche Selbstständigkeit und die reale (nicht nur formale)<br />

Möglichkeit zum Austritt aus der Zusammenarbeit sogar als konstitutive Merkmale<br />

von vertikalen Marketingsystemen an (Thies 1976, S. 49 ff.; Tietz/Mathieu 1979,<br />

S. 9 ff.; Stuke 1974, S. 22). Durch diese enge Sichtweise werden aber die durch Eigentumsrechte<br />

abgesicherten Distributionssysteme, bspw. eigene Tochtergesellschaften,<br />

im Rahmen des vertikalen Marketing nicht erfasst (Kunkel 1977, S. 22). Die (häufig<br />

fehlende) reale Möglichkeit zum Austritt, wie sie bspw. in der Beziehung zu grossen


24<br />

Kapitel 2<br />

Handelspartnern durch Machtungleichgewichte besteht, bleibt unbeachtet (Kunkel<br />

1977, S. 22 f.). Auch die De-facto-Unabhängigkeit bzw. grosse Macht, die auch Filialunternehmen<br />

und ausländische Vertriebsgesellschaften häufig besitzen, wird nicht berücksichtigt,<br />

obwohl sie nach Weinhold-Stünzi (1986, S. 1) massgeblich ist, um von<br />

vertikalem Marketing zu sprechen.<br />

Kunkel (1977, S. 23) definiert vertikales Marketing deshalb als „eine auf mehrere<br />

Marktstufen zielende absatzfördernde Strategie und deren taktische Ausgestaltung<br />

durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere Unternehmungen“. Das Bemühen<br />

um eine weitgehende Koordination der Marketing- und Vertriebsaktivitäten und der<br />

jeweils erbrachten Teilleistungen der am Absatzprozess Beteiligten (Kunkel 1977, S.<br />

21) muss sich demnach auf alle Vertriebspartner beziehen, sowohl auf eigene Vertriebsgesellschaften<br />

als auch auf selbstständige Vertretungen. Tabelle 2-2 fasst anhand<br />

ausgewählter Publikationen den Adressatenbereich des vertikalen Marketing zusammen.<br />

Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut<br />

Belz 1989,<br />

S. 571<br />

Irrgang 1989,<br />

S. 12<br />

Schneider 1989,<br />

S. 91<br />

Weinhold-Stünzi 1986,<br />

S. 1<br />

Kunkel 1977,<br />

S. 23<br />

Vertikal beteiligte Produktions- und Handelsstufen<br />

Der Absatzmittlerbereich<br />

Marktpartner im Distributionskanal<br />

Vorgelagerte Stufen beim Vermarkten von Gütern<br />

und Dienstleistungen an Abnehmer über Zwi-<br />

schenstufen (Gross- und Einzelhandel)<br />

Andere Marktstufen und deren Ausgestaltung<br />

durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere<br />

Unternehmungen<br />

Thies 1976,<br />

Ein wirtschaftlich selbstständig bleibendes Unter-<br />

S. 52<br />

nehmen auf einer anderen Wirtschaftsstufe<br />

= vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen<br />

Tabelle 2-2: Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen Marketing<br />

Fazit: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem kombinieren<br />

Einbezogene<br />

Adressaten<br />

Externe Interne<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich internes Marketing hauptsächlich auf<br />

organisationsinterne Adressaten, vertikales Marketing hingegen auf (externe) Handelsstufen<br />

bezieht. Abbildung 2-6 zeigt die Bereiche, in denen das interne und vertikale<br />

Marketing Beiträge zur Erklärung und Gestaltung von Vertriebssystemen leisten.<br />

Während Typ A eine reine herstellereigene Organisation darstellt, und deshalb in den<br />

Geltungsbereich des internen Marketing fällt, beschreibt Typ B das Verhältnis zwi-


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 25<br />

schen Hersteller und externen Distributionspartnern. Hierbei sind Aspekte des vertikalen<br />

Marketing zu beachten. Typ C zeigt vereinfachend eine im internationalen <strong>Industriegüter</strong>vertrieb<br />

häufig anzutreffende Mischform, bei der internes und vertikales Marketing<br />

auf den verschiedenen Stufen bis zum Kundenunternehmen ineinander greifen<br />

müssen. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, alle Stufen bis zum Kunden aufeinander<br />

abzustimmen, damit die Kundenorientierung vom Hersteller bis zum Kundenunternehmen<br />

lückenlos wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Belz 1994, S. 22).<br />

Typ A<br />

Typ B<br />

Typ C<br />

Hersteller<br />

Hersteller<br />

Hersteller<br />

Internes Marketing<br />

Vertikales Marketing<br />

Vertriebssystem<br />

Herstellereigene<br />

Vertriebspartner<br />

Herstellerfremde<br />

Vertriebspartner<br />

Herstellereigene<br />

Vertriebspartner<br />

Herstellerfremde<br />

Vertriebspartner<br />

Abbildung 2-6: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers<br />

(In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 97)<br />

Kundenunternehmen<br />

Kundenunternehmen<br />

Kundenunternehmen<br />

Dies unterstreicht die notwendige Verzahnung von internem und vertikalem Marketing.<br />

Eine Abstimmung sollte vorgenommen werden, unabhängig davon, ob die Systemmitglieder<br />

organisationsintern sind oder nicht (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Schütz<br />

1993, S. 194; Stauss/Schulze 1990, S. 155; Weinhold-Stünzi 1986, S. 1; Kunkel 1977,<br />

S. 23). Wichtigstes Ziel ist es, dass alle Mitglieder des Vertriebssystems die Unterstützung<br />

bekommen, die sie benötigen, um ihre Aufgaben - insbesondere Aufgaben im<br />

Kundenkontakt - zu erfüllen. (Lings 1999, S. 453; Barrett 1994, S. 31) Die Massnahmen<br />

im Rahmen einer solchen Kundenorientierung müssen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften<br />

ggf. anders ausgestaltet sein als <strong>für</strong> selbstständige Vertretungen. Herstellereigene und -<br />

fremde Vertriebspartner werden dabei zu wichtigen Kundengruppen der Zentrale (Belz<br />

1994, S. 22).<br />

2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen<br />

Die verhaltenswissenschaftliche Marketingforschung beschäftigt sich bereits seit den<br />

1950er Jahren (z. B. Mack/Snyder 1957) mit Zufriedenheit und Konflikten in Distributionskanälen.<br />

In etlichen Partialuntersuchungen (z. B. Boyle/Dwyer 1995;


26<br />

Kapitel 2<br />

Frazier/Rody 1991; Gaski/Nevin 1985; Kale 1986; Lusch 1976) sind Teilaspekte der<br />

vertikalen Distributionsbeziehungen untersucht und bereits in verschiedenen Metaforschungen<br />

zusammengefasst worden (Steffenhagen 1987, S. 551; s. Geyskens et al.<br />

1999; Gaski 1984; Pondy 1989; Pondy 1967). Allein zwischen 1970 und 1996 wurden<br />

71 empirische Studien zur Zufriedenheit in Vertriebskanälen durchgeführt, deren Ergebnisse<br />

in führenden amerikanischen Marketingjournalen veröffentlicht wurden<br />

(Geyskens et al. 1999, S. 223). Diese Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage nach<br />

dem Zustandekommen der Einstellung von Vertriebsmitarbeitern sowie ob und welchen<br />

Einfluss psychische Faktoren auf das Verhalten der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung<br />

und damit auf den Unternehmenserfolg haben (Kieser/Walgenbach 2003, S. 37).<br />

Die Zufriedenheit von Mitgliedern des Vertriebssystems steht im Mittelpunkt vieler<br />

wissenschaftlicher Untersuchungen (z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al. 1999;<br />

Brown/Peterson 1994; Schul et al. 1985; Dwyer 1980; Rosenberg/Stern 1971) und ist<br />

bezüglich ihrer Position in der Kausalkette umstritten (s. Michie/Sibley 1985;<br />

Schwab/Cummings 1970). Geyskens et al. (1999, S. 224) definieren die „Channel<br />

Member Satisfaction“ als emotionalen Zustand, der aus der Beurteilung sämtlicher<br />

Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen resultiert (Frazier et al.<br />

1989; Gaski/Nevin 1985). Hierbei können drei wesentliche Perspektiven zur Rolle der<br />

Zufriedenheit unterschieden werden:<br />

1. die Sicht, dass eine hohe Zufriedenheit von Mitarbeitern deren Leistung und Erfolg<br />

erhöhen (s. Schwab/Cummings 1970, S. 410; Herzberg 1968, S. 53 ff.),<br />

2. die Sicht, dass hohe Leistungen und Erfolge von Mitarbeitern zur Zufriedenheit beitragen<br />

(s. Lawler III/Porter 1967; Schwab/Cummings 1970, S. 417 ff.),<br />

3. die integrierende Sicht, dass die Beziehungen zwischen Zufriedenheit, Leistung und<br />

Erfolg wechselseitig sind (s. Michie/Sibley 1985, S. 189; Robicheaux/El-Ansary<br />

1975, S. 25) und durch verschiedene weitere Variablen beeinflusst werden (s. Schul<br />

et al. 1985; Ping Jr. 2003; Dwyer 1980).<br />

Nach der zuletzt genannten Sichtweise erzeugt eine hohe Zufriedenheit, die durch weitere<br />

Einstellungsvariablen wie z. B. das Vertrauen zum Hersteller, die Verbundenheit<br />

und das Konfliktniveau moderiert wird, eine höhere Leistung der Mitarbeiter, die je<br />

nach Fähigkeiten und Charakter wiederum zu höheren Unternehmenserfolgen führt.<br />

Durch intrinsische und extrinsische (z. B. variables Gehalt) Belohnungen wirkt sich<br />

eine Zielerreichung wiederum auf die Zufriedenheit aus (s. Abbildung 2-7).


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 27<br />

Zufriedenheit<br />

Konflikte<br />

Vertrauen<br />

Verbundenheit<br />

Leistung<br />

Belohnungen<br />

Markterfolg<br />

Einstellung Verhalten Erfolg<br />

Abbildung 2-7: Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von<br />

Vertriebsmitarbeitern<br />

Ein Grossteil der wissenschaftlichen Studien betrachtet nicht die gesamte in<br />

Abbildung 2-7 dargestellte Wirkungskette, sondern fokussiert die Zusammenhänge<br />

zwischen verschiedenen Einstellungsvariablen (s. Andaleeb 1996; Anderson/Narus<br />

1990; Geyskens et al. 1996) und deren Abhängigkeiten von moderierenden Rahmenbedingungen<br />

(s. Wood 2001; Ping Jr. 2003; Goodman/Dion 2001).<br />

Neben der Zufriedenheit wurden dabei insbesondere Konflikte in Vertriebskanälen<br />

untersucht. Konflikte können sowohl Ursache als auch Konsequenz von Unzufriedenheit<br />

sein (Geyskens et al. 1999, S. 224). Konflikte stellen eine Situation der Spannung,<br />

Frustration und Unstimmigkeit in einer Vertriebsbeziehung dar (Anderson/Narus<br />

1990, S. 65 f.), in der mindestens einer der Interaktionspartner wahrnimmt, dass die<br />

andere Partei ihn davon abhält oder daran hindert, seine Ziele zu erreichen<br />

(Gaski/Nevin 1985, S. 131 f.; Steffenhagen 1975, S. 23 f.). Sachliche Konflikte sind<br />

durchaus gewollt, da sie neue Ideen fördern, Klarheit schaffen und die Basis <strong>für</strong> Veränderungen<br />

darstellen (Schögel 1997, S. 92). Sie können jedoch leicht in Konflikte<br />

zwischen Personen umschlagen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 155). Bis zu einem bestimmten<br />

Niveau scheinen Konflikte keinen wesentlichen Einfluss auf die Effizienz<br />

des Vertriebssystems zu nehmen. Rosenbloom (1973, S. 29) betont die effizienzsteigernde<br />

Wirkung, die von einem „konstruktiven“ Konfliktniveau ausgehen kann. Er<br />

weist jedoch darauf hin, dass Konflikte ab einem bestimmten Niveau die Effizienz des<br />

Vertriebssystems mindern können und eine ernsthafte Gefahr <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />

darstellen (Rosenbloom 1973, S. 27 f.). Für detaillierte Ausführungen zu einzelnen<br />

Konflikttypen und -verläufen, die in der Konfliktforschung untersucht wurden, sei an


28<br />

Kapitel 2<br />

dieser Stelle auf Steffenhagen (1975, S. 24 ff.; 1987, S. 555 ff.), Pondy (1967, S.<br />

298 ff.), Etgar (1979) und Lusch (1976, S. 383 f.) verwiesen. Abbildung 2-8 zeigt den<br />

von Rosenbloom (1973) unterstellten Zusammenhang.<br />

hoch<br />

Effizienz des<br />

Vertriebssystems<br />

niedrig<br />

niedrig<br />

Konfliktniveau<br />

Abbildung 2-8: Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems<br />

(In Anlehnung an Rosenbloom 1973, S. 29)<br />

Viele der Beiträge zur Konflikt- und Zufriedenheitsforschung in Vertriebskanälen beschäftigen<br />

sich mit der Bestimmung und Erklärung der Ursachen sowie der Determinanten,<br />

Entwicklungsstufen und der Stärke von Konflikten. Sie geben jedoch nur wenige<br />

Hinweise, wie Konflikten im Vorfeld begegnet, wie die Zufriedenheit erfasst oder<br />

wie bestehende Konflikte gelöst werden können, um die Zusammenarbeit zu verbessern<br />

(anders s. Henderson 1971; Dant/Schul 1992; Steffenhagen 1975, S. 129 ff.;<br />

Dant/Schul 1992).<br />

Auch geben empirische Studien kaum Hinweise darauf, welche Auswirkungen Zufriedenheit,<br />

Konflikte und andere Einstellungsvariablen auf das Verhalten von Mitarbeitern<br />

und auf betriebliche Erfolgsgrössen haben (Meinig/Heß 1992; anders s. Meffert et<br />

al. 1996). Zudem sind die erklärenden Aussagen, die im Rahmen der Konfliktforschung<br />

getroffen werden, meist auf einem abstrakten Betrachtungsniveau. So können<br />

konkrete vertriebsspezifische Hinweise nur schwer abgeleitet werden (anders s. Diez<br />

et al. 2000; Meinig/Heß 1992; Meffert et al. 1996; Saatkamp 2002).<br />

Einen <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit besonders wertvollen Impuls geben die Arbeiten von<br />

Diez et al. (2000), Meinig/Heß (1992), Meffert et al. (1996), Kale (1986) und<br />

Anderson/Narus (1984; 1990). Die ersten drei (Diez et al. 2000; Meinig/Heß 1992;<br />

hoch


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 29<br />

Meffert et al. 1996) untersuchten die Zufriedenheit von (herstellerfremden) vertraglichen<br />

Automobilhändlern in der Beziehung zu ihren Herstellerunternehmen. Die Händlerzufriedenheit<br />

wird im Rahmen des so genannten „Dealer Satisfaction Check“ an der<br />

Forschungsstelle <strong>für</strong> Automobilwirtschaft (FAW) in Bamberg (Deutschland) jährlich<br />

erhoben. Hierdurch erhalten Automobilhersteller Hinweise auf Optimierungspotenziale<br />

und Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Steuerung<br />

der Vertriebspartner (Diez et al. 2000, S. 167). Im <strong>Industriegüter</strong>bereich, insbesondere<br />

<strong>für</strong> herstellereigene Vertriebsgesellschaften sind dem Autor bislang keine vergleichbaren<br />

Untersuchungen bekannt. Die Arbeiten von Kale (1986) und<br />

Anderson/Narus (1984; 1990) greifen ebenfalls die Perspektive eines unabhängigen<br />

Händlers auf und versuchen, dessen Zufriedenheit, Macht und Einflussstrategien in der<br />

Beziehung mit dem Hersteller zu erklären. Hierbei gibt die von den Autoren gewählte<br />

„Upstream“-Perspektive <strong>für</strong> die Problemstellung der vorliegenden Arbeit wichtige Anregungen.<br />

2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze<br />

Die Industrial Marketing and Purchasing Group (IMP Group) hat in den frühen 1980er<br />

Jahren erstmals ihren Interaktionsansatz vorgestellt (s. Hakansson 1982). Dieser erlaubt<br />

es, die Interaktionen von Marktbeteiligten in ihrem sozialen Gruppengefüge und<br />

ihrer Umwelt zu analysieren (Backhaus 2003, S. 134).<br />

Das allgemeine Interaktionsmodell (s. Abbildung 2-9), bei dem sich die IMP Group an<br />

die Interorganisations- sowie an die Neue Institutionentheorie anlehnt, basiert auf vier<br />

Variablengruppen (Hakansson 1982, S. 14 f.): „Akteure der Interaktion“ sind die beiden<br />

einbezogenen Parteien, aufgefasst als Organisationen und Personen. „Elemente<br />

und Prozesse“ beziehen sich auf Austauschobjekte und Abläufe der Interaktion. „Interaktionsumwelt“<br />

beschreibt die Umwelt, in der die Interaktion stattfindet. „Atmosphäre“<br />

steht <strong>für</strong> die sozialen Aspekte, durch welche die Interaktion beeinflusst wird<br />

und die selbst die Interaktion beeinflussen. Der Ansatz untersucht dabei nicht nur die<br />

einzelnen Gruppen von Variablen, sondern auch die Beziehungen zwischen diesen<br />

Gruppen (Hakansson 1982, S. 15).<br />

Der Interaktionsansatz bezieht sich in seiner ursprünglichen Form auf eine Käufer-<br />

Verkäufer Dyade und damit auf das interorganisationale Zusammenspiel zweier rechtlich<br />

unabhängiger Unternehmen (Hakansson 1982, S. 14; Backhaus 2003, S. 134 f.).<br />

Es sind bis heute zahlreiche Interaktionsstudien durchgeführt worden, die i. d. R. nur<br />

gewisse Teilaspekte der komplexen Austauschprozesse analysieren (Backhaus 2003,


30<br />

Kapitel 2<br />

S. 135; Backhaus/Büschken 1997). Auf dem IMP-Modell basierende Studien, in denen<br />

die intra-organisationale Interaktion eines <strong>Industriegüter</strong>herstellers mit einer ausländischen<br />

Vertriebsgesellschaft untersucht wird, gibt es bisher nur sehr wenige (s.<br />

Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000). Lingenfelder/Rudolph (1990), Rosson (1990)<br />

und Ford/Rosson (1982) betrachten Interaktionsparteien auf einer späten Stufe der<br />

Wertschöpfungskette: Lingenfelder/Rudolph untersuchen die Interaktionsbeziehung<br />

zwischen Hersteller- und Handelsunternehmen, während sich Rosson und<br />

Ford/Rosson mit der Beziehung zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und ihren ausländischen<br />

Distributoren beschäftigen.<br />

Abteilungen<br />

Partei A<br />

Interaktionsumwelt<br />

Atmosphäre<br />

Elemente und Prozesse<br />

der Interaktion<br />

Partei B<br />

Abbildung 2-9: Interaktionsansatz und wesentliche Elemente (Hakansson 1982, S. 15)<br />

Für eine Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und<br />

deren direkten und indirekten Vertriebspartnern leistet der Interaktionsansatz eine<br />

nützliche Strukturierungshilfe. Das Modell muss dazu im Hinblick auf das Untersuchungsziel<br />

angepasst und um konkrete Elemente, bspw. um konkrete Zusammenarbeitsprozesse<br />

ergänzt werden. Für die Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und<br />

Hersteller scheint eine dyadisch-organisationale Betrachtung geeignet: Es sind zwei<br />

Parteien beteiligt (Renz 1998, S.213), bei denen nicht nur die Individuen mit ihren<br />

Persönlichkeiten, Motivationen und Erfahrungen betrachtet werden sollen, sondern<br />

auch die Abstimmungsprobleme innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten, die<br />

von Grösse, Struktur und Strategie abhängen können (Renz 1998, S. 216). (Backhaus<br />

2003, S. 135 f.; Lingenfelder/Rudolph 1990, S. 11 f.)


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 31<br />

2.3.4 <strong>Internationales</strong> Vertriebs- und Marketingmanagement<br />

In der Forschung zum internationalen Management dominiert seit langem die Fokussierung<br />

von Herstellerunternehmen, resp. „Headquarters“ und die Argumentation aus<br />

Perspektive des Top-Managements. Eine Metauntersuchung, die Li/Cavusgil (1995)<br />

veröffentlicht haben, scheint dies zu belegen: Sämtliche identifizierte Research-<br />

Klassen, bspw. „Internationalization Process Perspective“, „International Marketing<br />

Management“ oder „Market Globalization Perspectives“ wurden aus dem Blickwinkel<br />

des Herstellerunternehmens formuliert und erläutert (Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.).<br />

Stewart (1995) und Gupta/Govindarajan (1994; 1991), die quantitativ-empirische Studien<br />

zu den Rollen von Tochtergesellschaften erstellt haben, stellen die Berechtigung<br />

einer Dominanz dieser Perspektive in Frage: „...if researchers’ intent is to understand<br />

strategic processes within MNCs, the focussing only on corporate „induced“ (i.e.<br />

centrally managed) processes would run the risk of overlooking important and directly<br />

relevant phenomena. Further, it would seem, that the study of autonomous processes<br />

would need to be conducted first at the level of the subsidiary and only secondarily at<br />

the level of the parent corporation.“ (Gupta/Govindarajan 1994, S. 455) 1<br />

Renz (1998, S. 78) hebt hervor, dass zwischen dem Herstellerunternehmen und dem<br />

Kunden ein grundsätzliches Wettbewerbsverhältnis um die Kontrolle eines Vertriebspartners<br />

besteht. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson<br />

(1991;1975) aufgegriffen, der die Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt<br />

und Hierarchie“ einordnet. Eine Untersuchung von Andersson/Forsgren (1996, S. 504)<br />

zeigt, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig<br />

grösser ist als intern zur Mutter. Tochtergesellschaften empfinden deshalb die Kontrolle<br />

durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle durch das Headquarters.<br />

Für das internationale Vertriebs- und Marketingmanagement ergibt sich hieraus eine<br />

folgenschwere Konsequenz. Multinationale Unternehmen werden insgesamt stärker<br />

durch die externen Beziehungen der Vertriebspartner bestimmt, als durch Massnahmen<br />

des Headquarters (Renz 1998, S. 79). Belz/Reinhold (1999a, S. 23, S. 221), Renz<br />

(1998, S. 79) und Stewart (1995) fordern deshalb, dass sich die Forschung „verstärkt<br />

auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz<br />

1998, S. 79).<br />

1 Die im Zitat erwähnten „autonomen Prozesse auf Ebene der Tochtergesellschaft“ können, wenn<br />

man der Argumentation der Autoren folgt, nur als autonom im Sinne von „unabhängig vom Headquarters“<br />

interpretiert werden.


32<br />

Kapitel 2<br />

Diese Forderung hatte zwar schon bevor sie erhoben wurde, nämlich vor allem seit<br />

Beginn der 1990er Jahre, in der Forschung zumindest teilweise Berücksichtigung gefunden.<br />

Insbesondere schwedisch-norwegische Forscherteams um Andersson/Forsgren,<br />

Holm und Birkinshaw haben Markt- und Verhandlungsstrategien,<br />

Machtgrundlagen und Rollen von Tochtergesellschaften untersucht (s.<br />

Andersson/Forsgren 1996; Astley/Zajac 1990; Birkinshaw 1996; Birkinshaw/Fry<br />

1999; Birkinshaw et al. 2000; Birkinshaw/Ridderstrale 1999; Forsgren et al. 1999;<br />

Holm/Person 2000; Jarillo/Martinez 1990; Mudambi 1999; Poynter/White 1985;<br />

Roth/Morrison 1992; Taggart 1996). Bei vielen Untersuchungen, bspw. beim „Centres<br />

of Excellence Project“ werden jedoch nahezu ausschliesslich Produktions- und F&E-<br />

Beziehungen mit der Zentrale (s. Holm/Person 2000; Gupta/Govindarajan 1991;<br />

Szulanski 1996), häufig auch deren Bedeutung innerhalb eines Netzwerkes (s.<br />

Pahlberg 2000; Forsgren et al. 1997) angesprochen. Die Vertriebsfunktion und deren<br />

Aktivitäten werden hingegen bisher weitgehend vernachlässigt. Die schwedischnorwegischen<br />

Ansätze entwickeln auch Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften,<br />

bspw. Möglichkeiten der Einflussnahme und des Aufbaus von Machtpositionen<br />

(s. D´Cruz 1986; Etemad/Dulude 1986; Birkinshaw 1994; Andersson/Forsgren<br />

1996). Es werden aber keine Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zentrale gegeben, wie<br />

sie die Anforderungen der Vertriebspartner erfassen und berücksichtigen könnte. Diese<br />

Lücke soll durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden.<br />

2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung<br />

In den Absätzen 2.3.1 (S. 21) bis 2.3.4 (S. 31 ff.) wurden vier benachbarte Forschungsgebiete<br />

dargestellt, die durch ihre unterschiedliche Perspektive einen Beitrag<br />

zur Durchdringung des vorliegenden Forschungsproblems leisten. Die vier Perspektiven<br />

sind dabei komplementärer Natur. Dies soll noch einmal durch eine zusammenfassende<br />

Darstellung verdeutlicht werden. Abbildung 2-10 (S. 33) zeigt die Forschungslücke<br />

dieser Arbeit im Kontext der benachbarten Forschungsgebiete.<br />

Die konzeptionellen Perspektiven des internen und vertikalen Marketing fassen das<br />

Vertriebssystem und seine Mitglieder als „interne Kunden“ der übergeordneten Instanzen<br />

auf (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150). Abteilungen und<br />

Vorgesetzte werden damit zu „internen Dienstleistern“ (Hauser et al. 1996, S. 268 ff.).<br />

Damit betont die Perspektive, dass eine Ausrichtung an den internen Bedürfnissen der<br />

Organisationsmitglieder die Implementierung der Marketingstrategien begünstigt. Zur<br />

Theorie des internen und vertikalen Marketing liegen nur wenige empirische Ergeb-


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 33<br />

nisse vor (s. Conduit/Mavondo 2001; Foreman/Money 1995). Jedoch bietet sie einen<br />

ausgereiften konzeptionellen Rahmen <strong>für</strong> die Orientierung an Vertriebspartnern. Diese<br />

Orientierung wird in dieser Arbeit als Grundhaltung eingenommen (s. Grönroos 1985,<br />

S. 66) und wird stets explizit oder implizit berücksichtigt.<br />

<strong>Internationales</strong> Vertriebsund<br />

Marketingmanagement<br />

Internes und vertikales<br />

Marketing<br />

Forschungslücke<br />

Interaktionsansatz<br />

Zufriedenheits- und<br />

Konfliktforschung<br />

Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten Forschungsgebieten<br />

Die Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen ist insbesondere<br />

von der amerikanischen Forschungsgemeinschaft aufgegriffen und entschieden vorangetrieben<br />

worden (s. Mack/Snyder 1957; Rosenbloom 1973; Ping Jr. 2003). Dabei<br />

wurden über Jahrzehnte unzählige empirische Arbeiten verfasst, die sich mit der Messung<br />

der verschiedenen Einstellungsvariablen wie z. B. Zufriedenheit, Vertrauen und<br />

Verbundenheit sowie deren Beziehungen untereinander beschäftigen (s. Geyskens et<br />

al. 1999, S. 224). Entscheidende Beiträge dieses Forschungsgebietes liegen deshalb in<br />

der Bereitstellung von Messmodellen und den Ergebnissen der empirischen Tests von<br />

verhaltenswissenschaftlichen Theorien zu Beziehungen in Distributionskanälen.<br />

Der Interaktionsansatz leistet einen konzeptionellen Beitrag zur Schliessung der Forschungslücke.<br />

Der Interaktionsansatz in seiner ursprünglichen Form (s. Hakansson<br />

1982) sowie seine zahlreichen Weiterentwicklungen (s. Backhaus/Büschken 1997)<br />

liefern einen Bezugsrahmen, der die Interaktion zwischen zwei Organisationseinheiten<br />

und deren Elemente erfasst und systematisiert. Zwar liegen inzwischen einige empirische<br />

Untersuchungen vor, die am Interaktionsansatz anknüpfen (s. Walter 2003;<br />

Biong/Selnes 1995). Die vorliegende Arbeit bedient sich jedoch in erster Linie der<br />

konzeptionellen Strukturierungsleistung in Bezug auf die organisationale Interaktion.<br />

Die Forschung zum internationalen Vertriebs- und Marketingmanagement beschäftigt<br />

sich mit den Determinanten, Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten der zentralen


34<br />

Kapitel 2<br />

Organisationseinheiten der Marktorganisation. Auf diesem Forschungsgebiet wurden<br />

seit einigen Jahrzehnten konzeptionelle und empirische Arbeiten zu internationalen<br />

Marktselektions-, Markterschliessungs- und Marktbearbeitungsstrategien und deren<br />

Determinanten entwickelt (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 29 f.; Kutschker/Schmid 2002,<br />

S. 238 ff.). Wenn in dieser Arbeit eine dezentrale Perspektive zum <strong>Vertriebsmanagement</strong><br />

eingenommen wird, sind die Erkenntnisse und Strukturierungsleistungen des<br />

Forschungsgebietes deshalb ebenso bedeutend wie bei der Konzeption von Handlungsempfehlungen<br />

zur Berücksichtigung dieser Perspektive. So bieten z. B. Arbeiten<br />

zur Bedeutung von Kultur, rechtlichen Rahmenbedingungen, Führungsstilen oder Instrumenten<br />

des internationalen Managements (s. Hofstede 1983; Achrol 1991;<br />

Jaworski 1988; Welge 2003) eine breite Grundlage zur Entwicklung von Implikationen<br />

<strong>für</strong> die Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller<br />

und Vertriebspartner.<br />

Die theoretischen Bezugspunkte zu den benachbarten Forschungsgebieten liefern damit<br />

sowohl bei der Konzeption eines Bezugsrahmens als auch bei der Messung und<br />

Interpretation von Ergebnissen sowie bei der Entwicklung von Handlungsimplikationen<br />

wichtige Beiträge. In Bezug auf alle drei Forschungsfragen geben sie wichtige<br />

Einsichten und beeinflussen das Vorgehen bei der Suche nach Antworten und damit<br />

die Forschungsergebnisse wesentlich. Sie sind daher <strong>für</strong> diese Arbeit von grundlegender<br />

Bedeutung.<br />

2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess<br />

2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden<br />

“Questions before methods!“ fordert Punch (2000, S. 17, 30) und bringt damit zum<br />

Ausdruck, dass sich die Wahl und der Einsatz von Forschungsmethoden an den inhaltlichen<br />

Fragestellungen orientieren müssen, die der Forscher zu beantworten versucht<br />

(s. auch: Downey/Ireland 1979, S. 630).<br />

Der Forschungsprozess im Rahmen der vorliegenden Arbeit muss also zunächst darauf<br />

gerichtet sein, die Forschungsfragen möglichst präzise und vollständig zu erfassen und<br />

zu formulieren. Ausgangspunkt war im März 2002 deshalb zunächst eine inhaltliche<br />

Vertiefung, die auf die <strong>Industriegüter</strong>branche und den internationalen Vertrieb fokussiert<br />

war (s. Abbildung 2-11; „I“). Auf Basis einer Analyse deutsch- und englischsprachiger<br />

Literatur zum Thema sowie Dokumentenanalysen (z. B. Geschäftsberichtsanalysen;<br />

„IIa“) und kontinuierlich durchgeführter Einzelinterviews („IIb“, „III“) konnten<br />

Forschungsfragen („IV“) identifiziert und Bearbeitungsschwerpunkte festgelegt wer-


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 35<br />

den, um ein Forschungskonzept („V“) zu entwickeln, das die weitere Vorgehensweise<br />

bestimmt (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37).<br />

IIa<br />

I<br />

Inhaltliche Vertiefung:<br />

<strong>Industriegüter</strong>branche<br />

und internationaler<br />

Vertrieb<br />

III<br />

IIb<br />

V<br />

Schwerpunkte und<br />

Forschungskonzept<br />

IV<br />

Identifikation von<br />

Forschungsfragen<br />

Explorative Studie:<br />

• Interviews mit Vertriebspartnern<br />

• Interviews mit Vertriebsverantwortlichen<br />

aus der Zentrale<br />

Literatur- und Dokumentenanalyse<br />

Quantitativ-empirische<br />

VIa Studie:<br />

• Standardisierte,<br />

schriftliche Befragung<br />

• Befragte: Vertriebspartner<br />

von Schweizer<br />

Herstellern in Europa<br />

Qualitativ-empirische<br />

VIIa<br />

Studien:<br />

• Fallstudien in der<br />

internationalen<br />

Vertriebsorganisation<br />

von BASF, Gallus Ferd.<br />

Rüesch, Leica Microsystems,<br />

Nanosurf<br />

Austausch mit Praktikern: Diskussion von Zwischenergebnissen<br />

Analyse und<br />

VIb Interpretation<br />

• Deskriptive, explorative<br />

und konfirmatorische<br />

Verfahren der<br />

Datenanalyse<br />

Analyse und<br />

VIIb<br />

Interpretation<br />

• Qualitative und<br />

quantitative Analysen<br />

• Diskussion der<br />

Interpretationen mit<br />

Vertretern der<br />

Unternehmen<br />

März 2002 Zeitachse<br />

Mai 2005<br />

Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden<br />

Um der Komplexität der Beziehungen zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />

gerecht zu werden, wird eine Kombination verschiedener quantitativer und qualitativer<br />

empirischer Methoden („VIa“, „VIIa“) angewandt (s. Jick 1979, S. 602; Aaker et al.<br />

2001, S. 212 f.). Eine quantitativ-empirische Untersuchung („VIa“) liefert einen unternehmensübergreifenden<br />

Überblick, zeigt Schwerpunkte und bildet die Basis, um sich<br />

mit statistischen Verfahren der Problemstellung zu nähern (Aaker et al. 2001, S. 213;<br />

s. Absatz 2.4.2.2, S. 39). Die qualitativen Untersuchungen („VIIa“) hingegen dienen<br />

der tiefen inhaltlichen Durchdringung, die auf der Betrachtung des Einzelfalles beruht<br />

(s. Jick 1979, S. 603 f.; Belz 1993, S. 5; s. Absatz 2.4.2.3, S. 46). Aus der kritischen<br />

Reflexion und dem Vergleich von Ergebnissen quantitativer und qualitativer Teiluntersuchungen<br />

(„VIb“, „VIIb“) können weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.<br />

Die „Triangulation“ als Kombination von verschiedenen Methoden kann es zum<br />

einen ermöglichen, tiefer in das untersuchte Phänomen einzudringen, neue Dimensionen<br />

zu identifizieren und eine umfassendere, ganzheitlichere Erklärung zu liefern (Jick<br />

1979, S. 604; Bonoma 1985, S. 204; Downey/Ireland 1979, S. 630). Zum anderen<br />

kann der Einfluss einzelner Methoden auf das Untersuchungsergebnis herausgestellt<br />

werden (Jick 1979, S. 602). Jick (1979, S. 602) fordert deshalb, Transparenz über das<br />

methodische Vorgehen zu schaffen und genügend Details zu den einzelnen Instrumenten<br />

zu liefern. Dem soll in dieser Arbeit Folge geleistet werden.<br />

VIII<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse


36<br />

Kapitel 2<br />

Die Forschungsfragen im Rahmen dieser Arbeit umfassen nicht allein beschreibende<br />

und erklärende Elemente, sondern sind ebenso auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen<br />

gerichtet (s. Abschnitt 1.3). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ergebnisse<br />

kontinuierlich in Gesprächen mit Praktikern zu diskutieren, um mögliche Lösungen<br />

abzuleiten. Abbildung 2-11 (S. 35) zeigt die Elemente des Forschungsprozesses<br />

und deren zeitliche Abfolge.<br />

In dieser Arbeit werden, wie bereits weiter oben erwähnt, fortlaufend Ergebnisse der<br />

verschiedenen qualitativen und quantitativen Teiluntersuchungen eingearbeitet. Um<br />

die von Jick (1979, S. 602) geforderte Transparenz herzustellen und eine eindeutige<br />

Zurückführung von Forschungsergebnissen auf die einzelnen Teiluntersuchungen zu<br />

erleichtern, werden die Teiluntersuchungen bereits an dieser Stelle überblicksartig vorweg<br />

gestellt und benannt (s. Tabelle 2-3). Inhaltliche Details zu den einzelnen Teiluntersuchungen<br />

und ihre Einordnung in die Phasen des Forschungsprozesses finden sich<br />

im folgenden Absatz 2.4.2 (S. 37 ff.).<br />

Name der<br />

Teilstudie<br />

„Explorative<br />

Interviews“<br />

„Geschäftsberichts-<br />

analyse I“<br />

„Geschäftsberichtsanalyse<br />

II“<br />

Phase<br />

II<br />

und<br />

III<br />

I und<br />

VIa<br />

I und<br />

VIa<br />

„Pretest 2003“ VIa<br />

„Vertriebsbefragung<br />

2004“<br />

„Befragung<br />

Leica I“<br />

„Befragung<br />

Leica II“<br />

„Befragung<br />

Nanosurf I“<br />

„Befragung<br />

Nanosurf II“<br />

„Befragung<br />

Gallus I“<br />

VIa<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

Methodik<br />

45 teilstrukturierte Einzelinterviews<br />

mit Mitarbeitern internationaler<br />

Vertriebsorganisationen<br />

Analyse der Geschäftsberichte zum<br />

Berichtsjahr 2002<br />

Analyse der Geschäftsberichte zum<br />

Berichtsjahr 2003<br />

Standardisierte Befragung der Vertriebspartner<br />

eines internationalen<br />

Kunststoffherstellers (n=21),<br />

Qualitative Beurteilung durch<br />

Expertenteam (n=7)<br />

Standardisierte Befragung europäischer<br />

Vertriebspartner Schweizer<br />

<strong>Industriegüter</strong>hersteller (n=240)<br />

Vier teilstrukturierte Einzel- und<br />

Gruppeninterviews mit Vertriebs-,<br />

Geschäftsleitung und Distributoren<br />

Standardisierte Befragung interna-<br />

tionaler Distributoren (n=54)<br />

Fünf teilstrukturierte Einzel- und<br />

Gruppeninterviews mit Vertriebsund<br />

Geschäftsleitung<br />

Standardisierte Befragung interna-<br />

tionaler Distributoren (n=13)<br />

Vier teilstrukturierte Gruppen- und<br />

Einzelinterviews mit Marketing-<br />

und Vertriebsleitung<br />

Erhebungszeitraum<br />

2002 bis<br />

2004<br />

2003<br />

Weitere<br />

Informationen<br />

Absatz 2.4.2.1,<br />

S. 37 ff.;<br />

Anhang A, S. 346 ff.<br />

Absatz 2.4.2.2, S. 39 f.;<br />

Abbildung 2-12, S. 41;<br />

Anhang B - 1, S. 349<br />

2004 Abbildung 2-2, S. 12<br />

2003 Absatz 2.4.2.2, S. 41<br />

2004<br />

2004<br />

Absatz 2.4.2.2,<br />

S. 39 ff.;<br />

Anhang F - 1, S. 362<br />

Tabelle 2-6, S. 47;<br />

Anhang J, S. 374 ff.<br />

2004 Tabelle 2-6, S. 47<br />

2003<br />

Tabelle 2-7, S. 48;<br />

Anhang J, S. 374 ff.<br />

2003 Tabelle 2-7, S. 48<br />

2004<br />

Tabelle 2-7, S. 48;<br />

Anhang J, S. 374 ff.


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 37<br />

„Befragung<br />

Gallus II“<br />

„Befragung<br />

BASF I“<br />

„Befragung<br />

BASF II“<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

VIIa<br />

Standardisierte Befragung internationaler<br />

Vertriebs- und Service-<br />

einheiten (n=61)<br />

Dreizehn teilstrukturierte Einzel-<br />

und Gruppeninterviews in der<br />

europäischen Vertriebsorganisation<br />

Sechs Einzel- und Gruppeninterviews<br />

in der regionalen Divisionsund<br />

Business-Unit-Leitung<br />

2004 Tabelle 2-7, S. 48<br />

2004<br />

2004<br />

Tabelle 2-3: Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess<br />

2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses<br />

2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte<br />

Tabelle 2-7, S. 48;<br />

Anhang J, S. 374 ff.<br />

Tabelle 2-7, S. 48;<br />

Anhang J, S. 374 ff.<br />

Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes war die Kenntnis darüber, dass die Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und Vertriebspartnern aus den verschiedenen<br />

Blickwinkeln häufig unbefriedigend ist sowie das inhaltliche Interesse des Autors<br />

an dieser Problematik.<br />

Literatur-, Dokumentenanalysen und Experteninterviews schärften das Verständnis<br />

des Autors in dieser ersten Phase ebenso wie eine erhöhe Aufmerksamkeit gegenüber<br />

der Tagespresse, bei Wirtschaftsnachrichten und in privaten Unterhaltungen (s.<br />

Bonoma 1985, S. 204). In einer explorativen Phase hat der Autor die Zusammenarbeit<br />

zwischen Herstellern und Vertriebspartnern verschiedener <strong>Industriegüter</strong>branchen aus<br />

den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten untersucht. Hierzu wurden 45 teilstrukturierte<br />

Interviews (s. Aaker et al. 2001, S. 187 f.; Kepper 2001, S. 165 f.) mit<br />

Praktikern geführt, die über Expertenwissen zum internationalen Vertrieb verfügen (s.<br />

Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346). Dazu gehören insbesondere<br />

Vertriebsleiter aus der Zentrale und Vertriebsverantwortliche aus Tochtergesellschaften<br />

und Vertretungen, so z. B. lokale Geschäftsführer und lokale Vertriebsleiter.<br />

Die Interviews wurden in deutscher und englischer Sprache durchgeführt (s.<br />

Aaker et al. 2001, S. 190).<br />

Auf die qualitative Befragung von Mitarbeitern aus Kundenunternehmen wurde ausdrücklich<br />

verzichtet. Der Grund da<strong>für</strong> liegt in der Kluft zwischen der Wahrnehmung<br />

und dem Wissen des Kunden. Denn obwohl der Kunde und dessen Wahrnehmung die<br />

Bezugspunkte <strong>für</strong> sämtliche Anstrengungen des Unternehmens darstellen, kennt der<br />

Kunde die Gründe <strong>für</strong> eine ungenügende Leistungsqualität kaum. So kann ein Kunde<br />

z. B. zwar wahrnehmen, dass ein Liefertermin nicht eingehalten wird. Die Ursachen<br />

dessen entziehen sich jedoch meist seiner Beurteilung. Vertriebspartner unterstreichen,


38<br />

Kapitel 2<br />

dass sie auf keinen Fall interne Konflikte gegenüber dem Kunden durchscheinen lassen,<br />

da hierdurch das Vertrauen des Kunden in ihre Kompetenz und die Professionalität<br />

des Anbieters leiden würde (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um die<br />

Auswirkungen der Qualität der Zusammenarbeit auf die Leistung am Markt zu untersuchen,<br />

war daher die Befragung von Vertriebspartnern und Herstellern einer Kundenbefragung<br />

vorzuziehen.<br />

Den Interviewten wurde jeweils einige Tage vor dem Gespräch zur Vorbereitung ein<br />

Gesprächsleitfaden zugeschickt. Die Gespräche wurden persönlich oder telefonisch<br />

geführt. Jeweils wenige Tage danach erhielten die Befragten ein Gesprächsprotokoll<br />

zugesandt. Sämtliche Interviewinhalte, die in diese Arbeit einbezogen wurden, beziehen<br />

sich auf die von den Gesprächspartnern korrigierten und ergänzten Protokolle.<br />

Bei einigen Unternehmen gelang eine dyadische Betrachtung der Zusammenarbeit<br />

durch die Befragung von Mitgliedern der Zentrale und der Vertriebspartner. Es zeigte<br />

sich jedoch, dass die Auskunftsfreudigkeit bei den Vertriebspartnern dabei geringer<br />

ausfiel, als bei Befragungen unabhängiger Gesprächspartner. Tabelle 2-4 zeigt Fragenkreise<br />

(s. Belz 1989, S. 526) der explorativen Einzelinterviews.<br />

1. Bedeutung des internationalen Vertriebs<br />

Inhalte: Umsatzbedeutung, Wachstum, Länderpräsenz, Erfahrungen, Zukunftspläne.<br />

2. Organisatorische Gestaltung des internationalen Vertriebs<br />

Inhalte: Zentrale-dezentrale Aufgabenteilung, Kennzahlen zur Beurteilung internationaler Vertriebspartner,<br />

Unterstützung und Freiräume durch die Zentrale, erforderliche Kompetenzen von Vertriebspartnern<br />

und Zentrale, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Vertretungen und Tochtergesellschaften.<br />

3. Probleme und Herausforderungen in der Zusammenarbeit<br />

Inhalte: Kritische Themen in der Zusammenarbeit, Ursachen von Unzufriedenheit und Konflikten,<br />

Anforderungen der Zentrale und Anforderungen der Vertriebspartner, Interessenunterschiede, räumliche<br />

Trennung, Ursachen <strong>für</strong> die Trennung von Vertriebsbeziehungen.<br />

4. Konsequenzen einer unbefriedigenden Zusammenarbeit<br />

Inhalte: Bedeutung und Wahrnehmung durch den Kunden, interne Effizienz, interne Blockaden, Kundenabwanderung<br />

und Wettbewerbsnachteile, emotionale Konsequenzen, finanzielle Konsequenzen,<br />

Qualität der Leistung <strong>für</strong> den Kunden.<br />

5. Lokale Situationen und deren Berücksichtigung<br />

Inhalte: Unterschiede in lokalen Situationen, charakteristische „Typen“ von Vertriebspartnern, Unterschiede<br />

in benötigtem Support, Fit zwischen Gestaltung der Zentrale und Situation, Subjektivität der<br />

Situationseinschätzung.<br />

6. Innovative Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 39<br />

Inhalte: Zentraler und lokaler Umgang mit Konflikten, Anpassungen der Aufbau- und Prozessorganisation,<br />

kultureller Umgang, Führungsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Sanktionen, Information und<br />

Kommunikation, Mitarbeiterentwicklung und Einstellungspolitik, Programme und Projekte zur Verbesserung<br />

der Zusammenarbeit.<br />

Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews<br />

Als zentrales Ergebnis der Exploration konnten die in Abschnitt 1.3 (S. 6 ff.) genannten<br />

Forschungsfragen konkretisiert werden. Ebenso konnten Strukturierungen vorgenommen<br />

(s. Belz 1993, S. 8) und konzeptionelle Schwerpunkte gesetzt werden, wie<br />

z. B. die Fokussierung auf den lokalen Blickwinkel. Zur Beantwortung der Forschungsfragen<br />

hat der Autor ein Konzept gewählt, das einen an die Exploration anschliessenden,<br />

integrierten Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden vorsieht (s.<br />

Aaker et al. 2001, S. 213). Details zu den eingesetzten Methoden werden in den folgenden<br />

Absätzen 2.4.2.2 und 2.4.2.3 erläutert.<br />

2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion<br />

Eine grundsätzliche Entscheidung im Rahmen jeder empirischen Untersuchung stellt<br />

die Auswahl einer speziellen Datenerhebungsmethode dar (Homburg 2000, S. 81).<br />

Diese ist wiederum von der Zielsetzung der Untersuchung abhängig. Im Rahmen dieser<br />

Arbeit sollen sowohl Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen der Zusammenarbeit<br />

entdeckt (exploratives Vorgehen) und andererseits vermutete Zusammenhänge<br />

überprüft (konfirmatorisches Vorgehen) werden. Um quantitative Auswertungsverfahren<br />

(z. B. die Faktorenanalyse) zur Datenanalyse verwenden zu können,<br />

bestand die Notwendigkeit, eine grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf<br />

die standardisierte schriftliche Befragung zurückgegriffen (s. Homburg 2000, S. 81;<br />

Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Im Folgenden wird das Vorgehen bei Planung, Durchführung und Ergebniskontrolle<br />

der Datenerhebung im Rahmen der quantitativ-empirischen Studie detailliert dargestellt<br />

und erläutert.<br />

Stichprobenbildung und Gewinnung von Adressdaten<br />

Zur Beantwortung der Forschungsfragen hinsichtlich der lokalen Situation, der Beurteilung<br />

der Zusammenarbeit und der Eignung von Massnahmen sollten nicht Entscheidungsträger<br />

aus der Zentrale, sondern die internationalen Vertriebspartner befragt werden.<br />

Deshalb schien es vorteilhaft, Schlüsselinformanten („key informants“) in der<br />

Organisation der Vertriebspartner zu identifizieren und zu befragen (Homburg 2000,


40<br />

Kapitel 2<br />

S. 82; Kumar et al. 1993, S. 1634), von denen angenommen werden konnte, dass sie<br />

Wissensträger in Bezug auf die untersuchten Inhalte sind und die Bereitschaft besitzen,<br />

ihr Wissen mitzuteilen (Kumar et al. 1993, S. 1634). Für die Untersuchung musste<br />

also eine Person in der lokalen Organisation des Vertriebspartners gefunden werden,<br />

die <strong>für</strong> Vertriebsaufgaben verantwortlich und an der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen<br />

insoweit beteiligt ist, dass sie zu deren Beurteilung fähig ist. Das gilt<br />

aus Sicht des Autors insbesondere <strong>für</strong> Geschäftsführer sowie Vertriebs- und Marketingleiter<br />

der lokalen Vertriebsorganisation.<br />

Branchenmässig wurde ein Schwerpunkt auf die Maschinenbau-, Metall- und Elektroindustrie<br />

gesetzt, die nach der gängigen NACE-Klassifizierung der Wirtschaftszweige<br />

abgegrenzt wurde und im konkreten Fall die Klassen 27, 28, 29, 31, 34 und 35 beinhaltet<br />

(s. Statistisches Bundesamt 2002). Die Information darüber, welche organisatorische<br />

Einheit eines Unternehmens als Zentrale fungiert und welche Einheit dezentrale<br />

Vertriebsaufgaben übernimmt, ist „von aussen“ nicht sichtbar und auch in möglichen<br />

Adressdatenbanken (z. B. Hoppenstedt, WLW, Schober etc.) und Mitgliedsdatenbanken<br />

von Branchenverbänden nicht verfügbar. Die Möglichkeit der Konzentration auf<br />

einen Ländermarkt und der Befragung aller zur Branche gehörigen Vertriebspartner in<br />

diesem Ländermarkt scheitert also an der Zugänglichkeit des Adressmaterials. Zur Adressbeschaffung<br />

wurde deshalb der Weg über die Hersteller gewählt, der in der Organisationsforschung<br />

häufig <strong>für</strong> verwandte Problemstellungen beschritten wird (z. B.<br />

Oliver/Anderson 1994; Futrell/Parasuraman 1984; Ruekert/Churchill Jr. 1984).<br />

Aufgrund der geografischen und persönlichen Nähe der Forschungsinstitution bot es<br />

sich an, den Fokus auf Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller zu legen. Dabei wurden<br />

durch eine Geschäftsberichtsanalyse die nach ihrem Umsatz im Jahr 2002 grössten<br />

zwanzig börsennotierten <strong>Industriegüter</strong>hersteller ermittelt und in die Untersuchung<br />

einbezogen (s. Abbildung 2-12, S. 41).<br />

In einem nächsten Schritt wurden sowohl durch Ansprechpartner, die auf Divisions-<br />

Ebene in den Herstellerunternehmen bestanden, als auch durch Internet- und Datenbankrecherchen<br />

geeignete Ansprechpartner bei Vertriebspartnern ermittelt. Um die<br />

Komplexität und den Aufwand weiter zu reduzieren, beschränkt sich die Untersuchung<br />

auf europäische Vertriebspartner. Diese Fokussierung bietet sich insofern an,<br />

weil die Herstellerunternehmen den Geschäftsberichten zufolge im Jahr 2002 durchschnittlich<br />

62 Prozent ihres Umsatzes in Europa erzielen und die europäische Vertriebsregion<br />

somit als die mit Abstand bedeutendste gesehen werden kann (s. Anhang<br />

B - 1, S. 349). Zur europäischen Vertriebsregion zählen in dieser Arbeit sämtliche


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 41<br />

Länder, die auch von den Herstellern zur Region gehörig behandelt werden, so z. B.<br />

auch die Türkei und Russland. Insgesamt konnten die Kontaktdaten von 1'834 Ansprechpartnern<br />

in europäischen Vertriebseinheiten ermittelt werden, die als Datengrundlage<br />

<strong>für</strong> das weitere Vorgehen dienten (s. Anhang E - 1, S. 361).<br />

ABB<br />

Unternehmen<br />

Schindler<br />

Georg Fischer<br />

Rieter<br />

SIG<br />

Saurer<br />

Mettler Toledo<br />

Sulzer<br />

Unaxis<br />

Bucher Industries<br />

Umsatz 1)<br />

2002<br />

Mitarbeiter<br />

2002<br />

EBIT 1)<br />

2002<br />

31’008 2) 139’051 666 2)<br />

7’888 40’478 498<br />

3’417 13’737 80<br />

2’976 12’983 201<br />

2’834 3) 9’402 94 3)<br />

2’490 10’760 101<br />

2’057 2) 8’500 264 2)<br />

1’946 9’113 136<br />

1’490 6’544 -6<br />

1’481 5’994 34<br />

Unternehmen<br />

Endress+Hauser<br />

Agie-Charmilles<br />

Umsatz 1)<br />

2002<br />

Mitarbeiter<br />

2002<br />

1’351 6’290 54<br />

1’213 3’844 -152<br />

1’067 5’905 74<br />

1’010 3’275 23<br />

1’006 4’544 64<br />

909 2’831 35<br />

790 2’887 -38<br />

756 1’740 32<br />

550 2’034 18<br />

1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD, 3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR<br />

Bühler<br />

Von Roll<br />

Ruag<br />

Conzzeta<br />

Leica Geosystems<br />

WMH<br />

Kardex Remstar<br />

EBIT 1)<br />

2002<br />

Bobst 1’478 5’062 122<br />

Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr 2002<br />

(Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Konzeption und Pretest des Fragebogens<br />

Auf Basis der in Absatz 2.4.2.1 (S. 37 ff.) beschriebenen explorativen Phase wurde ein<br />

englischsprachiger Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) konzipiert. Die englische Sprache<br />

schien im Kontext der Befragung gleichsam sinnvoll wie unproblematisch zu sein,<br />

da sie nach Angabe der Unternehmen die dominante Sprache im Schriftverkehr darstellt.<br />

Verzichtet wurde auf die „Translation-Backtranslation-Methode“ kombiniert mit<br />

einer Befragung in Landessprache, da sie aus ökonomischen Gründen eine weitere<br />

Eingrenzung der betrachteten Ländermärkte erforderlich gemacht hätte. Da aber gerade<br />

der Einfluss verschiedener lokaler Marktsituationen untersucht werden soll, musste<br />

ein solches Vorgehen abgelehnt werden.<br />

Der Fragebogen enthält vier Themenfelder. Diese beschäftigen sich mit Fragen zur<br />

• Person und Organisation des Befragten,<br />

• Lokalen Situation in Bezug auf Umwelt, Markt und Organisation,<br />

• Zufriedenheit und Einstellung des Befragten bezüglich der Zusammenarbeit mit<br />

dem Hersteller und


42<br />

• Koordination und Unterstützung durch den Hersteller.<br />

Kapitel 2<br />

Der Autor greift dabei insbesondere bei den latenten Variablen auf bestehende Messkonzepte<br />

zurück. Der Fragebogen wurde zweistufig getestet. In einem ersten Schritt<br />

wurde er von 21 dezentralen Marketing- und Vertriebsmanagern eines internationalen<br />

Kunststoffherstellers ausgefüllt, die gebeten wurden, alle Unklarheiten zu kennzeichnen<br />

(s. Pretest 2003, Tabelle 2-3, S. 37). Nach einer Überarbeitung wurde der zu diesem<br />

Zeitpunkt bereits 8-seitige Fragebogen (inklusive Deckblatt) noch einmal von einem<br />

siebenköpfigen Expertenteam begutachtet. Das Team bestand aus zwei Marketingwissenschaftlern,<br />

zwei zentralen Vertriebsleitern, zwei Niederlassungsleitern und<br />

einem Unternehmensberater. Neben einzelnen Formulierung wurde von drei Experten<br />

die Gesamtlänge des Fragebogens bemängelt, was aber aus inhaltlichen und methodischen<br />

Gründen nicht berücksichtigt wurde.<br />

Durchführung der Befragung und Rücklauf<br />

Am 27. Januar 2004 wurde an 1'458 Ansprechpersonen der insgesamt 1'834 Adresssätze<br />

eine E-Mail versendet, um die Befragung anzukündigen (s. Anhang C - 1, S.<br />

350). Bei den verbleibenden 376 Adressen war nicht die persönliche E-Mailadresse<br />

sondern ausschliesslich die postalische Anschrift bekannt, jedoch wurde keine postalische<br />

Ankündigung verschickt (s. Anhang E, S. 361). Die Ankündigung via E-Mail<br />

hatte zwei wesentliche Funktionen: Zum einen konnten fehlerhafte Adressen identifiziert<br />

und aus dem Datensatz entfernt werden (302 Adressen). Zum anderen konnten zu<br />

diesem Zeitpunkt bereits Ansprechpartner aus dem Datensatz gestrichen werden, die<br />

entweder eine Teilnahme verweigerten oder sich selbst als ungeeignete Ansprechpartner<br />

bezeichneten (93 Adressen; s. Anhang E, S. 361). Dies führte zu 1'063 brauchbaren<br />

E-Mailadressen. Zieht man bei den 376 postalischen Adressen solche ab, die sich<br />

als falsch herausgestellt haben oder deren Besitzer die Teilnahme verweigerten (56),<br />

so bleiben 320 brauchbare postalische Adressdatensätze.<br />

Am 4. Februar 2004 wurde an alle 1'383 verbleibenden Adresssätze der standardisierte<br />

Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) versandt, im Fall der E-Mailkontakte als Adobepdf-Dokument,<br />

bei den postalischen Adressen in Papierform. Dem Fragebogen war in<br />

beiden Fällen ein personalisiertes Anschreiben vorangestellt worden, in dem der Autor<br />

selbst um die Mithilfe bei der Doktorarbeit bat (s. Anhang C - 2, S. 351). Als Anreiz,<br />

sich an der Studie zu beteiligen, wurde den Ansprechpartnern die Teilnahme an einer<br />

Buchverlosung und ein Management Summary mit den Ergebnissen der Studie in<br />

Aussicht gestellt (s. Larson/Chow 2003). Am 28. Februar 2004 wurde ein von


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 43<br />

Erdogan/Baker (2002, S. 71) empfohlenes „Original Replacement Follow-up“ vorgenommen,<br />

indem an beide Adressengruppen via E-Mail und postalisch ein „Reminder“<br />

versendet wurde, dem ebenfalls ein personalisiertes Schreiben vorangestellt und ein<br />

Fragebogen beigefügt worden war. Insgesamt konnte damit ein Rücklauf von 247 Fragebögen<br />

erzielt werden, was einer effektiven Rücklaufquote von 17.9 Prozent entspricht,<br />

die als zufrieden stellend betrachtet werden kann. Um eine Verzerrung der<br />

Ergebnisse zu vermeiden, wurden im Weiteren sieben Fragebögen ausgeschlossen, die<br />

auf ein inkonsistentes Antwortverhalten hindeuteten. Dies führte zu einem Nettoumfang<br />

der Stichprobe von 240 Fragebögen und einer bereinigten Rücklaufquote von<br />

17.4 Prozent.<br />

Stichprobenstruktur und Repräsentativität<br />

Über die Verteilung von statistischen Merkmalen wie z. B. Mitarbeiteranzahl oder<br />

Umsatzhöhe (s. Scheffler 2000, S. 61) in der Grundgesamtheit der Vertriebspartner<br />

Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller waren keine Daten zugänglich. Es gibt keine Verbandsorganisation,<br />

über die die Tochtergesellschaften und Vertretungen organisiert<br />

sind und die etwaige Informationen bereitstellen würde. Es stellt sich generell die Frage<br />

nach der Grundgesamtheit, auf deren Merkmalsverteilung Rückschlüsse gezogen<br />

werden sollen.<br />

In der vergleichenden Organisationsforschung, insbesondere im internationalen Kontext,<br />

ist die Schwierigkeit, die relevante Grundgesamtheit zu ermitteln, allerdings allgemein<br />

bekannt (Kieser 1999a, S. 183 f.). Obwohl die Annahme einer Zufallsauswahl<br />

deshalb streng genommen nicht erlaubt ist (s. Kieser 1999a, S. 183), wird sie in führenden<br />

Journalen der organisationalen Marketingforschung, z. B. dem Journal of Marketing,<br />

dem Journal of Marketing Research und dem Journal of Retailing weithin bei<br />

den verwendeten Analysemethoden unterstellt, allerdings häufig nicht thematisiert. In<br />

Ermangelung von Alternativen wird diesem Vorgehen Folge geleistet. Dennoch soll<br />

die Struktur der effektiven bereinigten Stichprobe aufgezeigt werden. Abbildung 2-13<br />

beschreibt die Stichprobe in ihrer Merkmalsstruktur bzgl. Ländergruppe, Vertriebsform,<br />

Grösse der lokalen Vertriebsorganisation und der Position des Befragten. Von<br />

entscheidender Bedeutung <strong>für</strong> die Beurteilung der Adäquanz der Stichprobe ist die<br />

Frage, ob in den Unternehmen die geeignete Ansprechperson gefunden wurde<br />

(Homburg 2000, S. 84 f.). Im vorliegenden Fall dominieren Geschäftsführer, Vertriebs-<br />

und Marketingleiter mit knapp 90 Prozent der Fälle. Hiermit ist offensichtlich,


44<br />

Kapitel 2<br />

dass die Zielsetzung, solche Manager zu befragen, die mit dezentralen Entscheidungen<br />

des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s betraut sind, erreicht wurde.<br />

Süd-Ost<br />

Europa<br />

Ost<br />

Europa<br />

Zentral<br />

Europa<br />

Süd-West<br />

Europa<br />

n = 240<br />

Nord<br />

Europa<br />

100%<br />

k. A. 7.5%<br />

8.3%<br />

13.8%<br />

40.8%<br />

14.2%<br />

15.4%<br />

Ländergruppen<br />

100%<br />

Herstellereigen<br />

76.7%<br />

Herstellerfremd<br />

23.3%<br />

Vertriebsform<br />

100%<br />

10.4%<br />

8.1%<br />

10.0%<br />

7.6%<br />

21.8%<br />

26.1%<br />

16.1%<br />

Grösse Vertriebsorganisation<br />

(Anzahl MA)<br />

41-400<br />

26-40<br />

16-25<br />

11-15<br />

Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Vertriebsbefragung 2004,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

6-10<br />

3-5<br />

1-2<br />

100% Sonstige<br />

5.5%<br />

1.2%<br />

Erfahrener Vertriebsmitarbeiter<br />

3.8%<br />

Produktmanager<br />

38.8%<br />

6.4%<br />

44.0%<br />

Position des<br />

Befragten<br />

Vertriebsleiter<br />

Marketing<br />

Manager<br />

Geschäftsführer<br />

Eine weitere Möglichkeit, Verzerrungen in der Stichprobe aufzudecken, liegt in der<br />

Betrachtung derjenigen Vertriebspartner, die nicht teilgenommen haben. Durch die<br />

Nachfassaktion konnten u. a. folgende Gründe <strong>für</strong> die Nichtbeantwortung aufgedeckt<br />

werden: Die Tochtergesellschaft hat keine Vertriebs-, sondern lediglich Produktionsfunktion,<br />

Vertraulichkeitsgründe, Insolvenz des Vertriebspartners oder das firmenweite<br />

Verbot, an Befragungen teilzunehmen. Durch die Nachfassaktion konnten noch<br />

einmal 81 Personen zu einer Teilnahme bewegt werden. Um Schlüsse dahingehend zu<br />

ziehen, ob sich die Personen in der effektiven Stichprobe in ihrer Struktur von denen<br />

unterscheiden, die nicht teilgenommen haben („Non-Response-Bias“), wird in der<br />

Marketingforschung häufig ein Vergleich zwischen den früh Antwortenden („Early<br />

Respondents“) und den spät Antwortenden („Late Respondents“) vorgenommen (s.<br />

Armstrong/Overton 1977). Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die „Late Respondents“<br />

den „Non Respondents“ ähnlicher sind als denjenigen, die unverzüglich geantwortet<br />

haben („Early Respondents“). Diese Prämisse ist vor allem dann plausibel,<br />

wenn es sich bei den Late Respondents um diejenigen Unternehmen handelt, die ohne<br />

Nachfassaktion nicht geantwortet hätten (Luthardt 2003, S. 141). Unterschiede zwischen<br />

den Early Respondents und den Late Respondents lassen auf eine Verzerrung<br />

der Stichprobe schliessen (Armstrong/Overton 1977, S. 399). Um im vorliegenden<br />

Fall eine klare Abgrenzung zwischen den Early Respondents und den Late Respondents<br />

vorzunehmen, werden zu letzterer Gruppe diejenigen 81 Teilnehmer gezählt, die


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 45<br />

erst durch die Nachfassaktion zur Teilnahme bewegt werden konnten. Zur Gruppe der<br />

Early Respondents werden die ersten 81 Antworter gezählt, um eine möglichst gleiche<br />

Gruppengrösse zu erzielen. Anhand von t-Tests <strong>für</strong> zwei unabhängige Stichproben<br />

wurden nun die Mittelwerte der im Fragebogen enthaltenen Variablen zwischen den<br />

beiden Gruppen verglichen.<br />

Levene-Test der<br />

t-Test <strong>für</strong> die<br />

Varianzgleichheit<br />

Mittelwertgleichheit<br />

Test bei unabhängigen Stichproben F Signifi- t df Signifikanz<br />

kanz<br />

(2-seitig)<br />

Lokaler Jahresumsatz .028 .868 .047 123 .963<br />

Lokaler Markterfolg (Multi-Item) .018 .895 -.960 158 .339<br />

Lokale Verkaufsleistung (Multi-Item) .526 .469 -.968 158 .334<br />

Wahrgenommene Unsicherheit des<br />

lokalen Umfelds (Multi-Item)<br />

.505 .478 .434 158 .665<br />

Dauer der Beziehung mit dem Hersteller<br />

Geografische Entfernung zum Hersteller<br />

(Reisezeit)<br />

Ausmass an Konflikten mit dem Hersteller<br />

(Multi-Item)<br />

Gesamtzufriedenheit mit der Zusammenarbeit<br />

(Multi-Item)<br />

1.906 .170 1.031 140 .305<br />

2.860 .093 -1.806 137 .073<br />

.869 .353 .430 158 .668<br />

.933 .335 -.048 158 .962<br />

Tabelle 2-5: Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“ und<br />

„Late Respondents“<br />

Tabelle 2-5 zeigt die Ergebnisse der durchgeführten Analyse <strong>für</strong> ausgewählte Variablen.<br />

Es wurden insbesondere Multi-Item Variablen einbezogen, die <strong>für</strong> verschiedene<br />

Analysen in der vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle einnehmen (s. Anhang G, S.<br />

363 ff.). Es wird deutlich, dass die Nullhypothese („Es bestehen keine Mittelwertunterschiede<br />

zwischen der Gruppe der ‚Early Respondents’ und der Gruppe der ‚Late<br />

Respondents’“) auf einem Signifikanzniveau von fünf Prozent nicht verworfen werden<br />

kann. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse des Levene-Tests, dass zwischen den beiden<br />

Teilstichproben auch keine signifikanten Unterschiede (auf dem 5-Prozent-Niveau) in<br />

den Varianzen der betrachteten Variablen bestehen. Auf dieser Basis kann davon ausgegangen<br />

werden, dass im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung<br />

eines Non-Response-Bias vernachlässigt werden kann.


46<br />

2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien<br />

Kapitel 2<br />

Nach Belz (1993, S. 5) muss sich empirische Forschung stärker mit den komplexen<br />

Situationen in einzelnen Unternehmen und Märkten beschäftigen. Es ist ergiebiger<br />

Einzelfälle gründlich und kritisch zu diagnostizieren als mit grossen Stichproben nur<br />

kleine und standardisierte Ausschnitte der Wirklichkeit zu erfassen (Belz 1993, S. 5).<br />

Downey/Ireland (1979, S. 630) betonen, dass qualitative Daten eine besonders hohe<br />

Eignung aufweisen, um die organisationale Umwelt zu untersuchen. Eine qualitative<br />

Studie konkreter Fälle unterstützt deshalb insbesondere die situative Betrachtung, da<br />

die Variablen erfasst werden können, die z. B. Marketingsituationen bei Vertriebspartnern<br />

unterscheiden oder verbinden (Belz 1985, S. 8). Im Folgenden wird zunächst die<br />

Bedeutung der Fallstudienforschung <strong>für</strong> die vorliegende Arbeit erörtert, um anschliessend<br />

einen kurzen Überblick zu den Fällen und konkret eingesetzten Methoden zu geben.<br />

Im Rahmen der Fallstudien wird jeweils eine Kombination verschiedener Methoden<br />

der Datenerhebung eingesetzt.<br />

Bedeutung der Fallstudienforschung <strong>für</strong> die Arbeit<br />

Die Fallstudie hat als Lehr- und als Forschungs-Instrument (s. Bonoma 1985, S.<br />

204 f.; Backhaus/Plinke 1977, S. 615) <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung eine besondere<br />

Bedeutung. Die didaktische Bedeutung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es aus<br />

Sicht der Marketingpraxis oft zielführender ist, Marketinglösungen aus konkreten Fällen<br />

in andere Situationen zu übertragen, als etwas aus allgemeinen Empfehlungen abzuleiten<br />

(Belz 1985, S. 8 f.; Belz 1993, S. 5). Deshalb werden in dieser Arbeit zu didaktischen<br />

Zwecken auch fortlaufend Fallbeispiele eingesetzt, die allerdings nicht wie<br />

Fallstudien zur Gewinnung von Erkenntnissen dienen, sondern Erkenntnisse verdeutlichen<br />

(Bonoma 1985, S. 203 f.).<br />

Als Forschungsinstrument kann die Fallstudie wichtige Beiträge leisten, um die Forschungsfragen<br />

zu beantworten (Backhaus/Plinke 1977, S. 617 f.). Die komplexe Kette<br />

vom Hersteller über den Vertriebspartner bis zum Kunden ist nur mit viel Aufwand<br />

und, wenn überhaupt, allenfalls sehr eingeschränkt quantitativ zu untersuchen. Die<br />

standardisierte schriftliche quantitativ-empirische Untersuchung im Rahmen dieser<br />

Arbeit ermöglicht eine Querschnittsbetrachtung über Märkte und Unternehmen hinweg<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Für eine Betrachtung hingegen,<br />

die verschiedene vertikale Stufen und Abteilungen einbezieht, scheint ein fallbezogenes<br />

Vorgehen geeigneter. Mit der Betrachtung der Vertriebsorganisation einzelner<br />

Herstellerunternehmen kann die quantitativ-empirische Untersuchung dieser Arbeit


Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 47<br />

deshalb um wichtige Perspektiven ergänzt werden (s. Belz 1993, S. 8 f.; Bonoma<br />

1985, S. 202 f.). Im Fallstudienansatz werden dazu verschiedene qualitative Instrumente<br />

kombiniert eingesetzt (Belz 1993, S. 9; Bonoma 1985, S. 204), um grundlegende<br />

Zusammenhänge zwischen Situationen, Zufriedenheit und Lösungen zu ermitteln<br />

und aus verschiedenen Blickwinkeln zu reflektieren (Belz 1985, S. 8). Darüber hinaus<br />

bieten die Fallstudien ein vertiefendes Verständnis <strong>für</strong> konkrete Handlungsempfehlungen<br />

und <strong>für</strong> deren situative Eignung (Belz 1991, S. 9; Belz 1985, S. 10; Tomczak<br />

1991, S. 32).<br />

Erhebungsmethoden bei den verwendeten Fällen<br />

In der vorliegenden Arbeit werden die internationalen Vertriebsorganisationen der vier<br />

Unternehmen „Leica Microsystems“, „BASF AG (RBU FCE)“, „Gallus Ferd. Rüesch<br />

AG“ und „Nanosurf AG“ als Fallstudien einer tieferen Betrachtung unterzogen. Die<br />

Untersuchungsziele sind bei den einzelnen Fällen verschieden, woraus Unterschiede<br />

im Vorgehen und bei den Betrachtungsschwerpunkten resultieren (Bonoma 1985, S.<br />

205).<br />

Der Fall „Leica Microsystems“ wird herangezogen, um die in Forschungsfrage 1 aufgeworfene<br />

Relevanz des dezentralen Blickwinkels zu durchleuchten. Dabei kommen<br />

verschiedene Forschungsinstrumente zum Einsatz, um eine möglichst vollständige<br />

Triangulation zu ermöglichen (Jick 1979, S. 602 ff.). Tabelle 2-6 zeigt die Vorgehensweise<br />

bei der Datenerhebung im Fall Leica, der im Abschnitt 3.3 (S. 72 ff.) dargestellt<br />

ist.<br />

Leica Microsystems AG<br />

Wetzlar, Deutschland<br />

Fokus: Weltweites Netz von Distributoren<br />

Instrumente: • 4 Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs- und Geschäftsleitung,<br />

• Einzelinterviews mit Distributoren,<br />

• Standardisierte schriftliche Befragung (n=54),<br />

• Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting,<br />

• Desk Research.<br />

Befragte: Internationale Distributoren, Vertriebs- und Geschäftsleitung<br />

Inhalte: Zeitverwendung der Aussendienstmitarbeiter, Beurteilung der Zusammenarbeit<br />

aus Distributorensicht, Unterstützungsleistungen <strong>für</strong> Distributoren, Gestaltungsansätze<br />

aus Herstellersicht, Gestaltungsvorschläge aus Sicht der Distributoren.<br />

Zeitraum: März bis September 2004<br />

Tabelle 2-6: Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems<br />

Bei den Fallstudien „BASF AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ soll<br />

hingegen das Zusammenspiel von Determinanten und Gestaltung der Zusammenarbeit<br />

näher untersucht werden, um dazu beizutragen, die Forschungsfragen 2 und 3 zu be-


48<br />

Kapitel 2<br />

antworten. Tabelle 2-7 (S. 48) gibt einen Überblick zur Methodik der Datenerhebung<br />

<strong>für</strong> die Erstellung der drei Fallstudien. Um die konzeptionellen Überlegungen und<br />

quantitativ-empirischen Ergebnisse dieser Arbeit durch die Analyse der Fallstudien<br />

möglichst gründlich vertiefen zu können, werden letztere erst im abschliessenden Abschnitt<br />

6.5 (S. 259 ff.) dargestellt und diskutiert.<br />

Details<br />

zur Erhebung<br />

Nanosurf AG<br />

Liestal, Schweiz<br />

Fokus: Weltweites Netz von<br />

Distributoren<br />

Instru- • Fünf Einzel- und Grupmente:peninterviews<br />

mit Vertriebs-<br />

und Geschäftsleitung,<br />

• Einzelinterviews<br />

Distributoren,<br />

• Standardisierte schriftliche<br />

Befragung (n=13),<br />

• Teilnehmende Beobachtung<br />

am Distributorenmeeting,<br />

• Desk Research.<br />

Befragte: • Geschäfts- und Vertriebsleiter,<br />

• Agenten und Distributoren.<br />

Inhalte • Unterstützung inter-<br />

nationaler Distributoren,<br />

• Beurteilung und Vor-<br />

schläge der Distributoren,<br />

• Gestaltungsalternativen<br />

aus Herstellersicht.<br />

Gallus Ferd. Rüesch AG<br />

St. Gallen, Schweiz<br />

BASF AG, RBU FCE<br />

Ludwigshafen, Deutschland<br />

Weltweite Vertriebs- und RBU Fine Chemicals<br />

Serviceorganisation Europa, Afrika, West-Asien<br />

• Vier Einzel- und Grup- • Dreizehn Einzel- und<br />

peninterviews mit Marke- Gruppeninterviews in der<br />

ting- und Vertriebsleitung, Vertriebsorganisation,<br />

• Standardisierte schriftli- • Sechs Einzel- und<br />

che Befragung (n=61), Gruppeninterviews in der<br />

• Beobachtung und Analyse regionalen Divisions- und<br />

des elektronischen Business-Unit-Leitung,<br />

Schriftverkehrs,<br />

• Desk Research.<br />

• Desk Research.<br />

• Geschäftsführer,<br />

Vertriebsleiter, Leiterin<br />

Kommunikation,<br />

Produktmanager,<br />

• Unabhängige Agenten,<br />

• Leiter von Vertriebs-<br />

gesellschaften,<br />

• Vertriebsleiter der<br />

Heidelberger Vertriebs-<br />

organisation.<br />

• Unterstützung internationaler<br />

Vertriebspartner,<br />

• Beurteilung und<br />

Vorschläge durch<br />

Vertriebspartner,<br />

• Gestaltungsalternativen<br />

aus Herstellersicht.<br />

• Regionaler Divisionsleiter,<br />

• Regionaler Business-Unit-<br />

Leiter,<br />

• Head of Marketing, Head<br />

of Sales, Head of Sales &<br />

Supply,<br />

• Mitarbeiter technisches<br />

und kommerzielles Marketing,Innendienstmitarbeiter,<br />

• Aussendienstmitarbeiter.<br />

• Herausforderungen und<br />

Ziele der Organisation,<br />

• Aufgabenverteilung und<br />

benötigte Unterstützung,<br />

• Beurteilung der Zusammenarbeit,<br />

• Lösungsvorschläge <strong>für</strong><br />

Abläufe und Strukturen.<br />

Zeitraum: April bis Juli 2003 Januar bis August 2004 Februar bis September 2004<br />

Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 49<br />

3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner<br />

3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb<br />

3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele<br />

Die Frage nach der Relevanz der internen Zusammenarbeit und der Zufriedenheit von<br />

Vertriebspartnern mit dieser Zusammenarbeit ist gleichzeitig eine Frage nach den Wirkungen,<br />

die die Zusammenarbeit auf die verschiedenen Ziele besitzt, die ein Herstellerunternehmen<br />

im Marketing und Vertrieb verfolgt. Um die Frage der Relevanz zu<br />

beantworten, müssen deshalb zunächst die Ziele des Herstellers im Marketing und<br />

Vertrieb systematisiert und diskutiert werden (s. Abbildung 3-1). Für eine Gegenüberstellung<br />

von Zielen des Herstellers und des Handels bzw. der Tochtergesellschaften sei<br />

auf Steffenhagen (1975, S. 75) und Bakka (1986, S. 853) verwiesen.<br />

Die Ziele im Marketing und Vertrieb leiten sich grundsätzlich aus den Zielen des Gesamtunternehmens<br />

ab und sollen als Funktionalziele einen spezifischen Beitrag leisten,<br />

alle übergeordneten Unternehmensziele zu erreichen (Homburg/Krohmer 2003, S.<br />

344). Dabei können in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003, S. 345 f.) wirtschaftliche,<br />

effektivitäts- und potenzialbezogene Ziele unterschieden werden, die einander in<br />

umgekehrter Reihenfolge bedingen.<br />

Wirtschaftliche<br />

Ziele<br />

Effektivitätsbezogene<br />

Ziele<br />

Potenzialbezogene<br />

Ziele<br />

Marktbezogene<br />

Ziele<br />

Organisationsbezogene<br />

Ziele<br />

z. B. Umsatz, Vertriebskosten, Deckungsbeitrag, Gewinn,<br />

Umsatzrendite<br />

(oder nach Bezugsobjekt: z. B. Kunde, Produkt, Mitarbeiter)<br />

z. B. Absatz, Marktanteil,<br />

Kundenzahl und<br />

-loyalität, Kauffrequenz,<br />

Preisniveau<br />

z. B. Bekanntheitsgrad und<br />

Image des<br />

Unternehmens/Leistungsangebots,<br />

Einstellung der<br />

Kunden zum Unternehmen/<br />

Leistungsangebot,<br />

Kundenzufriedenheit<br />

Abbildung 3-1: Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens<br />

z. B. Mitarbeiterbindung,<br />

Innovativität, Prozesseffizienz,<br />

Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten,<br />

Einsatz beim Verkauf<br />

z. B. Zufriedenheit und<br />

Leistungsbereitschaft der<br />

Mitarbeiter, Vertrauen zum<br />

Hersteller, Verbundenheit mit<br />

dem Hersteller, Mitarbeitermotivation<br />

Potenzialbezogene Ziele sind solche Ziele, die dem Verhalten von Kunden und Mitarbeitern<br />

kausal vorgelagert sind und somit ein Potenzial <strong>für</strong> die Verkaufs- und Führungseffektivität<br />

in den Absatzmärkten und in der Vertriebsorganisation darstellen. So<br />

kann bspw. eine hohe Kundenzufriedenheit (potenzialbezogenes Ziel) zu höheren Ver-


50<br />

Kapitel 3<br />

käufen und einer höheren Kundenbindung führen (effektivitätsbezogene Ziele) (s.<br />

Homburg et al. 2003; Homburg et al. 1999). Hohe Zufriedenheit und Motivation von<br />

Mitarbeitern (potenzialbezogene Ziele) werden gemeinhin als Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

niedrige Fluktuation und hohen Einsatz beim Verkauf (effektivitätsbezogene Ziele)<br />

gesehen (s. Futrell/Parasuraman 1984; Homburg/Stock 2001).<br />

Effektivitätsbezogene Ziele beziehen sich auf die Realisierung des Potenzials und<br />

nicht wie potenzialbezogene Ziele auf dessen Bildung. Das realisierte Potenzial kann<br />

durch das tatsächliche Verhalten von Mitarbeitern und Kunden und dessen unmittelbare<br />

Resultate abgebildet werden. Realisierte Absatzmengen, der Marktanteil oder die<br />

Innovativität gehören bspw. zu den unmittelbaren Konsequenzen aus der Realisierung<br />

von kunden- und mitarbeiterbezogenen Potenzialen.<br />

Wirtschaftliche Zielgrössen im Vertrieb sind ökonomische Grössen der Kosten-, Umsatz-<br />

und Erlösstruktur. Sie sind monetärer Natur und hängen stark, wenn auch nicht<br />

ausschliesslich, vom Erreichen der Effektivitätsziele ab. So tragen hohe Marktanteile<br />

und ein hoher Einsatz der Verkaufsmitarbeiter dazu bei, dass die Umsatz-, Kostenund<br />

Ergebnisziele erreicht werden. Häufig werden wirtschaftliche Zielgrössen wie<br />

Umsätze oder Kosten nicht nur aggregiert, sondern auch nach Bezugsobjekten aufgeschlüsselt<br />

betrachtet, wie z. B. Umsätze pro Kunde, Verkaufsgebiet, Mitarbeiter oder<br />

Produktgruppe.<br />

Vereinfachend kann jede der drei Zielebenen dem Bezugsobjekt nach in markt- und<br />

organisationsbezogene Ziele unterteilt werden. Bei marktbezogenen Zielen ist das Bezugsobjekt<br />

der Gesamtmarkt, eine Marktregion, eine Kundengruppe oder ein Einzelkunde.<br />

Organisationsbezogene Ziele haben Bezugsobjekte, die dem Vertriebssystem<br />

der Organisation angehören, z. B. Mitarbeiter, Produkte und Prozesse. Dabei sind<br />

nicht alleine Kausalbeziehungen in vertikaler Richtung zwischen den Zielebenen, sondern<br />

auch horizontal und diagonal zwischen markt- und organisationsbezogenen Zielen<br />

zu vermuten, so z. B. zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit (s.<br />

Brown/Chin 2004; George/Grönroos 1995; Heskett et al. 1997; Bruhn 1995).<br />

Das Fallbeispiel der Emhart Glass S.A. (S. 51) zeigt die Verflechtungen der Ziele und<br />

die daraus resultierende Komplexität von Wirkungen, die von Schwierigkeiten bei der<br />

Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner ausgehen.<br />

Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit<br />

Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz<br />

Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit<br />

führender Hersteller von Maschinen <strong>für</strong> die Glasbehälterindustrie. Zu ihren Produkten gehören Ma-


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 51<br />

schinen <strong>für</strong> Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur Konfektion der Flaschen sowie<br />

Maschinen <strong>für</strong> die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten<br />

im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF.<br />

Jann Hatz, Vice President Marketing, berichtet über die Konsequenzen, die durch ungenügende Zusammenarbeit<br />

zwischen Zentrale und ausländischen Vertriebspartnern entstehen können. In der Vergangenheit<br />

kam es insbesondere bei der Spezifikation von Produkten zu Schwierigkeiten. Vertriebspartner<br />

waren teilweise auf kurzfristige Umsätze fixiert und nicht motiviert, sich ausreichend über<br />

Produkte zu informieren und schulen zu lassen. Bei der Zusammenstellung von Produktionsanlagen<br />

<strong>für</strong> Kunden entstanden deshalb Fehler, die vom Kunden gewünschte Problemlösung wurde ungenügend<br />

spezifiziert.<br />

Dies hatte verschiedene Konsequenzen: Die Spezifikationen mussten teilweise mehrfach zwischen<br />

Kunden, Vertriebspartner und Zentrale zur Überarbeitung hin- und hergeschickt werden, woraus zeitliche<br />

Verzögerungen resultierten. Ein verbindlicher Preis konnte nicht festgelegt werden, es ergaben<br />

sich <strong>für</strong> den Kunden andere Preise als vorher vereinbart und die geplanten Margen konnten teilweise<br />

nicht erzielt werden. Häufig war zu beobachten, dass entweder während oder unmittelbar nach der<br />

Installation der Anlage Änderungen vorgenommen werden mussten, die dem Ansehen und dem Vertrauen<br />

beim Kunden schadeten und intern zusätzliche Kosten verursachten.<br />

Auf die Zentrale kamen in diesem Fall auch Reklamationen des Kunden zu. Dabei schadeten interne<br />

Anpassungs- und Reparaturkosten dem Unternehmen ebenso wie die hierdurch entstandenen Imageverluste.<br />

Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei<br />

Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />

3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele<br />

Eine unzureichende Abstimmung in der Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner<br />

und Zentrale wirkt sich auf vielfältige Weise auf die vom Unternehmen verfolgten<br />

Ziele aus. Die Wirkungen nehmen unterschiedliche Ausmasse an und können bei allen<br />

drei Parteien auftreten: beim Kunden, in der Zentrale und beim Vertriebspartner. Wirkungen<br />

betreffen teilweise ausschliesslich eine Partei, teilweise auch mehrere. Es ergibt<br />

sich ein komplexes Zusammenspiel zwischen den Parteien.<br />

Auf Basis der Interviews, die der Autor mit Führungskräften aus der internationalen<br />

Marktorganisation verschiedener <strong>Industriegüter</strong>hersteller geführt hat (Explorative Interviews“,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346), konnten Wirkungen identifiziert<br />

und nach ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die verschiedenen Ziele systematisiert werden. Analog<br />

zu den Zielen wurden markt- und organisationsbezogene Wirkungen in jeweils<br />

drei Ebenen unterschieden, nämlich wirtschaftlich, effektivitäts- und potenzialbezogen.<br />

Tabelle 3-1 zeigt die in den Gesprächen identifizierten Wirkungen.


52<br />

Marktbezogene<br />

Wirkungen<br />

Organisationsbezogene<br />

Wirkungen<br />

Wirtschaftliche Wirkungen<br />

Höhere Kosten, geringere Umsätze, geringere Rentabilität<br />

Leistungsqualität leidet<br />

• Servicequalität nicht wie gewohnt (z. B. Serviceanfragen<br />

werden nicht weitergeleitet),<br />

• Kundenreklamationen wg. mangelhafter<br />

Produktspezifikationen,<br />

• Fehlende Flexibilität insbesondere bei kurzfristigen<br />

Kundenanfragen,<br />

• Liefertreue und Reaktionszeiten verschlechtern<br />

sich,<br />

• Schwierigkeiten bei Schulung und Beratung<br />

von Kunden zu komplexen Produkten,<br />

• Neue Produkte entsprechen nicht den<br />

Marktanforderungen.<br />

Verkaufszahlen sinken<br />

• Kundenabwanderung, Verlust von Aufträgen,<br />

Kunde testet alternative Anbieter, Aufnahme<br />

von second und third suppliers,<br />

• Ineffizienzen in verkauften Tonnen oder Stückzahlen.<br />

Destruktives Kundenverhalten<br />

• Kunde nutzt Informations- und Koordinationsdefizite<br />

aus,<br />

• Kunde erhöht Druck auf Margen,<br />

• Zentrale und Vertriebspartner (auch mehrere)<br />

werden gegeneinander ausgespielt.<br />

• Vertrauen des Kunden sinkt, wenn versprochene<br />

Dinge nicht gehalten werden und sich<br />

eine fehlende Verlässlichkeit von Aussagen<br />

der Vertriebspartner herausstellt,<br />

• Fehlende Information des Kunden über neue<br />

Produkt- und Lösungsvarianten verschliessen<br />

Marktpotenziale,<br />

• Zentrale wird schlecht vertreten, da Vertriebspartnern<br />

die Beratungskompetenz fehlt,<br />

• Schlechter Eindruck, wenn Kunde Abstim-<br />

Effektivitätsbezogene Wirkungen<br />

Potenzialbezogene Wirkungen<br />

Kapitel 3<br />

Ineffiziente Prozesse<br />

• Zusätzliche Aufwendungen, wenn Dinge mehrfach<br />

überarbeitet werden müssen,<br />

• Falsche Versprechen in Logistik müssen über<br />

Gutschriften nachgebessert werden,<br />

• Wechselkursverluste: Offerten werden stillschweigend<br />

verlängert, obwohl Akkreditiv sie<br />

nicht mehr absichert,<br />

• Anstieg von Krankheitstagen, Mitarbeiterabwanderung,<br />

Trennung von Vertriebspartnern.<br />

Erschwerte Planung<br />

• Unberechenbarkeit von Erfolgen und<br />

Verlusten,<br />

• Kapazitäten schwer planbar.<br />

Verhalten von Vertriebspartner<br />

und Zentrale<br />

• Vertikale Konflikte und defensives Verhalten,<br />

• Blockaden, Diskussionen und Leerläufe, Verschliessen<br />

und Abschotten,<br />

• „Nebenkriegsschauplätze“ werden eröffnet,<br />

• Informationen werden nicht weitergeleitet um<br />

keine Angriffsfläche zu bieten,<br />

• Geringer Austausch über Neuentwicklungen,<br />

Modifikationen, Applikations-Know-how,<br />

• Machtspiele zwischen Vertriebspartner und<br />

Zentrale, Druck wird ausgeübt,<br />

• Opportunistisches Verhalten,<br />

• Engagement und Leistung sinken intern und<br />

beim Kunden.<br />

• Unzufriedenheit, Misstrauen, Demotivation und<br />

Entmutigung bei Vertriebspartnern und Zentrale,<br />

• Commitment des Vertriebspartners leidet, teilweise<br />

"Innere Kündigung" des Personals,<br />

• Bilder und Rollen, die sich bei Vertriebspartnern<br />

und der Zentrale verfestigen,<br />

• Gefühl nicht ernst genommen und akzeptiert zu<br />

werden (z. B. innovative Produktvorschläge,<br />

die weder geschätzt noch eingeführt werden),


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 53<br />

mungsprobleme wahrnimmt, Imageverluste<br />

durch uneinheitliches Auftreten, ineffiziente<br />

Prozesse und mangelnde Leistungsqualität,<br />

• Unzufriedenheit bei Kunden.<br />

• Kompetenzen von Vertriebspartner und Zentrale<br />

leiden, da Informationen über Markt und Organisation<br />

inkl. Produkten fehlen (z. B. Aussendienst-Mitarbeiter,<br />

die nicht wissen, welche<br />

Lösungen bereits existieren).<br />

Tabelle 3-1: Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Unzufriedenheit, die bei den Mitarbeitern einer Vertriebsgesellschaft in Bezug auf die<br />

Zusammenarbeit mit dem Hersteller besteht, kann sich auf deren Einstellung zu ihrer<br />

Arbeit, zu ihren Vorgesetzten, zum Unternehmen und zu den Kunden auswirken. Das<br />

Engagement am Markt leidet darunter und damit die Qualität der Verkaufsleistung.<br />

Wenn die interne Zusammenarbeit nicht zufrieden stellend abläuft, verändern Mitarbeiter<br />

von Vertriebsgesellschaften und der Zentrale ihr Verhalten. Sie verlieren an Motivation<br />

und engagieren sich nicht mehr über ein Mindestmass hinaus. Eigeninitiative<br />

leidet, Mitarbeiter setzen sich nicht mehr mit voller Überzeugung <strong>für</strong> das Unternehmen<br />

ein und verhalten sich der anderen Partei gegenüber defensiv. Dies äussert sich<br />

bspw. darin, dass nur noch selektive und unverfängliche Informationen weitergeleitet<br />

werden und darauf geachtet wird, keine Angriffsfläche zu bieten. Die Zusammenarbeit<br />

wird zunehmend von der Machtstruktur in verschiedenen Bereichen (bspw. dem Kundenzugang<br />

und den Kundeninformationen) bestimmt, teilweise erhält der Kunde als<br />

gemeinsamer Bezugspunkt eine geringere Priorität als interne Machtspiele. Konflikte<br />

werden dabei über Nebenkriegsschauplätze ausgetragen. Sie werden meist nicht offen,<br />

sondern vorwiegend und ausgiebig intern diskutiert.<br />

Unstimmigkeiten und Informationslücken im Unternehmen führen aber auch beim<br />

Kunden zu veränderten, oftmals destruktiven Verhaltensweisen. Vertriebsleiter berichten<br />

darüber, dass Unstimmigkeiten mit dem lokalen Vertrieb von Kunden ausgenutzt<br />

werden. Teilweise werden die Zentrale und ihre Vertriebspartner in den verschiedenen<br />

Ländern gegeneinander ausgespielt, indem an mehreren Fronten gleichzeitig verhandelt<br />

wird. Das Image des Unternehmens leidet beim Kunden, der bspw. inkonsistente<br />

Produktinformationen von Zentrale und Vertriebspartner erhält. Der Kunde merkt ggf.,<br />

dass die Zentrale zuverlässigere oder aktuellere Informationen besitzt und versucht<br />

den Vertriebspartner auszuspielen.<br />

Die Wettbewerbsfähigkeit leidet auch unter der abnehmenden Leistungsqualität, die<br />

durch eine fehlende Abstimmung verursacht wird. Es sind die Beratungsqualität im<br />

Vorfeld der Leistungserstellung sowie die Flexibilität und Zuverlässigkeit bei den<br />

Leistungsversprechen, die nicht mehr den Kundenwünschen entsprechend erfüllt wer-


54<br />

Kapitel 3<br />

den können. Neben dem Verlust an Aufträgen und der Abwanderung von Kunden und<br />

Mitarbeitern führen Probleme in der Zusammenarbeit zu Planungsunsicherheiten,<br />

Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten, wie bspw. auch durch die zunehmende<br />

Anzahl von Reklamationen im Bereich der Garantiearbeiten und des After-Sales Services.<br />

Eine quantitativ-monetäre Bezifferung des Schadens, der durch interne Abstimmungsprobleme<br />

entsteht, ist zwar wünschenswert, allerdings schwierig zu errechnen. Insbesondere<br />

umsatzseitige Effekte sind nur schwer zu erfassen. Eine aussagekräftige Sensitivitätsanalyse<br />

würde umfangreiches internes Datenmaterial zu Prozessen, Kosten und<br />

Umsätzen benötigen, das <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung nicht zugänglich war. Einige<br />

Hinweise kann ggf. folgende Aufstellung geben, die auf Angaben von Vertriebsleitern<br />

deutscher und Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller beruht (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Kurzbeispiele zu Wirkungen suboptimaler Zusammenarbeit<br />

Kosten einer gescheiterten Neuprodukteinführung<br />

Hoerbiger-Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Vorleistungen <strong>für</strong> die Forschung und Entwicklung eines<br />

neuen Produktes können je nach Anwendung bis zu 700’000 EUR betragen. Hinzu kommen Kosten <strong>für</strong><br />

Kommunikation (z. B. Werbung, Mailings, Messestände und Material, Dokumentationen, Verkaufsunterlagen)<br />

und Schulungen (z. B. produktbezogene Schulungen, Flüge etc.).<br />

Kosten durch Diskussionen und Leerläufe<br />

Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der Kostenwirkungen von Diskussionen und Leerläufen.<br />

1 Führungskraft * 10 Minuten/Tag * 50 Vertriebspartner * 220 Arbeitstage<br />

= 110’000 Minuten = 1’833 Stunden<br />

= ca. 230 Tage (à 8 Stunden) = ca. 1 Mann-Jahr<br />

Laut der europäischen Kienbaum Vergütungsstudie „Remuneration in Europe 2003“ verdient der Leiter<br />

einer europäischen Tochtergesellschaft (Grösse bis 100 Mitarbeiter) im <strong>Industriegüter</strong>geschäft durchschnittlich<br />

ca. 90’000 Euro.<br />

Anzumerken bleibt, dass Diskussionen und Leerläufe, die aus Abstimmungsproblemen entstehen, pro<br />

Niederlassung mehr als einen Mitarbeiter betreffen können und pro Mitarbeiter leicht über 10 Minuten<br />

pro Tag beanspruchen. Im Beispiel wurden 8 Arbeitsstunden pro Tag eingesetzt. Je nach Land können<br />

es jedoch wesentlich mehr Arbeitsstunden oder auch weniger sein (bspw. in Frankreich).<br />

Die Bewertung der Leerlaufzeiten mit dem Geschäftsführergehalt dienen nur der Veranschaulichung.<br />

Diese Kosten sind selbstverständlich nicht abbaubar und damit fix, da sie auf verschiedene Personen<br />

verteilt sind. Die Leerläufe könnten jedoch von den Mitarbeitern alternativ verwendet werden und äussern<br />

sich ggf. in Qualität, Mehrumsatz oder einem besseren Verhältnis zum Kunden.<br />

Umsatzverluste durch Mitarbeiterabwanderung<br />

Herr Dr. Meyer, Group Vice President der regionalen Business Unit „Fine Chemicals Europe, Africa,<br />

West Asia“ bei der BASF AG in Ludwigshafen, bemüht sich um die Beziehungen zu Mitarbeitern in<br />

der europäischen Marktorganisation.<br />

Im Zuge weit reichender Kostensenkungsprogramme des Konzerns wurden u. a. <strong>für</strong> sämtliche Vertriebsverantwortlichen<br />

in den europäischen Märkten die administrative Unterstützung zentralisiert,<br />

Länderbüros abgebaut und Home-Offices eingerichtet. So auch in Norwegen, wo ein äusserst erfolgrei-


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 55<br />

cher, langjähriger Vertriebsmitarbeiter alleine den Bereich ‚Tierfutter und Hormone’ mit einer EUR-<br />

Umsatzverantwortung im zweistelligen Millionenbereich betreut.<br />

Die Zentralisierung von Vertriebsaufgaben und -verantwortlichkeiten hat in einigen Märkten zur Kündigungen<br />

von Seiten der Mitarbeiter geführt. Durch seine „Beziehungspflege“ hatte Herr Dr. Meyer<br />

erfahren, dass der <strong>für</strong> Norwegen zuständige Vertriebsverantwortliche ebenfalls höchst unzufrieden mit<br />

der Home-Office Lösung war: Als Vater dreier Kinder kam er zu Hause kaum zum Arbeiten. Dr. Meyer<br />

konnte schnell eine Lösung finden, indem er ein Büro anmietete. Er bewahrte damit das Unternehmen<br />

vor grösseren Umsatzverlusten, die durch eine potenzielle Abwanderung des bedeutenden Vertriebsmannes<br />

entstanden wäre.<br />

Verluste durch weggefallene Wechselkursabsicherung<br />

Die Problematik, dass Offerten durch Devisengeschäfte abgesichert werden müssen, tritt vor allem in<br />

Ländern und Regionen mit hoher Inflation auf. Hierzu gehört bspw. Asien, wo Projekte in EUR oder<br />

USD verhandelt werden und sich die lokale Währung rasch verändert. Bei Emhart Glass S.A., Cham<br />

(CH) gilt eine Offerte deshalb <strong>für</strong> 90 Tage, danach sollte die Offerte neu erstellt werden.<br />

Man versucht bei Emhart Glass das Währungsrisiko in solchen Ländern mehrheitlich zum Kunden zu<br />

verlegen. Hierdurch entsteht jedoch die Gefahr, dass der sich das Projekt dann nicht mehr leisten kann<br />

und das Geschäft platzt oder verschoben wird.<br />

Liegt das Wechselkursrisiko bei Emhart Glass, so können durch eine eingehaltene Offerte, die nicht im<br />

abgesicherten Zeitraum abgeschlossen wird, bei starker Inflation erhebliche Verluste entstehen.<br />

Rechenbeispiel: 2.5 Mio. CHF (Umsatzvolumen) * 1% (Währungsschwankung) = 25’000 CHF<br />

Umsatzpotenziale durch neue Innovation<br />

Die Wirtgen GmbH mit Sitz in Windhagen (DE) ist Hersteller von Kaltfräsen, die insbesondere <strong>für</strong> den<br />

Strassenbau eingesetzt werden, um mangelhaften Strassenbelag abzutragen und damit Strassen wieder<br />

instand zu setzen.<br />

Bei Wirtgen sieht man die funktionierende vertikale Zusammenarbeit zu Vertriebspartnern als Quelle<br />

<strong>für</strong> kontinuierliche Innovation. „Man muss Vertriebspartner fit halten und sich auch auf der persönlichen<br />

Ebene gut mit ihnen verstehen. Nur so kann man alle Strömungen des Marktes mitnehmen“, so<br />

Peter Bollinger, Vertriebsleiter. Er nennt als Beispiel eine Innovation, die erst kürzlich bei einem Vertriebspartner<br />

auf dem amerikanischen Markt „entdeckt“ wurde. Der „Rumples-trip“ fräst mit einem<br />

fünfeckigen Rad starke Unebenheiten in den Strassenrand. Verlässt ein Fahrzeug, dessen Fahrer eingeschlafen<br />

ist, die reguläre Fahrbahn, wacht der Fahrer sofort auf, sobald er auf den Rumplestripp gerät.<br />

Das Gerät wurde zuerst als Spezialanfertigung auf dem amerikanischen Markt nachgefragt. Mittlerweile<br />

verkauft das Unternehmen das Produkt aber auch nach Österreich und, so Bollinger, eventuell bald<br />

auch in die Schweiz.<br />

Umsatzverluste und Kosten durch Kundenabwanderung<br />

Projektverlust Emhart Glass S.A., Cham (CH): Ein durchschnittlicher Kundenauftrag hat ein Volumen<br />

zwischen 1-5 Mio. CHF. Bei Projektverlust werden diese nicht realisiert.<br />

Neuakquisition Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Neuakquisition eines Kunden verursacht<br />

häufig Kosten in Höhe von 15’000 EUR <strong>für</strong> Prototypenfertigung, Dokumentation und Kundenbesuche.<br />

Kostensteigerung durch höhere Anzahl von Reklamationen<br />

Garantiekosten Emhart Glass S.A., Cham (CH): Garantiekosten liegen in der Grössenordnung von 1.5<br />

Prozent des Umsatzes. Bereits geringe Schwankung dieses Wertes besitzen damit hohe Kostenwirkungen.<br />

Reklamationskosten Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Durchschnittliche Reklamationskosten,<br />

die durch Fehler in der Beratung etc. entstehen betragen ca. 0.3 Prozent des Umsatzes.<br />

Ineffizienzen durch die Mehrfachüberarbeitung von Unterlagen


56<br />

Kapitel 3<br />

Spezifikationsrunden Emhart Glass S.A., Cham (CH): Da die Maschinen in den meisten Fällen individuell<br />

nach Kundenwunsch zusammengestellt werden, braucht es meist mehr als eine ‚Runde’, bis die<br />

endgültige Spezifikation erreicht ist. Bei einer Spezifikationsrunde nehmen meist zwischen zwei und<br />

drei Mitarbeitern aus technischen und kommerziellen Bereichen des Unternehmens <strong>für</strong> etwa ein bis<br />

zwei Tage teil, wodurch pro Runde etwa 2-6 Manntage benötigt werden. In einzelnen Fällen, wenn mit<br />

Vertriebspartnern in Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann und Vorarbeiten nicht wie<br />

gefordert erledigt wurden, braucht es bis zu acht Runden. Insgesamt braucht der Central Sales ca. die<br />

Hälfte seiner Zeit <strong>für</strong> Requotes und Nachfragen. Das ist jedoch zu einem grossen Teil system- respektive<br />

industrie- und produktbedingt.<br />

In verschiedenen Fällen werden auch noch Customer Specials gewünscht und im Engineering ausgeführt.<br />

Diese Zeit ist nicht eingeschlossen, da sie separat verrechnet wird und deshalb kostenneutral ist.<br />

Kosten durch die Neubesetzung von Stellen<br />

Rekrutierung und Einarbeitung Emhart Glass S.A., Cham (SA): Die Gewinnung geeigneter Führungskräfte<br />

erfolgt teilweise über Headhunter, teilweise über direkte Kontakte innerhalb der relativ<br />

übersichtlichen Industrie. Zu den Rekrutierungskosten zählen insbesondere Kosten <strong>für</strong> Headhunter und<br />

der interne Zeitaufwand eigener Mitarbeiter. Headhunter verlangen bei Midlevel-Positionen meist 20<br />

bis 30 Prozent eines Jahresgehaltes. Bei einem Jahresgehalt von 90'000 EUR entstehen hierdurch alleine<br />

<strong>für</strong> das Headhunting Kosten von mindestens 18'000 EUR. Bei Emhart Glass gibt es kaum Fluktuation.<br />

Wenn Wechsel anstehen, dann werden die Positionen meist intern oder mit Spezialisten aus der<br />

Industrie besetzt. Bei der Besetzung einer Stelle mit einem externen Kandidaten entstehen durch den<br />

Zeitaufwand, den das Kennenlernen der Organisation benötigt, die grössten Kosten.<br />

Rekrutierung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Rekrutierungskosten eines Vertriebsleiters<br />

betragen inkl. Headhunter und internen Kosten <strong>für</strong> Interviews etc. je nach Region etwa ein Jahresgehalt<br />

von 60-80’000 EUR.<br />

Einarbeitung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Kosten <strong>für</strong> Reisen und interne Ausfallzeiten,<br />

die <strong>für</strong> die Einarbeitung eines neuen Vertriebsleiters anfallen, betragen (ohne Berücksichtigung<br />

von Schulungen) in etwa 10’000 EUR.<br />

Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg<br />

der Vertriebspartner<br />

3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg<br />

Die vorangegangenen Überlegungen zu den Wirkungsebenen der Zusammenarbeit<br />

legen die Vermutung nahe, dass die Einstellung der Vertriebspartner zur Zusammenarbeit<br />

mit dem Herstellerunternehmen weit reichende Wirkungen auf das Verhalten<br />

der Vertriebspartner und damit auf den Markterfolg hat (s. Mohr/Nevin 1990, S. 38).<br />

Viele Teilaspekte dieser mehrstufigen Kausalbeziehung wurden bereits gezielt oder<br />

aber als „Nebenprodukte“ in Partialuntersuchungen benachbarter Forschungsvorhaben<br />

quantitativ-empirisch überprüft (einen Überblick bieten z. B. die Arbeiten von<br />

Geyskens et al. 1999, Geyskens et al. 1998, Goodman/Dion 2001 und Menon et al.<br />

1996). Ein Modell, das Variablen aller drei Zielebenen erfasst und deren Zusammenhänge<br />

integriert untersucht, fehlt jedoch bisher. Die folgende Untersuchung trägt mit<br />

Hilfe einer quantitativ-empirischen Analyse dazu bei, diese Lücke zu schliessen. Dazu


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 57<br />

werden im Folgenden neun Hypothesen abgeleitet und auf ihre Entsprechung mit den<br />

empirischen Daten überprüft (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern in der Beziehung zum Hersteller ist, wie vermutet<br />

wird, als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis <strong>für</strong> die Schaffung<br />

weiterer mitarbeiterbezogener Potenziale und deren Realisierung. Sie wird in dieser<br />

Untersuchung als unabhängige Variable (latente exogene) betrachtet, um ihre Wirkungen<br />

zu untersuchen (s. Mohr/Nevin 1990, S. 37 f.). Mögliche rekursive Beziehungen,<br />

wie sie bereits in Abbildung 2-7 (S. 27) aufgezeigt wurden (s. auch<br />

Schwab/Cummings 1970, S. 418; Geyskens et al. 1999, S. 225), sind <strong>für</strong> die Fragestellung<br />

nach den Wirkungen der Zufriedenheit von nachrangiger Bedeutung und werden<br />

an dieser Stelle deshalb nicht weiter vertieft.<br />

Auf die Konstrukte „Zufriedenheit“, „Konflikte“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“<br />

wurde in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanälen wiederholt Bezug genommen,<br />

da sie die Qualität der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Hersteller<br />

in besonderem Masse charakterisieren (Frazer 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 38;<br />

Geyskens et al. 1999, S. 223). Die Zufriedenheit mit dem Hersteller wurde vielfach als<br />

Basis <strong>für</strong> Vertrauen (John/Reve 1982, S. 518; Ganesan 1994, S. 2; Crosby et al. 1990,<br />

S. 70 f.) und die Verbundenheit mit dem Herstellerunternehmen (Mohr et al. 1996, S.<br />

110; Brown/Peterson 1993, S. 64; Ganesan 1994, S. 5; Geyskens et al. 1999, S. 225)<br />

identifiziert. Unzufriedenheit mit der Zusammenarbeit führt zu Argwohn und Misstrauen<br />

gegenüber dem Hersteller (Ganesan 1994, S. 5). Zufriedenheit hingegen erhöht<br />

das Vertrauen zum Hersteller, weil sie als positives Ergebnis von Aufrichtigkeit und<br />

Wohlwollen des Herstellers interpretiert werden kann (Ganesan 1994, S. 5). Hieraus<br />

folgen die Hypothesen H01 und H02.<br />

H01: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />

stärker ist dessen Vertrauen in den Hersteller.<br />

H02: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />

stärker ist dessen Verbundenheit mit dem Hersteller.<br />

Vertriebspartner, die eine hohe Zufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />

empfinden, sehen die Zusammenarbeit zudem als förderlich, um ihre eigenen Ziele<br />

zu erreichen (Geyskens et al. 1999, S. 225). Dies bedeutet, dass Meinungsverschiedenheiten<br />

und das Niveau von Konflikten zwischen Vertriebspartner und Hersteller


58<br />

Kapitel 3<br />

bei steigender Zufriedenheit abnehmen (Brown/Day 1981, S. 270 f.; Mohr et al. 1996,<br />

S. 108; Brown et al. 1991, S. 16 f.; Dwyer 1980, S. 48 f.; Rosenberg/Stern 1971,<br />

S.439 f.; Lusch 1976, S. 382 f.). Es folgt daraus Hypothese H03:<br />

H03: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto<br />

geringer ist das Konfliktniveau zwischen Hersteller und Vertriebspartner.<br />

Das Konfliktniveau wird dabei durch die Häufigkeit, die Intensität und die Dauer von<br />

Meinungsverschiedenheiten bestimmt (Anderson/Narus 1990, S. 44). Konflikte gelten<br />

als Hürde <strong>für</strong> die Vertrauensbildung zum Hersteller (Anderson/Narus 1990, S. 44;<br />

Stern et al. 1973, S. 170), weil sie den Glauben der Vertriebspartner in die Aufrichtigkeit<br />

und das Wohlwollen des Herstellers (Kumar et al. 1995, S. 58) schwächen. Hier<br />

wird deshalb ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und dem Vertrauen<br />

vermutet.<br />

H04: Je höher das vom Vertriebspartner wahrgenommene Konfliktniveau, desto geringer<br />

ist das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller.<br />

Darüber hinaus führen dysfunktionale Konflikte zu veränderten Verhaltensweisen<br />

(Menon et al. 1996, S. 299 f.), die einer optimalen Abstimmung zwischen Hersteller<br />

und Vertriebspartner entgegenstehen und deshalb zu einem Hindernis <strong>für</strong> die lokale<br />

Verkaufsleistung (Performance) werden (Menon et al. 1996, S. 301; Rosenberg/Stern<br />

1971, S. 441; Schul et al. 1985, S. 10; Lusch 1976, S. 388). Es kann ein negativer Zusammenhang<br />

zwischen Konfliktniveau und der Verkaufsleistung vermutet werden.<br />

H05: Je höher das Konfliktniveau zwischen Vertriebspartner und Hersteller, desto geringer<br />

ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />

Bemerkenswerte konzeptionelle und empirische Bekräftigungen bestehen bezüglich<br />

der Annahme, dass die Verbundenheit mit dem Hersteller wie keine andere Einstellungsvariable<br />

in Vertriebskanälen durch Zufriedenheit und Vertrauen bestimmt wird<br />

(Anderson/Weitz 1992, S. 20; Morgan/Hunt 1994, S. 31). Auf den Zusammenhang


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 59<br />

zwischen Zufriedenheit und Verbundenheit wurde bereits Bezug genommen (s. H02).<br />

Das Vertrauen zum Hersteller führt langfristig (Dwyer et al. 1987, S. 19) zu einem<br />

stärkeren Verbundenheitsgefühl mit diesem (Morgan/Hunt 1994, S. 23; Andaleeb<br />

1996, S.81 f.; Anderson/Weitz 1989, S. 311; Ganesan 1994, S. 4; Geyskens et al.<br />

1996, S. 307 f.).<br />

H06: Je stärker das Vertrauen in den Hersteller, desto stärker ist die Verbundenheit<br />

des Vertriebspartners mit dem Hersteller.<br />

Vertrauen (Crosby et al. 1990, S. 70; Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 342; ) und Verbundenheit<br />

(Brown et al. 1995, S. 365; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Anderson/Weitz 1992, S.<br />

18) gelten gleichsam als wichtige Voraussetzungen <strong>für</strong> das Engagement der Mitarbeiter<br />

und damit <strong>für</strong> das Erreichen einer hohen lokalen Verkaufsleistung (Brown/Peterson<br />

1993, S. 64; Morgan/Hunt 1994, S. 22). Ein hohes Vertrauen basiert auf verlässlichen<br />

Verhaltenserwartungen, die ein Vertriebspartner bildet und gibt ihm die Möglichkeit<br />

genauer zu planen, da er sich auf Absprachen verlassen kann (Crosby et al. 1990, S.<br />

70; Andaleeb 1996, S. 79). Fühlt sich ein Vertriebspartner mit dem Hersteller verbunden,<br />

ist er bereit sich über ein erwartetes Mass hinaus einzusetzen (Anderson/Weitz<br />

1992, S. 19; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Dwyer et al. 1987, S. 19). Vertrauen und Verbundenheit<br />

tragen damit beide zu einer höheren lokalen Verkaufsleistung bei.<br />

H07: Je stärker das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller, desto höher ist<br />

die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />

H08: Je stärker die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller, desto höher<br />

ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.<br />

Finanzielle Ziele sind <strong>für</strong> Unternehmen die Voraussetzung <strong>für</strong> Wachstum und Fortbestand.<br />

Der finanzielle Markterfolg wird durch verschiedene organisations- und umweltbezogene<br />

Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). Eine unabdingbare<br />

Grundlage <strong>für</strong> finanzielle Erfolge ist die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter,<br />

verstanden als deren tatsächlicher Einsatz bei der Erfüllung ihrer Verkaufsaufgabe<br />

(Babakus et al. 1996, S. 347 f.).


60<br />

Kapitel 3<br />

H09: Je höher die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners, desto höher ist dessen<br />

finanzieller Erfolg am Markt.<br />

Abbildung 3-2 (S. 60) zeigt zusammenfassend die Zusammenhänge der neun abgeleiteten<br />

Hypothesen in einem Pfaddiagramm. Die Pfade geben die Kausalbeziehungen<br />

zwischen den latenten Variablen an sowie die Richtungen der mehrstufigen Kausalität.<br />

Legende:<br />

Zufriedenheit mit<br />

Hersteller<br />

H03 (-)<br />

H01 (+)<br />

H02 (+)<br />

Vertrauen zum<br />

Hersteller<br />

= Beziehungspfad<br />

= Latente Variable<br />

H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen<br />

der latenten Variablen<br />

Konflikt-Niveau<br />

mit Hersteller<br />

H04 (-)<br />

H06 (+)<br />

H05 (-)<br />

H07 (+)<br />

Verbundenheit<br />

mit Hersteller<br />

H08 (+)<br />

(+) = positiv vermuteter Zusammenhang<br />

(-) = negativ vermuteter Zusammenhang<br />

Lokale<br />

Verkaufsleistung<br />

H09 (+)<br />

Lokaler<br />

Markterfolg<br />

Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen<br />

Das aufgestellte Hypothesensystem soll im Folgenden durch die Analyse des quantitativ<br />

empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) getestet<br />

werden. Dazu wird in Absatz 3.2.2 (S. 60 ff.) zunächst die Methodik zur Messung<br />

der einzelnen Variablen vorgestellt und das kausalanalytische Analyseverfahren zur<br />

Bestimmung der mehrstufigen Abhängigkeiten. Nach dem Hypothesentest werden in<br />

Absatz 3.2.3 (S. 68 ff.) die Ergebnisse zusammengefasst und interpretiert.<br />

3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse<br />

3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse<br />

Um die in Abschnitt 3.1 (S. 49 ff.) vermuteten Zusammenhänge zwischen potenzial-,<br />

effektivitätsorientierten und wirtschaftlichen Zielen weiter zu untersuchen, ist eine<br />

Methodik erforderlich, mit der Einstellungszustände, Verhalten und Unternehmenserfolg<br />

gleichsam erfasst und analysiert werden können.<br />

Als Instrument zur Messung komplexer Konstrukte und der Analyse komplexer Abhängigkeitsstrukturen<br />

hat sich in der Marketingforschung seit geraumer Zeit die Kova-


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 61<br />

rianzstrukturanalyse durchgesetzt (s. Homburg/Baumgartner 1995b; Homburg/Giering<br />

1996). Das Verfahren verbindet die Vorteile der konfirmatorischen Faktorenanalyse,<br />

nämlich komplexe Konstrukte unter der Berücksichtung von Messfehlern messbar zu<br />

machen (Homburg/Pflesser 2000, S. 416), mit den Vorteilen der Strukturgleichungsanalyse.<br />

Deren Vorteile liegen in der Möglichkeit, Abhängigkeitsstrukturen von einer<br />

Komplexität zu untersuchen, die sich der Behandlung durch ein multiples Regressionsmodell<br />

entziehen, so z. B. mehrstufige Abhängigkeiten zwischen Variablen (s.<br />

Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1092 f.).<br />

Im Folgenden werden wichtige methodische Bezüge <strong>für</strong> die Entwicklung und Beurteilung<br />

von Mess- und Strukturmodellen zur Kovarianzstrukturanalyse gegeben. Diese<br />

bilden eine wichtige Verständnisgrundlage <strong>für</strong> die weitere Untersuchung.<br />

Messmodell: Messung von komplexen Konstrukten und deren Güte<br />

In vielen Teilbereichen der Marketingforschung wird mit komplexen Konstrukten gearbeitet,<br />

die sich von vornherein einer einfachen, direkten Messung entziehen<br />

(Homburg/Giering 1996, S. 5), so z. B. in der Konsumentenverhaltensforschung und<br />

auch in der Organisationsforschung, wo kognitive Zustände wie Einstellungen, Motive<br />

und Bedürfnisse erfasst werden. Unter einem theoretischen Konstrukt versteht man<br />

nach Bagozzi/Fornell (1982, S. 24) „... an abstract entity, which represents the „true“,<br />

nonobservable state or nature of a phenomenon“ (s. Homburg/Giering 1996, S. 6). Zur<br />

Messung einer solchen nicht beobachtbaren „latenten Variable“ müssen meist mehrere<br />

Indikatoren erfasst werden, da eine Beschreibung des interessierenden Phänomens<br />

mittels eines einzelnen Indikators meist keine befriedigenden Ergebnisse liefern kann<br />

(Balderjahn 1985, S. 254; Jacoby 1978; Churchill Jr. 1979; Ruekert/Churchill Jr.<br />

1984). Als Ergebnis wird eine höhere Messqualität in Bezug auf die Reliabilität (Zuverlässigkeit)<br />

und die Validität (Gültigkeit) angestrebt (Homburg/Giering 1996, S. 6).<br />

In der vorliegenden Arbeit wurde auf Messmodelle (synonym: Skalen) zurückgegriffen,<br />

die bereits in vorherigen Untersuchungen verwendet und bereits bezogen auf ihre<br />

Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messsgüte diskutiert wurden. Zur Überprüfung<br />

der Reliabilität und der Validität des Messmodells in Bezug auf die vorliegenden<br />

empirischen Daten wurden in der Marketingforschung verbreitete Gütekriterien<br />

der ersten und zweiten Generation verwendet (s. Tabelle 3-2). Die in dieser Arbeit<br />

verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in der Literatur (s. Bühner<br />

2004, S. 203 ff.; Homburg/Pflesser 2000, S. 651; Jensen 2001, S. 96). Es bleibt zu betonen,<br />

dass im Rahmen dieser Arbeit nicht die simultane Erfüllung aller spezifizierter


62<br />

Kapitel 3<br />

Kriterien gefordert wird (Homburg 2000, S. 93), sondern geringfügige Verletzungen<br />

einzelner Kriterien akzeptiert werden, solange das Gesamtbild <strong>für</strong> eine hohe Qualität<br />

der Messung spricht (s. Homburg 2000, S. 93; Jensen 2001, S. 96). Für eine vertiefende<br />

Diskussion der Gütekriterien und der Cut-Off Werte sei an dieser Stelle auf<br />

Homburg (2000, S. 87-95), Jensen (2001, S. 89-96) und Bühner (2004, S. 202-206)<br />

verwiesen. Um die Diskriminanzvalidität zu überprüfen wurde nur in solchen Fällen<br />

der χ 2 -Differenztest eingesetzt, in denen das strengere Fornell-Larcker-Kriterium (s.<br />

Fornell/Larcker 1981) verletzt worden war (s. Anhang H, S. 370 ff.).<br />

Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilität Diskriminanzvalidität<br />

Ebene der Indikatoren<br />

• Faktorladung (EFA)<br />

≥ .40<br />

• Item-to-Total Korrelation (RA) ggf. Elimination des Indikators<br />

mit dem niedrigsten Wert<br />

• Indikatorreliabilität (RA) ≥ .40<br />

• T-Wert der Faktorladung (KFA)<br />

Ebene der Konstrukte<br />

≥ 1.645<br />

• Cronbachsches Alpha (RA)<br />

• Anzahl extrahierter Faktoren<br />

(EFA)<br />

• Erklärte Varianz (EFA)<br />

• Faktorreliabilität (KFA)<br />

• Durchschnittlich erfasste Varianz<br />

• p-Wert (KFA)<br />

• RMSEA (KFA)<br />

• χ 2 ≥ .70<br />

= 1.00<br />

≥ .50<br />

≥ .60<br />

≥ .50<br />

≥ .05<br />

≤ .08<br />

/df (KFA)<br />

≤ 3.00<br />

• GFI und AGFI (KFA)<br />

≥ .90<br />

• CFI (KFA)<br />

≥ .90<br />

EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse;<br />

KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse<br />

• Explorative Faktorenanalyse:<br />

Faktorladung<br />

bezüglich anderer<br />

Faktoren < .40<br />

• Fornell-Larcker-<br />

Kriterium:<br />

DEV (ξi ) > quadrierte<br />

Korrelation (ξi , ξj)<br />

<strong>für</strong> alle i ≠ j<br />

• χ 2 -Differenztest:<br />

Differenz ≥ 3.841<br />

Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung<br />

(Jensen 2001, S. 96)<br />

Strukturmodell: Analyse komplexer Abhängigkeitsbeziehungen<br />

Die auf Basis von theoretischen Überlegungen vermuteten Beziehungen zwischen den<br />

Konstrukten werden im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse in einem so genannten<br />

„Strukturmodell“ abgebildet. Als grafische Darstellung in Form eines Pfaddiagramms<br />

enthält das Strukturmodell latente unabhängige Variablen (exogene Variablen), latente<br />

abhängige Variablen (endogene Variablen) und die vermuteten Zusammenhänge zwischen<br />

diesen.<br />

Weisen die Gütekriterien der Messmodelle eine zufrieden stellende Qualität auf, können<br />

die vermuteten Beziehungen zwischen den Variablen geschätzt werden. Das beim


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 63<br />

Vorliegen von ausreichend normalverteilten Daten am häufigsten verwendete Schätzverfahren<br />

ist die Maximum-Likelihood (ML)-Methode (Homburg/Baumgartner<br />

1995b, S. 1101). Als Ergebnis der Parameterschätzung erhält man ein spezifiziertes<br />

Modell, das nicht alleine die partiellen Regressionsgewichte, Korrelationen und Signifikanzangaben<br />

<strong>für</strong> diese enthält, sondern darüber hinaus eine umfassende Beurteilung<br />

der Güte des Gesamtmodells ermöglicht. Auch hierzu werden der in Tabelle 3-2 (S.<br />

62) dargestellte χ 2 -Modelltest sowie die Fit-Indizes RMSEA, CFI, GFI und AGFI mit<br />

den entsprechenden Toleranzwerten eingesetzt.<br />

3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung<br />

Im Folgenden werden Konzeptualisierung und Operationalisierung der in der Kovarianzstrukturanalyse<br />

verwendeten Messmodelle dargestellt und erläutert.<br />

Zufriedenheit der Vertriebspartner als latente exogene Variable<br />

Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern ist als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige<br />

Basis <strong>für</strong> die Schaffung und Realisierung mitarbeiterbezogener Potenziale. Die<br />

Zufriedenheit der Vertriebspartner kann als wichtigster Beurteilungsmassstab <strong>für</strong> die<br />

Qualität der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen herangezogen werden<br />

(Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226). Sie ist dabei als Resultat eines lokalen Beurteilungsprozesses<br />

zu verstehen, bei dem (lehnt man sich an, an die Konzeptualisierung<br />

nach dem Confirmation-Disconfirmation Paradigma) die wahrgenommene Ausprägung<br />

des Beurteilungsgegenstandes mit der normativ-erwarteten Ausprägung verglichen<br />

wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). An dieser<br />

Stelle sei zunächst der Zufriedenheitsbegriff nach Geyskens et al. (1999, S. 224)<br />

näher betrachtet, die „Channel Member Satisfaction“ als einen emotionalen Zustand<br />

definieren, der aus der Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem<br />

Herstellerunternehmen resultiert (s. Frazier et al. 1989, S. 57; Gaski/Nevin 1985, S.<br />

131).<br />

Es ist also darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Gegenstand der Beurteilung ausschliesslich<br />

um Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller handelt (s.<br />

Anderson/Narus 1990, S. 45 f.). Aspekte, die nicht unmittelbar aus der Zusammenarbeit<br />

folgen, werden also folglich auch nicht in das Zufriedenheitsverständnis mit eingeschlossen.<br />

Durch die Einbeziehung sämtlicher Teilaspekte der Zusammenarbeit mit<br />

dem Hersteller ergibt sich trotzdem eine inhaltliche Vielschichtigkeit des Begriffes.<br />

Eine Single-Item Messung als „Gesamtzufriedenheit“ (s. Hunt/Nevin 1974, S. 189;


64<br />

Kapitel 3<br />

Wilkinson 1979, S. 94; Rosenberg/Stern 1971, S. 438) wird dieser Komplexität kaum<br />

gerecht (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226 f.). Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229 f.)<br />

gehen von mindestens fünf inhaltlichen Dimensionen aus, Gassenheimer/Ramsey<br />

(1994, S. 261) unterscheiden sogar sieben inhaltliche Bereiche der Zufriedenheit mit<br />

dem Herstellerunternehmen. Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass sie sowohl finanzielle<br />

als auch soziale Aspekte der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen<br />

als Beurteilungsgegenstände berücksichtigen (s. Ruekert/Churchill Jr.<br />

1984, S. 227; Gassenheimer/Ramsey 1994, S. 260 f.; Geyskens et al. 1999, S. 224;<br />

Skinner et al. 1992, S. 179 f.). Für eine tiefer gehende Analyse der inhaltlichen Beurteilungsdimensionen<br />

der Zusammenarbeit sei an dieser Stelle auf Absatz 5.3.1 (S.<br />

112 ff.) verwiesen.<br />

Bei der Messung der lokalen Zufriedenheit ist neben den zu beurteilenden inhaltlichen<br />

Aspekten die Art der verwendeten Skala festzulegen. Stützt man sich auf das Confirmation-Disconfirmation<br />

Paradigma, das eine wichtige Konzeptualisierung im Rahmen<br />

der Zufriedenheitsforschung im Kundenbereich darstellt, so bestehen zwei grundsätzliche<br />

Möglichkeiten <strong>für</strong> die Messung der Zufriedenheit (Homburg/Rudolph 1998, S.<br />

246). Zum einen kann die Zufriedenheit als Resultat des Vergleichs zwischen Wahrnehmung<br />

und Erwartung interpretiert und direkt erfasst werden. Zum anderen besteht<br />

die Möglichkeit, die erwartete und wahrgenommene Leistung <strong>für</strong> jeden einzelnen Bereich<br />

differenziert zu erfassen und die Zufriedenheit als deren Differenz zu errechnen.<br />

Letzteres Vorgehen scheint aus verschiedenen Gründen weniger vorteilhaft:<br />

Babakus/Boller (1992, S. 255 f.) legen nahe, dass die zur Erfassung von Erwartung<br />

und Wahrnehmung verwendeten Doppelskalen vermutlich Einflüsse der ersten Antwort<br />

auf die der zweiten Frage hervorrufen. Dabei berufen sie sich auf Arbeiten der<br />

Psychologie (Babakus/Boller 1992, S. 255 f.). Zudem verlängert sich durch eine Doppelskala<br />

der Fragebogen, was die Beantwortungszeit erhöht, die Antwortbereitschaft<br />

senkt und die Anforderungen gleichzeitig wesentlich anhebt (Homburg/Rudolph 1998,<br />

S. 246). Darüber hinaus haben verschiedene Arbeiten gezeigt, dass die direkte Messung<br />

von Zufriedenheit ebenso valide Ergebnisse erzielt (s. Babakus et al. 1993;<br />

Homburg/Rudolph 1998; Liljander/Strandvik 1993).<br />

In der vorliegenden Untersuchung wird deshalb das Zufriedenheitsurteil direkt erfasst.<br />

Dabei wird auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen,<br />

die bis zum heutigen Zeitpunkt bereits zum Gegenstand verschiedener<br />

Untersuchungen gemacht worden ist (s. Geyskens et al. 1999; Geyskens et al. 1998;


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 65<br />

Joshi/Arnold 1997). Das verwendete Messmodell sowie die Angaben zu der Erfüllung<br />

der Gütekriterien finden sich im Anhang G - 1 (S. 363).<br />

Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit als latente endogene Variablen<br />

Neben der Zufriedenheit stellen Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit zwischen<br />

Vertriebspartner und Hersteller Einstellungszustände dar, denen in der Forschung zu<br />

Beziehungen in Vertriebskanälen ausserordentlich grosse Bedeutung zugemessen wurde<br />

(s. Frazier 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 37; Geyskens et al. 1999, S. 225;<br />

Geyskens et al. 1998, S. 232). Aufgrund ihrer grossen inhaltlichen Nähe und der Betrachtung<br />

ihrer gemeinsamen Abhängigkeit von der Zufriedenheit wird in diesem Absatz<br />

die Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messung <strong>für</strong> alle drei latenten,<br />

endogenen Einstellungsvariablen „Konflikt“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“ vorgestellt.<br />

Die Natur und die Bedeutung verschiedener Konfliktarten wurden bereits an anderer<br />

Stelle beschrieben und erläutert (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). Für die Messung des Konfliktniveaus<br />

wird auf die Arbeit von Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s. Anhang G -<br />

3, S. 365). Mohr et al. (1996, S. 110) operationalisieren das Konfliktniveau mit vier<br />

Indikatorvariablen, von denen sie schliesslich drei zur Messung heranziehen (Mohr et<br />

al. 1996, S. 113). Diese spiegeln das Gesamtmass an Meinungsverschiedenheit zwischen<br />

den Parteien (Anderson/Narus 1990, S. 45) ebenso wider, wie die Häufigkeit<br />

und Intensität, mit der Vertriebspartner und Hersteller über Beziehungsaspekte diskutieren<br />

(Brown/Day 1981, S. 264; Mohr et al. 1996, S. 110). Die Operationalisierung<br />

des Konfliktniveaus nach Mohr et al. (1996) schliesst damit sowohl Aspekte der Einstellung<br />

zum Hersteller als auch des wahrgenommenen Konfliktverhaltens zwischen<br />

Vertriebspartner und Hersteller ein.<br />

Das Vertrauen zum Hersteller entsteht langfristig durch die Erfahrungen, die ein Vertriebspartner<br />

in der Zusammenarbeit sammelt (Ganesan 1994, S. 5). Vertrauen wird<br />

häufig als der Grad beschrieben, in dem ein Vertriebspartner daran glaubt, dass der<br />

Hersteller aufrichtig und wohlwollend ist (Kumar et al. 1995, S. 58). D.h., dass der<br />

Hersteller seine Versprechen halten wird (Kumar et al. 1995, S. 58) und Interesse am<br />

Wohlergehen des Vertriebspartners besitzt (Kumar et al. 1995, S. 58). Vertrauen ist im<br />

Beziehungskontext von besonderer Bedeutung, da Vertriebspartner und Hersteller<br />

nach vorhersehbarem und verbindlichem Verhalten suchen, das ihnen einen hohen<br />

Grad an sicheren Erwartungen gibt (Crosby et al. 1990, S. 70). Ganesan (1994, S. 16)<br />

operationalisiert das Vertrauen in den Hersteller mit sieben Indikatorvariablen, die er-


66<br />

Kapitel 3<br />

fassen, in welchem Ausmass ein Hersteller kompetent, ehrlich und verlässlich ist<br />

(Bruner II et al. 2001, S. 1611). In der vorliegenden Arbeit wurden nach dem Pretest<br />

(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) die Indikatoren 1 und 3 wegen Verständnisschwierigkeiten<br />

der Probanden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Konstruktmessung<br />

finden sich im Anhang G - 2 (S. 364).<br />

Die Verbundenheit mit dem Hersteller, auch als „Commitment“ bezeichnet, ist das<br />

Streben des Vertriebspartners, die Beziehung zum Hersteller in der Zukunft fortzuführen<br />

und die Bereitschaft, auch kurzfristige Einbussen auf sich zu nehmen, um die Beziehung<br />

zu pflegen und zu erhalten (Anderson/Weitz 1992, S. 19). Jaworski/Kohli<br />

(1993, S. 60) betonen, dass sich Verbundenheit häufig darin äussert, dass Mitarbeiter<br />

weit über ihre Pflichten und die an sie gestellten Erwartungen hinaus gehen, um das<br />

Wohlergehen des Herstellers sicherzustellen (Jaworski/Kohli 1993, S. 60). Im Gegensatz<br />

zum Vertrauen knüpft die Verbundenheit damit stärker am beabsichtigten Verhalten<br />

des Vertriebspartners an, das unmittelbar aus dessen Einstellung zum Hersteller<br />

folgt. Als Grundlage der Konstruktmessung wurde die von Ganesan/Weitz (1996) weiterentwickelte<br />

Operationalisierung verwendet, die auf eine ursprünglich von Mowday<br />

et al. (1982) entwickelte Skala zurückgeht. Eine besondere Eignung des Messmodells<br />

nach Ganesan/Weitz (1996) ergibt sich aus der kombinierten Erfassung von Aspekten<br />

der Einstellung und resultierenden Verhaltensabsichten. Details zur Konstruktmessung<br />

und deren Güte finden sich im Anhang G - 4 (S. 365).<br />

Lokale Verkaufsleistung und Markterfolg als latente endogene Variablen<br />

Als effektivitätsbezogenes Ziel spiegelt die lokale Verkaufsleistung die Realisierung<br />

von mitarbeiterbezogenen Potenzialen wider. Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter<br />

wird als wichtige Basis gesehen, um einen wirtschaftlichen Markterfolg der lokalen<br />

Verkaufsorganisation zu erzielen (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355; Babakus et al.<br />

1996, S. 348; Cravens et al. 1993, S. 49). Babakus et al. (1996, S. 347) betonen, dass<br />

die Verkaufsleistung und der Markterfolg zwar in einer Beziehung stehen, jedoch unterschiedliche<br />

Konstrukte darstellen. Der wirtschaftliche Markterfolg eines Vertriebspartners<br />

wird neben der Verkaufsleistung der Mitarbeiter auch durch weitere organisations-<br />

und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347).<br />

In der Literatur besteht nur wenig Einigkeit darüber, ob Leistungs- und Erfolgsgrössen<br />

durch subjektive Beurteilungen von Vorgesetzten, Kunden, den Vertriebsmitarbeitern<br />

selbst, objektivem Datenmaterial oder eine Kombination dessen (Behrman/Perreault<br />

Jr. 1982, S. 356; Churchill Jr et al. 1985, S. 104) vorgenommen werden sollte. Inzwi-


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 67<br />

schen gibt es viele Argumente und empirische Ergebnisse, die <strong>für</strong> die Angemessenheit<br />

einer Selbst-Einschätzung sprechen (s. Lusch/Brown 1996, S. 29; Sujan et al. 1994, S.<br />

42; Oliver/Anderson 1994, S. 60; Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 357), indem also<br />

Vertriebspartner selbst ihre Leistung und ihren Erfolg einschätzen. Diesem Vorgehen<br />

wurde in der vorliegenden Arbeit entsprochen.<br />

Die lokale Verkaufsleistung knüpft am Verhalten der Verkaufsmitarbeiter an. Verkaufsmitarbeiter<br />

erbringen Leistungen <strong>für</strong> das Unternehmen, indem sie z. B. neue<br />

Kunden und Marktanteile hinzugewinnen, ihre Ziele übertreffen, langfristige Verträge<br />

aushandeln und neue Produkte erfolgreich einführen (s. Babakus et al. 1996, S. 348).<br />

Die Verkaufsleistung wurde im vorliegenden Fall durch sieben Indikatorvariablen gemessen,<br />

die auf eine Operationalisierung von Sujan et al. (1994, S. 47) zurückgeht, die<br />

sich wiederum auf eine Konzeptualisierung von Behrman/Perreault Jr. (1982) stützt.<br />

Der befragte Vertriebspartner schätzt dabei seine eigene Leistung relativ zur Verkaufsleistung<br />

anderer Vertriebspartner des Herstellers ein. Details zur verwendeten Skala<br />

und der Güte der Messung finden sich im Anhang G - 5 (S. 366).<br />

Der lokale Markterfolg wird teilweise in der Literatur auch als Effektivität der lokalen<br />

Verkaufsorganisation bezeichnet (Cravens et al. 1993, S. 49; Babakus et al. 1996, S.<br />

347 ff.). Damit steht der lokale Markterfolg <strong>für</strong> die finanzielle Zielerreichung der gesamten<br />

lokalen Verkaufsorganisation oder aber <strong>für</strong> Teilbereiche, wie z. B. <strong>für</strong> Regionen<br />

oder Kundengruppen, bei unabhängigen Distributoren auch <strong>für</strong> den finanziellen<br />

Erfolg mit den Produkten eines bestimmten Herstellers (Babakus et al. 1996, S. 347).<br />

Der Gesamtumsatz ist der am weitesten verbreitete Indikator zur Messung des wirtschaftlichen<br />

Vertriebserfolges (Babakus et al. 1996, S. 347). Jedoch wurden in der<br />

Forschung teilweise auch Kosten, Deckungsbeiträge und Profitabilitätskennzahlen zur<br />

Beurteilung herangezogen (Cravens et al. 1993, S. 50). Die in dieser Arbeit verwendete<br />

Skala zur Messung des lokalen Markterfolges geht auf Cravens et al. (1993, S. 58)<br />

zurück und berücksichtigt sowohl umsatz- als auch profitabilitätsbezogene Grössen.<br />

Details zum verwendeten Messmodell und der Güte der Messung finden sich wiederum<br />

im Anhang G - 6 (S. 367).<br />

Zusammenfassender Überblick: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen<br />

Mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Messmodelle sowie der Formulierung<br />

von Hypothesen ist an dieser Stelle die Entwicklung des Untersuchungskonzeptes<br />

abgeschlossen. Die aus den theoretischen Überlegungen abgeleiteten Hypothesen<br />

lassen sich abschliessend in einem gemeinsamen Hypothesensystem zusam-


68<br />

Kapitel 3<br />

menfassen (s. Abbildung 3-3). Das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Pfaddiagramm<br />

enthält dabei nicht nur alle in Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) abgeleiteten Hypothesen,<br />

sondern ebenfalls die nach dem Vorgehen von Homburg (2000, S. 95 ff.) bereinigten<br />

Modelle der Konstruktmessung.<br />

1<br />

δ1 SAT1<br />

H03 (-)<br />

1<br />

δ2 1<br />

δ3 1<br />

δ4 SAT2<br />

SAT3<br />

SAT4<br />

Legende:<br />

1<br />

Zufriedenheit mit<br />

Hersteller<br />

H01 (+)<br />

ζ 2<br />

1<br />

Vertrauen zum<br />

Hersteller<br />

TRU1<br />

ε1 1<br />

CON1 CON2 CON3<br />

ζ 1<br />

1<br />

H02 (+)<br />

Konflikt-Niveau<br />

mit Hersteller<br />

TRU2<br />

ε2 1<br />

1 1<br />

= Beziehungspfad<br />

= Indikatorvariable<br />

= Latente Variable<br />

H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen<br />

zwischen latenten Variablen<br />

H04 (-)<br />

1<br />

H06 (+)<br />

COM1<br />

ε3 1<br />

Verbundenheit<br />

mit Hersteller<br />

COM2<br />

H05 (-)<br />

H07 (+)<br />

COM3<br />

COM4<br />

1 1 1 1 1 1<br />

ε4 ε5 ε6 ε7 ε8 ε9 Abbildung 3-3: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen<br />

1<br />

H08 (+)<br />

ζ 3<br />

ζ4 1<br />

Lokale<br />

Verkaufsleistung<br />

H09 (+)<br />

Lokaler<br />

Markterfolg<br />

1<br />

ζ5 (+) = positiv vermuteter Zusammenhang<br />

(-) = negativ vermuteter Zusammenhang<br />

δ1 -δ4 = Messfehler der exogenen Indikatorvariablen<br />

ε1 -ε16 = Messfehler der endogenen Indikatorvariablen<br />

ζ1-ζ5 = Fehlerterme der latenten endogenen Variablen<br />

3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation<br />

Ziel dieses Absatzes ist es, das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem<br />

einer empirischen Untersuchung zu unterziehen. Dazu wird auf die in Absatz<br />

2.4.2.2 (S. 39) beschriebene Datengrundlage sowie die bereits erörterten Messmodelle<br />

zurückgegriffen. Es sollen nun die vermuteten Beziehungen zwischen den latenten<br />

Konstrukten in Bezug auf ihre Richtung, ihre Stärke und ihre Signifikanz untersucht<br />

werden. Darüber hinaus erlaubt die Kovarianzstrukturanalyse nicht nur die Güte einzelner<br />

Pfadschätzungen zu bestimmen, sondern darüber hinaus Gütemasse <strong>für</strong> das Gesamtmodell<br />

einzusetzen.<br />

1<br />

1<br />

PER1<br />

PER2<br />

PER3<br />

PER4<br />

EFF1<br />

EFF2<br />

EFF3<br />

1<br />

ε10 1<br />

ε11 1<br />

ε12 1<br />

ε13 1<br />

ε14 1<br />

ε15 1<br />

ε16


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 69<br />

Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Gesamtmodells<br />

Zur Parameterschätzung <strong>für</strong> das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem<br />

wurde die Maximum-Likelihood-Methode (ML) eingesetzt, deren Anwendung<br />

eine multivariate Normalverteilung der Daten voraussetzt (Homburg/Baumgartner<br />

1995b, S. 1102). Der Mardia-Test auf multivariate Normalverteilung ergab leichte<br />

Abweichungen. Allerdings liegen Schiefe und Kurtosis der Verteilung deutlich innerhalb<br />

der von West et al. (1995, S. 61) postulierten Grenzen von Schiefe < 2.0 und Kurtosis<br />

< 7.0. Auch wenn die ML-Methode als relativ robust gegenüber leichten Verletzungen<br />

der Verteilungsannahme gilt (Luthardt 2003, S. 147), ist im vorliegenden Fall<br />

deshalb mit einem leicht erhöhten χ 2 -Wert zu rechnen (s. Bühner 2004, S. 232).<br />

Bevor eine ausführliche Interpretation der Ergebnisse der Hypothesenprüfung erfolgt,<br />

wird zunächst die Gesamtstruktur des Modells beurteilt. Dazu kommen die gleichen<br />

Gütekriterien zum Einsatz, wie sie bereits zur Beurteilung der Messmodelle verwendet<br />

wurden (s. Tabelle 3-2, S. 62). Die vorliegenden Ergebnisse <strong>für</strong> die ML-Schätzung<br />

zeigen eine sehr gute Anpassung der Modellstruktur an den Datensatz (s. Tabelle 3-2):<br />

Das Verhältnis zwischen χ 2 -Wert und Freiheitsgraden liegt mit einem Wert von 1.69<br />

weit unter der geforderten Höchstgrenze von 3.0. Auch die Model-Fit-Indizes weisen<br />

auf eine hohe Eignung des Modells hin: Für den CFI und den RMSEA werden mit<br />

Werten von .94 und .05 die vorgegebenen Grenzwerte von mindestens .90 bzw. maximal<br />

.08 eingehalten. Auch der RMR und der GFI besitzen mit Werten von .05 und<br />

.90 die empfohlenen Toleranzhöhen. Lediglich der AGFI verfehlt mit einer Höhe von<br />

.87 nur knapp das empfohlene Anspruchsniveau, was aber im Hinblick auf die ausgezeichnete<br />

Erfüllung der übrigen Fit-Masse toleriert wird.<br />

Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert Geforderter Wert<br />

χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 272.51 (161)<br />

χ 2 -Wert/df 1.69 ≤ 3.00<br />

RMSEA .05 ≤ .08<br />

RMR .05 ≤ .05<br />

CFI .94 ≥ .90<br />

GFI (AGFI) .90 (.87) ≥ .90<br />

Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur<br />

Interpretation der geschätzten Zusammenhänge<br />

Abbildung 3-4 (S. 70) zeigt die sich auf Basis der ML-Schätzung ergebenden standardisierten<br />

Pfadkoeffizienten <strong>für</strong> das Strukturmodell und damit die Ergebnisse der Prüfung<br />

der im Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) hergeleiteten Hypothesen. Auf Basis der Parameterschätzung<br />

konnten demnach die Hypothesen H04, H05 und H07 nicht bestätigt wer-


70<br />

Kapitel 3<br />

den. Aus dem Pfaddiagramm geht weiterhin hervor, dass die direkten Zusammenhänge<br />

– bis auf eine Ausnahme – das erwartete Vorzeichen aufweisen. Lediglich der Pfadkoeffizient<br />

<strong>für</strong> die Wirkung des Vertrauens auf die Verkaufsleistung weist nicht das vermutete<br />

positive Vorzeichen auf.<br />

δ 1<br />

δ 2<br />

δ 3<br />

δ 4<br />

SAT1<br />

SAT2<br />

SAT3<br />

SAT4<br />

Zufriedenheit mit<br />

Hersteller<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

r2 = Bestimmtheitsmass<br />

ζ 2<br />

-.42***<br />

Vertrauen zum<br />

Hersteller<br />

TRU1<br />

ε 4<br />

ε 1<br />

CON1 CON2 CON3<br />

ζ 1<br />

.59***<br />

.22**<br />

r<br />

Konflikt-Niveau<br />

mit Hersteller<br />

2 =.18<br />

r 2 =.39<br />

TRU2<br />

ε 5<br />

ε 2<br />

-.08 n.s.<br />

.35***<br />

COM1<br />

ε 6<br />

ε 3<br />

Verbundenheit<br />

mit Hersteller<br />

COM2<br />

ε 7<br />

-.30***<br />

-.04 n.s.<br />

r 2 =.27<br />

COM3<br />

ε 8<br />

.29***<br />

ζ 3<br />

COM4<br />

ε 9<br />

ζ 4<br />

Lokale<br />

Verkaufsleistung<br />

r2 =.09<br />

.65***<br />

r<br />

Lokaler<br />

Markterfolg<br />

2 =.43<br />

Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten <strong>für</strong> ausgewählte Parameter<br />

Die vermuteten direkten Wirkungen der Zufriedenheit mit dem Hersteller auf das Vertrauen,<br />

das Konfliktniveau und auf die Verbundenheit mit dem Hersteller wurden<br />

deutlich bestätigt. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit der Zusammenarbeit<br />

trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden (H03). Ebenso begünstigt die Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner den Glauben an das Wohlwollen und die Aufrichtigkeit des Herstellers,<br />

wodurch sich Vertrauen herausbilden kann (H01). Wie sich gezeigt hat, erhöhen<br />

die Zufriedenheit mit dem Hersteller und das Vertrauen wiederum die Verbundenheit<br />

mit dem Hersteller (H02, H06). Dabei fällt der Effekt des Vertrauens stärker aus als der<br />

Effekt der Zufriedenheit. Besinnt man sich des langfristigen Charakters, der <strong>für</strong> die<br />

Bildung von Vertrauen und Verbundenheit benötigt wird, so wird deutlich, dass eine<br />

Steigerung des Vertrauens ein höheres Gewicht <strong>für</strong> das Verbundenheitsgefühl erhalten<br />

muss als eine Erhöhung der auch kurzfristig zustande kommenden Zufriedenheit.<br />

Zwischen dem Konfliktniveau und dem Vertrauen konnte kein signifikanter Zusammenhang<br />

festgestellt werden (H04). Ebenso ist der zwischen Konfliktniveau und der<br />

ζ 5<br />

1<br />

PER1<br />

PER2<br />

PER3<br />

PER4<br />

EFF1<br />

EFF2<br />

EFF3<br />

1<br />

ε10 1<br />

ε11 1<br />

ε12 1<br />

ε13 ε 14<br />

ε 15<br />

ε 16


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 71<br />

lokalen Verkaufsleistung geschätzte Zusammenhang (H05) nicht signifikant, obwohl in<br />

beiden Fällen die Richtung der Wirkung den Vermutungen entspricht. Mögliche Erklärungen<br />

<strong>für</strong> die fehlende Signifikanz der Beziehung zwischen Konfliktniveau und<br />

Verkaufsleistung bietet ggf. die bereits früher (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.) dargestellte<br />

Vermutung von Rosenbloom (1973, S. 29), dass der Zusammenhang zwischen Konfliktniveau<br />

und betrieblichen Erfolgsgrössen nicht linear ist, sondern <strong>für</strong> unterschiedliche<br />

Bereiche der Definitionsmenge ebenso unterschiedliche Verläufe annehmen kann.<br />

Auch werden verschiedene Arten von Konflikten, wie sie in der Literatur teilweise<br />

unterschieden werden, in der verwendeten Konzeptualisierung nach Mohr et al. (1996,<br />

S. 113) nicht berücksichtigt.<br />

Das Schätzergebnis <strong>für</strong> die Wirkungen von Vertrauen auf die lokale Verkaufsleistung<br />

erstaunt (H07), da es den Vermutungen, die auf Basis verschiedener Untersuchungen<br />

entwickelt wurden sowie einer Plausibilitätsbetrachtung auf den ersten Blick entgegensteht.<br />

Nach der hoch signifikanten Schätzung führt das höhere Vertrauen zum Hersteller<br />

demnach nicht wie vermutet zu einer besseren, sondern zu einer geringeren<br />

Verkaufsleistung. Einen Erklärungsansatz <strong>für</strong> diesen negativen Zusammenhang geben<br />

Dahlstrom/Nygaard (1995, S. 352), die in ihrer Untersuchung auf ähnliche Ergebnisse<br />

stiessen. Sie führen Leistungsverluste auf Ressourcen zurück, die <strong>für</strong> den Aufbau und<br />

die Festigung von Vertrauen benötigt werden (Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 345). In<br />

Anlehnung an die vom Autor geführten Einzelinterviews sollte ein weiterer Erklärungsansatz<br />

angeführt werden (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Häufig<br />

nämlich wird ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Hersteller als begünstigender<br />

Faktor <strong>für</strong> den Erfolg gesehen. Bei Gesprächen mit der Zentrale wurde immer wieder<br />

darüber berichtet, dass insbesondere erfolgreiche Vertriebspartner sich das Recht erkaufen,<br />

nicht alle Massnahmen zu tragen und nicht alle Kompromisse einzugehen.<br />

Sollte der Umkehrschluss gelten und das Misstrauen gegenüber dem Hersteller sowie<br />

die daraus folgende freiheitlichere Bestimmung des Vorgehens in den Märkten den<br />

Erfolg positiv beeinflussen, so wäre dies ebenfalls eine Erklärung <strong>für</strong> das negative<br />

Vorzeichen des geschätzten Zusammenhangs.<br />

Die Verbundenheit des Vertriebspartners hingegen führt, wie in Hypothese H08 vermutet,<br />

zu einer höheren Verkaufsleistung. Das bedeutet, dass die Verhaltensabsicht, sich<br />

<strong>für</strong> den Hersteller einzusetzen, auch zu tatsächlich geäussertem Verhalten führt.<br />

Letztlich können damit das Konfliktniveau, das Vertrauen und die Verbundenheit mit<br />

dem Hersteller neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären. Der nicht erklärte<br />

Anteil der Streuung kann auf Faktoren wie z. B. die Kompetenz der Vertriebspartner,


72<br />

Kapitel 3<br />

die Attraktivität des Verkaufsgebiets, auf Umweltbedingungen oder andere personalbezogene<br />

Vertriebsfaktoren zurückgeführt werden (s. Babakus et al. 1996, S. 347). Die<br />

Verkaufsleistung der Mitarbeiter wiederum ist, wie die vorliegende Untersuchung<br />

zeigt, eine der wichtigsten Voraussetzungen <strong>für</strong> den lokalen Markterfolg (H08).<br />

Durch die Überprüfung des Hypothesensystems konnten wichtige Beiträge zur Erklärung<br />

von Wirkungen der Zufriedenheit geleistet werden. Einschränkend muss zunächst<br />

noch einmal betont werden, dass es sich um ein Partialmodell handelt, in dem zum<br />

einen nur solche Aspekte in das Zufriedenheitsverständnis einbezogen wurden, die<br />

von der Operationalisierung von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) abgedeckt<br />

werden. Weiterhin wurden nur wenige Einstellungs- und Verhaltensvariablen mit einbezogen,<br />

die allerdings zu einem grossen Teil durch die Zufriedenheit erklärt werden<br />

können. Im Hinblick auf das Ergebnis, dass Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit<br />

immerhin neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären, sei schliesslich darauf<br />

hingewiesen, dass sich hierdurch Rückschlüsse auf die Höhe der Investitionen ziehen<br />

lassen, die in Bezug auf die Zufriedenheit und die anderen Einstellungszustände vorteilhaft<br />

sind.<br />

3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg<br />

Die Fallstudie Leica Microsystems (LMS) dient dazu, die Bedeutung der Zufriedenheit<br />

von Vertriebspartnern vertiefend zu analysieren. Der Einzelfall ermöglicht es hierbei,<br />

konkretere Einblicke und Hinweise zu geben, als es durch eine allgemeine Analyse<br />

möglich wäre. Es wird insbesondere diskutiert, welche Wirkungen die Zufriedenheit<br />

auf die Zeitverwendung und den Markterfolg internationaler Distributoren besitzt.<br />

Unternehmensportrait: Die Leica Microsystems AG<br />

Die Leica Microsystems AG hat sich als internationaler Hersteller von Mikroskopen<br />

und wissenschaftlichen Instrumenten aus den traditionsreichen Unternehmen Wild,<br />

Leitz, Reichert, Jung und Cambridge Instruments entwickelt. Leica Microsystems<br />

(LMS) ist ein weltweit führender Entwickler und Hersteller von optischen High-Tech-<br />

Präzisionssystemen <strong>für</strong> die Analyse von Mikrostrukturen. In den Bereichen Mikroskopie,<br />

Bildanalyse und konfokale Lasermikroskopie, Probenvorbereitung mikroskopischer<br />

Objekte, Medizintechnik sowie Systeme <strong>für</strong> die Halbleitertechnik gehört Leica<br />

Microsystems zu den Marktführern.


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 73<br />

Die Basis <strong>für</strong> den Erfolg von Leica Microsystems sieht Dr. Wolf-Otto Reuter, CEO<br />

des Unternehmens in der globalen Präsenz von Vertrieb und Service, in den Systemlösungen<br />

und innovativen Technologien, die das Unternehmen mit und <strong>für</strong> seine Kunden<br />

entwickelt sowie in der Qualität und dem Vertrauen, die international mit dem Markennamen<br />

Leica verbunden werden. Mit 10 Produktionsstätten in 7 Ländern, Vertriebs-<br />

und Servicegesellschaften in 19 Ländern und einem internationalen Netzwerk<br />

von Distributoren ist das Unternehmen in mehr als 100 Ländern tätig und erwirtschaftet<br />

im Jahr 2003 mit rund 3’600 Beschäftigten einen Umsatz von 540 Mio. Euro, von<br />

denen heute ca. 10 Prozent durch den Vertriebskanal „Direct Sales“ erzielt werden.<br />

Sitz des internationalen Managements ist Wetzlar in Deutschland.<br />

Untersuchung von Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> die vorliegende Untersuchung war die Überlegung, dass sich Unzufriedenheit<br />

und aufkommendes Misstrauen sowie einhergehende Konflikte auf das<br />

Verhalten der internationalen Distributoren auswirken. Danach ist zu vermuten, dass<br />

sich die Zeitverwendung zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebsmitarbeitern<br />

unterscheidet. Unzufriedene Vertriebspartner weisen bspw. darauf hin, dass sie<br />

durch interne Formalitäten viel Zeit verlieren, die sie stattdessen lieber extern beim<br />

Kunden verwenden würden. Dies wird von Seiten der Zentrale bei Leica bestritten, da<br />

sich interne Anforderungen, die von Leica gestellt werden, in den Märkten nicht wesentlich<br />

unterscheiden.<br />

Im Juli 2004 wurde weltweit an 150 unabhängige Distributoren des Unternehmens,<br />

das die dazu erforderlichen Kontaktinformationen bereitgestellt hatte, ein vierseitiger<br />

Fragebogen versendet, der zu einem zufrieden stellenden Rücklauf von 54 brauchbaren<br />

Fragebögen (effektive Rücklaufquote von 36 Prozent) führte.<br />

Zur Messung der Zufriedenheit wurde erneut auf die von Gassenheimer/Ramsey<br />

(1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen, die anschliessend durch Mittelwertbildung<br />

zu einer Gesamtvariablen zusammengefasst wurde. Um die Gruppen der zufriedenen<br />

und unzufriedenen Distributoren vergleichen zu können, musste die als quasi-metrisch<br />

betrachtete Zufriedenheitsvariable auf ein niedrigeres Skalenniveau transformiert<br />

werden. Dazu wurde ein in der Literatur üblicher „Mediansplit“ angewendet,<br />

um die Stichprobe nach der Zufriedenheit in zwei möglichst gleich grosse Gruppen zu<br />

unterteilen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 414 f.). Der Median liegt im vorliegenden<br />

Fall bei 4.71 von sieben Punktschritten, es ergeben sich zwei Gruppen mit jeweils 27<br />

Fällen. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Überblick zu den sonstigen Informati-


74<br />

Kapitel 3<br />

onsquellen in Absatz 2.4.2.3 (S. 46 ff.) und Tabelle 2-6 (S. 47) verwiesen, die beim<br />

Erstellen der Fallstudie verwendet wurden.<br />

Interne Abstimmung als Basis <strong>für</strong> die Effektivität beim Kunden<br />

Die Gegenüberstellung der relativen Zeitverwendung zufriedener und unzufriedener<br />

Vertriebspartner erfolgt im vorliegenden Fall auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.<br />

Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede sowohl in der Höhe als auch<br />

in der Verwendung der wöchentlichen Arbeitszeit (s. Abbildung 3-5, S. 74):<br />

43.61<br />

Stunden<br />

Unzufriedene Distributoren<br />

Gesamtzeit*<br />

100 %<br />

Reisen<br />

12 %<br />

Planung<br />

2 % Angebotserstellung<br />

n = 27<br />

13 % Interne<br />

Koordination<br />

10 % Administration<br />

21 %<br />

Kundenzeit<br />

Kunden-<br />

42 % Service<br />

17 % Kunden-<br />

Schulung<br />

4 % �<br />

Verkaufsgespräche<br />

21 %<br />

18.32<br />

Stunden<br />

Nicht-Kundenzeit Kundenzeit<br />

*Auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.<br />

Gesamt-<br />

zeit*<br />

100 %<br />

56.47<br />

Stunden<br />

Reisen<br />

15 %<br />

Zufriedene Distributoren<br />

n = 27<br />

Planung<br />

5 % Angebotserstellung<br />

10 %<br />

Administration<br />

22 %<br />

Kundenzeit<br />

33 % Kunden-<br />

Interne<br />

Koordination<br />

15 %<br />

Service<br />

12 % Kunden-<br />

Schulung<br />

5 %Verkaufsgespräche<br />

16 %<br />

18.64<br />

Stunden<br />

Nicht-Kundenzeit Kundenzeit<br />

Abbildung 3-5: Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der Leica Microsystems<br />

(Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Zufriedene Distributoren arbeiten durchschnittlich 56.47 Stunden pro Woche und damit<br />

12.86 Stunden mehr als ihre unzufriedenen Kollegen. Inwieweit sich die Mehrarbeitszeit<br />

kausal auf die Zufriedenheit zurückführen lässt, ist an dieser Stelle jedoch<br />

kaum zu beantworten. Bei ähnlichen Untersuchungen, wie sie z. B. von Mercer Management<br />

Consulting durchgeführt wurden (s. MMC 2003b, S. 5 f.), wird der Zeit, die<br />

ein Vertriebspartner im unmittelbaren persönlichen oder telefonischen Kundenkontakt<br />

verbringt, eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Dies wird mit der Annahme<br />

begründet, dass diese „Kundenzeit“ direkt die Verkaufszahlen und dadurch den Umsatz<br />

erhöht (MMC 2003b, S. 5).<br />

Im Fall Leica verwenden zufriedene und unzufriedene Vertriebspartner absolut gesehen<br />

etwa gleich viel ihrer Zeit auf den telefonischen und persönlichen Kontakt zum


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 75<br />

Kunden (s. Abbildung 3-5; „Kundenzeit“). Trotzdem erreichen zufriedene Distributoren<br />

eine höhere Effektivität (gemessen nach Cravens et al. 1993, S. 58; s. Anhang G -<br />

6, S. 367) und realisieren ein wesentlich grösseres Umsatzvolumen (s. Tabelle 3-4, S.<br />

76) mit den Produkten der Leica Microsystems. Der unterschiedliche Verkaufserfolg<br />

kann also nicht durch die Höhe der <strong>für</strong> den Kunden verwendeten Zeit erklärt werden.<br />

Es bleiben zwei Ansätze, um zu erklären, weshalb unzufriedene und zufriedene Distributoren<br />

unterschiedlich erfolgreich sind: erstens kann sich die Qualität der mit dem<br />

Kunden verbrachten Zeit unterscheiden. So könnten höhere Verkäufe z. B. auf kompetentere<br />

Kundengespräche oder förderliches Verhalten im Kundenkontakt zurückzuführen<br />

sein. Zweitens können etwaige Unterschiede in der Verwendung der Zeit, die nicht<br />

im Kundenkontakt, sondern in dessen Vor- und Nachbereitung verbracht wird, eine<br />

Rolle spielen, weshalb sie näher betrachtet werden müssen. Diese zweitgenannte<br />

„Nicht-Kundenzeit“ stellt ggf. eine kausale Grundlage <strong>für</strong> die erstgenannte Qualität<br />

der „Kundenzeit“ dar.<br />

Die nicht mit dem Kunden verbrachte Zeit erklärt 12.54 Stunden der Mehrarbeitszeit<br />

zufriedener Distributoren, die im Gegensatz zu ihren unzufriedenen Kollegen 37.83<br />

Stunden <strong>für</strong> interne Tätigkeiten und Reisezeiten verbringen (s. Tabelle 3-4, S. 76). Für<br />

eine sorgfältige kunden- und marktbezogene Planung setzen zufriedene Distributoren<br />

im Vergleich zu ihren unzufriedenen Kollegen etwa zwei Stunden mehr ihrer wöchentlichen<br />

Arbeitszeit ein. Erhebliche Unterschiede zeigen sich insbesondere bei der internen<br />

Koordination mit anderen Abteilungen und der Zentrale sowie bei der administrativen<br />

Abstimmung, z. B. bei der finanziellen und logistischen Abwicklung in Zusammenarbeit<br />

mit dem Hersteller Leica. So wenden zufriedene Distributoren 8.47 Stunden<br />

<strong>für</strong> die Koordination mit dem Hersteller auf, während es bei unzufriedenen Distributoren<br />

nur 4.36 Stunden sind. Das heisst, zufriedene Distributoren verbringen wöchentlich<br />

mehr Zeit im Kontakt mit dem Hersteller, indem sie sich mit diesem oder auch mit<br />

anderen internen Abteilungen abstimmen.<br />

Die engere Zusammenarbeit der zufriedenen Distributoren mit dem Hersteller macht<br />

sich auch in der Dauer der Zusammenarbeit bemerkbar: Diese arbeiten durchschnittlich<br />

14.24 Jahre mit dem Hersteller zusammen, während unzufriedene Distributoren<br />

eine mit 4.14 Jahren wesentlich jüngere Beziehung aufweisen. Durch die langjährige<br />

Erfahrung mit dem Hersteller können sich bei den zufriedenen Vertriebspartnern realistische<br />

Erwartungen herausbilden über das, was der Hersteller leisten kann, will und<br />

wird. Hierdurch wird der Unzufriedenheit vorgebeugt. Die lange Beziehungsdauer zu<br />

Leica kann als Resultat von Vertrauen und Verbundenheit betrachtet werden, das erst


76<br />

Kapitel 3<br />

durch den Glauben in die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Unternehmens und die<br />

Bereitschaft, kurzfristig auch Opfer auf sich zu nehmen, ermöglicht wird. Martin<br />

Vogler, Vice President Sales betont, dass „allein die Einarbeitung <strong>für</strong> unsere Art von<br />

Produkten, die sehr komplex sind und nur wenige Standardlösungen beinhalten, acht<br />

bis zwölf Monate dauert. Auch das Wissen um die Applikation bei den Kunden nimmt<br />

einen immer höheren Stellenwert ein. So benötigen Distributoren eine sehr lange Unterstützung<br />

und „Aufsicht“, die auch lange nach dem ersten Jahr noch angeboten<br />

wird.“ Wahrscheinlich ist die lange Beziehungsdauer aber auch Ursache von Vertrauen<br />

und Verbundenheit, die sich erst langfristig herausbilden und festigen können. Vertrauen<br />

und Verbundenheit ihrerseits können, wie bereits weiter oben in Absatz 3.2.1<br />

(S. 56) festgestellt wurde, als Basis <strong>für</strong> die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter<br />

gesehen werden. Durch das beschriebene Kausalgeflecht wird, wie es scheint, der<br />

Markterfolg der zufriedenen Distributoren begünstigt.<br />

Unzufriedene<br />

Distributoren<br />

Zufriedene<br />

Distributoren<br />

Jahresumsatz 2003 (in 1'000 EUR) 111.60 291.11<br />

Effektivität des Verkaufs (nach Cravens et al.<br />

1993, S. 58)<br />

3.20 6.94<br />

Dauer der Zusammenarbeit mit LMS (in Jahren) 4.14 14.24<br />

Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Besuche<br />

beim Hersteller<br />

Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Meetings mit<br />

anderen (externen) Vertriebsmitarbeitern<br />

Anzahl der Tage pro Jahr <strong>für</strong> Schulung<br />

und Weiterbildung<br />

Anzahl an Mitarbeitern im Vertriebsinnendienst<br />

(gesamt pro Distributor)<br />

10.03 23.24<br />

7.87 19.91<br />

7.07 12.35<br />

2.13 3.29<br />

Tabelle 3-4: Quantilsvergleich <strong>für</strong> unzufriedene und zufriedene Distributoren der<br />

Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Für die bedeutende Rolle der starken internen Verzahnung mit dem Hersteller spricht<br />

auch die mit grossem Abstand höhere Anzahl von Tagen (pro Jahr), die zufriedene<br />

Distributoren aufwenden, um Besuche beim Hersteller vorzunehmen oder andere<br />

Distributoren z. B. auf regionalen Sales-Meetings zu treffen (s. Tabelle 3-4). Vielleicht<br />

bewegt Leica die zufriedeneren Distributoren deshalb dazu, stärker in ihr Know-How<br />

zu investieren, denn sie nutzen mehr Arbeitstage pro Jahr zur eigenen Schulung und<br />

Weiterbildung, was ihrem Erfolg ebenfalls förderlich ist.


Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 77<br />

Um das Zustandekommen der Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen<br />

Distributoren weiter zu untersuchen, wurden weitere Variablen analysiert. Etwas erstaunlich<br />

ist das Ergebnis, dass zufriedene Distributoren persönlich stärker in die<br />

„Nicht-Kundenzeit“ investieren, obgleich sie durchschnittlich über mehr Ressourcen<br />

im Innendienst verfügen als unzufriedene Distributoren. Es konnten keine nennenswerten<br />

Unterschiede in der Länderzugehörigkeit, der Verantwortlichkeit in Bezug auf<br />

Produktgruppen oder der Grösse des zuständigen Vertriebsteams ermittelt werden.<br />

Zufriedenheit als Ursache und Konsequenz enger Zusammenarbeit<br />

Es lässt sich festhalten, dass der Vorbereitungszeit und der internen Abstimmung<br />

scheinbar eine nicht zu unterschätzende Rolle <strong>für</strong> die Effektivität beim Verkaufsgespräch<br />

zukommt. Eine solide Planung und die Koordination schaffen die Grundlage<br />

<strong>für</strong> erfolgreiche Verkaufsgespräche bei Leica Distributoren. Ebenso scheint die Dauer<br />

der Beziehung durch Zufriedenheit begünstigt, die ihrerseits wiederum Vorteile<br />

schafft, die zu höherem Verkaufserfolg führen.<br />

Aus Sicht des Herstellers Leica scheint es daher vorteilhaft Massnahmen zu ergreifen,<br />

um die Zufriedenheit zu fördern. Im Rahmen der Befragung vom Juli 2004 wurden<br />

gleichzeitig Verbesserungsvorschläge der Distributoren erfasst, die auf einem mehrtägigen<br />

internationalen Distributorenmeeting im September 2004 gemeinschaftlich diskutiert<br />

und in Kleingruppen bearbeitet wurden (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37). Erste Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit bieten die Ergebnisse, die in<br />

den Kleingruppen von Distributoren und Herstellern gemeinsam erarbeitet wurden.<br />

Martin Vogler betont: „Insgesamt lege ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

grössten Wert auf die Pflege einer guten Beziehung zu unseren Vertriebspartnern.<br />

Verkaufen ist ein ‚Beziehungsdelikt’. Um dieses erfolgreich zu begehen, müssen auch<br />

Vertriebspartner Beziehungen aufbauen, sowohl zum Kunden als auch zu anderen<br />

Mitgliedern der Vertriebsorganisation.“


78<br />

4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller<br />

und Vertriebspartner<br />

Kapitel 4<br />

4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren<br />

4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten<br />

Jede Beurteilung, die Vertriebspartner in Bezug auf die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit<br />

mit dem Hersteller vornehmen, erfolgt vor dem Hintergrund der von ihnen<br />

wahrgenommenen lokalen Bedingungen. Es wird unterstellt, dass der situative Kontext<br />

die Wirkungen der Vertriebsgestaltung auf Einstellungs-, Verhaltens- und Erfolgsvariablen<br />

moderiert (Özsomer/Prussia 2000, S. 27; Jaworski 1988, S. 25). Identische<br />

Aktivitäten des Herstellers können danach in einer bestimmten lokalen Situation<br />

<strong>für</strong> den Erfolg des Vertriebspartners als dienlich beurteilt werden, während sie in einer<br />

anderen Situation, so z. B. in einem anderen Ländermarkt als unbrauchbar oder sogar<br />

hinderlich wahrgenommen werden (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 215). Gelingt es<br />

dem Herstellerunternehmen, die Erfordernisse der lokalen Situation zu berücksichtigen,<br />

trägt er zur Zufriedenheit der Vertriebspartner und damit der Verkaufsleistung<br />

und dem Markterfolg bei.<br />

Die lokale Situation von Vertriebspartnern wird durch verschiedene Kontextfaktoren<br />

bestimmt. In Abhängigkeit der Zugehörigkeit zum Vertriebssystem (s. Absatz 2.3.1, S.<br />

21) kann zwischen einer systeminternen und einer systemexternen Komponente der<br />

Situation unterschieden werden (s. Tomczak 1989, S. 11; Staehle 1977, S. 112 f.;<br />

Kieser 1999a, S. 175; Belz 1993, S. 6 f.). Die systeminterne Komponente der Situation<br />

betrifft sämtliche Kontextfaktoren die dem Vertriebssystem angehören und im Einflussbereich<br />

von Mitgliedern des Vertriebssystems liegen (s. Jaworski 1988, S. 26).<br />

Die systemexterne Komponente hingegen umfasst solche Kontextfaktoren, die nicht<br />

Elemente des Vertriebssystems sind (s. Abbildung 4-1).<br />

Lehnt man sich an bestehende Konzeptualisierungen nach Jaworski (1988, S. 25) und<br />

Ruekert et al. (1985, S. 17) an, so gehören zur systeminternen Komponente der lokalen<br />

Situation die Personen, die mit dem Management des lokalen Vertriebs betraut<br />

sind, die lokale Vertriebsorganisation sowie die Organisation des Herstellerunternehmens,<br />

die einen Rahmen <strong>für</strong> das lokale Vorgehen darstellt. Zur systemexternen Komponente<br />

gehören das allgemeine lokale Umfeld sowie die spezifische Markt- und Kundensituation<br />

(s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 217; Jaworski 1988, S. 25;<br />

Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3).


Die lokale Situation der Vertriebspartner 79<br />

Organisation<br />

des<br />

Herstellerunternehmens<br />

Spezifische<br />

Markt- und<br />

Kundensituation<br />

Manager<br />

des lokalen<br />

Vertriebs<br />

Situation des<br />

Vertriebspartners<br />

Allgemeines<br />

lokales<br />

Umfeld<br />

Lokale<br />

Vertriebsorganisation<br />

Abbildung 4-1: Interne und externe Komponenten der lokalen Situation<br />

„Interne Komponente“<br />

Kontextfaktoren des<br />

Vertriebssystems<br />

„Externe Komponente“<br />

Kontextfaktoren<br />

der Umwelt<br />

Auf Basis der durchgeführten Interviews im Rahmen dieser Arbeit (s. „Explorative<br />

Interviews“ in Tabelle 2-3, S. 37) konnten eine Reihe von Variablen identifiziert werden.<br />

Diese wurden auf der Grundlage der bestehender Konzeptualisierungen (s.<br />

Özsomer/Prussia 2000, S. 30; Gencturk/Aulakh 1995, S. 760; Jaworski 1988, S. 25;<br />

Ruekert et al. 1985, S. 17; Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3; Achrol et al. 1983, S. 30)<br />

sowie aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen (s. Kieser 1999a, S. 175) den fünf oben<br />

genannten Kontextfaktoren zugeordnet. Tabelle 4-1 zeigt diese Variablen, welche die<br />

interne und externe Komponente der Situation von Vertriebspartnern weiter konkretisieren.<br />

Kontextfaktor Variablen<br />

Manager des lokalen Vertriebs • Fähigkeiten,<br />

• Verbundenheit und Engagement,<br />

• Erfahrung,<br />

• Persönlichkeit.<br />

Lokale Vertriebsorganisation<br />

• Markterfolg,<br />

• Ressourcen,<br />

• Dauer der Zusammenarbeit,<br />

• Rechtliche Zugehörigkeit,<br />

• Marktphase,<br />

Organisation des<br />

Herstellerunternehmens<br />

Spezifische Markt- und<br />

Kundensituation<br />

• Marktverantwortung.<br />

• Branche,<br />

• Unternehmensgrösse,<br />

• Ressourcenausstattung,<br />

• Internationale Erfahrung,<br />

• Unternehmenskultur.<br />

• Wettbewerbssituation,<br />

• Kundenstruktur und -bedürfnisse.


80<br />

Kapitel 4<br />

Allgemeines lokales Umfeld • Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische<br />

Bedingungen,<br />

• Zeitverschiebung,<br />

• Geografische Distanz.<br />

Tabelle 4-1: Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation<br />

Zahl und Benennung der Kontextfaktoren bleiben zwar langfristig konstant, die Ausprägung<br />

der Variablen aber, deren relatives Gewicht und Konstellation sind nach<br />

Staehle (1977, S. 114) im Zeitablauf variabel. Aus Sicht der Zentrale bedeutet dies,<br />

dass regelmässige Situationsanalysen erforderlich sind, um die Handlungskonzepte<br />

den Veränderungen der lokalen Situationen anzupassen. Die Variablen der Tabelle 4-1<br />

stammen aus Einzelinterviews und Literaturhinweisen (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Die Variablen können je nach Unternehmen und Schwerpunkt ergänzt<br />

oder weiter aufgesplittet werden. Auch die Zuordnung der Variablen zu den<br />

Kontextfaktoren sollte sich am jeweiligen Untersuchungszweck ausrichten und wurde<br />

im vorliegenden Fall nach eigenen Plausibilitätsüberlegungen vorgenommen (s. Kieser<br />

1999a, S. 175).<br />

Alle fünf Kontextfaktoren sind gleichzeitig Forderung und Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Entscheidungen<br />

und Massnahmen der Zentrale. Das Top-Management von Tochtergesellschaften<br />

fordert, dass sich die Zentrale zunächst mit der lokalen Situation vertraut<br />

macht, um „gute“ Entscheidungen treffen zu können (Kim/Mauborgne 1993, S. 11),<br />

mit denen sie die lokale Professionalität erhöht. Nach Belz (1994, S. 24) bereitet der<br />

Zentrale jedoch bereits allein die Erfassung der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten.<br />

Dies betont die Notwendigkeit, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die<br />

einen besseren Informationsstand in den zentralen Stellen ermöglichen. Erst damit<br />

wird es möglich, über die situative Eignung von Entscheidungen und die Vorteilhaftigkeit<br />

deren potenzieller Anpassung zu urteilen.<br />

Im Folgenden werden die systemexternen und -internen Kontextfaktoren näher untersucht,<br />

die wichtige Determinanten der lokalen Situation von Vertriebspartnern darstellen.<br />

4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />

4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds<br />

Das allgemeine lokale Umfeld beschreibt die sozialen, politischen, regulativen, ökonomischen<br />

und technologischen Bedingungen der Vertriebspartner (Jaworski 1988, S.<br />

25; s. auch Belz/Reinhold 1999a, S. 55 ff.). Der Fremdheitsgrad dieses Umfelds - im


Die lokale Situation der Vertriebspartner 81<br />

Vergleich zum Umfeld des Stammhauses - scheint hierbei von besonderer Bedeutung.<br />

Es besteht die Gefahr, dass Probleme und Lösungen der Führung, die im Land der<br />

Zentrale erfolgreich sind, ins Gastland übertragen werden und dort versagen. (Dülfer<br />

1992, S. 170 ff.) Der Entscheidungsträger in der Zentrale hat ein Informationsdefizit,<br />

d. h. er kann die inhaltlichen Konsequenzen von Umfeldeinflüssen nicht erkennen, da<br />

er die entsprechenden Umfeld-Elemente nicht zutreffend zu interpretieren weiss, bzw.<br />

„nicht versteht“ (Dülfer 1992, S. 172, 191 f.). Die im Rahmen dieser Untersuchung<br />

geführten Interviews untermauern den Hinweis von Dülfer (1992, S. 194), dass es sich<br />

aus Sicht der Hersteller um Umstände handelt, „auf die niemand gekommen wäre“<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Nach Sheth (2001, S. 6 ff.) gleichen sich die Umfeldfaktoren zumindest auf regionaler<br />

Ebene immer weiter an, so dass sie immer weniger Differenzierung im Marketing verlangen.<br />

Vertriebsleiter berichten darüber, dass sich insbesondere durch die EUbedingten<br />

Harmonierungsbestrebungen die technischen, kommerziellen und rechtlichen<br />

Anforderungen der Märkte immer mehr angleichen (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Ebenfalls tragen das einheitliche Währungssystem sowie die erhöhte<br />

Mitarbeitermobilität in der EU dazu bei, dass länderspezifische Unterschiede an<br />

Bedeutung verlieren. Zwischen den Vertriebsregionen wie z. B. zwischen West- und<br />

Osteuropa, USA und Asien spielen die allgemeinen Umfeldbedingungen, die durch<br />

Währungsunterschiede, die politische Stabilität, die Inflationsrate, das Bildungsniveau<br />

der Bevölkerung, oder die verfügbare Infrastruktur beeinflusst werden, nach wie vor<br />

eine bedeutende Rolle (Belz/Reinhold 1999a, S. 55). Eine mangelhafte Infrastruktur<br />

führt insbesondere in Entwicklungsländern zu einer unzureichenden Verfügbarkeit in<br />

den Bereichen Transport, Kommunikation sowie der physischen, finanziellen und<br />

Human-Ressourcen (s. Achrol et al. 1983, S. 57 f.). Die unzureichende Verfügbarkeit<br />

der Infrastruktur erfordert deshalb zumindest auf regionaler Ebene eine Anpassung des<br />

Steuerungsinstrumentariums <strong>für</strong> Vertriebspartner und der auf externe Kunden gerichteten<br />

Marketing-Instrumente (Sheth 2001, S. 5).<br />

Nach Aussage von Mitarbeitern internationaler Vertriebsgesellschaften wird die Häufigkeit<br />

und das Ausmass von Problemen, die auf die Unkenntnis der fremden Umfeldbedingungen<br />

zurückzuführen sind, in den Stammhäusern weder ausreichend und zutreffend<br />

wahrgenommen noch genügend berücksichtigt (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings muss andererseits auch betont werden, dass gerade die<br />

Anstrengungen, die in internationalen Konzernen durch die Einrichtung von regiona-


82<br />

Kapitel 4<br />

len Headquarters unternommen werden, dazu beitragen, die Unterschiede zwischen<br />

den Regionen zu berücksichtigen.<br />

Häufig wird das Umfeld stark reduziert durch die Eigenschaften „Unsicherheit“, „Dynamik“<br />

und „Komplexität“ beschrieben (s. Ruekert et al. 1985, S. 17 ff.; Jaworski<br />

1988, S. 28; Godet 1998, S. 322). Diese Eigenschaften geben den Grad der Instabilität<br />

und der Unvorhersehbarkeit des allgemeinen Umfelds an (Jaworski 1988, S. 16). Je<br />

unsicherer das lokale Umfeld ist desto mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität benötigen<br />

die lokalen Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 28 f.). Entscheidungen sollten<br />

stärker dezentral getroffen werden (Özsomer/Prussia 2000, S. 33), da das Management<br />

in der Zentrale in unsicheren, dynamischen Situationen nicht die notwendigen Kenntnisse<br />

besitzt, um im lokalen Markt zu operieren. Weiterhin muss die Zentrale auf Veränderungen<br />

der lokalen Bedingungen reagieren, indem sie das Ausmass ihrer Unterstützung<br />

verändert, wie z. B. bei der Deregulierung von Märkten und dem dadurch<br />

entstehenden neuen lokalen Wettbewerbsdruck (Godet 1998, S. 322).<br />

Neben der Unsicherheit und Dynamik unterscheidet sich die Situation der Vertriebspartner<br />

durch die kulturellen Unterschiede zum Stammhaus. An dieser Stelle liessen<br />

sich viele exotische Unterschiede zwischen Landeskulturen nennen. Dülfer (1992, S.<br />

108) definiert kulturelle Unterschiede zwischen Ländern und Regionen als Unterschiede<br />

in der Form von „Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und<br />

alle(n) anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft<br />

erworben hat“. Kulturelle Unterschiede werden in der Literatur jedoch häufig<br />

eher in Form von Anekdoten zitiert, als wissenschaftlich untersucht (Sheth 2001, S.<br />

5; anders: s. Hall 1960; Hofstede 1983; Hofstede 1998; Kluckhohn/Strodtbeck 1961).<br />

Fallbeispiel 4-1 ist eine von zahlreichen dieser Anekdoten, die dem Autor bei der<br />

Durchführung der Interviews geschildert wurden.<br />

Europäische Reportinganforderungen und Geschäftspraktiken in China<br />

Corus Bausysteme GmbH, Koblenz, Deutschland<br />

Im weltweiten Reporting der Corus Bausysteme GmbH werden neben finanziellen Kennzahlen auch<br />

andere Grössen, wie z. B. solche aus dem Personalwesen monatlich erfasst. Eine wichtige Grösse ist<br />

dabei die Mitarbeiterzahl eines Unternehmensbereichs.<br />

In China kam es zu lokalen Schwierigkeiten beim Ausfüllen der elektronischen Formulare, die eine<br />

Angabe dieser monatlichen Mitarbeiterzahl vorsahen. Aus Sicht der in Europa ansässigen Zentrale<br />

konnte lange Zeit nicht nachvollzogen werden, weshalb die chinesische Tochter nur unregelmässig<br />

und teilweise nur schwer nachvollziehbare Angaben bezüglich der Mitarbeiteranzahl meldete. Erst<br />

nach einiger Zeit konnte festgestellt werden, dass die lokal üblichen Geschäftspraktiken der Angabe<br />

einer monatlichen Mitarbeiterzahl entgegenstanden: In China ist es üblich, so auch bei Corus, dass bei<br />

Spitzenauslastungen noch morgens am Werkstor geeignete Mitarbeiter <strong>für</strong> einen Tag rekrutiert werden.<br />

Zum grossen Teil werden diese auch nicht namentlich erfasst, sondern bar ausgezahlt. „Die stehen<br />

morgens vor dem Werkstor und da nimmt man so viel Mann, wie man braucht“, so ein Mitarbei-


Die lokale Situation der Vertriebspartner 83<br />

ter des Unternehmens. Dies war bei der Entwicklung der Eingabemaske, die nach europäischen Geschäftspraktiken<br />

entworfen war, nicht berücksichtigt worden.<br />

Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus Bausysteme<br />

GmbH (Einzelinterview Pritzkow 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />

Nach Belz (1994, S. 24) sind kulturelle Unterschiede in grundsätzlichen Rahmenbedingungen<br />

zwar wichtig, die konkrete Markt- und Unternehmensanalyse sei aber entscheidender<br />

(Belz 1994, S. 24). Unterschiede in den Märkten sind durch Unterschiede<br />

in der Marktbearbeitung zu berücksichtigen. Aus dem Fremdheitsgrad gegenüber dem<br />

Stammhaus ergeben sich allerdings auch Unterschiede <strong>für</strong> die interne Zusammenarbeit,<br />

die bei der Unterstützung und der Koordination durch die Zentrale berücksichtigt<br />

werden sollten. Aus gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen des Landes resultieren<br />

z. B. unterschiedliche Arbeitszeiten-, Werktags- und Feiertagsregelungen zwischen<br />

dem Stamm- und Gastland, aus denen Probleme in der telefonischen Kommunikation<br />

entstehen können. Es gibt u.U. nur wenige gemeinsame Werktage, wenn z. B. die Ruhetagsregelungen,<br />

wie in arabischen Ländern, in denen der Freitag ein Ruhetag ist,<br />

wohingegen der Samstag und der Sonntag zur Woche gehören, von denen des Stammlandes<br />

abweichen. Ausserdem sind unterschiedliche Feiertage in Zentrale und Niederlassungen<br />

häufig nicht bekannt, zumal sie in verschiedenen Gebieten eines Landes von<br />

der Religionszugehörigkeit bestimmt werden.<br />

Die Zeitverschiebung erschwert die Kommunikation ebenfalls, da bei kurzfristigen<br />

und wichtigen Entscheidungen eine telefonische Erreichbarkeit in der Zentrale u.U.<br />

nicht immer gegeben ist. Bei einer Zeitverschiebung von neun Stunden wird die telefonische<br />

Erreichbarkeit des Schweizer Herstellerunternehmens <strong>für</strong> einen Vertriebspartner<br />

in Kalifornien zum Problem, da nur wenig gemeinsame Arbeitszeit besteht.<br />

Um genügend Erreichbarkeit zu garantieren, müssen Hersteller deshalb häufig nicht<br />

unwesentliche Ressourcen aufwenden, oder delegieren weitere Entscheidungskompetenzen<br />

an Vertriebspartner.<br />

Letztlich gehen kulturelle Unterschiede und Unterschiede in der Zeitzone meist einher<br />

mit der geografischen Distanz zum Herstellerunternehmen. Mit zunehmender geografischer<br />

Distanz entzieht sich der Vertriebspartner dem physischen Einflussbereich des<br />

Herstellerunternehmens (z. B. seltenere Besuche, weniger Kontrollmöglichkeiten, teure<br />

und zeitaufwendige Flüge). Für unterschriftspflichtige Dokumente wird viel Zeit<br />

benötigt. Eine kurzfristige Änderung im Rahmenvertrag mit einem Kunden, der in der<br />

Zentrale zur Unterschrift vorgelegt werden muss, verzögert die Zusammenarbeit mit<br />

dem Kunden ggf. erheblich. So benötigt ein per Einschreiben versandtes Dokument<br />

von Singapur nach Berlin ca. zehn Tage und nach Angaben der Deutsche Post AG <strong>für</strong>


84<br />

Kapitel 4<br />

den Rückweg (per Einschreiben) nach Singapur im Durchschnitt sechs bis acht Tage.<br />

Rechnet man <strong>für</strong> die Bearbeitung des Dokumentes nur ein bis zwei Tage, so dauert<br />

allein der Transfer knapp drei Wochen. Auch in diesem Fall können Lösungen wie<br />

Vorabbescheide per Fax und E-Mail hilfreiche Unterstützung bieten, die aber in der<br />

Zentrale nicht immer akzeptiert werden.<br />

4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb<br />

Das operative oder „Aufgaben“-Umfeld umfasst alle <strong>für</strong> die lokale Aufgabenerfüllung<br />

relevanten Parteien wie Kunden, Wettbewerber und lokale Lieferanten (Jaworski<br />

1988, S. 25). Letztere spielen <strong>für</strong> die Erfüllung lokaler Vertriebsaufgaben eine eher<br />

untergeordnete Rolle und werden deshalb nicht weiter einbezogen. Aufgrund ihrer<br />

Bedeutung werden an dieser Stelle die folgenden Variablen der Kunden- und Wettbewerbssituation<br />

vertiefend erläutert:<br />

• Wettbewerbsintensität und -position,<br />

• Art und Veränderung von Kundenwünschen,<br />

• Struktur aus globalen und lokalen Kunden.<br />

Die Wettbewerbsintensität definiert Jaworski als „degree of rivaltry among firms producing<br />

products that are close substitutes“ (Jaworski 1988, S. 29). Die Wettbewerbsintensität<br />

kann verschiedene Aspekte der Rivalität betreffen, bspw. über Produkte und<br />

Leistungen, Preise oder die Kommunikation. Verschiedene Untersuchungen haben<br />

gezeigt, dass die Unternehmensführung bei hoher Wettbewerbsintensität dazu neigt,<br />

einen Fokus auf „Management by Objectives“ zu legen und nicht etwa auf Prozessvorgaben,<br />

die in einem dynamischen Wettbewerb schwieriger zu überwachen sind<br />

(Jaworski 1988, S. 26; Ruekert et al. 1985, S. 18).<br />

Das Kundenverhalten, ihre Bedürfnisse und lokale Anforderungen an die Produktgestaltung<br />

können sich massgeblich vom Stammland unterscheiden. Besonders in der<br />

Verhandlungsführung spielen auch Mentalitätsunterschiede eine Rolle (Belz 1994, S.<br />

24), was bspw. die Hilti AG nach einigen Schwierigkeiten dazu bewogen hat, in Asien<br />

den Niederlassungsleiter aus dem Gastland statt aus eigenen Reihen zu rekrutieren<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). An dieser Stelle zeigen sich auch die<br />

Beziehungen zwischen den Kontextfaktoren. So stellen die kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Bedingungen des Gastlandes nicht nur <strong>für</strong> den Anbieter, sondern auch <strong>für</strong><br />

den Kunden und den Wettbewerb eine wichtige Rahmenbedingung dar.


Die lokale Situation der Vertriebspartner 85<br />

Das Headquarters hat im Vertrieb bei fast allen Instrumenten die Möglichkeit, zwischen<br />

international standardisierten und damit kosteneffizienten Lösungen einerseits<br />

und lokal angepassten effektiven Lösungen andererseits zu wählen. Wenn lokale Bedürfnisse<br />

sich stark vom Heimatmarkt unterscheiden und sich der Zielmarkt stark verändert,<br />

ist es <strong>für</strong> Manager im Stammhaus schwierig, die notwendigen Kenntnisse zu<br />

haben, um im lokalen Markt angemessen zu reagieren (Özsomer/Prussia 2000, S. 33;<br />

Garnier 1982, S. 894). Özsomer/Prussia (2000, S. 33) konnten empirisch belegen, dass<br />

deshalb in Märkten mit hohen Anforderungen an die lokale Kenntnis von Kunden und<br />

Wettbewerb, die lokal getroffenen Marketingentscheidungen tendenziell zu einer höheren<br />

lokalen Performance führen als zentrale Entscheidungen. Sheth (2001, S. 7 ff.)<br />

relativiert allerdings die zukünftige Bedeutung von lokalen Kundenbedürfnissen aus<br />

zwei Gründen: Erstens geht er von einer Entwicklung von „international differences“<br />

hin zu „transnational similarities“ aus, in der sich die Bedürfnisse durch verschiedene<br />

Entwicklungen global immer ähnlicher werden. Zweitens betont er die zunehmende<br />

Bedeutung von „Global Accounts“, die <strong>für</strong> Anbieterunternehmen eine oftmals weltweit<br />

ähnliche Bearbeitung bedeuten und lokale Anpassungen entbehrlich machen<br />

(Sheth 2001, S. 8).<br />

Die Unterscheidung der Kundenstruktur in lokale und globale Kunden („Global Accounts“)<br />

wird <strong>für</strong> den <strong>Industriegüter</strong>vertrieb immer wichtiger. Einerseits verlangen<br />

globale Kunden Konzepte, die zwischen verschiedenen Märkten abgestimmt sind. Andererseits<br />

treten landesspezifische Besonderheiten der verschiedenen Märkte häufiger<br />

in den Hintergrund, desto zentralistischer ein international tätiges Kundenunternehmen<br />

geführt wird. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Stammhaus und Vertriebspartner<br />

stellt die Betreuung international tätiger Kunden indessen eine zentrale Herausforderung<br />

dar. Es sind zentrale Konditionenvereinbarungen, Mehrfachanfragen des<br />

Kunden in verschiedenen Verkaufseinheiten und Kompetenzverschiebungen bei der<br />

Einführung eines Global-Account Managements, die sich zu wichtigen Streitpunkten<br />

entwickeln können. Die länderübergreifende Koordination eines Kundenkontaktes<br />

bringt zwangsläufig eine Kompetenzverschiebung mit sich, die meist zu Gunsten von<br />

zentralen Koordinatoren, bspw. globalen Key-Account Managern erfolgt (Belz et al.<br />

2004, S. 56). Da es sich bei den globalen Accounts meist auch in den einzelnen Ländern<br />

um grosse und damit wichtige Kunden handelt, entstehen Interessenskonflikte<br />

zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen, wenn die Abstimmung zwischen<br />

den Ländern Kompromisse seitens der Vertriebspartner erfordert. Diese Aussage<br />

wird durch die Analyse der Boxplots in Abbildung 4-2 unterstützt, die auf Basis der<br />

„Vertriebsbefragung 2004“ (s. Tabelle 2-3, S. 37) durchgeführt wurde.


86<br />

hoch<br />

Konfliktniveau<br />

(z-Werte)<br />

niedrig<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

-1.0<br />

-2.0<br />

Fälle mit Schwerpunkt<br />

„Globale Kunden“<br />

(1. Quartil)<br />

Fälle mit Schwerpunkt<br />

„Lokale Kunden“<br />

(4. Quartil)<br />

Arithmetisches Mittel .125 -.134<br />

Median .094 -.433<br />

N 52 79<br />

Abbildung 4-2: Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

(p < .10)<br />

Kapitel 4<br />

Abbildung 4-2 vergleicht Vertriebspartner, deren Kundenstruktur überwiegend aus<br />

international tätigen oder aber aus überwiegend lokal tätigen Kundenunternehmen besteht.<br />

Als Vergleichsmassstab dienen Verteilungsparameter des Konfliktniveaus zwischen<br />

Herstellerunternehmen und Vertriebspartner. Zur Messung des Konfliktniveaus<br />

wurde erneut auf die Operationalisierung nach Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s.<br />

Anhang G - 3, S. 365), die z-standardisierte Konfliktwerte liefert. Es sei an dieser Stelle<br />

noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Nullpunkt des Konfliktniveaus nicht<br />

etwa aus inhaltlichen Aspekten ergibt, sondern aus der Transformation der Gesamtstichprobe<br />

in die Standardnormalverteilung. Deren Erwartungswert liegt definitionsgemäss<br />

bei Null. Die ursprünglich ordinal skalierte Variable „Kundenstruktur“ wurde<br />

<strong>für</strong> den Gruppenvergleich in eine kategoriale Variable transformiert, weshalb die<br />

Quartile jeweils nicht exakt 25 Prozent der Fälle auf sich vereinen. Das erste Quartil<br />

entspricht deshalb den Werten „1“ und „2“, das vierte Quartil den Werten „6“ und „7“<br />

der ursprünglichen Skala.<br />

Als Ergebnis zeigt sich, dass das arithmetische Mittel bei Vertriebspartnern mit globalen<br />

Kunden jenes der Vertriebspartner mit lokalen Kunden übertrifft. Das bedeutet,<br />

dass es bei solchen Vertriebspartnern, die eine hohe Anzahl internationaler Kunden<br />

haben, die also in verschiedenen Ländern des Anbieterunternehmens tätig sind, zu<br />

häufigeren und stärkeren Konflikten mit dem Hersteller kommt. Um eine Zufälligkeit


Die lokale Situation der Vertriebspartner 87<br />

der Mittelwertunterschiede auszuschliessen, wurde aufgrund der leichten Abweichung<br />

von der Normalverteilung ein nicht-parametrischer Test ausgewählt und durchgeführt.<br />

Der U-Test nach Mann und Whitney zeigt, dass eine Zufälligkeit des Ergebnisses auf<br />

einem Niveau von 90 Prozent (p


88<br />

4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation<br />

4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation<br />

Kapitel 4<br />

Die spezifischen Eigenschaften der Herstellerorganisation stellen <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />

eine wichtige Rahmenbedingung dar, weil sie <strong>für</strong> die Zusammenarbeit und das Vorgehen<br />

am Markt bestimmend sind. Besonders wichtig <strong>für</strong> die lokale Situation erscheinen<br />

die Branche, die Grösse und die Finanzkraft sowie die Erfahrung des Stammhauses im<br />

internationalen Markt.<br />

Die Art der Produkte und Leistungen und damit die Branche bestimmen die Anforderungen<br />

an die Zusammenarbeit wesentlich (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 87 f.): Ein lokaler<br />

Verkäufer im Produktgeschäft (bspw. Chemikalien, Bohrmaschinen, Dübel, Fahrzeuge)<br />

ist anderen Anforderungen von Kundenseite und damit auch in der Zusammenarbeit<br />

ausgesetzt als ein Verkäufer von maschinellen Anlagen, die kundenspezifisch<br />

angepasst werden müssen. Der Informationsfluss und die Notwendigkeit einer Abstimmung,<br />

ggf. auch die Anzahl der internen Kontakte, die <strong>für</strong> einen Kundenauftrag<br />

notwendig sind, können sich zwischen verschiedenen Branchen grundlegend unterscheiden.<br />

Backhaus (2003, S. 305) unterscheidet Geschäftstypen im <strong>Industriegüter</strong>bereich<br />

nach dem Grad der Anonymität und der Spezifität. Beides gibt an, ob Produkte<br />

mehrfach vorgefertigt an einen anonymen Markt verkauft oder kundenspezifisch in<br />

komplexen Projekten erstellt und vermarktet werden (Backhaus 2003, S. 305 f.). Letzterer<br />

Geschäftstyp stellt höchste Anforderungen an die Kompetenz der Vertriebspartner,<br />

an die Zusammenarbeit und an die Unterstützung durch die Zentrale.<br />

Neben der Branche sind es die Grösse des Gesamtunternehmens und dessen Finanzkraft,<br />

die einerseits über Spielräume entscheiden, die in der Zusammenarbeit gewährt<br />

werden können. Andererseits wird hierdurch aber auch über den zentralen Professionalitätsgrad<br />

entschieden und damit über die Anforderungen an die lokalen Vertriebspartner.<br />

Bei den Gesprächen mit Vertriebsleitern stellte sich heraus, dass grössere Unternehmen<br />

häufig durch ihre Finanzkraft eine stärkere Kontrolle und Macht über ihre<br />

Vertriebspartner haben und diese deshalb straffer führen können (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei muss allerdings unterschieden werden zwischen<br />

der Grösse des Gesamtunternehmens und der Anzahl der <strong>für</strong> den internationalen Vertrieb<br />

zuständigen Mitarbeiter in der Zentrale (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.). Je<br />

mehr Mitarbeiter sich in der Zentrale mit dem internationalen Vertrieb beschäftigen,<br />

desto häufiger kommt es zu internen Anfragen, Änderungen oder Vorgaben <strong>für</strong> den<br />

lokalen Vertrieb (Belz/Reinhold 1999a, S. 94) und es wird schwieriger, alle Mitarbeiter<br />

in der Zentrale mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen. Eine höhere


Die lokale Situation der Vertriebspartner 89<br />

Mitarbeiterzahl im zentralen Vertrieb ermöglicht aber gleichzeitig eine bessere Erreichbarkeit<br />

und Verfügbarkeit bei lokalem Bedarf, bspw. zur Begleitung bei Kundenbesuchen<br />

oder aber zur Unterstützung bei anderen kaufmännischen oder technischen<br />

Problemen (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Letztlich ist aber auch die Erfahrung des<br />

Stammhauses im internationalen Geschäft <strong>für</strong> die Professionalität der Unterstützung<br />

entscheidend (Eriksson et al. 2001, S. 23 ff.; Gencturk/Aulakh 1995, S. 761 f.), die<br />

Vertriebspartnern in verschiedenen lokalen Situationen gewährt wird. Es sind die langjährigen<br />

Mitarbeiter aus der Zentrale, denen eine zunehmend bessere Einschätzung der<br />

lokalen Bedürfnisse gelingt und die Erfahrung über die Eignung verschiedener Handlungsalternativen<br />

besitzen (Gencturk/Aulakh 1995, S. 762).<br />

Anzumerken bleibt, dass die situative Determinante „Herstellerorganisation“ nur dann<br />

zwischen Vertriebspartnern differenziert, wenn Vertriebspartner verschiedener Unternehmen<br />

oder verschiedener Unternehmensbereiche miteinander verglichen werden.<br />

Für den Vergleich von Vertriebspartnern einer bestimmten Zentrale ist die Determinante<br />

hingegen weniger geeignet, da sie in Bezug auf die Finanzkraft, die Organisationsgrösse,<br />

die Branche und die Erfahrung <strong>für</strong> alle die gleiche Rahmenbedingung darstellt.<br />

4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation<br />

Die lokale Vertriebsorganisation zeichnet sich zunächst durch ihre lokalen Ressourcen<br />

und Kompetenzen aus. Einige der vom Autor befragten Unternehmen hatten gleichzeitig<br />

selbstständige Agenten, Vertretungen und auch mitarbeiterstarke Tochtergesellschaften<br />

in ihrem Vertriebspartnerportfolio (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37). Mit zunehmender Grösse einer Organisationseinheit kann auch ein zunehmender<br />

Ressourcenbedarf <strong>für</strong> die Koordination und Kontrolle unterstellt werden (Ford/Slocum<br />

Jr. 1977, S. 565). Bei der Gestaltung des internationalen Vertriebs wird dies häufig<br />

nicht beachtet: Trotz der unterschiedlichen Grösse der lokalen Vertriebsorganisationen<br />

werden Reportinganforderungen oder die lokal zu verwendenden Marketinginstrumente<br />

der Einfachheit und Vergleichbarkeit halber häufig standardisiert. Auf Ressourcenprobleme,<br />

die insbesondere kleinere Niederlassungen bei der Erfüllung dieser standardisierten<br />

Anforderungen haben, geht die Zentrale häufig nicht ein. Dabei bedeutet ein<br />

umfangreiches Reporting <strong>für</strong> eine Ein-Mann-Vertretung („One-man-Show“) u.U. eine<br />

nicht zu bewältigende Aufgabe, während eine fünfundzwanzigköpfige Tochtergesellschaft<br />

den Anforderungen durch ihre eigene Finanzbuchhaltung mühelos gerecht werden<br />

kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).


90<br />

Kapitel 4<br />

Ebenso unterschiedlich wie die lokale Niederlassungsgrösse kann deren Position im<br />

lokalen Markt sein, die u. a. durch die Marktphase des Vertriebspartners, aber auch<br />

durch andere Kontextfaktoren wie das lokale Wettbewerbsumfeld und lokale Kundenbedürfnisse<br />

(i. S. v. Phase im lokalen Produktlebenszyklus) bestimmt wird. Insbesondere<br />

im Vergleich zu anderen Vertriebspartnern bestimmt die Grösse der Marktverantwortung<br />

über die Bedeutung eines Vertriebspartners aus Sicht der Zentrale. Für<br />

Vertriebspartner resultiert hieraus hieraus häufig die Intensität der Betreuung durch<br />

den Hersteller. Für manche besonders wichtigen Länderniederlassungen interessiert<br />

sich sogar der Vorstand in der Zentrale persönlich, während andere u. U. nicht einmal<br />

dem Vertriebsleiter namentlich bekannt sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37).<br />

Eine <strong>für</strong> Zentrale und Vertriebspartner bedeutende Variable der lokalen Situation stellt<br />

der finanzielle Erfolg der lokalen Vertriebsorganisation dar. Dieser bildet einen Ausgangspunkt<br />

<strong>für</strong> die Beurteilung aus Sicht der Zentrale und ist gleichsam ein wichtiger<br />

Prüfstein <strong>für</strong> das Vorgehen im Markt. Vermutlich deshalb hängen die Beurteilungen<br />

prozess- und ergebnisbezogener Zielgrössen durch die Zentrale miteinander zusammen:<br />

Das höchste Mass an Selbstbestätigung erhalten Mitarbeiter aus der Zentrale<br />

dann, wenn die Einhaltung ihrer eigenen Vorgaben bei Vertriebspartnern zum lokalen<br />

Erfolg führt. Der lokale Erfolg eines Vertriebspartners scheint allerdings auch etwaiges<br />

dilettantisches Vorgehen zu heilen. D.h. die Zentrale ist im Falle zufrieden stellender<br />

finanzieller Ergebnisse bereit, Verstösse gegen ihre Prozessvorgaben zu akzeptieren<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). In diesem Fall lernen Mitarbeiter<br />

der Zentrale von der erfolgreichen Vorgehensweise des Vertriebspartners. Verstösst<br />

ein Vertriebspartner jedoch gegen die zentralen Vorgaben ohne erfolgreich zu sein,<br />

riskiert er meist Sanktionen durch den Hersteller. Den Sanktionen entgehen die erfolglosen<br />

Vertriebspartner hingegen meist dann, wenn sie sich auf die Vorgaben der Zentrale<br />

berufen können. Vertriebsleiter aus der Zentrale weisen darauf hin, dass sich manche<br />

erfolglosen Vertriebspartner sogar systematisch aus der Verantwortung stehlen,<br />

indem sie die Regeln der Zentrale peinlichst genau befolgen (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Es wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits mehrfach darauf hingewiesen (s. Absatz<br />

2.1.2, S. 12 ff.), dass in Theorie und Praxis häufig eine pauschale rechtliche Unterscheidung<br />

zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen vorgenommen wird (s.<br />

Weinhold-Stünzi 1999, S. 342). Diesem Vorgehen wurde in dieser Arbeit nicht vollständig<br />

entsprochen, da der Erklärungsbeitrag dieser Differenzierung in Bezug auf die


Die lokale Situation der Vertriebspartner 91<br />

Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen begrenzt ist. Welche Bedeutung der<br />

rechtlichen Abhängigkeit tatsächlich zukommt, muss insbesondere hinterfragt werden,<br />

wenn man die Einflussmöglichkeiten der Zentrale betrachtet, durch die eine Bedeutung<br />

der Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen meist begründet<br />

wird. In der Praxis ist eine Bandbreite zwischen „quasi-angestelltem“ Agenten,<br />

starken Handelsgesellschaften, untergebenen, aber ebenso de-facto unabhängigen<br />

Tochtergesellschaften zu beobachten, die sich frei bewegen (Weinhold-Stünzi 1999, S.<br />

342). Häufig ergeben sich Unterschiede auch erst durch unterschiedliche Unterstützung<br />

der Zentrale. So schliesst die Zentrale bspw. häufig nur ihre Töchter an Informationssysteme<br />

an, lädt diese zu Schulungen ein oder bietet ihnen technische und kaufmännische<br />

Hilfestellung an, nicht aber ihren Vertretungen. Die Vermutung liegt nahe,<br />

dass unterschiedliches Engagement und unterschiedliche Leistung von Vertriebspartnern<br />

in unterschiedlichen rechtlichen Beziehungen zur Zentrale auf das - auch finanzielle<br />

- Engagement und das Vertrauen zurückzuführen sind, das die Zentrale selbst zu<br />

investieren bereit ist (s. Dülfer 1992, S. 106; Belz 1999, S. 106 f.). Für Vertriebspartner<br />

ergeben sich damit aus dem rechtlichen Verhältnis sowie aus dem resultierenden<br />

Verhalten der Zentrale Unterschiede.<br />

Die Situation von Vertriebspartnern wird weiterhin durch die Dauer ihrer Marktpräsenz<br />

und die Dauer der Zusammenarbeit mit dem Hersteller bestimmt. Für Vertriebspartner,<br />

die sich in einer frühen Phase der Geschäftstätigkeit befinden, sollte die Zentrale<br />

eine Unterstützung bieten, die den Startmoment erleichtert. So müssen bspw. umfangreiche<br />

Anstrengungen in den Bereich der Kommunikation investiert, Abläufe festgelegt<br />

und geeignete Mitarbeiter eingestellt und geschult werden. Die Unterstützung in<br />

späteren Wachstums- und Reifephasen muss hingegen andere Schwerpunkte berücksichtigen,<br />

so z. B. Aktivitäten zur Festigung und zum Ausbau von Kundenbeziehungen.<br />

Die Unterstützung durch die Zentrale nimmt damit tendenziell im Zeitverlauf ab<br />

und verändert sich in den Inhalten je nach dem, wie sich die Bedürfnisse der Vertriebspartner<br />

entwickeln. Die Phasenaufteilung und die in den verschiedenen Phasen<br />

benötigte Unterstützung unterscheidet sich dabei branchen-, unternehmens- und vertriebspartnerspezifisch.<br />

4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers<br />

Neben der Zeitdimension gibt es viele weitere Einflussgrössen, welche die Situation<br />

der Vertriebspartner und damit deren Bedürfnisse in der Zusammenarbeit bestimmen.<br />

Die Person des lokalen Vertriebsverantwortlichen scheint eine zentrale Bedeutung ein-


92<br />

Kapitel 4<br />

zunehmen. Dies unterstreichen Vertriebsleiter aus der Zentrale, indem sie häufig nur<br />

den Namen des Niederlassungsleiters nennen, wenn Sie von einer bestimmten Länderniederlassung<br />

sprechen. (So z. B. „...beim Sanchez...“, statt „...in der Niederlassung<br />

Spanien...“. (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)) Auch Stauss/Schulze<br />

(1990, S. 155) betonen in ihren Ausführungen zur internen Kundenorientierung, die<br />

Leitung des Subsystems, auf die ein internes Marketing in erster Linie abzielen sollte<br />

(Stauss/Schulze 1990, S. 155), also im vorliegenden Fall auf die Leitung der Niederlassung.<br />

Lokale Vertriebsverantwortliche unterscheiden sich u. a. in ihren Fähigkeiten, ihrer<br />

Erfahrung, ihren Aufgaben und ihren Zielen. Auch die Einstellung zum Unternehmen<br />

und zum Beruf sowie das Engagement ist teilweise unterschiedlich. Hierbei wird die<br />

Komplexität dieser personenbezogenen Eigenschaften im Begriff der „Persönlichkeit“<br />

zusammengefasst. Stark vereinfachend kann man bezüglich der Zusammenarbeit sämtliche<br />

Niederlassungsleiter durch die Dimensionen „Kompetenz“ (Können) und „Verbundenheit“<br />

(Wollen) beschreiben. Die Kompetenz kann dabei als Zusammenspiel<br />

verschiedener Fähigkeiten aufgefasst werden. Reinhold/Belz (2002, S. 42 f.;<br />

Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) identifizieren sieben Fähigkeiten, die <strong>für</strong> Niederlassungsleiter<br />

besonders bedeutend sind.<br />

Es lassen sich anhand der Kompetenz und der Verbundenheit mindestens vier verschiedene<br />

Typen von Niederlassungsleitern unterscheiden (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37): Der Verwalter, der Landes<strong>für</strong>st, der Kleinunternehmer und der<br />

Aktionist. Jeder dieser Typen ist unterschiedlich zu behandeln.<br />

Die Beziehung zum „erfolgreichen Landes<strong>für</strong>sten“ ist geprägt durch Misstrauen, fehlende<br />

Offenheit und gegenseitige Vorwürfe. Der Landes<strong>für</strong>st verhält sich wie ein nationaler<br />

Herrscher. Er hat ein sehr enges Verhältnis zu den Kunden, einen ausserordentlichen<br />

Markterfolg und ein hohes Ansehen bei der lokalen Konkurrenz. Häufig wird<br />

die Zusammenarbeit dadurch erschwert, dass Landes<strong>für</strong>sten den Anschein erwecken,<br />

alle Vereinbarungen zu befolgen. Allerdings ist dies keineswegs immer der Fall. In der<br />

Zusammenarbeit erweist er sich meistens als schwierig. Die Zentrale traut sich nicht,<br />

sich durchzusetzen und einen Personalwechsel vorzunehmen, weil sie Kunden- und<br />

Marktanteilsverluste be<strong>für</strong>chtet. Interveniert die Zentrale dennoch nachdrücklich, so<br />

wird der Landes<strong>für</strong>st versuchen, der Verantwortung zu entgehen, da er „ja nur getan<br />

hat, was die Zentrale verlangt hat“.<br />

Der „professionelle Unternehmer“ zeichnet sich im Vergleich zum Dilettanten durch<br />

eine hohe Loyalität zum Unternehmen aus. Bei Produktumstellungen, Kompetenzfra-


Die lokale Situation der Vertriebspartner 93<br />

gen und Cost-Sharing sind bei diesem Typen oft lange Diskussionen nötig. Letztlich<br />

werden aber Lösungen gefunden, die <strong>für</strong> beide Parteien zufrieden stellend sind. Der<br />

professionelle Kleinunternehmer ist aus Sicht von Jann Hatz, Vice President Marketing,<br />

Emhart Glass S.A. <strong>für</strong> die Zentrale am angenehmsten und erfolgreichsten. Oftmals<br />

entstehen beim Unternehmer innovative Vorschläge <strong>für</strong> neue Produkte und neue<br />

Services, die dieser bereits erfolgreich am Markt getestet hat, bevor er sie dem Hersteller<br />

vorschlägt.<br />

Kompetenz<br />

hoch<br />

gering<br />

Erfolgreicher<br />

Landes<strong>für</strong>st<br />

Reaktiver<br />

Verwalter<br />

gering<br />

Verbundenheit<br />

Professioneller<br />

Unternehmer<br />

Ideenreicher<br />

Aktionist<br />

Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern<br />

Der „ideenreiche Aktionist“ fühlt sich dem Unternehmen verpflichtet. Er versucht unternehmerisch<br />

tätig zu werden und gibt fortlaufend Produkt- und Serviceideen an die<br />

Zentrale weiter, die er sich selber ausdenkt oder die von Kundenseite an ihn herangetragen<br />

werden. Er versucht mit viel Engagement Ideen umzusetzen und seine Position<br />

zu verbessern, hat aber wenig Markt- und Vertriebserfahrung. Häufig bleibt der Aktionist<br />

erfolglos. Oft sucht er den Kontakt zur Zentrale, um von neuen Plänen zu berichten.<br />

Die Zentrale hat nicht selten Probleme den Aktionisten „einzufangen“, da sich<br />

dieser häufig kurzfristig <strong>für</strong> seine Ideen entscheidet statt langfristige Strategien zu verfolgen.<br />

Vertreter der Zentrale empfinden den „reaktiven Verwalter“ als genauso unkompliziert<br />

in der Zusammenarbeit, wie auch erfolglos bei den Kunden. Verwalter sind oft im<br />

Markt noch nicht so gefestigt. Der Verwalter fügt sich bedingungslos den Entscheidungen<br />

der Zentrale und befolgt sämtliche Regeln. Schwierig wird es <strong>für</strong> die Zentrale<br />

immer dann, wenn der Verwalter eine Budgetverantwortung abstreitet, weil er Aktio-<br />

hoch


94<br />

Kapitel 4<br />

nen ausgeführt hat, die der Hersteller gewünscht hatte. Dem Markt und dem Geschäft<br />

fühlt sich der Verwalter wenig verpflichtet, er ist tendenziell zu wenig flexibel.<br />

Jeder der vier Typen benötigt eine unterschiedliche Unterstützung. Bei den Typen<br />

„Verwalter“ und „Aktionist“ fehlen Fähigkeiten in der Marktbearbeitung, die durch<br />

Schulung, Erfahrungsrunden oder Training on the Job erworben werden können. Darunter<br />

fallen z. B. gemeinsame Kundengespräche mit einem erfahrenen Vertriebspartner.<br />

Die Kompetenz erhöht sich aber auch auf natürliche Weise mit einer zunehmenden<br />

Erfahrung am Markt und durch soziale Adaptionsprozesse mit der zunehmenden<br />

Dauer der internen Zusammenarbeit. Ziel der Zentrale muss sein, eine optimale lokale<br />

Kompetenz zu erreichen, die als Basis <strong>für</strong> die lokale Professionalität gesehen werden<br />

kann.<br />

„Landes<strong>für</strong>st“ und „Verwalter“ weisen beide eine geringe Loyalität zum Unternehmen<br />

auf, die mit einem verbesserungsfähigen Engagement in der Zusammenarbeit einhergeht.<br />

Ziel sollte es sein, beide Typen zu etwas mehr Verständnis <strong>für</strong> die Belange des<br />

Gesamtunternehmens zu bewegen. Ebenso wird es wichtig sein, die Anliegen und<br />

Meinungen des Landes<strong>für</strong>sten zu verstehen und darauf zumindest mit symbolischen<br />

Annäherungen zu reagieren. Der Prozess dorthin ist nur durch häufige und intensive<br />

Kommunikation, häufige Besuche und Meetings sowie viel Geduld möglich. Die<br />

Gründe <strong>für</strong> ein fehlendes Engagement sind beim „Verwalter“ und beim „Landes<strong>für</strong>st“<br />

unterschiedlich. Der „Landes<strong>für</strong>st“ wägt zwischen den Kundenwünschen und den Anforderungen<br />

der Zentrale zugunsten ersterer ab. Der „Verwalter“ hingegen zeigt weder<br />

auf Kunden- noch auf Unternehmensseite Engagement. Der Hersteller hat hierbei die<br />

Wahl, den „Verwalter“ zu einem engagierten Verhalten zu motivieren oder ihn auszutauschen.<br />

Der lokale Niederlassungsleiter wird zur Schlüsselfigur der internen Kundenorientierung<br />

im internationalen Vertrieb. Von seinen Entscheidungen hängt die Entwicklung<br />

der Niederlassung, der Personalentwicklung und der Position auf internationalen<br />

Märkten ab. Für die Zentrale stellt der Niederlassungsleiter und dessen Entwicklung<br />

deshalb einen zentralen Hebel <strong>für</strong> das Management von internationalen Vertriebsaktivitäten<br />

dar.<br />

4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation<br />

Im Laufe des zugrunde liegenden Forschungsprojektes konnten auffällige Unterschiede<br />

von Vertriebspartnern und Zentrale in Bezug auf die Einschätzung der lokalen Situ-


Die lokale Situation der Vertriebspartner 95<br />

ationen festgestellt werden. Während Vertriebspartner wiederholt auf die Komplexität,<br />

Einzigartigkeit und hohen Erfordernisse ihrer lokalen Situation hinweisen, betonen<br />

Mitarbeiter der Zentrale, dass Unterschiede vielmehr in den Fähigkeiten der Vertriebspartner<br />

zu suchen seien als in den lokalen Rahmenbedingungen (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Die Diskussion der moderierenden Bedeutung von lokalen Situationen soll deshalb an<br />

dieser Stelle um eine subjektive Komponente ergänzt werden. Diese trägt zum besseren<br />

Verständnis der Verhaltensweisen in der Zusammenarbeit bei, die ebenfalls auf<br />

subjektiven Einschätzungen basieren.<br />

4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller<br />

Im Rahmen ihrer Koordinations- und Unterstützungsfunktion (s. Reckenfelderbäumer<br />

2001, S. 254) treffen Vertriebsverantwortliche in der Unternehmenszentrale fortlaufend<br />

Entscheidungen, bei denen sie die Situation von Vertriebspartnern einschätzen<br />

und über deren Berücksichtigung abwägen müssen. Die auch in der Zentrale häufig<br />

knappen personellen und finanziellen Ressourcen werden dabei meist auf die aus zentraler<br />

Sicht wichtigsten Brennpunkte gerichtet (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.).<br />

Aus Sicht von Vertriebspartnern ist die Priorisierung der Zentrale häufig nur schwer<br />

nachvollziehbar. Dabei betonen Vertriebspartner die Unkenntnis der Zentrale über die<br />

lokalen Gegebenheiten als auch den fehlenden Willen, sich auf die Berücksichtigung<br />

situationsspezifischer Erfordernisse einzulassen (Kim/Mauborgne 1993, S. 11).<br />

Gewisse Informationsdefizite der Zentrale scheinen bedingt durch die räumliche Trennung<br />

systemimmanent. Diese sind durch die Arbeitsteilung sogar gewollt, da sich die<br />

Zentrale mit der Koordination und Unterstützung der verschiedenen Vertriebspartner<br />

befasst, und nicht mit einzelnen Entscheidungen im lokalen Vertriebsprozess, <strong>für</strong> welche<br />

die Kompetenz der lokalen Vertriebspartner benötigt wird (Belz/Reinhold 1999a,<br />

S. 118). Deshalb scheint es eine bedeutende Fähigkeit der Zentrale zu sein, die wesentlichen<br />

Informationen über die Situationen in den Märkten zu erfassen, unwesentliche<br />

hingegen unberücksichtigt zu lassen. So können auch bei einem unvollständigen Informationsstand<br />

gute Entscheidungen getroffen werden. Die Kommunikation mit den<br />

Vertriebspartnern und der auch durch Informations- und Berichtssysteme unterstützte<br />

Informationsfluss tragen zu besseren Entscheidungen der Zentrale bei. Trotzdem berichten<br />

Vertriebsleiter aus der Zentrale darüber, dass ihnen aus Ressourcengründen<br />

nicht die Zeit bleibt, um persönliche Besuche oder regelmässige Telefonate mit sämtli-


96<br />

Kapitel 4<br />

chen Vertriebspartnern zu führen. Nach einer Studie, die Walti (1999, S. 53) unter<br />

Vertriebsleitern Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller durchgeführt hat, verzichten<br />

allerdings über 50 Prozent der Hersteller auch auf einen standardisierten Informationsaustausch<br />

zu ihren Vertriebspartnern. Zwar wünschen sich die Hersteller nach eigenen<br />

Angaben mehr Information aus den Märkten und bekunden damit ihre Mühe, lokale<br />

Markt- und Kundendaten zu bekommen (Walti 1999, S. 54). Über 60 Prozent der Befragten<br />

geben allerdings an, dass ihre Vertriebspartner Besuchsberichte und Kundendaten<br />

nur spärlich bereitstellen (Walti 1999, S. 54). Walti (1999, S. 53) berichtet aber<br />

weiterhin auch, dass die erstellten Berichte vom Hersteller häufig gar nicht konsequent<br />

ausgewertet werden, weshalb sie auch bei der Entscheidungsfindung ungenügend berücksichtigt<br />

werden können. Demnach bereitet der Zentrale bereits allein die Erfassung<br />

der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten (Belz 1994, S. 24).<br />

Durch das Informationsdefizit und die geografische Distanz der Zentrale begünstigt,<br />

tritt ein weiteres Phänomen hervor, das der Beurteilung der lokalen Situation entgegensteht<br />

und in der Psychologie als „fundamentale Attributionsverzerrung“ bekannt ist<br />

(s. Wottawa/Gluminski 1995, S. 174; Kanning et al. 2004, S. 230; Kanning 1999, S.<br />

101 f.). Danach besitzen Beurteiler eine grundsätzliche Tendenz, Handlungen anderer<br />

Personen eher auf deren spezifische Personenmerkmale zurückzuführen, als auf situative<br />

Faktoren (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Selbstverständlich kann die personenbezogene<br />

Ursachenzuschreibung, also die Ursache im Vertriebspartner zu sehen, in<br />

vielen Fällen die Realität zutreffend widerspiegeln (Kanning et al. 2004, S. 230). Dies<br />

ist jedoch keineswegs immer der Fall. Immer dann, wenn de facto eine Mischung von<br />

situativen und personenbezogenen Ursachen vorliegt, oder gar die situativen Ursachen<br />

das lokale Handeln in stärkerem Masse bestimmen als die personenbezogenen, besteht<br />

eine erhöhte Gefahr der systematischen Fehlbeurteilung (Kanning et al. 2004, S. 230).<br />

Diese Tendenz verstärkt sich insbesondere dann, wenn Gründe <strong>für</strong> den Misserfolg gesucht<br />

werden. Die Informationsdefizite der Zentrale in Bezug auf die lokale Situation<br />

tragen dazu bei, die Ursachen <strong>für</strong> Misserfolge in vertriebsverantwortlichen Personen<br />

oder der lokalen Organisation zu suchen, nicht aber in der sie umgebenden Umwelt.<br />

Ebenso betonen Kanning et al. (2004, S. 229), dass Fehler in der Beurteilung insbesondere<br />

dann auftreten, wenn die Beurteilung unter Belastung vorgenommen wird, so<br />

z. B. wenn wenig Zeit besteht. Dies könnte im Fall der Beurteilung durch die Zentrale,<br />

angesichts der häufig angeführten knappen Ressourcenausstattung (s. Belz/Reinhold<br />

1999a, S. 94) den angesprochenen Effekt noch verstärken. Attributionsverzerrung<br />

nehmen jedoch ab, je mehr psychologische Nähe zwischen dem Betrachteten und dem


Die lokale Situation der Vertriebspartner 97<br />

Betrachter besteht (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Hierdurch erklärt sich zum<br />

Teil, warum in den meisten Fällen die geografisch näher gelegenen Vertriebsgesellschaften<br />

bevorzugt behandelt werden, über deren Situation die Mitarbeiter der Zentrale<br />

häufig bessere Kenntnisse besitzen und zu denen häufig engere soziale Kontakte bestehen<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Im Fall der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner muss ein weiterer Aspekt<br />

berücksichtigt werden, der in die Beurteilung hineinspielt und die Konstellation<br />

ein wenig abweichen lässt: Die Verantwortung über die Unterstützung und Koordination<br />

liegt in der Regel bei der Zentrale (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Eine Ursache <strong>für</strong> den Erfolg und Misserfolg lokaler Handlungen liegt damit auch in<br />

den Entscheidungen der Zentrale selbst und den durch sie veranlassten Massnahmen.<br />

Diese selbst stellen aus Sicht der Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung<br />

dar. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Zentrale in jenen Fällen stärker dazu tendieren<br />

wird, Ursachen <strong>für</strong> Misserfolg beim Vertriebspartner zu suchen, in denen das<br />

Selbstverständnis und die Kultur in der Zentrale keine Reflexion und Selbstkritik zulassen.<br />

Es zeigt sich, dass eine objektive Beurteilung durch die Zentrale eine gleichzeitig<br />

wichtige wie herausfordernde Aufgabe darstellt. Um die lokale Situation ausreichend<br />

in der Vertriebsgestaltung berücksichtigen zu können, bedarf es einer systematischen<br />

Behandlung dieser Beurteilungsfehler. Zusammenfassend lassen sich mehrere Ansatzpunkte<br />

<strong>für</strong> eine Vermeidung von fundamentalen Attributionsverzerrungen ausmachen.<br />

Einerseits muss also ein geeignetes Instrumentarium gefunden und eingesetzt werden,<br />

mit dem die Informationsasymmetrien abgebaut werden können. Andererseits sind die<br />

persönlichen Beziehungen zu den Mitarbeitern der dezentralen Vertriebsorganisation<br />

zu vertiefen, um ebenfalls eine ausgewogene Beurteilung zu unterstützen. Eine Kultur,<br />

die auf Feedback basiert, Kritik zulässt und konstruktiv aufgreift, unterstützt ebenso<br />

eine objektive Beurteilung. Weiterhin kann bereits die Kenntnis der Zentrale über das<br />

Zustandekommen möglicher Beurteilungsfehler dazu eingesetzt werden, ihre eigene<br />

Reflexion zu verbessern und etwaige Verzerrungen zu vermeiden (s. Kanning 1999, S.<br />

101 f.).<br />

4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner<br />

Vertriebspartner beschreiben ihre eigene Situation häufig als ausgesprochen komplex,<br />

empfinden diese als einzigartig und weisen auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang<br />

mit der Situation an sie stellt (Bakka 1986, S. 853). Weit mehr als die Hälfte der


98<br />

Kapitel 4<br />

Vertriebspartner schätzt ihre eigene Situation wettbewerbsintensiver ein, als die der<br />

Vertriebspartner in anderen Märkten. Diese Tendenz in der Situationsbeurteilung<br />

konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit in verschiedenen Teiluntersuchungen festgestellt<br />

werden (Vertriebsbefragung 2004, Befragung Leica II, Befragung Gallus II, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Um den Einfluss des Non-Response Bias einzugrenzen, der bei<br />

einer unternehmensübergreifenden Untersuchung ein ggf. nicht zu unterschätzendes<br />

Gewicht besitzen kann, wird das Phänomen hier am Fallbeispiel der bei der Gallus<br />

Ferd. Rüesch AG durchgeführten Befragung veranschaulicht (Befragung Gallus II, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Gallus Ferd. Rüesch AG wurden alle 82 internationalen<br />

Vertriebspartner befragt, von denen 61 Vertriebspartner antworteten (74 Prozent).<br />

Die Vertriebspartner wurden gebeten, ihre lokale Wettbewerbssituation im Vergleich<br />

zu anderen Märkten des Herstellers auf einer neunstufigen Skala einzuschätzen, bei<br />

der ein Nullpunkt die gleiche Situation wie in anderen Märkten markierte. Zur Messung<br />

der Wettbewerbssituation wurde dabei eine Operationalisierung verwendet, die<br />

sich auf die Konzeptualisierung nach Jaworski/Kohli (1993, S. 68) stützt.<br />

Abbildung 4-4 zeigt das Ergebnis der Selbsteinschätzung der Vertriebspartner. In Bezug<br />

auf alle vier Dimensionen des lokalen Wettbewerbs beurteilen die Vertriebspartner<br />

ihre eigene Situation als ungleich herausfordernder im Vergleich zum Durchschnitt<br />

der Märkte. Insbesondere ist die Preissituation hervorzuheben, die von 92 Prozent der<br />

Befragten stärker bewertet wird als im Durchschnitt aller Märkte.<br />

n = 61<br />

Der Wettbewerb in Ihrem<br />

Markt ist gross.<br />

Es gibt viele Werbeschlachten in<br />

Ihrem Produktbereich.<br />

Die Preiskonkurrenz in Ihrem<br />

Bereich ist erheblich.<br />

Die Wettbewerber in Ihrem<br />

Produktbereich sind sehr stark.<br />

Weniger als in<br />

anderen Märkten<br />

14% 8%<br />

7%<br />

20%<br />

2%<br />

14%<br />

8%<br />

27%<br />

Durchschnittlich<br />

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4<br />

78%<br />

92%<br />

0.64<br />

1.56<br />

1.32<br />

Mehr als in<br />

anderen Märkten<br />

78%<br />

2.41<br />

53%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Relative Häufigkeit<br />

Weniger als in anderen Märkten (-4, -3, -2, -1) Gleich (0)<br />

Mehr als in anderen Märkten (+1, +2, +3, +4) Arithmetisches Mittel<br />

Abbildung 4-4: Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner<br />

(Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37)


Die lokale Situation der Vertriebspartner 99<br />

Offensichtlich ist damit, dass auch die Einschätzungen der Vertriebspartner verzerrt<br />

sind. Schliesslich müsste die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert bei einer<br />

fehlerfreien Einschätzung gemäss Definition Null ergeben. Die Verzerrungen der Beurteilung<br />

auf der Seite der Vertriebspartner lässt sich wiederum auf verschiedene Ursachen<br />

zurückführen.<br />

Einerseits liegt auch auf der Seite der Vertriebspartner ein Informationsdefizit vor.<br />

Vertriebspartner sind ebenso wie die Zentrale nur eingeschränkt in der Lage, die Situation<br />

in anderen Märkten einzuschätzen, die als Referenzmass <strong>für</strong> die relative Einschätzung<br />

ihrer eigenen Situation dient. Dieses Informationsdefizit wird durch die Neigung<br />

verstärkt, die Richtigkeit eigener Aussagen überzubewerten und gleichzeitig nur selektiv<br />

solche Informationen wahrzunehmen, die das bestehende Urteil bestätigen<br />

(Döring/Kanbach 2001, S. 6).<br />

Weiterhin können auch auf der Seite der Vertriebspartner Attributionsverzerrungen<br />

unterstellt werden, die dem Erhalt und der Erhöhung des Selbstwertes dienen. Bei der<br />

Selbstbeurteilung in Leistungssituationen wird Erfolg als persönlicher Verdienst bewertet,<br />

während begünstigende Umweltfaktoren weniger starke Beachtung finden<br />

(Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Misserfolge hingegen werden tendenziell nicht<br />

auf das Verschulden der eigenen Person zurückgeführt, sondern als Folge situativer<br />

Ursachen betrachtet (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Darüber hinaus wird bei der<br />

Selbstbeurteilung in Erfolgsfällen häufig auch die hinderliche Wirkung von Situationsvariablen<br />

hervorgehoben, um die eigene Leistung als Ursache <strong>für</strong> den Erfolg noch<br />

besser darzustellen und den Selbstwert des Beurteilenden zu erhöhen (s. Kanning<br />

1999, S. 104). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Vertriebspartner demnach<br />

sowohl bei Erfolg wie Misserfolg dazu neigen werden, die Herausforderung der Situation<br />

überzubewerten.<br />

In Verhandlungssituationen zwischen Zentrale und Vertriebspartner sind über die Fehler<br />

in der Selbstbeurteilung hinaus auch Verzerrungen durch das Profilierungsstreben<br />

der Vertriebspartner zu erwarten, das eine Grundlage <strong>für</strong> den Verhandlungserfolg bildet.<br />

Zu dem möglicherweise verzerrten Selbsturteil des Vertriebspartners können damit<br />

weitere Abweichungen von der Realität entstehen, wenn sich ein Vertriebspartner<br />

gegenüber der Zentrale darstellt, um bestimmte Verhandlungsziele zu erreichen.<br />

Es ist anzunehmen, dass sich die verzerrte Beurteilung der Situation auch auf die Erwartungen<br />

gegenüber der Zentrale auswirkt. Ein Vertriebspartner, der die eigene Situation<br />

als ungleich kritischer beurteilt als die Situation in anderen Märkten, wird vermutlich<br />

auch besonders hohe Erwartungen an die Unterstützung durch die Zentrale


100<br />

Kapitel 4<br />

haben. Da die Zentrale nicht allen Forderungen nachkommen kann, erhöht sich durch<br />

die gesteigerten Erwartungen, die nicht erfüllt werden, gleichzeitig die resultierende<br />

Unzufriedenheit der Vertriebspartner. Um negative Konsequenzen der Unzufriedenheit<br />

zu vermeiden, sollten Beurteilungsverzerrungen deshalb weitgehend abgebaut<br />

werden. Psychologen weisen darauf hin, dass diese eine natürliche Schutzfunktion <strong>für</strong><br />

das Individuum besitzen. Vielleicht sollte im Einzelfall zwischen den Konsequenzen<br />

aus der Unzufriedenheit und den Konsequenzen der fehlerfreien Attribution abgewägt<br />

werden.<br />

Einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Fehlbeurteilungen kann eine höhere Transparenz<br />

über die Situation in anderen Märkten liefern. Zur Transparenz tragen sowohl<br />

subjektive Eindrücke und Berichte der Vertriebspartner anderer Märkte bei als auch<br />

objektiv vergleichbare Marktinformationen wie Preisgrössen sowie Wettbewerbsinformationen<br />

zu Absatzmengen und Aktionen. Von einigen Herstellern wird der Austausch<br />

über die lokalen Situationen bereits auf den jährlichen Vertriebstreffen gefördert<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Transparenz über objektiv vergleichbare<br />

Grössen, die von den Vertriebspartnern häufig gefordert werden, scheitert<br />

allerdings häufig am Widerstand der Zentrale, die ebenfalls in ihren Verhandlungen<br />

gerade diese Intransparenz nutzt.<br />

4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation<br />

Gestützt auf die recht differenzierten Analysen von allgemeinen Rahmenbedingungen,<br />

Kunden und Wettbewerbsverhalten, Herstellerorganisation, lokaler Organisation und<br />

Vertriebsverantwortlichen lässt sich zusammenfassend <strong>für</strong> das Kapitel 4 eine Morphologie<br />

der lokalen Vertriebssituationen ableiten. Um eine Übersicht zu erleichtern, werden<br />

<strong>für</strong> die einzelnen Merkmale nur die extremen Ausprägungen und nicht etwa sämtliche<br />

mögliche Zwischenstufen einbezogen. Die Kriterien und deren Zuordnung müssen<br />

in verschiedenen Situationen überprüft und je nach Unternehmen sowie zeitlich<br />

unterschiedlich gewichtet werden. Aus praktischer Sicht ist es <strong>für</strong> Hersteller kaum<br />

möglich und nicht sinnvoll, annähernd alle Situationsvariablen bei der Planung von<br />

unterstützenden Massnahmen mit einzubeziehen. Trotzdem kann eine überblicksartige<br />

Einschätzung Impulse <strong>für</strong> ein besseres Verständnis der lokalen Situation geben.<br />

1) Allgemeines lokales Umfeld<br />

Gleiches Umfeld wie beim Stammhaus - Fremdes Umfeld verglichen zum Stammhaus<br />

Gleiche Währung - Unterschiedliche Währung


Die lokale Situation der Vertriebspartner 101<br />

Gute Infrastruktur - Mangelhafte Infrastruktur<br />

Hohes Bildungsniveau - Schlechtes Bildungsniveau<br />

Vorhersehbare, stabile und nachvollziehbare<br />

Umweltentwicklungen<br />

- Unsichere, dynamische und komplexe<br />

Umweltentwicklungen<br />

Ähnliche Kultur - Grosse kulturelle Unterschiede<br />

Geografische Nähe - Grosse geografische Distanz<br />

Gleiche Arbeitszeiten - Keine gemeinsamen Arbeitszeiten<br />

2) Kunden und Wettbewerb<br />

Geringe Wettbewerbsintensität<br />

(Produkte, Preise, Kommunikation)<br />

- Hohe Wettbewerbsintensität<br />

(Produkte, Preise, Kommunikation)<br />

Gleiche Kundenbedürfnisse - Völlig verschiedene Kundenbedürfnisse<br />

Gleichbleibende Kundenbedürfnisse - Schnelle Veränderung der Kundenbedürfnisse<br />

Ausschliesslich lokale Kunden - Ausschliesslich internationale Kunden<br />

3) Herstellerorganisation<br />

Standardisiertes Produktgeschäft - Komplexes Anlagengeschäft<br />

Grosse Herstellerorganisation - Kleine Herstellerorganisation<br />

Finanzstarkes Herstellerunternehmen - Finanzschwaches Herstellerunternehmen<br />

Viele Mitarbeiter <strong>für</strong> internationales Marketing<br />

und Vertrieb im Stammhaus<br />

- Wenige Mitarbeiter <strong>für</strong> internationales Marketing<br />

und Vertrieb im Stammhaus<br />

Langjährige internationale Erfahrung - Keine internationale Erfahrung des Herstellers<br />

Kleine Anzahl internationaler Vertriebspartner - Grosse Anzahl internationaler Vertriebspartner<br />

4) Lokale Vertriebsorganisation<br />

Kleine lokale Vertriebsorganisation - Grosse lokale Vertriebsorganisation<br />

Tochtergesellschaft - Selbstständige Vertretung<br />

Kleines Marktverantwortungsgebiet - Grosses Marktverantwortungsgebiet<br />

Verluste: Schlechter finanzieller Erfolg - Finanziell sehr erfolgreich<br />

Aufbau einer Marktpräsenz - Bereits langjährige Marktpräsenz<br />

Kurze Zusammenarbeit mit Zentrale - Langjährige Zusammenarbeit mit Zentrale<br />

5) Manager des lokalen Vertriebs<br />

Grosse Erfahrung in Branche und Geschäft - Keine Erfahrung in Geschäft<br />

Hohe Gesamtkompetenz (differenziert nach<br />

Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.)<br />

- Fehlende Kompetenzen (differenziert nach<br />

Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.)<br />

Im Umgang einfache Persönlichkeit - Komplizierte Persönlichkeit, schwierig im<br />

Umgang<br />

Hohe Verbundenheit mit dem<br />

Herstellerunternehmen<br />

- Geringe Verbundenheit mit dem<br />

Herstellerunternehmen<br />

Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen


102<br />

5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />

und ihre Beurteilung<br />

Kapitel 5<br />

5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit<br />

Um sich als Hersteller an den Erfordernissen der Vertriebspartner ausrichten zu können,<br />

ist es unerlässlich, die Gegenstände zu kennen, die vom Vertriebspartner zur Beurteilung<br />

der Zusammenarbeit herangezogen werden. In der Literatur besteht keinesfalls<br />

Einigkeit darüber, welche Elemente <strong>für</strong> die Beschreibung und Erklärung der Zusammenarbeit<br />

zwischen Organisationen heranzuziehen sind (s. Weinhold-Stünzi 1999,<br />

S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241; Hakansson 1982, S. 14 f.; Diller/Saatkamp<br />

2002, S. 240; Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.; Renz 1998, S. 216). In dieser Arbeit<br />

wird deshalb eine Kombination von sich ergänzenden Perspektiven vorgenommen, um<br />

ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten. Als Betrachtungsebenen werden die Austauschobjekte,<br />

die Geschäftsprozesse und die soziale Atmosphäre der Interaktion herangezogen<br />

(s. Abbildung 5-1). Abbildung 5-1 zeigt die Ebenen der Interaktion, die<br />

vom Vertriebspartner im Kontext der lokalen Situation beurteilt werden.<br />

Zentrale<br />

Austauschobjekte<br />

Geschäftsprozesse<br />

Soziale Atmosphäre<br />

Vertriebspartner<br />

Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />

Lokale<br />

Situation<br />

5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage<br />

Im Mittelpunkt einer Geschäftsbeziehung stehen sicherlich die Austauschobjekte derselben,<br />

nämlich Produkte und Leistungen, Finanzströme und Informationen<br />

(Weinhold-Stünzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241). Sie stellen die<br />

Grundlage <strong>für</strong> die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner dar, weil<br />

durch sie erst der Vertriebspartner die Verkaufsaufgabe übernehmen kann. Zu den speziellen<br />

Charakteristika der Austauschobjekte gehören in aller Regel der Umfang, die<br />

Qualität und der Zeitpunkt, so z. B. die Attraktivität der finanziellen Konditionen, der<br />

Zeitpunkt der Information oder die Menge der erbrachten Leistungen (s.<br />

Homburg/Rudolph 1998, S. 242.). Die Beurteilung von Produkten und Leistungen aus


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 103<br />

Sicht der Vertriebspartner erfolgt also nicht etwa alleine anhand deren Qualitäten und<br />

der Gestaltung, sondern ebenfalls anhand der bedarfsgerechten Bereitstellung<br />

(Tomczak 1997, S. 281).<br />

Finanzströme stellen das Pendant der Warenströme dar, weil durch diese die Wertigkeit<br />

der Warenströme ausgedrückt bzw. der Beitrag zu den monetären Zielen des Herstellers<br />

bemessen werden kann. Da ein Zahlungsstrom vom Vertriebspartner an den<br />

Hersteller <strong>für</strong> letzteren ganz im Gegensatz zum Vertriebspartner einen positiven Zielbeitrag<br />

bedeutet, stellt sich ein Interessenkonflikt ein. Der Wunsch nach besseren Konditionen<br />

ist damit mehr oder weniger systemimmanent.<br />

Unter Informationen werden in diesem Kontext verbale und nummerische Inhalte verschiedenster<br />

Natur verstanden (s. Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Zwischen Hersteller<br />

und Vertriebspartner werden insbesondere Informationen zu Anfragen, Bestellungen,<br />

Auskünften, Kundenwünschen etc., aber auch Fakturen, Mahnungen, Abrechnungen,<br />

Statistiken usw. ausgetauscht (Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Die interne Informationspolitik<br />

des Herstellers entscheidet, so z. B. im Vorfeld einer Sortimentsveränderung<br />

häufig darüber, wie lokal agiert und welche Schritte beim Kunden geplant werden<br />

können. Beim Hersteller ist tendenziell ein Defizit in Bezug auf marktbezogene<br />

Informationen zu beobachten, während lokal häufig interne Informationen über aktuelle<br />

Herausforderungen, die Strategien und das Vorgehen des Herstellers fehlen.<br />

5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion<br />

Neben den Austauschobjekten sind die Interaktionsprozesse zu betrachten, die als Abläufe<br />

die Zusammenarbeit bestimmen (s. Hakansson 1982, S. 14 f.). Aus Sicht des<br />

Vertriebspartners ergänzen die Zusammenarbeitsprozesse mit dem Hersteller die eigentlichen<br />

lokalen Kernprozesse des Vertriebs (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Aus<br />

diesem Grund wird der Vertriebspartner stets beurteilen, wie gut sich die Interaktionsprozesse<br />

mit dem Hersteller dazu eignen, die lokalen Prozesse zu unterstützen. Die<br />

Vertriebspartner nehmen die Zusammenarbeit mit dem Hersteller dabei vor allem<br />

durch die verschiedenen Schnittstellen wahr, die sie in gemeinsamen Prozessen mit<br />

der Zentrale verbinden.<br />

Allgemein können bei den Interaktionsprozessen permanente Geschäftsprozesse der<br />

täglichen Zusammenarbeit unterschieden werden von gemeinsamen Projekten, die mit<br />

dem Hersteller durchgeführt werden (Diller/Saatkamp 2002, S. 240; s. Abbildung 5-2,<br />

S. 104). Entscheidend ist nach Diller/Saatkamp (2002, S. 240) der Wiederholungszyk-


104<br />

Kapitel 5<br />

lus: Permanente Prozesse werden u.U. mehrere tausend Male wiederholt (z. B. Auftragsabwicklung)<br />

(Diller/Saatkamp 2002, S. 240), während projektbezogene Prozesse<br />

eher selten stattfinden (z. B. Softwareumstellung) und häufig in Projektform organisiert<br />

sind (Diller/Saatkamp 2002, S. 240).<br />

<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />

Lokale<br />

Prozesse<br />

permanent projektbezogen<br />

Marktbearbeitung<br />

Operativer<br />

Vertrieb<br />

Auftragsab<br />

-wicklung<br />

Abbildung 5-2: Lokale Prozesse des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs<br />

Kunden<br />

-service<br />

Bei den permanenten Vertriebsprozessen, die das lokale Tagesgeschäft darstellen, lassen<br />

sich Prozesse des lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong>s und operative Vertriebsaktivitäten<br />

unterscheiden. Das lokale <strong>Vertriebsmanagement</strong> kennzeichnet den Kernprozess der<br />

Koordination und Entwicklung sämtlicher Vertriebsaktivitäten innerhalb einer Niederlassung.<br />

Hierzu gehört das Rekrutieren und die Entwicklung von Mitarbeitern, die<br />

rechtliche Landesvertretung, aber auch die interne und marktbezogene Analyse, Planung,<br />

Steuerung und Kontrolle. Häufig liegen Kritikpunkte an der Unterstützung der<br />

Prozesse des lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> in unzureichenden oder inhaltlich ungenügenden<br />

Schulungen durch den Hersteller (Rosson 1977, S. 187) sowie umfangreiche<br />

Reportinganforderungen an die Vertriebspartner. Auch Entscheidungen über Erschliessung<br />

oder Selektion von Kundensegmenten, Streichung von Marken und Produkten<br />

und die Definition neuer Preiskorridore im Rahmen einer internationalen<br />

Preisharmonisierung gehören zu den Aufgaben des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s, die mit<br />

unterschiedlicher Stärke der Beteiligung gemeinsam mit dem Hersteller geplant und<br />

umgesetzt werden. Bei den operativen Vertriebsprozessen unterscheiden<br />

Belz/Reinhold (1999a, S. 120 ff.) die Marktbearbeitung, die Auftragsabwicklung und<br />

den Kundenservice. Insbesondere bei Gewährleistungsfragen entstehen bspw. häufig<br />

Schwierigkeiten, weil sich Mitarbeiter in der Zentrale nicht ausreichend engagieren<br />

und damit zu Nachteilen <strong>für</strong> eine weitere Bearbeitung durch den lokalen Vertriebspartner<br />

beitragen. Die Bedeutung der einzelnen Teilprozesse kann sich je nach Bran-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 105<br />

che stark unterscheiden (Belz/Reinhold 1999a, S. 125). So hat der Kundenservice im<br />

Anlagengeschäft, wo bspw. ganze Produktionsanlagen geliefert werden eine höhere<br />

Bedeutung als im Produktgeschäft. In diesem ist die Marktbearbeitung aus Sicht der<br />

Vertriebspartner zentral (Belz/Reinhold 1999a, S. 125 f.).<br />

Anders als die permanenten Aktivitäten werden projektbezogene Aktivitäten seltener<br />

und in unregelmässigen Abständen (meist in Projekten organisiert) durchgeführt. Eine<br />

besondere Bedeutung im Marketing und Vertrieb haben die Auswahl und Implementierung<br />

von IT-Systemen und Software, so z. B. zur Unterstützung der Absatz- und<br />

Produktionsplanung. Aber auch die Einführung neuer Produkte und Leistungen wird<br />

teilweise nicht in der bestehenden Organisation realisiert, sondern je nach der Bedeutung<br />

durch spezielle Projektteams begleitet (Ottum/Moore 1997, S. 258).<br />

Ottum/Moore (1997, S. 265) bestätigten in ihrer Studie, dass eine gute Zusammenarbeit<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartnern, insbesondere der Informationsfluss<br />

zwischen den Beteiligten, die Misserfolgswahrscheinlichkeit einer Markteinführung<br />

erheblich senken können.<br />

Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei den projektbezogenen Aktivitäten aus Sicht<br />

der Vertriebspartner insbesondere die Unsicherheit und die Vorteilhaftigkeit von bevorstehenden<br />

Veränderungen eine Rolle spielen. Eine ungenügende Betreuung durch<br />

den Hersteller in der Lancierungsphase von Projekten wirkt sich nach Belz/Reinhold<br />

(1999a, S. 91) fatal aus und ist häufig nicht mehr zu korrigieren. Allerdings muss insbesondere<br />

bei den projektbezogenen Aktivitäten darauf hingewiesen werden, dass<br />

Schwierigkeiten in der Umsetzung und Misserfolg beim Erreichen der gewünschten<br />

Projektziele keineswegs spezifische Probleme von Vertriebsorganisationen darstellen.<br />

Vielmehr sind Änderungsresistenz und mangelnde Flexibilität der Mitarbeiter bei der<br />

Implementierung organisationaler Veränderungen in sämtlichen Bereichen des Unternehmens<br />

zu beobachten (s. Gaßner 1999, S. 2; Hammer/Champy 1994, S. 260). Allenfalls<br />

verstärken die geografischen, kulturellen und sprachlichen Distanzen zwischen<br />

Hersteller und Vertriebspartner auftretende Probleme. Belz/Reinhold (1999a, S. 91)<br />

betonen, dass das Verhältnis zwischen eingeführten und beibehaltenen Neuerungen im<br />

internationalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> kritischer ist als in jedem anderen Bereich des<br />

Marketing (Belz/Reinhold 1999a, S. 91). So versanden zahlreiche Initiativen, Vorgaben<br />

und neue Formen der Zusammenarbeit still (Belz/Reinhold 1999a, S. 91) oder<br />

entwickeln sich zu gefährlichen Problem- oder Krisenherden.


106<br />

Kapitel 5<br />

5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion<br />

Als dritter Typ von Beurteilungsgegenständen sind Merkmale der sozialen Interaktion<br />

zu nennen, die im Folgenden unter dem Begriff „Transaktionsatmosphäre“ zusammengefasst<br />

werden (s. Renz 1998, S. 216; Hakansson 1982, S. 369; Calaminus 1994,<br />

S. 100 ff.). Diesem „weichen“ Faktor kommt bei der Beurteilung ein nicht zu unterschätzendes<br />

Gewicht zu, da er als „catch all“ Variable in erheblichem Masse das Urteil<br />

über die beiden anderen Ebenen der Interaktion mit beeinflusst und gleichzeitig selbst<br />

wesentlich durch diese bestimmt wird (Calaminus 1994, S. 103 f.; Hakansson 1982, S.<br />

21). Die Atmosphäre bezeichnet eine soziale Ebene der Interaktion, die durch Aspekte<br />

wie bspw. Macht, Offenheit, Vertrauen und Erwartungen geprägt wird (s. Hakansson<br />

1982, S. 21). Tomczak (1997, S. 277) spricht in diesem Zusammenhang von der<br />

Transaktionsatmosphäre, die u. a. darüber entscheidet, wie beide Partner Spielräume<br />

nutzen, die ausserhalb der vereinbarten und messbaren Bereiche existieren. Die Atmosphäre<br />

wird insbesondere durch die im Laufe der Zeit gesammelten gegenseitigen Erfahrungen<br />

und die damit verbundenen Adaptionsprozesse geprägt (Tomczak 1997, S.<br />

277; Hakansson 1982, S. 17 f.). Die Transaktionsatmosphäre fördert damit routinemässige<br />

Informationsflüsse und die Bildung verlässlicher Erwartungen (Hakansson<br />

1982, S. 18).<br />

In der Beziehung zwischen <strong>Industriegüter</strong>herstellern und internationalen Vertriebspartnern<br />

sind folgende Elemente <strong>für</strong> die Atmosphäre von besonderer Bedeutung: Die<br />

Macht und die Abhängigkeiten, die Konflikte und das Kooperationsverhalten, die Information<br />

und die Kommunikation, die Offenheit und das Vertrauen sowie die Nähe,<br />

die Verbundenheit und das Zugehörigkeitsgefühl (Hakansson 1982, S. 21). Diese Variablen<br />

sind dabei interdependent und können je nach Situation zu vor- und nachteiligen<br />

Effekten <strong>für</strong> die Interaktion führen (s. Hakansson 1982, S. 21).<br />

Eine besondere Rolle im Verhältnis zwischen Herstellerunternehmen und internationalen<br />

Vertriebspartnern scheint das Zugehörigkeitsgefühl des Vertriebspartners zur Herstellerorganisation<br />

oder zum lokalen Markt und den Kunden zu spielen.<br />

Andersson/Forsgren (1996, S. 487) fanden bei einer Untersuchung von 78 Tochtergesellschaften<br />

schwedischer Unternehmen heraus, dass der Einfluss der Zentrale abnimmt,<br />

je höher sich Vertriebspartner ihren Kunden zugehörig („embedded“) fühlen<br />

(Andersson/Forsgren 1996, S. 487). Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass der Grad<br />

der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig grösser ist als intern<br />

zur Mutter (Andersson/Forsgren 1996, S. 504). Mitarbeiter in Tochtergesellschaften<br />

empfinden deshalb die Kontrolle durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 107<br />

durch das Headquarters. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von<br />

Williamson (1991; 1975) aufgegriffen, die den Vertriebspartner im Spannungsfeld<br />

„zwischen Markt und Hierarchie“ einordnen (Williamson 1991; Williamson 1975).<br />

Für den Hersteller resultiert hieraus ein Zielkonflikt: Einerseits ergeben sich aus der<br />

„Embeddedness“ des Vertriebspartners, die auch als Dichte des Netzwerkes im lokalen<br />

Markt beschrieben werden kann (Andersson/Forsgren 1996, S. 492), erhebliche Vorteile,<br />

so z. B. mehr Verkäufe und höhere Eintrittsbarrieren <strong>für</strong> die Konkurrenz. Andererseits<br />

muss die Zentrale mit zunehmender lokaler Verwurzelung ihrer Niederlassung<br />

eine schwindende Einflussmöglichkeit hinnehmen (Andersson/Forsgren 1996, S. 491).<br />

Auch sinkt mit steigender Embeddedness das Vertrauen des Vertriebspartners in die<br />

Zentrale (Granovetter 1985, S. 490). Benno Birke, Geschäftsführer des Hydraulik-<br />

Systemherstellers Hoerbiger-Origa Systems spricht vom „Kundensumpf“, in dem sich<br />

insbesondere ältere Vertriebspartner befinden. Diese stehen der Zentrale häufig nicht<br />

gesprächsbereit und offen gegenüber, sondern verstehen sich als „Anwälte des Kunden“.<br />

Tomczak (1997, S. 289) beschreibt mögliche Varianten der sozialen Atmosphäre auf<br />

einem Kontinuum zwischen der „vertrauensvollen Partnerschaft“ und einer „von Misstrauen<br />

geprägten Zweckgemeinschaft“. Je nach Ausprägung der Atmosphäre sind Unterschiede<br />

in der Interaktion zu beobachten (Hakansson 1982, S. 21). Im Fall einer<br />

„vertrauensvollen Partnerschaft“ werden beide Parteien auf explizite und ausgefeilte<br />

Kontroll-, Überwachungs- und Sicherungsmechanismen verzichten. Da eine Übervorteilung<br />

der anderen Partei ausgeschlossen wird, kann in der Interaktion auf ständige<br />

und langwierige sowie <strong>für</strong> beide Seiten kostspielige Verhandlungsprozesse verzichtet<br />

werden (Tomczak 1997, S. 289). Das Machtverhältnis zwischen den Parteien wird von<br />

Tomczak (1997, S. 289) bei diesen Überlegungen nicht explizit eingeschlossen. Nach<br />

den Ergebnissen von Gaski (1984) und Geyskens et al. (1999) ist jedoch zu vermuten,<br />

dass zwar nicht das Machtverhältnis, jedoch die Ausübung von Macht zu Konflikten<br />

führt. Diese senken wiederum das lokale Vertrauen und die Verbundenheit mit dem<br />

Herstellerunternehmen (s. auch Coughlan et al. 2001, S. 245; Schögel/Tomczak 1995,<br />

S. 45).<br />

5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis<br />

5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner<br />

Die konzeptionelle Differenzierung der Beurteilungsgegenstände in Austauschobjekte,<br />

Interaktionsprozesse und die soziale Transaktionsatmosphäre zeigt zweierlei. Zum ei-


108<br />

Kapitel 5<br />

nen wird deutlich, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner<br />

verschiedene Betrachtungsebenen erfordert und damit eine hohe inhaltliche Komplexität<br />

aufweist. Zum anderen kann keine Gruppe von Beurteilungsgegenständen<br />

sämtliche Elemente der Zusammenarbeit ausreichend erfassen. Abbildung 5-3 gibt<br />

noch einmal einen Überblick über die drei Gruppen von Beurteilungsgegenständen.<br />

Austauschobjekte Geschäftsprozesse Soziale Atmosphäre<br />

Produkte und<br />

Leistungen<br />

Geld<br />

Information<br />

<strong>Vertriebsmanagement</strong><br />

Lokale<br />

Prozesse<br />

permanent projektbezogen<br />

Marktbearbeitung<br />

Operativer<br />

Vertrieb<br />

Auftragsab<br />

-wicklung<br />

Kunden<br />

-service<br />

Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />

Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der<br />

Zusammenarbeit<br />

Hersteller<br />

Verbundenheit<br />

Offenheit<br />

Kulturelle<br />

Ehrlichkeit<br />

Nähe Respekt<br />

Rollen<br />

Sympathie<br />

Misstrauen<br />

Macht<br />

Verständnis<br />

Es ist davon auszugehen, dass Vertriebspartner in der Realität alle drei Gruppen in ihre<br />

Beurteilung integrieren. Denn bei genauem Hinsehen fällt auch auf, dass die gewählten<br />

Perspektiven Überschneidungen zulassen. So sind bspw. informationsbezogene<br />

Teilaspekte, wie z. B. „der Zeitpunkt der Information bei Lieferengpässen“ inhaltlich<br />

weder eindeutig dem Austauschobjekt „Information“ noch den Prozessen zuzuordnen,<br />

so z. B. den Teilprozessen „Auftragsabwicklung“ und „Lieferung“. Zu beiden Gruppen<br />

von Beurteilungsgegenständen bestehen also inhaltliche Verknüpfungen.<br />

Umso konkreter die Teilaspekte der Zusammenarbeit sind und umso geringer folglich<br />

der Abstraktionsgrad ist, desto weniger ist es möglich die Teilaspekte eindeutig zuzuordnen.<br />

Soziale Aspekte verschmelzen mit prozessbezogenen Aspekten, da soziale<br />

Schwierigkeiten der Betroffenen in den Prozessen der Zusammenarbeit auftreten und<br />

wahrgenommen werden. Ebenso werden die Austauschobjekte häufig in dem prozessualen<br />

Kontext beurteilt, in dem sie von Bedeutung sind. So beurteilen Vertriebspartner<br />

bspw. hohe Preisvorgaben in Bezug auf die Marktbearbeitung negativ, die Zahlungsbedingungen<br />

hingegen spielen beim Prozess der Auftragsabwicklung eine entscheidende<br />

Rolle.<br />

Vertriebspartner


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 109<br />

Um die Querbeziehungen zwischen den verschiedenen Bezugspunkten der Beurteilung<br />

(s. Abbildung 5-3) möglichst vollständig zu erfassen und realitätsnah zu berücksichtigen,<br />

wurde auf Interviews von Praktikern zurückgegriffen. Für den Kontext der vorliegenden<br />

Untersuchung konnten im Rahmen der explorativen Einzelinterviews (s.<br />

Absatz 2.4.2.1, S. 37) 56 Teilaspekte erfasst werden, die in den verschiedenen Unternehmen<br />

als wichtige inhaltliche Aspekte der Zusammenarbeit gesehen werden und<br />

Gegenstand deren Beurteilung sind. Auf Basis der Arbeit von Ruekert/Churchill Jr.<br />

(1984) und den Hinweisen im Rahmen des zweistufigen Pretests (s. Absatz 2.4.2.2, S.<br />

39 ff.) verblieben letztlich 43 konkrete Teilaspekte, welche die Zusammenarbeit konkret<br />

beschreiben. Diese sind in Tabelle 5-1 dargestellt und wurden auf Basis inhaltlicher<br />

Gemeinsamkeiten zunächst grob strukturiert. Um inhaltliche Verzerrungen auszuschliessen,<br />

sind sämtliche Aspekte im englischen Wortlaut aufgeführt. Um den Überblick<br />

zu erleichtern, wurden die Teilaspekte verkürzt, die ausführliche Benennung der<br />

Indikatoren ist aus dem Fragebogen im Anhang D (S. 353) ersichtlich. Weiterhin wurde<br />

versucht, die einzelnen Teilaspekte den Beurteilungsgegenständen zuzuordnen (AO<br />

= Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre). Hierbei zeigen sich die<br />

angesprochenen inhaltlichen Überschneidungen besonders deutlich, - eine eindeutige<br />

inhaltliche Zuordnung ist in vielen Fällen nicht möglich.<br />

Gegenstand Gegenstand<br />

Teilaspekte (englisch) AO PR SA Teilaspekte (englisch) AO PR SA<br />

Products and services…<br />

Order handling...<br />

New product market<br />

Order handling by the<br />

opportunities manufacturer<br />

The width of the products and<br />

Meeting of promised delivery<br />

services offered dates<br />

Overall quality and design of<br />

products and services<br />

Availability of products and parts<br />

Frequency of introducing new<br />

Handling of damaged products/<br />

products or services warranty cases<br />

Support with manuals, handbooks<br />

etc. Social interaction...<br />

Promotional and general<br />

Overall fairness and honesty of<br />

support…<br />

manufacturer<br />

Technical and commercial train-<br />

Interest of the manufacturer<br />

ing offered<br />

helping to accomplish your goals<br />

Sales promotion material and<br />

Overall manner you were treated<br />

product documentations by manufacturer<br />

Internal coordination of market-<br />

Clearness of responsibilities and<br />

ing-instruments number of contact persons<br />

IT-support and access to the<br />

Culture and treating of your<br />

manufacturer’s IT-systems values...<br />

Information about competition,<br />

Dealing with your local customs<br />

market and customers and values<br />

Relationship with the manufac- Way of respecting and treating


110<br />

turer’s sales representative your culture<br />

Support during local<br />

price wars<br />

Understanding your language<br />

Similarity of your values and<br />

Financial conditions...<br />

the manufacturer’s<br />

Profits generated from manufac-<br />

Dealing with different time zones<br />

turer’s product lines and distances<br />

Sales growth potential from<br />

Information and communica-<br />

manufacturer’s product lines<br />

tion behavior...<br />

Manufacturer credit policies<br />

Information about<br />

bottlenecks<br />

The manufacturer’s overall pay-<br />

Number, design and usefulness<br />

ing behavior of documents/forms<br />

Customer financing programs<br />

Response times to your<br />

requests<br />

Incentive programs (bonuses,<br />

contests, trips)<br />

Availability in emergency cases<br />

Inter-/Intracompany prices of<br />

Frequency of exchanging<br />

products and services<br />

information<br />

Manner of determining budgets<br />

Informal exchange of informa-<br />

and prices<br />

tion<br />

Sharing of joint project costs<br />

Customer and market-<br />

(tradeshows etc.) information, demanded<br />

Financial reporting required by<br />

Timeliness and completeness of<br />

the manufacturer information you get<br />

Beurteilungsgegenstände: AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre<br />

Stärke des inhaltlichen Bezugs zu Beurteilungsgegenständen:<br />

= Kein Bezug, = Starker Bezug, = Mittlerer Bezug<br />

Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung<br />

Kapitel 5<br />

Die in Tabelle 5-1 aufgelisteten Teilaspekte lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten<br />

zu sieben Gruppen zusammenfassen. Die Gruppen „Produkte und Services“,<br />

„Soziale Interaktion“, „Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ stimmen<br />

dabei inhaltlich mit den empirischen Ergebnissen von Ruekert/Churchill Jr. (1984, S.<br />

229) überein. Hinzu kommen eine logistische Gruppe „Auftragsabwicklung“, eine<br />

Gruppe „Kultur und Werte“ sowie eine Gruppe mit Aspekten der „Information und<br />

Kommunikation“.<br />

5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

Auf Basis der in Tabelle 5-1 (S. 110) vorgestellten Teilaspekte der Zusammenarbeit<br />

konnte die Zusammenarbeit mit Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern aus Sicht europäischer<br />

Vertriebspartner beurteilt werden. Für einen Überblick zu Details der Studie sei<br />

an dieser Stelle auf die Darstellung in Absatz 2.4.2.2 (S. 39 ff.; Vertriebsbefragung<br />

2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) verwiesen.


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 111<br />

Für die Beurteilung war neben den inhaltlichen Teilaspekten der Zusammenarbeit ein<br />

Mass zu finden, das die Entsprechung von Erwartung und Wahrnehmung in Bezug auf<br />

die Teilaspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner erfasst. Dazu wurde<br />

wiederum auf eine direkte Zufriedenheitsmessung zurückgegriffen, die als Ergebnis<br />

zwischen der erwarteten und der wahrgenommenen Ausprägung des beurteilten Teilaspektes<br />

zu interpretieren ist. Eine hohe Zufriedenheit spiegelt also die Situation wider,<br />

in der die wahrgenommene Ausprägung die Erwartungen übersteigt.<br />

Um weiterhin eine Priorisierung zwischen den Teilaspekten vornehmen zu können,<br />

wurde <strong>für</strong> jeden Teilaspekt die Bedeutung <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit erfasst. So<br />

kann vermieden werden, dass man sich fälschlicherweise auf Teilaspekte konzentriert<br />

bei denen zwar eine hohe Unzufriedenheit besteht, die aber <strong>für</strong> die eigentliche Geschäftstätigkeit<br />

eine eher nachrangige Bedeutung besitzen.<br />

Abbildung 5-4 zeigt solche Teilaspekte der Zusammenarbeit mit Schweizer <strong>Industriegüter</strong>herstellern,<br />

bei denen diese aus Sicht ihrer europäischen Vertriebspartner besonders<br />

stark oder besonders schwach beurteilt wurden.<br />

Fairness und Ehrlichkeit<br />

des Herstellers.<br />

Gesamte Art und Weise,<br />

in der Sie behandelt werden.<br />

Qualität und Design von<br />

Produkten und Services.<br />

Umgang des Herstellers mit<br />

Zeitzonen und Distanzen.<br />

Angebotsbreite von<br />

Produkten und Services.<br />

Bedeutung<br />

Zufriedenheit<br />

Stärken Schweizerischer<br />

<strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

Sehr<br />

unzufrieden<br />

Zufriedenheit<br />

indifferent<br />

Sehr<br />

zufrieden<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

5.87<br />

5.29<br />

6.18<br />

4.17<br />

5.66<br />

5.42<br />

5.27<br />

5.19<br />

5,16<br />

5.60<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

geringe<br />

Bedeutung<br />

hohe<br />

Verrechnungspreise <strong>für</strong><br />

Produkte und Leistungen.<br />

Schwächen Schweizerischer<br />

<strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

Informationspolitik im<br />

Fall von Engpässen.<br />

Informationen über<br />

Konkurrenz und Kunden.<br />

Incentive-Programme<br />

(Boni, Wettbewerbe,...).<br />

Finanzierungsprogramme<br />

<strong>für</strong> Kunden.<br />

Sehr<br />

unzufrieden<br />

Zufriedenheit<br />

indifferent<br />

Sehr<br />

zufrieden<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

5.11<br />

5.80<br />

5.36<br />

4.37<br />

4.09<br />

3.91<br />

4.24 3.87<br />

4.22<br />

3.99<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

geringe<br />

Bedeutung<br />

hohe<br />

Stärken: Fünf Teilaspekte mit den höchsten Zufriedenheitswerten<br />

Schwächen: Fünf Teilaspekte mit den niedrigsten Zufriedenheitswerten n = 240<br />

Abbildung 5-4: Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Eine hohe Zufriedenheit besteht bei Aspekten der sozialen Atmosphäre und dem Produkt-<br />

und Leistungsangebot. Die Fairness und die Ehrlichkeit sowie die Art und Weise,<br />

in der Hersteller ihre Vertriebspartner behandeln, erhalten die höchste Zufriedenheit.<br />

Aus Sicht der Vertriebspartner kommt diesen Teilaspekten ebenfalls eine beson-


112<br />

Kapitel 5<br />

ders hohe Bedeutung zu. Die Qualität und das Design von Produkten und Leistungen<br />

erhält jedoch von sämtlichen Aspekten die höchste Bedeutung. Gleichzeitig zeigen<br />

sich die Vertriebspartner mit diesem Aspekt äusserst zufrieden. Auch mit der Sortimentsbreite<br />

der Hersteller besteht eine hohe Zufriedenheit, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />

ebenfalls <strong>für</strong> das lokale Geschäft wichtig zu sein scheint. Lediglich dem Aspekt<br />

„Umgang mit verschiedenen Zeitzonen und geografischen Distanzen“ kommt aus<br />

Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise geringere Bedeutung zu, während<br />

grundsätzlich eine hohe Zufriedenheit besteht. Gründe hier<strong>für</strong> können in der Tatsache<br />

liegen, dass die Effekte der europäischen Distanzen und der geringen Zeitverschiebung<br />

nicht so stark ins Gewicht fallen, wie dies bei amerikanischen und asiatischen<br />

Vertriebspartnern der Fall sein könnte.<br />

Die Schwächen der betrachteten <strong>Industriegüter</strong>hersteller bestehen in den Teilaspekten,<br />

bei denen die höchste Unzufriedenheit besteht. Hierzu gehören insbesondere Aspekte<br />

der Informationspolitik und der finanziellen Konditionen. Der Information im Fall von<br />

Engpässen wie Lieferverzögerungen und technischen Schwierigkeiten wird das grösste<br />

Gewicht zugemessen. Gründe hier<strong>für</strong> liegen sicherlich in der Bedeutung der Liefertreue,<br />

die aus Kundensicht häufig wichtiger ist, als die Dauer bis zur Auslieferung.<br />

Obwohl die grössten Unzufriedenheiten der Vertriebspartner im Bereich der Finanzierungsprogramme<br />

<strong>für</strong> Kunden und der Incentivierung durch den Hersteller bestehen,<br />

messen die Vertriebspartner diesen beiden Teilaspekten eine vergleichsweise geringe<br />

Bedeutung zu. Eine besondere Beachtung verdienen die Höhe der Verrechnungspreise.<br />

Ihnen kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu,<br />

jedoch besitzen sie den fünfniedrigsten Zufriedenheitswert aller 43 eingeschlossenen<br />

Indikatoren. Allerdings überrascht dieses Ergebnis wenig, da Schweizer Hersteller<br />

aufgrund ihrer komparativ hohen Produktionskosten eher auf die Wettbewerbsstrategie<br />

der Qualitätsführerschaft setzen, die hohe Preise rechtfertigt und daher im Niedrigpreissegment<br />

weniger konkurrenzfähig sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37).<br />

5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre Kontextabhängigkeit<br />

5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung<br />

Bei der qualitativen Analyse der vielfältigen Aspekte, die von Vertriebspartnern zur<br />

Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden, konnten bereits erste inhaltliche<br />

Zusammenhänge zwischen den Teilkriterien der Beurteilung aufgezeigt werden.<br />

Ebenfalls wurde in Tabelle 5-1 (S. 110) bereits eine erste inhaltliche Gruppierung vor-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 113<br />

genommen, die jedoch lediglich auf subjektiven Einschätzungen in Bezug auf die inhaltliche<br />

Nähe der Aspekte beruht.<br />

Hierauf aufbauend wurde deshalb versucht, die Daten der quantitativ-empirischen Erhebung<br />

(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39) zu nutzen, um die Dimensionen der Beurteilung<br />

durch Vertriebspartner mittels multivariater Analyseverfahren zu errechnen (s. Vertriebsbefragung<br />

2004, Tabelle 2-3, S. 37). Gegenstand waren die in der qualitativen<br />

Analyse ermittelten 43 Teilaspekte der Zusammenarbeit (s. Tabelle 5-1, S. 110). Diese<br />

wurden durch siebenstufige Ratingskalen und verbal umschriebene Pole („Very dissatisfied“<br />

– „Very satisfied“) in Anlehnung an das Vorgehen von Homburg/Rudolph<br />

(1998, S. 250) erfragt. Ziel war es, eine Skala zu entwickeln, mit der die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner (im Weiteren „SALESSAT“ von „SALESpartner SATisfaction“)<br />

und deren Dimensionen gemessen werden können.<br />

Der erste Schritt, um die Dimensionalität der Beurteilung zu ermitteln, war eine explorative<br />

Faktorenanalyse. Im vorliegenden Fall wurde auf eine Hauptachsenanalyse zurückgegriffen,<br />

da die Faktoren gefunden werden sollten, die <strong>für</strong> die Beurteilung der<br />

Zusammenarbeit verantwortlich sind (Backhaus et al. 2000b, S. 286). Um die Unabhängigkeit<br />

der gesuchten Dimensionen zu sichern, wurde eine rechtwinklige Varimax-<br />

Rotation durchgeführt. Ergänzend wurde die von Homburg/Rudolph (1998, S. 253)<br />

vorgeschlagene schiefwinklige Oblimin-Rotation eingesetzt, um die Methodeninvarianz<br />

des Vorgehens zu untersuchen (s. Bühner 2004, S. 166). Bei maximaler Korrelation<br />

zwischen den Faktoren (delta = 0) führt diese zur selben Faktorenstruktur wie die<br />

rechtwinklige Rotation, allerdings fallen die Faktorladungen nicht so deutlich aus (s.<br />

Anhang I, S. 372).<br />

Die explorative Faktorenanalyse bestätigte die aus qualitativen Überlegungen postulierte<br />

siebendimensionale Struktur, erforderte jedoch die Elimination einer grossen<br />

Anzahl von Indikatoren (s. Tabelle 5-2, S. 115). Konnten einzelne Indikatoren keinem<br />

Faktor zugeordnet werden oder liessen sie sich nicht eindeutig nur einem Faktor zuordnen,<br />

so wurden diese eliminiert (s. Churchill Jr. 1979, S. 69). Als Eliminationskriterium<br />

im Rahmen der explorativen Faktorenanalyse sollte eine Faktorladung nicht<br />

unter einem Schwellenwert von .50 liegen, bzw. nicht mehr als eine Faktorladung von<br />

über .50 bei einem Indikator existieren (Backhaus et al. 2000b, S. 269 f.). Insgesamt<br />

wurden bei der Analyse schrittweise eine Anzahl von insgesamt 20 Indikatorvariablen<br />

ausgeschlossen. Die Faktorladungsmatrix der verbleibenden 23 Indikatoren weist eine<br />

hohe Eignung auf. Lediglich die Indikatorvariable „Manufacturer credit policies“ zeigt<br />

eine geringfügige Unterschreitung des von Backhaus et al. (2000b, S. 286) geforderten


114<br />

Kapitel 5<br />

Mindestwertes. Jedoch erfüllt diese das so genannte Fürntratt-Kriterium (Fürntratt<br />

1969, S. 66), nach dem ein Item dann einem Faktor zugeordnet werden sollte, wenn<br />

die quadrierte Ladung mindestens 50 Prozent der Itemkommunalität erklärt. Dies ist<br />

im vorliegenden Fall offensichtlich gegeben.<br />

Faktoren und Faktorladungen<br />

(nach rechtwinkliger Rotation)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

New product market<br />

opportunities<br />

.587 .191 .204 .172 .118 .120 .070<br />

The width of the products and<br />

services offered<br />

.653 .070 .137 -.004 .119 .011 .177<br />

Quality and design of products<br />

and services<br />

.533 .249 .144 -.089 .124 .057 .260<br />

Frequency of introducing new<br />

products or services<br />

.572 .043 .077 .158 .181 .024 -.004<br />

Order handling by<br />

manufacturer<br />

.138 .631 .172 .175 .256 .203 .090<br />

Meeting of promised<br />

delivery dates<br />

.063 .683 -.010 .045 .162 .149 .246<br />

Availability of products and<br />

replacement parts<br />

.246 .712 .023 .073 .144 .075 .163<br />

Support with manuals,<br />

handbooks, etc.<br />

.376 -.036 .651 .044 .149 .098 .245<br />

Sales promotion material and<br />

documentations<br />

.255 .146 .644 .140 .176 .085 .091<br />

Manufacturer credit<br />

policies<br />

.031 .049 -.013 .437 .159 .149 .205<br />

Customer financing<br />

programs<br />

.095 .084 .095 .711 .034 .066 .042<br />

Incentive programs (bonuses,<br />

contests, trips)<br />

.067 .068 .071 .647 .120 .150 .087<br />

Sales support relationship with<br />

the sales rep<br />

.310 .160 .280 .125 .507 .097 .178<br />

Overall fairness and honesty of<br />

manufacturer<br />

.144 .217 .140 .062 .658 .195 .294<br />

Interest and concern<br />

to help you<br />

.218 .207 .101 .149 .679 .152 .126<br />

Overall manner you were<br />

treated<br />

.143 .133 .057 .142 .739 .141 .140<br />

Dealing with your local customs<br />

and values<br />

.278 .176 -.036 .150 .095 .625 .200<br />

Way of respecting and treating<br />

your local culture<br />

.216 .136 -.079 .099 .335 .712 .274<br />

Understanding your<br />

language<br />

-.136 .031 .180 .163 .044 .612 -.151<br />

Similarity of your values and<br />

the manufacturer’s<br />

.003 .269 .172 .142 .234 .509 .194<br />

Manufacturer's response times<br />

to your requests<br />

.173 .295 .143 .143 .144 .189 .571<br />

Timeliness of receiving neces- .173 .211 .084 .172 .216 .008 .679


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 115<br />

sary information<br />

Completeness of information<br />

you get<br />

Tabelle 5-2: Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der<br />

23 Zufriedenheitsindikatoren<br />

.150 .161 .181 .162 .292 .142 .577<br />

In einem nächsten Schritt wurde mit Hilfe des Cronbachschen Alphas die Reliabilität<br />

jeder einzelnen Dimension separat untersucht. Sämtliche Dimensionen zeigten im<br />

Rahmen dieser Reliabilitätsanalyse sehr zufrieden stellende α-Werte, die teilweise<br />

deutlich höher lagen als der von Nunnally (1978, S. 245) vorgeschlagene Richtwert<br />

von .70. Die anschliessende erneute einfaktorielle explorative Faktorenanalyse ergab<br />

bei allen Dimensionen die gewünschte Einfaktorenlösung, die erklärte Gesamtvarianz<br />

lag in allen Fällen höher als die von Homburg/Giering (1996, S. 12) geforderten 50<br />

Prozent. Es gab demnach keinen Grund, weitere Indikatoren aus der Analyse auszuschliessen.<br />

In einem letzten Schritt schliesslich wurde jede einzelne Dimension noch einmal mit<br />

Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse untersucht. Der Faktor 3 „Marketingund<br />

Verkaufssupport“ musste von dieser Betrachtung ausgeschlossen werden, da eine<br />

Anzahl von zwei Indikatorvariablen eine negative Anzahl von Freiheitsgraden besitzt.<br />

Für die restlichen Dimensionen kam als Schätzverfahren wiederum die robuste Maximum-Likelihood-Methode<br />

zum Einsatz. Bei der Schätzung erwiesen sich sämtliche<br />

Regressionsgewichte auf dem 1-Prozent-Niveau als signifikant. Sämtliche Indikatorreliabilitäten<br />

lagen deutlich über dem geforderten Wert von .40 (Homburg/Baumgartner<br />

1995a, S. 170). Lediglich die Indikatorreliabilität des Indikators „Similarity of your<br />

values and the manufacturer’s“ erreichte nur knapp den geforderten Wert, wurde aber<br />

ebenfalls aus Gründen der Inhaltsvalidität beibehalten. Die durchschnittliche erfasste<br />

Varianz und die Faktorreliabilitäten erreichten in allen Fällen die Mindesthöhe von .50<br />

bzw. .60 (Jensen 2001, S. 95 f.; Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Für eine zusammenfassende<br />

Darstellung der Gütekriterien erster und zweiter Generation sei an<br />

dieser Stelle noch einmal auf Tabelle 3-2 (S. 62) verwiesen.<br />

Tabelle 5-3 (S. 116) stellt noch einmal sämtliche Gütekriterien der siebenfaktoriellen<br />

SALESSAT-Skala mit den verbleibenden 23 Indikatoren dar. Der Vollständigkeit halber<br />

sind auch einige Gütekriterien der ersten Generation aufgeführt. Es bleibt festzuhalten,<br />

dass sich die Faktorenstruktur der quantitativen Datenanalyse ausgesprochen<br />

gut mit den Vermutungen aus der qualitativen Analyse (s. Tabelle 5-1, S. 110) deckt.


116<br />

Faktor 1:<br />

”Produkte und<br />

Leistungen”<br />

Faktor 2:<br />

”Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und<br />

Lieferung”<br />

Faktor 3:<br />

”Marketingsupport“<br />

Kapitel 5<br />

Indikator IR T I/T CA FR DEF<br />

New product market opportunities .53 6.13 .57<br />

The width of the products and<br />

services offered<br />

Quality and design of products and services<br />

.46<br />

.54<br />

7.40<br />

8.64<br />

.55<br />

.55<br />

.79 .80 .51<br />

Frequency of introducing new<br />

products or services<br />

.45 8.41 .49<br />

Order handling by manufacturer .55 11.82 .65<br />

Meeting of promised delivery dates .59 12.88 .66<br />

Availability of products and replacement<br />

parts<br />

.61 12.53 .67<br />

.81 .81 .59<br />

Support with manuals, handbooks, etc. -* -* .57<br />

Sales promotion material and<br />

documentations<br />

-* -* .57<br />

.72 -* -*<br />

Faktor 4:<br />

”Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

Manufacturer credit policies<br />

Customer financing programs<br />

Incentive programs (bonuses, contests,<br />

trips)<br />

.48<br />

.57<br />

.63<br />

5.99<br />

7.70<br />

6.72<br />

.49<br />

.52<br />

.64<br />

.78 .79 .56<br />

Sales support relationship with the sales rep .47 11.20 .61<br />

Faktor 5:<br />

”Soziale Inter-<br />

Overall fairness and honesty of<br />

manufacturer<br />

.52 11.94 .64<br />

.84 .84 .57<br />

aktion“ Interest and concern to help you .63 13.47 .72<br />

Overall manner you were treated .63 13.42 .71<br />

Dealing with your local customs and values .58 7.23 .56<br />

Faktor 6:<br />

”Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Way of respecting and treating your<br />

local culture<br />

Understanding your language<br />

.74<br />

.47<br />

4.10<br />

10.42<br />

.61<br />

.61<br />

.82 .82 .54<br />

Werten“ Similarity of your values and the<br />

manufacturer’s<br />

.35 9.50 .56<br />

Faktor 7:<br />

”Informations-<br />

Manufacturer's response times to<br />

your requests<br />

.49 10.85 .61<br />

und Kommunikations<br />

Timeliness of receiving necessary<br />

information<br />

.75 13.49 .70<br />

.79 .80 .57<br />

verhalten“ Completeness of information you get .48 10.75 .60<br />

IR = Indikatorreliabilität, t = t-Wert der Faktorladung, I/T = Item-to-Total-Korrelation,<br />

CA = Cronbachsches Alpha, FR = Faktorreliabilität, DEF = Durchschnittlich erfasste Varianz,<br />

* Bei zwei Indikatoren ist die Berechnung dieser Masse nicht möglich.<br />

Tabelle 5-3: Gütekriterien erster und zweiter Generation <strong>für</strong> die SALESSAT-Skala<br />

5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen<br />

Jede einzelne Dimension der SALESSAT-Skala stellt einen inhaltlichen Schwerpunkt<br />

der Zusammenarbeit und damit gleichzeitig einen Ansatzpunkt <strong>für</strong> mögliche Massnahmen<br />

des Herstellers dar. Die SALESSAT-Skala ermöglicht es, die Dimensionen<br />

der Zusammenarbeit messbar zu machen und im Zeit- oder Unternehmensvergleich


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 117<br />

einzusetzen. Für den Einsatz im Unternehmensvergleich liegen dem Autor bereits erste<br />

Erfahrungen vor.<br />

Neben der Zufriedenheitsbeurteilung spielt aus Sicht der Vertriebspartner die unterschiedliche<br />

Bedeutung der Dimensionen <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit eine wichtige<br />

Rolle. Die Bedeutung <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit wurde neben der Zufriedenheit<br />

ebenfalls <strong>für</strong> sämtliche Teilaspekte der Zusammenarbeit erhoben. Auch hierzu wurde<br />

auf eine siebenstufige Ratingskala, in diesem Fall mit den Polen „Low importance“<br />

und „High importance“ zurückgegriffen.<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Faktor 1:<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

Maximum<br />

Median<br />

Minimum<br />

Faktor 2:<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

Faktor 3:<br />

„Marketingsupport“<br />

Faktor 4:<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

Faktor 5:<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

Bedeutung <strong>für</strong> den lokalen Geschäftserfolg<br />

(Arithmetischer Mittelwert; 1=gering, 7=hoch)<br />

Faktor 6:<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

Faktor 7:<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

5.59 5.95 5.45 4.55 5.56 4.91 5.58<br />

Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit<br />

Abbildung 5-5 zeigt die Bedeutung der einzelnen Dimensionen als arithmetischen Mittelwert.<br />

Als Information über die Streuung der Einschätzungen sind zusätzlich die<br />

Spannweite und der Median eingezeichnet. Die Abbildung wird in den nachfolgenden<br />

Absätzen näher erläutert und interpretiert.<br />

5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“<br />

Für das lokale Geschäft von enormer Bedeutung ist die Produkt- und Leistungspolitik<br />

des Herstellers. Es erstaunt nicht, dass diese aus Sicht des Vertriebspartners eine der<br />

wichtigsten Dimensionen darstellt (Arithmetisches Mittel 5.59). Denn die Attraktivität<br />

des Vertriebspartners <strong>für</strong> die Kunden im lokalen Markt wird durch die Fähigkeit bestimmt,<br />

dessen Bedürfnisse möglichst gut zu befriedigen. Vertriebspartner sind deshalb<br />

in höchstem Masse daran interessiert, durch innovative, marktgerechte Lösungen<br />

des Herstellers die Konkurrenz zu überflügeln. Allerdings hat der Wert von Innovation


118<br />

Kapitel 5<br />

<strong>für</strong> manche Kundensegmente auch Grenzen, wenn es um Standardlösungen geht. Andrew<br />

Coomber, Sales Manager bei Sulzer Metco UK Ltd., England, betont (Vertriebsbefragung<br />

2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “We produce equipment, which can be hard to<br />

sell because it is too expensive. We tend to overengineer for some market places.”<br />

Neben der Innovativität spielen selbstverständlich, da sie aus Sicht der Kunden kaufbestimmend<br />

sind, auch Aspekte der Qualität und des Designs von Produkten und Services<br />

eine Rolle sowie die Breite des Sortimentes. Auch die Häufigkeit, in der neue<br />

Produkte und Services eingeführt werden, ist aus Sicht der Vertriebspartner bestimmend:<br />

Werden nur selten neue Produkte und Services in den Markt eingeführt, erschwert<br />

dies den Verkauf, der sich nicht durch Innovation vom Wettbewerb differenzieren<br />

kann. Ist die Häufigkeit der Einführung neuer Produkte und Leistungen allerdings<br />

zu hoch, entstehen lokal andere Probleme: So belasten „Rüstkosten“, die durch<br />

zusätzliche Schulungen, neue Dokumentationen, Verkaufsunterlagen, Konformitätserklärungen<br />

und andere Kommunikationsanstrengungen entstehen, das Tagesgeschäft.<br />

Auch kann es hierdurch dazu kommen, dass der Einführungsphase <strong>für</strong> einzelne Produkte<br />

nicht die angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, da man sich<br />

zwischen Tagesgeschäft und der Vielzahl von Neueinführungen verzettelt. Josef<br />

Vilana, Vertriebsmanager bei der Sulzer Metco Europe GmbH in Madrid, Spanien,<br />

fordert deshalb (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “Manufacturer should<br />

better analyze the market needs when designing new products.”<br />

5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“<br />

Als wichtigste Dimension <strong>für</strong> die Beurteilung des Herstellers gilt bei Vertriebspartnern<br />

die „Zuverlässigkeit bei der Abwicklung und bei der Lieferung der Leistung“. Die hohe<br />

Bedeutung, die Vertriebspartner dieser Dimension zumessen (Arithmetisches Mittel<br />

5.95), deckt sich mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Belz (2002, S. 185) die<br />

unter Führungskräften in marktnahen Funktionen (insbesondere Geschäftsführer, Marketing-<br />

und Verkaufsverantwortliche) Schweizer, deutscher und österreichischer Unternehmen<br />

durchgeführt wurde.<br />

Aus Sicht der Vertriebspartner hat die Zuverlässigkeit des Herstellers in dieser „logistischen“<br />

Dimension eine ganz besondere Funktion: Wie aus einer internen Studie der<br />

BASF AG hervorgeht, messen Kunden der Zuverlässigkeit der Lieferung häufig eine<br />

höhere Bedeutung zu als der Lieferdauer (Befragung BASF II, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Das Vertrauen, dass die mit dem Vertriebspartner vereinbarten Konditionen eingehal-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 119<br />

ten werden, ist schliesslich <strong>für</strong> Kunden die Basis, um eigene Produktionsplanungen<br />

und die eigene Lieferfähigkeit wiederum ihren Kunden garantieren zu können. Stefan<br />

Aldborg, Sales Manager der ABB Automation Technology AB in Vasteras, Schweden,<br />

betont hierzu (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Trust is the name<br />

of the game“. Die Zuverlässigkeit des Herstellers entscheidet darüber, ob der Vertriebspartner<br />

seine Versprechen gegenüber dem Kunden halten kann und damit das<br />

Vertrauen des Kunden sichert, fördert oder aber verliert.<br />

Die Zuverlässigkeit des Herstellers erhält aus Sicht des Vertriebspartners die höchste<br />

Priorität in dessen Beurteilung. Dies liegt in der Bedeutung dieses Aspektes <strong>für</strong> den<br />

Kunden begründet. Der Kunde und die Beziehung zum Kunden bilden die Grundlage<br />

<strong>für</strong> die Machtposition des Vertriebspartners, die Verkaufszahlen und davon abhängige<br />

variable Gehaltsbestandteile. Selbst soziale Nutzen, die ein Vertriebspartner bei hoher<br />

Embeddedness unmittelbar aus der Kundenbeziehung bezieht, werden durch eine<br />

schlechte Marktleistung gefährdet. Die Bedeutung der Zuverlässigkeit überträgt sich<br />

damit vom Kunden auf den Vertriebspartner.<br />

5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“<br />

Die Bedeutung des Supports in Marketing und Verkauf (Arithmetisches Mittel 5.45)<br />

ergibt sich <strong>für</strong> Vertriebspartner bereits im Tagesgeschäft: Vor allem produktbezogenes<br />

Material, das der Hersteller zur Unterstützung der dezentralen Vertriebsprozesse bereitstellt,<br />

führt zu höheren Verkaufserfolgen. Hierbei geht es um Informationen rund<br />

um das Produkt, ergänzendes Zubehör und eine klare Beschreibung der komparativen<br />

Konkurrenzvorteile. Wolfgang Fleischfresser, Geschäftsführer des <strong>Industriegüter</strong>handels<br />

HAT Hansa TMP im italienischen Modena (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />

2-3, S. 37): „Often we don’t know where is the strength of a product and where could<br />

be its potential in the market.” Rainer Mehrer, Manager Group Marketing and International<br />

Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, sieht grosse<br />

Chancen und Umsatzpotenziale, die im Marketing- und Verkaufssupport liegen. Unter<br />

der Parole „Easy Buying – Easy Selling“ versucht er, in der Marktorganisation den<br />

Vertriebspartnern möglichst schnell die Unterstützung zu geben, die sie brauchen<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach seiner Einschätzung versuchen<br />

insbesondere Mitarbeiter in unabhängigen Vertretungen die Produkte zu verkaufen,<br />

die sie leicht verkaufen können. „Ich muss den Vertriebspartner dazu befähigen, dass<br />

er meine Produkte leichter verkaufen kann als die anderer Hersteller“, so Mehrer. Ein<br />

guter Support im Marketing und Verkauf erleichtert es dem Verkäufer, mehr zu ver-


120<br />

Kapitel 5<br />

kaufen, was zur Erreichung der Ziele des Herstellers beiträgt. Dies bestätigt auch Markus<br />

Kistler, Leiter Verkauf und Marketing des Baumaschinenhändlers Probst Maveg<br />

SA in Lyss, Schweiz. Er verweist dabei auf vielfältige Vorteile, die sich <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />

aus Prospekten in landesüblicher Sprache, umfangreichen Verkaufsunterlagen<br />

und Schulungen mit diesen, Informationen zu Produktdetails und Argumentationshilfen<br />

ergeben. Sie erleichtern eine Abgrenzung und helfen, den Kunden zu überzeugen<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). So bieten manche Hersteller so genannte<br />

„Produkteseiten“ an, auf denen eigene und fremde Produkte anhand der wichtigsten<br />

technischen Daten verglichen werden. Hierdurch wird es dem Vertriebspartner erleichtert,<br />

vor dem Kunden die richtigen Argumente zu treffen.<br />

5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“<br />

Der Faktor „Finanzielle Konditionen“ beinhaltet die Politik des Herstellers in Bezug<br />

auf Finanzierungshilfen und Incentivierung. Dazu gehören sowohl Bedingungen, um<br />

Ware zu überlassen und zu liefern, als auch Unterstützung von Erweiterungsfinanzierungen.<br />

Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden wie z. B. Leasing und Vorfinanzierung<br />

gehören heute zu wichtigen Marketinginstrumenten im Bereich des Pricing und erlauben<br />

auch finanzschwachen Kunden den Erwerb der Leistungen, wodurch sich der<br />

Markt <strong>für</strong> den Anbieter vergrössert. Die Unterstützung des Kunden in Finanzierungsfragen<br />

spielt insbesondere aus Sicht deutscher und Schweizer Hersteller eine besondere<br />

Rolle, da diese aufgrund ihrer Herstellkosten zu höheren Verkaufspreisen anbieten<br />

müssen. Zu den finanziellen Konditionen des Herstellers zählen auch die Programme<br />

der Incentivierung, die durch attraktive Boni, Verkaufswettbewerbe oder Reisemöglichkeiten<br />

wichtige Anreize geben und die Vertriebsmitarbeiter zu höheren Leistungen<br />

motivieren können.<br />

Der Faktor 4 „Finanzielle Konditionen“ erhält von allen sieben Faktoren mit dem arithmetischen<br />

Mittelwert von 4.55 die geringste Bedeutung <strong>für</strong> das lokale Geschäft.<br />

Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass diese Dimension aber auch die grösste Streuung<br />

aufweist. Mehr als 50 Prozent der Befragten schätzen seine Bedeutung höher ein<br />

(s. Abbildung 5-5, S. 117). Eine Detailanalyse (s. Abbildung 5-6, S. 121) zeigt, dass<br />

befragte Verkaufsleiter (Arithmetisches Mittel von 4.73) den finanziellen Konditionen<br />

ein erheblich höheres Gewicht beimessen als befragte Geschäftsführer (Arithmetisches<br />

Mittel von 4.27; Signifikanz des Mittelwertunterschiedes auf dem 1-Prozent-Niveau).<br />

Dies mag an der unmittelbaren Betroffenheit liegen: Verkaufsleiter im Kundenkontakt<br />

nehmen unmittelbar die Probleme wahr, die aus fehlenden Finanzierungshilfen resul-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 121<br />

tieren. Ebenfalls richten sich Boni und andere Incentivierungsprogramme des Herstellers<br />

vorrangig an die Vertriebsmitarbeiter und machen Verkaufsleiter damit in besonderem<br />

Masse betroffen.<br />

Bedeutung <strong>für</strong> lokalen Geschäftserfolg<br />

(1=gering, 7=hoch)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

***: p < .01<br />

Geschäftsführer vs. Vertriebsleiter Tochtergesellschaften vs. Distributoren<br />

Arithm. Mittel<br />

N<br />

Geschäftsführer<br />

*<br />

4.27***<br />

102<br />

Vertriebsleiter<br />

4.73***<br />

87<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Tochtergesellschaften<br />

Arithm. Mittel 4.43***<br />

N 179<br />

*<br />

Distributoren<br />

4.97***<br />

54<br />

Abbildung 5-6: Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle Konditionen“ und Verteilung<br />

<strong>für</strong> verschiedene Fallgruppen<br />

Eine weitere Analyse zeigt (s. Abbildung 5-6), dass sich auch die Einschätzungen der<br />

Mitarbeiter von Tochtergesellschaften von denen unabhängiger Distributoren unterscheiden.<br />

Distributoren messen den finanziellen Konditionen eine signifikant (1-<br />

Prozent-Niveau) höhere Bedeutung (4.97) zu als die Mitarbeiter von Tochtergesellschaften<br />

(4.43). Dies scheint die hohe Streuung plausibel erklären zu können, da sich<br />

die Beziehung zwischen Hersteller und Distributoren nicht wie bei Tochtergesellschaften<br />

durch eine rechtliche Zugehörigkeit, sondern hauptsächlich durch kommerzielle<br />

Interessen an einer Zusammenarbeit bestimmt. Das Interesse an finanziellen Aspekten<br />

der Zusammenarbeit ist also bei rechtlich unabhängigen Vertriebspartnern gerade die<br />

Basis <strong>für</strong> die Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Einen guten Überblick zur Problematik<br />

der finanziellen Konditionen <strong>für</strong> Tochtergesellschaften und Vertretungen findet<br />

sich bei Belz/Reinhold (1999a, S. 159 ff.).<br />

5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“<br />

Wie bereits mehrfach erläutert (s. Absatz 5.1.3, S. 106), spielen aus Sicht der Vertriebspartner<br />

auch verschiedene Aspekte der „Sozialen Interaktion“ mit dem Hersteller<br />

eine wichtige Rolle. Die Dimension „Soziale Interaktion“ erhält in der vorliegenden


122<br />

Kapitel 5<br />

Untersuchung allerdings nur eine mittlere Bedeutung (Arithmetisches Mittel 5.56;<br />

Rang vier von sieben). Zu den Aspekten der sozialen Interaktion gehören insbesondere<br />

die Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers, das Interesse und die Sorge, die der Hersteller<br />

<strong>für</strong> die Erreichung der Ziele eines Vertriebspartners zeigt. Aber auch die gesamte<br />

Art und Weise, in der ein Vertriebspartner vom Hersteller oder dem regionalen<br />

Headquarters des Herstellers behandelt wird, stellt eine wichtige Facette der sozialen<br />

Interaktion dar. Die Bedeutung der Dimension „Soziale Interaktion“ ist allerdings<br />

nicht unumstritten (s. Abbildung 5-5, S. 117). Der Median weist nach der „Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung und Lieferung“ den höchsten Wert auf (s. Abbildung 5-5, S.<br />

117). Das bedeutet, mindestens 50 Prozent der Befragten messen der Bedeutung dieser<br />

Dimension den Wert 5.58 oder höher zu. Das arithmetische Mittel wird also in erheblichem<br />

Masse durch die Streuung nach unten beeinflusst. Mit anderen Worten messen<br />

die Hälfte der Befragten der sozialen Interaktion einen ausgesprochen hohen Punktwert<br />

zu. Es gibt jedoch auch einige Befragte, die eine gänzlich abweichende Einschätzung<br />

vertreten und die Aspekte der sozialen Interaktion <strong>für</strong> unbedeutend halten. Diese<br />

wenigen Extremwerte im unteren Wertebereich beeinflussen damit das arithmetische<br />

Mittel erheblich.<br />

Die Bedeutung der sozialen Aspekte der Interaktion <strong>für</strong> die Einstellung der Vertriebspartner<br />

und das Verhalten gegenüber Kunden und dem Hersteller wurde bereits vertieft<br />

(s. Kapitel 3, S. 49 ff.). Henrik Sjöwall, Vertriebsmitarbeiter der UAB Geotronics<br />

Vilnius in Vilnius, Litauen, betont noch einmal die Bedeutung der sozialen Aspekte<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „There must be a certain ‚feel good<br />

factor’ too, since we are no robots. All business is personal in the end.”<br />

5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“<br />

Ebenfalls im Kontext der sozialen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />

angesiedelt, befindet sich die Dimension „Umgang mit Kultur und Werten“.<br />

Obgleich Aspekte der kulturellen Unterschiede zwischen Ländern und Organisationseinheiten<br />

vielfach zum Gegenstand von Anekdoten (s. Absatz 4.1.2.1, S. 80) und wissenschaftlicher<br />

Diskussionen gemacht wurde (einen Überblick geben<br />

Kutschker/Schmid 2002, S. 655 ff.; Belz/Reinhold 1999a, S. 56 ff.), schenken die Vertriebspartner<br />

diesen kulturellen Aspekten auffallend wenig Beachtung (Arithmetisches<br />

Mittel 4.91). Zu den beurteilten Teilaspekten gehören etwa der Umgang des Herstellers<br />

mit den lokalen Gebräuchen und Werten, die Ähnlichkeit dieser lokalen Werte mit<br />

denen des Herstellers, die Art und Weise, in der der Hersteller diese Kultur des Gast-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 123<br />

landes respektiert und behandelt sowie das Verständnis der lokalen Sprache und<br />

Schrift.<br />

Gründe <strong>für</strong> die aus Sicht der Vertriebspartner geringe Bedeutung dieser Dimension<br />

liegen einerseits in der schon aufgezeigten zunehmenden Ähnlichkeit der Kulturen im<br />

regionalen Kontext. Die Bedeutung der kulturellen Dimension fällt demnach bei einer<br />

weltweiten Befragung weit höher aus, als es bei der vorliegenden regionalen Fokussierung<br />

der Fall war. Andererseits ist die Bedeutung von kulturellen Aspekten, da diese<br />

auf einer wertemässigen, teilweise unbewussten Sinnesebene liegen, nach Ansicht des<br />

Autors nur schlecht über eine direkte Befragung erfassbar und den Befragten ggf. gar<br />

nicht bewusst. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Bedeutung kultureller Aspekte<br />

aufgrund der Tendenz zur externen Ursachenattribution teilweise in der Wissenschaft<br />

und aus Sicht der Zentrale überschätzt wird, wenn diese das Scheitern einer Marketingimplementierung<br />

begründen.<br />

5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“<br />

“Information is the key, that ‘opens’ all sales channels” unterstreicht Krzysztof Lubowiecki,<br />

Sales Manager der ABB in Lodz, Polen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />

2-3, S. 37). Als letztgenannte Dimension der Beurteilung des Herstellers kommt dem<br />

„Informations- und Kommunikationsverhalten“ aus Sicht der Vertriebspartner die<br />

drittstärkste Bedeutung zu. Zu wichtigen Teilaspekten dieser Dimension gehören z. B.<br />

die Länge der Reaktionszeiten auf Anfragen an den Hersteller, die Zeitigkeit mit der<br />

der Hersteller informiert sowie die Vollständigkeit von Informationen die der Vertriebspartner<br />

vom Hersteller erhält.<br />

Zu den Informationen, die der Hersteller dem Vertriebspartner zugänglich machen<br />

kann, gehören insbesondere produkt-, leistungs-, kunden- und wettbewerbsbezogene<br />

Informationen. So gewährleistet eine frühe Information über mögliche Lieferengpässe,<br />

dass der Kunde ebenso frühzeitig informiert wird und sich dementsprechend einrichten<br />

kann. Informationen zu Wettbewerbern und deren Strategien in anderen Märkten unterstützen<br />

unmittelbar den Verkauf, wie auch Informationen über das Vorgehen von<br />

Kunden in anderen Märkten. Vertriebspartner weisen darauf hin, dass Kunden über<br />

Neuprodukteinführungen über andere Kanäle früher und besser informiert sind als die<br />

Vertriebspartner selbst. Hierdurch leidet die vom Kunden wahrgenommene Kompetenz<br />

sowie das Vertrauen des Kunden in den Vertriebspartner.


124<br />

Kapitel 5<br />

Belz/Reinhold (1999a, S. 147) sprechen sogar von der „Kommunikativen Führung“<br />

der Niederlassungen, wodurch sie die zentrale Bedeutung der Information im Machtgefüge<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartner in den Mittelpunkt rücken. Und<br />

trotzdem wird dem Stellhebel der Kommunikation in vielen Unternehmen keine ausreichend<br />

hohe Aufmerksamkeit geschenkt. So werden zwar häufig Informationssysteme<br />

eingeführt, die aber nicht den Möglichkeiten entsprechend genutzt werden (s. auch<br />

Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Francisco Mesquita, Sales Manager der Handelsgesellschaft<br />

Caupel LDA in Porto, Portugal, betont zurecht (Vertriebsbefragung 2004, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37): „With all the new ways to inform, the manufacturer should provide<br />

more and better information about all the new that happens in the company and in<br />

the other markets.”<br />

5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren<br />

Die Vermutung liegt nahe, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit selbst unmittelbar<br />

durch die Situation beeinflusst wird, in der diese vorgenommen wird (Achrol et al.<br />

1983, S. 55). Zieht man die Zufriedenheit als Beurteilungsmassstab heran, so kann<br />

man sich das Zustandekommen eines situativen Einflusses am besten vergegenwärtigen.<br />

Denn die Zufriedenheit ist das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses, bei dem die<br />

wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativerwarteten<br />

Ausprägung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42;<br />

Parasuraman et al. 1991, S. 422). Folglich können situative Unterschiede in der Beurteilung<br />

dann entstehen, wenn sich entweder die Erwartungen oder aber die wahrgenommene<br />

Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes in Abhängigkeit von der Situation<br />

ändern.<br />

Diese Vermutung wird durch die im Rahmen dieser Untersuchung geführten qualitativen<br />

Experteninterviews erhärtet (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Vertriebspartner,<br />

die sich in einer besonderen Situation befinden, haben besondere Erwartungen<br />

an die Unterstützung durch den Hersteller, so z. B. an die Preisspielräume und<br />

finanzielle Konditionen in besonders intensiven Wettbewerbssituationen.<br />

Um die vermutete Situativität der Beurteilung quantitativ-empirisch zu überprüfen,<br />

wurden stellvertretend <strong>für</strong> jede der fünf Gruppen von Kontextfaktoren jeweils eine<br />

Variable ausgewählt. Als Auswahlkriterien galten dabei inhaltliche Überlegungen, die<br />

aus den Interviews resultierten ebenso wie Erkenntnisse ähnlicher wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen und den dort gewählten situativen Variablen (s. Jaworski/Kohli 1993,<br />

S. 55; Kumar et al. 1995, S. 64; Mohr et al. 1996, S. 113). Im Einzelnen werden die


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 125<br />

„Unsicherheit des lokalen Umfelds“, die „lokale Wettbewerbsintensität“, die „Profitabilitätssituation<br />

des Herstellerunternehmens“, die „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“<br />

sowie die „Dauer der Beziehung mit dem Herstellerunternehmen“ herangezogen,<br />

um die Ausprägung der fünf Kontextfaktoren der lokalen Situation zu erfassen (s.<br />

Abbildung 5-7, S. 125).<br />

Lokale Kontextfaktoren<br />

Allgemeines lokales<br />

Umfeld<br />

Spezifische Markt- und<br />

Kundensituation<br />

Organisation des<br />

Herstellerunternehmens<br />

Lokale Vertriebsorganisation<br />

Manager des<br />

lokalen Vertriebs<br />

Variablen Lokale Beurteilung<br />

� Unsicherheit<br />

des Umfeldes,<br />

� Wettbewerbsintensität,<br />

� Profitabilität<br />

des Herstellers,<br />

� Grösse der lokalen<br />

Organisation,<br />

� Beziehungsdauer<br />

zum Hersteller.<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

„Marketingsupport“<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

„Information und<br />

Kommunikation“<br />

„Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

„Kultur und<br />

Werte“<br />

Abbildung 5-7: Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner<br />

Zur Überprüfung der vermuteten Kausalbeziehungen zwischen den Kontextvariablen<br />

und der Beurteilung der Zusammenarbeit wurden sieben multiple Regressionsmodelle<br />

errechnet, die Auskunft über die Güte und die Stärke der Beziehungen geben. Eine vor<br />

der Durchführung der Regressionsanalyse vorgenommene Überprüfung der Prämissen,<br />

insbesondere der Heteroskedastizität, der Autokorrelation sowie der Multikollinearität<br />

(s. Backhaus et al. 2000b, S. 33 ff.) deutet auf eine gute Eignung des Datenmaterials<br />

hin. Tabelle 5-4 fasst die Ergebnisse der Regressionsmodelle zusammen. Eine ausführliche<br />

Erläuterung der Operationalisierung der situativen Variablen und eine Interpretation<br />

der Ergebnisse wird in den folgenden Absätzen 5.3.3.1 (S. 126) bis 5.3.3.5 (S.<br />

133) gegeben. Für anschauliche Darstellungen und Erläuterungen zu den Verfahren<br />

der Regressionsanalyse und der multiplen Regressionsanalyse sei an dieser Stelle auf<br />

Schira (2003, S. 105 ff. und S. 535 ff.) und Backhaus et al. (2000b, S. 1 ff.) verwiesen.<br />

Die Güte und die inhaltlichen Ergebnisse der in Tabelle 5-4 dargestellten multiplen<br />

Regressionen werden im Folgenden <strong>für</strong> jede der Kontextvariablen inhaltlich vertieft.<br />

Faktor 1<br />

(zSat01)<br />

Faktor 2<br />

(zSat02)<br />

Multiple Regression<br />

β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />

Faktor 3<br />

(zSat03)<br />

Faktor 4<br />

(zSat04)<br />

Faktor 5<br />

(zSat05)<br />

Faktor 6<br />

(zSat06)<br />

Faktor 7<br />

(zSat07)<br />

• Unsicherheit -.06 -.16** -.21*** -.24*** -.23*** -.13** -.23***


126<br />

des Umfelds<br />

• Wettbewerbsintensität<br />

• Profitabilität<br />

des Herstellers<br />

• Lokale Anzahl<br />

Mitarbeiter<br />

• Beziehungsdauer<br />

Kapitel 5<br />

.13** .02 .13** -.10 .06 .07 .03<br />

.26*** .16** .12* .13* .16** .22*** .13**<br />

-.15** -.15** -.18*** -.01 -.25*** -.10 -.19***<br />

.10 -.03 .11* .15** .07 .04 .06<br />

Globale Gütekriterien des Modells<br />

R .36 .29 .35 .36 .40 .31 .34<br />

R 2 .13 .08 .12 .13 .16 .10 .12<br />

F-Wert 6.62 4.05 6.15 6.12 8.22 4.83 6.15<br />

Signifikanzniveau<br />

.000 .002 .000 .000 .000 .000 .000<br />

n = 238; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01<br />

Tabelle 5-4: Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die Dimensionen<br />

der Beurteilung<br />

5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers<br />

Die Forschung in Distributionskanälen hat gezeigt, dass die Unzufriedenheit, die<br />

Frustration und Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />

in unsicheren Umweltbedingungen zunehmen (Achrol et al. 1983, S. 56).<br />

Vertriebspartner wollen unter unsicheren Umweltbedingungen ein Höchstmass an Flexibilität<br />

erhalten (Dwyer et al. 1987, S. 21 ff.), zeigen weniger Commitment, insbesondere<br />

unabhängige Vertretungen glauben weniger an die Fortführung der Beziehung<br />

zum Hersteller (Kumar et al. 1995, S. 57). Die Verkaufsergebnisse gehen in solch unsicheren<br />

Situationen häufig zurück. Vertriebspartner neigen stärker zu einer externen<br />

Ursachenattribution (Kumar et al. 1995, S. 57; s. Absatz 4.2.2, S. 97), da sie wissen,<br />

dass die Einflussmöglichkeit des Herstellers geringer ist als in stabilen Situationen, die<br />

sie sich aber in dieser Situation stärker wünschen.<br />

Zur Messung der Variable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“ („Environmental uncertainty“)<br />

wird auf ein semantisches Differenzial von Kumar et al. (1995, S. 64) zurückgegriffen.<br />

Dieses misst, wie volatil und unvorhersehbar sich das Verkaufsgebiet<br />

des Vertriebspartners in Bezug auf die Produkte und Leistungen des Herstellers darstellt<br />

(Kumar et al. 1995, S. 59). Mit steigender Unsicherheit sind gesteigerte Erwartungen<br />

an den Hersteller und damit eine tendenziell sinkende Zufriedenheit verbunden<br />

(s. Abbildung 5-8). Der Vergleich zwischen Vertriebspartnern in Situationen mit hoher<br />

Unsicherheit (4. Quartil) mit solchen in Situationen mit geringer Unsicherheit (1.


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 127<br />

Quartil) zeigt den Einfluss der wahrgenommenen Unsicherheit des lokalen Umfelds<br />

auf die Beurteilung der Zusammenarbeit des Herstellers deutlich.<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

(***)<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

(*)<br />

4.92<br />

5.08<br />

4.56<br />

5.76<br />

4.25<br />

5.17<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

(***)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

(**)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.12<br />

4.74<br />

3.99<br />

4.75<br />

4.57<br />

4.51<br />

5.15<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

(***)<br />

5.30<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

(***)<br />

„Marketingsupport“<br />

(***)<br />

Hohe Unsicherheit des<br />

Umfelds (4. Quartil, n=69)<br />

Geringe Unsicherheit des<br />

Umfelds (1. Quartil, n=46)<br />

Achsenbeschriftung:<br />

1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

Abbildung 5-8: Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung<br />

des Herstellers<br />

Bei hoher Unsicherheit fällt das Zufriedenheitsurteil in Bezug auf sämtliche Dimensionen<br />

der Zusammenarbeit deutlich geringer aus als im Fall einer geringen wahrgenommenen<br />

Unsicherheit. Ein Test auf Mittelwertgleichheit bestätigt das Ergebnis <strong>für</strong><br />

die einzelnen Dimensionen auf dem jeweils angegebenen Signifikanzniveau (s.<br />

Abbildung 5-8). Die stärksten Unterschiede in der Beurteilung liegen bezogen auf das<br />

„Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers vor. Aus Sicht des<br />

Vertriebspartners trägt gerade die Information über neue Entwicklungen, Innovationen<br />

und Strategien des Herstellers dazu bei, Unsicherheiten abzubauen. Besonders deutliche<br />

Unterschiede liegen auch in der Beurteilung des „Marketingsupports“ und den<br />

„Finanziellen Konditionen“. Beide Aspekte helfen dem Vertriebspartner in besonderem<br />

Masse, seine Position im Markt zu stärken und darüber Unsicherheiten zu beseitigen.<br />

Die Ergebnisse des Quartilsvergleichs decken sich hinsichtlich der Signifikanz sowie<br />

der Richtung und der Stärke der Zusammenhänge mit den Ergebnissen der multiplen<br />

Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126). Lediglich die Signifikanz des eher schwachen<br />

negativen Zusammenhanges mit der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“<br />

kann bei der multiplen Regression nicht auf dem 10-Prozent-Niveau bestätigt


128<br />

Kapitel 5<br />

werden. Da der Mittelwertunterschied dieser Dimension beim Quartilsvergleich auf<br />

dem 1-Prozent Niveau signifikant ist, deutet dies darauf hin, dass die Beurteilung der<br />

„Produkte und Leistungen“ <strong>für</strong> einen mittleren Bereich der Unsicherheit (Fälle des 2.<br />

und 3. Quartils) keine Assoziation mit der Situation zulässt. Die Unsicherheit als Determinante<br />

der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“ erhält folglich vor<br />

allem in Extremsituationen mit sehr starker oder sehr schwacher Unsicherheit ihre<br />

höchste Relevanz.<br />

5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume<br />

Die lokale Wettbewerbsintensität besitzt aus Sicht der Vertriebspartner eine besondere<br />

Bedeutung, wie bereits die Ausführungen zu Abbildung 4-4 (S. 98) in Absatz 4.2.2<br />

(97 ff.) gezeigt haben. Die Wettbewerbsintensität erfasst dabei, in wie weit Wettbewerber<br />

sich durch ihr Verhalten, ihre Ressourcen und ihre Fähigkeiten im Vergleich<br />

zum Anbieter differenzieren können (Jaworski/Kohli 1993, S. 59 f.).<br />

Wie Kohli/Jaworski (1990, S. 15 f.) herausfanden, kann eine Vertriebsorganisation bei<br />

fehlender oder geringer Wettbewerbsintensität selbst dann gute Ergebnisse erzielen,<br />

wenn sie nicht marktorientiert und ihr Produkt- und Leistungsangebot nicht optimal<br />

auf Kundenbedürfnisse abgestimmt ist, da die Kunden keine Alternativen besitzen und<br />

auf die Produkte und Leistungen des Anbieters angewiesen sind. Im Gegensatz dazu<br />

haben Kunden in wettbewerbsintensiven Situationen viele Alternativen, um ihre Bedürfnisse<br />

und Wünsche zu befriedigen (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Daraus ergibt<br />

sich, dass eine Organisation, die Kundenwünsche nicht so gut wie der Wettbewerb<br />

bedient, in wettbewerbsintensiven Zeiten Kunden an Wettbewerber verliert und damit<br />

schlechtere Marktergebnisse erzielt (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Die Forderung nach<br />

einer stärkeren Orientierung an den Bedürfnissen des Kunden wird von Vertriebspartnern<br />

deshalb in wettbewerbsintensiven Situationen mit mehr Nachdruck gestellt.<br />

Die zur Messung der Variable „Wettbewerbsintensität“ („Competitive Intensity“) verwendete<br />

Operationalisierung entspricht der von Jaworski/Kohli (1993, S. 68) verwendeten<br />

Muli-Item Skala. Die multiple Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126) weist<br />

<strong>für</strong> die unabhängige Variable Wettbewerbsintensität lediglich einen einzelnen signifikanten<br />

Zusammenhang auf, der auf dem 5-Prozent-Niveau zur Beurteilungsdimension<br />

„Marketingsupport“ besteht. Es erstaunt, dass es sich hierbei um einen positiven Zusammenhang<br />

handelt, d. h., die Beurteilung des Marketing-Supports fällt mit steigen-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 129<br />

der Wettbewerbsintensität tendenziell besser aus. Der Quartilsvergleich mit dem entsprechenden<br />

t-Test auf Mittelwertgleichheit führt zum selben Ergebnis.<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

(n. s.)<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

(n. s.)<br />

4.80<br />

4.60<br />

4.58<br />

4.67<br />

5.24<br />

5.19<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

(n. s.)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

(n. s.)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4.75<br />

4.92<br />

3.97<br />

4.47<br />

4.76<br />

4.47<br />

4.92<br />

4.97<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

(**)<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

(n. s.)<br />

„Marketingsupport“<br />

(**)<br />

Hohe Wettbewerbsintensität<br />

(4. Quartil, n=58)<br />

Geringe Wettbewerbsintensität<br />

(1. Quartil, n=58)<br />

Achsenbeschriftung:<br />

1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

Abbildung 5-9: Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpunkte<br />

in umkämpften Märkten<br />

Als Erklärung hier<strong>für</strong> bieten sich wiederum zwei Ansatzpunkte an. Es ist zu hinterfragen,<br />

in welchem Masse sich die Erwartungen in Bezug auf den Marketingsupport verändern.<br />

Hier ist sicherlich mit einer steigenden Erwartungshaltung gegenüber dem<br />

Hersteller zu rechnen, die allerdings damit das Ergebnis nicht zu erklären hilft. Lenkt<br />

man den Blick auf die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes,<br />

die dem Vertriebspartner als Referenzmass <strong>für</strong> die Beurteilung dient, so erhält man<br />

einen weiteren Ansatzpunkt. Hersteller neigen in verschärften Wettbewerbssituationen<br />

eher dazu, zusätzlichen Support im Bereich der Verkaufsunterlagen, Präsentationen<br />

oder gemeinsamen Kundenbesuchen zu geben. Massnahmen in diesem Bereich sind<br />

<strong>für</strong> den Hersteller mit geringeren Kosten verbunden, als weitgehende Eingeständnisse<br />

bei den finanziellen Konditionen. Die von Fredy A. Lienhard, Präsident und Delegierter<br />

des Verwaltungsrates, Lista Holding AG, Erlen (Schweiz) aufgezeigten Ansätze <strong>für</strong><br />

Marketinganstrengungen in turbulenten Zeiten scheinen diese Überlegungen zu bestätigen:<br />

„Look for new market niches, no price-war, continue sales promotion and improve<br />

tracking of all marketing programs“ (Belz et al. 2003, S. 45). Dies zeigt sich<br />

auch im Quartilsvergleich, denn während die Zufriedenheit mit dem Marketingsupport<br />

in wettbewerbsintensiven Situationen steigt, sinkt die Zufriedenheit mit den finanziel-


130<br />

Kapitel 5<br />

len Konditionen des Herstellers (Signifikanzniveau von 5-Prozent) als Ergebnis einer<br />

steigenden Erwartungshaltung des Vertriebspartners.<br />

5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck<br />

In den letzten Jahren waren viele deutsche und Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller in<br />

starkem Masse von den negativen konjunkturellen Entwicklungen betroffen. Als Hersteller<br />

aus Ländern mit vergleichsweise hohen Herstellkosten, zeigte sich bei diesen<br />

eine vergleichsweise geringe Flexibilität, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.<br />

Als Folge dessen hatten und haben etliche Hersteller erhebliche Schwierigkeiten,<br />

ihr Geschäft profitabel zu erhalten und waren gezwungen, umfangreiche Sparmassnahmen<br />

und Umstrukturierungen in Gang zu setzen. Prominente Beispiele waren<br />

z. B. ABB und Von Roll. Nach einer Studie der Mercer Management Consulting<br />

Schweiz waren von 20 führenden <strong>Industriegüter</strong>herstellern der Schweiz im Zeitraum<br />

Juni 2001 bis Juni 2002 17 Hersteller von EBIT-Schrumpfungen von bis zu 100 Prozent<br />

betroffen, 15 der 20 Unternehmen mussten zum Teil erhebliche Umsatzrückgänge<br />

hinnehmen (MMC 2003a, S. 21). Die Hersteller Sulzer, Saurer, Unaxis, Von Roll, Leica<br />

Geosystems und Mikron Holding erzielten im Berichtsjahr 2001 sogar einen negativen<br />

EBIT. Im Folgejahr verzeichneten die ABB, Georg Fischer, Unaxis und Bucher<br />

Verluste, die teilweise in Rekordhöhe lagen.<br />

Die Unsicherheit des Herstellers und die von diesem initiierten Programme zur Verbesserung<br />

der finanziellen Lage übertragen sich auch auf seine internationalen Vertriebspartner.<br />

Diese sind von geringeren Ressourcen im Stammhaus und resultierenden<br />

Knappheiten bei der Unterstützung ebenso betroffen wie durch ambitionierte bis unrealistische<br />

Zielvorgaben und Streichungen im Produkt- und Leistungsportfolio. Hersteller<br />

gehen bei der Umsetzung von neuen Zielen meist nicht differenziert vor, daher<br />

müssen häufig profitable Tochtergesellschaften mit effizienten Strukturen die Massnahmenpakete<br />

in gleichem Masse tragen wie Vertriebspartner mit erheblichen Verbesserungspotenzialen.<br />

Der Einfluss, den die Profitabilitätssituation des Herstellers auf die lokale Beurteilung<br />

hat, wird durch die multiple Regressionsanalyse in Bezug auf alle Dimensionen der<br />

Zusammenarbeit signifikant bestätigt. (s. Tabelle 5-4, S. 126).<br />

Auch der Gruppenvergleich von Vertriebspartnern, deren Hersteller über eine hohe<br />

respektive geringe Profitabilität verfügen, zeigt die resultierende Diskrepanz in der<br />

Beurteilung. Die beiden Gruppen der geringen und hohen Profitabilität wurden, da es


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 131<br />

sich bei der vorliegenden Variable um eine ordinale Skala handelt, durch die Zusammenlegung<br />

der jeweils extremsten Kategorien gebildet, <strong>für</strong> die Nennungen vorlagen.<br />

Auch hierbei weisen die Mittelwertvergleiche in sämtlichen Dimensionen mindestens<br />

auf dem 5-Prozent-Niveau signifikante Unterschiede auf. Der starke Einfluss der Herstellersituation<br />

auf die lokale Beurteilung wird damit nachhaltig bestätigt.<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

(***)<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

(***)<br />

4.99<br />

4.93<br />

4.43<br />

5.65<br />

4.11<br />

4.90<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

(***)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

(***)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5.18<br />

4.31<br />

3.86<br />

4.54<br />

4.30<br />

4.53<br />

5.13<br />

5.17<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

(***)<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

(***)<br />

„Marketingsupport“<br />

(**)<br />

Geringe Profitabilität des Herstellerunternehmens<br />

(Kategorien „Rather, Mainly<br />

und Highly unprofitable“, n=32)<br />

Hohe Profitabilität des Herstellerunternehmens<br />

(Kategorien Highly und<br />

Mainly profitable, n=62)<br />

Achsenbeschriftung:<br />

1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit<br />

mit den Beurteilungsdimensionen<br />

5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche<br />

Der Einfluss des situativen Faktors „Organisationsgrösse“ auf die Spezialisierung, die<br />

Delegation, den Koordinationsaufwand oder generell die Bürokratisierung einer Organisation<br />

wurde bereits vielfach zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen<br />

gemacht (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.; Ford/Slocum Jr. 1977, S. 564 ff.;<br />

Weber 1972, S. 551 ff.). Die Grösse einer lokalen Vertriebsorganisation hat, wie es<br />

scheint, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Verhältnis zum Herstellerunternehmen.<br />

Während grosse lokale Vertriebsorganisationen zusätzliche Anstrengungen<br />

im Verkauf selbst schultern können (Mohr et al. 1996, S. 110), so z. B. bei Messeauftritten<br />

und bei den Verkaufsunterlagen, fehlen hierzu den kleineren Vertriebspartnern<br />

die notwendigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Andererseits besitzen grosse<br />

Vertriebsorganisationen aber aufgrund ihres höheren Spezialisierungsgrades und der<br />

grösseren Arbeitsteilung auch eine höhere Professionalität und Formalisierung bei den


132<br />

Kapitel 5<br />

verschiedenen Teilprozessen der Zusammenarbeit (s. Kieser/Walgenbach 2003, S.<br />

210). Grössere lokale Vertriebsorganisationen besitzen in der Regel mehr Erfahrung in<br />

der Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern und kennen die Möglichkeiten, die<br />

auf Herstellerseite bestehen. Insgesamt erwachsen deshalb höhere Anforderungen an<br />

die Art und den Umfang der Unterstützung durch den Hersteller.<br />

Die Organisationsgrösse eines Vertriebspartners wurde in dieser Untersuchung, wie in<br />

der Literatur verbreitet, durch die Anzahl der Mitarbeiter in der lokalen Vertriebsorganisation<br />

gemessen (s. Mohr et al. 1996, S. 110). Die multiple Regressionsanalyse (s.<br />

Tabelle 5-4, S. 126) zeigt negative Zusammenhänge zwischen der Grösse der lokalen<br />

Organisation und der Zufriedenheit mit den sieben Beurteilungsdimensionen, jedoch<br />

nur <strong>für</strong> fünf dieser Dimensionen sind die Zusammenhänge auch auf dem 5-Prozent<br />

Niveau signifikant. Für die fünf Beurteilungsdimensionen „Produkte und Leistungen“,<br />

„Abwicklung und Lieferung“, „Marketing-Support“, „Soziale Interaktion“ und „Information<br />

und Kommunikation“ bedeutet dies, dass mit steigender Organisationsgrösse<br />

die Differenz zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung zunimmt. Dem<br />

Hersteller fällt es also schwerer, die Erwartungen des Vertriebspartners zu erfüllen, je<br />

grösser dessen lokale Vertriebsorganisation ist. Am stärksten fallen Erwartung und<br />

Leistung in den Bereichen der „Sozialen Interaktion“, der „Information und Kommunikation“<br />

sowie des „Marketing-Supports“ auseinander. Für die Dimensionen „Finanzielle<br />

Konditionen“ und „Kultur und Werte“ besitzen die Regressionskoeffizienten<br />

keine Signifikanz auf dem 10-Prozent-Niveau.<br />

Der Quartilsvergleich zwischen dem ersten und vierten Quartil der Organisationsgrösse<br />

bringt erstaunliche Ergebnisse zutage (s. Abbildung 5-11, S. 133). Lediglich <strong>für</strong> die<br />

beiden Dimensionen „Finanzielle Konditionen“ und „Kultur und Werte“ liegen deutliche<br />

Mittelwertunterschiede zwischen den Gruppen vor, der Mittelwertunterschied <strong>für</strong><br />

die Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ ist auf dem 1-Prozent-Niveau hochsignifikant.<br />

Für die anderen fünf Dimensionen liegen hingegen weder erkennbare Mittelwertunterschiede<br />

vor, noch sind diese auf dem 10-Prozent-Niveau signifikant (s.<br />

Abbildung 5-11, S. 133).<br />

Dies lässt darauf schliessen, dass der Umgang mit „Kultur und Werten“, wie auch die<br />

„finanziellen Konditionen“ gerade <strong>für</strong> sehr kleine Vertriebsorganisationen eine besondere<br />

Bedeutung besitzen. Kleine und grosse lokale Organisation werden durch den<br />

Umgang des Herstellers mit „Kultur und Werten“ aussergewöhnlich stark unterschieden<br />

(s. Abbildung 5-11), während sich <strong>für</strong> die Gesamtheit der Fälle (s. Tabelle 5-4, S.<br />

126) weder ein deutlicher noch ein signifikanter Zusammenhang ergibt. Für die ande-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 133<br />

ren fünf Dimensionen stellt sich dies genau andersherum dar: Für die Gesamtheit der<br />

Fälle ist ein signifikanter linearer Zusammenhang zwischen der Organisationsgrösse<br />

und der Beurteilung erkennbar (s. Tabelle 5-4, S. 126). Für die Extrema der kleinen<br />

und grossen Vertriebsorganisationen (1. und 4. Quartil) sind die Mittelwertunterschiede<br />

jedoch nicht signifikant.<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

(n. s.)<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

(***)<br />

5.02<br />

4.63<br />

4.60<br />

4.45<br />

5.27<br />

5.21<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

(n. s.)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

(n. s.)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4.88<br />

4.79<br />

4.00<br />

4.34<br />

4.84<br />

4.84<br />

4.66<br />

4.97<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

(n. s.)<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

(n. s.)<br />

„Marketingsupport“<br />

(n. s.)<br />

Grosse lokale Organisation<br />

(4. Quartil, n=51)<br />

Kleine lokale Organisation<br />

(1. Quartil, n=56)<br />

Achsenbeschriftung:<br />

1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> unterschiedliche Grössen der lokalen<br />

Vertriebsorganisation<br />

5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen<br />

Bereits Hakansson (1982, S. 17) betont, dass die Dauer der Zusammenarbeit zwischen<br />

zwei Organisationen durch die Anzahl der persönlichen Erfahrungen im sozialen Austauschprozess<br />

wesentlich über das Zustandekommen von Vertrauen und den Erfolg<br />

der Geschäftsbeziehung bestimmt. Wie Anderson/Weitz (1989, S. 320) gezeigt haben,<br />

erhöht sich das Vertrauen und verbessert sich die Erwartungsbildung in reifenden Beziehungen<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Kumar et al. (1995, S. 57) zeigen,<br />

dass sich die Gesamtqualität der Beziehung zum Hersteller im Laufe der Zeit erhöht.<br />

Frazier (1983, S. 68) und Dwyer et al. (1987, S. 11 ff.) argumentieren, dass rationale<br />

Vertriebspartner Beziehungen zu solchen Herstellern vermeiden werden, bei<br />

denen sie sich nicht gut behandelt fühlen. Wenn gewünschte Ergebnisse nicht erzielt<br />

werden können, kann die Beziehung schnell enden (Kumar et al. 1995, S. 57). Erhalten<br />

Vertriebspartner hingegen die gewünschten Ergebnisse aus der Zusammenarbeit


134<br />

Kapitel 5<br />

zum Hersteller, bereitet dies den Weg <strong>für</strong> eine tiefere Zusammenarbeit (Kumar et al.<br />

1995, S. 57). Nach dieser Ansicht besitzt die zufrieden stellende Zusammenarbeit<br />

schon in frühen Phasen eine wichtige Bedeutung und ist notwendige Bedingung <strong>für</strong><br />

eine Ausweitung der Zusammenarbeit.<br />

Die Dauer der Beziehung zum Herstellerunternehmen wird, wie von Mohr et al. (1996,<br />

S. 113) vorgeschlagen, als Single-Item Indikator gemessen, der erfasst, wie lange der<br />

Vertriebspartner bereits die Produkte und Leistungen des Herstellers verkauft (s.<br />

Kumar et al. 1995, S. 59). Die multiple Regression der Beziehungsdauer mit den sieben<br />

Beurteilungsdimensionen kann lediglich einen Zusammenhang <strong>für</strong> die Dimensionen<br />

„Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ signifikant bestätigen. Demnach<br />

steigt mit der Dauer der Beziehung zum Hersteller die Zufriedenheit mit dem<br />

Marketing-Support und mit den finanziellen Konditionen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Verantwortlich<br />

<strong>für</strong> diesen Zusammenhang ist ggf. die Zuverlässigkeit von Erwartungen,<br />

die sich auf Grundlage der langjährigen Erfahrung mit dem Hersteller verbessert.<br />

„Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“<br />

(n. s.)<br />

„Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten“<br />

(*)<br />

4.85<br />

4.57<br />

4.47<br />

4.48<br />

5.36<br />

5.01<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

(*)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

(n. s.)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4.88<br />

4.71<br />

4.02<br />

4.27<br />

4.63<br />

4.49<br />

4.74<br />

4.96<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

(n. s.)<br />

„Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

(n. s.)<br />

„Marketingsupport“<br />

(*)<br />

Lange Dauer der Beziehung zum<br />

Hersteller (4. Quartil, n=63)<br />

Kurze Dauer der Beziehung zum<br />

Hersteller (1. Quartil, n=56)<br />

Achsenbeschriftung:<br />

1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden<br />

n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01<br />

Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der<br />

Beziehung zum Hersteller<br />

Der Quartilsvergleich kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Für die Beurteilungsdimensionen<br />

„Informations- und Kommunikationsverhalten“, „Produkte und Leistungen“ und<br />

„Abwicklung und Lieferung“ kann auch hier kein signifikanter Mittelwertunterschied<br />

ermittelt werden. Für die Dimension „Finanzielle Konditionen“ besteht im Quartilsvergleich<br />

ebenfalls kein signifikanter Mittelwertunterschied. Im Bereich des „Marke-


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 135<br />

ting-Support“ kann - wie in der Regressionsanalyse - ein signifikanter Unterschied<br />

festgestellt werden. Hinzu kommen die Dimensionen „Kultur und Werte“ und „Soziale<br />

Interaktion“, <strong>für</strong> die beim Quartilsvergleich ebenfalls ein deutlicher, wenn auch nur<br />

schwach signifikanter Zusammenhang ermittelt werden kann (s. Abbildung 5-12, S.<br />

134).<br />

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass der Einfluss der Beziehungsdauer auf die<br />

Beurteilung der Zusammenarbeit ausgesprochen schwach ausfällt. Nach der Argumentation<br />

der weiter oben aufgeführten Autoren wäre anzunehmen gewesen, dass insbesondere<br />

die Dimensionen „Soziale Interaktion“, „Kultur und Werte“ und „Information<br />

und Kommunikation“ besonders stark durch die Dauer der Zusammenarbeit beeinflusst<br />

würden, da sie direkten Bezug zu den sozialen Aspekten der Zusammenarbeit<br />

und den dort agierenden Akteuren aufweisen. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen<br />

scheint es also, als würde die Bedeutung der Beziehungsdauer zum Hersteller tendenziell<br />

überbewertet.<br />

5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung<br />

An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Abschnitte 5.1 (S. 102 ff.) bis 5.3 (S.<br />

112 ff.) noch einmal zusammengefasst. Zentrale Ergebnisse der vorangegangenen Abschnitte<br />

und Absätze waren:<br />

• Die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller erfolgt anhand vielfältiger<br />

Teilaspekte, die durch bisherige konzeptionelle Ansätze (s. Abschnitt 5.1, S.<br />

102 ff.) nicht vollständig erfasst werden. Die Auswertung der explorativen Interviews,<br />

die der Autor in der Vertriebsorganisation internationaler Industriefirmen geführt<br />

hat (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), zeigt die Vielfalt der Beurteilungsaspekte<br />

in der Praxis (s. Tabelle 5-1, S. 110). Im Rahmen der quantitativen<br />

Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) wurden die identifizierten<br />

Beurteilungsaspekte genutzt, um die führenden Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

aus Sicht der europäischen Vertriebspartner zu beurteilen (s. Absatz 5.2.2, S.<br />

110 ff.). Eine Analyse zeigt, dass Vertriebspartner insbesondere finanzielle Aspekte<br />

und die Informationspolitik Schweizer Hersteller bemängeln (s. Abbildung 5-4, S.<br />

111).<br />

• Über die exemplarische Beurteilung der Schweizer Hersteller hinaus konnte durch<br />

eine mehrstufige Datenanalyse die Dimensionalität der Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />

ermittelt werden (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Es wurden sieben Beur-


136<br />

Kapitel 5<br />

teilungsdimensionen identifiziert, die von Vertriebspartnern zur Beurteilung eines<br />

Herstellers herangezogen werden. Die einzelnen Dimensionen sind die „Produktund<br />

Leistungspolitik“, die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der<br />

„Marketing- und Verkaufssupport“, die „Konditionenpolitik“, die „soziale Interaktion“,<br />

der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“ sowie das „Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten“ des Herstellers. Für jede der sieben Dimensionen wurde<br />

die relative Bedeutung <strong>für</strong> den lokalen Geschäftserfolg ermittelt und ausführlich interpretiert<br />

(s. Absatz 5.3.2, S. 116 ff. und Abbildung 5-5, S. 117).<br />

• Im Weiteren wurde untersucht, inwieweit die Beurteilung durch die Vertriebspartner<br />

vom lokalen Kontext abhängt (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.). Es zeigt sich, dass die<br />

einzelnen Kontextvariablen in unterschiedlichem Masse Einfluss auf die verschiedenen<br />

Beurteilungsdimensionen besitzen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Besonders deutlich<br />

wurde der Einfluss der Situationsvariablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“,<br />

„Profitabilität des Herstellers“ und „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“ auf<br />

die Beurteilung der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.3.1, S. 126 ff.; Absatz 5.3.3.3,<br />

S. 130 ff.; Absatz 5.3.3.4, S. 131 ff.). Bei der Interpretation wurde herausgestellt,<br />

dass sich im Kontext der lokalen Situation die Erwartungen an die Leistungen des<br />

Herstellers zu ändern scheinen, weshalb sich die Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />

bei gleich bleibender Unterstützung durch diesen massgeblich verändern kann.<br />

Lokale<br />

Situation<br />

Produkte und<br />

Leistungen<br />

Marketingsupport<br />

Umgang mit<br />

Kultur und<br />

Werten<br />

Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung<br />

und Lieferung<br />

Lokale<br />

Beurteilung<br />

Finanzielle<br />

Konditionen<br />

Informations- und<br />

Kommunikationsverhalten<br />

Soziale<br />

Interaktion<br />

Vertriebsgestaltung<br />

Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung<br />

Insgesamt zeigt sich damit, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />

nicht alleine von dessen Vertriebsgestaltung abhängig ist, sondern ebenso durch die


Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 137<br />

lokale Situation und deren Veränderungen bestimmt wird. Die lokale Beurteilung befindet<br />

sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen der lokalen Situation und<br />

der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 136).


138<br />

6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung<br />

der Vertriebsgestaltung<br />

Kapitel 6<br />

6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung<br />

Vertriebspartner fordern vielfach, mit ihren Anliegen stärker bei der Vertriebsgestaltung<br />

des Herstellers berücksichtigt zu werden. Zwar erkennen viele Hersteller die Vorteile,<br />

die mit einer besseren Zusammenarbeit verknüpft sind, doch in den wenigsten<br />

Unternehmen werden systematisch Lösungen entwickelt, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit<br />

aktiv zu verbessern.<br />

Die Ausführungen in Kapitel 3 (S. 49 ff.) haben bereits gezeigt, dass die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner eine wichtige Voraussetzung darstellt, um mitarbeiter- und marktbezogener<br />

Ziele des Herstellers zu erreichen. Um eine hohe Zufriedenheit herzustellen,<br />

müssen Hersteller die Situation berücksichtigen, in der sich Vertriebspartner befinden.<br />

Die in dieser Arbeit empirisch ermittelten Beurteilungsdimensionen (s. Abschnitt 5.3,<br />

S. 112 ff.) und deren situative Ausprägung (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.) geben Anhaltspunkte<br />

<strong>für</strong> eine Vertriebsgestaltung, die in besonderem Masse der Zufriedenheit internationaler<br />

Vertriebspartner Rechnung trägt.<br />

Die Relevanz (s. Kapitel 3, S. 49 ff.) und die Determinanten (Kapitel 4, S. 78 ff. und<br />

Kapitel 5, S. 102 ff.) der Zufriedenheit unter Vertriebspartnern als zwei von drei zentralen<br />

Forschungsfragen dieser Arbeit (s. Abschnitt 1.3, S. 6) wurden bereits eingehend<br />

untersucht. Die dritte noch zu beantwortende Forschungsfrage fokussiert die Alternativen,<br />

die einem Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen.<br />

Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage werden mögliche Ansatzpunkte der<br />

Vertriebsgestaltung und deren situative Eignung näher untersucht. Es stellt sich die<br />

Frage, aus welchen Strategien und Massnahmen der Hersteller generell wählen kann<br />

(s. Abschnitt 6.2, S. 139 ff. und 6.3, S. 159 ff.), inwieweit diese die lokale Situation<br />

berücksichtigen müssen und in welcher Abfolge der Hersteller sein Vorgehen vorteilhafter<br />

Weise organisieren sollte (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.).<br />

Die Unterscheidung in strategische und operative Ansätze wird anhand der Fristigkeit<br />

und dem Konkretisierungsgrad der Gestaltungsalternativen vorgenommen. Diese Unterscheidung<br />

wird den Ansatzpunkten nicht in jederlei Hinsicht gerecht. Denn bspw.<br />

Teamorganisationen (Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) oder das Informationsmanagement (Absatz<br />

6.3.8, S. 229 ff. ) besitzen sowohl strategische als auch operative Aspekte. Obgleich<br />

die Strukturierung demnach keine absolute Trennschärfe besitzt, ermöglicht sie<br />

es zwischen richtungweisenden Grundoptionen und konkreten Stossrichtungen zu unterscheiden.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 139<br />

Um ein systematisches Vorgehen bei der Um- und Durchsetzung von Aktivitäten zur<br />

Verbesserung der Zusammenarbeit zu unterstützen, wird als ergänzender Zugang eine<br />

dynamische Betrachtung herangezogen (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.). Dabei wird ein<br />

vierstufiger Managementprozess modelliert und beschrieben, der Hersteller bei der<br />

Diagnose der Zusammenarbeit, der Planung und Gestaltung von Massnahmen sowie<br />

deren Kontrolle anleitet. Anschliessend erfolgt anhand der erarbeiteten Ansätze in Abschnitt<br />

6.5 (S. 259 ff.) eine Analyse konkreter Unternehmen in Form von Fallstudien.<br />

Diese Durchdringung trägt zum besseren Verständnis der situativen Differenzierung<br />

der Vertriebsgestaltung bei.<br />

Abbildung 6-1 (S. 139) zeigt die gewählten Zugänge zur Vertriebsgestaltung des Herstellers<br />

und deren Verzahnung mit der Situation des Vertriebspartners und bildet damit<br />

den gedanklichen Rahmen <strong>für</strong> Kapitel 6.<br />

Perspektive Inhalte Abschnitt<br />

Statische<br />

Betrachtung<br />

Dynamische<br />

Betrachtung<br />

Situative<br />

Betrachtung<br />

Strategische<br />

Konfiguration<br />

Operative Koordination<br />

und Unterstützung<br />

Prozess der<br />

Vertriebsgestaltung<br />

Unternehmensfälle<br />

Abschnitt 6.2<br />

Abschnitt 6.3<br />

Abschnitt 6.4<br />

Abschnitt 6.5<br />

Abbildung 6-1: Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung<br />

6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation<br />

6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration<br />

In der Literatur zur Organisationstheorie werden verschiedene Konzepte und Masse<br />

zur Erfassung und Beschreibung von formalen Organisationsstrukturen vorgeschlagen<br />

(s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 71 ff.). Hierzu gehören bspw. die Spezialisierung, die<br />

Partizipation, die Zentralisierung und die Formalisierung (s. Kieser/Walgenbach 2003,<br />

S. 71; Ruekert et al. 1985, S. 15; Dwyer/Welsh 1985, S. 399). Ghoshal/Nohria (1989,<br />

S. 325) halten die Zentralisierung und Formalisierung <strong>für</strong> die wichtigsten Konstrukte<br />

bei der Analyse internationaler Marktorganisationen. Ferrell/Skinner (1988, S. 104)<br />

heben neben Formalisierung und Zentralisierung die Bedeutung verschiedener „forma-


140<br />

Kapitel 6<br />

ler Führungsstile“ hervor, die Marktorganisationen prägen. Zu den formalen Führungsstilen<br />

gehören insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile, die<br />

nach Gencturk/Aulakh (1995, S. 757 f.) den internationalen Vertrieb in besonderem<br />

Masse kennzeichnen (s. auch Jaworski/MacInnis 1989, S. 407).<br />

Auf Basis der von Ferrell/Skinner (1988, S. 104) vorgeschlagenen Auswahl und der<br />

Konzeptualisierung von Jaworski/MacInnis (1989, S. 407) werden im Folgenden die<br />

Zentralisierung, die Formalisierung und ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile<br />

herangezogen, um die „strategische Konfiguration“ der internationalen Vertriebsorganisation<br />

zu erfassen. Durch den Begriff „strategische Konfiguration“ soll einerseits der<br />

allgemeine und in der Regel langfristige Charakter dieser Stellhebel zum Ausdruck<br />

gebracht werden. Andererseits wird durch den Begriff der „Konfiguration“ betont,<br />

dass es sich um Rahmenbedingungen <strong>für</strong> Vertriebspartner handelt, die allerdings aus<br />

der Perspektive des Herstellers beeinflussbar sind (s. Dwyer/Welsh 1985, S. 400).<br />

Der Grad an Zentralisierung bezieht sich auf die hierarchische Ebene, die Entscheidungsautorität<br />

besitzt (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Entscheidungen, die an niedrigere<br />

Ebenen delegiert werden, bezeichnet man als dezentralisiert, Entscheidungsbefugnisse,<br />

die auf Top-Ebene behalten werden, hingegen als zentralisiert (Ferrell/Skinner<br />

1988, S. 104). Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) weisen darauf hin, dass durch die Zentralisierung<br />

von Entscheidungskompetenz die zentralen Einheiten begünstigt werden,<br />

weshalb es insbesondere in der Zusammenarbeit mit starken Vertriebspartnern zu<br />

ernsthaften Auseinandersetzungen kommt. Tabelle 6-1 fasst die wichtigsten Gründe<br />

zusammen, die Unternehmen bei der Entscheidung zu zentralem oder dezentralem<br />

Vorgehen im internationalen Vertrieb antreiben.<br />

Wie in Tabelle 6-1 dargestellt, lässt sich einerseits zwischen Faktoren der externen<br />

Situation unterscheiden, die zur Zentralisierung oder Dezentralisierung führen und<br />

andererseits den Vorteilen, die sich Unternehmen aus der jeweiligen Alternative versprechen.<br />

Cavusgil/Myers (2000, S. 56) betonen, dass die Herausforderung darin liegt,<br />

die Balance zu halten zwischen der Kostenersparnis und der Erhöhung von Margen<br />

auf der einen Seite und der Befriedigung von Kundenbedürfnissen und der Erhaltung<br />

der lokalen Wettbewerbsfähigkeit auf der anderen Seite.<br />

Gründe Zentrales Vorgehen Dezentrales Vorgehen<br />

Externe<br />

Situation<br />

• Zunehmende Konvergenz im Nachfrageverhalten,<br />

• Akzeptanz von globalen Marken,<br />

• Harmonisierung von internationalen<br />

Standards und Verfahren,<br />

• Nationalstaaten und Protektionismus,<br />

• Tarifliche und aussertarifliche Handelshemmnisse,<br />

• Einzigartige Branchen- und Produktstandards,


Vertriebsgestaltung des Herstellers 141<br />

Interne<br />

Vorteile<br />

• Diffusion einheitlicher Technologien,<br />

• Integration nationaler Märkte durch<br />

Wirtschaftsunionen,<br />

• Internationale Professionalität und Koordiniertheit<br />

des Wettbewerbs.<br />

• Kostenreduktion,<br />

• Synergien in zentralen<br />

Aktivitäten,<br />

• Zentrales Know-How und zentrale Ressourcen,<br />

• Verbesserte und einheitliche<br />

Qualität von Produkten und Prozessen,<br />

• Stärkere Möglichkeit zur Kontrolle und<br />

Überwachung.<br />

• Lokale Markterfordernisse: Kundenbedürfnisse,<br />

Wettbewerbssituation, Vertriebsstrukturen,<br />

• Kulturelle Differenzen,<br />

• Geografische Trennung.<br />

• Möglichkeit auf lokale Bedürfnisse einzugehen,<br />

• Schnelle Reaktionsmöglichkeiten auf<br />

wechselnde Umweltbedingungen,<br />

• Nutzung lokaler Talente und Fähigkeiten,<br />

• Schaffung von unternehmerischem Geist,<br />

Verantwortlichkeitsgefühl und Moral,<br />

• Erhöhung der lokalen Wettbewerbsfähigkeit,<br />

• Erhalt der Ergebnisverantwortlichkeit<br />

lokaler Manager.<br />

Tabelle 6-1: Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der Zentralisierung<br />

(In Anlehnung an Cavusgil/Myers 2000, S. 55 f.)<br />

Wie bereits weiter oben erwähnt, wird neben der Zentralisierung häufig die Formalisierung<br />

herangezogen, um das Wesen von internationalen Organisationen zu analysieren<br />

(Ghoshal/Nohria 1989, S. 325). Formalisierung umfasst die Standardisierung und<br />

Dokumentation von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung<br />

(Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Unter Formalisierung fallen damit alle Ansätze zur<br />

Standardisierung von Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozessen<br />

bei der Entwicklung und Durchsetzung von Massnahmen im Marketing und Vertrieb<br />

(Backhaus et al. 2000a, S. 369). Diese unternehmensweite Vereinheitlichung der Vorgehensweise<br />

bei der Entscheidungsfindung wird in der Literatur zum internationalen<br />

Marketing auch häufig als Prozessstandardisierung bezeichnet (Backhaus et al. 2000a,<br />

S. 369). Aus Sicht des Herstellers wird die Formalisierung meist unter Effizienzgesichtspunkten<br />

betrachtet. Backhaus et al. (2000a, S. 370) heben die folgenden Vorteile<br />

eines formalisierten Vorgehens hervor:<br />

• Entlastung von Planungs- und Entscheidungsinstanzen,<br />

• Realisierung organisatorischer Rationalisierungspotenziale,<br />

• Vereinfachung der Koordination durch Schaffung von Transparenz<br />

der Entscheidungsfindung,<br />

• Erleichterung länderübergreifender Controllingmassnahmen und<br />

• Sicherstellung einer Abstimmung länderspezifischer Massnahmen.<br />

Formalisierung bestimmt somit den Grad an Autonomie und den Entscheidungsspielraum<br />

eines Vertriebspartners (Dwyer/Oh 1987, S. 356). In der Forschung wird betont,


142<br />

Kapitel 6<br />

dass die weitgehenden Befolgung von Regeln und definierten Abläufen häufig negative<br />

Folgen <strong>für</strong> die Betroffenen mit sich bringt (Geyskens et al. 1999, S. 228).<br />

Dwyer/Oh (1987, S. 356) nennen bspw. die intrinsische Motivation eines Vertriebspartners,<br />

die durch Formalisierung reduziert wird.<br />

Als drittes Merkmal zur Beschreibung der formalen Marktorganisation wird der formale<br />

Führungsstil des Herstellers herangezogen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 407).<br />

Auf Basis zentraler Forschungsbeiträge zur organisationalen Führung (s. Child 1972;<br />

Jaworski 1988; Ouchi 1979) können formale Führungsstile in Anlehnung an<br />

Gencturk/Aulakh (1995, S. 757) als „management-initiated mechanisms [Anm. d.<br />

Verf.; „verstanden werden,“] that are designed to regulate organizational activities to<br />

ensure their conformance to established expectations.“ Dabei können insbesondere<br />

ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden<br />

(Gencturk/Aulakh 1995, S. 757), die sich in Abhängigkeit von der lokalen Situation<br />

der Vertriebspartner unterscheiden können (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren<br />

Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern eher zu ergebnisbezogener Kontrolle,<br />

während der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnern versucht,<br />

über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise des Vertriebspartners die Position<br />

am Markt zu verbessern (s. auch Absatz 4.1.3.2, S. 89).<br />

Damit es dem Hersteller gelingt, eine strategische Konfiguration der internationalen<br />

Vertriebsorganisation vorzunehmen, die optimal auf die korrespondierenden Situationen<br />

abgestimmt ist, sind nicht nur Kenntnisse über die lokale Situation erforderlich.<br />

Vielmehr wird auch die Kenntnis über die Eignung der verschiedenen Konfigurationsalternativen<br />

<strong>für</strong> die verschiedenen Situationen benötigt, um über deren Einsatz zu entscheiden<br />

(Gencturk/Aulakh 1995, S. 756; Dwyer/Welsh 1985, S. 401; Stern/Reve<br />

1980, S. 54). An diese Gedanken schliesst Absatz 6.2.2 an, in dem die Wirkungen der<br />

vorgestellten Konfigurationsalternativen in verschiedenen Situationen untersucht werden.<br />

6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration<br />

6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression<br />

In diesem Absatz werden wichtige methodische Grundlagen erläutert und ein Konzept<br />

vorgeschlagen, um die situative Eignung der strategischen Konfigurationsalternativen<br />

zu überprüfen. In diesem Zusammenhang können drei Gruppen von Variablen unterschieden<br />

werden. Hierzu gehören Variablen der strategischen Konfiguration, der loka-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 143<br />

len Situation und der lokalen Ergebnisse. Abbildung 6-2 (S. 143) zeigt die drei Variablengruppen<br />

und deren Zusammenhänge.<br />

Variablen der strategischen<br />

Konfiguration<br />

• Zentralisierung,<br />

• Formalisierung,<br />

• Führungsstil.<br />

Direkter<br />

Effekt<br />

Variablen der<br />

lokalen Situation<br />

• Lokale Unsicherheit,<br />

• Wettbewerbsintensität,<br />

• Organisationsgrösse,<br />

• Beziehungsdauer.<br />

Moderierender<br />

Effekt<br />

Direkter<br />

Effekt<br />

Variablen der lokalen<br />

Ergebnisse<br />

• Zufriedenheit.<br />

Abbildung 6-2: Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und<br />

Moderatorvariablen<br />

Als Variablen der strategischen Konfiguration werden die bereits in Absatz 6.2.1 (S.<br />

139 ff.) vorgestellten Alternativen „Zentralisierung“, „Formalisierung“ und „Führungsstile“<br />

herangezogen. Details zur Messung der jeweiligen Variablen finden sich in<br />

den Absätzen 6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.).<br />

Um die Wirkungen der verschiedenen Konfigurationsalternativen zu erfassen, ist ein<br />

Bewertungsmassstab <strong>für</strong> die lokalen Ergebnisse festzulegen. Als Ergebnisgrössen<br />

kommen verschiedene (bereits in Absatz 3.1.1, S. 49 ff. aufgezeigte) wirtschaftliche,<br />

effektivitäts- und potenzialbezogene Zielgrössen in Betracht, wie z. B. die lokale Verkaufsleistung<br />

oder der wirtschaftliche Markterfolg. In der vorliegenden Untersuchung<br />

wird die lokale Zufriedenheit der Vertriebspartner („Channel Member Satisfaction“)<br />

als Ergebnisgrösse herangezogen, da untersucht werden soll, ob und wie unterschiedlich<br />

die Konfigurationsalternativen in verschiedenen lokalen Situationen aus Sicht des<br />

Vertriebspartners beurteilt werden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 760). Für die Messung<br />

der Variablen „Channel Member Satisfaction“ wird hierbei wiederholt auf die<br />

von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte und validierte Skala zurückgegriffen.<br />

Das verwendete Messmodell der Variablen „Channel Member Satisfaction“<br />

sowie die Angaben bezüglich der Erfüllung von Gütekriterien erster und zweiter Generation<br />

finden sich in Anhang G - 1 (S. 363).<br />

Als letzte Gruppe von Variablen sind die Variablen der lokalen Situation zu erfassen,<br />

deren moderierende Effekte untersucht werden sollen. Hierzu werden die bereits in


144<br />

Kapitel 6<br />

Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) vorgestellten Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“,<br />

„Lokale Wettbewerbsintensität“, „Grösse der lokalen Organisation“ und „Beziehungsdauer<br />

mit dem Hersteller“ verwendet. Die in Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) berücksichtigte<br />

Situationsvariable „Profitabilität des Herstellerunternehmens“ wird an dieser Stelle<br />

von der Untersuchung ausgeschlossen, da zu vermuten ist, dass sie stark mit der Vertriebsgestaltung<br />

des Herstellers assoziiert ist. Die Variable wirkt durch ihren Einfluss<br />

auf die Vertriebsgestaltung des Herstellers zwar indirekt auch auf die lokale Situation,<br />

allerdings diskriminiert sie damit im vorliegenden Modell nicht ausreichend scharf<br />

genug von den Gestaltungsvariablen. Eine klare Zuordnung ist damit nicht möglich.<br />

Um die vermuteten Moderatoreffekte der situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen<br />

Umfelds“, „Wettbewerbsintensität“, „Organisationsgrösse“ und „Beziehungsdauer“<br />

zu testen, wird <strong>für</strong> jede Konfigurationsalternative eine hierarchische moderierte<br />

Regressionsanalyse durchgeführt. Dabei werden sowohl direkte Effekte als auch indirekte<br />

Moderatoreffekte berücksichtigt. Das Vorgehen im Rahmen der moderierten<br />

Regressionsanalyse wird im Folgenden kurz erläutert.<br />

Zunächst sei angenommen, dass die Ergebnisvariable Y eine lineare Funktion der<br />

Konfigurationsvariable X sei.<br />

(1) y = a + b · x<br />

Demnach wird also unterstellt, dass sich die Ergebnisse Y ändern, wenn sich die Konfigurationsvariable<br />

X ändert. Weiterhin wird angenommen, dass die Änderungen in Y<br />

auf die Veränderungen der Variablen X zurückzuführen sind. Zur Schätzung dieser<br />

linearen Beziehung könnte eine einfache Regressionsanalyse herangezogen werden. In<br />

Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) wurde bereits erörtert und empirisch überprüft, dass ebenfalls<br />

direkte Effekte der Änderungen von Situationsvariablen S auf die lokale Zufriedenheit<br />

wirken. Die Gleichung (1) ist dementsprechend um unabhängige Situationsvariablen<br />

zu ergänzen.<br />

(2) y = a + b1 · x + b2 · s<br />

Neben dem direkten Effekt der Variablen S auf die Ergebnisgrösse Y ist ferner davon<br />

auszugehen, dass die Stärke der Beziehung zwischen der Konfigurationsvariablen X<br />

und der Ergebnisvariablen Y (X � Y) durch die Situationsvariable S moderiert wird.<br />

Mit anderen Worten ist der Regressionskoeffizient B1 abhängig von der Situationsvariablen<br />

S. Daraus ergibt sich Gleichung (3).<br />

(3) b1 = c + d · s


Vertriebsgestaltung des Herstellers 145<br />

Setzt man Gleichung (3) in Gleichung (2) ein, so ergibt sich neben den direkten Beziehungen<br />

von X und S auf Y noch der Interaktionsterm zwischen den Gestaltungsvariablen<br />

X und den Situationsvariablen S. Der Interaktionsterm gibt an, inwiefern die<br />

situative Variable die Beziehung zwischen den Variablen X und Y moderiert und wird<br />

deshalb auch als „Moderatoreffekt“ oder „Interaktionseffekt“ bezeichnet.<br />

(4) y = a + (c + d · s) · x + b2 · s<br />

= a + c · x + b2 · s + d · s · x<br />

= Konstante + direkter Effekt X + direkter Effekt S + Interaktionsterm (X, S)<br />

Durch eine hierarchische, moderierte Regressionsanalyse können nun die verschiedenen<br />

in Gleichung (4) dargestellten Parameter (direkter Effekt X, direkter Effekt S, Interaktionsterm<br />

X, S) in einem „Modell“ geschätzt werden. Dabei werden wie bei der<br />

„klassischen“ multiplen Regression Gütemasse <strong>für</strong> die Qualität des Gesamtmodells<br />

sowie der einzelnen Parameter angelegt. Ein besonderes Vorgehen schlagen Sharma et<br />

al. (1981, S. 293 f.) <strong>für</strong> die hierarchische, moderierte Regression vor. Demnach wird in<br />

einem vierstufigen Vorgehen zunächst ein Modell geschätzt, das lediglich die direkten<br />

Effekte der Gestaltungsvariablen enthält (siehe Gleichung (1); Abbildung 6-3, S. 145<br />

„Modell 1“).<br />

Konfiguration<br />

Modell 1<br />

DE<br />

Ergebnis<br />

DE = Direkter Effekt, ME = Moderatoreffekt<br />

Konfiguration<br />

Modell 2<br />

Situation<br />

DE<br />

DE<br />

Ergebnis<br />

Konfiguration<br />

Modell 3<br />

Situation<br />

Abbildung 6-3: Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression<br />

ME<br />

DE<br />

DE<br />

Ergebnis<br />

In einem zweiten Schritt wird ein erweitertes Modell geschätzt, das die direkten Effekte<br />

der situativen Variablen mit berücksichtigt (siehe Gleichung (2) ; Abbildung 6-3, S.<br />

145 „Modell 2“). In einem dritten Schritt werden auch die Interaktionsterme zwischen<br />

Gestaltungs- und Situationsvariablen aufgenommen (siehe Gleichung (4) ; Abbildung<br />

6-3, S. 145 „Modell 3“). In einem vierten Schritt wird letztlich die Veränderung der<br />

Qualität der Modelle anhand des partiellen F-Tests beurteilt. Dieser gibt an, ob sich die<br />

Erklärungskraft des Modells auf den drei Stufen durch Hinzufügen der jeweiligen Va-


146<br />

Kapitel 6<br />

riablen erhöht (Krafft 1995, S. 367). Diesem Vorgehen wird in den folgenden Absätzen<br />

6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.) gefolgt.<br />

Vor der Durchführung der einzelnen Regressionsanalysen wurde die Prämisseneinhaltung<br />

überprüft. Die VIF-Werte, die Durbin-Watson-Statistik sowie der Kolmogorov-<br />

Smirnov-Test deuten nicht auf schwerwiegende Verletzungen der Prämissen hin (s.<br />

Skiera/Albers 2000, S. 222). Ebenfalls wurden bei jeder der Analysen, die <strong>für</strong> die vier<br />

unterschiedlichen Konfigurationsalternativen durchgeführt wurden, jeweils zwischen<br />

zwei und vier Ausreisser eliminiert, wodurch sich die Modellgüte merklich verbesserte.<br />

6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen<br />

Als erste der vier Konfigurationsalternativen wird die situative Eignung der Variable<br />

„Zentralisierung“ untersucht werden. Die Messung der Variable „Grad der Zentralisierung“<br />

wurde in Form einer Multi-Item Skala in Anlehnung an Ferrell/Skinner (1988,<br />

S. 107 f.) mit fünf Indikatorvariablen vorgenommen, deren Konzeptualisierung und<br />

Operationalisierung wesentlich auf die Arbeit von John (1984, S. 171 ff.) zurückgeht.<br />

Die Ergebnisse der Konstruktmessung ergaben <strong>für</strong> das Konstrukt „Zentralisierung“<br />

eine sehr hohe Eignung. Die Ergebnisse der Messung befinden sich im Anhang G - 7<br />

(S. 367).<br />

Wie bereits früher angeführt, zeigen verschiedene Studien, dass Vertriebsbeziehungen,<br />

in denen die Entscheidungskompetenz beim Hersteller monopolisiert ist, grundsätzlich<br />

zu einer grösseren psychischen Distanz und Frustration gegenüber dem Hersteller führen<br />

(s. Geyskens et al. 1999, S. 228; Dwyer/Oh 1987, S. 356; John 1984, S. 279). Wie<br />

die Untersuchungen von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353)<br />

zeigen, besteht diese negative Assoziation auch zwischen dem Grad der Zentralisierung<br />

und der Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />

Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich die Beziehung zwischen der Zentralisierung<br />

und deren lokaler Vorteilhaftigkeit und Akzeptanz abhängig von der lokalen Situation<br />

verändern. Dwyer/Welsh (1985, S. 401) zeigen, dass unterschiedliche lokale<br />

Situationen über die Vorteilhaftigkeit ebenso unterschiedlicher Alternativen der Vertriebsgestaltung<br />

bestimmen. Obwohl heterogene Situationen von Vertriebspartnern<br />

den Bedarf an spezialisierten Lösungen und dezentralisierten Entscheidungsstrukturen<br />

zugunsten einer hohen Effektivität suggerieren, verhindern diese häufig eine Steige-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 147<br />

rung der Effizienz und wirken damit negativ auf die Unternehmensergebnisse<br />

(Dwyer/Welsh 1985, S. 401; siehe auch Tabelle 6-1, S. 141).<br />

Trotzdem prägen situative Einflüsse die dyadischen Strukturen und Prozesse in Marketing-<br />

und Vertriebskanälen (Stern/Reve 1980, S. 55). Mit Hilfe der Erfassung der<br />

„lokalen Unsicherheit“ zeigten Stern/Reve (1980, S. 61) die Interdependenzen zwischen<br />

Veränderungen der Situation und korrespondierenden Veränderungen in der<br />

Konfiguration der Vertriebskanäle und dem Verhalten der beteiligten Mitarbeiter (s.<br />

Stern/Reve 1980, S. 61; Dwyer/Welsh 1985, S. 398). Je grösser die Komplexität eines<br />

lokalen Umfelds und je grösser dessen Dynamik ist, desto grösser sind die Schwierigkeiten<br />

von zentralen Entscheidungsträgern die relevanten Informationen über die lokale<br />

Umwelt zu erfassen und zu berücksichtigen (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Homogene<br />

lokale Situationen, mit geringer Unsicherheit, geringer Dynamik und niedriger<br />

Wettbewerbsintensität begünstigen hingegen ein zentralisiertes Vorgehen<br />

(Dwyer/Welsh 1985, S. 401).<br />

Auch die Grösse der lokalen Organisation wurde teilweise als wichtige Determinante<br />

bei der Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen ein zentralisiertes Vorgehen herangezogen (s.<br />

Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Die lokale Organisationsgrösse bestimmt den Umfang<br />

von Aufgaben, die ein Vertriebspartner im Rahmen der Vertriebsziele lokal wahrnehmen<br />

kann. Für kleine Vertriebspartner bedeutet die Zentralisierung von Aufgaben und<br />

Entscheidungen eine lokale Entlastung. Wie Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) betonen,<br />

empfinden grosse Niederlassungen die Zentralisierung hingegen als Einschränkung<br />

lokaler Kompetenzen. Hersteller tendieren deshalb dazu, Aufgaben und Entscheidungen<br />

an grosse Niederlassungen zu delegieren, während sie diese bei kleineren Vertriebspartnern<br />

zentral erledigen (Ghoshal/Nohria 1989, S. 326).<br />

Im Laufe der Beziehung zum Hersteller erlangen Vertriebspartner nicht nur weit reichende<br />

Kenntnisse über die Produkte, Technologien, Ziele und Prozesse des Herstellers,<br />

sondern auch tiefgehende Erfahrungen und Wissen über die <strong>für</strong> den Hersteller<br />

relevanten lokalen Marktsegmente und deren Bearbeitung (Bakka 1986, S. 854 f.). Mit<br />

zunehmender Beziehungsdauer scheint deshalb die Dezentralisierung, im Sinne einer<br />

Verlagerung von Entscheidungskompetenzen hin zu den Vertriebspartnern, aus Sicht<br />

von Herstellern und Vertriebspartnern mit Vorteilen verbunden.<br />

Tabelle 6-2 (S. 148) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression<br />

sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Zur<br />

Beurteilung der Modelle müssen zunächst die globalen Gütemasse betrachtet werden.<br />

Das R 2 ist in allen drei Modellen hoch signifikant. Das bedeutet, dass der Erklärungs-


148<br />

Kapitel 6<br />

beitrag der einbezogenen Variablen in allen drei Modellen mit einer Wahrscheinlichkeit<br />

von mindestens 99-Prozent von Null verschieden ist. Um zu überprüfen, ob die<br />

Veränderung des R 2 , die durch das Hinzufügen der Situations- und Interaktionsvariablen<br />

entsteht, zu einer signifikanten Erhöhung des R 2 führt, kann der partielle F-Wert<br />

herangezogen werden (Chow 1960, S. 594 f.). Hierbei zeigt sich, dass die Aufnahme<br />

der situativen Variablen zu einer signifikanten Erhöhung des R 2 führen (Modell 2).<br />

Durch das Hinzufügen der Interaktionsterme (Modell 3) wird jedoch keine signifikante<br />

Veränderung der Erklärung mehr erreicht (partieller F-Wert = 1.096).<br />

Moderierte multiple Regression<br />

β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />

Unabhängige Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />

Zentralisierung (zcentra) -.177*** -.149*** -.183***<br />

Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.228*** -.219***<br />

Wettbewerbsintensität (zcomp) .058 .055<br />

Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.265*** -.335***<br />

Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .080 .093<br />

IE: zcentra * zuncert .107*<br />

IE: zcentra * zcomp -.014<br />

IE: zcentra * zj05.1_1 -.088<br />

IE: zcentra * zj03_1 .040<br />

Globale Gütekriterien des Modells<br />

R .177 .374 .395<br />

R 2 .031 .140 .156<br />

Korrigiertes R 2<br />

.027 .121 .122<br />

Veränderungen im R 2<br />

.031 .108 .016<br />

F-Wert 7.625*** 7.525*** 4.675***<br />

Partieller F-Wert 7.625*** 7.297*** 1.096<br />

n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />

Tabelle 6-2: Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und<br />

lokaler Zufriedenheit<br />

Auf der Ebene der einzelnen Parameter zeigt sich bereits im Modell 1, dass eine steigende<br />

Zentralisierung - wie vermutet - zu einer geringeren Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />

in der Zusammenarbeit führt. Ebenfalls nehmen die situativen Variablen<br />

„Unsicherheit des lokalen Umfelds“ und „die lokale Organisationsgrösse“ einen direkten<br />

Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit (siehe Modell 2). Wie bereits<br />

in Absatz 5.3.3 (S.124 ff.) diskutiert und in Tabelle 5-4 (S. 126) <strong>für</strong> die verschiedenen<br />

Dimensionen der Zufriedenheit aufgezeigt wurde, besteht ein negativer direkter<br />

Zusammenhang zwischen den beiden oben genannten situativen Variablen und der<br />

Zufriedenheit der Vertriebspartner. Diese direkten Beziehungen werden auch in Mo-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 149<br />

dell 3 bestätigt. Direkte Effekte der situativen Variablen „Wettbewerbsintensität“ und<br />

„Beziehungsdauer“ können hingegen nicht bestätigt werden.<br />

Ein leichter auf dem 90-Prozent signifikanter Interaktionseffekt zeigt sich zwischen<br />

der Situationsvariable „Unsicherheit“ und der Gestaltungsvariable „Zentralisierung“.<br />

Dieser positive Interaktionskoeffizient zeigt, dass der negative Effekt der Zentralisierung<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner in unsicheren Situationen abgeschwächt<br />

wird. D.h. in unsicheren Situationen führt die Zentralisierung zu einer geringeren<br />

Abnahme der Zufriedenheit als bei sicherem lokalem Umfeld. Allerdings dürfen<br />

bei dieser Betrachtung die Höhe der direkten Effekte der Situations- und Gestaltungsvariablen<br />

nicht unberücksichtigt bleiben. Der standardisierte Regressionskoeffizient<br />

des Interaktionsterms fällt nämlich geringer aus als der standardisierte Regressionskoeffizient<br />

der Situationsvariable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“. Es ist deshalb<br />

davon auszugehen, dass eine Erhöhung des Zentralisierungsgrades unabhängig von<br />

der Ausprägung der untersuchten Situationsvariablen zu einer Verringerung der lokalen<br />

Zufriedenheit führt.<br />

6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln<br />

Aus bereits erläuterten Gründen (s. Absatz 6.2.1, S. 139 ff.) streben Hersteller häufig<br />

eine Formalisierung von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung an<br />

(Ferrell/Skinner 1988, S. 104). An dieser Stelle soll überprüft werden, ob das Ausmass<br />

der Formalisierung über die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt und in welchen<br />

Situationen die Formalisierung besonders geeignet ist.<br />

Die Messung der Variable „Grad der Formalisierung“ wurde dazu nach der Konzeptualisierung<br />

und Operationalisierung von Ferrell/Skinner (1988, S. 107) durchgeführt.<br />

Ferrell/Skinner (1988, S. 107) erfassen den Grad an Formalisierung mit einer reflektiven<br />

Multi-Item Skala, die sechs Indikatorvariablen umfasst. Die Messung des Konstruktes<br />

„Formalisierung“ erreichte trotz der Eliminierung einer hohen Anzahl von<br />

Indikatoren keine hohe Güte. Die Reliabilität verfehlt mit einem Cronbach’schen Alpha<br />

von .60 knapp die vielfach geforderte Höhe von .70. Allerdings ist die schwierige<br />

Erfassung der „Formalisierung“ kein spezifisches Problem der vorliegenden Untersuchung,<br />

sondern bereits seit langem bekannt. Dwyer/Oh (1987, S. 350) zeigen die Probleme<br />

und die unzureichende Ausprägung der Gütekriterien auf, die bei der Messung<br />

des Konstruktes „Formalisierung“ aus zahlreichen Untersuchungen hervorgegangen<br />

sind (s. John 1984; John/Reve 1982; Spekman/Stern 1979; Phillips 1982). Bei der In-


150<br />

Kapitel 6<br />

terpretation der Analyseergebnisse ist in diesem Fall jedoch eine besonders hohe Sorgfalt<br />

geboten. Die Ergebnisse der Messung befinden sich ebenfalls im Anhang G - 8 (S.<br />

368).<br />

Das Ausmass der Formalisierung einer Vertriebsorganisation bestimmt den Grad an<br />

Autonomie und Kompetenz der Vertriebspartner und reduziert dadurch häufig deren<br />

intrinsische Motivation (Geyskens et al. 1999, S. 228; Boyle/Dwyer 1995, S. 196 f.).<br />

Eine Meta-Untersuchung von Geyskens et al. (1999, S. 230) zeigt eine geringe, aber<br />

negative Assoziation zwischen dem Grad der Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit.<br />

Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass ein hohes Ausmass an Formalisierung<br />

häufig zu Interessenkonflikten zwischen Hersteller und Vertriebspartner führt.<br />

Nach Dwyer/Welsh (1985, S. 401) begünstigen homogene lokale Situationen, in denen<br />

geringe Unsicherheit, wenig Wettbewerb und eine gute Vorhersehbarkeit der zukünftigen<br />

Marktentwicklung gegeben sind, ein formalisiertes Vorgehen. Denn bereits die<br />

Erfassung relevanter Informationen über die lokale Umwelt wird durch eine solche<br />

Situation erleichtert (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). In dynamischen Situationen ist es<br />

dem Hersteller hingegen nur schwer möglich, ausreichend über die lokalen Vorgänge<br />

informiert zu sein und sinnvolle Regeln und Vorgehensweisen zu definieren, da sich<br />

die Umwelt häufig ändert (Jaworski 1988, S. 28). Aus diesem Grund tendieren Hersteller<br />

im Falle grosser Heterogenität lokaler Situationen zu einem geringeren Grad an<br />

Formalisierung von Informationsprozessen und Dokumentationen (Dwyer/Welsh<br />

1985, S. 400).<br />

Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) betonen, dass sich bei zunehmender Organisationsgrösse<br />

die unabhängigen Interessen einer Vertriebsgesellschaft ändern. So erwarten<br />

grössere Vertriebspartner eine umfassendere Autonomie in ihrem Vorgehen, was häufig<br />

den Interessen der Hersteller widerspricht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325) und einer<br />

Formalisierung entgegensteht. Es ist deshalb zu vermuten, dass der negative Zusammenhang<br />

zwischen Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit bei grösseren Niederlassungen<br />

entsprechend stärker ausfällt.<br />

Eine wichtige Eigenschaft formalisierter Strukturen ist, dass sie als ein administrativer<br />

Mechanismus <strong>für</strong> den Hersteller nur wenig Aufwand bedeuten und darüber hinaus helfen,<br />

den zentralen Aufwand, etwa bei der Auswertung internationaler Ergebnisse, zu<br />

reduzieren. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass weder die Institutionalisierung<br />

noch die Abwicklung formalisierter Prozesse einen hohen ressourcenmässigen<br />

Einsatz <strong>für</strong> das Management des Herstellers mit sich bringt. Hinzu kommen weitere<br />

Vorteile einer Formalisierung, so z. B. dass der Austausch zwischen Vertriebspartner


Vertriebsgestaltung des Herstellers 151<br />

und Hersteller auch in Konfliktfällen geregelt weitergeführt wird und dass mit der Zeit<br />

eine grosse Vorhersehbarkeit und Planbarkeit durch die Vereinfachung erreicht wird,<br />

die durch Routine und Regeln entsteht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 328). Es ist deshalb<br />

davon auszugehen, dass eine Formalisierung insbesondere in langjährigen Beziehungen<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu Vorteilen führt, da sich verlässliche<br />

Erwartungen herausbilden können, die auch <strong>für</strong> den Vertriebspartner zu einer höheren<br />

Verlässlichkeit und besseren Planbarkeit führen.<br />

Tabelle 6-3 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie<br />

lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle.<br />

Moderierte multiple Regression<br />

β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />

Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />

Formalisierung (zform) .117* .054 .074<br />

Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.274*** -,271***<br />

Wettbewerbsintensität (zcomp) .073 .058<br />

Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.075 -.067<br />

Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .053 .068<br />

IE: zform * zuncert .025<br />

IE: zform * zcomp -.021<br />

IE: zform * zj05.1_1 .004<br />

IE: zform * zj03_1 .187***<br />

Globale Gütekriterien des Modells<br />

R .117 .311 .361<br />

R 2 .014 .097 .131<br />

Korrigiertes R 2<br />

.009 .075 .092<br />

Veränderungen im R 2<br />

.014 .083 .034<br />

F-Wert 2.919* 4.425*** 3.374***<br />

Partieller F-Wert 2.919* 4.749*** 1.957*<br />

n = 215; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />

Tabelle 6-3: Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und<br />

lokaler Zufriedenheit<br />

Die drei Modelle zur Schätzung der Formalisierung weisen im vorliegenden Fall alle<br />

drei signifikante Beiträge zur Erklärung der Gesamtvarianz auf. Allerdings muss betont<br />

werden, dass die Signifikanz der einfachen Regression zwischen der Formalisierung<br />

und der lokalen Zufriedenheit lediglich auf dem 90-Prozent-Niveau vorliegt. Der<br />

Konfigurationsparameter „Formalisierung“ kann gerade einmal 1 Prozent an der Gesamtvarianz<br />

der lokalen Zufriedenheit erklären (Modell 1). Durch das Hinzufügen von<br />

situativen Variablen und Interaktionstermen wird der Erklärungsbeitrag jedoch jeweils<br />

signifikant erhöht (siehe partieller F-Wert Modelle 2 und 3). Die Gesamterklärungs-


152<br />

Kapitel 6<br />

kraft ist im Fall der Modelle 2 und 3 jeweils auf dem 99-Prozent-Niveau signifikant<br />

von Null verschieden.<br />

Auf Ebene der Modellparameter fällt zunächst auf, dass der direkte Zusammenhang<br />

zwischen Formalisierung und lokaler Zufriedenheit nur schwach und <strong>für</strong> die Modelle 2<br />

und 3 nicht signifikant ausfällt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass<br />

ein linearer direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an Formalisierung und der<br />

lokalen Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit besteht. Es existiert also kein genereller<br />

Zusammenhang zwischen dem Ausmass, zu dem der Hersteller seine Abläufe formalisiert,<br />

und der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner. Bei der Betrachtung von direkten<br />

Effekten der situativen Variablen fällt erneut der Einfluss der Unsicherheit des<br />

lokalen Umfelds ins Gewicht (s. auch Absatz 6.2.2.2, S. 146 ff.) (s. Modell 2). Dieser<br />

direkte Effekt wird auch in Modell 3 bestätigt.<br />

In Modell 3 zeigt sich weiterhin, dass neben dem direkten Einfluss der lokalen Unsicherheit<br />

auch ein Moderatoreffekt von der Dauer der Beziehung mit dem Hersteller<br />

und dem Formalisierungsgrad besteht. Dieser Effekt zeigt sich auf dem 99-Prozent-<br />

Niveau hoch signifikant. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist also weder direkt<br />

vom Grad der Formalisierung abhängig noch besteht ein direkter Zusammenhang zur<br />

Dauer der Beziehung. Es besteht jedoch ein Interaktionseffekt zwischen beiden Einflussfaktoren.<br />

Dieser führt dazu, dass durch die Formalisierung der Zusammenarbeit<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartner bei steigender Beziehungsdauer eine höhere<br />

Zufriedenheit der lokalen Vertriebspartner erreicht werden kann. Diese Erkenntnis<br />

erscheint insbesondere im Hinblick auf die Vermutungen plausibel, die in Bezug auf<br />

Vertrauen und die Bildung verlässlicher Erwartungen angestellt wurden (s.<br />

Ghoshal/Nohria 1989, S. 327). Im Laufe der Beziehung können sich verlässliche Verhaltens-<br />

und Erwartungsmuster bilden. Die Formalisierung trägt damit dazu bei, die<br />

Planungs- und Erwartungssicherheit auf beiden Seiten - also auch <strong>für</strong> die Vertriebspartner<br />

- zu erhöhen.<br />

6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen<br />

Als drittes Merkmal der Vertriebsstruktur (s. Ferrell/Skinner 1988, S. 104) werden an<br />

dieser Stelle Führungsstile auf ihre situative Eignung untersucht. Gencturk/Aulakh<br />

(1995, S. 755) heben hervor, dass das Management des Herstellers zur Berücksichtigung<br />

der verschiedenen interdependenten Vorgänge zwischen unterschiedlichen Ländern<br />

Steuerungsmechanismen benötigt, die einerseits lokale Unterschiede und Bedin-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 153<br />

gungen einbeziehen, andererseits aber in der Lage sind, die Vorteile der globalen<br />

Möglichkeiten zu nutzen. Jaworski (1988, S. 25) betont, dass die Wirkung verschiedener<br />

Führungsstile auf psychologische Verhaltens- und Ergebnisgrössen durch die Situation<br />

moderiert wird, in der sie ihre Anwendung finden. Es können insbesondere ergebnis-<br />

und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden<br />

(Jaworski/MacInnis 1989, S. 407; Gencturk/Aulakh 1995, S. 757). Dabei muss festgehalten<br />

werden, dass sich diese beiden Führungsstile nicht ausschliessen. Vielmehr<br />

können in einer bestimmten Situation beide, keiner oder nur einer der beiden Führungsstile<br />

vorliegen (Jaworski/MacInnis 1989, S. 408). In der Praxis finden beide Führungsstile<br />

häufig einen ergänzenden Einsatz (Gencturk/Aulakh 1995, S. 755).<br />

Wie bereits in Absatz 4.1.3.2 (S. 89 ff.) gezeigt, kann sich der Führungsstil in Abhängigkeit<br />

von der lokalen Situation der Vertriebspartner durchaus unterscheiden (s.<br />

Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern<br />

eher zu ergebnisbezogener Kontrolle, während der Hersteller bei weniger erfolgreichen<br />

Vertriebspartnern versucht, über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise<br />

die Position am Markt zu verbessern. Jaworski (1988, S. 26) kritisiert, dass<br />

bis Ende der 1980er Jahre keine Forschungsergebnisse zu den moderierenden Effekten<br />

vorlagen, die Umweltvariablen auf die Führungsstile und deren Wirkungen ausüben.<br />

Auch heute existieren nur wenige Untersuchungen, die sich dieser Fragestellung annehmen<br />

(s. z. B. Gencturk/Aulakh 1995).<br />

Ergebnisorientierter Führungsstil<br />

Ergebnisorientierte Führung, die auch unter dem Begriff „Management by objectives“<br />

bekannt ist, zeichnet sich dadurch aus, dass Leistungsziele vorgegeben werden, an deren<br />

Erreichung der Hersteller den Vertriebspartner bewertet (Jaworski 1988, S. 27).<br />

Wird das Leistungsziel vollständig erreicht, muss der Hersteller keine Kenntnisse über<br />

die Gründe und kausalen Zusammenhänge der Zielerreichung besitzen, um Vertriebspartner<br />

wieder auf Kurs zu bringen (Jaworski 1988, S. 27). Vielmehr wird die Kenntnis<br />

um die Mittel und Wege zur Zielerreichung an die Vertriebspartner delegiert<br />

(Jaworski 1988, S. 27). Vollständige Ergebnisorientierung der Führung liegt also<br />

bspw. dann vor, wenn das Management des Herstellerunternehmens die Vertriebspartner<br />

dazu anhält, ihre Verkaufsziele zu erhöhen, ohne aber die Vorgehensweise näher<br />

zu spezifizieren oder vorzugeben (Jaworski 1988, S. 27).


154<br />

Kapitel 6<br />

Zur Messung des ergebnisorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall auf<br />

die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurückgegriffen. Die Messung führte<br />

zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen (s. Anhang G - 9, S. 369)<br />

Grundsätzlich kann ein positiver Zusammenhang zwischen einem ergebnisorientierten<br />

Führungsstil und der Zufriedenheit der Vertriebspartner unterstellt werden. Den Zusammenhang<br />

zwischen Zielsetzung, Messung, Feedback und Belohnung zeigen bereits<br />

die richtungsweisenden Untersuchungen von Vroom (1964, S. 246) und Lawler<br />

III/Porter (1967, S. 25 ff.). Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) weisen darauf hin,<br />

dass die Beziehung zwischen der ergebnisorientierten Führung und der Zufriedenheit<br />

massgeblich davon abhängt, wie gut es dem Management gelingt, adäquate Ziele zu<br />

setzen, deren Erreichung zu erfassen, zu bewerten und angemessen zu belohnen. Unterschiedliche<br />

lokale Situationen der Vertriebspartner können <strong>für</strong> <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

die verschiedenen Stufen des von Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) aufgezeigten<br />

Prozesses behindern oder sogar unterstützen.<br />

Wenn Manager des Herstellers nicht in der Lage sind, die lokale Situation und die lokalen<br />

Aktivitäten zu erfassen, ist davon auszugehen, dass ein ergebnisorientierter Führungsstil<br />

nicht seine optimale Anwendung findet (Jaworski et al. 1993, S. 408). Dies<br />

ist z. B. in Situationen lokaler Unsicherheit oder bei einer hohen lokalen Wettbewerbsintensität<br />

der Fall. Jaworski (1988, S. 26) vermutet, dass eine hohe Ergebnisorientierung<br />

der Führung insbesondere in wettbewerbsintensiven Situationen zu dysfunktionalem<br />

Verhalten führt, woraus eine geringere Zufriedenheit der Vertriebspartner impliziert<br />

werden kann. Andererseits neigen Hersteller gerade in Situationen mit hohem<br />

lokalem Wettbewerb zu einem ergebnisorientierten Führungsstil (Jaworski 1988, S.<br />

29), da auch sie nicht in der Lage sind, die lokalen Prozesse adäquat mitzuverfolgen<br />

und prozessorientiert zu führen. Hierdurch wird in wettbewerbsintensiven Situationen<br />

die Zufriedenheit der Vertriebspartner zusätzlich belastet.<br />

Je grösser eine Organisation ist, desto höher ist die Tendenz zu formalisierten Abläufen,<br />

Regeln und Kontrollsystemen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.). Es kann deshalb<br />

davon ausgegangen werden, dass insbesondere grosse lokale Vertriebsorganisationen<br />

in der Lage und dazu bereit sind, notwendige Dokumentationen und Reportings,<br />

die <strong>für</strong> eine Beurteilung im ergebnisorientierten Sinne benötigt werden, zu unterstützen<br />

(Bakka 1986, S. 858). Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Zufriedenheit<br />

mit ergebnisorientierten Führungsansätzen in grossen lokalen Vertriebsorganisationen<br />

höher ist, als dies bei kleineren Vertriebspartnern aufgrund des formalen Aufwandes<br />

der Fall sein dürfte.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 155<br />

Mit zunehmender Beziehungsdauer und damit einem grösseren Erfahrungsschatz in<br />

der Zusammenarbeit wird es dem Hersteller erleichtert, geeignete Zielsetzungen <strong>für</strong><br />

einen Vertriebspartner zu formulieren und deren Erreichung hinreichend zu überprüfen<br />

und zu bewerten (Rosson 1990, S. 206 f.). Es wird daher angenommen, dass die<br />

Zufriedenheit von Vertriebspartnern bei einem ergebnisorientierten Führungsstil mit<br />

zunehmender Beziehungsdauer steigt.<br />

Tabelle 6-4 (S. 155) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression<br />

sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle, die den<br />

Zusammenhang zwischen dem Grad der ergebnisorientierten Führung und der lokalen<br />

Zufriedenheit abbilden.<br />

Moderierte multiple Regression<br />

β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />

Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />

Ergebnisorientierte Führung (zoutpc) .148** .114* .108*<br />

Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.244*** -.229***<br />

Wettbewerbsintensität (zcomp) .058 .062<br />

Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.265*** -.184**<br />

Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .076 .071<br />

IE: zoutpc * zuncert .038<br />

IE: zoutpc * zcomp .076<br />

IE: zoutpc * zj05.1_1 -.116<br />

IE: zoutpc * zj03_1 .069<br />

Globale Gütekriterien des Modells<br />

R .148 .370 .390<br />

R 2 .022 .137 .152<br />

Korrigiertes R 2<br />

.018 .118 .119<br />

Veränderungen im R 2<br />

.022 .115 .016<br />

F-Wert 5.308** 7.353*** 4.555***<br />

Partieller F-Wert 5.308** 7.714*** 1.049<br />

n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />

Tabelle 6-4: Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Führung<br />

und lokaler Zufriedenheit<br />

Bei der hierarchischen, moderierten Regression der Variablen „Ergebnisbezogene<br />

Führung“ auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist <strong>für</strong> alle drei Modelle eine hohe<br />

Signifikanz auf dem 95- bzw. 99-Prozent-Niveau festzustellen. Die dem Modell hinzugefügten<br />

Situationsvariablen führen zu einer signifikanten Erhöhung des Erklärungsbeitrages<br />

des Modells (s. Modell 2). Die Berücksichtigung der Interaktionseffekte<br />

hingegen, bringen keine signifikante Erhöhung des R-Quadrates mit sich (siehe<br />

Modell 3).


156<br />

Kapitel 6<br />

Auf der Ebene der einzelnen Parameter ist zunächst der direkte, positive Effekt des<br />

ergebnisbezogenen Führungsstils zu beachten, der in jedem der drei Modelle mindestens<br />

das Signifikanzniveau von 90 Prozent erreicht. Demnach wirkt sich die Ergebnisorientierung<br />

in der Führung positiv auf die Beurteilung aus Sicht der Vertriebspartner<br />

aus. Vertriebspartner wollen also an ihren Erfolgen gemessen werden. Ein ergebnisorientierter<br />

Führungsstil trägt damit unabhängig von der lokalen Situation zu einer<br />

Erhöhung der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner bei.<br />

An direkten Effekten der Situationsvariablen bestätigt sich wiederholt der Einfluss der<br />

Unsicherheit des lokalen Umfelds sowie der Grösse der lokalen Organisation auf die<br />

lokale Zufriedenheit. Interaktionseffekte zwischen der Gestaltungsvariablen „Ergebnisorientierter<br />

Führungsstil“ und den aufgenommenen Situationsvariablen haben hingegen<br />

keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Die<br />

zufriedenheitssteigernde Wirkung der Ergebnisorientierung hängt demnach nicht - wie<br />

vermutet - von der lokalen Situation ab, sondern besteht unabhängig von dieser.<br />

Prozessorientierter Führungsstil<br />

Ein prozessorientierter Führungsstil setzt an der Vorgehensweise bzw. an den Prozessen<br />

an, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden sollen (Jaworski 1988, S. 26). Der<br />

Fokus liegt also auf dem Verhalten und den Aktivitäten der Vertriebspartner und nicht<br />

etwa beim Endresultat. Im Falle einer vollständigen Prozessorientierung des Führungsstils<br />

macht der Hersteller den Vertriebspartner also <strong>für</strong> die Einhaltung eines vorgeschriebenen<br />

Prozesses verantwortlich, nicht aber <strong>für</strong> die Erreichung der Zielsetzungen<br />

(Jaworski 1988, S. 26). Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Management des<br />

Herstellers die Vertriebspartner an der Anzahl von Mailings oder Kundenbesuchen<br />

misst, nicht aber am Umsatz. In der Praxis wird dieser Fall eher als theoretisch betrachtet,<br />

meist findet sich im Führungsstil eine Mischung zwischen Ergebnis- und Prozessorientierung<br />

wieder (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Als Messmodelle des prozessorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall<br />

die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) verwendet. Die Messung führte zu<br />

sehr zufrieden stellenden Ergebnissen, die im Anhang G - 10 (S. 370) detailliert einzusehen<br />

sind.<br />

Vielfach wird angeführt, dass eine prozessorientierte Führung eine direkte, persönliche<br />

Überwachung, ein hohes Mass an Einbezug des Managements und ggf. Interventionen<br />

in die lokalen Prozesse erfordert (Gencturk/Aulakh 1995, S. 759). Dazu muss das Management<br />

des Herstellers genau wissen, was in den lokalen Gesellschaften getan wird


Vertriebsgestaltung des Herstellers 157<br />

und wie dies geschieht. Deshalb liegt es in der Natur der prozessorientierten Führung,<br />

dass das Management des Herstellers grössere zeitliche und aufwandsmässige Ressourcen<br />

in die Überwachung der lokalen Aktivitäten investieren muss<br />

(Gencturk/Aulakh 1995, S. 759).<br />

Sind die Manager des Herstellers in der Lage, die lokale Situation und die lokalen Aktivitäten<br />

zu erfassen, so z. B. bei geringer Dynamik der lokalen Situation, geringer<br />

Wettbewerbsintensität und geografischer Nähe des Vertriebspartners, so kann davon<br />

ausgegangen werden, dass ein prozessorientierter Führungsstil aus Sicht der Vertriebspartner<br />

eher akzeptiert wird als in dynamischen unsicheren Situationen (Jaworski<br />

et al. 1993, S. 408).<br />

Auch bei der Betrachtung des prozessorientierten Führungsstils ist die Grösse einer<br />

lokalen Organisation als situative Variable mit einzubeziehen. Kleinere Organisationen<br />

sind aufgrund geringerer Ressourcen häufig nur schwer in der Lage, den formalisierten<br />

Anforderungen gerecht zu werden und empfinden diese tendenziell als zusätzliche<br />

Belastung. Andererseits kann eine starke Führung in Bezug auf die Vorgehensweise<br />

und die weitgehende Einbringung von zentraler Managementkompetenz auch<br />

eine wichtige Unterstützung, insbesondere <strong>für</strong> junge Niederlassungen, mit sich bringen.<br />

Diese beiden gegenläufigen Trends gleichen den moderierenden Effekt der beiden<br />

Variablen je nach Gewichtung vermutlich aus.<br />

Tabelle 6-5 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie<br />

lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle.<br />

Moderierte multiple Regression<br />

β (standardisierte Regressionskoeffizienten)<br />

Unabhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3<br />

Prozessorientierte Führung (zprocc) .067 .050 .056<br />

Unsicherheit des Umfelds (zuncert) -.267*** -.264***<br />

Wettbewerbsintensität (zcomp) .071 .075<br />

Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) -.269*** -.264*<br />

Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) .077 .084<br />

IE: zprocc * zuncert .044<br />

IE: zprocc * zcomp .060<br />

IE: zprocc * zj05.1_1 .003<br />

IE: zprocc * zj03_1 .025<br />

Globale Gütekriterien des Modells<br />

R .067 .366 .373<br />

R 2 .004 .134 .139<br />

Korrigiertes R 2<br />

.000 .115 .105<br />

Veränderungen im R 2<br />

.004 .129 .006


158<br />

Kapitel 6<br />

F-Wert 1.051 7.124*** 4.080***<br />

Partieller F-Wert 1.051 8.608*** .372<br />

n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt<br />

Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Führung<br />

und lokaler Zufriedenheit<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses eines prozessbezogenen Führungsstiles<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner sollen hier der Vollständigkeit halber<br />

aufgeführt werden. Es zeigt sich bereits auf der Ebene des Gesamtmodells, dass weder<br />

die Konfigurationsvariable „Prozessorientierter Führungsstil“ noch deren Interaktion<br />

mit den Situationsvariablen signifikante Erklärungsbeiträge liefern. Als einzige Variablengruppe<br />

haben die unabhängigen Situationsvariablen „lokale Unsicherheit“ und<br />

„lokale Organisationsgrösse“ einen jeweils direkten Effekt auf die Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner. Deshalb weisen die Modelle 2 und 3 jeweils signifikante F-Werte<br />

auf. Die Prozessorientierung der Führung scheint damit aus Sicht der Vertriebspartner<br />

nicht relevant <strong>für</strong> die Zufriedenheitsbeurteilung zu sein, was auch durch verschiedene<br />

lokale Situationen keine Änderung erfährt.<br />

6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung<br />

Im vorangegangenen Absatz 6.2.2 (S. 142 ff.) wurden die strategischen Alternativen<br />

der Konfiguration von internationalen Vertriebsorganisationen untersucht. Es wurde<br />

analysiert, ob und inwieweit sich die Konfiguration an den lokalen Situationen ausrichten<br />

sollte. Die Analyse kam zu folgenden Ergebnissen:<br />

• Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen<br />

und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit.<br />

Insbesondere bei grösseren Vertriebspartnern und in Situationen lokaler Unsicherheit<br />

ist die lokale Zufriedenheit gering. Es konnte jedoch nur ein schwacher<br />

signifikanter Interaktionseffekt zwischen dem Zentralisierungsgrad und der lokalen<br />

Unsicherheit festgestellt werden, der die Erklärungskraft des Modells nicht signifikant<br />

erhöhte. Der negative direkte Effekt der Zentralisierung von Entscheidungen<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner wird also durch die lokale Situation weder<br />

abgeschwächt noch verstärkt (s. Tabelle 6-2, S. 148).<br />

• Der Grad an Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich<br />

einen schwachen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Dieser begründet<br />

sich in der Vereinfachung und Vorhersehbarkeit von Abläufen und Entscheidungen,<br />

die durch die Formalisierung erhöht werden. Ferner zeigte die Unter-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 159<br />

suchung, dass die Formalisierung bei zunehmender Beziehungsdauer zum Vertriebspartner<br />

zu einer starken Zunahme der Zufriedenheit führt. Das bedeutet, dass<br />

gerade in langjährigen Beziehungen die Vorteile der Formalisierung auch von Vertriebspartnern<br />

erkannt und akzeptiert werden (s. Tabelle 6-3, S. 151).<br />

• Zwischen der Ergebnisorientierung des Führungsstils und der lokalen Zufriedenheit<br />

konnte ein positiver Zusammenhang festgestellt werden (Tabelle 6-4, S. 155).<br />

Es existiert allerdings kein Einfluss von situativen Variablen auf diese Beziehung.<br />

Ebenfalls konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Prozessorientierung<br />

des Führungsstils und der Zufriedenheit der Vertriebspartner nachgewiesen<br />

werden. Unabhängig von der lokalen Situation spielt die Prozessorientierung des<br />

Managements damit keine Rolle <strong>für</strong> die Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass insbesondere die lokale Unsicherheit des<br />

Umfelds und die Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner bei der strategischen<br />

Konfiguration zu beachten sind. Darüber hinaus scheint es angebracht, auch die direkten<br />

Zusammenhänge zwischen den Konfigurationsalternativen und der lokalen Zufriedenheit<br />

zu beachten, wenn über deren Einsatz entschieden werden soll.<br />

6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit<br />

6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung<br />

Um die operative Zusammenarbeit zu internationalen Vertriebspartnern zu verbessern,<br />

stehen Herstellern vielfältige Ansatzpunkte zur Verfügung. Bei den Gestaltungsbereichen<br />

der Zentrale lassen sich insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstützung<br />

unterscheiden (Reckenfelderbäumer 2001, S. 253), die im Folgenden unter<br />

der Bezeichnung „operative Vertriebsgestaltung“ zusammengefasst werden. Dem Hersteller<br />

stellen sich diesbezüglich Fragen auf verschiedenen Konkretisierungsebenen:<br />

• Überblick: Welche Gestaltungsansätze stehen generell zur Verfügung?<br />

• Selektion: Welcher Ansatz ist <strong>für</strong> die entsprechende Problemstellung geeignet?<br />

• Gestaltung: Wie ist ein gewählter Ansatz auszugestalten, so dass er optimal zur<br />

Verbesserung der Zusammenarbeit beiträgt?<br />

Um einen ersten Überblick zu erhalten, welche Gestaltungsmassnahmen internationale<br />

Vertriebspartner vorschlagen, wurden diese im Rahmen der europäischen Befragung<br />

(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) ungestützt<br />

aufgefordert, geeignete Lösungsansätze <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit zu


160<br />

Kapitel 6<br />

formulieren. Abbildung 6-4 (S. 160) zeigt als ein Ergebnis der Befragung die zwanzig<br />

meist genannten Lösungsansätze und die relative Häufigkeit ihrer Nennung. An dieser<br />

Stelle sei nur kurz auf die fünf meist genannten Lösungsvorschläge eingegangen.<br />

Top 5<br />

Gemeinsame strategische<br />

Orientierung<br />

Kundenbetreuungsteams<br />

Lösungsansätze (1-10)* Lösungsansätze (11-20)*<br />

Interne Kommunikationskanäle<br />

Key-Account Management<br />

Gemeinsame Schulung<br />

und Weiterbildung<br />

Projektorganisation<br />

Jobrotation und<br />

Transferprogramme<br />

Gemeinsame<br />

Kundendatenbank<br />

Informationen über<br />

andere Märkte<br />

Abstimmung von Zielen<br />

11.04%<br />

11.04%<br />

10.43%<br />

10.43%<br />

9.82%<br />

9.20%<br />

9.20%<br />

14.11%<br />

20.25%<br />

18.40%<br />

Gemeinsame Kundenbesuche<br />

Informelle Netzwerke<br />

Integration bei Entwicklung<br />

und Markteinführung<br />

Gemeinsame Werte<br />

und Kultur<br />

Koordination von Preisen<br />

Antwortzeiten, Flexibilität<br />

und Unterstützung<br />

Service Level Agreements<br />

Jährliche Salesmeetings<br />

Kenntnis der<br />

lokalen Situation<br />

Gemeinsame<br />

Informationssysteme<br />

* Offene Antwortkategorien nachträglich zugeordnet. Angaben in Prozent der 163 Antwortenden.<br />

Abbildung 6-4: Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Am häufigsten wurde die Verbesserung der internen Kommunikationskanäle genannt.<br />

Dabei wurde insbesondere auf die Verwendung und Institutionalisierung von Instrumenten<br />

hingewiesen, die den täglichen Informationsfluss unterstützen. Als zweithäufigster<br />

Ansatz wurde die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Orientierung<br />

angeführt. Hierbei stehen <strong>für</strong> Vertriebspartner die Transparenz, die Mitentwicklung<br />

und die konsequente Orientierung an der Strategie im Vordergrund. Auch das Key-<br />

Account Management, das von über vierzehn Prozent der Befragten als Gestaltungsansatz<br />

aufgezeigt wurde, besitzt gegenwärtig eine enorme Bedeutung. Diese ist u.a auf<br />

die hohe Kundenkonzentration, zunehmende Professionalität in der Einkaufsorganisation<br />

der Kunden und das internationale Engagement von Kundenunternehmen zurückzuführen<br />

(Belz et al. 2004, S. 29 ff.). Die Befragten hoffen, durch Key-Account Management<br />

eine über Ländergrenzen hinweg koordinierte Bearbeitung der wichtigsten<br />

Kunden zu erreichen und damit Koordinationsdefizite zu überwinden, die Kunden bisher<br />

<strong>für</strong> ihre eigenen Zielsetzungen nutzen konnten.<br />

Elf Prozent der Befragten sind der Meinung, dass auch der Bereich der Schulungs- und<br />

Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers Potenzial <strong>für</strong> die Zusammenarbeit besitzt.<br />

9.20%<br />

8.59%<br />

7.98%<br />

6.75%<br />

6.13%<br />

6.13%<br />

6.13%<br />

6.13%<br />

5.52%<br />

5.52%


Vertriebsgestaltung des Herstellers 161<br />

Vertriebspartner sind dabei davon überzeugt, dass durch die Anzahl und die Qualität<br />

der angebotenen Schulungen der lokale Verkauf in hohem Masse gesteigert werden<br />

kann. Ebenso viele Befragte schlagen eine Projektorganisation <strong>für</strong> verschiedene Entscheidungsbereiche<br />

der Vertriebsorganisation vor. Durch ein gemischtes Projektteam<br />

sollen das Wissen, die Erfahrung und das Interesse der Vertriebspartner besser berücksichtigt<br />

werden und, z. B. im Falle der Einführung eines neuen Produktes, zum Gelingen<br />

des Vorhabens beitragen.<br />

Die in Abbildung 6-4 aufgeführten Gestaltungsansätze besitzen unterschiedliche Konkretisierungsebenen.<br />

Teilweise werden konkrete einzelne Massnahmen genannt wie<br />

z. B. „gemeinsame Kundenbesuche“, teilweise handelt es sich aber auch um Vorschläge<br />

die Programmcharakter besitzen und ein komplexes organisatorisches Unterfangen<br />

mit strategischen Teilaspekten darstellen wie z. B. eine „Projektorganisation“ oder das<br />

„Key-Account Management“. In Tabelle 6-6 (S. 161) wurden deshalb einzelne Massnahmen<br />

zu inhaltlichen „Lösungspaketen“ zusammengefasst und nach der jeweiligen<br />

Stossrichtung kategorisiert. Eine ausführliche Diskussion der einzelnen in Tabelle 6-6<br />

(S. 161) aufgeführten Gestaltungsansätze findet sich in den Absätzen 6.3.2 (S. 162 ff.)<br />

bis 6.3.8 (S. 229 ff.).<br />

Lösungspakete Stossrichtung<br />

1) <strong>Internationales</strong> Key-Account Management,<br />

2) Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen,<br />

3) Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion,<br />

4) Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten,<br />

5) Regionalzentren statt weltweites Vorgehen,<br />

6) Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens,<br />

7) Koordinations- und Planungsteams,<br />

8) Projektorganisation beim Neuproduktmanagement,<br />

9) Integrierte Kundenbetreuung durch Teams,<br />

10) Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen,<br />

11) Markt- und serviceorientierte Unternehmenskultur,<br />

12) Segmentierung von Vertriebspartnern,<br />

13) Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen,<br />

14) Herstellersupport in Marketing und Vertrieb,<br />

15) Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung,<br />

16) Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien,<br />

17) Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung,<br />

Zentrale<br />

Strukturen<br />

Vertikale<br />

Strukturen<br />

Teamorganisation<br />

Kultur und Soziales<br />

Segmentierung<br />

Zentrale<br />

Ressourcen<br />

18) Informationslieferung, -austausch und -versorgung,<br />

19) Einsatz von IT-Systemen und -Tools.<br />

Informationsmanagement<br />

Tabelle 6-6: Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

Um die eingangs (S. 159) aufgezeigte Frage der „Selektion“ von Gestaltungsalternativen<br />

zu beantworten, muss geprüft werden, ob sich ein Lösungsansatz <strong>für</strong> den Prob-


162<br />

Kapitel 6<br />

lemkontext eignet. Dazu können die Lösungspakete in den Kontext der sieben Beurteilungsdimensionen<br />

der Zusammenarbeit gesetzt werden, die in Abschnitt 5.3 (S. 112)<br />

entwickelt wurden. Aufgrund von inhaltlichen Überlegungen wurde die in Abbildung<br />

6-5 (S. 162) vorgeschlagene Zuordnung vorgenommen. Eine eineindeutige Zuordnung<br />

ist aufgrund inhaltlicher Überschneidungen der Gestaltungsalternativen sicherlich weder<br />

möglich noch ratsam. Vielmehr müssen die Lösungsansätze so gewichtet werden,<br />

dass die inhaltlichen Schwerpunkte der sieben Beurteilungsdimensionen zufrieden<br />

stellend abgedeckt werden. Hersteller, die Kenntnisse über die Defizite ihrer Vertriebsorganisation<br />

besitzen, können damit die Zusammenstellung ihrer Lösungspakete<br />

optimal wählen.<br />

Lösungspakete Beurteilungsdimension Ebene<br />

1), 3), 5), 7), 8), 12), 13),<br />

15), 16)<br />

2), 3), 4), 10), 16), 17),<br />

18), 19)<br />

1), 2), 3), 5), 8), 9), 11),<br />

12), 13), 14), 15), 17), 18)<br />

1), 5), 12), 13), 16), 19)<br />

6), 7), 8), 9), 10), 11),<br />

15), 18)<br />

5), 6), 9), 10), 11), 15),<br />

18)<br />

1), 5), 7), 8), 10), 11), 14),<br />

15), 17), 18), 19)<br />

„Produkte und<br />

Leistungen“<br />

„Abwicklung<br />

und Lieferung“<br />

„Marketingsupport“<br />

„Finanzielle<br />

Konditionen“<br />

„Soziale<br />

Interaktion“<br />

„Kultur und<br />

Werte“<br />

„Information und<br />

Kommunikation“<br />

Leistungen<br />

Konditionen<br />

Soziales<br />

Abbildung 6-5: Verbindung von Lösungspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen<br />

6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen<br />

Im Folgenden werden Gestaltungsalternativen zur Koordination aufgezeigt, die an der<br />

zentralen Aufbauorganisation des Herstellers ansetzen. Alle Ansätze werden in Bezug<br />

auf ihre Wirkung und Eignung <strong>für</strong> die Zufriedenheit in der Zusammenarbeit diskutiert.<br />

6.3.2.1 <strong>Internationales</strong> Key-Account Management<br />

<strong>Internationales</strong> Key-Account Management ist zugleich Chance und Gefahr <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartnern. Müllner (2002, S. 39 ff.)<br />

kommt in seiner empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Zusammenar-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 163<br />

beit mit den Vertriebspartnern die grösste Herausforderung ist, die sich Herstellern bei<br />

der Bearbeitung internationaler Schlüsselkunden stellt.<br />

Potenziale durch länderübergreifende Koordination<br />

In der Einkaufsorganisation der Kunden wurde der länderübergreifende Informationsaustausch<br />

über Preise und Qualitäten in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert.<br />

Das macht es <strong>für</strong> den Hersteller zunehmend schwieriger, Preisspielräume zwischen<br />

verschiedenen Ländermärkten zu nutzen. Homburg et al. (2004, S. 52) sprechen sogar<br />

von einem „Koordinationswettlauf“ zwischen der Verkaufsorganisation des Anbieters<br />

und der Einkaufsorganisation des Kunden, bei dem diejenige Organisation gewinnt,<br />

die besser in der Lage ist, ihre internationalen Aktivitäten zu koordinieren. Im ungünstigsten<br />

Fall gelingt es dem Einkauf des Kundenunternehmens, Leistungen schwerpunktmässig<br />

aus Niedrigpreisländern des Anbieters zu beziehen, in denen die günstigsten<br />

Konditionen gewährt werden. Beim Hersteller erhöhen in diesem Fall wenige<br />

Vertriebspartner ihre Marktergebnisse, während viele Vertriebspartner sowie der Hersteller<br />

einen kumuliert höheren Betrag verlieren. Durch eine Koordination auf Herstellerseite<br />

gewinnt deshalb nicht nur der Hersteller selbst, sondern zumindest langfristig<br />

auch die Mehrheit der Vertriebspartner in den wichtigen hochpreisigen Märkten. Neben<br />

den preislichen Effekten betonen Belz et al. (2004, S. 33 ff.) zudem die Möglichkeit,<br />

die Beziehung zum internationalen Key-Account zu vertiefen, eine Abwanderung<br />

des Kunden zu verhindern und Cross-Selling Potenziale zu erschliessen.<br />

Bei der organisatorischen Verankerung des internationalen Key-Account Management<br />

muss festgelegt werden, wer die Rolle des internationalen Key-Account Managers einnimmt<br />

und wo dieser angesiedelt ist (Belz et al. 2004, S. 284 ff.). Besonders hervorzuheben<br />

sind zwei geografische Alternativen. Entweder wird eine Person mit Vertriebserfahrung<br />

ausgewählt, die in der Zentrale des Herstellers sitzt. Ein wichtiger Vorteil<br />

liegt hierbei in der Nähe zu den zentralen Vertriebsprozessen. Oder aber, der internationale<br />

Key-Account Manager wird in dem Land installiert, in dem sich die zentrale<br />

Einkaufsabteilung des internationalen Key-Accounts befindet. Vorteile dieses Vorgehens<br />

liegen in der geografischen und kulturellen Nähe zum Kundenunternehmen.<br />

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass sämtliche Alternativen des internationalen<br />

Key-Account Management eine Zentralisierung von kundenbezogenen Entscheidungen<br />

bedingen, durch die eine länderübergreifende Koordination erst möglich<br />

wird. Die Zentralisierung bedeutet dabei nicht unbedingt eine Konzentration dieser<br />

Entscheidungskompetenz auf die zentrale Organisation des Herstellers, sondern kann


164<br />

Kapitel 6<br />

auch von dezentralen Organisationseinheiten im Stammland des Kunden wahrgenommen<br />

werden. <strong>Internationales</strong> Key-Account Management bedeutet damit unabhängig<br />

von der gewählten Alternative <strong>für</strong> die meisten Vertriebspartner einen Verlust an Entscheidungsfreiheit<br />

und Macht, da kundenbezogene dezentrale Entscheidungen länderübergreifend<br />

aufeinander abgestimmt werden müssen.<br />

Umstellung und operative Koordination<br />

Bei der Umstellung der kundenbezogenen Koordination von der Landesgesellschaft<br />

weg und hin zum länderübergreifenden Key-Account Manager kommt es häufig zu<br />

Widerständen. Starke Vertriebspartner wollen häufig keine Kompetenz und Macht<br />

abgeben. “Account managers end up investing a lot of their energy simply fighting<br />

internal battles – for systems, support, or money – instead of spending time in front of<br />

the customer” (Toland 2004, S. 47). Diese oder ähnliche Aussagen hört man bei vielen<br />

der oftmals vorher so euphorisch gestarteten Key-Account Management-Projekte. Die<br />

grösste Herausforderung des Key-Account Management liegt nämlich in der Überwindung<br />

historisch gewachsener Organisationsstrukturen (Barth/Lockau 1998, S. 84).<br />

Eine der aus Sicht von Vertriebspartnern wichtigsten Entscheidungen, die im Rahmen<br />

des internationalen Key-Account Management getroffen werden, betrifft die Harmonisierung<br />

von Preisen (s. Mühlmeyer/Belz 2000, S. 77f). Die zentrale Frage <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />

ist, ob Umsätze, die der Key-Account dezentral mit dem Vertriebspartner<br />

tätigt, weiterhin dezentral über die Vertriebspartner abgerechnet werden oder nicht<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Werden die lokalen Umsätze oder Deckungsbeiträge<br />

eines internationalen Key-Accounts nach der Einführung des internationalen<br />

Key-Account Managements zentral verrechnet und bei der Incentivierung der<br />

Vertriebspartner nicht mehr berücksichtigt, ergeben sich Konflikte. Häufig zählen die<br />

internationalen Key-Accounts auch lokal zu den bedeutendsten Kunden und bestimmen<br />

damit massgeblich die lokalen Ergebnisse. In der Praxis existieren zz. erst wenige<br />

Ansätze, um diesen erheblichen Konfliktpotenzialen zu begegnen. Fallbeispiel 6-1<br />

zeigt, wie die Hoerbiger-Origa Systems GmbH durch eine „schrittweise Entschädigung“<br />

Konfliktpotenziale reduziert und damit zur Umstellung auf internationales Key-<br />

Account Management beigetragen hat.<br />

Mehrperiodische Entschädigung <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />

Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Altenstadt, Deutschland<br />

Die Hoerbiger-Origa Systems GmbH ist Teil der Hoerbiger-Gruppe mit Hauptsitz in Altenstadt,<br />

Deutschland, die im Jahr 2003 mit ca. 4'350 Mitarbeitern einen Umsatz von 519 Mio. EUR erzielte.<br />

Die Gruppe beschäftigt sich mit den drei Bereichen Kompressortechnik, Antriebstechnik und Auto-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 165<br />

matisierungstechnik. Der Bereich Automatisierungstechnik, zu dem die Hoerbiger-Origa Systems<br />

GmbH gehört, erwirtschaftet mit 187 Mio. Euro ca. 36% des Gesamtumsatzes und ist auf Komponenten<br />

und Systeme der Fluidtechnik (Hydraulik und Pneumatik) spezialisiert.<br />

Der weltweite Vertrieb im Bereich der Standardpneumatik ist über sogenannte Intercompanies (ICOs)<br />

organisiert, die juristisch selbstständige Tochtergesellschaften sind und neben dem reinen Vertrieb<br />

(der aufgrund der rechtlichen Selbstständigkeit bei Hoerbiger als „Handelsgeschäft“ bezeichnet wird)<br />

teilweise auch die Veredlung von Komponenten übernehmen.<br />

Zur besseren Bearbeitung und Betreuung von internationalen Schlüsselkunden wurde im Jahr 2002<br />

schrittweise damit begonnen, die Betreuung in den internationalen Märkten von den ICOs auf Key-<br />

Account Manager umzustellen. Benno Birke, Geschäftsführer der Hoerbiger-Origa Systems GmbH<br />

betont: „Man muss den ICOs zur Umstellung auf das Key-Account Management Märkte wegnehmen.“<br />

Im Jahr 2003 waren bereits ca. 35 Prozent der Märkte umgestellt, was zuvor im Rahmen einer<br />

zwölfmonatigen Planungsperiode vorbereitet worden war. Den ICOs wurden zunächst die Ziele und<br />

Vorteile der Key-Account-Strategie erläutert. Da die Verrechnung der kundenbezogenen Umsätze<br />

nach der Umstellung ausschliesslich zentral erfolgen sollte, fielen mit der Umstellung grosse Teile der<br />

Incentivierung von ICOs weg und lokale Ergebnisse wurden geschmälert.<br />

Es stellte sich deshalb die Herausforderung, die ICOs zur Übergabe der Kundenkontakte zu motivieren.<br />

Dabei sollte die lokale Bereitschaft erhalten werden, Key-Account Manager wohlwollend zu<br />

unterstützen. Einen Kompromiss fand man, indem man sich dazu entschloss, die ICOs übergangsweise<br />

noch an den mit Key Accounts realisierten Umsätzen zu beteiligen, um zumindest <strong>für</strong> eine „Übergangsperiode“<br />

etwaige Umsatzausfälle teilweise zu kompensieren. Man entschied sich <strong>für</strong> ein standardisiertes<br />

Vorgehen um die Übergabe der Kundenbetreuung und –verantwortung von ICOs an Key-<br />

Account Manager zu regeln. Danach bestimmt ein „Basisvertrag“, der von der Unternehmensbereichsleitung<br />

vorgegeben wird, dass ICOs nach Abgabe eines Kunden an das Key-Account Management<br />

<strong>für</strong> den Planungszeitraum von drei Jahren eine Umsatzbeteiligung an den mit dem Key Account<br />

realisierten Umsätzen i. H. v. fünf Prozent erhalten. In einzelnen Fällen, in denen von der Seite der<br />

ICOs ein besonders hoher Aufwand <strong>für</strong> die Betreuung des Key Accounts erbracht werden muss, werden<br />

teilweise zusätzliche Provisionen ausgehandelt. Damit fallen die Margen der ICOs nach der Übergabe<br />

des Kunden nicht vollständig weg, sondern werden lediglich abgeschwächt. Der Planungszeitraum<br />

von drei Jahren erlaubt es den ICOs darüber hinaus, sich an die veränderte Situation anzupassen.<br />

Mit Hilfe dieses Vorgehens erzielte die Hoerbiger-Origa Systems GmbH unterschiedliche Ergebnisse.<br />

In wenigen Ausnahmefällen wurden aus Gründen lokaler Besonderheiten Kunden beim ICO belassen.<br />

Die meisten internationalen Key-Account Manager stammen zumindest aus dem Stammland oder<br />

kulturell nahe stehender Regionen des Kundenunternehmens. Auch wenn mit diesem Vorgehen nicht<br />

sämtliche Konflikte bei der Übergabe von Kundenkontakten an das Key-Account Management gelöst<br />

werden können, werden Spannungen abgeschwächt und die Implementierung des länderübergreifenden<br />

Key-Account Managements durch die Einbeziehung der ICOs wirksam unterstützt.<br />

Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH<br />

(Einzelinterview Birke 2003, s. Anhang A, S. 346)<br />

Das Beispiel Hoerbiger-Origa zeigt die Möglichkeit, Vertriebspartner zu einer Übergabe<br />

der Kundenverantwortung zu bewegen. Ausserdem zeigt es, dass auch die Zusammenarbeit<br />

mit dem Vertriebspartner zu bedenken ist, die in Bezug auf die übrigen<br />

Kunden besteht. Der internationale Key-Account Manager benötigt die Unterstützung<br />

durch die bestehende Vertriebsorganisation in den internationalen Märkten. Aus diesem<br />

Grund erlauben einige Firmen ihren Key-Account Managern die Zeit von anderen<br />

Mitarbeitern zu „kaufen“ (Maister 1999, S. 64). Hierdurch wird die Teilnahme und


166<br />

Kapitel 6<br />

Unterstützung des Key-Account Management gefördert, bis sich erste langfristige Erfolge<br />

zeigen (Maister 1999, S. 64).<br />

Anders als im Fall Hoerbiger gibt es viele Hersteller, die sich auf einen Kompromiss<br />

einigen. Danach werden internationale Vertriebspartner weiterhin an den mit internationalen<br />

Key-Accounts erzielten Umsätzen gemessen, obwohl diese nicht mehr in ihren<br />

eigentlichen Zuständigkeitsbereich fallen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37). Dadurch ergeben sich allerdings Konflikte anderer Art, insbesondere dann, wenn<br />

globale Agreements die weltweiten Preise <strong>für</strong> den Kunden vereinheitlicht regeln. In<br />

dieser Situation müssen gerade Vertriebspartner in hochpreisigen Märkten (s.<br />

Abbildung 6-6, S. 166; „Land B“) Margen einbüssen, wenn zentrale Preisvereinbarungen<br />

mit dem Kunden zu einem weltweit mittleren Preisgefüge führen (siehe Abbildung<br />

6-6, S. 166; „Ohne Transfer“). Als Lösung dieser Konflikte sind Transferzahlungen<br />

zwischen Niedrigpreisländern („Land A“ und „Land C“) und Hochpreisländern<br />

(„Land B“) denkbar.<br />

Preis<br />

pro<br />

Stück<br />

ø Preis<br />

Ohne Koordination<br />

Land A<br />

Land B<br />

Länder<br />

Land C<br />

Preis<br />

pro<br />

Stück<br />

ø Preis<br />

Land A<br />

Land B<br />

Länder<br />

Land C<br />

Mit Koordination<br />

Ohne Transfer Mit Transfer<br />

Preis<br />

pro<br />

Stück<br />

ø Preis<br />

Land A<br />

Land B<br />

Länder<br />

Abbildung 6-6: Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung <strong>für</strong> internationale<br />

Key-Accounts<br />

Eine besondere Berücksichtigung benötigen in diesem Falle Vertretungen, die vor allem<br />

in niedrigpreisigen Nebenmärkten von dem gesicherten höheren Preisniveau profitieren<br />

würden. In diesem Fall bestehen zwei Möglichkeiten <strong>für</strong> eine Transferzahlung.<br />

Durch einen direkten Transfer wird die Differenz zwischen altem und neuem Preisniveau<br />

unmittelbar an den Hersteller gezahlt. Hierbei werden Vertretungen dazu neigen,<br />

eine Erhöhung des „Marktpreisniveaus“ vorzugeben, um möglichst wenig Transfers<br />

zahlen zu müssen. Bei diesem Konflikt kann sich der Hersteller allerdings an den<br />

Land C


Vertriebsgestaltung des Herstellers 167<br />

durchschnittlich erzielten Preisen mit den lokalen Kunden orientieren, mit denen keine<br />

globalen Agreements bestehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass Vertretungen höhere<br />

Verrechnungspreise <strong>für</strong> Lieferungen an Key-Accounts zahlen müssen und so den<br />

Transfer indirekt bezahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Akzeptiert<br />

die dezentrale Organisationen des Kunden die in globale Agreements vereinbarten<br />

Preise, so kann eine lokale Vertretung auf diese Weise dennoch ihre Margen erhalten.<br />

Bei der konkreten Konzeption solcher Transferzahlungen und der Ausgestaltung der<br />

Vertretungsverträge sind darüber hinaus lokale Steuergesetze zu beachten, die zum<br />

Teil einem internen Gewinntransfer entgegenstehen.<br />

In der Realität ist ferner davon auszugehen, dass der in globalen Agreements vereinbarte<br />

Preis geringer ausfällt, als der in Abbildung 6-6 (S. 166) eingezeichnete Durchschnittspreis.<br />

Der Grund da<strong>für</strong> ist die bessere Verhandlungsbasis des Kunden aufgrund<br />

der kumulierten Mengen. Damit wird er sich bei Preisverhandlungen am bisher international<br />

niedrigsten Preis orientieren. Aus diesem Grund können auch Transferzahlungen<br />

<strong>für</strong> Vertriebspartner aus Hochpreisländern nicht den vollständigen entgangenen<br />

Umsatz ausgleichen. Auf lange Frist verhindert ein solches Vorgehen aber zumindest,<br />

dass grosse Teile der key-accountbezogenen Nachfrage in Niedrigpreisländer abwandern.<br />

Damit liegt dieses Vorgehen auch im Interesse der einflussreichen lokalen Geschäftsführer.<br />

6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen<br />

Wenn bisher vom Hersteller oder der „Zentrale“ die Rede war, wurden unter diesem<br />

Begriff diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden, die durch die Koordination<br />

und Unterstützung der Vertriebspartner zur Erfüllung von Vertriebsaufgaben beitragen<br />

(s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 253 f.). Eine besondere Herausforderung stellt sich,<br />

wenn eine Vertriebsorganisation von verschiedenen Geschäftsbereichen bzw. Business-Units<br />

genutzt wird. Aus Sicht der Vertriebspartner existieren dann mehrere Zentralen:<br />

Die verschiedenen Geschäftsbereiche stehen sich mit ihren Produkt- und Leistungsspektren<br />

im Wettbewerb um die Ressource „Vertriebsorganisation“ gegenüber<br />

(Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Dabei können sich Strategien, Zeitpläne und Anforderungen<br />

der Geschäftsbereichsleiter in der „Zentrale“ massgeblich unterscheiden, da die<br />

Marketingabteilungen der Bereiche ihre Pläne zur Markteinführung und -bearbeitung<br />

weitgehend unabhängig voneinander ausarbeiten (Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Hierdurch<br />

entstehen unterschiedliche Anforderungen und Vorgaben, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />

oftmals widersprüchlich und teilweise weder inhaltlich noch zeitlich mit-


168<br />

Kapitel 6<br />

einander vereinbar sind. Hierdurch werden die von den Geschäftsbereichen unabhängig<br />

voneinander entwickelten Pläne im Ergebnis ihrer Umsetzung interdependent. Eine<br />

Untersuchung von Thomaszik/Hanser (2004, S. 36) betont die Bedeutung dieses<br />

Aspektes. 35.8 Prozent der Befragten nennen die Verbesserung der internen Schnittstellen<br />

zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen und Abteilungen als wichtigsten<br />

Ansatzpunkt bei der Optimierung ihrer Vertriebsorganisation. Auch Hungenberg<br />

(1992, S. 349) weist auf die Wertbeiträge hin, die von der Zentrale durch eine horizontale<br />

Koordination der damit interdependenten Geschäftsbereiche erreicht werden können<br />

(s. Abbildung 6-7, S. 168).<br />

Geschäftsbereich<br />

A<br />

Geschäftsbereich<br />

B<br />

Unternehmensleitung<br />

Geschäftsbereich<br />

C<br />

Region 1<br />

• Land 1<br />

• Land 2<br />

• ...<br />

Region 2<br />

• Land 1<br />

• Land 2<br />

• ...<br />

Region 3<br />

• Land 1<br />

• Land 2<br />

• ...<br />

Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation<br />

(In Anlehnung an Kutschker/Schmid 2002, S. 486)<br />

Internationale<br />

Division<br />

Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Vertriebsgesellschaften entstehen vor allem<br />

dadurch, dass sich die Geschäftsbereichsstrukturen häufig nicht auch in den Tochtergesellschaften<br />

wieder finden (Lach 2001, S. 63). Das ist insbesondere in kleineren<br />

Märkten der Fall, in denen wenige Mitarbeiter ein dementsprechend breites Produktportfolio<br />

bedienen. Zu Konflikten kommt es, da jeder Geschäftsbereich zunächst die<br />

eigenen Ziele anstrebt und von der Vertriebsorganisation eine besondere Aufmerksamkeit<br />

<strong>für</strong> seine Produkte fordert (Lach 2001, S. 63; Kullmann/Kühl 1998, S. 44). Es<br />

resultiert ein Interessenkonflikt <strong>für</strong> die Tochtergesellschaft, da Ressourcen bei anderen<br />

Produkten abgezogen werden müssen, um sich um ein neues Produkt zu kümmern. Als<br />

Antwort hierauf erhöhen Geschäftsbereichsleiter häufig ihren Druck auf die Vertriebs-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 169<br />

partner, wenn sie der Meinung sind, ihre Produkte würden vernachlässigt (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch entstehen Fronten und Konflikte, was<br />

dauerhaft einer wirksamen Marktbearbeitung entgegenstehen muss.<br />

Alternativ zur Machtausübung besteht <strong>für</strong> Geschäftsbereichsleiter die Möglichkeit,<br />

sich dem internen Wettbewerb um die Gunst der Vertriebsorganisation zu stellen und<br />

zu versuchen, ihre Aktivitäten besser auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner abzustimmen.<br />

Durch eine offene Kommunikation, frühzeitige und umfassende Informationen<br />

z. B. über den Markt des neuen Produktes sowie kommerzielle und technische<br />

Unterstützung können Tochtergesellschaften das neue Produkt ressourcengünstiger ins<br />

Sortiment aufnehmen. Sie erhalten dadurch den Anreiz, die Produkte der Geschäftsbereiche<br />

zu unterstützen, die ihnen da<strong>für</strong> die beste Ausgangssituation schaffen.<br />

Aus Sicht des Gesamtunternehmens ergeben sich aus diesem internen Wettbewerb<br />

Vorteile, da sich die Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation im Gegensatz zu<br />

einer machtbasierten Lösung stetig verbessert. Es handelt sich um eine Form der<br />

Selbstkoordination. Als wichtige Voraussetzung hier<strong>für</strong> müssen allerdings machtbasierte<br />

Lösungen verhindert werden, die den internen Marktmechanismen entgegenstehen.<br />

Auf Unternehmensebene besteht bis zu einem gewissen Grad alternativ auch die<br />

Möglichkeit, eine direkte inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Marketingpläne<br />

der verschiedenen Bereiche vorzunehmen (Kullmann/Kühl 1998, S. 45), wie z. B.<br />

durch eine Stabsstelle unter der Verantwortung des Leiters der internationalen Division.<br />

Nur wenn die Marketingpläne der Geschäftsbereiche einer gewissen Kontrolle unterliegen,<br />

kann sichergestellt werden, dass Vertriebspartner und Kunden ein stimmiges<br />

Bild des Gesamtunternehmens erhalten. Fallbeispiel 6-2 zeigt, wie das Unternehmen<br />

Emhart Glass durch eine Rezentralisierung von Entscheidungen ihre Koordination<br />

verbessert hat.<br />

Interne Koordination durch Central Sales Administration (CSA)<br />

Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz<br />

Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit<br />

führender Hersteller von Maschinen <strong>für</strong> die Glasbehälterindustrie (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51). Zu<br />

ihren Produkten gehören Maschinen <strong>für</strong> Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur<br />

Konfektion der Flaschen sowie Maschinen <strong>für</strong> die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa<br />

900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF.<br />

Zum Vertrieb setzt das Unternehmen primär auf eigene Tochtergesellschaften, vor allem in kleineren<br />

Märkten werden aber auch unabhängige Vertretungen hinzugezogen. Gerade in den wichtigsten<br />

Märkten ist das Unternehmen mit Tochtergesellschaften vertreten, deren Handlungsspielraum beim<br />

profitablen Verkauf von Maschinen und Ersatzteilen ursprünglich nur durch die Höhe der Transfer-


170<br />

Kapitel 6<br />

preise begrenzt war, die beim internen Bezug an die „Manufacturing Units“ zu entrichten waren (siehe<br />

Abbildung „Initial Setup“).<br />

Initial Setup<br />

Specialized<br />

Manufacturing Units<br />

Sales Units<br />

Group Group<br />

Customers<br />

Customers<br />

IT<br />

Transfer Price<br />

Production Planning<br />

Manufacturing<br />

IT<br />

In each Unit<br />

Market Pricing<br />

Acquisition<br />

Specification<br />

Quoting<br />

(Manufacturing)<br />

Invoicing<br />

IT<br />

Eine kunden- und wettbewerbsseitige Konzentration des Marktes sowie rückläufige Wachstumsraten<br />

forderten eine bessere Koordination der internen und internationalen Aktivitäten. Die geringere Auslastung<br />

der Produktion, sinkende Marktpreise und hohe Overheadkosten in den Vertriebsgesellschaften<br />

belasteten das Ergebnis des Unternehmens. Die länderübergreifende Koordination von Preisen<br />

und Konditionen wurde durch die dezentrale Organisation weiterhin erschwert. Weder die Aktivitäten<br />

der Manufacturing Units, die ihre Produktlinien über die gleiche Verkaufsorganisation vertreiben,<br />

konnten in dieser Konstellation koordiniert werden. Noch konnten Redundanzen in den dezentralen<br />

Vertriebseinheiten vermieden werden. Um Kosten zu senken und die interne Koordination zwischen<br />

den verschiedenen Akteuren voranzutreiben, wurde eine Reorganisation durchgesetzt. Dazu wurden<br />

wesentliche Managementkompetenzen aus den Ländergesellschaften abgezogen und in einer zentralen<br />

Stelle, der so genannten „Central Sales Administration“ konzentriert (s. Abbildung „New Setup“).<br />

New Setup<br />

Specialized<br />

Manufacturing Units<br />

Sales Units<br />

Group Group<br />

with with CSA CSA<br />

Customers<br />

Customers<br />

1x<br />

Production Planning<br />

Manufacturing<br />

Market Pricing<br />

Specification<br />

Quoting<br />

Invoicing<br />

IT<br />

Acquisition<br />

Die Central Sales Administration (CSA) übernimmt sämtliche administrativen Vertriebsentscheidungen<br />

und stellt den Vermittler zwischen den Manufacturing Units und den Vertriebsgesellschaften dar.<br />

Vertriebsgesellschaften konzentrieren sich nun ausschliesslich auf Aufgaben der Marktbearbeitung<br />

und werden von Backofficeaktivitäten befreit. CSA übernimmt diese Aufgaben und stimmt die Aufträge<br />

und Spezifikationen mit den Produktionseinheiten ab. Interne Informationen und solche über die<br />

Märkte werden damit in einer Stelle konzentriert. Das Unternehmen reduziert damit die Komplexität<br />

<strong>für</strong> die einzelnen Produktions- und Vertriebseinheiten und verbessert nachhaltig die interne Kommunikation<br />

und Abstimmung.<br />

Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. (Hatz 2004, S.<br />

19 ff.)


Vertriebsgestaltung des Herstellers 171<br />

6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstützung<br />

Nach Hungenberg (1992, S. 342) muss die Zentrale, wie alle anderen Unternehmensbereiche<br />

zunehmend ihren Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes nachweisen<br />

und damit ihre Existenzberechtigung sichern. Zu den zentralen Aufgaben der Zentrale<br />

gehören, wie bereits betont wurde, die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner<br />

zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben (s. Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />

253). Die Qualität mit der die Zentrale beide Aufgabenbereiche erfüllt, kann demnach<br />

als Kriterium zur Beurteilung der zentralen Leistungsfähigkeit herangezogen werden<br />

(Hungenberg 1992, S. 341).<br />

Die Unterstützung durch die Zentrale wird auch von Vertriebspartnern als wichtiges<br />

Beurteilungskriterium herangezogen. Dazu gehören finanzielle Hilfen, Dokumentationen<br />

und Verkaufsmaterial sowie die Bereitstellung von kunden- und wettbewerbsbezogenen<br />

Informationen. Je stärker die Vertriebsmanager der Zentrale allerdings neben<br />

der Koordination auch gleichzeitig Aufgaben der Unterstützung übernehmen und verantworten,<br />

desto mehr besteht die Gefahr der Unangreifbarkeit ihrer Leistung. Fehlende<br />

oder mangelhafte Unterstützung der Vertriebspartner kann leicht vom involvierten<br />

Vertriebsmanager durch überzogene Forderungen der Vertriebspartner begründet und<br />

abgetan werden, um nicht die eigene Leistungsfähigkeit in Frage zu stellen. Eine personelle<br />

Verquickung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben steht damit einer<br />

differenzierten Beurteilung und Kritik im Wege. Eine höhere Leistungsfähigkeit<br />

der Vertriebsorganisation, die durch eine optimale Unterstützung der Vertriebspartner<br />

erreicht werden kann, wird hierdurch erschwert.<br />

Es bedarf deshalb einer eindeutigen Kompetenzabgrenzung zwischen koordinierenden<br />

und unterstützenden Akteuren sowie einer Kontrollinstanz, die nicht gleichzeitig unmittelbare<br />

Verantwortung <strong>für</strong> die Unterstützungsleistungen besitzt und im Stande ist,<br />

disziplinarische Massnahmen einzuleiten (s. Abbildung 6-8, S. 172).<br />

Hungenberg (1992, S. 353) geht sogar soweit, eine rechtliche Unabhängigkeit zentraler<br />

„Service-Center“ zu fordern, deren Leistungen nach Möglichkeit marktpreisorientiert<br />

abgerechnet werden. Dem schliesst sich Reckenfelderbäumer (2001, S. 263) an,<br />

der betont, dass ohne marktähnliche Gestaltungsspielräume von den Servicebereichen<br />

nicht ernsthaft verlangt werden könne, wettbewerbskonforme und kundenorientierte<br />

Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Ausserdem sei es unverzichtbar, Anforderungen<br />

wie Qualität, Liefertreue und Gewährleistung zu marktüblichen Bedingungen <strong>für</strong><br />

die Leistungen der Zentralfunktionen festzulegen (Hungenberg 1992, S. 353). Koordi-


172<br />

Kapitel 6<br />

nations- und Unterstützungsleistungen der Zentrale werden dadurch transparent und<br />

<strong>für</strong> eine Beurteilung zugänglich.<br />

Durch die personelle Trennung der Verantwortlichkeiten <strong>für</strong> Koordination und Unterstützung,<br />

wie sie in Abbildung 6-8 gezeigt wird, wird zudem die Unterstützung der<br />

Vertriebspartner als eigenständige wertschaffende Aufgabe betont. Die Form, in der<br />

diese Trennung in Organisationen realisiert wird, hängt sicherlich u. a. von der Grösse<br />

und Finanzkraft des Herstellerunternehmens ab. Ein geeigneter Ansatz, der die Transparenz<br />

und Verlässlichkeit zentraler Leistungen erhöht, stellt z. B. die Vereinbarung<br />

von „Service-Level-Standards“ dar. Dieser wird in Absatz 6.3.7.3 (S. 220 ff.) näher<br />

erläutert.<br />

Geschäftsbereich<br />

C<br />

Geschäftsbereich<br />

B<br />

Geschäftsbereich<br />

A<br />

Unternehmensleitung<br />

Shared-Service<br />

Center<br />

Service Level<br />

Agreements<br />

Internationale<br />

Division<br />

Land 1<br />

Land 2<br />

Land ...<br />

Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion<br />

Der Einsatz von Service-Centers erfreut sich in den letzten Jahren grosser Beliebtheit.<br />

Vor allem administrative Leistungen wie rechtliche, technische, wirtschaftliche und<br />

steuerliche Beratung, Logistikdienstleistungen, Marktforschung, Buchhaltung zentraler<br />

Rechnungserstellung sowie IT-Dienstleistungen werden bereits in hohem Masse<br />

durch zentrale Service-Centers realisiert (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263; Neilson<br />

et al. 2005, S. 3). Weltweit und auch auf regionaler Ebene realisieren diese einen<br />

Grossteil von Unterstützungsleistungen, die bisher vor allem Backoffice-Aufgaben<br />

betreffen. Einer aktuellen Studie von Booz Allen Hamilton zufolge wird sich der<br />

Einsatzbereich der Shared-Service-Center jedoch in Zukunft auch bis hin zur Unterstützung<br />

bei kundenbezogenen Prozessen erstrecken (s. Neilson et al. 2005). Hierdurch<br />

können einerseits eine grosse Anzahl an lokalen Aktivitäten zentralisiert werden,<br />

wodurch Synergien entstehen. Andererseits wird Vertriebspartnern eine hohe<br />

Qualität der Unterstützung garantiert. Das entlastet die administrativen Prozesse des


Vertriebsgestaltung des Herstellers 173<br />

Vertriebspartners weitgehend, der sich daher zunehmend auf seine Kernkompetenz,<br />

die Kundenbetreuung, konzentrieren kann.<br />

6.3.2.4 Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten<br />

In der Literatur zum <strong>Vertriebsmanagement</strong> wurde die Thematik der Honorierungssysteme<br />

bereits vielfältig aufgegriffen und diskutiert (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 159;<br />

Krafft 1995). Die Diskussion bezieht sich allerdings weitgehend auf Vergütungsfragen,<br />

die Tochtergesellschaften, Vertretungen oder Aussendienstmitarbeiter betreffen.<br />

Bedingungen und Anforderungen an Honorierungssysteme <strong>für</strong> die zentralen Einheiten,<br />

die aus der Bedeutung der Vertriebspartner resultieren, wurden dabei nicht formuliert.<br />

Wenn die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Leistungen der Zentrale jedoch<br />

als wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> den Erfolg einer internationalen Unternehmung begriffen<br />

wird, muss diese im Zielsystem der Zentrale messbar erfasst, überprüft und incentiviert<br />

werden. Auch Mitarbeiter der Zentrale müssen sich <strong>für</strong> die Qualität ihrer Leistungen<br />

verantworten und werden dadurch zu Höchstleistungen motiviert. Dies ist offenbar<br />

nur selten der Fall. Wie Belz/Reinhold (1999a, S. 23) betonen, müssen sich<br />

Zentralen oft nur an sich selbst messen.<br />

Zu den herkömmlichen Grössen wie Kosten, Umsätzen, Deckungsbeiträgen und Verkäufen<br />

müssen weitere Kennzahlen hinzutreten, die die Leistungsfähigkeit der Zentrale<br />

in Bezug auf die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner widerspiegeln.<br />

Hierzu können einerseits weitere objektive Kennzahlen herangezogen werden, die<br />

Aufschluss über die erbrachte Leistung der Zentrale geben. So spielen die Lieferzuverlässigkeit<br />

und Lieferdauer aus Sicht von Vertriebspartnern und Kunden eine zentrale<br />

Rolle bei der Beurteilung eines Herstellers (Lach 2001, S. 290). Aber auch Kennzahlen<br />

wie die Abwanderungsrate von Vertriebspartnern als Resultat der Zusammenarbeit<br />

kann Aufschluss über die Art und Weise geben, mit der es der Zentrale gelingt, die<br />

Anforderungen der Marktpartner zu erfüllen.<br />

Um einen direkten und <strong>für</strong> verschiedene Gestaltungsbereiche differenzierten Eindruck<br />

der Zentrale zu erhalten, kann auch subjektives Datenmaterial <strong>für</strong> die Beurteilung der<br />

Zentrale hinzugezogen werden. Durch eine Indexierung der Zufriedenheitswerte kann<br />

ein Zeitvergleich wertvolle Hinweise geben, inwieweit es dem Hersteller gelingt, auf<br />

die verschiedenen Anforderungsbereiche der internationalen Vertriebsorganisation zu<br />

reagieren. Durch die Befragung der Vertriebspartner erhält man neben einer Beurtei-


174<br />

Kapitel 6<br />

lungsgrundlage <strong>für</strong> die Leistungsqualität der Zentrale auch Hinweise <strong>für</strong> die Gestaltung<br />

der Vertriebsorganisation.<br />

Objektive Kennzahlen<br />

Klassische Grössen Erweiterte Grössen<br />

•Umsätze,<br />

•Deckungsbeiträge,<br />

•Kosten,<br />

• Gewinn,<br />

• Marktanteile.<br />

• Verfügbarkeiten,<br />

• Lieferzuverlässigkeit,<br />

• Lieferdauer,<br />

• Innovationsrate,<br />

Neuprodukteinführungen,<br />

• Vertriebspartnerfluktuation,<br />

• Konditionalstrafen,<br />

Vertragsstrafen,<br />

• Anzahl juristischer<br />

Verfahren.<br />

Daten aus der Buchhaltung und dem<br />

Controlling<br />

Information<br />

Kultur<br />

Subjektive Kennzahlen<br />

Soziales<br />

Produkte<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Konditionen<br />

Zufriedenheits-Befragung unter<br />

Vertriebspartnern<br />

Abbildung 6-9: Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der Zentrale<br />

Zuverlässigkeit<br />

Support<br />

6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen<br />

Neben der Koordination der zentralen Einheiten stellt auch die Koordination in vertikalen<br />

Organisationsstrukturen einen wichtigen Ansatzpunkt dar, um die Zusammenarbeit<br />

mit Vertriebspartnern zu verbessern. Wichtige Ansätze zur Koordination sind dabei<br />

zum einen der Einsatz von Regionalzentren und zum anderen die Verzahnung des<br />

Personalmanagements. Beide Ansätze werden im Folgenden dargestellt.<br />

6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen<br />

Neben Funktionen, Geschäftsbereichen und Produkten kann als primäres Strukturierungskriterium<br />

auf der ersten Hierarchieebene nach der Unternehmensleitung auch der<br />

Regionalaspekt stehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 503). Egelhoff (1982) betont, dass<br />

Regionalstrukturen vor allem dann von Unternehmen gewählt werden, wenn sie in<br />

einem hohen Umfang international tätig sind, starke regional- und länderspezifische<br />

Anpassungen notwendig sind und Verhandlungen mit ausländischen Regierungsstellen,<br />

Behörden oder Verbänden eine zentrale Rolle <strong>für</strong> den Geschäftserfolg spielen.<br />

Top-Manager der Regionalsparten sowie deren Ressorts können sowohl in der Zentrale<br />

als auch in der betreffenden Region ihren Sitz haben. Allerdings bietet es sich häu-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 175<br />

fig an, die Regionalbereiche in den entsprechenden Regionen anzusiedeln und nicht<br />

am Stammsitz der Unternehmung (Kutschker/Schmid 2002, S. 505). Da<strong>für</strong> spricht vor<br />

allem die grössere Nähe zum Markt, aber auch das Argument des politischen Einflusses.<br />

Regionalzentren können als unabhängige rechtliche Gesellschaft aufgestellt werden,<br />

die sich weder im Stammhaus noch in den Länderniederlassungen befindet<br />

(Schütte 1996, S. 29). Es ist aber im anderen Extrem auch denkbar, einzelne Manager<br />

des Stammhauses oder von Niederlassungen als kleinste organisatorische Einheit <strong>für</strong><br />

regionale Verantwortlichkeiten einzusetzen (Schütte 1996, S. 29). Unabhängig von<br />

ihrer organisatorischen Aufstellung repräsentieren Regionalzentren damit gegenüber<br />

der Zentrale gewissermassen als „Botschafter“ die verschiedenen Regionen (Frese<br />

1995, S. 421) und anderseits gegenüber den Vertriebspartnern die regionalen Interessen<br />

der Zentrale. Regionalzentren managen damit die Spannung zwischen den zentralen<br />

Effizienzwünschen des Herstellers und den Bemühungen der Ländergesellschaften<br />

nach lokaler Effektivität (Sullivan 1992, S. 238). Der häufig notwendigen Anpassung<br />

von Strategien an Regionen, Ländergruppen und Ländermärkten kann durch eine Regionalorganisation<br />

besser Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ermöglicht sie eine<br />

bessere Nutzung von lokalem bzw. regionalem Know-How (Kutschker/Schmid 2002,<br />

S. 504). Sowohl kulturelle als auch informationsbezogene Distanzen zu den Vertriebspartnern<br />

können in hohem Masse überwunden werden. Durch die Einrichtung von Regionalstrukturen<br />

kann damit ein wichtiger Schritt zur Absicherung der Kooperation<br />

zwischen der Zentrale und den Landesgesellschaften unternommen werden.<br />

Fallbeispiel 6-3 zeigt, wie die Bosch Sicherheitssysteme GmbH ihren Vertrieb in der<br />

Asien-Pazifik-Region durch den Einsatz einer Regionalzentrale professionalisierte.<br />

Regional Headquarters manages Asia-Pacific operations<br />

Bosch Security Systems Pte Ltd., Singapore, Singapore<br />

As part of the Robert Bosch Group, established in Germany in 1886, Bosch Security Systems grew<br />

out of the former Bosch Telecom in 1984. The company was, however, involved in security business<br />

much earlier than this, since as early as 1921. Although the history of Bosch Security Systems is relatively<br />

short, the history of its parent company and the origins of its Asia-Pacific headquarters are rather<br />

more extensive.<br />

Today Bosch has sales in excess of EUR 36 bn in 2003 and is active in 38 countries around the world,<br />

spread over five continents. Bosch Security Systems is a division of Bosch that develops, manufactures<br />

and sells a range of fire, intrusion, CCTV, access control, management and communication products<br />

including public address, voice alarm and conference microphones. Bosch Security Systems has<br />

its main headquarters in Germany and also regional headquarters for Europe, the Middle East and<br />

Africa, for the Asia-Pacific region and the US.<br />

Bosch Security Systems Asia-Pacific has more than 750 employees and operates regional sales offices<br />

in Australia, New Zealand, Malaysia, Indonesia, Thailand, Philippines, Taiwan, Japan, Hong<br />

Kong/China, India, Vietnam and South Korea. The headquarters for the Asia-Pacific- Region is in<br />

Singapore, where its main business is in video products and systems (CCTV), communications and


176<br />

Kapitel 6<br />

intrusion detection. The headquarters is run by Bosch Security Systems Asia Pacific VP Philippe<br />

Huinck and deputy VP James Ang. Dutch by birth, Huinck has held his position since 2002, after 11<br />

years of holding various management positions in the US, Netherlands, Hong Kong and Singapore.<br />

Ang is a Singaporean who worked for Philips Electronics for 18 years holding positions in Vietnam,<br />

Indonesia and Singapore. Together they steer the Asia-Pacific business.<br />

Headquarters (HQs)<br />

Regions<br />

North<br />

America<br />

Regional sales offices<br />

Latin<br />

America<br />

HQs<br />

Bosch Security<br />

Systems<br />

Asia<br />

Pacific<br />

(Singapore)<br />

Europe,<br />

Middle East,<br />

Africa<br />

Australia, Hong Kong/China, India,<br />

Indonesia, Japan, Malaysia, New Zealand,<br />

Philippines, South Korea, Taiwan,<br />

Thailand, Vietnam.<br />

India<br />

Thailand<br />

RHQs<br />

Singapore<br />

China<br />

Hong<br />

Kong<br />

Vietnam<br />

Malaysia<br />

Taiwan<br />

Philippines<br />

Indonesia<br />

South<br />

Korea<br />

Japan<br />

Australia<br />

New Zealand<br />

‘Bosch Security Systems is committed to its strategy of developing a global presence and has chosen<br />

Singapore as its strategic location for its regional headquarters to better serve our customers in the<br />

Asia-Pacific region,’ says Singapore marketing manager Madeline Hia. ‘This regional operation of 42<br />

people offers front-office/back-office functions such as sales, marketing, technical and customer support,<br />

training, logistics, finance and accounting. It also serves as a regional logistics hub providing<br />

support to its customers and sales subsidies in the region.’<br />

As Asia is one of the most diverse regions in the world, the company’s approach to business is shaped<br />

accordingly: ‘Our strategy is to have local people in the local market to deal with the local customers,’<br />

Hia explains. ‘The key is to have local team to obtain first hand information about local requirements.<br />

Then we can provide the best support to the individual market. We want to continue to build<br />

brand awareness, expand our business and grow market share in the market. Our intention is to make<br />

business grow faster in this region.’<br />

‘The Asia-Pacific is likely one of the most diverse regions in the world,’ Huinck confirms. ‘We cover<br />

Pakistan to New Zealand, and Japan to Indonesia. Some markets, such as Japan and Singapore, are<br />

more developed than many European countries – they all have different languages, currencies and<br />

policies so our strategy is to have local people in local markets to deal with local customers. There is<br />

no exception to this rule.<br />

‘Take China,’ he continues. ‘Five years ago, we hardly had any manuals in Chinese but the sales people<br />

were saying that they needed local manuals. Now almost everything is available in Chinese. Even<br />

the software is in Chinese. The Japanese want everything to be perfect. They have a list of requirements<br />

and if your product hits 98 points out of a total of 100, say, that means they are not ready to<br />

buy it. If you want to do business in Japan, you have to make sure that your products meet all of their<br />

requirements.’<br />

Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH (Bosch<br />

2005)


Vertriebsgestaltung des Herstellers 177<br />

6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens<br />

Ein weiterer Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Koordination der Zusammenarbeit mit internationalen<br />

Vertriebspartnern liegt in einer engen Verzahnung bei den Aufgaben des Personalwesens<br />

(Homburg/Krohmer 2003, S. 1037; Krafft/Haase 2004, S. 16; Walti 1999,<br />

S. 224). Die dezentrale Struktur und die heterogenen Anforderungen an Mitarbeiter<br />

schaffen im Vertrieb eine besonders hohe Komplexität (Homburg/Krohmer 2003, S.<br />

1037 f.). Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern erfordert eine<br />

sorgfältige Mitarbeiterselektion und eine gezielte Mitarbeiterentwicklung.<br />

Die hohe Bedeutung einer systematischen Mitarbeiterselektion <strong>für</strong> zentrale und dezentrale<br />

Aufgaben in der Vertriebsorganisation ergibt sich aus dem beträchtlichen Risiko,<br />

das mit Fehleinstellungen verbunden ist (Homburg/Krohmer 2003, S. 1039). Hohe<br />

Weiterbildungskosten im Fall mangelnder Fähigkeiten der neuen Mitarbeiter, eine hohe<br />

Mitarbeiterfluktuation, die damit verbundenen Kosten sowie die Beeinträchtigung<br />

von Kundenbeziehungen sind Beispiele <strong>für</strong> Konsequenzen, die aus einer fehlerhaften<br />

Mitarbeiterselektion resultieren können (s. Homburg/Krohmer 2003, S. 1040). Walti<br />

(1999, S. 224) betont deshalb, dass eine Methodik zu entwickeln sei, um potenzielle<br />

Kandidaten systematisch zu evaluieren. Hersteller und Vertriebspartner können dazu<br />

gemeinsame Anforderungsprofile erarbeiten (Walti 1999, S. 224), die sowohl die lokalen<br />

Marktbedingungen als auch die Unternehmenssituation des Herstellers berücksichtigen.<br />

Wichtige Variablen eines solchen Anforderungsprofils können bspw. sein: Ausbildung,<br />

Branchenerfahrung, technologische Kompetenz, sprachliche Kompetenz, Datenbank-<br />

und Softwarekenntnisse, Persönlichkeitsmerkmale sowie persönliche Netzwerke<br />

(Cespedes 1995, S. 62 f.). Durch den Einsatz gemeinsamer Rekrutierungsrichtlinien<br />

können auf diese Weise Mitarbeiter in Zentrale und bei Vertriebsgesellschaften<br />

gewonnen werden, die durch gemeinsame und übergreifende Fähigkeiten eine Zusammenarbeit<br />

erleichtern (Krafft/Haase 2004, S. 16; Cespedes 1995, S. 62).<br />

Klumpp (2000, S. 179 ff.) misst der gemeinsamen Mitarbeiterentwicklung eine besonders<br />

hohe Bedeutung bei. Hierbei ist der organisationsübergreifende Personaleinsatz<br />

besonders hervorzuheben. Durch Personalrotation oder temporäre Mitarbeitertransfers<br />

können neben einem sachlichen Informationsaustausch ein emotionaler Fit zwischen<br />

zentralen und dezentralen Einheiten hergestellt werden (Klumpp 2000, S. 179;<br />

Edstrom/Galbraith 1977, S. 255). Manche Hersteller beziehen einen mehrmonatigen<br />

Arbeitsaufenthalt bei einem internationalen Vertriebspartner als Station <strong>für</strong> Führungsnachwuchs<br />

vor der Übernahme von Tätigkeiten im Stammhaus mit ein. Durch den<br />

personellen Austausch erhalten Mitarbeiter einen tiefen Einblick in die Interessen, die


178<br />

Kapitel 6<br />

Denk- und Arbeitsweise ihres Counterparts, wodurch die Entwicklung der Vertriebsorganisation<br />

eine ganzheitliche Sichtweise erhält. Die Intensität der Personalrotation<br />

wird dabei durch die Anzahl der ausgetauschten Mitarbeiter, die Dauer des Austausches<br />

und die Aufgaben, die in der anderen Funktion übernommen wurden, bestimmt<br />

(Klumpp 2000, S. 180). Allerdings sind <strong>für</strong> die Umsetzung einer solchen Rotation in<br />

der Praxis häufig interne Hürden zu überwinden. Ausgetauschte Mitarbeiter können<br />

nicht von Beginn an mit voller Produktivität an einer neuen Aufgabe arbeiten. Deshalb<br />

verlangt ein solches Vorgehen von den Beteiligten die Überzeugung, dass sich kurzfristige<br />

Produktivitätsverluste langfristig in Form von verminderten Reibungsverlusten,<br />

einer effizienteren Vertriebsorganisation und damit höheren Verkaufsergebnissen<br />

auszahlen.<br />

Eine weitere Möglichkeit, um zentrale und dezentrale Organisationseinheiten im Rahmen<br />

des Personalwesens mental und personell enger zu verbinden, besteht in durchlässigen<br />

Karrierepfaden (Krafft/Haase 2004, S. 16). In vielen Traineeprogrammen, die<br />

auf zentrale Führungspositionen im Verkauf hinführen, wird vorgeschrieben, dass vorher<br />

eine mehrjährige Tätigkeit im dezentralen Verkauf wahrgenommen werden muss.<br />

Auch hierdurch wird ein ganzheitliches Denken der Führungskräfte unterstützt, das<br />

sich in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten bemerkbar<br />

macht.<br />

Fallbeispiel 6-4 zeigt, wie die Royal Dutch/Shell Group durch gezielte Unterstützungskonzepte<br />

den internationalen Transfer von Mitarbeitern in der Gruppe vorantreibt.<br />

Internationale Mitarbeitertransfers durch „Dual Career Couples“<br />

Royal Dutch/Shell Group, London, England<br />

Die Royal Dutch/Shell Gruppe ist eine der grössten Unternehmensgruppen der Welt. Sie entstand im<br />

Jahr 1907 aus einem Zusammenschluss der N.V. Koninklijke Nederlandsche Petroleum Maatschappij,<br />

Den Haag, und The "Shell" Transport and Trading Company p.l.c., London. Im Jahr 2003 belief sich<br />

der Nettogewinn der Gruppe auf Basis laufender Kosten auf USD 12.5 Mrd. In den fünf Geschäftsbereichen<br />

Exploration und Förderung von Öl und Erdgas, Verarbeitung und Vertrieb von Mineralöl,<br />

Erdgas/Strom, Chemie und erneuerbare Energien werden rund 115’000 Mitarbeiter in über 145 Ländern<br />

weltweit beschäftigt.<br />

Eine Karriere auf dem Berufsweg zwischen dem 25. bis zum 60. Lebensjahr umfasst bei Shell etwa<br />

zehn bis zwölf Positionen. Die permanente theoretische Aus- und Weiterbildung erfolgt durch interne<br />

und externe Kurse. Einen zentralen Stellenwert nimmt das Training „on the job“ ein. Zur Karriere<br />

gehören vor allem <strong>für</strong> Hochschulabsolventen, die zu einem späteren Zeitpunkt Führungsverantwortung<br />

übernehmen wollen, auch Auslandsaufenthalte. Da<strong>für</strong> existieren verschiedene Programme:<br />

• Eurodevelopment Assignments: Einsätze von zwei bis drei Jahren <strong>für</strong> junge Mitarbeiter bis 35<br />

Jahre innerhalb Europas, teilweise auch weltweit.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 179<br />

• Europrofessional Assignments: drei- bis fünfjährige Einsätze <strong>für</strong> erfahrene Mitarbeiter, Spezialisten<br />

oder Manager, die zum Gelingen in einer anderen Niederlassung beitragen.<br />

• International Employment: Mitarbeiter, die <strong>für</strong> eine internationale Laufbahn angestellt werden.<br />

Bei Shell waren 1996 laut einer internen Studie rund 5'700 Mitarbeiter ausserhalb ihres Heimatlandes<br />

beschäftigt, das sind rund 5.35 Prozent aller Mitarbeiter. Es handelt sich um so genannte „Expatriates“,<br />

die <strong>für</strong> eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren versetzt werden. Auch Job-Rotation wird im<br />

Unternehmen bereits seit Anfang des Jahrhunderts eingesetzt und wird als absolute Selbstverständlichkeit<br />

gesehen. Job-Rotation bietet rund einem Viertel aller Mitarbeiter die Gelegenheit, ihre Stelle<br />

etwa im Dreijahresrhythmus innerhalb der Firmengruppe zu wechseln.<br />

Shell betrachtet die internationalen Arbeitsaufenthalte im Rahmen der Karriereentwicklung <strong>für</strong> einen<br />

wesentlichen Erfolgsfaktor des Unternehmens. Um die Bereitschaft der Mitarbeiter <strong>für</strong> internationale<br />

Transfers zu erhöhen, hat sich Shell ausgiebig mit den Hemmnissen beschäftigt, die Mitarbeiter von<br />

einem Transfer abhalten. Es wurden Konzepte entwickelt, die auch die privaten Umstände der Mitarbeiter<br />

berücksichtigen, die in den häufigsten Fällen Grund <strong>für</strong> eine Ablehnung der internationalen<br />

Transferprogramme darstellten. Unter dem Schlagwort „Dual Career Couples (DCC)“ wurden Lösungen<br />

entwickelt, die an der gemeinsamen Lebensplanung von Mitarbeitern und deren Ehepartnern ansetzen.<br />

Die Abbildung zeigt Instrumente, die im Rahmen des DCC-Programmes eingesetzt werden.<br />

TOOLS<br />

zur Förderung von „Dual Career Couples“<br />

Datenbank<br />

HERMES<br />

Career Spouses<br />

Network<br />

Interne<br />

Vakanzenliste<br />

Unterstützung<br />

beim Bewerben<br />

Network<br />

Finanzielle<br />

Unterstützung<br />

Versetzungsentschädigung<br />

Freistellungen<br />

Teilzeit, Freizeit<br />

Kinderbetreuung<br />

Die gruppeninterne Mitarbeiterdatenbank „Hermes“ enthält nicht nur Daten über rund 35'000 Mitarbeiter.<br />

Darüber hinaus sind Angaben darüber erfasst, ob Partner grundsätzlich an einer Stelle bei Shell<br />

interessiert sind, ob der Partner den Kandidaten bei einem internationalen Einsatz begleiten würde<br />

und falls ja, ob dieser von Shell oder einer befreundeten Firma angestellt werden sollte. Das „Career<br />

Spouses Network“ umfasst 35 internationale Konzerne, die eine Vereinbarung getroffen haben, sich<br />

gegenseitig über offene Stellen zu informieren und die begleitenden Partner zu berücksichtigen. Hierdurch<br />

wird es erleichtert, <strong>für</strong> Partner eine Stelle zu finden, selbst wenn Shell keine geeignete Vakanz<br />

besitzt. Über E-Mail werden wöchentliche Vakanzen in der gesamten Unternehmensgruppe veröffentlicht.<br />

Für die Bewerbung bei anderen Firmen steht bei Shell eine interne Beratungsstelle zur Verfügung, die<br />

den begleitenden Partnern hilft, die richtige Form der Bewerbung zu finden, Präsentationsfähigkeiten<br />

zu verbessern und damit Berufschancen in fremden Ländern zu optimieren. Um ein schnelles und<br />

rationelles Einleben zu erleichtern, stellt Shell Mittel und Ideen zur Verfügung, um auf freiwilliger<br />

Basis ein Netzwerk aufzubauen, das nicht selten von den nichtberufstätigen Partnern geleitet wird.<br />

Darüber finanziert der Konzern <strong>für</strong> den berufsbedingten Studienwechsel eines Partners Aus- und Weiterbildungsmassnahmen,<br />

um sich den veränderten Bedingungen anzupassen.<br />

Die finanzielle Kompensation ist bei Shell grosszügig. Auch Pendlerlösungen („grass widower“) werden<br />

finanziell unterstützt, da neben den Reisekosten auch zusätzliche Kosten <strong>für</strong> eine zweite Wohnung,<br />

<strong>für</strong> Haushaltshilfen oder bei der Kinderbetreuung anfallen. Arbeiten beide Partner bei Shell,<br />

kann einer der beiden <strong>für</strong> eine Zeit von drei bis vier Jahren freigestellt werden. Die Pensionskasse,<br />

andere Versicherungen sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes bleiben in diesem Fall bestehen. Bei<br />

gewissen Stellen existiert die Möglichkeit des Jobsharing und der Teilzeitbesetzung. Im Jahre 1992


180<br />

Kapitel 6<br />

wurde der Bedarf nach Kinderkrippen und Horten untersucht, konnte aber nicht nachgewiesen werden.<br />

Bisher werden Kinder von Expatriates ab drei Jahren in der Regel auf Kosten der Shell in Internaten<br />

und Privattagesschulen ausgebildet, worüber das Paar eigenständig entscheidet.<br />

Es muss betont werden, dass nicht alle genannten Punkte in sämtlichen Ländern umgesetzt werden<br />

konnten. In der Schweiz ist es bspw. <strong>für</strong> Partner von Ausländern aufgrund fehlender Arbeitsbewilligungen<br />

nicht gestattet zu arbeiten. In anderen Ländern konnten Massnahmen aufgrund von religiösen<br />

oder kulturellen Gründen nicht umgesetzt werden. Jedoch schafft Shell <strong>für</strong> seine Mitarbeiter vergleichsweise<br />

gute Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Vereinbarkeit des Auslandsaufenthaltes mit der persönlichen<br />

Situation. Hier liegt sicherlich der Grund <strong>für</strong> eine besonders hohe Akzeptanz der Auslandseinsätze<br />

und die hohe Anzahl von Expatriates im Unternehmen. Shell schafft damit die Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> eine gute Zusammenarbeit in der internationalen Organisation.<br />

Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group (Kuenzle 1997,<br />

S. 181-200; Shell 2004)<br />

6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams<br />

Neben den Koordinationsansätzen durch Gestaltung der Primärorganisation gewinnen<br />

in den letzten Jahren Ansätze der Teamorganisation zunehmend an Bedeutung. Im<br />

Folgenden werden Einsatzmöglichkeiten der Teamorganisation diskutiert, die Hersteller<br />

in der Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern bei Planungsprozessen,<br />

dem Neuproduktmanagement und der Kundenbetreuung unterstützen.<br />

6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams<br />

Wie bereits aufgezeigt, sind in internationalen Vertriebsorganisationen eine Vielzahl<br />

von komplexen Entscheidungen zu treffen, die verschiedene Dimensionen wie z. B.<br />

Unternehmensfunktionen und –bereiche, Produkte, Kundengruppen, Regionen, Länder<br />

und Vertriebsformen betreffen. Der optimalen Abstimmung von zentralen Entscheidungen<br />

auf die Bedürfnisse der Mitglieder der Vertriebsorganisation steht damit eine<br />

hohe Komplexität gegenüber, der aus zentraler Sicht auch bei besten Absichten nur<br />

teilweise zu begegnen ist. Um die verschiedenen Entscheidungsdimensionen bei der<br />

Planung und Koordination im <strong>Vertriebsmanagement</strong> entsprechend berücksichtigen zu<br />

können, greifen manche Unternehmen auf eine Teamorganisation zurück, die die Primärorganisation<br />

als Sekundärorganisation ergänzt (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36;<br />

Kutschker/Schmid 2002, S. 620). In diesem Zusammenhang soll auf die Zusammensetzung<br />

der Teams, die Aufbauorganisation, die Koordination der Teams und die Entscheidungsbereiche<br />

eingegangen werden.<br />

Charakteristisch <strong>für</strong> international tätige Unternehmen ist, dass den Planungsteams neben<br />

Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionalbereiche, unterschiedlicher Produktbereiche<br />

und unterschiedlicher Hierarchieebenen auch Repräsentanten aus Mutter- und


Vertriebsgestaltung des Herstellers 181<br />

Tochtergesellschaften beiwohnen (Wittmer/Putze 2000, S. 31; Kutschker/Schmid<br />

2002, S. 624). In manchen Fällen wird ein so genanntes Kernteam (A-Mitglieder) eingerichtet,<br />

in dem ausgewählte Entscheidungen in kleinerer Runde getroffen werden<br />

können (Wittmer/Putze 2000, S. 30; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). Wittmer/Putze<br />

(2000, S. 30) schlagen eine Kernteamgrösse von ca. 6-10 Mitgliedern vor, die sich<br />

regelmässig persönlich treffen und <strong>für</strong> die Ergebnisse der Teamarbeit verantwortlich<br />

sind. B-Mitglieder nehmen in eingeschränktem Masse an Treffen teil, C-Mitglieder<br />

hingegen nehmen nicht an Teammeetings teil, sind jedoch sowohl als Empfänger als<br />

auch Lieferanten in den Informationskreislauf des Teams eingebunden (Wittmer/Putze<br />

2000, S. 30).<br />

Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie erleichtert die<br />

Teamarbeit gerade in internationalen Organisationen (Kutschker/Schmid 2002, S.<br />

625). Ein Vorwurf, der häufig aus den Tochtergesellschaften geäussert wird, ist von<br />

Informationen aus der Unternehmenszentrale weitgehend ausgeschlossen zu sein<br />

(Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Die Arbeit mit Teams kann<br />

diesen Informationsmissstand beheben, wenn geeignete Verteilerlisten <strong>für</strong> Informationen<br />

wie Besuchsberichte, Kundenprofile, Wettbewerbsinformationen, Umsatzentwicklung<br />

etc. entworfen werden (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31).<br />

Der Umfang und die Art der zur Verfügung gestellten Informationen können sich ebenfalls<br />

an Kern und Schalen der Teamorganisation orientieren, um eine Informationsüberflutung<br />

zu verhindern (Wittmer/Putze 2000, S. 31).<br />

Als wichtige Ergebnisse der Teamorganisation können die Sammlung und Systematisierung<br />

globaler Informationen über Kunden, Branchen und Wettbewerber festgehalten<br />

werden. Durch die Einbindung der verschiedenen Perspektiven und Interessen<br />

wird eine globale Sichtweise erzielt, die ein besseres Verständnis und eine stärkere<br />

Berücksichtigung verschiedener Kulturen, Märkte und Denkansätze ermöglicht<br />

(Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36 f.). Wittmer/Putze (2000, S. 31) berichten, dass auch die<br />

Kosten <strong>für</strong> die Informationsbeschaffung abnehmen, da Doppelarbeit drastisch vermieden<br />

wird. Durch die Teamorganisation erkennen die Beteiligten ihre Verantwortung<br />

<strong>für</strong> den Erfolg beim Kunden in höherem Masse als zuvor, wodurch ein höheres Engagement<br />

erzielt wird (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Das Fallbeispiel 6-5 (S. 183) zeigt,<br />

wie die Degussa AG durch eine globale Teamorganisation die Zusammenarbeit mit<br />

ihren Tochtergesellschaften und Vertretungen nachhaltig verbessern konnte.


182<br />

Globale Teamorganisation verbindet zentrale Effizienz und dezentrale Effektivität<br />

Degussa AG, Geschäftsgebiet Polyurethane-Additives, Essen, Deutschland<br />

Kapitel 6<br />

Degussa ist ein multinationales Unternehmen und im Gebiet der Spezialchemie tätig. Das Geschäftsgebiet<br />

„Goldschmidt Polyurethane Additives“ mit Sitz in Essen wird mit einem Geschäftsvolumen<br />

von ca. 150 Millionen Euro und einem Auslandsumsatz von etwa 80 Prozent besonders stark vom<br />

internationalen Geschäft bestimmt. Die Primärorganisation des internationalen Vertriebs ist im Geschäftsgebiet<br />

Polyurethane Additives zunächst klassisch nach Regionen aufgeteilt, denen die jeweiligen<br />

Ländergesellschaften und Vertretungen unterstellt sind. Die Business Line „Goldschmidt Polyurethane<br />

Additives“ arbeitet seit dem Jahr 1997 ergänzend mit einer globalen Teamorganisation<br />

(GTO).<br />

Durch die Einführung der GTO wurde die Strategieentwicklung weitgehend an die Teams delegiert,<br />

die Strategien <strong>für</strong> Accounts und Märkte entwickeln und diese nach Freigabe durch das Management<br />

selbst umsetzen. Konkrete Aspekte der kurz- und mittelfristigen Strategien, die durch die Teams entwickelt<br />

werden sind z. B. Umsatz- und Mengenplanungen, Marktanteilsziele, globale Preisstrategien,<br />

SWOT-Analysen, Aktuelles und Organisatorisches bei Kunden und Wettbewerbern, Vorschläge zu<br />

eigenen Reaktionen, Trends, Analysen und ggf. Anpassung des Produktprogramms sowie die Einführung<br />

von Neuprodukten. Die Teamorganisation unterstützt darüber hinaus das interne Networking<br />

und verbessert hierdurch die persönliche Kommunikation.<br />

Aktiv involviert sind in die GTO ca. 50 Mitarbeiter aus technischen und kaufmännischen Bereichen,<br />

aus der Zentrale und den weltweiten Vertriebstöchtern. Wie das Beispiel in der Abbildung zeigt, kann<br />

die Zahl der Mitglieder in einem globalen Team erstaunlich gross sein. Neben der grossen Zahl als<br />

solcher ist interessant, dass die Mehrheit der Teammitglieder nicht in der Zentrale, sondern in den<br />

lokalen Märkten und damit nah bei ihren Kunden stationiert ist. In der Tat sind in diesem Team Mitarbeiter<br />

aus zwölf verschiedenen Ländern und fünf Kontinenten beteiligt.<br />

27 Teammitglieder<br />

• 10 aus der Zentrale,<br />

• 17 aus lokalen Gesellschaften.<br />

12<br />

C-Mitglieder<br />

9<br />

B-Mitglieder<br />

6<br />

A-Mitglieder<br />

Um die optimale Teamstärke von 6 bis 10 Mitarbeitern pro Gruppe in Meetings nicht zu überschreiten,<br />

wurde eine abgestufte Teammitgliedschaft installiert. Der so genannte A-Kreis involviert Mitarbeiter,<br />

die regelmässig mit wichtigen Entscheidungsträgern der jeweiligen Kunden bzw. Branchen<br />

zusammenarbeiten. Diese A-Mitglieder treffen sich zweimal jährlich im Rahmen der Team-Meetings<br />

und sind verantwortlich <strong>für</strong> die Planung, Strategie sowie Ergebnisse des Key-Accounts bzw. der Industrie.<br />

B-Mitglieder nehmen hingegen nur gelegentlich an Teamtreffen teil. C-Mitglieder nehmen<br />

nicht an den Treffen teil, sind jedoch in den Informationskreislauf des Teams eingebunden. Die Festlegung<br />

der Teammitgliedschaften erfolgt in Abstimmung mit dem Management-Team. Wichtige<br />

Merkmale der Teamzusammensetzung sind Kundennähe, Internationalität und Cross-Funktionalität.<br />

Aus Sichtweise der Zentrale kann der Einsatz der GTO als durchweg positiv beurteilt werden. Kurz<br />

nach der Einführung war der Ansatz teilweise etwas zu „demokratisch“, weshalb die Entscheidungs-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 183<br />

prozesse zunächst langsamer wurden, als unbedingt nötig. Niederlassungen und Vertretungen hatten<br />

in dieser Startphase einen gewissen Mehraufwand und den Verlust an lokaler Macht zu verzeichnen.<br />

Jedoch konnte keine Erhöhung der Mitarbeiterfluktuation beobachtet werden.<br />

Die vielfach beobachteten Konflikte an den Schnittstellen zwischen separaten (Stabs-) Funktionen,<br />

wie z. B. Key-Account Management, Marketing etc., und den ‚Operativen’ sind abgeschafft, da es<br />

diese separaten Funktionen nicht mehr gibt. Die Organisation ist damit flach, dezentral und kundennah.<br />

Entscheidungsbefugnisse sind de facto weitgehend an die Teams delegiert. Dies setzt durch höhere<br />

Motivation, grössere Entscheidungsflexibilität und -geschwindigkeit zusätzliche Energie <strong>für</strong> die<br />

Organisation frei. Die GTO ist als lernendes Netzwerk angelegt. Permanente interne Best-Practice-<br />

Vergleiche werden durch externe Benchlearning-Projekte ergänzt. Alle Aktivitäten sind auf die jeweiligen<br />

Schlüsselerfolgsfaktoren fokussiert, die kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert<br />

werden.<br />

Im Einzelnen konnten mit der Einführung der globalen Teamorganisation im Geschäftsgebiet „Polyurethane<br />

Additives“ der Degussa AG damit zahlreiche potentielle Konfliktfelder im internationalen<br />

Vertrieb entschärft werden. Hierzu gehören insbesondere lokale Personalentscheidungen und die allgemeine<br />

Strategie des Geschäftsgebiets. Aspekte, die auf Länderebene entschärft werden konnten,<br />

sind weiterhin die Koordination internationaler Kunden, lokale Betreuung der Kunden, Lieferbereitschaft<br />

und -fähigkeiten sowie der Umgang mit Garantien und Reklamationen. Auch Kommunikationsprobleme,<br />

die aufgrund fehlendem, globalen oder cross-funktionalen Denken oder dem starken<br />

Einfluss lokaler Geschäftsführer bestanden, konnten überwunden werden. Damit wurde die Voraussetzung<br />

geschaffen, um Umsätze und Erträge international zu optimieren.<br />

Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG (Einzelinterview<br />

Putze 2002, s. Anhang A, S. 346; Schmitz/Putze 2004, S. 34 ff.)<br />

6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement<br />

Die Markteinführung von neuen Produkten bestimmt die Zukunft eines Unternehmens<br />

in besonderem Masse (Belz et al. 1996, S. 71). Denn Hersteller tätigen häufig bereits<br />

im Vorfeld hohe Investitionen <strong>für</strong> die Forschung und Entwicklung. Zudem bringt auch<br />

die eigentliche Markteinführung durch Kommunikationsanstrengungen, Schulungen<br />

und Messeauftritte grosse finanzielle Risiken mit sich. Erfolglose Produkte sind <strong>für</strong><br />

Unternehmen mit hohen Kosten verbunden und gefährden nicht selten dessen Fortbestand.<br />

In einer von Kiepe (2004, S. 40) durchgeführten Untersuchung im Top-Management<br />

deutscher Hersteller nannten 46 Prozent der Befragten die inkonsequente Umsetzung<br />

als grösstes Hindernis <strong>für</strong> die Einführung neuer Produkte. Vertriebspartner bemängeln<br />

hingegen häufig die Markttauglichkeit der Neuprodukte und fordern eine stärkere Integration<br />

bei Entwicklung und Markteinführung (s. Abbildung 6-4, S. 160). Auch<br />

Josef Vilana, Sales Manager bei der Sulzer Metco Europe in Madrid, Spanien, fordert<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “The manufacturer should better analyze<br />

the market needs when designing new products. The goal should be a mixed<br />

global-local organization, where local needs are taken into account, as well.” In vielen


184<br />

Kapitel 6<br />

Fällen kommt es sogar vor, dass Tochtergesellschaften und Kunden nach wünschenswerten<br />

Funktionalitäten <strong>für</strong> Neuprodukte gefragt werden, die dann aber bei der Realisierung<br />

nicht berücksichtigt werden (Lach 2001, S. 58). Dadurch wird die Unzufriedenheit<br />

noch erhöht (Lach 2001, S. 58).<br />

Im Folgenden wird aufgezeigt, wie Hersteller durch die stärkere Einbeziehung von<br />

Vertriebspartnern zum Erfolg von Neuprodukteinführungen beitragen können. Die<br />

Bildung und der Einsatz von Teams zwischen Hersteller und Vertriebspartner findet<br />

dabei als zentraler Lösungsansatz eine besondere Berücksichtigung.<br />

Ideengenerierung und Selektion<br />

Leiter von Tochtergesellschaften müssen über viel Geschick, Hartnäckigkeit und<br />

Glück verfügen, wenn sie eigene Initiativen realisieren wollen (Birkinshaw/Fry 1999,<br />

S. 52). Birkinshaw/Fry (1999, S. 52) sprechen sogar von einem inneren „Immunsystem<br />

des Unternehmens“, das alle von aussen eindringenden Vorschläge und Initiativen<br />

abtötet, in der Furcht, sie könnten den übrigen Organismus infizieren. Vorschläge aus<br />

den Tochtergesellschaften erliegen damit häufig der Skepsis der Zentrale in Bezug auf<br />

ihren Nutzen und ihre Realisierbarkeit (Lach 2001, S. 59 f.; Birkinshaw/Fry 1999, S.<br />

58). In Neuproduktvorschlägen der Vertriebspartner sehen Mitarbeiter aus der Zentrale<br />

häufig den blossen Opportunismus der „Schaffung eines eigenen Reiches“, weshalb<br />

sie die dezentralen Initiativen häufig auch dann unterbinden, wenn zunächst keine<br />

zentralen Ressourcen eingebunden werden (Birkinshaw/Fry 1999, S. 62).<br />

Die Erfassung, der Austausch und die Nutzung von Marktinformationen stellen die<br />

wichtigsten Determinanten <strong>für</strong> den Erfolg und Misserfolg der Einführung neuer Produkte<br />

dar (Ottum/Moore 1997, S. 258). Trotzdem werden Marktinformationen nur<br />

selektiv an die Zentrale weitergeben (Ottum/Moore 1997, S. 261), wodurch die Generierung<br />

von Ideen <strong>für</strong> Neuprodukte stark dezimiert wird und <strong>für</strong> die Selektion ein<br />

dementsprechend eingeschränkter Ideenpool zur Verfügung steht.<br />

Ottum/Moore (1997, S. 262) schlagen deshalb bereits bei der Generierung von Produktideen<br />

ein gemeinsames Vorgehen von Hersteller und Vertriebspartner vor.<br />

Birkinshaw/Fry (1999, S. 59) gehen sogar soweit, die umfassende Delegation der Verantwortlichkeit<br />

<strong>für</strong> Neuproduktinitiativen an die Tochtergesellschaften zu fordern. Auf<br />

dem Kontinuum zwischen vollständig zentralisiertem und vollständig dezentralisiertem<br />

Vorgehen sind verschiedene Abstufungen denkbar.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 185<br />

Eine mit vergleichsweise wenig Aufwand verbundene Möglichkeit, der Zentrale ein<br />

besseres Bild des Marktes zu ermöglichen und damit Markteindrücke in neue Produkte<br />

zu leiten, besteht bspw. in gemeinsamen Kundenbesuchen. Dr. Pius Baschera, CEO<br />

der Hilti AG betont die Bedeutung gemeinsamer Kundenbesuche (Baschera 2004). Bei<br />

Besuchen in internationalen Tochtergesellschaften des Konzerns lege er Wert darauf,<br />

mit Aussendienstmitarbeitern Kunden in verschiedenen Landesteilen zu besuchen.<br />

Hierdurch lasse sich die Zufriedenheit und Wahrnehmung des Kunden am besten erfassen.<br />

Auch durch Gespräche mit Aussendienstmitarbeitern stelle sich schnell heraus,<br />

welche Probleme und Verbesserungsvorschläge existieren. Eine Investition in diese<br />

„Kontaktzeit“ sei häufig mindestens so wertvoll und ergiebig wie die anschliessenden<br />

Präsentationen während des offiziellen Veranstaltungsteils in den Tochtergesellschaften.<br />

Diese Art der Ideengenerierung nennt man auch „Shadowing“, das z. B. von Mettler-<br />

Toledo eingesetzt wird. Dazu werden Mitarbeiter der Zentrale ganz bewusst zu Tochtergesellschaften<br />

geschickt, um bei Besuchen neue Produktideen und Optimierungspotenziale<br />

zu finden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei Rieter wird das<br />

Shadowing gar als die Hauptquelle der Ideengenerierung bezeichnet. Dabei wird darauf<br />

geachtet, dass jeder Kundenbesuch eines Verkäufers oder eines Servicemitarbeiters<br />

über das Intranet in speziellen Formularen rapportiert wird (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Die durch das „Shadowing“ gewonnenen Informationen vermitteln aber selbstverständlich<br />

nur eine unvollständige Momentaufnahme, die stark durch die Auswahl der<br />

Kunden und dem Zeitpunkt der Besuche bestimmt wird. Es besteht die Gefahr, dass<br />

Mitarbeiter der Zentrale die Aussagekraft dieser Informationsbasis überschätzen. Um<br />

dieses Defizit auszugleichen, hat man bei der Wampfler AG einen alternativen Weg<br />

der Ideengenerierung eingeschlagen. Fallbeispiel 6-6 (S. 186) zeigt Instrumente, die<br />

bei der Wampfler AG hinzugezogen werden, um Ideen zu erfassen und über deren Realisierbarkeit<br />

zu entscheiden.<br />

Instrumente der Ideengenerierung und Selektion<br />

Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland<br />

Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller<br />

von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im<br />

Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch<br />

27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert.<br />

Innovationstage


186<br />

Kapitel 6<br />

Wampfler geht mit dem einmal jährlichen Zusammentreffen, den „Innovationstagen“ neue Wege. Zu<br />

dieser Tagung werden Mitarbeiter aus allen Abteilungen und allen Tochtergesellschaften eingeladen.<br />

Aus dem bunten Gemisch der Mitarbeiter werden nach dem Zufallsprinzip Teams zusammengestellt.<br />

Das Ziel des Tages ist es, einen unkomplizierten Austausch zwischen den Mitarbeitern herzustellen.<br />

In den Gruppen wird ein out-of-the-box-thinking angestrebt, in denen innovative Lösungen gesucht<br />

werden sollen. Es werden bewusst keine direkten Zielprodukte vorgegeben. Dies erlaubt es, dass mittels<br />

Brainstorming und anderer Kreativitätstechniken völlig neue Ideen generiert werden.<br />

Neben neuen Produktideen leisten die Innovationstage einen grossen Beitrag <strong>für</strong> eine gute Beziehung<br />

zwischen den beteiligten Parteien, da der persönliche Austausch gefördert wird. Nach Aussagen von<br />

Michael Ibarth, Product Manager in der Zentrale, wird der Ansatz der Innovationstage von den Beteiligten<br />

gut aufgenommen und führt ebenso zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Die Selektion<br />

und Weiterverarbeitung der gesammelten Ideen erfolgt in der Zentrale, die ein Feedback an sämtliche<br />

Teilnehmer verschickt.<br />

Expertengruppen<br />

Zur Ideenfindung werden Gruppen aus Vertretern der wichtigsten Märkte zusammengestellt und nach<br />

Kundenwünschen und Problemen befragt. Hier findet ein zielgerichtetes Suchen nach Produktlösungen<br />

statt.<br />

Ein Vorteil dieses Ansatzes liegt in der hohen Produktivität, da es sich um ein eingespieltes Team von<br />

Experten handelt. Durch die regelmässige Zusammenarbeit können der Zusammenhalt und der persönliche<br />

Kontakt unter den Mitglieder der Gruppe als sehr gut eingestuft werden. Allerdings birgt<br />

dieser sehr professionelle Ansatz die Gefahr, dass immer wieder dieselben Märkte und immer die<br />

gleichen Leiter der Tochtergesellschaften befragt werden und somit keine Gleichberechtigung der<br />

Tochtergesellschaften stattfindet. Es stellt sich auch die Frage, wer wieviel Mitspracherecht in einem<br />

solchen Gremium hat. Als Lösungen bieten sich deshalb eine regelmässig wechselnde Besetzung der<br />

Expertengruppe und die klare Kommunikation der Rechte der beteiligten Parteien an. Eine Weiterentwicklung<br />

von Ideen wird auch in diesem Fall durch die Zentrale vorgenommen.<br />

Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG (Einzelinterview<br />

Ibarth 2004, s. Anhang A, S. 346)<br />

Konzept und technische Entwicklung<br />

Auf Basis der gesammelten und selektierten Ideen werden Produktkonzepte erarbeitet<br />

und bewertet. Hierbei kann auf gemischte Teams zurückgegriffen werden, allerdings<br />

spielt offenbar gerade <strong>für</strong> die Einschätzung von Entwicklungskosten zentrales Know-<br />

How eine wichtige Rolle. Und trotzdem scheint es wichtig, Vertriebspartner auch in<br />

dieser Phase unbedingt gelegentlich zu informieren. In Interviews wurde darüber berichtet,<br />

dass es teilweise Entwicklungsprojekte gibt, bei denen bis zu drei Jahren nach<br />

der Ideenabfrage und Selektion kein Austausch mehr mit den Vertriebspartnern erfolgt<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings können Mitarbeiter unterschiedlicher<br />

Märkte gerade bei der Konkretisierung von Positionierungszielen und<br />

technischer Ausstattung wertvolle Hinweise geben. Einige Autoren empfehlen nachdrücklich<br />

die gemeinsame Entwicklung mit einem „Lead-User“ durch ausgewählte<br />

Tochtergesellschaften (Birkinshaw/Fry 1999, S. 58; Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Ein<br />

entscheidender Vorteil liegt häufig in der Motivation der beteiligten Niederlassung, die


Vertriebsgestaltung des Herstellers 187<br />

sich <strong>für</strong> ihren Produktvorschlag nach allen Kräften einsetzt (Belz/Reinhold 1999a, S.<br />

150) und darüber hinaus beträchtliche finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen<br />

investiert, die wegen der hohen Anzahl an Projekten in der Zentrale häufig nicht zu<br />

mobilisieren wären. Es entstehen hierdurch detaillierte Konzepte, die in hohem Masse<br />

die Anforderungen der Märkte bzw. des Lead-Users berücksichtigen. Andererseits<br />

besteht die Gefahr, dass die von einzelnen Niederlassungen entwickelten Konzepte die<br />

Anforderungen anderer Märkte oder die Realisierbarkeit im Rahmen des Gesamtunternehmens<br />

bzw. der Gesamtstrategie vernachlässigen. Aus diesem Grunde empfiehlt<br />

es sich, auch bei der dezentralen Konzeption und Entwicklung ein begleitendes Teammanagement<br />

einzurichten, das die Interessen anderer Märkte und die zentrale Sichtweise<br />

mit berücksichtigt.<br />

Manche Hersteller verzichten allerdings gänzlich auf diese kontinuierliche Betreuung<br />

und integrieren sich erst wieder in den Prozess, wenn erste Ergebnisse mit Lead-Usern<br />

oder gleich bezüglich der kompletten Einführung in einem „Lead-Country“ vorliegen<br />

und die Übertragbarkeit auf andere Märkte überprüft werden kann. Nach der vollzogenen<br />

Einführung im Lead-Land sollte eine Präsentation des Konzeptes und eine Berichterstattung<br />

zu den Erfahrungen mit dem Neuprodukt so z. B. auf dem jährlichen<br />

Sales-Meeting stattfinden. Durch die dezentrale Entwicklung gelingt es der Zentrale,<br />

Motivations- und Vertrauenseffekte <strong>für</strong> die Übernahme des Produktes bei anderen<br />

Vertriebspartnern zu erzeugen. Vorschläge des Lead-Landes werden von anderen<br />

Länderverantwortlichen ggf. kompetenter eingeschätzt und besser aufgenommen. Dezentrale<br />

Kompetenzen und Ressourcen werden dadurch besser genutzt und damit die<br />

Zentrale entlastet.<br />

Produkteinführung in internationale Märkte<br />

Bei der Einführung eines Neuproduktes in die verschiedenen Märkte, die in der Regel<br />

auch mit der Abschaffung von Vorgängerprodukten verbunden ist, kann auf die Erfahrungen<br />

aus dem Lead-Land zurückgegriffen werden. Allerdings sind <strong>für</strong> eine Übertragbarkeit<br />

der Erfahrungen auch die unterschiedlichen Situationen verschiedener Regionen<br />

und Länder zu beachten. Eine Teamorganisation schafft deshalb auch in dieser<br />

Phase Vorteile <strong>für</strong> eine reibungslose Einführung.<br />

Neben der Wahl zwischen einem parallelen und einem sequenziellen Markteinführungsmodus<br />

spielen die Information und die Unterstützung der Vertriebspartner eine<br />

entscheidende Rolle (Belz et al. 1996, S. 74). Hierzu gehören die frühzeitige und verbindliche<br />

Information zu Meilensteinen wie Produktvorstellungen, Materialbereitstel-


188<br />

Kapitel 6<br />

lung, Lieferterminen und Messepräsenzen, wie auch die finanzielle und inhaltliche<br />

Unterstützung der Vertriebspartner bei kommunikativen Massnahmen der Markteinführung<br />

(Lach 2001, S. 63). Auch der Umgang mit häufig auftretenden Terminverschiebungen<br />

oder kurzfristigen Terminproblemen bedarf eines professionellen Kommunikationsmanagements<br />

der Zentrale. Zwar sind Vertriebspartner grundsätzlich von<br />

der Notwendigkeit von Neuprodukten überzeugt, da sie hierdurch neue Differenzierungsmöglichkeiten<br />

erhalten. Neuprodukte bedeuten allerdings <strong>für</strong> Tochtergesellschaften<br />

auch erheblichen Aufwand. Sie teilen deshalb häufig nicht die Euphorie der Mitarbeiter<br />

des Stammhauses, die sich gewöhnlich bereits lange mit dem Neuprodukt beschäftigt<br />

haben (Lach 2001, S. 63).<br />

Das folgende Fallbeispiel 6-7 (S. 189) zeigt, wie die Novozymes AG durch einen<br />

teamorientierten Ansatz die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften bei der Eliminierung<br />

und Einführung von Produkten nachhaltig verbessern konnte.<br />

Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung<br />

Novozymes Switzerland AG, Dittingen, Schweiz<br />

Seit 1941 stellt die Novozymes AG Enzyme her, welche an die technische Industrie (Waschmittel,<br />

Textil-, Zuckerindustrie) und die Nahrungsmittelindustrie (Brauerei-, Back-, Fruchtsaftindustrie, Alkohol)<br />

verkauft werden. Novozymes ist heute mit etwa 4’000 Mitarbeitern der weltweit grösste Hersteller<br />

von industriellen Enzymen.<br />

Im zentralen Marketing des mittelständischen Feinchemieunternehmens war man zu dem Schluss<br />

gekommen, dass ein seit Jahrzehnten verkauftes Produkt eliminiert werden sollte, da dieses weltweit<br />

nur noch an wenige Kunden verkauft wurde. Zudem existierten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere<br />

Nachfolgeprodukte, die aus Sicht des Herstellers dem alten Produkt technisch überlegen waren. Ein<br />

europäischer Vertriebspartner, einer von den wenigen, die das Produkt noch verkauften, hatte es erst<br />

wenige Wochen vorher mit sehr viel Engagement und Überzeugungskraft geschafft, einen neuen<br />

Grosskunden <strong>für</strong> das Produkt zu gewinnen. Der Grosskunde hatte bereits seine Rezepte und Maschineneinstellungen<br />

überprüft und <strong>für</strong> die Produktion entsprechend angepasst. Allerdings wurde der Vertriebspartner<br />

erst einen Monat vor der Produktumstellung informiert, sodass es zu einem Streit zwischen<br />

ihm und der Zentrale kam. Eine weitere Facette bekam der Ablauf, als die Zentrale keine zusätzlichen<br />

Budgets <strong>für</strong> die Einführung des neuen Produktes bereitstellte, sondern vom Vertriebspartner<br />

verlangte, „selbst darüber zu entscheiden, ob das Stück Marktanteil bei uns bleibt oder bei der<br />

Konkurrenz“. Als Folge der unzureichenden Kommunikation und Information im Vorfeld der Umstellung<br />

war nicht nur das Verhältnis zum betroffenen Vertriebspartner beschädigt. Auch auf Kundenseite<br />

wurde das Vertrauen in die Kompetenz des Vertriebspartners erheblich beeinträchtigt. Es entstanden<br />

erhebliche Kosten beim Endkunden, die mit einer erneuten Umstellung der Produktion verbunden<br />

waren.<br />

Bei der Novozymes AG wurde deshalb intensiv nach Lösungen gesucht, um ähnliche Konsequenzen<br />

<strong>für</strong> die Zukunft auszuschliessen. Vom Unternehmen wurde daher ein Konzept entwickelt, das <strong>für</strong><br />

zukünftige „Produktumstellungen“ berücksichtigt werden soll. Dabei werden Umstellungspläne durch<br />

ein crossfunktionales Team entwickelt, das die Kunden und Vertriebspartner bereits Monate vor der<br />

Einführung im voraus informiert und realistische Budgetvorschläge ausarbeitet.<br />

Um die Produktumstellung operativ möglichst reibungslos bei Vertriebspartnern und Kunden durchzuführen<br />

werden diese umfangreich informiert, es werden Vor- und Nachteile des neuen Produktes<br />

realistisch <strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erläutert und frühzeitig Proben an Vertriebspartner und<br />

Kunden herausgegeben, damit sich diese vertraut machen können.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 189<br />

Planung durch<br />

Zentrale<br />

�� Ausgangslage: Produkt wird nur noch wenig<br />

verkauft und soll eliminiert werden,<br />

�� Technisch überlegene Nachfolgeprodukte,<br />

�� Europäischer Vertriebspartner hat Produkt noch<br />

erfolgreich verkauft,<br />

�� Wenige Wochen vorher: Vertrag mit neuem<br />

Grosskunden,<br />

�� Kunde hat bereits seine Rezepte und<br />

Maschineneinstellungen angepasst,<br />

�� Vertriebspartner wird erst einen Monat vor der<br />

Produktumstellung informiert,<br />

�� Keine zusätzlichen Budgets <strong>für</strong> die Einführung<br />

des neuen Produktes.<br />

Planung durch<br />

Team<br />

�� Umstellungspläne durch Team entwickeln,<br />

�� Kunden und Vertriebspartner bereits Monate im<br />

voraus informieren,<br />

�� Neueinführung eines Produktes rechtzeitig<br />

budgetieren,<br />

�� Kommunikation während der Umstellung<br />

klarstellen,<br />

�� Vor- und Nachteile neuer Produkte realistisch<br />

<strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erläutern,<br />

�� Frühzeitig Materialproben an Vertriebspartner<br />

und Kunden herausgegeben, um sich vertraut<br />

machen zu können.<br />

Ausgangslage Unzufriedenheit bei<br />

Kunde,<br />

Vertriebspartner,<br />

Hersteller<br />

Lösungsansatz<br />

Der Marketingleiter im geschilderten Fall betont, dass sich selbstverständlich nicht alle Interessengegensätze<br />

auflösen lassen. Jedoch ist er überzeugt, dass die gemeinsam mit Vertriebspartnern entwickelten<br />

Schritte zukünftig eine sanfte und einvernehmliche Umstellung von Produkten ermöglichen<br />

werden.<br />

Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG (Einzelinterview<br />

Issenhuth 2002, s. Anhang A, S. 346)<br />

6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams<br />

In den vergangenen Jahren wurde das „Teamselling“ zu einem wichtigen Schlagwort<br />

in der Vertriebspraxis, das in zahlreichen Beiträgen zu modernen Ansätzen des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />

thematisiert wird (Stock 2003; Homburg/Krohmer 2003, S.<br />

981 ff.). Der Ansatz der Teamorganisation leistet nicht nur <strong>für</strong> Koordinationszwecke<br />

bei Planung und Neuproduktmanagement wertvolle Beiträge (s. 6.3.4, S. 180). Auch<br />

bei der operativen Marktbearbeitung kann ein Teamansatz im internationalen Vertrieb<br />

besondere Hilfestellung leisten.<br />

Die hohe Bedeutung von Teams an der Schnittstelle des Unternehmens mit seinen<br />

Kunden resultiert aus der besonderen Intensität, die Kundenbeziehungen im <strong>Industriegüter</strong>geschäft<br />

besitzen (Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Hieraus ergibt sich wiederum<br />

die Notwendigkeit, umfassende Kompetenzen an der Schnittstelle zum Kunden<br />

anzusiedeln, die in der Regel allerdings nicht mehr von einer einzelnen Person geleistet<br />

werden können (Cespedes 1995, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Dies ist


190<br />

Kapitel 6<br />

bei global agierenden Kunden in besonders starkem Masse der Fall, da sowohl länderübergreifende<br />

als auch nationale Merkmale des Kunden beachtet werden müssen<br />

und durch die Kompetenzen des Anbieters abzudecken sind. Cespedes (1995, S. 63)<br />

sieht den wichtigsten Einsatzbereich multifunktionaler Kundenteams deshalb bei<br />

Grosskunden, die an verschiedenen Standorten tätig sind und daher einer besonderen<br />

zentralen Abstimmung bedürfen. Als eine besondere Form der Kundenbetreuungsteams<br />

sind Key-Account Teams deshalb heute bereits stark verbreitet, denn die hohen<br />

Anforderungen bei der Betreuung globaler und internationaler Grosskunden lassen<br />

sich nur noch durch kundenfokussierte Vertriebsteams bewältigen (Zupancic 2000, S.<br />

220). Wie eine empirische Untersuchung von Zupancic (2001, S. 14) zeigt, gehören<br />

das proaktive Erkennen und Befriedigen von Kundenbedürfnissen, Effizienzsteigerungen<br />

in der Kundenbearbeitung, die Verbesserung der internen Kommunikation und die<br />

Förderung der länderübergreifenden Zusammenarbeit zu den wichtigsten Zielen, die<br />

durch den Einsatz von internationalen Kundenbetreuungsteams verfolgt werden.<br />

Der Kunde ist im Falle einer Betreuung durch das Kundenteam nicht mehr „Eigentum“<br />

des Vertriebpartners, sondern er und seine Mitarbeiter werden Partner einer Vielzahl<br />

von Mitarbeitern der Anbieterorganisation, die bei ihm und <strong>für</strong> ihn tätig sind<br />

(Hauser 1994, S. 46). Hieraus erwachsen <strong>für</strong> die Bearbeitung des Kunden und der engeren<br />

Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern grosse Chancen, aber auch die schwere<br />

Aufgabe, Vertriebspartner zu einer Neuorientierung zu bewegen. Auch Zupancic<br />

(2000, S. 220) betont die Herausforderung, bei der Kundenbetreuung durch gemeinsame<br />

Teams, die nationalen Interessen der Länderniederlassung mit den internationalen<br />

Interessen des Gesamtunternehmens zu vereinbaren.<br />

Es ist darauf hinzuweisen, dass auch im Fall von Kundenbetreuungsteams die Zugehörigkeit<br />

von Mitarbeitern zum Team auf Vollzeitbasis oder auch punktuell ausgestaltet<br />

werden kann (Zupancic 2001, S. 12). In diesem Zusammenhang kann unterschieden<br />

werden zwischen dem engeren Selling-Team und dem weiteren Selling-Center. Dem<br />

Selling-Team gehören Personen an, die ausschliesslich im Team tätig sind<br />

(Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Es scheint im internationalen Vertrieb angebracht,<br />

im Selling-Team Mitarbeiter aus zentralen und dezentralen Einheiten permanent zu<br />

integrieren, um die informellen Kontakte zwischen den Mitarbeitern und darüber gegenseitige<br />

Erfahrungen und Wissen auszutauschen. Je nach Bedeutung des Kunden,<br />

kann auch dessen Integration in das Team eine sinnvolle Massnahme darstellen, wie es<br />

bei Key-Account Teams heute bereits weit verbreitet ist (s. Zupancic 2001). Im Selling-Center<br />

finden sich hingegen Personen, die auch Aufgaben ausserhalb des Teams


Vertriebsgestaltung des Herstellers 191<br />

wahrnehmen und nur im Hinblick auf spezielle Aufgabenstellungen zum Team hinzugezogen<br />

werden. (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Eine wichtige Rolle spielen im<br />

Selling-Center neben Verkaufsmitarbeitern auch Mitarbeiter aus anderen Unternehmensbereichen<br />

wie z. B. dem Produktmarketing, dem Service, der Logistik oder aus<br />

technischen Bereichen wie der Herstellung (Cespedes 1995, S. 62). Durch die enge<br />

Verknüpfung der unterschiedlichen Kompetenzen, können damit Leistungen erstellt<br />

werden, die in hohem Masse auf die Bedürfnisse von Kunden abgestimmt sind und<br />

einen deutlichen Mehrwert liefern können. Darunter fällt z. B. die umfassende Beratung<br />

des Kunden im Vorfeld der Leistungserstellung durch die Einbindung von Servicetechnikern<br />

der Zentrale.<br />

Fallbeispiel 6-8 (S. 192 ff.) zeigt, wie der <strong>Industriegüter</strong>hersteller Mettler-Toledo die<br />

interne Abstimmung und damit seine Verkäufe durch den Einsatz von Kundenbetreuungsteams<br />

verbessern konnte.<br />

Kundenbetreuungsteams steigern europäische Verkäufe<br />

Mettler-Toledo, Giessen, Deutschland<br />

Die Mettler-Toledo International Inc. ist ein führender globaler Anbieter im Bereich Präzisionsinstrumente<br />

und weltgrösster Hersteller von Wiegeinstrumenten <strong>für</strong> Laboranwendungen, Industrie und<br />

Lebensmittelhandel. Mit 8’500 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Jahr 2003 einen Umsatz<br />

von über 1,3 Mrd. USD, wovon über 86 Prozent ausserhalb Zentraleuropas generiert wurden.<br />

Bereits im Jahre 1995 entschloss man sich in der Vertriebsorganisation bei Mettler-Toledo statt mit<br />

vielen verschiedenen „Einzelkämpfern“ aus zentralen und dezentralem Vertrieb, Marketing und Service<br />

zu arbeiten, in allen Bereichen auf Teamselling umzustellen. Dabei wurden Kundenbearbeitungsteams<br />

eingesetzt, die aus Aussendienst, Servicetechnikern und Mitarbeitern der Dialogzentrale (administrative<br />

Arbeiten wie Auftragsabwicklung und Factoring) bestehen. Diese Kundenbearbeitungsteams<br />

arbeiten dicht mit zentralen Planungsteams zusammen (s. Absatz 6.3.4.1, S. 180), so genannten<br />

„Fachteams“, die auf Spartenebene <strong>für</strong> die überregionale Planung verantwortlich sind. Die Koordination<br />

zwischen Fachteams und Kundenbearbeitungsteams wird durch den „Linking Pin“ Ansatz hergestellt,<br />

der die Gruppen durch gemeinsame Gruppenmitglieder miteinander verknüpft und so <strong>für</strong> eine<br />

Selbstabstimmung sorgt.<br />

Sparten<br />

Produktmanager<br />

Teamleitung<br />

Fachteams<br />

Aussendienst<br />

Marketing Support<br />

Servicetechniker<br />

Selbstabstimmung<br />

durch<br />

„linking pin“<br />

Kunden<br />

Kundenbearbeitungsteams<br />

Servicetechniker<br />

Aussendienst<br />

Dialogzentrale


192<br />

Kapitel 6<br />

Der Einstieg ins Teamselling bedeutete bei Mettler-Toledo eine minutiöse Planung einzelner Umstellungsphasen,<br />

die mehrere Schritte umfasste. Dazu gehörten Treffen der Projektgruppe, Festlegung<br />

von Teamzielen und Anforderungen der Mitarbeiter sowie „Kontraktierung“ der Mitarbeiter und<br />

Schulungen im Rahmen eigens da<strong>für</strong> konzipierter Teambildungsworkshops. Zu den wichtigen gemeinsamen<br />

Teamaufgaben gehören die Erstellung von Kundenkommunikationsplänen und operativen<br />

Marketingplänen, Kundenentwicklungspläne <strong>für</strong> Grosskunden sowie die Wahrnehmung von Aktivitäten<br />

<strong>für</strong> und mit den Kunden. Insbesondere die Abstimmung von Verkaufsförderungsmassnahmen,<br />

Schulungen, Services und Preisen wird durch die Teamlösung erleichtert. Durch die personelle Verknüpfung<br />

wird die Kommunikation und damit der Wissensaustausch erleichtert. Walter Bösch, Geschäftsbereichsleiter<br />

Labor erklärt: „Zwei Kundenbereiche wurden zusammengelegt, und wir konnten<br />

so das Know-how aus Servicetechnikern und Verkaufsmitarbeitern im Aussendienst bündeln“.<br />

Die Zusammenarbeit in Teams und die Einbindung von Servicemitarbeitern brachte im Prozessbereich<br />

Industrie konkrete Vorteile:<br />

• Die Kontakthäufigkeit bei den 130’000 Kunden konnte mit vier bis sechs Kontakten pro Jahr und<br />

Ansprechpartner deutlich erhöht werden,<br />

• Kunden werden besser betreut, neue Kundenbedürfnisse und Verkaufschancen schneller erkannt,<br />

• Es entsteht mehr Kundenzufriedenheit,<br />

• Ablauf und Prozessmanagement werden wesentlich effektiver gesteuert,<br />

• Kundenaufträge und Serviceleistungen können schneller und effizienter abgewickelt werden,<br />

• Reisekosten werden insgesamt reduziert,<br />

• Cross-Selling-Aktivitäten erhöhen sich.<br />

Im Mettler-Toledo-Bereich Industrie zahlte sich die Umstellung auf Teamselling aus: Noch mehr<br />

Marktnähe und Innovation bei neuen Produkt- und Vermarktungskonzepten entstehen, weil sich die<br />

Mitarbeiter des Teams, "Informationen direkt von Kunden und vom Markt holen, aber gleichzeitig<br />

auch zeitnahe Informationen aus den Produktionsabteilungen", so Andreas Fuhrländer, Manager Business<br />

Process Industrie <strong>für</strong> Zentraleuropa. Zum Teil werden in den Teams auch Servicetechniker mit<br />

neuen Aufgaben, bspw. dem Verkauf von Wartungsverträgen beauftragt. Nach seiner Einführung<br />

erzielte dieses "Aufgaben-Switching" eine Steigerung des Geschäfts mit Wartungsverträgen von 24<br />

Prozent. Insgesamt steigerte sich der Umsatz durch Teamselling entgegen der Marktentwicklung in<br />

allen Bereichen um 15 Prozent.<br />

Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG (Krah 1999; Mettler 2004)<br />

6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen<br />

Neben formalen Koordinationsmechanismen der Organisationsstruktur werden Entscheidungen<br />

und Prozesse in der Vertriebsorganisation häufig in hohem Masse durch<br />

informelle Steuerungsmechanismen mitbestimmt (Jaworski 1988, S. 27). Zu diesen<br />

informellen Mechanismen gehören persönliche Beziehungen, informelle Netzwerke<br />

und kulturelle Aspekte. Die können von Herstellern zwar kaum unterdrückt werden, es<br />

bestehen aber Möglichkeiten, sie zielgerichtet zu unterstützen und zu nutzen. Im Folgenden<br />

werden die drei genannten Ansätze der informellen Koordination vorgestellt<br />

und auf ihren Koordinationsbeitrag überprüft.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 193<br />

6.3.5.1 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen<br />

Führungskräfte aus der Vertriebsorganisation berichten immer wieder über die Bedeutung<br />

informeller Netzwerke und persönlicher Beziehungen als informale Steuerungsmechanismen<br />

im internationalen Management (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />

S. 37). Dies bestätigen auch Belz/Reinhold (1999a, S. 147) in ihrer Untersuchung. Zu<br />

den wichtigsten Voraussetzungen, um die persönlichen Beziehungen zwischen Vertriebsverantwortlichen<br />

des Stammhauses und den Mitarbeitern der Vertriebspartner<br />

herzustellen und zu unterstützen gehören die Reisetätigkeit der Vertriebsleiter und deren<br />

Sprachkompetenz (Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Dr. Robert Sum, CEO der Nanosurf<br />

AG aus Liestal, Schweiz, sieht sogar einen direkten Zusammenhang zwischen<br />

dem Verkaufserfolg und der Häufigkeit des Kontaktes mit internationalen Vertriebspartnern.<br />

Die Besuchshäufigkeit durch Vertreter der Zentrale wird häufig als wichtigste<br />

Determinante <strong>für</strong> die persönliche Beziehung zu Vertriebspartnern gesehen. Denn der<br />

Besuch bringt nicht nur den persönlichen Austausch, sondern zeigt darüber hinaus<br />

auch die Wertschätzung gegenüber dem Vertriebspartner und das diesbezügliche Engagement<br />

der Zentrale. Untersuchungen zeigen, dass die Dichte und die Qualität der<br />

persönlichen Beziehungen von der geografischen Distanz abhängig ist (Allen 1985, S.<br />

238), die vermutlich wiederum stark über die Häufigkeit der Besuche bestimmt. Diese<br />

Aussage deckt sich mit der Einschätzung internationaler Vertriebspartner, die insbesondere<br />

die nationalen Vertriebsleiter im Vorteil sehen, die in der Zentrale sitzen und<br />

„die jeden Mittag Geschäftsbereichsleiter sowie internationale Vertriebs- und Logistikverantwortliche<br />

in der Kantine treffen“, so der Geschäftsführer einer internationalen<br />

Tochtergesellschaft (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ermögliche es,<br />

Anliegen auf informellen Wegen zu klären und durchzusetzen. Je weiter eine Vertriebsgesellschaft<br />

geografisch vom Stammhaus entfernt liegt, desto ressourcenintensiver<br />

wird die persönliche Betreuung. Abbildung 6-10 (S. 194) zeigt, dass die Anzahl<br />

der persönlichen Besuche durch Vertreter der Zentrale mit zunehmender Distanz zum<br />

Stammhaus abnimmt.<br />

Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung kumulierter Häufigkeiten (s. Tabelle 6-7, S.<br />

194). Nahezu alle befragten Vertriebspartner werden mindestens einmal pro Jahr durch<br />

Vertreter der Zentrale persönlich besucht. Die hellgraue (Kumulierte Häufigkeit > 20<br />

Prozent) und dunkelgraue Schattierung (Kumulierte Häufigkeit > 50 Prozent) zeigen,<br />

dass näher gelegene Vertriebsgesellschaften deutlich häufiger besucht werden als solche<br />

mit erheblicher geografischer Distanz. Ist die Distanz zum Stammhaus geringer als<br />

100 Kilometer, werden 52.4 Prozent der Befragten mindestens fünf mal pro Jahr be-


194<br />

Kapitel 6<br />

sucht, was bei einer Distanz von 1'000 bis 1'500 km nur noch auf 23.1 Prozent der Befragten<br />

zutrifft. Überschreitet die Distanz zum Stammhaus 2'500 km, werden 35.3 Prozent<br />

mindestens drei mal pro Jahr besucht, was bei einer Distanz zwischen 100 und<br />

300 km bei rund 82 Prozent der Befragten der Fall ist.<br />

n = 186<br />

Anzahl<br />

Besuche<br />

pro Jahr<br />

(Klassen)<br />

0<br />

1-2<br />

3-4<br />

5-6<br />

7-10<br />

11-15<br />

>16<br />

21 11 45<br />

4.8%<br />

18.2%<br />

28.6% 24.4%<br />

14.3% 45.5%<br />

6.7%<br />

26.7%<br />

5.0% 5.9%<br />

50.0%<br />

57.7%<br />

41.9%<br />

58.8%<br />

13.3%<br />

26.7%<br />

14.3%<br />

10.0%<br />

25.8%<br />

33.3%<br />

14.3% 9.1% 17.8%<br />

15.0%<br />

19.2%<br />

11.8%<br />

14.3%<br />

9.5%<br />

9.1%<br />

9.1%<br />

9.1%<br />

15.6%<br />

2.2%<br />

6.7%<br />

15.0%<br />

5.0%<br />

7.7%<br />

3.8%<br />

3.8%<br />

7.7%<br />

19.4%<br />

6.5%<br />

6.5%<br />

11.8%<br />

11.8%<br />

20.0%<br />

6.7%<br />


Vertriebsgestaltung des Herstellers 195<br />

sollen und wie die persönlichen Beziehungen instrumentalisiert werden können, um<br />

Verkaufsziele besser zu erreichen. Die vielfältigen Anstrengungen, die Hersteller unternehmen,<br />

um die persönlichen Beziehungen zwischen Mitgliedern der Vertriebsorganisation<br />

zu vertiefen, legen nahe, dass Hersteller an die positiven Wirkungen der<br />

persönlichen Netzwerke glauben. Dies betont auch die Arbeit von Jaworski (1988, S.<br />

27), die von informeller Steuerung spricht, durch die formale Steuerungsmechanismen<br />

des Managements vielfach entlastet werden. Die bereits vorgestellten Ansätze der Regionalorganisation<br />

(s. Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.) tragen durch kürzere Distanzen zu<br />

einer grösseren Nähe bei. An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass die<br />

in Tabelle 6-7 (S. 194) dargestellten Ergebnisse aus der regionalen Untersuchung<br />

stammen. Es kann vermutet werden, dass bei grösseren geografischen Distanzen Besuche<br />

wesentlich seltener stattfinden oder gänzlich entfallen. Dies scheint paradox, da<br />

kulturelle und sprachliche Distanzen eine persönliche Beziehung gerade zu diesen<br />

Vertriebspartnern zusätzlich erschweren und deshalb sogar häufigere Besuche notwendig<br />

machen würden als in geografisch nahe gelegenen Ländern.<br />

Es muss festgehalten werden, dass sich informelle Kontakte damit keineswegs dem<br />

Management durch den Hersteller entziehen. Selbstverständlich kann der Hersteller<br />

nicht direkt befehlen, Freundschaften zu schliessen oder diese zu entwickeln. Vielmehr<br />

bestehen indirekte Möglichkeiten, die in der Schaffung geeigneter Bedingungen<br />

liegen (Allen 1985, S. 223). Mitarbeiter müssen sich zunächst persönlich treffen, um<br />

sich einander bekannt zu machen und sich kennen zu lernen (Allen 1985, S. 223). Es<br />

liegt zu einem hohen Masse im Einflussbereich des Herstellers, da<strong>für</strong> zu sorgen, dass<br />

solche persönlichen Treffen stattfinden. Gemeinsame Projekte bringen Mitarbeiter zusammen,<br />

die sich andernfalls nicht kennen würden (Allen 1985, S. 226). Diese Massnahmen<br />

erbringen damit neben ihren primären Zielsetzungen auch wichtige indirekte<br />

Beiträge zur Kommunikation und den persönlichen Netzwerken in der Vertriebsorganisation.<br />

Auch Besuche durch Mitarbeiter der Zentrale in den Märkten oder zentrale<br />

Events wie Vertriebstagungen helfen dabei, persönliche Beziehungen zu unterstützen.<br />

Eine besondere Rolle spielen Symposien und Tagungen, so z. B. die von vielen Herstellern<br />

jährlich durchgeführten Vertriebstreffen (Explorative Interviews, s. Tabelle<br />

2-3, S. 37). Diese können ebenso genutzt werden, um die Kommunikation und die<br />

Kontakte unter den Vertriebspartnern zu fördern. Allerdings bergen Veranstaltungen<br />

dieser Art aufgrund der eher grossen Anzahl von Anwesenden die Gefahr, dass der<br />

Aufbau oder die Pflege von persönlichen Beziehungen zur Zentrale untergeht. Meist<br />

treffen wenige Mitarbeiter der Zentrale auf eine hohe Anzahl von Vertriebspartnern. In


196<br />

Kapitel 6<br />

der vorliegenden Untersuchung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller betreuen Zentralen<br />

durchschnittlich weltweit 188 Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle<br />

2-3, S. 37). Obgleich diese hohe Anzahl in starkem Masse durch die Grösse der untersuchten<br />

Industriekonzerne bestimmt wird, lässt sich leicht ableiten, wie viele zentrale<br />

Mitarbeiter in die Betreuung während eines Vertriebstreffen involviert sein müssten,<br />

um intensive persönliche Gespräche führen zu können. Eine Lösungsmöglichkeit stellen<br />

Tagungen in kleinerem Rahmen dar, was aber finanzieller Zusatzaufwendungen<br />

bedarf und deshalb häufig abgelehnt wird. Bei regionaler Führung wird häufig anstatt<br />

auf zentrale Vertriebstreffen auf regionale Treffen gesetzt, wodurch wiederum eine<br />

bessere Betreuung möglich wird und der Ressourcenaufwand damit dezentralisiert<br />

werden kann.<br />

6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale<br />

In vielen Branchen ist heute zu beobachten, dass Kundenorientierung und Kundennähe<br />

immer wichtiger werden. Verschärfte Wettbewerbsbedingungen, zunehmende Deregulierung,<br />

steigende Kundenansprüche und eine höhere Wechselbereitschaft konfrontieren<br />

Hersteller mit ständig wachsenden Anforderungen an Qualität, Innovationsgeschwindigkeit<br />

und auch Kosten ihrer Produkte (Harmeier 2004, S. 1; Hungenberg<br />

1992, S. 342). Um erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen stärker als bisher an<br />

den Ansprüchen von Kunden orientieren (Harmeier 2004, S. 2; Von der Oelsnitz 2002,<br />

S. 54). Der positive Einfluss von Kundenorientierung auf den ökonomischen Erfolg<br />

konnte bereits in zahlreichen Studien empirisch bestätigt werden (s. Homburg/Becker<br />

2000, S. 20; Narver/Slater 1990, Bruhn 2002, S. 22).<br />

Defizite der Kundenorientierung bestehen bei vielen Herstellern sowohl in der Ermittlung<br />

von Kundenanforderungen, als auch in der Umsetzung der kundenorientierten<br />

Ausrichtung (Harmeier 2004, S. 2). Anforderungen an Kundennähe sind umso schwieriger<br />

zu erfassen und zu erfüllen, je weiter entfernt vom Kunden und vom lokalen<br />

Wettbewerb Entscheidungen getroffen werden und je weniger differenziert diese auf<br />

die Besonderheiten einzelner Märkte und Kunden eingehen (Hungenberg 1992, S.<br />

342). In internationalen Märkten beeinträchtigt die Notwendigkeit grösserer Kundennähe<br />

deshalb die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen zentral zu treffen<br />

(Hungenberg 1992, S. 342). Untersuchungen zur „Embeddedness“ von Verkaufsorganisationen<br />

haben gezeigt, dass sich Vertriebspartner in besonderem Masse <strong>für</strong> die Anliegen<br />

ihrer lokalen Kunden einsetzen und diese gegenüber dem zentralen Marketing<br />

und Vertrieb vertreten (s. Andersson/Forsgren 1996). Das unterstreicht, dass eben


Vertriebsgestaltung des Herstellers 197<br />

nicht die Vertriebspartner, sondern vor allem die zentralen Marketing- und Vertriebseinheiten<br />

zu einer noch höheren Kundenorientierung bewegt werden müssen.<br />

Je mehr Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, desto stärker muss diesen<br />

marktfernen Einheiten das Wissen und die Bedeutung kunden- und marktbezogener<br />

Besonderheiten vermittelt werden. Denn die Orientierung an den Bedürfnissen von<br />

Kunden setzt <strong>für</strong> Mitarbeiter der Zentrale zunächst eine gewisse Kenntnis über diese<br />

Bedürfnisse voraus. Nur „vor Ort“ in den Märkten ist das Wissen und die Erfahrung<br />

über die tatsächlichen Kunden- und Marktanforderungen vorhanden (Hungenberg<br />

1992, S. 342). Und nur die Vertriebspartner verspüren meist überhaupt den Erfolgszwang,<br />

unangenehme „Sonderwünsche“ zu erfüllen oder Spezialaspekte zu berücksichtigen<br />

(Hungenberg 1992, S. 342). Deshalb gilt es, die Vertriebspartner aktiv zu<br />

integrieren, um die Kundenorientierung auch in der Zentrale zu verstärken.<br />

Allerdings müssen auch in der Zentrale die Voraussetzungen da<strong>für</strong> geschaffen werden,<br />

damit die Mitarbeiter kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag legen können<br />

(Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Um in der Zentrale eine marktorientierte Kultur<br />

zu unterstützen, kann der Einfluss des Top-Managements genutzt werden.<br />

Jaworski/Kohli (1993, S. 55) fanden heraus, dass eine Bestärkung der Bedeutung der<br />

Marktorientierung durch das Top-Management gut dazu geeignet ist, um diese voranzutreiben.<br />

Auf diesem Wege können Mitarbeiter einer Organisation dazu angeleitet<br />

werden, sich an Märkten und deren Veränderungen zu orientieren, diesbezügliche Informationen<br />

auszutauschen und die Verantwortung <strong>für</strong> die Erfüllung von Kundenbedürfnissen<br />

zu übernehmen (Jaworski/Kohli 1993, S. 55). Je weiter Organisationseinheiten<br />

von den Märkten entfernt sind, desto weniger verspüren diese den Druck, der<br />

aus den Anforderungen der Kunden entsteht. Die Weichenstellung muss deshalb durch<br />

Manager vorgenommen werden, die den Vertriebsverantwortlichen in der Zentrale<br />

übergeordnet sind.<br />

Und trotzdem gehen viele Programme zur Steigerung der Kundenorientierung einseitig<br />

von der Zentrale aus (Belz/Reinhold 1999a, S. 23). Die Zentrale scheint darin eine<br />

Chance zu sehen, die Zentralisierung und damit ihre Position zu verstärken, obgleich<br />

dies ausgerechnet <strong>für</strong> das Thema Kundenorientierung paradox erscheint. Lach (2001,<br />

S. 64) spricht von einem „Kolonialdenken“ des Stammhauses, das mit verschiedenen<br />

Massnahmen versucht, alles unter seiner Kontrolle zu behalten. Dabei gehen Mitarbeiter<br />

in der Zentrale häufig unbewusst davon aus, Dinge besser zu wissen (Lach 2001, S.<br />

64). Mitarbeiter der Zentrale erkennen nicht, dass sie erst durch die Kompetenzen der<br />

Tochtergesellschaft einen Zugang zu internationalen Märkten und den Kunden erhal-


198<br />

Kapitel 6<br />

ten, da niemand den Markt so gut kennt, wie die vor Ort Tätigen (Walti 1999, S. 40).<br />

Viele Vertriebspartner würden gerne Verbesserungen anstossen, das Stammhaus hat<br />

aber häufig gar kein wirkliches Interesse an diesem Wissen (Lach 2001, S. 64). Die<br />

Kommunikation und der Erfahrungsaustausch zwischen Zentrale und Vertriebspartner<br />

leidet hierdurch und verhindert, dass die Zentrale überhaupt aktuelle und wichtige Informationen<br />

über die Kunden erhält, um sich an diesen auszurichten. Auch wird in<br />

vielen Fällen der Wert von qualitativen Erfahrungsberichten der Vertriebspartner im<br />

Vergleich zu quantitativen Marktforschungsergebnissen von der Zentrale unterschätzt<br />

(Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Die in Tabelle 6-8 (S. 199) dargestellten<br />

Stossrichtungen können ein kundenorientiertes Vorgehen in internationalen Vertriebsorganisationen<br />

voranbringen (s. Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.).<br />

Stossrichtung Erläuterung<br />

Geringere Prozessstandardisierung<br />

Ein Übermass an Formalisierung und Standardisierung wird gerade von solchen<br />

Kunden als problematisch erlebt, die aus dem <strong>für</strong> sie vorgesehenen Raster fallen.<br />

Durch Computereingabemasken und Bestellformulare begrenzen Unternehmen<br />

häufig die Option <strong>für</strong> die von der Regel abweichenden Lösungen. Sofern Mitarbeiter<br />

nicht über die Handlungsfreiräume verfügen, eigenständig und über die<br />

Regeln hinweg im Sinne des Kunden zu entscheiden, kommt es zu Frustration in<br />

Vertriebsgesellschaften und Abwanderung von Kunden. Es sind deshalb Vorgehensweisen<br />

zu entwickeln, die es Vertriebspartnern erlauben, in Ausnahmefällen<br />

systematisch und nach vorgegebenen Schritten weitergehende Lösungen <strong>für</strong> die<br />

Kundenanliegen zu suchen. Es sind ggf. pro Vertriebspartner Kontingente an<br />

Ausnahmefällen zu definieren, um die Synergien einer Prozessstandardisierung<br />

nicht aufgeben zu müssen.<br />

Flache Hierarchien Ein organisatorischer „Wasserkopf“ mit langen Dienst- und Entscheidungswegen<br />

wird von Vertriebspartnern und Kunden häufig als bürokratisch und inflexibel<br />

erlebt. Kundennähe ist in hierarchischen Organisationen nur dann möglich,<br />

wenn Kunden die intern beschrittenen Dienstwege gar nicht merken. Flache<br />

Hierarchien und direkte Kommunikationswege verkürzen entsprechend die<br />

Delegation von<br />

Kompetenz<br />

(Empowerment)<br />

Mehr Selbstabstimmung<br />

Weniger<br />

Papierkrieg<br />

Mehr interne<br />

Märkte<br />

Dienstwege und stellen eine grössere Nähe zum Kunden her.<br />

Mitarbeiter, die flexibel, schnell und im Sinne des Kunden handeln sollen, benötigen<br />

auch die entsprechenden Befugnisse <strong>für</strong> ihre Aufgaben. Diese reichen von<br />

Auskunftsrechten über Entscheidungskompetenzen bis hin zu Umsetzungsmög-<br />

lichkeiten.<br />

Wenn Mitarbeitern die Möglichkeit zur internen Regelung auf dem „kleinen<br />

Dienstweg“ fehlt, so steigt der externe Regelungsbedarf und damit der zeitliche<br />

Aufwand. Kunden verlangen aber rasche Entscheidungen, Auskünfte oder Angebote<br />

vor Ort. Zeitliche Verzögerungen führen hingegen zu Unzufriedenheit<br />

bei allen Beteiligten.<br />

Mitarbeiter <strong>für</strong>chten mitunter, <strong>für</strong> Entscheidungen, die nicht schriftlich angeordnet<br />

oder belegt waren, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Umfangreiche Dokumentationsarbeiten<br />

halten jedoch von der eigentlichen Arbeit am Kunden ab.<br />

Der bürokratische Aufwand ist deshalb zu bekämpfen, da er Ressourcen bindet<br />

und damit die Innovativität und Marktpräsenz lähmt.<br />

Kundenorientierung am Markt sollte sich auch in einem internen Marktdenken<br />

niederschlagen. Mitarbeiter, Teams und Profit-Center müssen im internen Wettbewerb<br />

versuchen, möglichst gut die Bedürfnisse interner und externer Kunden<br />

zu bedienen. Interne Verrechnungspreise und interne Qualitätsbeurteilungen, die<br />

auch <strong>für</strong> interne Dienstleistungen konzipiert werden können, sind dabei wichtige


Vertriebsgestaltung des Herstellers 199<br />

Instrumente.<br />

Breitere<br />

Höhere Spezialisierung von Mitarbeitern und die damit verbundene Verteilung<br />

Kompetenzen von Zuständigkeiten führen zu einem hohen Koordinationsaufwand. Dies bedeutet,<br />

dass Kunden und Vertriebspartner mit langen Dienstwegen und wechselnden<br />

Ansprechpartnern konfrontiert werden. Insbesondere der „First-level Support“<br />

sollte deshalb über eine breite Kompetenz verfügen und den Prozess von internen<br />

und externen Anfragen in den meisten Fällen selbst lösen oder aber koordinierende<br />

begleiten können.<br />

Weniger Planungs- Kundenorientierung verlangt schnelle Reaktion auf Kundenwünsche, die jedoch<br />

technokratie dann nicht erfüllt werden können, wenn die betrieblichen Reaktionszeiten aufgrund<br />

interner Abstimmungsprozessen verlangsamt sind. Die Neigung zur Perfektion<br />

und zur Genauigkeit mit der resultierenden Langsamkeit wird von Kunden<br />

häufig nicht so stark honoriert, wie eine raschere Planung und Umsetzung,<br />

die auf beiläufige Details bewusst verzichtet.<br />

Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und Serviceorientierung<br />

(In Anlehnung an Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.)<br />

Aufbauend auf die Einsicht, dass kundenbezogenes Wissen vor allem bei Vertriebspartnern<br />

vorliegt, stellt sich die Frage, inwieweit eine direkte Kundenorientierung überhaupt<br />

von den zentralen Stellen des Herstellers ausgehen kann. Je höher die Anzahl<br />

der Hierarchieebenen und das Mass an Zentralisierung, desto länger sind interne Entscheidungs-,<br />

Informations- und Kommunikationswege (Harmeier 2004, S. 5). Es<br />

scheint eher der Fall, dass Zentralen dadurch Kundenorientierung unterstützen können,<br />

indem sie eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche herstellen<br />

(Bruhn 2003, S. 15; Belz 2002, S. 237), Entscheidungswege verkürzen und stärker<br />

dezentralisieren (Harmeier 2004, S. 5).<br />

Ergänzend zur Kundenorientierung wird deshalb eine stärkere Orientierung an den<br />

Anforderungen der Vertriebspartner vorgeschlagen, deren Kompetenz in Markt- und<br />

Kundenkenntnis liegt. Eine serviceorientierte Kultur in der Zentrale, die sich in hohem<br />

Masse an den Bedürfnissen der Vertriebspartnern orientiert, dient als Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Erreichung einer hohen Kundennähe. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, das<br />

gesamte <strong>Vertriebsmanagement</strong> auf die Schaffung von Kundenvorteilen auszurichten.<br />

Dazu sind die Ziele des Gesamtunternehmens, die der Vertriebszentrale und der Vertriebspartner<br />

auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten (Belz/Reinhold 1999a, S.<br />

38). Alle betroffenen Ebenen sind aufeinander abzustimmen (s. Abbildung 6-11, S.<br />

200). Dabei ist es nützlich, die unmittelbar nachgelagerte Stufe als internen Kunden zu<br />

verstehen (Belz/Reinhold 1999a, S. 38), denn an deren Anforderungen müssen sich<br />

zentrale Einheiten messen lassen.


200<br />

Vorteile<br />

des<br />

Unternehmens<br />

Vorteile<br />

der<br />

Vertriebszentrale<br />

Vorteile<br />

des<br />

Vertriebspartners<br />

Fliessrichtung notwendiger<br />

Informationen<br />

Vorteile<br />

des<br />

Kunden<br />

Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt <strong>für</strong> den Vertrieb (In Anlehnung an<br />

Belz/Reinhold 1999a, S. 38)<br />

Kapitel 6<br />

Um die Kundenvorteile zu erreichen, müssen in der Zentrale die Bedürfnisse von Vertriebspartnern<br />

bekannt sein und wirkungsvoll unterstützt werden. Eine Unterstützung<br />

der Vertriebspartner, die effektiver ist als die der Konkurrenz, kann wiederum überlegene<br />

Kundenvorteile schaffen. Rainer Mehrer, Leiter Group Marketing und Leiter International<br />

Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, fasst<br />

diese Philosophie unter dem Begriff „Easy Buying, Easy Selling“ zusammen (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Danach benötigt die Zentrale eine serviceorientierte<br />

Kultur, um Vertriebspartnern möglichst schnelle und akkurate Unterstützung<br />

geben zu können. Dabei muss sich die Unterstützung unmittelbar an den Bedürfnissen<br />

des Vertriebspartners ausrichten und befähigt diesen dazu, mehr und einfacher zu verkaufen.<br />

Die Vorteile des Kunden verhelfen damit dem Vertriebspartner zu höheren<br />

Verkäufen und dem Hersteller zu besseren Ergebnissen.<br />

Die Vertriebsphilosophie der Wampfler AG ist damit richtungsweisend. Es wird zur<br />

Kenntnis genommen, dass es der Zentrale nur in eingeschränktem Masse möglich ist,<br />

die Bedürfnisse und Besonderheiten internationaler Kunden und Wettbewerber zu erfassen.<br />

Die Serviceorientierung der Zentrale tritt damit an Stelle einer unmittelbaren<br />

Orientierung am Kunden. Kundenorientierung wird in gewissem Masse an die Vertriebspartner<br />

delegiert. Durch die Erfüllung der Serviceansprüche von Vertriebspartnern,<br />

die aus den Erfordernissen der Märkte erwachsen, wird die Zentrale damit der<br />

Maxime der Marktorientierung gerecht und leistet wertvolle Beiträge, um eine hohe<br />

Kundennähe zu gewährleisten.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 201<br />

6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung<br />

Wenn in dieser Arbeit im Rahmen des internen und vertikalen Marketing gefordert<br />

wurde, dass sich das <strong>Vertriebsmanagement</strong> mit seinen Massnahmen an den Bedürfnissen<br />

und der Situation der Vertriebspartner ausrichten soll (s. Absatz 2.3.1, S. 21 ff.),<br />

muss sich diese Forderung der Frage nach ihrer Wirtschaftlichkeit stellen. Die Segmentierung<br />

von Vertriebspartnern und die Differenzierung von Massnahmen werden<br />

im Folgenden als Ansätze vorgestellt, um die Unterstützung des Herstellers zu verbessern<br />

und um neben den Bedürfnissen der Vertriebspartner auch die Ziele und Restriktionen<br />

des Herstellers zu berücksichtigen.<br />

6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern<br />

Als Mittelweg zwischen vollständiger Standardisierung und vollständiger Individualisierung<br />

kann die Segmentierung von Vertriebspartnern mit einer modularen Leistungsgestaltung<br />

herangezogen werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 179; Belz 1998, S.<br />

599). Ein solches Vorgehen wird von Belz/Reinhold (1999a, S. 179) ausdrücklich<br />

empfohlen. Hierbei werden Vertriebspartner zu Gruppen zusammengefasst, die in Bezug<br />

auf bestimmte Merkmale homogen sind und daher bezogen auf ihre Bedürfnisse<br />

eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Die Segmentlösung besitzt den Vorteil, systematisch<br />

auf die Bedürfnisse eingehen zu können und gleichzeitig durch ein gewisses Ausmass<br />

an Synergien die Kosten einzuschränken.<br />

Zur Segmentierung der Vertriebspartner kommen bedürfnis- und potenzialbezogene<br />

Kriterien sowie deren Kombination in Betracht (s. Abbildung 6-12, S. 202). Bedürfnisbezogen<br />

wird in der Praxis häufig nach Sprach- und Kulturräumen sowie der rechtlichen<br />

Konstellation unterschieden, so z. B. durch unterschiedliche Betreuungskonzepte<br />

<strong>für</strong> Tochtergesellschaften und Distributoren. Um regionalen Unterschieden zu begegnen,<br />

besitzen viele Grossunternehmen regionale Zentralen, die ein differenziertes<br />

Vorgehen sicherstellen (s. Absatz 6.3.3.1, S. 174).<br />

Ebenso einfach zu erheben, aber seltener <strong>für</strong> eine systematische Differenzierung genutzt<br />

werden hingegen die Beziehungsdauer zu Vertriebspartnern sowie die Grösse der<br />

lokalen Gesellschaft. Dies ist erstaunlich, da diese Merkmale meist über die Erfahrung<br />

des Vertriebspartners und die lokale Ressourcenstärke bestimmen. Deshalb prägen sie<br />

die Bedürfnisse in besonderer Weise und legen eine besondere Berücksichtigung nahe.<br />

Am schwierigsten zu ermitteln, da sie <strong>für</strong> den Hersteller einerseits schwer erfassbar<br />

und andererseits starken Veränderungen ausgesetzt sein können, sind Merkmale des<br />

lokalen Marktes und des lokalen Umfelds. Hierzu gehören etwa die Wettbewerbsin-


202<br />

Kapitel 6<br />

tensität, die Dynamik der technologischen Veränderungen oder aber die Veränderung<br />

von Kundenbedürfnissen. Dem Autor sind zum bisherigen Zeitpunkt keine Unternehmen<br />

bekannt, die markt- und umfeldbezogene Variablen in die Segmentierung ihrer<br />

Vertriebspartner einbeziehen. Vielmehr werden in Ausnahmesituationen häufig individuelle<br />

Lösungen gefunden. Hierin ist allerdings ein Problem zu sehen, da die Zentrale<br />

in der Regel nicht über adäquate Beurteilungsmöglichkeiten dieser Situationsvariablen<br />

verfügt. Es ergeben sich die Schwierigkeiten der Beurteilungsverzerrung, wie sie<br />

bereits in Abschnitt 4.2 (S. 94 ff.) vorgestellt und diskutiert wurden. Um dies zu vermeiden,<br />

müssen Wege gefunden werden, um markt- und umfeldbezogene Merkmale<br />

systematisch zu erfassen und in die Beurteilung der lokalen Situation mit einzubeziehen.<br />

Bedürfnisprofil Leistungspotenzial<br />

• Region und Kultur,<br />

• Rechtliche Zugehörigkeit,<br />

• Dauer der Zusammenarbeit,<br />

• Grösse der Gesellschaft,<br />

• Wettbewerbs- und<br />

Rahmenbedingungen etc.<br />

•Umsätze,<br />

• Deckungsbeiträge,<br />

•Kosten,<br />

• Gewinn,<br />

• Marktgrösse,<br />

• Mitarbeiterzahl etc.<br />

Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien<br />

Neben den bedürfnisorientierten Merkmalen können potenzialbezogene Merkmale zur<br />

Segmentierung der Vertriebspartner herangezogen werden. Diese besitzen in der betrieblichen<br />

Praxis bisher wohl die meiste Verbreitung. Die Leica Microsystems AG<br />

und die Feintool AG unterscheiden nach der Marktgrösse A-, B- und C-Distributoren,<br />

<strong>für</strong> die sie jeweils unterschiedliche Betreuungskonzepte besitzen (Befragung Leica I, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37; Belz et al. 1996, S. 59; Walti 1999, S. 221). Die Leistungssysteme<br />

<strong>für</strong> die unterschiedlichen Segmente können unterschiedliche Unterstützungsleistungen,<br />

Vorgaben und Forderungen enthalten, die vom Hersteller zu entwickeln sind. Es können<br />

Betreuungsmodule bspw. zu Produkten, Preisen, Services, Verkaufsförderung und<br />

Logistikleistungen entwickelt werden, die in verschiedenen Intensitäten kombinierbar<br />

sind (Belz 1998, S. 599f). Aufgrund von Profitabilitätsgesichtspunkten erhalten A-<br />

Vertriebspartner eine stärkere Betreuung als C-Vertriebspartner, die in Märkten tätig


Vertriebsgestaltung des Herstellers 203<br />

sind, die <strong>für</strong> den Hersteller eine nachrangige Bedeutung besitzen. Gleichzeitig entstehen<br />

hieraus <strong>für</strong> Vertriebspartner Anreize, die Ergebnisse in ihrem Vertriebsgebiet massiv<br />

zu erhöhen, um statt einer „C-Betreuung“ eine „B-Betreuung“ zu erhalten.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein segmentbezogenes Konzept eine systematische<br />

proaktive Betreuung von Vertriebspartnern unter Einbezug lokaler Bedürfnisse<br />

ermöglicht. Es überwindet damit die oftmals reaktive Vorgehensweise globaler<br />

Konzepte, bei der erst in Notfallsituationen individuelle Lösungen <strong>für</strong> betroffene Vertriebspartner<br />

gefunden werden. Fallbeispiel 6-9 (S. 204) zeigt die Segmentierung und<br />

modulare Unterstützung von Vertriebspartnern bei der Feintool AG.<br />

Segmentierung und modulare Unterstützung von Vertriebspartnern<br />

Feintool AG, Lyss, Schweiz<br />

Die Feintool AG mit Sitz in Lyss, gehört zu den grössten <strong>Industriegüter</strong>unternehmen der Schweiz. Im<br />

Geschäftsjahr 2003/2004 erzielte der führende Technologie- und Lösungsanbieter mit seinen 1'777<br />

Mitarbeitern in den Bereichen Anlagebau und Zuliefergeschäft einen Umsatz von 452 Mio. CHF.<br />

Im Zentrum der Vertriebsprofessionalisierung steht bei Feintool die Steigerung der Vertriebskompetenz.<br />

Mit einem Stufenkonzept wird versucht, den Know-how Transfer mit Vertriebspartnern zu optimieren,<br />

die Kompetenz der Vertriebseinheiten zu steigern und die Zusammenarbeit zwischen Zentrale<br />

und lokalen Partnern zu verbessern. Die Spezifität der angebotenen Problemlösungen erfordert<br />

bei Vertriebspartnern vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die Produkte und deren Anwendungsmöglichkeiten.<br />

Zur Segmentierung der Vertriebspartner wird in einem ersten Schritt nach<br />

dem Kriterium der rechtlichen Zugehörigkeit unterschieden und in einem zweiten Schritt bei unabhängigen<br />

Vertretungen nach dem Potenzial der Märkte, das wiederum die Vertragsgestaltung determiniert. <br />

Feintoolgesellschaften<br />

Vertriebspartner<br />

Unabhängige<br />

Vertretungen<br />

A-Vertretung B-Vertretung C-Vertretung<br />

Hauptmärkte Schwerpunktmärkte Nebenmärkte Kleinmärkte<br />

Deutschland, Frankreich,<br />

Grossbritannien, USA,<br />

Japan, China u.a.<br />

Zusammenarbeitsvertrag<br />

Brasilien, Italien, Korea,<br />

Österreich, Polen, Russland,<br />

Schweden, Spanien, u.a.<br />

Agenturvertrag mit<br />

jährlicher<br />

Kündigungsmöglichkeit<br />

Argentinien, Australien,<br />

Baltikum, Bulgarien, Indien,<br />

Iran, Kroatien, Rumänien, u.a.<br />

Agenturvertrag mit<br />

laufender<br />

Kündigungsmöglichkeit<br />

Ägypten, Belgien, Finnland,<br />

Indonesien, Israel, Malaysia,<br />

Neuseeland, Norwegen, u.a.<br />

Gentlemen Agreement<br />

Insgesamt ist Feintool in 47 Ländern aktiv. In den Hauptmärkten existieren eigene Vertriebsgesellschaften,<br />

mit denen ein Zusammenarbeitsvertrag besteht. In anderen Märkten werden unabhängige<br />

Vertretungen eingesetzt. Dabei können nach ihrem Potenzial drei Typen von Märkten unterschieden<br />

werden: Potenzialstarke „Schwerpunktmärkte“ werden von A-Vertretungen bearbeitet, mit denen ein<br />

Agenturvertrag besteht, der eine jährliche Kündigungsmöglichkeit besitzt. Für Nebenmärkte sind B-<br />

Vertretungen verantwortlich, mit denen ebenfalls Agenturverträge bestehen, die allerdings laufende


204<br />

Kapitel 6<br />

Kündigungsmöglichkeiten offen halten. In Märkten mit geringerer Bedeutung übernehmen C-<br />

Vertretungen die Marktbearbeitung. Mit diesen besteht lediglich ein „Gentlemen Agreement“. Allerdings<br />

behalten sie ihren Status <strong>für</strong> maximal drei Jahre und werden dann zu B-Vertretern oder scheiden<br />

aus. Für die Information und Unterstützung besitzt Feintool ein modulares Konzept, das die vier Vertriebspartnersegmente<br />

differenziert betreut.<br />

Modul 1: Das Modul 1 zielt hauptsächlich darauf ab, das Interesse der Vertriebspartner zu wecken<br />

und aufzuzeigen, was das Unternehmen leisten kann. Es wird in erster Linie die Lösungskompetenz<br />

von Feintool nachgewiesen. Dazu werden Prospekte, Verfahrensvergleiche, Musterteile und Angebote<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Modul 2: Das Modul 2 zeigt dem Vertriebspartner auf, welche Vorteile sich ihm aus dem Know-How<br />

des Herstellers ergeben. Vertriebspartner sollen erkennen, dass ihre Kompetenz sich in Kundengesprächen<br />

und Verkäufen bezahlt macht. Hierzu werden Betriebsrundgänge veranstaltet, Anwendungsbeispiele<br />

mit Kostenvergleichen demonstriert und Nachweise <strong>für</strong> den Kundennutzen erbracht.<br />

Modul 3: Das Modul 3 knüpft an der Kundenberatung und dem Kundenbedarf an. Es werden Verfahrensmöglichkeiten<br />

und Anwendungen sowie deren Grenzen erläutert und aufgezeigt. Technische und<br />

betriebswirtschaftliche Seminare geben damit eine Grundlage <strong>für</strong> die technische und betriebswirtschaftliche<br />

Beratung des Kunden.<br />

Modul 4: Das Modul 4 vertieft das Wissen des Vertriebspartners und gibt detaillierte Einblicke in die<br />

Feintool-Lösung und deren Nutzen <strong>für</strong> den Kunden. Es wird eine fachlich anspruchsvolle Beratung<br />

und Betreuung des Kunden ermöglicht, die z. B. durch Ausbildungen in den Bereichen der Konstruktionstechnik<br />

und Werkzeugherstellung ein fachliches Fundament erhalten.<br />

C-Vertretung<br />

Modul 3<br />

Modul 2 Modul 2<br />

Modul 1 Modul 1 Modul 1<br />

Kleinmärkte<br />

B-Vertretung<br />

Nebenmärkte<br />

A-Vertretung<br />

Schwerpunktmärkte<br />

Feintoolgesellschaften<br />

Modul 4<br />

Modul 3<br />

Modul 2<br />

Modul 1<br />

Hauptmärkte<br />

Das erklärte Ziel von Feintool ist es, die Vertriebspartner durch eine differenzierte Unterstützung auf<br />

eine höhere Stufe zu führen und die Vertriebskompetenz global zu steigern.<br />

Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool AG<br />

(Walti 1999, S. 216 ff.; Feintool 2005)<br />

6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer<br />

Eine besondere Determinante der Bedürfnisse internationaler Vertriebspartner stellt<br />

die Dauer der Beziehung zum Hersteller dar. Im Laufe der Zusammenarbeit verändern<br />

sich die Kompetenzen, der Erfahrungsschatz und die Mitsprachemöglichkeiten der<br />

Vertriebspartner. In jungen Beziehungen zur Zentrale sind Vertriebspartner äusserst<br />

gehorsam, die Kontrolle liegt unbestreitbar bei dem Hersteller, der über technologi-<br />

Module zur Unterstützung<br />

von Vertriebspartnern


Vertriebsgestaltung des Herstellers 205<br />

sche Kompetenz, finanzielle Ressourcen und über Managementsysteme verfügt, durch<br />

die er das Verhalten der Vertriebspartner in hohem Masse bestimmt (Bakka 1986, S.<br />

852; s. Abbildung 6-13, S. 205). Häufig stammen Führungskräfte in jungen Tochtergesellschaften<br />

oder bei der Einführung eines Produktbereiches aus dem Stammhaus<br />

und integrieren damit die Regeln der Zentrale (Bakka 1986, S. 852).<br />

hoch<br />

Machtbasis<br />

der Parteien<br />

niedrig<br />

Hersteller<br />

• Technologie,<br />

• Ressourcen,<br />

• Management<br />

Systeme.<br />

Vertriebspartner<br />

• Marketing,<br />

• Kundenloyalität,<br />

• Persönliche<br />

Ambitionen.<br />

jung reif<br />

Beziehungsdauer<br />

Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit (Bakka 1986, S. 851)<br />

Im Laufe der Zeit entwickeln Vertriebspartner jedoch eine eigene Machtbasis. Die Erfahrungen<br />

und damit steigende lokale Kompetenz in Bezug auf lokale Kunden und<br />

Wettbewerber führt zu einer höheren Entschlossenheit und Überzeugung gegenüber<br />

den Massnahmen der Zentrale. Diese wird zunehmend mit kulturellen Unterschieden<br />

konfrontiert, wodurch Spannungen entstehen (Rosson 1990, S. 207; Bakka 1986, S.<br />

852). Das lokale Management bringt zunehmend die Interessen grosser lokaler Kunden<br />

ins Gespräch und entwickelt einen lokalen Ehrgeiz. Aus Sicht des Herstellers ist<br />

dies durchaus positiv zu bewerten, ruft allerdings in der Zusammenarbeit Konflikte<br />

hervor.<br />

Die Entwicklung von Tochtergesellschaften in der Beziehung zum Hersteller kann in<br />

eine Aufbau-, Wachstums- und Reifephase unterteilt werden. Anhand der Phaseneinteilung<br />

werden Unterschiede in der lokalen Situation deutlich, die im Laufe der Zeit<br />

entstehen. Hieraus erwachsen <strong>für</strong> den Hersteller - wie bereits angeführt - unterschiedliche<br />

Ansatzpunkte <strong>für</strong> eine Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner.<br />

Abbildung 6-14 (S. 206) zeigt Schwerpunkte in Situationen und Massnahmen.


206<br />

Beziehungsphase<br />

Aufbau<br />

Lokale Situation<br />

• Geringe Kunden-, Produkt- und<br />

Unternehmenskenntnisse,<br />

• Wenig Erfahrungen in<br />

Zusammenarbeit,<br />

• Zeitlicher und finanzieller Aufwand<br />

<strong>für</strong> Ingangsetzung,<br />

• Druck und kurzfristige Orientierung,<br />

• Hoher Kommunikationsaufwand,<br />

• Neuentwicklung von Abläufen und<br />

Verhaltensweisen,<br />

• Rekrutierung einer<br />

Vertriebsmannschaft.<br />

Zentrale Unterstützung<br />

• Produkt- und Verkaufsschulungen,<br />

• Umfangreiche Dokumentationen<br />

und Handbücher,<br />

• Ausreichende finanzielle<br />

Unterstützung,<br />

• Inhaltliche Beratung,<br />

• Häufige Meetings und Telefonate.<br />

Wachstum<br />

• Eingliederung in Spielregeln,<br />

• Erste Erfahrungen und Konflikte,<br />

• Aufbau von Kenntnissen über<br />

Kunden und Markt,<br />

• Einbindung in Vertriebsplanung des<br />

Herstellers,<br />

• Festigung und Ausbau von<br />

Kundenbeziehungen.<br />

• Frühzeitige Information über<br />

Aktivitäten,<br />

• Erfahrungsaustausch mit Zentrale<br />

und anderen Vertriebspartnern,<br />

• Anpassung an<br />

Unternehmensstandards,<br />

• Prioritäten bei der<br />

Konditionengestaltung.<br />

Reife<br />

Kapitel 6<br />

• Sehr gute Markt- und<br />

Kundenkenntnisse,<br />

• Festes Rollenverständnis und Bild<br />

über Zentrale,<br />

• Prozesse sind bekannt,<br />

Diskussionen über Details,<br />

• Hohe Produkt- und<br />

Anwendungskenntnisse,<br />

• Etablierter Name im Markt, bei<br />

Kunden und Konkurrenz.<br />

• Regelmässige Besuche und<br />

Vertriebsmeetings,<br />

• Veränderungen der<br />

Rahmenbedingungen früh<br />

ankündigen,<br />

• Marktinformationen als<br />

Innovationspotenzial.<br />

Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener Beziehungsphasen<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Aufbauphase: Unterstützung auf allen Ebenen<br />

Am Anfang der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner steht der Aufbau<br />

interner und externer Kontakte. Vertriebspartner haben meist weder Kenntnisse über<br />

Produkteigenschaften, noch besitzen sie Netzwerke bei den relevanten Kundengruppen<br />

im Markt. Dazu kommen die ebenfalls fehlenden Erfahrungen in der Zusammenarbeit<br />

mit dem Hersteller. Selbst in Fällen, in denen ein Manager der Zentrale <strong>für</strong> den<br />

Aufbau einer Tochtergesellschaft eingesetzt wird, findet sich dieser häufig in einer<br />

neuen Rolle wieder. Der bis dato im lokalen Markt noch unbekannte Vertriebspartner<br />

muss sich lokal etablieren, wozu umfangreiche Kommunikationsanstrengungen notwendig<br />

sind.<br />

Währenddessen bestehen von Seiten der Zentrale bereits Umsatzziele. Lokal sind die<br />

Anstrengungen allerdings zunächst auf den Aufbau von Infrastruktur und die Rekrutierung<br />

einer kleinen Vertriebsmannschaft gerichtet, die geschult und mit den Strategien<br />

und Vorgehensweisen des Unternehmens vertraut gemacht werden muss (Bakka 1986,<br />

S. 852). Für das lokale Management entsteht hieraus ein enormer Druck. Es wird versucht,<br />

trotz dieser umfangreichen internen Rüstkosten erste Ergebnisse im Markt zu<br />

erzielen. Je höher der Druck dabei wird, der auf dem lokalen Manager lastet, desto<br />

stärker ist eine Konzentration auf kurzfristige Umsatzerreichung zu beobachten<br />

Zeit


Vertriebsgestaltung des Herstellers 207<br />

(Bakka 1986, S. 852). Dabei werden erste Forderungen nach besserer Verkaufsunterstützung<br />

an die Zentrale formuliert und Unterlagen in Landessprache verlangt statt<br />

englischsprachiges Material (Bakka 1986, S. 852). Aussendienstmitarbeiter arbeiten zu<br />

diesem Zeitpunkt weitgehend eigenständig in Bezug auf ihre Routenwahl, Zeitplanung<br />

und Umfang des Reportings. Allerdings registriert die Zentrale diese lokalen Improvisationen<br />

und fordert mehr systematische und wirtschaftliche Denkweise. Mit der Zeit<br />

adaptieren die lokalen Manager einige grundsätzliche Regeln und Anforderungen der<br />

Zentrale. So z. B. bei der Auswahl und systematischen Betreuung von Kunden, der<br />

Erstellung von Angeboten nach zentralen Preislisten oder bei der Gestaltung von Messeauftritten<br />

und Anzeigen.<br />

Der Hersteller kann den Vertriebspartner in dieser Aufbauphase in vielerlei Hinsicht<br />

unterstützen, um die lokale Geschäftstätigkeit in möglichst kurzer Zeit in Gang zu setzen<br />

(Arnold 2000, S. 136). Die Unterstützung betrifft dabei sämtliche lokale Funktionen.<br />

Zunächst müssen Budgets <strong>für</strong> die lokalen Kommunikationsanstrengungen festgelegt<br />

werden sowie <strong>für</strong> interne Infrastruktur wie Büro- und EDV-Ausstattung, Geschäftswagen<br />

und Verkaufsmaterialien (Arnold 2000, S. 136). Um lokale Mitarbeiter<br />

möglichst schnell „verkaufsfähig“ zu machen, kann der Hersteller Produkt- und Verkaufsschulungen<br />

durchführen. Dokumentationen, Handbücher und Verkaufsunterlagen<br />

unterstützen bei der Kundenakquisition ebenso wie gemeinsame Kundenbesuche mit<br />

Technikern oder Managern aus der Zentrale. Denn da der Kunde noch keine Erfahrung<br />

mit dem Anbieter hat, treten Vertrauenseigenschaften an diese Stelle, so z. B. die Zuversicht<br />

in das Bemühen des Herstellers, die Kundenwünsche zu erfüllen. Als wichtige<br />

Investition kann das Bestreben der Zentrale gesehen werden, persönliche Beziehungen<br />

zu den lokalen Mitarbeitern zu entwickeln. Dazu ist der häufige und regelmässige persönliche<br />

Austausch zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitern, etwa in Form<br />

von Meetings heranzuziehen. Telefonischer und elektronischer Austausch wird von<br />

Managern häufig eher als ungeeignet <strong>für</strong> die Herstellung oder Vertiefung von persönlichen<br />

Beziehungen angesehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625).<br />

Die Bedeutung, die persönliche Beziehungen zum Stammhaus insbesondere in der<br />

Aufbauphase einer Niederlassung besitzen, hat auch die Wampfler AG erkannt. Diese<br />

setzt ein so genanntes „Patenschaftskonzept“ ein, um den informellen Austausch zwischen<br />

Niederlassung und Stammhaus bei jungen Niederlassungen systematisch zu fördern<br />

(s. Fallbeispiel 6-10, S. 208).<br />

Patenschaftskonzept zur Betreuung junger Niederlassungen<br />

Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland (s. auch Fallbeispiel 6-6, S. 186)


208<br />

Kapitel 6<br />

Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller<br />

von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im<br />

Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch<br />

27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert. Der Exportanteil des deutschen Unternehmens<br />

beträgt ca. 70 Prozent vom Gesamtumsatz.<br />

Die Wampfler AG hat bereits vor einiger Zeit ein „Patenschaftskonzept“ zur Betreuung junger Niederlassungen<br />

eingeführt. Die Grundüberlegung war hierbei, dass Niederlassungen vor Ort umso erfolgreicher<br />

sein können, desto enger die Anbindung an die Zentrale ist. Aus diesem Grund wollte man<br />

die persönliche Anbindung zwischen dem Management des Stammhauses und den Niederlassungen<br />

besonders in der kritischen Phase der Neugründung verstärken. Das Konzept sieht die „Patenschaft“<br />

eines Mitarbeiters aus dem Stammhaus <strong>für</strong> ein oder mehrere Führungskräfte aus internationalen Vertriebsgesellschaften<br />

vor.<br />

Wampfler<br />

HQs<br />

Land A Land B<br />

Land C<br />

...<br />

Rainer Mehrer, Manager Group Marketing & International Field Sales, ist „Pate“ der italienischen<br />

Vertriebsgesellschaft Wampfler s.r.l. in Melegnano, Italien, deren Gründung er massgeblich mitgestaltet<br />

hat. Als Pate ist Herr Mehrer persönlicher Ansprechpartner des italienischen Niederlassungsleiters.<br />

Dieser meldet sich je nach Bedarf und erkundigt sich nach Neuigkeiten und der Stimmungslage<br />

in der Zentrale. Insbesondere vor Meetings können Themen besprochen werden, die in der Zentrale<br />

von aktueller Bedeutung sind. Der italienische Niederlassungsleiter kann sich durch diesen informellen<br />

Gedankenaustausch besser auf Meetings vorbereiten und erhöht damit den Wert gemeinsamer<br />

Diskussionen mit der Zentrale. Rainer Mehrer ist vom Patenschaftskonzept überzeugt. Kritisch sieht<br />

er zwar die Gefahr, dass Paten persönlich gefärbte Meinungen an die Niederlassungen weitergeben.<br />

Allerdings überwiegt aus seiner Sicht der Vorteil, die lokalen Niederlassungsverantwortlichen zu<br />

integrieren und damit die Basis <strong>für</strong> eine optimale Zusammenarbeit zu legen. Aufgrund der ausschliesslich<br />

positiven Erfahrungen plant das Unternehmen, das Patenschaftskonzept ggf. auch auf<br />

bestehende Niederlassungen auszuweiten.<br />

Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG (Einzelinterview Mehrer 2002,<br />

s. Anhang A, S. 346)<br />

Wachstumsphase: Zunehmende Selbstständigkeit<br />

Im Laufe der Zeit etablieren sich beim Vertriebspartner die Prozesse, es bilden sich<br />

Netzwerke zum Markt hin sowie zum Stammhaus. Es kann bei positiver Marktentwicklung<br />

eine zunehmende Stabilisierung des Vertriebspartners beobachtet werden,<br />

die bei der Zentrale häufig das Bedürfnis nach einer stärkeren Einbindung in die Planung<br />

des Unternehmens hervorruft. Die Zentrale verlangt nun umfangreiches Daten-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 209<br />

material <strong>für</strong> ein bis zwei jährliche Planungen (Bakka 1986, S. 853). Dazu muss der<br />

Vertriebspartner gründliche Analysen zu Kunden, Wettbewerbern, Verkaufs- und Ergebniszielen,<br />

Marketingaktivitäten und kosten, zur Produktpositionierung und weiteren<br />

lokalen Grössen darlegen. Vertriebspartner reagieren auf diese Forderung zunächst<br />

positiv, da sie die Möglichkeit sehen, sich mit positiven Zahlen und Studien zu schmücken,<br />

die sie von öffentlichen Statistiken, Industrieverbänden, Marktstudien und persönlichen<br />

Kontakten zusammengetragen haben (Bakka 1986, S. 854). Darüber hinaus<br />

reizen die Möglichkeiten, die der Hersteller im Gegenzug liefern kann. Dazu gehört<br />

die Lieferung weltweiter Vergleichszahlen zu Märkten, Kunden, Wettbewerbern und<br />

Verkäufen, mit denen sich Vertriebspartner selbst einschätzen und ranken können.<br />

Leider nutzen Hersteller diese Möglichkeit der Unterstützung nur selten (siehe auch<br />

Abbildung 5-4, S. 111 und Abbildung 6-4, S. 160). Stattdessen dienen die Informationen<br />

über den lokalen Ländermarkt meist dazu, neue Konditionen <strong>für</strong> den nun wachsenden<br />

Vertriebspartner festzulegen. Hierzu gehören neben hohen Verkaufszielen,<br />

niedrigere Marketingbudgets und dem Wegfall zusätzlicher Unterstützung bei der<br />

Kommunikation auch hohe Gemeinkosten der Zentrale, die nun von der Tochtergesellschaft<br />

mit zu tragen sind. Darüber hinaus kann die Einbindung in interne Transferpreise,<br />

die aus steuerlichen Gründen den lokalen Gewinn auf Null reduzieren, eine<br />

zusätzliche Demotivation <strong>für</strong> das lokale Management mit sich bringen (Bakka 1986, S.<br />

854). Insgesamt verändert sich die Situation <strong>für</strong> das lokale Management unerwartet<br />

bedrohlich, da die ersten Erfolge und die vermeintliche Stabilisierung ins Wanken geraten.<br />

Zu diesem Zeitpunkt entsteht lokal eine hohe Demotivation und Unzufriedenheit,<br />

der im Nachhinein nur schwer zu begegnen ist (Rosson 1990, S. 207).<br />

Aus diesem Grunde scheint es notwendig, Vertriebspartnern von Beginn an eine hohe<br />

Transparenz über die gewährte Unterstützung und deren Planung zu geben. Genaue<br />

Programme, die den Zeitpunkt von Kürzungen vorhersehbar und damit auch lokal<br />

planbar machen, können erste Transparenz schaffen. Durch ein stufenweises Vorgehen<br />

kann vermieden werden, dass es kurzfristig zu Engpässen durch die veränderte Konditionengestaltung<br />

kommt. Erfahrene Niederlassungsleiter anderer Länder können wichtige<br />

Hinweise zur Überbrückung dieser Zeit geben. Bakka (1986, S. 854) hält insbesondere<br />

die frühzeitige Kommunikation bevorstehender Konditionenveränderungen<br />

<strong>für</strong> unerlässlich, um die Harmonie in der Zusammenarbeit wahren zu können. Durch<br />

die Erläuterung der Hintergründe und der daraus folgenden Prioritäten bei der Konditionenänderung<br />

kann wichtige Akzeptanz gewonnen werden. So erfolgt eine schrittweise<br />

Anpassung an die Standards der Marketingplanung im Gesamtunternehmen.


210<br />

Reifephase: Spezialist des lokalen Marktes<br />

Kapitel 6<br />

Hat der Vertriebspartner die vollständige Integration in die Vorgehensweise und die<br />

Prinzipien des Herstellers vollzogen, steht einer stabilen Zusammenarbeit nichts mehr<br />

im Wege. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vertriebspartner ein Spezialist des lokalen<br />

Marktes und fühlt sich seinen Kunden in hohem Masse verpflichtet. Er ist bei Kunden<br />

und Wettbewerbern bekannt und stellt einen etablierten Anbieter im Markt dar. Intern<br />

haben sich inzwischen häufig Bilder über den Hersteller verfestigt. Die Anbindung an<br />

diesen und die „Spielregeln“ sind bekannt, so dass es nur wenige operative Reibungspunkte<br />

gibt. Konflikte treten vor allem dann auf, wenn die gefestigten Strategien, Prioritäten<br />

oder Prozesse verletzt oder verändert werden (Rosson 1990, S. 208).<br />

Der Vertriebspartner ist in dieser Situation ein kompetenter Ansprechpartner <strong>für</strong> sämtliche<br />

Belange des lokalen Marktes. Aus diesem Grunde dient er nicht selten als Quelle<br />

<strong>für</strong> neue Produktideen (s. Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) und kann ebenso bei der Entwicklung<br />

marktorientierter Strategien wirkungsvolle Unterstützung leisten (s. Absatz<br />

6.3.4.1, S. 180 ff.). Herstellern muss es demnach gelingen, in dieser Reifephase der<br />

Beziehung eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu erhalten<br />

und deren Marktkompetenz optimal einzusetzen. Das gilt z. B. bei der Beratung oder<br />

bei einer Partnerschaft <strong>für</strong> junge Niederlassungen in anderen Märkten. Rosson (1990,<br />

S. 206) betont, dass die langfristige Zusammenarbeit in einer gefestigten Beziehung zu<br />

Vertriebspartnern erfolgskritischer ist als die Phase der anfänglichen Ingangsetzung (s.<br />

auch Arnold 2000, S. 136 f.).<br />

6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen<br />

Die zentralen Strukturen und Ressourcen des Herstellers besitzen nicht nur wie dargestellt<br />

wurde eine hohe Bedeutung <strong>für</strong> die Aufgaben der Koordination (s. Absatz 6.3.2,<br />

S. 162 ff.), sondern auch <strong>für</strong> die Unterstützung der Vertriebspartner. Im Folgenden<br />

werden Ansätze zur systematischen Gestaltung der zentralen Unterstützungsleistungen<br />

und zu deren Verrechnung diskutiert. Ausserdem werden die Voraussetzungen thematisiert,<br />

die intern vorliegen müssen, um die zentrale Leistungsfähigkeit sicherzustellen.<br />

6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb<br />

Durch eine professionelle Verkaufsunterstützung können Hersteller den Erfolg ihrer<br />

internationalen Vertriebspartner massgeblich mitbestimmen. Um die eigentliche industrielle<br />

Kernleistung herum, die im Zentrum der Beziehung zwischen Hersteller und


Vertriebsgestaltung des Herstellers 211<br />

Vertriebspartner steht (Hakansson 1982, S. 15), bestehen zahlreiche „Unterstützungsleistungen“,<br />

die der Hersteller einsetzen kann, um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Vertriebspartners zu erhöhen. Zur Systematisierung der Kombination interner Leistungen<br />

der Zentrale wird hier eine Analogie zum Leistungssystemansatz nach Belz et al.<br />

(1997, S. 29) herangezogen und anhand eines Schalenmodells dargestellt. Die umhüllenden<br />

Schalen heben die Bedeutung der begleitenden Leistungen in den Vordergrund,<br />

durch die eine Differenzierung beim Vertriebspartner möglich wird.<br />

Im Kern des Schalenmodells steht das industrielle Leistungsangebot, durch das die<br />

Probleme des Kunden gelöst werden sollen. Diese „Kernleistung“ ist unabdingbare<br />

Geschäftsgrundlage zwischen Kunde und Vertriebspartner und begründet damit überhaupt<br />

erst die Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die Gestaltung der<br />

Kernleistung bestimmt weitgehend über die Fähigkeit des Vertriebspartners, Bedürfnisse<br />

des Kunden zu lösen. Sie bestimmt deshalb in ebenso hohem Masse über die Zufriedenheit<br />

des Vertriebspartners mit dem Hersteller. Die Möglichkeiten und Chancen<br />

der Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner im Prozess von der Idee<br />

über die Entwicklung bis zur Einführung neuer Produkte wurde bereits in Absatz<br />

6.3.4.2 (S. 183 ff.) diskutiert. Durch ein gemeinsames Vorgehen können überlegene<br />

Kundenvorteile geschaffen werden, die Vertriebspartnern zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen<br />

verhelfen.<br />

Lokale<br />

Geschäftsprozesse<br />

Lokale Verkaufsprozesse<br />

(Back-End)<br />

Lokale Verkaufsprozesse<br />

(Front-End)<br />

Kundenprozesse<br />

Finanzielle Zuschüsse<br />

Informationsversorgung<br />

Infrastruktur<br />

Interne Services<br />

Verkaufsunterlagen<br />

Industrielle<br />

Kernleistung<br />

z. B. Maschine<br />

z. B. Produktprospekte<br />

z. B. Begleitung durch Techniker<br />

z. B. IT-Tools zur Auftragsabwicklung<br />

z. B. Rundschreiben zu internen Projekten<br />

z. B. Subventionierung von lokalen Investitionen<br />

Kundenbezug<br />

Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems <strong>für</strong> Vertriebspartner (In Anlehnung an<br />

Belz et al. 1997, S. 29)


212<br />

Kapitel 6<br />

Neben dieser Kernleistung stehen dem Hersteller weitere Ansatzpunkte zur Verfügung,<br />

um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebspartners zu unterstützen. Diese<br />

zielen auf die Unterstützung bei den lokalen Verkaufs- und sonstigen Geschäftsprozessen<br />

ab. Herstellern eröffnen diese Leistungen insbesondere bei unabhängigen Vertretungen<br />

eine Möglichkeit, sich gegenüber anderen Herstellern im Portfolio zu differenzieren<br />

(Rosenbloom 1990, S. 54 f.). Bezugspunkte der Unterstützungsleistungen<br />

des Herstellers können vom konkreten Kundenprozess bis hin zu internen Prozessen<br />

der lokalen Organisation reichen. Die Schalen des in Abbildung 6-15 (S. 211) dargestellten<br />

Leistungssystems sind in abnehmender Reihenfolge ihres Bezugs zu den Kundenprozessen<br />

angeordnet. Im Folgenden sollen kurz die einzelnen Schalen erläutert<br />

werden:<br />

• Verkaufsunterlagen: Durch professionelle Verkaufsunterlagen kann der Hersteller<br />

das Auftreten und die Kompetenz des Vertriebspartners beim Kunden unterstützen.<br />

Gleichsam wird die Einhaltung eines unternehmensweiten Corporate Designs sichergestellt.<br />

Wichtige Verkaufsunterlagen, die den Vertriebspartner im Kundenkontakt<br />

unterstützen können, sind vorgefertigte Verkaufspräsentationen <strong>für</strong> neue Produkte<br />

(s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). Aber auch Argumentationshilfen, die Vorteile<br />

im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen, und Verkaufsvideos mit<br />

Anwendungsdemonstrationen gehören zu den Verkaufsunterlagen, die Hersteller<br />

bereitstellen können. Um den Informationsbedarf des Kunden sowohl in Bezug auf<br />

technische Details zu stillen als auch aufzuzeigen, wie Kunden durch die Lösung<br />

des Herstellers eigene Wettbewerbsvorteile erzielen können, können darüber hinaus<br />

umfangreiche Dokumentationen wie Handbücher, Prospekte und Datenblätter eingesetzt<br />

werden.<br />

• Interne Services: Neben den Materialien <strong>für</strong> den Verkaufsprozess kann der Hersteller<br />

auch interne Dienstleistungen anbieten, bei denen er selbst aktiv wird. Gemeinsame<br />

Kundenbesuche mit Vertretern aus der Zentrale oder mit Anwendungstechnikern<br />

können sowohl in der Beratungsqualität <strong>für</strong> den Kunden, als auch in der diesem<br />

entgegengebrachten Wertschätzung entscheidende Differenzierung gegenüber<br />

der Konkurrenz bringen. Aber auch von der Zentrale durchgeführte Marktforschungen,<br />

Schulungen oder Events <strong>für</strong> Kunden und Vertriebspartner erhöhen die lokale<br />

Kompetenz und führen häufig zu höheren Verkäufen.<br />

• Infrastruktur: Anstatt unmittelbaren Support <strong>für</strong> den Verkauf beim Kunden (Front-<br />

End) zu geben, können Hersteller ebenso die Professionalität der lokalen Infrastrukturen<br />

und Prozesse (Back-End) unterstützen. Wichtige Stellhebel sind hierbei der


Vertriebsgestaltung des Herstellers 213<br />

Einsatz von IT-Systemen und Tools, so z. B. <strong>für</strong> eine effiziente Auftragsabwicklung<br />

(s. Belz et al. 1996, S. 78; Belz/Bussmann 2002, S. 280). Vertriebspartner können<br />

durch die Professionalisierung ihrer lokalen Prozesse wiederum ihre Verlässlichkeit<br />

gegenüber dem Kunden verbessern, so z. B. in der Einhaltung von Lieferterminen<br />

oder der realistischen Einschätzung von Verfügbarkeiten. Darüber hinaus kann der<br />

Hersteller Infrastruktur bereithalten, die lokale Marketingaktivitäten ermöglichen.<br />

So z. B. durch die zentrale oder regionale Anschaffung von Messematerialien und<br />

Messeständen, Demogeräten und Muster, die <strong>für</strong> einzelne Vertriebspartner nicht finanzierbar<br />

sind (s. Walti 1999, S. 208).<br />

• Informationsversorgung: Informationen bilden die Basis <strong>für</strong> eine lokale Strategiefindung<br />

und die Anpassung lokaler Prozesse. Auswertungen über die lokale Verkaufsleistung<br />

im Ländervergleich bilden die Grundlage <strong>für</strong> Selbsteinschätzungen<br />

und Zielsetzungen. Produkt-, wettbewerbs- und kundenbezogene Daten wiederum<br />

ermöglichen die Strategiebildung (Belz et al. 1996, S. 78). Im operativen Kontext<br />

sind allerdings auch Projekte, Personalia und andere Interna des Herstellers <strong>für</strong> den<br />

Vertriebspartner von Bedeutung, um eigene Vertriebsprozesse anzupassen und die<br />

Entwicklungen in der Herstellerorganisation mitverfolgen zu können. Vielfach existieren<br />

aus diesem Grunde interne Newsletters, die alle Mitglieder der Vertriebsorganisation<br />

über Neuigkeiten auf dem aktuellen Stand halten oder Intranetanwendungen,<br />

die einen direkten Austausch ermöglichen (s. Belz/Bussmann 2002, S.<br />

281).<br />

• Finanzielle Zuschüsse: Als wichtiger Ansatzpunkt der Unterstützung der lokalen<br />

Geschäftsprozesse sind finanzielle Zuschüsse zu nennen. Diese können in unterschiedlichen<br />

Formen gewährt werden. Gerade beim Aufbau oder der Erweiterung<br />

der lokalen Präsenz werden häufig direkte Zuschüsse in Form von Budgets gewährt.<br />

In schwierigen Wettbewerbssituationen sind allerdings auch Zuschüsse zu Werbekosten,<br />

Messen, Nachlässe bei Transferpreisen oder Vereinfachung von Zahlungsbedingungen<br />

möglich, durch die die lokale Finanzkraft gestärkt wird (Rosenbloom<br />

1990, S. 55). So z. B. auch durch Konsignationslager, die lokale Kapitalbindungskosten<br />

senken und die Liquidität der Vertriebspartner erhöhen.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dem Hersteller damit eine Vielzahl von<br />

Ansatzpunkten zur Unterstützung der Vertriebspartner zur Verfügung stehen.<br />

Abbildung 6-16 (S. 214) zeigt noch einmal die verschiedenen Ansatzpunkte im Überblick.


214<br />

Verkaufsunterlagen<br />

•Verkaufspräsentationen,<br />

• Argumentationshilfen,<br />

• Handbücher,<br />

Prospekte und<br />

Datenblätter,<br />

• Verkaufsvideos.<br />

Interne<br />

Services<br />

• Gemeinsame<br />

Kundenbesuche,<br />

• Technische Verkaufsunterstützung,<br />

• Interne Marktforschung,<br />

• Events <strong>für</strong> Kunden<br />

und Vertriebspartner,<br />

• Schulung und<br />

Weiterbildung.<br />

Ansätze der<br />

Unterstützung von<br />

Vertriebspartnern<br />

Infrastruktur<br />

•IT-Systeme,<br />

• IT-Tools,<br />

• Demogeräte,<br />

•Muster,<br />

• Messestand,<br />

Messematerialien,<br />

Exponate.<br />

Informationsversorgung<br />

• Auswertungen zur<br />

Verkaufsleistung,<br />

• Produkt-,<br />

Wettbewerbs- und<br />

Kundendaten,<br />

• Rundschreiben zu<br />

Neuprodukten,<br />

•Newsletterzu<br />

Internas, Meilensteinen<br />

etc.<br />

Finanzielle<br />

Zuschüsse<br />

Kapitel 6<br />

• Werbekostenzuschuss,<br />

• Subventionierung<br />

von Bauvorhaben,<br />

• Messezuschüsse,<br />

• Nachlässe bei<br />

Transferpreisen,<br />

• Konsignationslager,<br />

• Rabattteilung.<br />

Kunde Bezugspunkt<br />

Organisation<br />

Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den Hersteller<br />

6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung<br />

Die Aus- und Weiterbildung von Vertriebspartnern in Bezug auf Produkte und Verkaufsprozesse<br />

des Herstellers bilden eine der wichtigsten Schnittstellen in der Beziehung<br />

von Zentrale und Vertriebspartnern. Tomczak (1997, S. 76) betont, dass Hersteller<br />

schliesslich nicht nur von der Bereitschaft, sondern ebenso von der Fähigkeit der<br />

jeweiligen Vertriebspartner abhängig sind. Schulungsdefiziten des Verkaufspersonals<br />

muss demnach eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (Tomczak 1997, S.<br />

77). Aufgrund ihrer grossen Bedeutung soll auf den Gestaltungsansatz der Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

vertiefend eingegangen werden.<br />

Inhalte der Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers beziehen sich auf die Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten, die der Vertriebspartner bei der Planung und Marktbearbeitung<br />

benötigt. Dazu gehören insbesondere (s. Belz et al. 1996, S. 61 f.; Homburg/Krohmer<br />

2003, S. 1052):<br />

• Kommerzielles und technisches Fachwissen,<br />

• interaktionsbezogene Fähigkeiten sowie<br />

• analytische und konzeptionelle Fähigkeiten.<br />

Kommerzielles Fachwissen umfasst sämtliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die<br />

Vertriebspartner zum Verkauf ihrer Produkte nutzen. Hierzu gehört vor allem das Wis-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 215<br />

sen über Kunden und Wettbewerber sowie über Instrumente der operativen Marktbearbeitung<br />

(s. Tabelle 6-9, S. 215). Das kommerzielle Fachwissen kann sich damit über<br />

sämtliche Ebenen von marktbezogenen Gegebenheiten bis hin zu internen Prozessen<br />

und Vorgehensweisen beziehen. Im Mittelpunkt stehen die betriebswirtschaftlichen<br />

Aspekte des operativen Verkaufs, so z. B. Verkaufsargumente <strong>für</strong> die verschiedenen<br />

Kundensegmente und Alternativen bei der Konditionengestaltung. Tabelle 6-9 (S.<br />

215) zeigt Beispiele zu den verschiedenen inhaltlichen Weiterbildungskategorien.<br />

Inhalte der<br />

Weiterbildung<br />

Kommerzielles<br />

Fachwissen<br />

Technisches<br />

Fachwissen<br />

Interaktions<br />

bezogene<br />

Fähigkeiten<br />

Analytische und<br />

konzeptionelle<br />

Fähigkeiten<br />

Beispiele<br />

• Kenntnis der komparativen Konkurrenzvorteile (z. B. Fertigungsprozess 20 %<br />

beschleunigen, geringere Abrichtzeiten, Lebensdauer, Präzision),<br />

• Kenntnis von Preisen und Konditionen (z. B. Verrechnung von Einzelleistungen,<br />

Rabattpolitik, Finanzierungsangebote, Zusatzleistungen, Lieferfristen),<br />

• Kenntnis der potenziellen Zielgruppe (z. B. Formenbau, Automobilindustrie,<br />

Werkzeugmaschinenindustrie, Elektronik-/Halbleiterhersteller),<br />

• Kenntnis des Anspruchsniveaus der verschiedenen Zielgruppen (z. B. Zeit- und<br />

Qualitätsvorgaben),<br />

• Kenntnis der Zuständigkeiten und Ansprechpartner beim Hersteller (z. B.<br />

Preisverhandlungen, Reparaturen, Reklamationen).<br />

• Detailkenntnisse der Produkte im Sortiment (z. B. technische Werte, Funktionsweise),<br />

• Kenntnis der Produktionsverfahren beim Kunden (z. B. Fertigungstiefe und<br />

Lieferanten, Montage, Kapazitäten),<br />

• Kenntnis technischer Details und Nachteile von Konkurrenz- und Substitutionsprodukten<br />

(z. B. von Billiganbietern aus Fernost).<br />

• Verhandlungskompetenz und Beziehung zum Buying-Center (z. B. den Sales<br />

Cycle-Schritten angepasste Argumentation; Auswahl der richtigen Ansprechpartner,<br />

Kontaktpflege mit Entscheidungsträgern),<br />

• Flexibilität im Umgang mit Kundenproblemen (z. B. Berücksichtigung von<br />

Sonderwünschen, Vermittlerfunktion zum Hersteller).<br />

• Kenntnisse zur strategischen Positionierung und Marketingkonzept des Herstellers,<br />

• Kenntnisse zur Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse,<br />

• Erkennen von Markttrends und verändertem Kundenverhalten.<br />

Tabelle 6-9: Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern (In Anlehnung an<br />

Belz et al. 1996, S. 61 f.)<br />

Das technische Fachwissen der Vertriebspartner stellt eine wichtige Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong> dar, dass Kunden kompetent beraten werden können und die Leistungen sinnvoll<br />

auf die Anwendungsbereiche des Kunden abgestimmt werden. Vertriebspartner müssen<br />

dabei sowohl technische Anwendungsfelder des Kunden kennen und verstehen, als<br />

auch die technischen Spezifikationen und Einsatzbereiche des eigenen Leistungsspektrums<br />

beherrschen. Nur so wird es möglich, die Vorteile der eigenen Lösung <strong>für</strong> den<br />

Kunden hervorzuheben und nachhaltig unter Beweis zu stellen.


216<br />

Kapitel 6<br />

Über die technischen und kommerziellen Fähigkeiten hinaus, muss der Vertriebspartner<br />

auch im Bereich der „Interaktionsqualität“ professionell vorgehen. Kenntnisse zur<br />

systematischen Auswahl von Gesprächspartnern und -inhalten beim Kunden, zum<br />

Vorgehen bei Verhandlungen sowie Spielräume bei und Strategien <strong>für</strong> den Umgang<br />

mit Problemsituationen und Sonderwünschen des Kunden, schaffen sowohl in der Zusammenarbeit<br />

zwischen Kunde und Vertriebspartner als auch in der Beziehung zum<br />

Hersteller eine höhere Professionalität und verhindern Konflikte. Auch analytische<br />

und konzeptionelle Fähigkeiten des Vertriebspartners können durch Weiterbildungsmassnahmen<br />

unterstützt werden. Hierzu gehören betriebswirtschaftliche Kenntnisse,<br />

die <strong>für</strong> die Planung der lokalen Marktbearbeitungsstrategie notwendig sind. Techniken<br />

der Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen und der daraus folgenden strategischen<br />

Positionierung und Verkaufsplanung gehören zu den wichtigen analytischen und konzeptionellen<br />

Fähigkeiten, die insbesondere vom lokalen <strong>Vertriebsmanagement</strong> verlangt<br />

werden. Diese erlauben es, professionelle Marketingkonzepte zu erstellen, die als<br />

Basis <strong>für</strong> die ein- oder mehrjährige Planung dienen.<br />

Hersteller müssen der Frage nachgehen, welche dieser vielfältigen Kenntnisse überhaupt<br />

vermittelt werden können bzw. vermittelt werden sollen und darüber hinaus,<br />

welche geeigneten Weiterbildungsmassnahmen <strong>für</strong> diese Vermittlung zur Verfügung<br />

stehen. Tabelle 6-10 (S. 217) zeigt verschiedene Formen der Weiterbildung und die<br />

dabei primär vermittelten Inhalte. Grundsätzlich unterschieden werden dabei einerseits<br />

autodidaktische Weiterbildungsformen, die das Selbststudium der Vertriebspartner<br />

unterstützen, und andererseits persönliche Weiterbildungsformen, die eine Wissensübermittlung<br />

im persönlichen Kontakt vornehmen.<br />

An autodidaktischen Weiterbildungsformen stehen Schulungshandbücher, Videos und<br />

E-Learning-Applikationen zur Verfügung. Schulungshandbücher können insbesondere<br />

zur produktbezogenen und anwendungstechnischen Ausbildung verwendet werden.<br />

Das Nachschlagen technischer Details und Dokumentationen wird damit ermöglicht.<br />

Allerdings muss auch der Aufwand betont werden, der mit der Erstellung didaktisch<br />

brauchbarer Schulungshandbücher verbunden ist. Vertriebspartner betonen, dass sich<br />

Hersteller häufig auf die Aneinanderreihung technischer Details beschränken, weshalb<br />

dieses Instrument zu Schulungszwecken häufig ungeeignet ist. Zu Dokumentationszwecken<br />

ist es hingegen zu empfehlen.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 217<br />

persönlich<br />

Autodidaktisch<br />

Weiterbildungs-<br />

form<br />

Primär vermittelte Inhalte<br />

Fachwissen<br />

Analytische und<br />

konzeptionelle<br />

Fähigkeiten<br />

Interaktionsbezogene<br />

Fähigkeiten<br />

Beispiele<br />

Seminare<br />

Fachseminar zur Erstellung<br />

von Kundenstrategien<br />

Trainings<br />

Training zur Anwendung von<br />

Verkaufstechniken<br />

Lehrgänge<br />

Lehrgang zur Anwendung neuer<br />

Softwarelösungen<br />

Tagungen<br />

Aussendiensttagung zum Austausch<br />

von Markttrends<br />

Coaching<br />

Coaching von<br />

Vertriebsleitern<br />

Lernen durch<br />

Begleitung eines erfahrenen Vertriebspart-<br />

Beobachtung<br />

ners durch eine Nachwuchskraft<br />

Schulungs-<br />

Schulungshandbücher zur<br />

handbücher<br />

Anwendungstechnik<br />

Videos<br />

Videos zu Techniken<br />

der Gesprächsführung<br />

E-Learning<br />

CD-Roms und Intranetanwendungen<br />

zur produktbezogenen Schulung<br />

= trifft nicht zu; = trifft zu; = trifft teilweise zu<br />

Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung <strong>für</strong> Vertriebspartner<br />

(In Anlehnung an Homburg/Krohmer 2003, S. 1053)<br />

Videoaufnahmen, die kommentiert oder unkommentiert das Vorgehen bei Kundengesprächen<br />

beschreiben, sind von hohem didaktischen Wert. Die Erstellung solcher Videos<br />

ist mit geringerem Aufwand verbunden, da nicht sämtliche verhaltensbezogenen<br />

Aspekte expliziert werden müssen. Nachteile liegen darin, dass Videos häufig auf fiktionalen<br />

Kundengesprächen basieren, die wesentliche Details oder Herausforderungen<br />

der verschiedenen Märkte unberücksichtigt lassen. Videoaufnahmen können deshalb<br />

eher als ergänzendes Instrument eingesetzt werden, das sowohl interaktionsbezogene<br />

als auch fachliche Kenntnisse unterstützt. Über die Bedeutung und das Potenzial des<br />

E-Learnings gehen die Meinungen auseinander. Zwar ermöglicht diese autodidaktische<br />

Weiterbildungsform, verschiedene Medien wie Videoübertragung, Hör- und<br />

Schriftbeiträge miteinander zu verbinden. Trotzdem sehen Homburg/Krohmer (2003,<br />

S. 1053) den Anwendungsbereich des E-Learnings vor allem bei den fachlichen<br />

Kenntnissen.<br />

Die persönlichen Weiterbildungsformen nehmen bei Herstellern häufig einen höheren<br />

Stellenwert ein als autodidaktische. Seminare, Trainings und Lehrgänge sind sicherlich<br />

die am meisten verbreiteten Instrumente zur Weiterbildung von Mitgliedern der Ver-


218<br />

Kapitel 6<br />

triebsorganisation. Dabei unterscheiden sich Seminare, Trainings und Lehrgänge vor<br />

allem bei den Schwerpunkten der vermittelten Kenntnisse. Während Schulungen meist<br />

technisches und betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie konzeptionelle Fähigkeiten<br />

vermitteln, legen Trainings den Schwerpunkt auf die Anwendung. Lehrgänge verbinden<br />

beide Ansätze und bilden damit den breitesten Ansatz der Weiterbildung. Alle drei<br />

Ansätze besitzen ähnliche Vor- und Nachteile. Sie ermöglichen es, durch die physische<br />

Präsenz der Teilnehmer den Wissensstand in der Vertriebsorganisation in der Interaktion<br />

zu erleben und geben dem Hersteller damit Implikationen <strong>für</strong> die interne<br />

Kommunikation und die aktuellen Fähigkeiten, mit denen er bei der Marktbearbeitung<br />

rechnen kann. Neben den primären Weiterbildungszielen der Seminare, Trainings und<br />

Lehrgänge ergeben sich Vorteile durch den persönlichen Kontakt und Austausch der<br />

Teilnehmer untereinander und mit dem Hersteller. Dies ist auch bei Tagungen, Coaching<br />

und Begleitungen der Fall (s. „Patenschaftskonzept“, Fallbeispiel 6-10, S. 208),<br />

und nicht selten deren primäre Zielsetzung. Allerdings muss auch betont werden, dass<br />

Schulungsangebote der Hersteller häufig unter mangelnder Teilnahme durch die Vertriebspartner<br />

leiden. Gründe sind meist eine mangelhafte Qualität der Schulungen und<br />

eine fehlende Differenzierung des Schulungsangebotes:<br />

• Mangelhafte Qualität: In manchen Fällen ist die Qualität der Schulungen unzureichend.<br />

Wenn die Konzeption und Durchführung der Schulungen an Hilfskräfte delegiert<br />

werden, die keine oder nur wenig Vertriebserfahrung besitzen, kann das Potenzial<br />

der Schulungen nicht ausgenutzt werden. Mangelhafte organisatorische Vorbereitung,<br />

die sich in Verspätungen, Wartezeiten oder technischen Problemen am<br />

Schulungstag äussert, wird von Vertriebspartnern stark bemängelt, da diese häufig<br />

erhebliche zeitliche und finanzielle Ressourcen aufwenden müssen, um an zentralen<br />

Schulungsterminen teilnehmen zu können (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />

S. 37). Die Professionalität in der Vorbereitung muss deshalb unter allen Umständen<br />

durch Vertriebsverantwortliche in der Zentrale sichergestellt werden.<br />

• Fehlende Differenzierung: Häufig werden Schulungen nicht <strong>für</strong> verschiedene Vertriebspartner<br />

differenziert. Heute ist es vielfach der Fall, dass Schulungen ausschliesslich<br />

auf Anfängerniveau stattfinden, wodurch erfahrene Vertriebspartner<br />

abgeschreckt werden. Manche Hersteller setzen deshalb Wissenstests ein, um das<br />

Kenntnisniveau von Vertriebspartnern zu bestimmen und unterschiedliche Seminarlevels<br />

anbieten zu können. Auch findet häufig keine regionale Differenzierung statt,<br />

die durch inhaltliche Abstimmung auf die Region vor allem bei kommerziellen Seminaren<br />

erhebliche Vorteile bieten können. Darüber hinaus wird durch ein weltweit


Vertriebsgestaltung des Herstellers 219<br />

standardisiertes Angebot in englischer Sprache häufig eine weitere Barriere geschaffen,<br />

die insbesondere lateinamerikanische Vertriebspartner von einer Teilnahme<br />

fernhält (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Eine geringe Teilnahme an den angebotenen Seminaren führt indessen bei Herstellern<br />

nicht dazu, dass diese auf den Prüfstand gestellt, verbessert und damit attraktiver werden.<br />

Vielmehr werten viele Hersteller eine fehlende Teilnahme als mangelhaftes Interesse<br />

und reduzieren das eigene Engagement, was nicht selten auch zu einer Reduktion<br />

im Schulungsangebot führt. Auch die wirtschaftlich angespannte Lage in europäischen<br />

Ländern hat dazu geführt, dass bei Schulungen erhebliche Kürzungen vorgenommen<br />

wurden (Mansfeld 2004, S. 66). Hierdurch konterkariert der Hersteller allerdings seine<br />

eigenen Interessen, die in einem besseren Ausbildungsniveau seiner Vertriebsorganisation<br />

liegen. Um das Ausbildungsniveau und die Motivation der Vertriebspartner zu<br />

erhöhen, müssen deshalb massive Anstrengungen zur Verbesserung von Schulungen<br />

unternommen und dem Abbau von internen Weiterbildungsangeboten Einhalt geboten<br />

werden. Ebenso müssen Konzepte ausgearbeitet werden, die vor allem auch <strong>für</strong> Mitarbeiter<br />

unabhängiger Vertretungen Anreize bieten, Schulungen des Herstellers zu besuchen<br />

und ihren Kenntnisstand zu verbessern. Häufig werden Vertretungen nur unzureichend<br />

eingebunden, woraus unterschiedliche Ausbildungsstände zwischen Tochtergesellschaften<br />

und Vertretungen resultieren. Hier liegen Potenziale <strong>für</strong> die Verkaufsqualität<br />

und damit <strong>für</strong> die Verkaufsergebnisse in vielen internationalen Märkten.<br />

Fallbeispiel 6-11 (S. 220) zeigt den Aufwand, der bei Siemens <strong>für</strong> technisches und<br />

betriebswirtschaftliches Training bei der internationalen Neuprodukteinführung betrieben<br />

wird.<br />

Technisches und betriebswirtschaftliches Training vor der Markteinführung<br />

Siemens Building Technologies AG, Zürich, Schweiz<br />

Der Siemens Bereich "Building Technologies" (SBT) mit Stammsitz in Zug wurde am 1. Oktober,<br />

1998 durch Integration des Industrieteils der früheren Elektrowatt-Gruppe, Zürich, in die Gebäudetechnikaktivitäten<br />

der Siemens AG, München, gegründet. Die Fachkompetenz der ehemaligen Cerberus,<br />

Landis & Staefa und Siemens wurde in einer einzigen Organisation zusammengefasst. Zusammen<br />

mit den Bereichen „Automation and Drives“, „Industrial Solutions and Services“ und „Logistics and<br />

Assembly Systems“ repräsentiert Building Technologies das Arbeitsgebiet „Automation and<br />

Control“.<br />

Building Technologies ist in allen Disziplinen der Gebäudetechnik zuhause – von der Heizungs-,<br />

Lüftungs- und Klimaregelung bis hin zur Brandmeldung, Löschung, Evakuierung, Zutrittskontrolle,<br />

Videoüberwachung und Alarmanlage. Insgesamt erzielten die 28'159 Mitarbeiter der Building Technologies<br />

im Jahr 2004 weltweit einen Umsatz von EUR 4.247 Mrd., von dem etwa 65 Prozent auf<br />

Europa entfallen. Building Technologies unterhält in 42 Ländern der Welt mehr als 500 Niederlassungen<br />

und fertigt in acht Produktionsstätten in Europa, USA und Asien.<br />

Zur Vorbereitung auf Neuprodukteinführungen werden bei Siemens Building Technologies umfangreiche<br />

produktbezogene Schulungsmassnahmen durchgeführt, die als wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> den


220<br />

Kapitel 6<br />

Erfolg gesehen werden. Die Abbildung zeigt den Zeitplan der Markteinführung <strong>für</strong> das Desigo Gebäudeautomationssystem.<br />

Durch Schulungen und Trainings wurde die Grundlage <strong>für</strong> eine hohe Akzeptanz<br />

und fundiertes produktbezogenes Wissen in der Vertriebsorganisation gelegt.<br />

Vor der Erprobung und Markteinführung wurden Mitarbeiter in der SBT-Zentrale in Zug, Schweiz,<br />

und in den Ländern auf ihre Aufgaben vorbereitet und damit ein reibungsloser Wissenstransfer sichergestellt.<br />

Inhalte waren dabei sowohl technischer als auch betriebswirtschaftlicher Natur. Die<br />

Schulungsmassnahmen wurden von über 600 Verkaufsberatern und 400 Techniker aus 24 Ländern als<br />

Vorbereitung auf die bevorstehende Markteinführung besucht. Insgesamt investierte Siemens Building<br />

Technologies damit <strong>für</strong> das Produkt Desigo über 5’000 Trainingstage <strong>für</strong> Engineering und 1’500<br />

Trainingstage <strong>für</strong> Verkaufsschulungen.<br />

Zeitplan <strong>für</strong> die Markteinführung des Desigo Gebäudeautomationssystems<br />

...<br />

12/2002<br />

Schulungsphase<br />

• Vorbereitung auf Einführung und<br />

Wissenstransfer,<br />

• Durchführung in Zentrale und in<br />

Ländern,<br />

• Teilnehmer aus 24 Ländern,<br />

• 600 Vertriebsmitarbeiter und 400<br />

Techniker,<br />

• 5‘000 Trainingstage <strong>für</strong><br />

technische Schulungen<br />

(„Engineering“),<br />

• 1‘500 Trainingstage <strong>für</strong><br />

betriebswirtschaftliche<br />

Verkaufsschulung.<br />

03/2003 06/2003 09/2003 12/2003 03/2004 06/2004 ...<br />

Erprobungsphase<br />

• 20 Feldtestprojekte,<br />

• Sechs Länder,<br />

• Sechs Monate,<br />

• Feedback von Fachleuten<br />

der Zentrale,<br />

• Ergebnis: Freigabeversion.<br />

Markteinführung<br />

Einführungsphase<br />

• Start: Offizielle Verkaufsfreigabe,<br />

• Alle europäischen Länder,<br />

• Diverse Markteinführungs- und<br />

Projektaktivitäten,<br />

• Auch: Berichte in Fachpresse.<br />

Die darauf folgende Markteinführung verlief in zwei aufeinander abgestimmten Zeitphasen. In einer<br />

ersten Phase wurden mit sechs Ländern ca. 20 Feldtestprojekte abgewickelt. In dieser sechsmonatigen<br />

Erprobungsphase wurden die Projekte intensiv von Fachleuten aus der Zentrale begleitet und das<br />

Feedback in die endgültige Freigabeversion eingearbeitet. Ebenso gaben der Einsatz in zahlreichen<br />

Bauten Aufschluss über die Bewährung des Systems beim Kunden. Die zweite Phase begann im Dezember<br />

2003 mit der offiziellen Verkaufsfreigabe in allen europäischen Ländern. Mitte 2004 liefen in<br />

nahezu ganz Europa diverse Markteinführungs- und Projektaktivitäten, die Einführung wurde bereits<br />

zu diesem Zeitpunkt als erfolgreich bewertet. Das Unternehmen führt den Erfolg des Projekte wesentlich<br />

auf die gewissenhafte Marketingplanung und Verkaufsvorbereitung zurück.<br />

Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG (Wigger 2004;<br />

Siemens 2005)<br />

6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien<br />

Ungenügende telefonische Erreichbarkeit, mangelnder technischer Support, fehlende<br />

Informationen oder verspätete Lieferungen sind Beispiele <strong>für</strong> die oftmals von Vertriebspartnern<br />

bemängelten Defizite in der Unterstützung durch die Zentrale. Fehlende<br />

Steuerungsmechanismen führen dazu, dass die Qualität der Unterstützung in hohem


Vertriebsgestaltung des Herstellers 221<br />

Masse von der Qualifikation und der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter der<br />

Zentrale abhängen.<br />

An dieser Stelle muss wiederholt zwischen den Koordinationsaufgaben und den Unterstützungsaufgaben<br />

der Zentrale differenziert werden (s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.).<br />

Während Koordinationsaufgaben vor allem die Abstimmung verschiedener Unternehmensbereiche<br />

und Länderaktivitäten betreffen, entlasten Unterstützungsaufgaben<br />

die einzelnen Vertriebspartner durch eine zentrale Leistungserstellung<br />

(Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Hierdurch können einerseits Synergieeffekte genutzt<br />

werden, andererseits erreicht man in vielen Fällen eine qualitativ höherwertige<br />

Leistung als bei dezentraler Erbringung, da Zentralbereiche in verschiedenen Bereichen<br />

auf überlegenes Know-How zurückgreifen können (Reckenfelderbäumer 2001,<br />

S. 254). Zu diesem Know-how gehören etwa technische Kenntnisse, länderübergreifende<br />

Kunden- und Wettbewerbsaktivitäten sowie Marktforschungserfahrung. Hierin<br />

liegt der Grund, warum Schulungen, Marktforschung oder Rechts- und IT-Beratung<br />

häufig durch die Zentrale realisiert werden.<br />

Verschiedene Autoren empfehlen, sämtliche zentrale Unterstützungsleistungen in so<br />

genannten internen „Service-Centers“ zu organisieren (Reckenfelderbäumer 2001, S.<br />

263; Hungenberg 1992, S. 352; s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.). Diese stellen innerbetriebliche<br />

Äquivalente zu den auf externen Märkten agierenden „Profit-Centers“ dar<br />

und erzielen durch ihre marktähnlichen Gestaltungsspielräume nachdrücklich wettbewerbskonforme<br />

und (interne) kundenorientierte Verhaltensweisen (Malone 2004, S.<br />

29 ff.; Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Damit gehen sie über die heute noch weit<br />

verbreiteten Cost-Center deutlich hinaus, deren Zuständigkeit entsprechend auf nicht<br />

marktfähige Koordinationsaufgaben beschränkt werden sollte (Reckenfelderbäumer<br />

2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352).<br />

Um die Qualität der durch die Zentrale gewährten Unterstützung zu verbessern, stehen<br />

verschiedene Gestaltungsansätze zur Verfügung. Eine zunehmende Relevanz besitzen<br />

„Service Level Agreements“ in Verbindung mit Transferpreisen und „Interne Garantien“.<br />

Service-Level Agreements in Verbindung mit Transferpreisen<br />

Service Level Agreements (SLA) definieren die Art und den Umfang der internen<br />

Leistungen, die zentrale Anbieter <strong>für</strong> Vertriebspartner erbringen. Gleichzeitig verpflichten<br />

sich die zentralen Service-Center, den Service in einer festgelegten Qualität<br />

zu leisten (z. B. garantierte Verfügbarkeiten, Response Times, maximale Fehlerraten


222<br />

Kapitel 6<br />

usw.) und legen Verfahren zum Leistungscontrolling fest. Durch die Einführung von<br />

Service Level Agreements wird damit die tatsächliche Leistung der Zentrale transparenter.<br />

Auch tragen SLA dazu bei, die Kommunikation zwischen Herstellern und Vertriebspartnern<br />

zu optimieren und letztere bei der Definition ihrer Anforderungen mit in<br />

die Pflicht zu nehmen. Kombiniert werden können Service-Level-Agreements mit<br />

Transferpreisen, die <strong>für</strong> unternehmensinterne Lieferungen und Leistungen festgelegt<br />

werden (Kutschker/Schmid 2002, S. 1016).<br />

Während unmittelbar marktfähige Leistungen wie Produkte und Logistikdienstleistungen<br />

bereits seit langem durch interne Verrechnungspreise Berücksichtigung finden,<br />

werden in der Praxis auch zunehmend intangible Unterstützungsleistungen mit Preisen<br />

versehen. Interne Preise besitzen verschiedene Funktionen: Sie bemessen den Wert der<br />

Leistung, verlagern damit den Gewinn und tragen zur Selbstkoordination des Unternehmens<br />

bei (Kutschker/Schmid 2002, S. 1019 ff.), da interne Anbieter und Nachfrager<br />

nur dann die Leistungen austauschen werden, wenn die Konditionen auf beiden<br />

Seiten vorteilhaft erscheinen. Dies bedeutet, dass Unterstützungsleistungen von Vertriebspartnern<br />

nur in soweit beansprucht werden, dass unter der Voraussetzung des<br />

internen Preises positive Ergebnisbeiträge generiert werden können. Andererseits berücksichtigt<br />

der Preis die Kosten auf der Anbieterseite und verhindert damit, dass<br />

wertvolle interne Kapazitäten von Vertriebspartnern <strong>für</strong> sinnlose Aktionen verschwendet<br />

werden (Malone 2004, S. 28).<br />

Selbstverständlich ist die Situation im Unternehmen nicht mit einer marktlichen Situation<br />

gleichzusetzen. Gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen besitzen<br />

Anbieter in der Zentrale häufig eine Monopolstellung, die eine freie Verhandlung der<br />

internen Preise verhindert. In grossen Unternehmen ist hingegen zu bedenken, dass<br />

hohe Gemeinkostenumlagen die Höhe von auf Kostenbasis kalkulierten Preisen in die<br />

Höhe treiben können. Aus diesem Grund schlagen {Hungenberg #32} ({, 1992 #32},<br />

S. 353) und Kutschker/Schmid (2002, S. 1017 ff.) verschiedene alternative marktpreisund<br />

kostenorientierte Verfahren vor, um die optimale Höhe der Transferpreise zu ermitteln<br />

und festzulegen. Bei den Transferpreisen <strong>für</strong> interne Services sind neben der<br />

Höhe zudem verschiedene Preismodelle denkbar. Neben einer vollständig von der Inanspruchnahme<br />

abhängigen Verrechnung (Abbildung 6-17, S. 223; „Konditionen A“)<br />

ist z. B. denkbar, Vertriebspartnern je nach Grösse bestimmte Kontingente „gutzuschreiben“,<br />

so dass erst nach deren Verzehr zusätzliche Kosten <strong>für</strong> die Vertriebspartner<br />

anfallen.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 223<br />

Als Nachteil der SLAs in Verbindung mit dienstleistungsbezogenen Verrechnungspreisen<br />

ist sicher der interne Rüstaufwand und die Koordination dessen zu nennen.<br />

Nur wenn die internen Vereinbarungen präzise ausgearbeitet sind und Verstösse gegen<br />

die vereinbarten Service-Level messbar und sanktionierbar gemacht werden, stellt sich<br />

der gewünschte Koordinationseffekt ein. Auch die systematische Erfassung und Verrechnung<br />

von internen Dienstleistungen benötigt einen nicht zu unterschätzenden Ressourcenaufwand.<br />

Diesen erheblichen Rüstkosten stehen jedoch Synergieeffekte entgegen,<br />

da die Leistungserstellung zentralisiert werden kann. Auch ist eine höhere Qualität<br />

in der Leistungserstellung zu erwarten, da sich die zentralen Einheiten dementsprechend<br />

spezialisieren können.<br />

hoch<br />

Preis bzw.<br />

Kosten<br />

niedrig<br />

Konditionen A<br />

Konditionen B<br />

niedrig hoch<br />

Freikontingent<br />

Leistungsumfang<br />

Abbildung 6-17: Verrechnungsmodelle <strong>für</strong> interne Dienstleistungen<br />

Das folgende Beispiel der Zement AG (Name aus Vetraulichkeitsgründen geändert)<br />

zeigt, wie es dem internationalen Unternehmen gelungen ist, durch die Einführung von<br />

SLAs die zentrale Durchführung interner Dienstleistungen durch Service-Centers zu<br />

etablieren und transparent zu gestalten.<br />

Service-Level Agreements bei der Zement AG<br />

Zement AG, Schweiz<br />

Die Zement Gruppe ist ein weltweit führender Anbieter von Zement, Kies, Sand und Transportbeton.<br />

Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz besitzt heute eine starke Marktpräsenz in über 50 Ländern<br />

auf allen Kontinenten und beschäftigt mehr als 37'000 Mitarbeiter. Der „Global Player“ erzielte im<br />

Jahr 2004 einen Umsatz von CHF 9 Mrd., davon mehr als 57 Prozent ausserhalb Europas.<br />

Seit langem legt die Zement Gruppe einen Hauptakzent auf kontinuierliche Kostensenkungen. In den<br />

vergangenen Jahren wurden bei der Zement AG sämtliche zentralen und dezentralen Prozesse, insbesondere<br />

im Bereich der Administration und IT kritisch auf ihren optimalen Erbringungsort hin unter-


224<br />

Kapitel 6<br />

sucht. Insbesondere Back-End-Prozesse, die aus Kundensicht nicht notwendig dezentral erstellt werden<br />

müssen, wurden in den Durchführungsbereich regionaler „Shared-Service Center“ verlegt, wozu<br />

die „Zement Support Ltd.“ gegründet wurde. Durch die Errichtung regionaler „IT-Service Centers“<br />

zeigten sich substantielle Einsparungspotentiale. Dies bedeutete aber ein partielles Verlassen der klassischen<br />

Aufbauorganisation des Konzerns, bei dem die Konzernleitung nach geografischen Gesichtspunkten<br />

führte, die unterstützenden Konzernstäbe in einer eigenen AG gebündelt waren und die Ländergesellschaften<br />

bisher eigenverantwortlich alle notwendigen Unternehmensfunktionen führen durften.<br />

Der Beschluss, sechs regionale Service-Centers aufzubauen brachte mit sich, dass die Ländergesellschaften<br />

ihre eigenen Kompetenzen im Bereich der Back-Office Prozesse weitestgehend an diese<br />

regionalen Service-Centers abzutreten hatten. Dieser Prozess ist heute bei fünf davon abgeschlossen,<br />

beim sechsten noch im Gange.<br />

Service Level<br />

Agreements<br />

Service-<br />

Center<br />

Region C<br />

Service-<br />

Center<br />

Region B<br />

Service-<br />

Center<br />

Region A<br />

Zement<br />

Group<br />

Support Ltd.<br />

North &<br />

Latin<br />

America<br />

Land 1 Land 2 Land 3<br />

Unternehmensleitung<br />

Central<br />

Europe<br />

East<br />

Europe<br />

Asia and<br />

Mittle East<br />

Zement AG<br />

Philippines,<br />

Australia,<br />

New<br />

Zealand<br />

Africa<br />

Zuständigkeitsbereiche im<br />

Management eines Service Centers<br />

� Service Analyse und Service Portfolio,<br />

� Service Organisation,<br />

� Service Level Definitionen,<br />

� Service Continuity Massnahmen,<br />

� Service Policy und Prozesse (z.B.<br />

Change Management),<br />

� Service Management Tools Architektur.<br />

Zu den Aufgaben der Service-Center gehören heute die Unterstützung, die Beratung und die Bereitstellung<br />

von Management-Tools in den Bereichen Personalentwicklung, Informationstechnologie,<br />

Produktentwicklung, Konstruktion, Marktforschung, Marketing und Logistik. Dazu erbringen sie <strong>für</strong><br />

die Niederlassungen der Region weitgehend alle administrativen Prozesse, die keine lokale Durchführung<br />

erfordern wie z. B. die Rechnungserstellung und Buchhaltung, logistische Abwicklung, Pflege<br />

und Bedienung von Datenbanken wie Warenwirtschaftssystemen, Aufbereitung von Managementinformationen<br />

und der Einsatz von CRM-Systemen.<br />

Die Schritte zur Umsetzung der Zentralisierung, auch wenn sie „nur“ an regionale Service-Centers<br />

und nicht an die Konzernzentrale erfolgte, mussten laut Sandy Keys, Head Service & Information<br />

Center, „gut geplant und klar strukturiert werden, denn jedes Abtreten von Führungskompetenzen<br />

kann zu Bedenken führen“. So bedeutete die Regionalisierung der Backoffice-Prozesse <strong>für</strong> die Länderverantwortlichen<br />

einen Verlust an direkter Einflussnahme, eine Erhöhung des Koordinationsaufwandes<br />

sowie die Mitbestimmung anstatt des bisherigen Alleinentscheides. Gleichzeitig entstand eine<br />

zusätzliche Transparenz, da die Zusammenarbeit nun eine noch stärkere Integration zentraler und<br />

dezentraler Prozesse verlangte. Beides führte ebenso, zumindest aus der Sicht der dezentralen Einheiten,<br />

zu einem Verlust von lokaler Flexibilität. Denn in der veränderten Konstellation haben Niederlassungsleiter<br />

keinen disziplinarischen Einfluss mehr auf die Sicherstellung der Qualität und der Rechtzeitigkeit<br />

von Services, die seither zentral erbracht werden. So z. B. auf die rechtzeitige Erstellung<br />

von Rechnungen oder auf die Berücksichtigung von „Change Requests“ des Kunden.<br />

Aus diesem Grunde war es im Rahmen des Change Managements wesentlich, die Benefits auch <strong>für</strong><br />

die Länderverantwortlichen sichtbar zu machen, diese bei der Durchführung zu messen, die neue<br />

Kompetenzverteilung klar darzustellen sowie mit Service-Level Agreements zu arbeiten. Die „Servi-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 225<br />

ce-Level Agreements“ stellen bei der Zement AG einen internen, aber dennoch einklagbaren Vertrag<br />

über die zu erfüllenden Pflichten der verschiedenen Parteien dar. Aus Sicht von Keys stellen Service<br />

Level Agreements ein ideales Mittel dar, um so genannte "Back-end" Prozesse an Dritte, in diesem<br />

Falle an die eigenständigen Service-Centers, zu delegieren. Der Niederlassungsleiter kauft damit zu<br />

internen Verrechnungspreisen die vom Shared-Service Center angebotenen Dienstleistungen ein und<br />

kann berechtigt gegen einen Verstoss von Termin- oder Qualitätsvereinbarungen vorgehen. Die Vereinbarungen<br />

können sich auf vielfältige Leistungen beziehen. So z. B. neben den oben genannten<br />

Prozessen auch auf die Übernahme lokaler Lagerverwaltung und die Sicherstellung bestimmter Vorräte<br />

in den lokalen Zementsilos. Die SLAs regeln Konditionalstrafen und sichern damit die Erfüllung<br />

lokaler Interessen.<br />

Sandy Keys betont, dass sich eine eingehende Diskussion von SLAs besonders in einem frühen Stadium<br />

des Change-Prozesses lohnt und dass SLAs sämtliche grundsätzlichen Leistungsbeziehungen<br />

regeln sollen, nicht aber Einzelheiten. Denn ansonsten entstünden schnell unhandliche Dokumente,<br />

die <strong>für</strong> den Leistungserbringer erstickend wirken und im entscheidenden Konfliktfall doch Lücken<br />

aufweisen. SLAs sollten sich auf diejenigen Elemente konzentrieren, die <strong>für</strong> das Geschäft des Leistungsempfängers<br />

wesentlich sind (bspw. die maximale Wartezeit zum Druck eines Lieferscheins, weil<br />

hier Kunden des Leistungserbringers betroffen sind) und sollten nach Keys das weglassen, was interne<br />

Fragestellungen des Leistungserbringers betrifft (bspw. die Zahl der Arbeitsplätze in einem Hotline<br />

Büro).<br />

Heute kann man festhalten, dass die Erfahrungen der Zement Gruppe mit Service-Level Agreements<br />

positiv sind. Gegenwärtig wird in einer Region ein Service Center aufgebaut, das eine Reihe weitergehendes<br />

Aktivitäten aus dem Bereich Finanzen und Administration <strong>für</strong> die ganze Region übernehmen<br />

wird. Hier<strong>für</strong> sind in einem nächsten Schritt messbare Leistungskriterien zu bestimmen, die die<br />

Grundlage <strong>für</strong> die Entwicklung eines SLAs bilden.<br />

Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG<br />

Garantien <strong>für</strong> die interne Leistungsqualität<br />

Eine Alternative zur Sicherstellung der internen Leistungsqualität, die der „Internen<br />

Garantien“, zeigt Hart (1995, S. 64 ff.) auf. Er setzt dabei nicht wie das Konzept der<br />

Verrechnungspreise bei dem Entgelt <strong>für</strong> die Erbringung der Leistung an, sondern verlangt<br />

eine Bestrafung <strong>für</strong> die Nicht-Erfüllung bzw. die ungenügende Erfüllung einer<br />

Leistung.<br />

Interne Garantien sind Versprechen, die von den <strong>für</strong> die Leistungserbringung Verantwortlichen<br />

gemacht werden. Im internationalen Vertrieb betrifft dies die Mitarbeiter<br />

der zentralen Vertriebsorganisation, die ein bestimmtes Leistungsniveau <strong>für</strong> Unterstützungsleistungen<br />

festlegen und bei Verstoss eine interne Entschädigung zahlen. Die<br />

Entschädigung hat dabei zweierlei Zwecke: Zum einen werden Verluste und Unzufriedenheit<br />

auf der Seite der Vertriebspartner zumindest symbolisch kompensiert. Zum<br />

anderen wird den Zentralverantwortlichen hierdurch der Anreiz gegeben, ihre Leistungsversprechen<br />

einzuhalten (Hart 1995, S. 65). Um interne Garantien in der Vertriebsorganisation<br />

einzusetzen, sind vier Schritte zu bewältigen (Hart 1995, S. 66):<br />

• Schritt 1: Die Zentrale muss ihre eigenen Aufgaben und ihre Mission klar<br />

erkennen und festlegen,


226<br />

Kapitel 6<br />

• Schritt 2: Vertriebspartner als interne Kunden müssen erkannt werden, ggf. sind<br />

verschiedene Mitarbeitergruppen auf Vertriebspartnerebene zu unterscheiden<br />

(z. B. Führungsverantwortliche, Verkaufspersonal, Innendienst,...),<br />

• Schritt 3: Die unterschiedlichen Präferenzen der Vertriebspartner müssen<br />

erkannt werden,<br />

• Schritt 4: Es müssen interne Garantien gestaltet werden, die an diesen dezentralen<br />

Bedürfnissen ansetzen und Sanktionsmechanismen <strong>für</strong> den Fall eines<br />

Verstosses vorsehen.<br />

Der grösste Vorteil der Alternative „Interner Garantien“ ist gleichzeitig ihr grösster<br />

Nachteil: Interne Garantieversprechen zu tätigen und bei Nichteinhaltung dieser zu<br />

sanktionieren, liegt im Einflussbereich der zentralen Verantwortlichen und ist ohne<br />

Restrukturierung und grösseren Ressourcenaufwand realisierbar. Der Ansatz eignet<br />

sich deshalb insbesondere auch <strong>für</strong> kleinere Unternehmen, die keine Ressourcen besitzen,<br />

um ein umfassendes internes Berichtswesen zur Erfassung der Leistungsqualität<br />

und der Transferpreise zu führen. Selbst einzelne Abteilungen können interne Garantien<br />

auf eigene Initiative hin ins Leben rufen (Hart 1995, S. 66). Leider bringt diese<br />

starke Flexibilität auch den Nachteil mit sich, dass interne Garantien, wenn deren Einhaltung<br />

nicht nachhaltig überprüft wird und wenn sie nicht auf Direktive des Top-<br />

Managements hin eingeführt werden, leicht der Erosion des Tagesgeschäfts unterliegen<br />

und mit der Zeit aufweichen. Es liegt in diesem Falle häufig bei der Konsequenz<br />

und Nachhaltigkeit des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s, ob interne Garantien langfristig aufrecht<br />

gehalten werden können oder nicht. Hart (1995, S. 66) schlägt deshalb vor, das<br />

Konzept durch das Top-Management im Unternehmen zu verankern und damit langfristig<br />

zu etablieren.<br />

Ansatzpunkte um interne Garantien zu professionalisieren, können dabei in der eigenen<br />

Abgabe von Garantien durch das Top-Management liegen, in der Erstellung von<br />

Richtlinien, der Einführung von Systemen, welche die Einhaltung der Garantieversprechen<br />

erfassen, in zusätzlichen Budgets <strong>für</strong> Technologie und Personal sowie in der<br />

Einflussnahme bei der Auswahl von Aktivitäten zur Erhöhung der internen Dienstleistungsqualität<br />

(Hart 1995, S. 66). Interne Garantien können somit in vielfältiger Weise<br />

und mit unterschiedlich starkem Engagement eingesetzt werden, was Herstellern insbesondere<br />

die Möglichkeit zu „Pilotprojekten“ gibt, ohne grössere Investitionen tätigen<br />

zu müssen. Interne Garantien stellen damit insbesondere <strong>für</strong> kleinere Unternehmen


Vertriebsgestaltung des Herstellers 227<br />

und ressourcenbeschränkte Abteilungen eine attraktive Alternative dar, um die Qualität<br />

der internen Leistungen der Zentrale systematisch zu verbessern.<br />

6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung<br />

Nach Belz/Reinhold (1999a, S. 178) stehen die Fähigkeiten der Zentrale im Mittelpunkt<br />

des <strong>Vertriebsmanagement</strong>s. Denn diese bestimmen massgeblich darüber, wie<br />

erfolgreich im Markt vorgegangen werden kann (Belz/Reinhold 1999a, S. 178). Nur<br />

wenn es gelingt, die professionelle Koordination der internationalen Aktivitäten mit<br />

einer treffenden Unterstützung der Vertriebsorganisation zu verbinden, erreicht diese<br />

ihre höchste Effektivität.<br />

In der Praxis wird der Professionalität der Zentrale häufig nur wenig Aufmerksamkeit<br />

geschenkt, obwohl von dieser die Betreuung der Vertriebspartner und damit in hohem<br />

Masse auch die Vertriebsergebnisse abhängen. Stattdessen konzentrieren sich Mitarbeiter<br />

des Herstellers oftmals auf die Professionalisierung und Mobilisierung der Vertriebspartner<br />

(Walti 1999, S. 167 ff.), schreiben diesen die Gründe <strong>für</strong> unzufriedenstellende<br />

Marktergebnisse zu und übersehen leicht die Schwächen der eigenen Führung<br />

und Unterstützung. Viele Führungskräfte im Stammhaus unterschätzen zudem, welche<br />

enorme Bedeutung kulturellen Aspekten und persönlichen Beziehungen im internationalen<br />

Geschäft zukommt (Belz et al. 1996, S. 29), da sie sich im Heimmarkt selbstverständlich<br />

und oft unbewusst darauf abstützen (Belz/Reinhold 1999a, S. 186). Auch<br />

überschätzen Mitarbeiter der Zentrale häufig ihre eigenen Kenntnisse (Hungenberg<br />

1992, S. 342).<br />

Es scheint daher ratsam, den Blickwinkel zu ändern und auch die Fähigkeiten der zentralen<br />

Einheiten auf den Prüfstand zu stellen, um eine wirkungsvolle Koordination und<br />

Unterstützung der Vertriebsorganisation sicherzustellen. Dazu müssen Soll- und Ist-<br />

Profile der erforderlichen zentralen Kompetenzen entwickelt werden (Belz/Reinhold<br />

1999a, S. 183). Als Prüfstein <strong>für</strong> die Kompetenzen der Zentrale kann die Beurteilung<br />

durch die Vertriebspartner herangezogen werden. Ein Zeitvergleich gibt Aufschluss<br />

über den Erfolg von eingeleiteten Verbesserungen.<br />

Belz/Reinhold (1999a, S. 181 ff.) formulieren acht Kompetenzdimensionen, über die<br />

die Zentrale <strong>für</strong> ein professionelles Vorgehen verfügen muss. Dazu gehören interne<br />

und externe Kommunikationskompetenz, Leistungs- und Beziehungskompetenz, Führungskompetenz<br />

sowie operative, kommerzielle und strategische Kompetenz, die als<br />

Anforderungen an die Zentrale gestellt und kontinuierlich weiterentwickelt werden


228<br />

Kapitel 6<br />

müssen. Die Vielfalt der benötigten Kompetenzen und die zu deren Entwicklung bestehenden<br />

Gestaltungsansätze lassen bereits den Umfang und die Komplexität der<br />

zentralen Koordinations- und Unterstützungsaufgabe erahnen. Selbst wenn die Zentrale<br />

sich über die optimale Schwerpunktsetzung beim Weiterentwickeln ihrer Fähigkeiten<br />

bewusst ist, scheitern viele dieser Vorhaben an ungenügenden Ressourcen des<br />

Stammhauses (Belz/Reinhold 1999a, S. 209). Belz/Reinhold (1999b, S. 29) geben an,<br />

dass es in der Investitionsgüterbranche nicht aussergewöhnlich sei, dass 2 bis 3 Mitarbeiter<br />

in der Zentrale 40 bis 60 Agenten oder Niederlassungen in unterschiedlichen<br />

Märkten betreuen. Da<strong>für</strong> sprechen auch die Ergebnisse der vom Autor durchgeführten<br />

Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die bereits weiter oben (s.<br />

Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.) angestellten Überlegungen zur Kontakthäufigkeit machen<br />

deutlich, dass bei einer geringen Ressourcenausstattung der Zentrale eine Unterstützung<br />

der Vertriebspartner erheblichen Restriktionen unterliegt. Reisezeiten, Konzepte<br />

<strong>für</strong> die Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen und Weiterbildung, Mitarbeitertransfers,<br />

telefonische und elektronische Betreuung sowie die Abwicklung von Garantiefällen<br />

benötigen zentrale Mitarbeiterressourcen, die häufig nicht vorhanden sind.<br />

Die Analyse des empirischen Datenmaterials zeigt sehr deutlich diesen Zusammenhang<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dazu wurde durch eine bivariate<br />

Regressionsanalyse untersucht, ob das Verhältnis zwischen der Ressourcenausstattung<br />

der Zentrale und der Anzahl der zu betreuenden Vertriebspartner eine Auswirkung<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner besitzt (s. Tabelle 6-11, S. 228). Die<br />

Zufriedenheit wurde in diesem Fall erneut durch die von Gassenheimer/Ramsey (1994,<br />

S. 261) entwickelte Multi-Item Skala gemessen.<br />

Unabhängige Variable<br />

Relative Ressourcen<br />

(Anzahl Vertriebspartner zu Anzahl Mitarbeiter<br />

im zentralen Marketing und Vertieb)<br />

Bivariate Regression<br />

n = 71; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01<br />

Channelmember-Satisfaction (zsat)<br />

β<br />

(standardisiert)<br />

R 2<br />

Signifikanzniveau<br />

-.351*** .123 .003<br />

Tabelle 6-11: Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstärke<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Es zeigt sich ein starker negativer Zusammenhang zwischen den relativen Ressourcen<br />

und der Zufriedenheit sowie ein grosser Beitrag der relativen Ressourcen zur Erklärung<br />

der Gesamtstreuung der Zufriedenheit. Damit wird die Vermutung unterstützt,


Vertriebsgestaltung des Herstellers 229<br />

dass die Qualität der Betreuung und damit die Zufriedenheit abnimmt, je mehr Vertriebspartner<br />

von einem Mitarbeiter der Zentrale betreut werden.<br />

Durch eine professionelle Planung von zentralen Aufgaben und Aktivitäten sowie der<br />

benötigten und verfügbaren Ressourcen kann der Hersteller jedoch versuchen, die<br />

Qualität zentraler Leistungen zu optimieren. Zentrale Vertriebseinheiten müssen festlegen,<br />

welche Funktionen sie mit welchem Ressourcenumfang erfüllen wollen, um<br />

eine optimale Unterstützung und Koordination der Vertriebspartner zu erreichen. Dazu<br />

werden sämtliche wertschaffende Aktivitäten erfasst und strukturiert. Erst wenn sich<br />

die zentralen Einheiten über die von ihnen zu erfüllenden Funktionen und konkreten<br />

Aufgabeninhalte bewusst sind, kann eine Planung und Gestaltung erfolgen. Dem<br />

Stammhaus stehen dabei insbesondere die in Abbildung 6-18 (S. 229) dargestellten<br />

Stellhebel zur Verfügung.<br />

Stossrichtung Aktivität<br />

Vergrössern<br />

Entlasten<br />

Einsparen<br />

Übertragen<br />

Umverteilen<br />

� Ausweitung zentraler Vertriebsressourcen, Rekrutierung<br />

zusätzlicher Mitarbeiter.<br />

� Entlastung durch den Einsatz von Informationssystemen und<br />

durch die Vereinfachung oder Standardisierung von Prozessen.<br />

� Gänzlicher Verzicht auf ausgewählte Aufgaben.<br />

� Dezentralisierung und Delegation von Aufgaben an<br />

Vertriebspartner und Teams.<br />

� Konsequente Bündelung administrativer Aufgaben und<br />

Delegation an geringer qualifizierte Mitarbeiter mit geringeren<br />

Lohnkosten.<br />

Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen<br />

Jede dieser Gestaltungsalternativen kann dabei helfen, die Zentrale mit den notwendigen<br />

Ressourcen auszustatten, um die angestrebten Aufgaben zu erfüllen. Eine Nutzwertanalyse<br />

zentraler Aufgaben kann aus Sicht der Vertriebspartner wertvolle Aufschlüsse<br />

geben, wenn über die Reduktion von zentralen Aufgaben entschieden werden<br />

soll. Es werden damit die Voraussetzungen geschaffen, eine optimale Unterstützung<br />

und Koordination zu gewährleisten.<br />

6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information<br />

Die Bedeutung, die Informationen bei der Koordination der Vertriebsorganisation und<br />

bei der Unterstützung der Vertriebspartner zukommt, wurde bereits mehrfach deutlich.<br />

Im Folgenden werden Ansätze diskutiert, welche die verschiedenen Informationsströ-


230<br />

Kapitel 6<br />

me zwischen Hersteller und Vertriebspartner fördern, und Möglichkeiten dargestellt,<br />

die durch den Einsatz von Informationssystemen und -Tools eröffnet werden.<br />

6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung<br />

Der Informations- und Wissenstransfer in international tätigen Unternehmen wird in<br />

den letzten Jahren besonders intensiv diskutiert (Kutschker/Schmid 2002, S. 1022). Da<br />

der Zentrale durch unterschiedliche Aufgaben und geografische Distanzen nur sehr<br />

unvollständige Informationen zur Verfügung stehen, lassen sich häufig weder Marktpotenziale<br />

noch Marktanteile zuverlässig abschätzen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24).<br />

Aktionen der Zentrale werden daher häufig zu einem „Blindflug“ (Belz/Reinhold<br />

1999a, S. 24). Auch die Qualität der Informationen ist häufig ungenügend.<br />

Belz/Reinhold (1999a, S. 24) sprechen von Versteckspielen der Niederlassungen, da<br />

Planungsinformationen häufig politisch statt objektiv geprägt seien. <strong>Industriegüter</strong>hersteller<br />

können sich teilweise nicht einmal auf eine Kundendatenbasis stützen (Kundenentwicklung,<br />

Buying-Centers, Umsatzpotenziale usw.), weil Niederlassungen diese<br />

Informationen sorgsam im eigenen Besitz pflegen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Der<br />

Informationsaustausch wird damit durch Machtspiele behindert (Von Krogh et al.<br />

2000, S. 125).<br />

Aber auch Hersteller stehen in der Kritik. Häufig erhalten Vertriebspartner benötigte<br />

Informationen nur unvollständig, gar nicht oder zu spät. So z. B. bei der Einführung<br />

neuer oder der Abschaffung bestehender Produkte (s. Fallbeispiel 6-7, S. 189). Potenziale,<br />

die sich durch länderübergreifende Kunden- und Wettbewerbsanalysen ergeben,<br />

erschliessen Hersteller nur selten. Vertriebspartnern entgeht hierdurch wichtige Unterstützung.<br />

Darüber hinaus stellen sich auch Demotivationseffekte ein, da Vertriebspartner<br />

nur selten Feedback auf die meist umfangreichen Reportings erhalten (Belz et al.<br />

1996, S. 57). Der lokale Aufwand <strong>für</strong> die Erfassung und Aufbereitung von Informationen<br />

scheint aus Sicht der Vertriebspartner verschwendet, wenn Zahlen auf dem zentralen<br />

„Zahlenfriedhof“ landen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Informationsdefizite und Handlungsbedarf bestehen damit sowohl in der Zentrale als<br />

auch bei Vertriebspartnern. Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) stellen drei generelle<br />

Prinzipien auf, um die Qualität des Informationsaustausches zu verbessern. Es sollen<br />

Anreize gesetzt werden („Prinzip eins“), Regeln <strong>für</strong> die Kommunikation festgelegt<br />

werden („Prinzip zwei“) und eine aktive Führung der internen Kommunikationsprozesse<br />

sichergestellt werden („Prinzip drei“) (Von Krogh et al. 2000, S. 132 ff.). Bezieht<br />

man die drei Prinzipien nach Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) auf den konkre-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 231<br />

ten Informationsaustausch zwischen Hersteller und Vertriebspartner zeigen sich neue<br />

Gestaltungsansätze. Die Strukturierung des Informationsaustausches kann durch eine<br />

Orientierung an dessen Fliessrichtung erfolgen (Kutschker/Schmid 2002, s. 1023). Als<br />

Adressaten und Absender der Information kommen, wenn an dieser Stelle nicht weiter<br />

in Abteilungen differenziert wird, Hersteller und Vertriebspartner in Betracht.<br />

Abbildung 6-19 (S. 231) zeigt die sich ergebenden vier Kombinationsmöglichkeiten.<br />

Absender<br />

Vertriebspartner<br />

Hersteller<br />

Bottom-Up<br />

Lieferung<br />

Zentraler<br />

Austausch<br />

Hersteller<br />

Adressat<br />

Horizontaler<br />

Austausch<br />

Top-Down<br />

Versorgung<br />

Vertriebspartner<br />

Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen<br />

Der Absender der Information entscheidet über Richtung, Umfang, Qualität, Zeitpunkt<br />

und Inhalt der Information. Der Adressat hingegen urteilt darüber, ob die erhaltene<br />

Information <strong>für</strong> seine Zwecke geeignet ist. Inhalte können dabei vielfältige Bereiche<br />

betreffen. Tabelle 6-12 (S. 231) zeigt beispielhaft die Inhalte interner Informationsflüsse<br />

<strong>für</strong> die vier Kombinationen. Diese werden im Folgenden näher erläutert.<br />

Inhalte interner Informationsflüsse<br />

Fall 1: Bottom-Up Fall 2: Horizontaler Fall 3: Top-Down<br />

Lieferung<br />

Austausch<br />

Versorgung<br />

• Logistische, technische • Erfahrungsaustausch zu • Produkt-, Wettbe-<br />

und preisliche Auftrags- Produkten und Leistunwerbs- und Kundaten,gen<br />

des Herstellers, den-informationen,<br />

• Besuchsberichte des • Marktbearbeitung und • Logistikinformati-<br />

Aussendienstes,<br />

Strategie der Wettbeweronen, • Kunden- und segmentbeber, Schwächen von • Informationen zu<br />

zogene Daten, Wettbe- Wettbewerbsprodukten, internen Projekten<br />

werbssituation,<br />

• Markttrends bei Kunden und Prozessen,<br />

• Finanzielles Reporting, in anderen Märkten, • Strategien und<br />

• Planzahlen zu Verkäufen • Tipps zur Marktbearbei- Instrumente der<br />

und Marketingaktivitäten tung,Verkaufsargumen- Marktbearbeitung.<br />

<strong>für</strong> die zentrale Planung. te.<br />

Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse<br />

Fall 4: Zentraler<br />

Austausch<br />

• Internationale<br />

Marktaktivitäten<br />

der Business-<br />

Units und anderen<br />

zentralen Abteilungen.


232<br />

Fall 1: „Bottom-Up Lieferung“<br />

Kapitel 6<br />

Die „Bottom-Up Lieferung“ gehört zu den Standardaufgaben im Vertrieb. Neben logistischen<br />

und technischen Informationen der Auftragsabwicklung fordern Hersteller<br />

meist finanzielle Ist- und Planzahlen <strong>für</strong> ihre zentralen Planungsprozesse. In den letzten<br />

Jahren werden von Herstellerseite zunehmend Anstrengungen unternommen auch<br />

Informationen zur Marktbearbeitung, zu Kunden und Wettbewerbern zu erhalten<br />

(Walti 1999, S. 54). Die Erfassung, Aufbereitung und Übermittlung dieser Daten bedeutet<br />

<strong>für</strong> Vertriebspartner einen nicht unwesentlichen Aufwand (Arnold 2000, S.<br />

137). Hersteller fordern standardisiertes, umfangreiches Datenmaterial, das in den<br />

meisten Fällen lokal erst beschafft werden muss (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Erfolgen<br />

diese Reporte in Papierform, was durch unterschiedliche IT-Systeme hervorgerufen<br />

werden kann, wird die Weiterverarbeitung mühselig (Walti 1999, S. 53). Mehrheitlich<br />

gelangen Reportinginformationen nur an einen engen Personenkreis in der Zentrale<br />

und werden dadurch nicht konsequent ausgewertet (Walti 1999, S. 53). Zudem dienen<br />

die an die Zentrale adressierten Berichte häufig primär Kontrollzwecken, anstatt zielgerichtete<br />

Massnahmen auszulösen (Walti 1999, S. 53). Vertriebspartner hinterfragen<br />

nicht selten den Nutzen, der sich aus dieser umfangreichen Datensammlung ergibt,<br />

und verzichten auf die vollständige Übermittlung der gewünschten Daten (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Die nach dem ersten Prinzip nach Von Krogh et al. (2000, S. 132) geforderten Anreize<br />

zur Kommunikation können bei Vertriebspartnern durch den Einbezug der Informationsqualität<br />

in die Incentivierung und die Konditionengestaltung gesetzt werden. Darüber<br />

hinaus kann der Hersteller das Zahlenmaterial aufbereiten und den Vertriebspartnern<br />

Feedback anbieten (Arnold 2000, S. 136). Die Einhaltung von Regeln zur Informationsübermittlung<br />

werden hierdurch unterstützt („Prinzip zwei“). Aber auch die<br />

generelle Gestaltung des geforderten Informationsumfangs sollte vom Hersteller regelmässig<br />

auf seine Zweckmässigkeit überprüft werden. Unnötig erhobene Informationen<br />

binden wichtige Ressourcen und belasten die Zusammenarbeit. Hier ist weniger<br />

mehr.In der Praxis führen Hersteller ihre Vertriebsgesellschaften ohnehin selten an<br />

mehr als einer Hand voll zentraler Kennzahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3,<br />

S. 37). Einer übereifrigen Datensammlung der Zentrale ist deshalb Einhalt zu gebieten.<br />

Fall 2: „Horizontaler Austausch“<br />

Der horizontale Austausch zwischen Vertriebspartnern betrifft in erster Linie Marktinformationen<br />

und Informationen der Marktbearbeitung. Durch den Austausch können


Vertriebsgestaltung des Herstellers 233<br />

Vertriebspartner abgestimmter agieren und überlegene Bearbeitungsstrategien entwickeln.<br />

Der marktübergreifende Austausch von Ideen kann die Leistung verbessern und<br />

führt häufig zu einer höheren Stimmigkeit in der Durchführung internationaler Strategien<br />

(Arnold 2000, S. 137). Vereinzelt findet der Austausch zwischen den Vertriebspartnern<br />

auf Intranetplattformen, unsystematisch durch persönliche Beziehungen oder<br />

Gespräche im Rahmen gemeinsamer Meetings statt (Explorative Interviews, s. Tabelle<br />

2-3, S. 37). Hier ist eine Entlastung und Koordination durch die Zentrale möglich und<br />

sinnvoll. Insbesondere die systematische Erfassung und Auswertung länderübergreifender<br />

Informationen über international agierende Kunden und Wettbewerber kann <strong>für</strong><br />

einzelne Vertriebspartner äusserst hilfreich sein. Zumal bei einer zentralen Übernahme<br />

von Informationsaufgaben die Zuständigkeiten eindeutig geklärt werden können. Ein<br />

Vorgehen durch die Zentrale setzt selbstverständlich die Mitwirkung der Vertriebspartner<br />

voraus. Der Nutzen, den Vertriebspartner in der diesbezüglichen Informationsleistung<br />

der Zentrale sehen, bestimmt vermutlich weitgehend über deren Mitwirkung.<br />

Hersteller müssen sich deshalb bei Übernahme dieses internen Austauschdienstes ganz<br />

besonders am Urteil der Vertriebspartner messen lassen. Für Vertriebspartner können<br />

hierdurch wichtige Informationen zu Kunden, Wettbewerbern oder Best-Practices bei<br />

der Marktbearbeitung in den verschiedenen Märkten bereit gestellt werden. Dies wird<br />

in vielen Fällen durch zentral aufbereitete Newsletter realisiert (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37), so z. B. bei der Wampfler AG durch den monatlich erscheinenden<br />

Newsletter „Wampflercom“ oder bei Feintool durch den Newsletter<br />

„Rep-Flash“, der <strong>für</strong> Distributoren erstellt wird.<br />

Vorteile der zentralen Koordination von Marktinformationen werden bspw. von der<br />

Hilti AG durch ein so genanntes „Competition radar“ realisiert (s. Fallbeispiel 6-13, S.<br />

234). In diesem Fall werden die Aufgaben der Sammlung, Aufbereitung und Verteilung<br />

von Informationen an die zentralen Stellen delegiert. Hierdurch entstehen Synergien<br />

und ebenso wertvolle Informationen <strong>für</strong> Zentrale und Vertriebspartner. Im Zentrum<br />

des „Competition radars“ steht das Ziel, Informationsdefizite in Bezug auf Wettbewerber<br />

horizontal zwischen den Märkten abzubauen.<br />

„Competition Radar“ bei der HILTI AG<br />

Hilti AG, Schaan, Liechtenstein<br />

Die Hilti Gruppe ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Befestigungs- und Abbautechnik.<br />

Mit den Produktlinien Bohr- und Abbautechnik, Direktbefestigung, Diamanttechnik, Dübeltechnik,<br />

Brandschutz- und Schaumsysteme, Installationstechnik, Positionier-Systeme, Schraubtechnik<br />

sowie Säge- und Schleiftechnik steht das Unternehmen <strong>für</strong> Innovation, Qualität und Kundennähe.<br />

Hilti ist weltweit in über 120 Ländern präsent. Zwei Drittel der mehr als 15’000 Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter sind in den Verkaufsorganisationen, im Engineering und im Kundendienst unmittelbar <strong>für</strong>


234<br />

Kapitel 6<br />

die Kunden tätig. Im Jahr 2004 hat Hilti weltweit einen Umsatz von 3’299 Millionen Schweizer Franken<br />

erzielt. Dr. Pius Baschera, CEO des Weltkonzerns setzt auf integrierte Kundenlösungen und Methoden,<br />

die dabei helfen, latente Kundenbedürfnisse aufzudecken und Informationsvorsprünge zu<br />

generieren.<br />

Eine dieser innovativen Managementmethoden ist das „Competition radar“, mit dem die internationalen<br />

Aktivitäten der Konkurrenz zentral erfasst werden, um bei Strategiefindung und bei operativen<br />

Massnahmen eine höhere Entscheidungsqualität herbeizuführen.<br />

Competition radar<br />

� Klare Verantwortlichkeit in der<br />

Zentrale,<br />

� Geregelte Verantwortlichkeiten in<br />

den Vertriebsgesellschaften,<br />

� Regelmässiger Austausch,<br />

� Quelle <strong>für</strong> markt- und<br />

organisationsbezogene Innovation,<br />

� Zeitnahe Identifizierung kritischer<br />

Entwicklungen,<br />

� Informationsbasis <strong>für</strong> weltweite<br />

Strategieentwicklung.<br />

Country<br />

A<br />

Country<br />

A<br />

HQs<br />

(Hilti)<br />

Country<br />

B<br />

Country<br />

B<br />

HQs<br />

(competitors)<br />

Country<br />

C<br />

Country<br />

C<br />

Dazu wurden in der Liechtensteiner Zentrale und in den weltweiten Vertriebsgesellschaften Verantwortlichkeiten<br />

definiert, die in der Regel bei den lokalen Marketingverantwortlichen liegen. Der beauftragte<br />

Mitarbeiter in der Zentrale führt jeden Monat Videokonferenzen und Telefonate mit den<br />

dezentral Verantwortlichen durch und bespricht lokale Aktionen, Innovationen, Preisstrategien und<br />

Verkaufsargumentationen des Wettbewerbs. Durch die regelmässige Aufarbeitung der lokalen Wettbewerbssituation<br />

der verschiedenen Märkte erhält die Zentrale ein gutes Bild über die allgemeine<br />

Situation in den Märkten als auch in Bezug auf die länderübergreifenden Strategien der Wettbewerber.<br />

Testläufe <strong>für</strong> Neuprodukte, Dienstleistungen, Managementmethoden und Verkaufsunterlagen der<br />

Wettbewerber können damit entdeckt und bewertet werden, bevor sie in weiteren Märkten das Geschäft<br />

der Hilti gefährden können. „Im Ergebnis“ hält Dr. Baschera fest, „führt dies zu weniger Überraschungen.<br />

Wir sind ständig über das Vorgehen der Konkurrenz informiert und können ggf. proaktiv<br />

Massnahmen einleiten anstatt uns reaktiv verteidigen zu müssen.“ Zudem diene das Competition radar<br />

als Quelle <strong>für</strong> Innovation, da auch Best-Practices der Wettbewerber früh entdeckt werden.<br />

Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG (Baschera 2004, Folie 10)<br />

Fall 3: „Top-Down Versorgung“<br />

Die „Top-Down Versorgung“ betrifft zum einen die Versorgung der Vertriebspartner<br />

mit internen Prozessen und Projekten in der Zentrale, zum anderen die Versorgung mit<br />

aufbereiteten Informationen aus den anderen Märkten. Vertriebspartner haben durch<br />

die räumliche Trennung ein natürliches Defizit an Informationen über interne Prozesse,<br />

Projekte und Entwicklungen in der zentralen Herstellerorganisation (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dem Hersteller muss es deshalb gelingen, die <strong>für</strong><br />

den Vertriebspartner relevanten Informationen zu erfassen und zu vermitteln. Dazu<br />

gehören bspw. Änderungen in Ablauf- und Aufbauorganisation, Änderungen in Zu-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 235<br />

ständigkeiten oder Personalwechsel. Aber auch die Entwicklung neuer Produkte, Strategiewechsel<br />

oder die Einführung neuer Instrumente, so z. B. neuer Tools und Informationssysteme<br />

sind aus dezentraler Sicht ohne Kommunikationsmassnahmen des<br />

Herstellers meist nicht bekannt und überraschen diese häufig erst bei der Einführung.<br />

Interne Informationen sollten deshalb systematisch aufbereitet und verteilt werden. Bei<br />

Mettler Toledo wird aus diesem Grund ein Kommunikationspaket <strong>für</strong> sämtliche Märkte<br />

zusammengestellt, das Pressemitteilungen, Prospekte und andere visuelle Mittel<br />

enthält (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Rieter Schweiz präsentiert<br />

zweimal jährlich eine Product Road Map, in der neue Produkte und Entwicklungen<br />

vorgestellt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Neben den Informationen über zentrale Aktivitäten und Änderungen, gehören die Information<br />

zur Abwicklung von Aufträgen sowie aufbereitete Marktinformationen ebenfalls<br />

zu den Informationspflichten der Zentrale. Bei der Abwicklung sind insbesondere<br />

logistische Informationen zu Lieferterminen entscheidend. Häufig werden<br />

Vertriebspartner bei Nicht-Einhaltung von Lieferzeiten erst spät oder gar nicht informiert,<br />

weshalb auch beim Kunden höchste Unzufriedenheit entstehen kann (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier<strong>für</strong> sind interne Informationsstandards zu<br />

setzen, deren Verletzung sanktioniert werden muss. Auch bei der Aufbereitung und<br />

Verteilung von Markt- und Finanzinformationen sind bei Herstellern häufige Defizite<br />

zu beobachten. Bei 51 Prozent der von Belz et al. (1996, S. 57) befragten Schweizer<br />

Werkzeugmaschinenhersteller existiert kein standardisiertes Berichtssystem mit den<br />

Vertriebspartnern. Vertriebspartner kritisieren wie bereits oben erwähnt, dass sie nur<br />

selten Feedback auf die von ihnen gestalteten Reportings erhalten (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37). Gerade hier müssen zum einen Regeln <strong>für</strong> die Mitarbeiter<br />

der Zentrale geschaffen werden, Informationen regelmässig und systematisch aufzubereiten<br />

und zu verteilen. Zur Einhaltung dieser Regeln sind zum anderen Anreize zu<br />

setzen. Auch hierbei könnte die Incentivierung an die Einhaltung von gesetzten Informationsstandards<br />

oder die von den Vertriebspartnern wahrgenommene Informationsqualität<br />

gekoppelt werden.<br />

Fall 4: „Zentraler Austausch“<br />

Der vierte Typ des Informationsflusses besteht in der zentralen Herstellerorganisation<br />

und betrifft deshalb nur indirekt die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner.<br />

Adressat und Absender stammen jeweils aus der Zentrale des Herstellers.<br />

In Absatz 6.2.2.2 (S. 146 ff.) wurde bereits auf die Relevanz der Abstimmung


236<br />

Kapitel 6<br />

zwischen den zentralen Geschäftsbereichen des Herstellers verwiesen, die gemeinsam<br />

die Vertriebsorganisation nutzen. Ungenügender Informationsfluss und mangelnde<br />

Abstimmung führen zu Doppelbelastungen und widersprüchlichen strategischen Vorgaben<br />

bei den Vertriebspartnern. Ein Informationsaustausch zwischen zentralen Abteilungen<br />

des Herstellers ist deshalb unabdingbare Voraussetzung <strong>für</strong> die inhaltliche und<br />

zeitliche Abstimmung und damit <strong>für</strong> konsistente Strategien und eine effektive sowie<br />

effiziente Umsetzung in der Vertriebsorganisation.<br />

6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools<br />

In den letzen 15 Jahren haben in Vertriebsorganisationen so viele neue IT-Systeme<br />

und verkaufsunterstützende Tools ihren Einsatz gefunden, wie in sonst kaum einem<br />

anderen Unternehmensbereich (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien lassen sich unterscheiden in<br />

• kommunikationsunterstützende Methoden und<br />

• informationsverarbeitende Systeme.<br />

Diese werden in den folgenden Absätzen einzeln vorgestellt und diskutiert.<br />

Kommunikationsunterstützende Methoden<br />

Kommunikationsunterstützende Methoden ermöglichen den Austausch zwischen zwei<br />

Personen, die zeitlich und bzw. oder räumlich von einander getrennt sind (Cristofolini<br />

2005, S. 182 ff.), wie z. B. Mitarbeiter aus Hersteller- und Vertriebspartnerorganisationen.<br />

Kommunikationsunterstützende Methoden bieten sich in solchen Fällen an, in<br />

denen das zu transferierende Wissen implizit vorliegt, also zwischen einzelnen Personen<br />

direkt ausgetauscht werden muss. Dazu stehen in der Vertriebsorganisation eine<br />

unüberschaubare Anzahl von Instrumenten zur Verfügung. Abbildung 6-20 (S. 237),<br />

die aus einer Studie in der Halbleiterindustrie stammt (s. Almeida/Grant 1998), vermittelt<br />

einen Überblick zu den Instrumenten <strong>für</strong> die internationale Kommunikation und<br />

den Wissenstransfer.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 237<br />

Viele<br />

Empfänger<br />

Reichweite der<br />

Kommunikation<br />

Wenige<br />

Empfänger<br />

Modulare Integration<br />

CommunitiesCommunitiesof-Interestof-Practice<br />

Interne<br />

Beratung<br />

Seminare<br />

und Kurse<br />

Face-to-<br />

Face<br />

Personal-<br />

Informelle<br />

transfer<br />

Besuche<br />

On-the-job<br />

Meetings<br />

Training<br />

Telefonate<br />

Gering<br />

(implizites Wissen)<br />

Regeln, Prozeduren und Anweisungen<br />

Kodifizierungsmöglichkeit<br />

des Wissens<br />

Berichte und<br />

Handbücher<br />

Fax<br />

Groupware<br />

Videokonferenzen<br />

E-Mail Electronic<br />

Data<br />

Exchange<br />

Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers (In Anlehnung an<br />

Almeida/Grant 1998, Punkt 6)<br />

Hoch<br />

(explizites Wissen)<br />

Besondere Aufschlüsse gibt dabei die Einordnung der Instrumente nach der Anzahl<br />

der Adressaten und der Möglichkeit, das Wissen zu explizieren („Kodifizierungsmöglichkeit“).<br />

Es zeigt sich, dass die Möglichkeit Wissen zu explizieren, ein Kontinuum<br />

mit vielen Zwischenstufen darstellt. Der handlungsleitende Aspekt der Abbildung 6-20<br />

liegt in der Konsequenz der beiden Dimensionen <strong>für</strong> die Akteure in der Vertriebsorganisation.<br />

Diese bestimmen über den Aufwand der Kommunikation und der Eignung<br />

des Mediums <strong>für</strong> die jeweiligen Inhalte. Bei den vorgestellten Massnahmen handelt es<br />

sich um bekannte, zum grossen Teil bereits in den Absätzen 6.3.1 (S. 159 ff.) bis 6.3.7<br />

(S. 210 ff.) thematisierten Gestaltungsansätze, die Funktionen beim Austausch und der<br />

Vermittlung von Informationen übernehmen (Kutschker/Schmid 2002, S. 1023;<br />

Abbildung 6-20, S. 237).<br />

Almeida/Grant (1998) betonen, dass eine Nutzung von IT-Systemen immer eine Erfassung<br />

und damit Explikation von Wissen voraussetzt. IT-Systeme sind deshalb nur <strong>für</strong><br />

den Transfer von Informationen zwischen Hersteller und Vertriebspartner geeignet,<br />

die eine hohe Kodifizierungsmöglichkeit aufweisen. Manche Mitarbeiter klagen darüber,<br />

dass sich viele Probleme in der Zusammenarbeit durch den vermehrten Einsatz<br />

von E-Mail verschärft haben (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Auch<br />

Kutschker/Schmid (2002, S. 625) warnen davor, den Fortschritt der Informations- und<br />

Kommunikationstechnologie trotz vieler Verbesserungen in der Zusammenarbeit allzu<br />

euphorisch zu beurteilen: Bei vielen Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren<br />

schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass ohne face-to-face Kommunikation wesentli-


238<br />

Kapitel 6<br />

che Probleme in der Abstimmung auftreten und der Einsatz von Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien keineswegs persönliche Kontakte und Treffen der Mitarbeiter<br />

ersetzen kann (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Dies ist insbesondere auf<br />

zwei Gründe zurückzuführen.<br />

• Erstens können implizite Wissensinhalte über elektronische Wege nur bedingt ausgetauscht<br />

werden. E-Mails besitzen eine geringere Kodifizierungsmöglichkeit im<br />

Vergleich zu Telefongesprächen, die wiederum gegenüber persönlichen Beratungen<br />

Defizite aufweisen (s. Abbildung 6-20, S. 237). Bei der Wahl des Mediums ist somit<br />

immer zu beachten, welche Rolle die impliziten Inhalte <strong>für</strong> die Zusammenarbeit<br />

besitzen. Dazu gehören z. B. Stimmungen, emotionale Beziehungsaspekte wie Ausdrücke<br />

von Sympathie und Vertrauen. In vielen Fällen ist deshalb einer E-Mail ein<br />

Telefonat vorzuziehen und einem Telefonat der persönliche Kontakt. Dem steht die<br />

Herausforderung entgegen, dass sich der Aufwand pro Adressat <strong>für</strong> den Absender<br />

der Information genau entgegengesetzt verhält. Hersteller neigen wegen des geringeren<br />

Aufwandes dazu, mit elektronischen Instrumenten wie Datenbanken und E-<br />

Mail Informationen an möglichst viele Adressaten zu kommunizieren (Explorative<br />

Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier liegen allerdings Gefahren <strong>für</strong> die persönliche<br />

Nähe der Beteiligten, die eine wichtige Voraussetzung der Zusammenarbeit<br />

darstellt. Es ist daher eine Balance zu finden zwischen dem Aufwand der Kommunikation<br />

und der Vermittlung impliziter Wissensinhalte.<br />

• Der zweite Grund <strong>für</strong> eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten elektronischer Informationssysteme<br />

liegt gerade im geringen Aufwand, den die Erstellung pro Adressat<br />

verursacht. Hieraus resultiert nicht selten eine Informationsüberflutung der Adressaten.<br />

Es besteht die grosse Gefahr, dass unternehmensinterner „spam-artiger“ unpersönlicher<br />

E-Mailverkehr entsteht, der die Vorteile der Systeme reduziert. Empfänger<br />

der Nachrichten benötigen einen hohen Aufwand, um wichtige und unwichtige<br />

Nachrichten zu selektieren. Vertriebsleiter erhalten nicht selten zwischen 60 und 90<br />

E-Mails pro Tag (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einzelne Nachrichten<br />

können neben dem Tagegeschäft teilweise nicht mehr zur Kenntnis genommen,<br />

geschweige denn zeitgerecht beantwortet werden. In dieser Situation rückt das Telefon<br />

<strong>für</strong> Hersteller immer häufiger wieder in den Fokus, um überhaupt wahrgenommen<br />

zu werden, was die Voraussetzung darstellt, um Inhalte übermitteln zu können<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Der Einsatz elektronischer Informationssysteme kann also neben kommunikationsunterstützenden<br />

Funktionen auch kommunikationshemmende Effekte hervorrufen. Aus


Vertriebsgestaltung des Herstellers 239<br />

diesem Grund müssen Hersteller zum einen darüber entscheiden, welche Inhalte je<br />

nach Bedeutung impliziter Informationen mit welchen Instrumenten übermittelt werden<br />

sollen. Zum anderen sind Regeln aufzustellen, die den elektronischen Datenfluss,<br />

insbesondere E-Mailverteiler und Groupware-Anwendungen systematisch gestalten<br />

und verhindern, dass durch eine unsystematische Verteilung von Informationen in der<br />

Vertriebsorganisation die Effektivität der kommunikationsunterstützenden Methoden<br />

erlahmt.<br />

Informationsverarbeitende Systeme<br />

Neben den kommunikationsunterstützenden Methoden werden im Vertrieb eine grosse<br />

Anzahl informationsverarbeitender Systeme eingesetzt, die als Medium zur Speicherung<br />

und Bereitstellung von Informationen genutzt werden können (Cristofolini 2005,<br />

S. 182 ff.). In der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bringen<br />

diese Systeme mehrere Vorteile mit sich. Sie ermöglichen es, auf einen gleichen aktuellen<br />

Datenbestand zurückgreifen zu können, sie helfen dabei, eine Mehrfacherfassung<br />

von Daten zu vermeiden und sie sichern durch automatisierte Anwendungen gleichzeitig<br />

eine einheitliche Qualität und entlasten dezentrale Prozesse des Vertriebspartners.<br />

Zu den wohl wichtigsten informationsverarbeitenden Systemen gehören gemeinsame<br />

Warenwirtschaftssysteme, gemeinsame Kundendatenbanken und Anwendungen zur<br />

Verkaufsunterstützung.<br />

Gemeinsame Warenwirtschaftssysteme geben die Möglichkeit, Lager- und Auftragsbestände<br />

sowie finanzielle Informationen jederzeit verfügbar zu machen. Allerdings<br />

relativieren sich die nicht unerheblichen Einführungskosten vor dem Hintergrund aller<br />

Vorteile häufig, sodass Systeme oftmals nur bei grossen Tochtergesellschaften eingeführt<br />

werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Von Vertriebspartnern<br />

wird der Einsatz neuer Informationssysteme häufig kritisch betrachtet. Denn <strong>für</strong> die<br />

Implementierung und Lizenzkosten sind meist erhebliche Investitionen zu tätigen, an<br />

denen sich Hersteller nur geringfügig beteiligen. Um zentrale, länderübergreifende<br />

Datenbestände optimal zu nutzen, müssen zudem die lokalen Prozesse standardisiert<br />

werden und bestehende Formulare angepasst werden (Explorative Interviews, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei können zwangsläufig nicht alle lokalen Bedürfnisse erfüllt<br />

werden (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Vertriebspartnern ergibt sich daher der Eindruck,<br />

dass das neue zentrale System ihre Bedürfnisse schlechter erfüllt als bereits bestehende<br />

„selbstgestrickte“ Lösungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei der


240<br />

Kapitel 6<br />

Einführung entsteht zudem enormer Schulungsaufwand und vor allem in der Anfangsphase<br />

häufig eine äusserst zurückhaltende Nutzung der Systeme (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37). Hieraus verringert sich der Nutzen des Systems, da Daten<br />

unter Umständen unvollständig oder nicht aktuell eingepflegt sind.<br />

Neben den gemeinsamen Warenwirtschaftssystemen spielen im Verkauf insbesondere<br />

gemeinsame Kundendatenbanken bzw. CRM-Systeme eine Rolle, die zum Teil als<br />

Modul in die Warenwirtschaftssysteme integriert (z. B. mySAP CRM) oder als<br />

„Stand-alone Lösung“ eingesetzt werden (z. B. Siebel). Die Sammlung und Auswertung<br />

detaillierter Markt- und Kundenformationen eröffnet <strong>für</strong> Hersteller neue Dimensionen<br />

der Kundenanalyse und -bearbeitung (Walti 1999, S. 167). Jedoch bedeutet die<br />

Preisgabe detaillierter Kundeninformationen <strong>für</strong> Vertriebspartner gleichzeitig ein<br />

stückweit Machtverlust. Einige Vertriebspartner sehen die Gefahr, dass Hersteller die<br />

Kunden direkt ansprechen und den Vertriebspartner umgehen (Explorative Interviews,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ist insbesondere bei gefestigten Kundenbeziehungen der<br />

Fall. In der Tat gaben Hersteller im Rahmen der durchgeführten Einzelinterviews an,<br />

diese „Entwaffnung“ des Vertriebspartners <strong>für</strong> eigene Interessen zu nutzen und auszuspielen<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies führt dazu, dass Kundendaten<br />

von Vertriebspartnern häufig nicht detailliert, wahrheitsgemäss und vollständig<br />

in Datenbanken eingepflegt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die<br />

Datenbasis ist deshalb in vielen Fällen nicht geeignet, um Strategien der Marktbearbeitung<br />

zentral zu entwickeln. Hersteller müssen versuchen, diesen Kreis zu durchbrechen,<br />

indem sie sich dazu verpflichten, nicht ohne das Einverständnis des Vertriebspartners<br />

mit den Kunden in Kontakt zu treten. Regelverstösse sind auch in diesem Fall<br />

zu sanktionieren, um das Vertrauen sicherzustellen.<br />

Neben der Nutzung zentraler Datenbanksysteme spielen im Vertrieb zunehmend auch<br />

verkaufsunterstützende Anwendungen eine Rolle. Alex Bührer, Partner und Leiter des<br />

„Industrial and High Tech Sectors“ von McKinsey & Company Schweiz Inc. hält insbesondere<br />

Sales-Support Tools zur Kundenentwicklung, Angebotserstellung und Pricing<br />

<strong>für</strong> besonders hilfreich, um die Effizienz zu erhöhen (Einzelinterview Bührer<br />

2004, s. Anhang A, S. 346). Die Tools unterstützen Vertriebspartner vor allem bei administrativen<br />

Aufgaben und führen neben einer Entlastung häufig auch zu einer Steigerung<br />

der Qualität. Allerdings sind dem Einsatz von Tools zur Verkaufsunterstützung<br />

auch Grenzen gesetzt. Vor allem in grossen Organisationen wird eine unüberschaubare


Vertriebsgestaltung des Herstellers 241<br />

Anzahl von Tools eingesetzt, die einen neue Komplexität bei deren Auswahl und entsprechende<br />

Anwendungskenntnisse voraussetzt. Andreas Keiger, Vertriebsmanager<br />

bei der ABB Automation Products GmbH in Lampertheim, Deutschland berichtet<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „To support and offer ten product<br />

lines, we have to use more than 60 different tools“.<br />

Dennoch wird der Wert verkaufsunterstützender Tools von Vertriebspartnern als äusserst<br />

hoch eingeschätzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Fallbeispiel<br />

6-14 (S. 242) zeigt ein von der Geschäftseinheit „Minerals and Mining“ der ABB<br />

Schweiz AG eingesetztes Tool zur Angebotserstellung und dessen Vorteile aus Sicht<br />

eines Vertriebsmanagers.<br />

Support-Tools zur Angebotserstellung bei ABB<br />

ABB Schweiz AG, Baden, Schweiz<br />

Die ABB AG ist weltweit führend in der Energie- und Automationstechnik. Der Konzern beschäftigt<br />

rund 102'000 Mitarbeitende in über 100 Ländern, davon rund 5’000 Mitarbeitende in der Schweiz.<br />

Die Business Unit „Minerals“ verkauft weltweit Planungs- und Engineeringleistungen von elektrischen<br />

Anlagen.<br />

Der Verkauf und die Angebotserstellung verlangen von Mitarbeitern ein weit reichendes technisches<br />

Know-how (s. Absatz 4.1.3.1, S. 92). So werden bei der Spezifikation <strong>für</strong> die elektrischen Anlagen<br />

einer Zementfabrik neben detaillierten Informationen über die Grösse und den Typ der Anlage<br />

Kenntnisse über technische Komponenten benötigt um zu einer möglichst zuverlässigen Kalkulation<br />

zu gelangen. Um die gegebene Komplexität zu verringern, stellt die Badener Zentrale verschiedene<br />

Support-Tools zur Verfügung. Dazu gehören z. B. Applikationen, die Spezifikationen erstellen, die<br />

wiederum Grundlage der Angebotskalkulation sind (s. Screenshot).<br />

Ausserdem gehören dazu teilstandardisierte Beschreibungen und Support-Tools, in denen die Hauptparameter<br />

<strong>für</strong> das Bauprojekt eingegeben werden und die Erstellung von Offerten fast vollständig<br />

automatisiert erfolgt. Bei den am weitesten entwickelten Support-Tools werden die Parameter eingegeben<br />

und man bekommt „auf Knopfdruck“ ein komplettes Angebot. Bei ABB sind die Mitarbeiter<br />

damit in der Lage, innerhalb von 24 Stunden ein vollständiges Angebot zu erstellen. Unterschiedliche<br />

Ausführungen der Anwendung befähigen das Unternehmen diesen zeitlichen Standard einzuhalten<br />

unabhängig davon, welche Anforderungen der Kunde hat und welche Planungsbasis er zur Verfügung<br />

stellt. Adrian Schenk, Vertriebsmanager des Unternehmens betont: „Durch professionelle Tools können<br />

wir jedem Kunden in 24 Stunden ein umfassendes und professionell ausgearbeitetes Angebot<br />

unterbreiten. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> Kunden aus dem Nahen Osten, die vor dem Bau einer Zementfabrik<br />

häufig nur vage Vorstellungen über die monatlichen Produktionsmengen besitzen, als auch <strong>für</strong> europäische<br />

Kunden, die mit detaillierten Plänen, Anforderungen und einer genauen Angabe von Parametern<br />

zu uns kommen.“ Das Unternehmen unterstützt durch den Einsatz von Tools zur Angebotserstellung<br />

damit nicht nur ein professionelles und einheitliches Vorgehen, sie schaffen darüber hinaus eine<br />

wesentlich höhere Produktivität der Mitarbeiter.


242<br />

Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG (Einzelinterview<br />

Schenk 2004, s. Anhang A, S. 346)<br />

Kapitel 6<br />

6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung<br />

Um die qualitative Diskussion der verschiedenen Gestaltungsansätze der Absätze 6.3.1<br />

(S. 159 ff.) bis 6.3.8 (S. 229 ff.) zu ergänzen, wurde ein Grossteil der Ansätze auch bei<br />

der quantitativ-empirischen Untersuchung berücksichtigt (Vertriebsbefragung 2004, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37). Zwar gehen die bereits unternommenen qualitativen Überlegungen<br />

in Bezug auf ihre Anzahl und den Differenzierungsgrad bei den Gestaltungsansätzen<br />

weit über die im Folgenden dargestellten empirischen Ergebnisse hinaus. Jedoch bietet<br />

die quantitative Analyse die Möglichkeit, die Wirkungen der einzelnen Ansatzpunkte<br />

zu quantifizieren und miteinander zu vergleichen.<br />

Abbildung 6-21 (S. 245) und Abbildung 6-22 (S. 246) zeigen die Ergebnisse eines<br />

Mittelwertvergleiches zwischen der Gruppe der zufriedenen und der Gruppe der unzufriedenen<br />

Vertriebspartner. Die Zufriedenheit wurde hierbei durch das von<br />

Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Konstrukt „Channel-Member Satisfaction“<br />

gemessen. Bei der Gruppe der „unzufriedenen Vertriebspartner“ handelt es<br />

sich um Fälle, die unterhalb der 34. Perzentile liegen, bei der Gruppe der „zufriedenen<br />

Vertriebspartner“ um Fälle die oberhalb der 66. Perzentile liegen. Diese Dreiteilung<br />

wurde aufgrund ihrer grösseren Trennschärfe einem Mediansplit vorgezogen. Für beide<br />

Gruppen sind jeweils die Mittelwerte in Bezug auf die aktuelle Bedeutung des jeweiligen<br />

Gestaltungsansatzes dargestellt. Die Sternchen zeigen, auf welchem Signifi-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 243<br />

kanzniveau der Mittelwertunterschied angenommen werden kann, was mit Hilfe eines<br />

t-Tests überprüft wurde.<br />

Im Ergebnis zeigt sich, dass siebzehn von dreiundzwanzig Mittelwertunterschieden<br />

mindestens auf dem 90-Prozent-Niveau signifikant sind. Dies bedeutet, dass ein zufälliges<br />

Zustandekommen der Unterschiede in Bezug auf den Einsatz der verschiedenen<br />

Ansätze zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern in den meisten<br />

Fällen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dies legt die<br />

Vermutung nahe, dass die Intensität, mit der die verschiedenen Ansätze der Vertriebsgestaltung<br />

in einem Unternehmen zum Einsatz kommen, über die Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner bestimmt. Streng genommen kann an dieser Stelle allerdings weder<br />

eine Aussage über einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Variablengruppen<br />

gemacht werden noch über die Richtung der Kausalität, da hierzu <strong>für</strong> die<br />

einzelnen Ansätze und ihren Einfluss auf die Zufriedenheit Theorien herangezogen<br />

werden müssten, die entsprechende Hypothesen implizieren. Auf Basis der durchgeführten<br />

Einzelinterviews (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) sowie der von<br />

Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) aufgezeigten Beziehungen<br />

zwischen Gestaltungsvariablen des Herstellers und der Channel-Member-<br />

Satisfaction wird an dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen der Variablengruppe<br />

„Ansätze der operativen Koordination und Unterstützung“ und der Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner unterstellt (s. auch Abschnitt 5.4 (S. 135 ff.) und Absatz 6.2.1 (S.<br />

139)). Die Gestaltungsansätze werden in Kurzform genannt (s. Abbildung 6-21, S. 245<br />

und Abbildung 6-22, S. 246), die ausführliche Bezeichnung findet sich im Fragebogen<br />

(s. Anhang D, S. 353) und teilweise in der unten stehenden Erläuterung.<br />

Insgesamt lässt sich festhalten, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ein stärkerer<br />

Einsatz der Gestaltungsansätze durch den Hersteller zur Zugehörigkeit zur Gruppe<br />

der zufriedenen Vertriebspartner führt. Im Einzelnen sind folgende Ergebnisse zu<br />

verzeichnen:<br />

• Koordinationspotenziale in zentralen Strukturen: Bei den drei Ansätzen zur Koordination<br />

in zentralen Strukturen zeigt sich ein deutlicher und signifikanter Unterschied<br />

in der Bedeutung der Ansätze zwischen den beiden Gruppen (s. Abbildung<br />

6-21, S. 245). Durch internationales Key-Account Management können internationale<br />

Aktivitäten der Kundenunternehmen koordiniert werden, woraus überwiegend<br />

Vorteile <strong>für</strong> die Vertriebspartner entstehen (s. Absatz 6.3.2.1, S. 162 ff.). Die<br />

Harmonisierung von Zielen und die gemeinsame strategische Orientierung bilden<br />

die Basis <strong>für</strong> gemeinsame Interessen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.) und gemeinsa-


244<br />

Kapitel 6<br />

me Vorstellungen darüber, wie Prioritäten zu setzen sind, um die gewünschten<br />

Zielsetzungen zu erreichen. Die Mittelwertunterschiede sind <strong>für</strong> alle drei Gestaltungsansätze<br />

signifikant.<br />

• Koordinationspotenziale in vertikalen Strukturen: Keiner der Ansätze zur Verzahnung<br />

des zentralen und dezentralen Personalwesens (s. Absatz 6.3.3.2, S. 177 ff.)<br />

zeigt einen deutlichen oder signifikanten Mittelwertunterschied zwischen den<br />

Gruppen auf (s. Abbildung 6-21, S. 245). Es kann somit kein Einfluss der übergreifenden<br />

Karrierepfade, gemeinsamer Rekrutierungsanforderungen und der Personalrotation<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ausgemacht werden, sodass<br />

der Einsatz dieser Ansätze kritisch hinterfragt werden muss.<br />

• Koordination durch Organisation in Teams: Die Gestaltungsansätze der Teamorganisation<br />

(s. Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) zeigen deutlichen Einfluss auf die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner, der in allen Fällen signifikant ist (s. Abbildung 6-21,<br />

S. 245). Kundenbetreuungsteams und gemeinsame Kundenbesuche tragen in besonderem<br />

Masse zur Zufriedenheit der Vertriebspartner bei. Aber auch projektbasierte<br />

Teamorganisation, gemeinsame Planungsanstrengungen und eine systematische<br />

Projektbewertung helfen deutlich, die Zusammenarbeit zwischen Hersteller<br />

und Vertriebspartner zu fördern.<br />

• Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen: Die Massnahmen, die ein<br />

Hersteller nutzen kann, um um eine gemeinsame Unternehmenskultur und stärkere<br />

persönliche Beziehungen aufzubauen, führen zu unterschiedlichen Ergebnissen (s.<br />

Abbildung 6-21, S. 245). Die Förderung informeller Netzwerke (s. Absatz 6.3.5.1,<br />

S. 193) steigert die Zufriedenheit der Vertriebspartner merklich. Gemeinsame Unternehmensevents<br />

wie gemeinsame Feiern, Reisen oder Sportveranstaltungen<br />

scheinen hingegen weitgehend wirkungslos zu bleiben. Der stärkste Einfluss ergibt<br />

sich bei jährlichen Sales-Meetings, auf denen sich die Mitglieder der Vertriebsorganisation<br />

treffen. Sales-Meetings erfüllen mehrfachen Nutzen, da sie Informationszwecke,<br />

Schulungen, den Erfahrungsaustausch und die Vertiefung persönlicher<br />

Beziehungen miteinander verknüpfen. Obgleich die Durchführung von<br />

Sales-Meetings häufig erhebliche Defizite besitzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 21 ff.),<br />

scheint sie dennoch besonders effektiv, um die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation<br />

zu verbessern.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 245<br />

Key-Account Management*<br />

Abstimmung von Zielen***<br />

Gemeinsame strategische<br />

Orientierung***<br />

Übergreifende Karrierepfade<br />

Gemeinsame<br />

Rekrutierungsanforderungen<br />

Job Rotation und Transferprogramme<br />

Projektorganisation**<br />

Gemeinsame Planung und<br />

Budgetierung**<br />

Systematische Projektbewertung**<br />

Kundenbetreuungsteams***<br />

Gemeinsame Kundenbesuche***<br />

Informelle Netzwerke**<br />

Gemeinsame Veranstaltungen<br />

Jährliche Salesmeetings***<br />

Gemeinsame Werte und Kultur***<br />

Aktueller Status Quo in der<br />

Vertriebsorganisation<br />

Keine<br />

Hohe<br />

Bedeutung<br />

Bedeutung<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

2.81<br />

3.38<br />

3.42<br />

3.70<br />

3.83<br />

4.05<br />

2.85<br />

4.22<br />

4.37<br />

4.27<br />

4.36<br />

4.15<br />

3.68<br />

4.48<br />

4.45<br />

4.86<br />

4.04<br />

4.66<br />

3.85<br />

4.67<br />

4.45<br />

4.88<br />

4.78<br />

5.04<br />

5.12<br />

5.01<br />

5.21<br />

5.23<br />

Unzufrieden (N-Til 1) Zufrieden (N-Til 3)<br />

Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen:<br />

* α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01<br />

Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen<br />

Vertriebspartnern (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

5.63<br />

5.97


246<br />

Segmentierung von Vertriebspartnern<br />

Gemeinsame Schulung und<br />

Weiterbildung***<br />

Service Level Agreements***<br />

Zentralisierung lokaler<br />

Funktionen<br />

Interne Kommunikationskanäle***<br />

Definierte<br />

Informationsstandards***<br />

Information über andere Märkte***<br />

Gemeinsame Kundendatenbank**<br />

3.05<br />

3.35<br />

3.80<br />

4.05<br />

3.28<br />

4.27<br />

4.22<br />

4.49<br />

4.39<br />

3.97<br />

4.22<br />

4.79<br />

5.12<br />

4.97<br />

5.23<br />

5.17<br />

Kapitel 6<br />

Keine<br />

Aktueller Status Quo in der<br />

Vertriebsorganisation<br />

Hohe<br />

Bedeutung<br />

Bedeutung<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Unzufrieden (N-Til 1) Zufrieden (N-Til 3)<br />

Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen:<br />

* α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01<br />

Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen<br />

Vertriebspartnern (Fortsetzung) (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S.<br />

37)<br />

• Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung: Der Ansatz der<br />

Segmentierung (s. Absatz 6.3.6.1, S. 201) nach der Grösse oder der rechtlichen<br />

Anbindung der Vertriebspartner sowie einer entsprechenden Differenzierung bei<br />

den Massnahmen zeigt keine Wirkungen bei der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />

(s. Abbildung 6-22, S. 246). Auch hier muss der Einsatz kritisch betrachtet<br />

werden, da er mit erheblichen internen Kosten verbunden ist.<br />

• Unterstützung durch zentrale Ressourcen: Schulungen, die der Hersteller in technischen<br />

und betriebswirtschaftlichen Feldern anbietet, werden von Vertriebspartnern<br />

in hohem Masse begrüsst (s. Abbildung 6-22, S. 246). Gute Kenntnisse über<br />

Produkte und deren Vermarktung bilden schliesslich die Grundlage <strong>für</strong> erfolgreiche<br />

Verkaufsaktivitäten in den lokalen Märkten. Auch die Vereinbarung und


Vertriebsgestaltung des Herstellers 247<br />

transparente Verrechnung der intern vom Hersteller erbrachten Leistungen führen<br />

zu einer höheren Zufriedenheit der Vertriebspartner. Durch die geregelte Verantwortlichkeit<br />

des Herstellers <strong>für</strong> die Erbringung der vereinbarten internen Leistungen<br />

steigt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und die Durchsetzung von Ansprüchen<br />

im Falle einer Nichterfüllung. Es kann kein positiver Einfluss der Zentralisierungsbestrebungen<br />

des Herstellers auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner gemessen<br />

werden.<br />

• Koordination und Unterstützung durch Information: Die Anstrengungen, die Hersteller<br />

im wichtigen Bereich der internen Informationspolitik unternehmen, zeigen<br />

einen überaus starken Einfluss auf die Zufriedenheit in den Märkten. Jede der vier<br />

aufgenommenen Ansätze (s. Abbildung 6-22, S. 246) weist hoch signifikante Mittelwertunterschiede<br />

bei den Gruppen auf. Der Ausbau interner Kommunikationskanäle,<br />

die Definition von Informationsstandards sowie die Unterstützung durch<br />

Informationen aus anderen Märkten zeigen allesamt einen starken Einfluss auf die<br />

Zufriedenheit der Vertriebspartner. Auch der Einsatz einer gemeinsamen Kundendatenbank<br />

kann wie es scheint, zur Erhöhung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern<br />

bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller beitragen (s. Abbildung<br />

6-22, S. 246).<br />

6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung<br />

Die hohe Bedeutung der Zufriedenheit der Vertriebspartner in einer internationalen<br />

Marktorganisation fordert ein systematisches Vorgehen. Dazu wird ein typischer Managementprozess<br />

zur Umsetzung einer internen Kundenorientierung modelliert (s.<br />

auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.), wie er bspw. von Bruhn (2002, S. 29) vorgeschlagen<br />

wird. Der Prozess beinhaltet die vier Phasen der Diagnose, der Planung, der Umsetzung<br />

und der Kontrolle (s. Abbildung 6-23, S. 248).<br />

Zunächst sind die Situation und die Bedürfnisse der internationalen Vertriebspartner<br />

als „interne Kunden“ zu analysieren (Rosenbloom 1990, S. 53). Hierzu muss festgelegt<br />

werden, ob sämtliche oder nur bestimmte Vertriebspartnergruppen betrachtet werden<br />

sollen. Durch die Befragung der ausgewählten Vertriebspartner können Verbesserungspotenziale<br />

bei den Massnahmen des Herstellers identifiziert werden. Im nächsten<br />

Schritt, der Planung, werden Ziele und Strategien festgelegt, um die Zusammenarbeit<br />

zu verbessern (Rosenbloom 1990, S. 53). In der Phase der Umsetzung finden die zuvor<br />

festgelegten Massnahmen der internen Kundenorientierung ihren Einsatz, deren Erfolg


248<br />

Kapitel 6<br />

in der Kontrollphase auf dem Prüfstand steht. In dieser letzten Phase ergeben sich<br />

wichtige Hinweise, die notwendige Verbesserungen bei der Vorgehensweise aufzeigen<br />

können. Im Folgenden werden die in einzelnen Prozessphasen zum Einsatz kommenden<br />

Instrumente und die zu treffenden Entscheidungen vorgestellt und diskutiert.<br />

� Zeit- und Organisationsvergleiche<br />

durchführen,<br />

� Erfolge von Massnahmen<br />

evaluieren,<br />

� Hinweise <strong>für</strong> Planung<br />

erarbeiten.<br />

� Technische, finanzielle<br />

und personelle<br />

Ressourcen mobilisieren,<br />

� Marktorganisation<br />

informieren und<br />

Widerstände überwinden.<br />

Umsetzung<br />

Kontrolle<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Planung<br />

Diagnose<br />

� Zu betrachtende Vertriebspartner<br />

festlegen,<br />

� Lokale Situationen und<br />

Bedürfnisse erfassen und<br />

analysieren,<br />

� Verbesserungspotenziale<br />

identifizieren.<br />

� Ziele und Strategien in der<br />

Zusammenarbeit festlegen<br />

und priorisieren,<br />

� Strategien und Massnahmen<br />

konfigurieren,<br />

� interne Verrechnung und<br />

Budget bestimmen.<br />

Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

Die dynamische Betrachtung ermöglicht es Herstellern, ein konkretes Vorgehen zu<br />

modellieren. Sie können die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern voranbringen, indem<br />

sie die vorgestellten Gestaltungsansätze entsprechend ihrer Ressourcenstärke<br />

auswählen und einsetzen.<br />

6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren<br />

Eine gründliche Diagnose steht am Anfang einer systematischen Verbesserung der<br />

Zusammenarbeit. Dazu ist festzulegen, welche Vertriebspartner betrachtet werden sollen.<br />

Eine Befragung gibt Aufschluss über lokale Situationen und hilft, Verbesserungspotenziale<br />

zu identifizieren, die als Basis der Konfiguration von Massnahmen dienen.<br />

Zu betrachtende Vertriebspartner festlegen<br />

In einem allerersten Schritt muss festgelegt werden, ob alle Vertriebspartner befragt<br />

werden sollen oder nur ausgewählte (bspw. nach Erfolg, Region, Konflikthäufigkeit,<br />

rechtlicher Zugehörigkeit). Bei der Bestimmung der zu befragenden Einzelpersonen,<br />

der „internen Kunden“, kommen einerseits lokale Geschäftsführer, andererseits aber


Vertriebsgestaltung des Herstellers 249<br />

auch produkt- oder bereichsverantwortliche Vertriebsmitarbeiter, etwa bei Vertretungen<br />

oder ggf. Verkaufspersonal in Frage. Die Identifizierung des zu befragenden Personenkreises<br />

stellt insbesondere in grossen Konzernen mit internationalen Standorten<br />

eine grosse Herausforderung dar und ist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden<br />

(Künzel 1999, S. 177). Es existiert eine grosse Anzahl an Marketing- und Vertriebsmitarbeitern,<br />

die als potenzielle interne Kunden in Frage kommen. Hierzu gehören<br />

bspw. die lokale Geschäftsführung, Mitarbeiter des lokalen Marketing, der Kommunikationsabteilung,<br />

der lokalen Servicebereiche, der Vertriebsleitung und des Vertriebsaussendienstes.<br />

Zunächst muss deshalb entschieden werden, welche Mitarbeiter überhaupt befragt<br />

werden sollen. Es können bspw. Mitarbeitergruppen aus Funktionsbereichen des Unternehmens<br />

ausgewählt werden, die sich in der Zusammenarbeit als besonders problematisch<br />

erweisen. So können in dieser Phase z. B. Mitarbeiter des Vertriebsaussendienstes<br />

im Mittelpunkt stehen, weil sich etwa die Zusammenarbeit mit diesen als besonders<br />

konfliktreich darstellt. Auch können Eingrenzungen auf bestimmte geografische<br />

oder kulturelle Gebiete sowie die hierarchische Stellung vorgenommen werden,<br />

um auch hier die Sichtweise von in sich homogenen Gruppen zu erfassen. Der Eingrenzung<br />

sind aus theoretischer Sicht wenige Grenzen gesetzt, auch Kombinationen<br />

verschiedener Segmentierungskriterien sind denkbar. In der Praxis sind jedoch meist<br />

konkrete Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen internen<br />

Wertschöpfungspartnern der Grund <strong>für</strong> eine genauere Betrachtung und eine entsprechende<br />

Berücksichtigung im Management. Deshalb sind die „internen Kundensegmente“<br />

in der Praxis meist bereits beim Zustandekommen des Projektes festgelegt.<br />

Merkmale der lokalen Situation erfassen<br />

Wurde eine „interne Kundengruppe“ ausgewählt, kann diese nach Verbesserungspotenzialen<br />

befragt werden. Hierbei genügt es nicht, direkt nach den zu verbessernden<br />

Aspekten zu fragen. Es sollten auch situative Variablen erfasst werden (s. Kapitel 4, S.<br />

78 ff.), die Hersteller <strong>für</strong> die Ursache unterschiedlicher lokaler Bedürfnisse halten<br />

(Rosenbloom 1990, S. 54). Zwar lassen sich diese lokalen Rahmenbedingungen meist<br />

nicht vom Hersteller beeinflussen. Sie tragen allerdings zum besseren Verständnis der<br />

lokalen Bedürfnisse bei und erhöhen damit die Zielgenauigkeit der Vertriebsgestaltung<br />

(Rosenbloom 1990, S. 54). Situative Unterschiede, die Unzufriedenheit verursachen,<br />

liegen dabei z. B. in den unterschiedlichen Bedürfnissen externer Kunden, in lokalen<br />

Kulturen, Normen und Gesetzen sowie in der geografischen Distanz (s. Kapitel 4, S.


250<br />

Kapitel 6<br />

78 ff.). Häufig führt auch die meist in der Anfangsphase der internationalen Aktivitäten<br />

noch geringe lokale Kompetenz zu besonderen Bedürfnissen an die zentrale Unterstützung<br />

und Führung (s. Absatz 4.1.3.3, S. 91 ff. und Absatz 6.3.6.2, S. 204 ff.).<br />

Verbesserungspotenziale identifizieren<br />

Um die wesentlichen Beurteilungskriterien der internen Zusammenarbeit aus dem<br />

Blickwinkel der Vertriebspartner zu ermitteln, empfehlen sich Fokusgruppengespräche<br />

und Interviews mit Vertriebspartnern. Bei der Zusammensetzung der Teilnehmer ist<br />

darauf zu achten, dass man je nach Problemlage möglichst unterschiedliche Vertriebspartner<br />

mit einbezieht (bspw. unabhängige und abhängige, grosse und kleine, Kernund<br />

Nebenmärkte, erfolgreiche und erfolglose, erfahrene und unerfahrene), um ein<br />

möglichst breites Spektrum an Wahrnehmungsdimensionen zu erhalten. Bereits durch<br />

die offene Diskussion im Rahmen eines interaktiven Workshops werden unterschiedliche<br />

Sichtweisen der Parteien deutlich und können begründet und vertieft werden. Um<br />

den Aufwand zu begrenzen, können Fokusgruppeninterviews bspw. im Rahmen des<br />

jährlichen Sales-Meetings durchgeführt werden. Als Ergebnis dieses Schrittes kann<br />

eine Liste der ermittelten Verbesserungspotenziale erstellt werden, anhand derer sämtliche<br />

betrachtete Vertriebspartner eine Bewertung der Teilaspekte vornehmen können.<br />

Hierbei ist zum einen die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Teilaspekt zu erfragen,<br />

zum anderen die Relevanz, die der Vertriebspartner dem Teilaspekt <strong>für</strong> seine lokale<br />

Geschäftstätigkeit beimisst. Für die Bewertung der Teilaspekte empfiehlt sich aus<br />

Kostengründen eine standardisierte schriftliche Befragung, in der auch die entsprechenden<br />

Situationsvariablen erfasst werden können. Beispiele <strong>für</strong> relevante Teilaspekte<br />

in der Zusammenarbeit wurden bereits in Tabelle 5-1 (Abschnitt 5.2, S. 110) aufgezeigt.<br />

Zur weiteren Analyse können Befragungsergebnisse in Form einer Matrix dargestellt<br />

werden (s. Abbildung 6-24, S. 251). Auf der Basis der Einordnung in die Matrix wiederum<br />

können die zufriedenheitsrelevanten Teilaspekte der Zusammenarbeit priorisiert<br />

werden. Abbildung 6-24 (S. 251) zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Befragung, die<br />

vom Autor bei einem mittelständischen Industrieunternehmen durchgeführt wurde.<br />

Die Bezeichnungen der Teilaspekte wurden dabei im ursprünglichen englischen Wortlaut<br />

der Untersuchung belassen.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 251<br />

Hoch<br />

Zufriedenheit<br />

Gering<br />

�Paying<br />

�Products/<br />

�Documents and forms behavior<br />

services<br />

�Warranty cases quality<br />

�Frequency of new<br />

products/services<br />

�Promotion material �Availability<br />

�New<br />

�Support<br />

�Technical/ �Meeting of<br />

product<br />

with<br />

commercial delivery<br />

opportunities<br />

manuals<br />

training dates<br />

�Informal<br />

etc.<br />

information<br />

�Availability in �Overall<br />

�Information emergency sales<br />

cases<br />

support<br />

�Market �Marketing<br />

exchange<br />

information coordination �IT-support/<br />

demanded<br />

�Order handling<br />

-systems<br />

�Timeliness of<br />

information<br />

�Profits from products<br />

�Financial reporting<br />

�Determining<br />

budgets<br />

Gering<br />

�Incentives<br />

�Sharing of costs<br />

Bedeutung<br />

�Information<br />

about bottle<br />

necks<br />

�Transfer prices<br />

�Market<br />

information<br />

provided<br />

�Response<br />

times<br />

�Price support<br />

Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-Bedeutungs-Diagramm<br />

Bei der Einordnung in das Diagramm kann das praktische Probleme auftreten, dass<br />

nicht klar ist, wo die Grenzen <strong>für</strong> die Quadranten festzulegen sind. Dabei ist schliesslich<br />

immer ein gewisser Ermessensspielraum gegeben. Der Autor hält es <strong>für</strong> sinnvoll,<br />

die Achsen der Matrix eher als ordinal denn als metrisch skaliert zu verstehen. Die<br />

Lage der Teilaspekte in der Matrix gibt demnach vor allem Aufschluss über die relative<br />

Bedeutung und Zufriedenheit zueinander. Betrachtet man bspw. die Verteilung der<br />

Zufriedenheit in verschiedenen empirischen Datensätzen, stellt man häufig eine<br />

Rechtssteilheit fest. Dies lässt darauf schliessen, dass Befragte dazu neigen, sich eher<br />

als zufrieden einzustufen, denn als unzufrieden. Das Ergebnis in Bezug auf einen bestimmten<br />

Teilaspekt ist deshalb immer im Vergleich zu anderen Teilaspekten zu sehen<br />

und entzieht sich einer absoluten Betrachtung. Um dieser Erkenntnis gerecht zu werden,<br />

kann der Ursprung des Koordinatensystems durch den Schwerpunkt der Punktewolke<br />

(arithmetisches Mittel von Zufriedenheit und Bedeutung über alle Variablen<br />

und alle Fälle) gelegt werden.<br />

6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen<br />

Nachdem die Koordinaten des Diagramms festgelegt wurden und sämtliche <strong>für</strong> die<br />

Zusammenarbeit relevanten Aspekte erfasst und in das Diagramm aufgenommen wurden,<br />

kann bereits eine Priorisierung vorgenommen werden.<br />

Hoch


252<br />

Kapitel 6<br />

Wichtig und zugleich dringend scheint eine Verbesserung der Teilaspekte, die in<br />

Quadrant 1 liegen (s. Abbildung 6-25, S. 252). Diese weisen trotz ihrer hohen Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit keine zufrieden stellende Ausprägung auf. Gerade<br />

aufgrund ihrer hohen Bedeutung bergen diese Aspekte der Zusammenarbeit besondere<br />

Konfliktpotenziale in sich. Hierzu gehören im oben dargestellten Beispiel<br />

(Abbildung 6-24, S. 251) die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Marktinformationen,<br />

Transferpreise, Unterstützung in Preiskämpfen, Länge von Antwortzeiten, Informationen<br />

bei Engpässen sowie die allgemeine Gestaltung von Margen der Produkte.<br />

Ziel ist es <strong>für</strong> diese Aspekte Lösungsalternativen zu finden, die die Zufriedenheit<br />

erhöhen und so dazu führen, dass sich die Aspekte in den Quadranten 3 bewegen.<br />

Hoch<br />

Zufriedenheit<br />

Gering<br />

4<br />

Gering<br />

Externe Einflüsse verändern<br />

Bedeutung<br />

„Einsparen“ „Beobachten“<br />

„Beobachten“<br />

Bedeutung<br />

„Verbessern“<br />

2 1<br />

Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten<br />

3<br />

Hoch<br />

Potenzial <strong>für</strong><br />

Verbesserungen<br />

Weiterer Handlungsbedarf besteht bei den Teilaspekten, die sich in Quadrant 4 befinden.<br />

In Bezug auf diese Aspekte besteht bei den Vertriebspartnern eine hohe Zufriedenheit,<br />

obwohl sie nach deren Einschätzung keine Rolle <strong>für</strong> die lokale Geschäftstätigkeit<br />

spielen. An dieser Stelle kann der Hersteller Ressourcen einsparen, indem er<br />

sein Engagement und seinen zeitlichen Einsatz bei betroffenen Aspekten abbaut. Freiwerdende<br />

Ressourcen können <strong>für</strong> Teilaspekte in Quadrant 1 reinvestiert werden.<br />

Durch die veränderte Schwerpunktbildung nimmt die Zufriedenheit mit den Aspekten<br />

des Quadranten 4 ab und wird damit der geringen Bedeutung gerecht. Den dadurch in<br />

Quadrant 2 befindlichen Aspekten muss der Hersteller kein weiteres Engagement entgegenbringen.<br />

Jedoch sollte er diese beobachten, da externe Einflüsse wie z. B. Ver-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 253<br />

änderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder von Kundenbedürfnissen die Bedeutung<br />

einzelner Aspekte erhöhen können. In diesem Fall ist ggf. zu intervenieren. Es<br />

stehen damit drei strategische Alternativen zur Verfügung: Verbessern, Einsparen und<br />

Beobachten.<br />

Für die ausgewählten Aspekte kann nun eine Zielposition festgelegt werden. Vorteilhaft<br />

ist es an dieser Stelle, Datenmaterial anderer Messungen (z. B. aus den Vorjahren)<br />

oder von weiteren Unternehmen als Benchmark einzusetzen. Auf diese Weise gelingt<br />

es, den eigenen Standort zu reflektieren und auch bei der Bestimmung der Ziele ein<br />

besseres Fingerspitzengefühl zu entwickeln. Ggf. müssen an dieser Stelle Teilaspekte<br />

von der Analyse ausgeschlossen werden, etwa weil sich bereits aktuelle Projektgruppen<br />

ihrer annehmen. Hierbei ist die Information nützlich, ob sich die ggf. bereits eingeleiteten<br />

ersten Massnahmen als wirksam erweisen oder nicht. Das kann bereits durch<br />

die Befragung erfasst werden.<br />

Ist die Zielposition bestimmt und sind die zu betrachtenden Teilaspekte abgegrenzt,<br />

stellt sich die Frage, wie die Zufriedenheit mit einzelnen Teilaspekten erhöht werden<br />

kann. Hierzu stehen dem Unternehmen eine grosse Anzahl von Massnahmen zur Verfügung<br />

(s. Abschnitt 6.3, S. 159). Die Strategien hängen dabei von den inhaltlichen<br />

Bezugspunkten der identifizierten Aspekte der Zusammenarbeit ab. Das strategische<br />

Entscheidungsfeld gestaltet sich bspw. bei Aspekten der Kultur und Kommunikation<br />

grundlegend anders als bei Aspekten der Unterstützung bei der Auftragsabwicklung<br />

oder beim After-Sales Services. Eine gute Kenntnis der Problemlage ist notwendig,<br />

um einerseits möglichst gute Problemlösungen zu finden, andererseits aber auch die<br />

Kosten <strong>für</strong> die Lösungen in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Hinweise von Vertriebspartnern<br />

oder ggf. gemeinsame Lösungsworkshops geben auch hierbei entsprechend<br />

Aufschluss und helfen, adäquate Lösungen zu entwickeln. Dabei können gleichzeitig<br />

die Vertriebspartner verpflichtet werden, die gemeinsam entwickelten Massnahmen<br />

auch umzusetzen.<br />

Die <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit zusätzlich benötigten Budgets hängen<br />

selbstverständlich grundlegend von den gewählten Strategien und Massnahmen ab.<br />

Die organisatorische Umgestaltung z. B. durch die Einführung länderübergreifender<br />

Verkaufsteams schlägt sich anders nieder als die Einführung eines Newsletters, der die<br />

Kommunikation zu den dezentralen Einheiten unterstützt. Zudem muss die Verteilung<br />

des Budgets auf die zentralen und dezentralen Einheiten berücksichtigt werden. Teilweise<br />

kann das zur Verfügung stehende Budget <strong>für</strong> bestimmte Massnahmen (aus Sicht


254<br />

Kapitel 6<br />

zentraler Bereiche) dadurch erhöht werden, indem Mitarbeiter internationaler Vertriebseinheiten<br />

überzeugt und an den benötigten Mitteln beteiligt werden.<br />

6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren<br />

Bedeutsam <strong>für</strong> eine konsequente Implementierung ist zum einen die Umsetzung im<br />

Sinne der Festlegung von konkreten Inhalten und Massnahmen und zum anderen die<br />

Durchsetzung dieser im Sinne der Erzielung einer breiten Akzeptanz der Umsetzungsmassnahmen<br />

in der gesamten Vertriebsorganisation (Belz 1981, S. 382). Zunächst<br />

muss, wie bereits betont, die Finanzierbarkeit der Lösungen sichergestellt werden.<br />

Dazu sind zusätzliche Ressourcen aus zentralen Budgets zu mobilisieren oder<br />

aber Kürzungen an anderer Stelle vorzunehmen. Dies hängt vor allem vom Umfang<br />

des Vorhabens ab. Ebenso müssen detaillierte Pläne zur technischen Umsetzung erarbeitet<br />

werden. Insbesondere bei der Einführung neuer IT-Tools und -Systeme können<br />

bereits kleinere technische Fehler zum Zeitpunkt der Umsetzung eine Inakzeptanz gegenüber<br />

der Anwendung hervorrufen, wodurch das Vorhaben leicht scheitern kann.<br />

Die inhaltliche, technische und finanzielle Stimmigkeit der Lösungsansätze ist allerdings<br />

nur die notwendige Bedingung <strong>für</strong> den Erfolg der Massnahmen. Als hinreichende<br />

Voraussetzung ist darüber hinaus die Überzeugung und Mobilisierung der Mitarbeiter<br />

in der Vertriebsorganisation gefordert.<br />

Denn bei der Umsetzung überwiegen nicht die sachlichen, sondern die emotionalen,<br />

personellen und kulturellen Widerstände gegen Massnahmen, die von der Zentrale<br />

getroffen werden (Belz 1981, S. 380; Belz 1998, S. 620). Vor allem die Mitarbeiter<br />

der Zentrale, aber auch alle anderen an der Entwicklung von Lösungen beteiligten<br />

Mitarbeiter der Vertriebsorganisation haben die Aufgabe, diese Überzeugungsarbeit zu<br />

leisten. Bestehende Zweifel und falsche Vorstellungen müssen abgebaut (Belz 1981,<br />

S. 363) und der Nutzen der Lösungen verdeutlicht werden. Indem Vertriebspartner<br />

bereits bei Diagnose und Planung konsequent einbezogen werden, werden die Massnahmen<br />

eher akzeptiert. Ggf. sind einzelne Teams aus dezentralen und zentralen Mitarbeitern<br />

zu bilden, die jeweils als „Pate“ <strong>für</strong> ihre Lösung einstehen und weit reichende<br />

Informations- und Erklärungsarbeit übernehmen. Auch Leiter von Vertriebsgesellschaften<br />

müssen an der inhaltlichen Umsetzung arbeiten und diese mit ihren Mitarbeitern<br />

vorantreiben und stützen (George/Grönroos 1995, S. 72 ff.).<br />

Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, Vertriebsleiter aus der Zentrale hätten in<br />

erster Linie Widerstände der Vertriebspartner zu überwinden. Von diesen werden Lö-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 255<br />

sungen, die an ihren Problemen ansetzen, teilweise sehr begrüsst und sogar unterstützt.<br />

Jedoch sind auch in der Zentrale meist mehrere Abteilungen von den erarbeiteten Lösungsansätzen<br />

betroffen. Die eigentliche Herausforderung besteht deshalb <strong>für</strong> Vertriebsleiter<br />

aus der Zentrale meist darin, die internen Hürden im Stammhaus zwischen<br />

Marketing, After-Sales Services, Logistik, Produktion und je nach Spezialisierungsgrad<br />

weiteren zentralen Abteilungen zu überwinden. Hierzu bedarf es häufig neben<br />

einer umfangreichen Information und informellen Absprachen auch einem Top-<br />

Management Support, der sicherstellt, dass die Bedeutung des Vorhabens sich auch<br />

dort manifestiert. Es bietet sich daher an, Mitarbeiter der jeweils betroffenen Abteilungen<br />

ebenfalls in die Entwicklung von Lösungen einzubinden. Damit wird die Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong> geschaffen, dass die Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden.<br />

Vertriebspartner berichten teilweise darüber, dass bereits angekündigte Massnahmenpakete<br />

nie zum Einsatz gekommen sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Hierdurch werden das Misstrauen und die Vorurteile gegenüber dem Hersteller weiter<br />

geschürt. Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft der Vertriebspartner ab, sich bei weiteren<br />

Projekten der Zusammenarbeit zu engagieren, was deren Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

senkt. Die konsequente und gewissenhafte Umsetzung stellt somit die herausforderndste<br />

Aufgabe im Prozess zur Verbesserung der Zusammenarbeit dar.<br />

6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche<br />

Nach der Umsetzung einzelner Massnahmen können einmalige oder regelmässige<br />

Kontrollen eingesetzt werden, um Fortschritte zu erfassen. Bei der Kontrolle wird<br />

noch einmal deutlich, ob die formulierten Ziele hinreichend präzise formuliert wurden<br />

und inwieweit diese realisiert werden konnten. Konnten Ziele nicht hinreichend erfüllt<br />

werden, lässt dies zweierlei Rückschlüsse zu: Zum einen ergibt sich ein Bild über die<br />

Realitätsnähe der Zielbildung. Die verantwortlichen Manager erhalten ein Gefühl da<strong>für</strong>,<br />

in welchem Ausmass Steigerungen der Zufriedenheit realistischerweise überhaupt<br />

möglich sind. Zum anderen gibt eine schlechte Zielerreichung auch Hinweise <strong>für</strong> die<br />

Auswahl und den Einsatz der Massnahmen, die bei der weiteren Umsetzung zu berücksichtigen<br />

sind. Die Kontrollphase ist deshalb unerlässlich, um die Qualität des<br />

Managementprozesses zu verbessern. Sie spielt ebenso eine wichtige Rolle <strong>für</strong> die<br />

Manager im Stammhaus, die nicht selten in der internen Kritik stehen und in der Herstellerorganisation<br />

die Kosten und Erfolge ihrer Aktivitäten detailliert kommunizieren<br />

und verteidigen müssen.


256<br />

Kapitel 6<br />

Zur Kontrolle können Zeit- und Organisationsvergleiche herangezogen werden. Zeitvergleiche<br />

geben einen guten Aufschluss darüber, wie sich die betrachteten Zufriedenheitswerte<br />

im Verlauf der Zeit entwickeln. Zeitvergleiche sind insbesondere <strong>für</strong> die<br />

Wirkungskontrolle der eingesetzten Massnahmen heranzuziehen. Ob sich die Zusammenarbeit<br />

in einer Vertriebsorganisation im Laufe der Betrachtungsperiode verbessert<br />

hat, kann damit überprüft werden. Allerdings kann keine Aussage darüber getroffen<br />

werden, ob die Zusammenarbeit im Vergleich zum Wettbewerb eine bessere oder<br />

schlechtere Ausgangsposition verschafft. Unternehmen benötigen deshalb weitere Bezugspunkte,<br />

mit denen sie ihre Zusammenarbeit vergleichen können. Da ein direkter<br />

Vergleich mit Wettbewerbsorganisationen meist aus strategischen Gründen ausgeschlossen<br />

wird, ziehen Hersteller entweder Vertriebsorganisationen anderer Divisionen<br />

oder anderer Hersteller heran, um durch ein Benchmarking ihre eigene Position zu<br />

ermitteln. Zeit- und Organisationsvergleiche schliessen sich nicht aus, vielmehr erzeugen<br />

sie ein ergänzendes Bild über den Stand der Zusammenarbeit. Abbildung 6-26 (S.<br />

256) zeigt die Möglichkeiten der Kontrolle.<br />

Organisationsvergleich<br />

Zeitvergleich<br />

Teilaspekte Gesamtzufriedenheit<br />

Sehr<br />

unzufrieden Zufriedenheit<br />

Sehr<br />

zufrieden<br />

1<br />

Informationen über<br />

Lieferengpässe<br />

Bereitstellung von<br />

Marktinformationen<br />

Antwortzeiten bei<br />

Anfragen<br />

Unterstützung bei<br />

Preiskämpfen<br />

2 3 4 5 6<br />

Firma y<br />

Firma x Firma z<br />

7<br />

Informationen über<br />

Lieferengpässe<br />

Bereitstellung von<br />

Marktinformationen<br />

Antwortzeiten bei<br />

Anfragen<br />

Unterstützung bei<br />

Preiskämpfen<br />

Sehr<br />

unzufrieden<br />

Zufriedenheit<br />

Sehr<br />

zufrieden<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

t-1 t0<br />

Gesamtindex<br />

Gesamtzufriedenheit<br />

• Firma x: 25.47 Punkte,<br />

• Firma y: 26.59 Punkte,<br />

• Firma z: 29.01 Punkte.<br />

Gesamtindex<br />

Gesamtzufriedenheit<br />

• Zeitpunkt t-1:<br />

26.12 Punkte,<br />

• Zeitpunkt t 0:<br />

25.47 Punkte.<br />

Dimensionen<br />

7<br />

5<br />

1<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4<br />

2<br />

6 3<br />

Dimensionen<br />

7<br />

5<br />

1<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4<br />

2<br />

6 3<br />

Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich <strong>für</strong> Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit<br />

Neben der Wahl des Vergleichsobjektes können unterschiedliche Inhalte zum Gegenstand<br />

eines Vergleiches gemacht werden. Die Zufriedenheit mit Teilaspekten oder aber<br />

die Zufriedenheit mit der gesamten Zusammenarbeit können als Vergleichsinhalt dienen.<br />

Der Vergleich von Teilaspekten ist zum einen <strong>für</strong> eine detaillierte Diagnose, zum<br />

anderen aber auch <strong>für</strong> die Wirksamkeitskontrollen der Massnahmen heranzuziehen.<br />

Die Teilaspekte geben Aufschluss über das Zustandekommen von Gesamturteilen.<br />

Beim Organisationsvergleich kann bspw. die Bedeutung von Teilaspekten aufgrund


Vertriebsgestaltung des Herstellers 257<br />

von Branchenunterschieden stark variieren. Diese Unterschiede können durch eine<br />

Detailanalyse von Teilaspekten ebenfalls aufgedeckt werden. Analysen der Teilaspekte<br />

geben dem verantwortlichen Management damit wichtige Informationen <strong>für</strong> die Planung<br />

und den Einsatz von Massnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit.<br />

Für die Gesamtbeurteilung der Zusammenarbeit scheint es sinnvoll, eine Komprimierung<br />

der Daten vorzunehmen, um die aspektübergreifende Leistungsfähigkeit der<br />

Zentrale schnell und übersichtlich darstellen zu können (Stauss/Neuhaus 1995, S.<br />

595). Diese können ggf. auch <strong>für</strong> die Leistungsbewertung des zentralen <strong>Vertriebsmanagement</strong>s<br />

herangezogen werden (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173). Hierbei scheinen zwei<br />

Aggregationsstufen sinnvoll: Ein globales Mass <strong>für</strong> die Gesamtzufriedenheit gibt einen<br />

Gesamtüberblick. Masse <strong>für</strong> die einzelnen Beurteilungsdimensionen geben hingegen<br />

Einblicke in die verschiedenen internen Leistungsdimensionen des Herstellers. Dabei<br />

kann in beiden Fällen ein Ratingverfahren und <strong>für</strong> zeitliche Vergleiche ggf. eine Indexierung<br />

vorgenommen werden, die Zufriedenheitsurteile und Bedeutungen der Teilaspekte<br />

miteinander verbindet (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595 f.).<br />

Als Grundlage der Berechnung eines Ratingwertes dienen Daten aus einer standardisierten<br />

Befragung der Vertriebspartner. Zufriedenheits- und Bedeutungswerte zu den<br />

einzelnen Teilaspekten können dabei durch fünf- oder siebenstufige Ratingskalen erhoben<br />

werden. Siebenstufige Ratingskalen erhöhen einerseits die Komplexität <strong>für</strong> den<br />

Befragten, weisen andererseits aber meist eine höhere Streuung auf, weshalb sie besseren<br />

Aufschluss geben können. Aus diesen Daten berechnet man die arithmetischen<br />

Mittelwerte sämtlicher Zufriedenheits- und Bedeutungswerte (Gleichung 1 und Gleichung<br />

2). Auf Basis der Mittelwerte kann schliesslich der Ratingwert R ermittelt werden<br />

(Gleichung 3).<br />

(1) i z~ = Mittelwert der Zufriedenheitsvariable zi über alle Fälle fj,<br />

<strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />

z~<br />

i = ∑ =1<br />

1 j<br />

m<br />

m<br />

zij<br />

, <strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />

(2) i b~ = Mittelwert der Bedeutungsvariable bi über alle Fälle fj,<br />

<strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />

b i<br />

~ = ∑ =1<br />

1 j<br />

bij<br />

, <strong>für</strong> i = 1 bis n und j = 1 bis m<br />

m m<br />

(3) S = Salespartner-Satisfaction Score<br />

S = ∑ = 1 1 ~ ~<br />

⋅<br />

i<br />

zi<br />

bi<br />

, <strong>für</strong> i = 1 bis n<br />

n<br />

n


258<br />

Kapitel 6<br />

Der Maximalwert des Ratings liegt bei siebenstufigen Skalen demnach bei einem Wert<br />

von 49, der Minimalwert bei 1. In der Realität liegen Werte irgendwo zwischen diesen<br />

Grenzwerten. Um auch Vergleiche mit solchen Befragungsergebnissen herstellen zu<br />

können, bei denen andere Ratingskalen verwendet wurden, ist der tatsächlich erreichte<br />

Wert ins Verhältnis zum Maximalwert zu setzen. Hierdurch erhält man eine relative<br />

Punktwerterreichung. Dem Autor bekannte Unternehmen, die nach diesem Verfahren<br />

die Zufriedenheit ihrer Vertriebsorganisation evaluieren, erreichen zwischen 50 und 65<br />

Prozent der maximalen Punktzahl.<br />

Andere Verfahren ermitteln lediglich die Summe der Produkte aus mittleren Zufriedenheits-<br />

und Bedeutungsvariablen. Einem solchen Vorgehen ist das vorgestellte Verfahren<br />

überlegen, denn es ist gegen Verzerrungen resistent, die durch Hinzufügen,<br />

Veränderung oder Entfernen einzelner Variablen entstehen. Dies ist in der Praxis im<br />

Laufe der Zeit häufig notwendig, da sich durch technologische, markt- und organisationsbezogene<br />

Veränderungen die wichtigen Teilaspekte und damit die zu erfassenden<br />

Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen ändern.<br />

Das aufgezeigte Verfahren lässt sich selbstverständlich auch <strong>für</strong> die Analyse der einzelnen<br />

in Abbildung 6-26 (S. 256) dargestellten Beurteilungsdimensionen verwenden<br />

(s. auch Abschnitt 5.3, S. 112 ff.). Dazu sind pro Dimension lediglich die jeweils zugehörigen<br />

Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen mit einzubeziehen. Es ergeben<br />

sich in diesem Fall je nach Auswertung Punkt- oder Verhältniswerte pro Beurteilungsdimension.<br />

6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen<br />

Es hat sich in Absatz 6.4.1 (S. 247 ff.) gezeigt, dass <strong>für</strong> eine nachhaltige Verbesserung<br />

der Zusammenarbeit nicht alleine die Kenntnisse über mögliche Gestaltungsansätze<br />

ausreichen. Vielmehr müssen Instrumente eingesetzt werden, um eine gründliche Diagnose<br />

der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das Bauchgefühl des Stammhausmanagers<br />

führt häufig zu anderen Ergebnissen als die Befragung der Vertriebspartner selbst.<br />

Fehleinschätzungen in der Diagnose führen leicht dazu, dass Massnahmenpakete ihr<br />

Ziel verfehlen. Es zeigt sich, dass bereits eine schriftliche Befragung und Auswertung<br />

ein hohes Ausmass an Detailplanung und Tiefgang verlangen.<br />

Für die Auswahl und Umsetzung von Massnahmen werden hingegen andere Fähigkeiten<br />

benötigt. Es ist abzuschätzen, welchen Aufwand, welche Wirkung in der Zusammenarbeit<br />

und welche Wahrscheinlichkeit der reibungslosen Umsetzung die zur Ver-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 259<br />

fügung stehenden Massnahmen mit sich bringen. Während der Umsetzung sind soziale<br />

Kontakte zu nutzen und personelle Widerstände durch Überzeugung und Fingerspitzengefühl<br />

zu überwinden. Erst durch eine regelmässige Kontrolle mit Hilfe von Zeitund<br />

Organisationsvergleichen gelingt es, objektiv den Erfolg der Anstrengungen und<br />

die Position der Vertriebsorganisation zu ermitteln. Hierdurch werden Potenziale und<br />

Stärken im internationalen Vertrieb sichtbar. Durch eine systematische und regelmässige<br />

Wiederholung des Prozesses kann die Wettbewerbsfähigkeit der Vertriebsorganisation<br />

kontinuierlich verbessert werden, die die Basis <strong>für</strong> nachhaltigen Vertriebserfolg<br />

darstellt.<br />

6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung<br />

6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien<br />

Der Abschnitt 6.5 untersucht, wie drei unterschiedliche Firmen die Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Vertriebspartnern gestalten. Die Betrachtung der Unternehmenssituationen<br />

und Lösungen in einem Gesamtzusammenhang scheint ergiebig, um die in<br />

den vergangenen Abschnitten 6.2 (S. 139 ff.) bis 6.4 (S. 247 ff.) erarbeiteten operativen<br />

und strategischen Gestaltungsansätze zu illustrieren. Darüber hinaus können Gestaltungsansätze<br />

in ihrem situativen Kontext dargestellt sowie Einflussfaktoren und Zusammenhänge<br />

bei der Wahl und dem Einsatz der Gestaltungsansätze interpretiert werden.<br />

Damit trägt die inhaltliche Durchdringung der Fälle „BASF AG“, „Gallus Ferd.<br />

Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ dazu bei, die Antworten auf die Forschungsfragen 2<br />

und 3 (s. Abschnitt 1.3, S. 6 ff.) noch einmal in einen konkreten Zusammenhang zu<br />

stellen.<br />

Zur Datenerhebung wurde in den drei Fällen eine Kombination aus heuristischen, qualitativ-empirischen<br />

und quantitativ-empirischen Methoden eingesetzt. An dieser Stelle<br />

sei noch einmal auf die Details der eingesetzten Methoden verwiesen, die bereits in<br />

den Absätzen 2.4.1 (S. 34 ff.) und 2.4.2.3 (S. 46) ausführlich dargestellt und erörtert<br />

wurden (s. Tabelle 2-3, S. 37 und Tabelle 2-7, S. 48). Bei der Auswahl der Fallstudien<br />

wurde das Ziel verfolgt, solche Unternehmen mit einzuschliessen, die möglichst unterschiedliche<br />

Ausgangslagen besitzen. Dazu wurden ein Kleinunternehmen, ein mittelständisches<br />

Unternehmen und ein Grosskonzern herangezogen, die jeweils aus unterschiedlichen<br />

Branchen stammen und verschiedene Vertriebsorganisationen aufweisen.<br />

Die Unterschiedlichkeit der Fälle soll Parallelen und Akzente betonen, die sich in der<br />

Zusammenarbeit mit internationalen Vetriebspartnern und deren Gestaltung <strong>für</strong> den<br />

Hersteller ergeben.


260<br />

Kapitel 6<br />

Abbildung 6-27 (S. 260) zeigt die unterschiedlichen Konstellationen der betrachteten<br />

Unternehmensfälle. Die Herstellerunternehmen haben verschiedene Unternehmensgrössen,<br />

die sich u. a. in Unterschieden in der Vertriebsorganisation niederschlagen.<br />

Grösse des<br />

Herstellerunternehmens<br />

Grossunternehmen<br />

Mittelunternehmen<br />

Kleinunternehmen<br />

herstellereigen<br />

kooperativ herstellerfremd<br />

Vertriebsform<br />

BASF AG<br />

Gallus Ferd.<br />

Rüesch AG<br />

Nanosurf AG<br />

Unternehmensfälle<br />

Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien<br />

• Die Nanosurf AG ist ein Schweizer Kleinunternehmen am Standort Liestal. Der<br />

weltweite Vertrieb von Hightechgeräten wird aus Ressourcengründen<br />

(Sum/Reinhold 2004, S. 32) ausschliesslich von herstellerfremden Distributoren<br />

wahrgenommen.<br />

• Die Gallus Ferd. Rüesch AG ist ein mittelständisches Unternehmen in der grafischen<br />

Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Unternehmen setzt international<br />

verschiedene Vertriebsformen ein. So existieren in wichtigen Märkten, in<br />

denen das Unternehmen bereits seit vielen Jahren präsent ist, eigene Vertriebsgesellschaften.<br />

Seit einigen Jahren kooperiert Gallus eng mit dem Unternehmen Heidelberg,<br />

das sich im Jahr 1999 bei Gallus beteiligt hat und über dessen Vertriebsgesellschaften<br />

Gallus insbesondere in starken Wachstumsmärkten wie Osteuropa, Asien<br />

und Lateinamerika präsent ist. In anderen Märkten greift man hingegen auf unabhängige<br />

Distributoren zurück.<br />

• Die BASF AG mit Hauptsitz in Ludwigshafen gehört mit etwa 46'500 Mitarbeitern<br />

in Deutschland zu den grössten industriellen Arbeitgebern des Landes und ist der<br />

grösste Chemiekonzern weltweit. Die im Fall betrachtete Division Feinchemikalien<br />

erfuhr im Jahre 2001 eine Reorganisation, seitdem werden Vertriebsaufgaben in den


Vertriebsgestaltung des Herstellers 261<br />

verschiedenen Märkten ausschliesslich von herstellereigenen Vertriebsmitarbeitern<br />

wahrgenommen.<br />

Die folgenden Absätze 6.5.2 (S. 261 ff.) bis 6.5.4 (S. 286 ff.) zeigen die Anstrengungen,<br />

die von den Herstellern „Nanosurf AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „BASF<br />

Fine Chemicals Europe“ zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit ihren internationalen<br />

Vertriebspartnern durchgeführt wurden. Sämtliche Informationen zu den Fällen<br />

stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus der in Tabelle 2-7 (S. 48) dargestellten<br />

Datenbasis.<br />

6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen<br />

Der Fall der Nansosurf AG zeigt, wie ein Kleinunternehmen mit flachen Hierarchien<br />

und geringer Ressourcenstärke vorgeht, um die Zusammenarbeit mit internationalen<br />

Distributoren zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie sind die Übernahme<br />

von Informationsaufgaben durch den Hersteller (s. auch Absatz 6.3.8.1, S.<br />

230 ff.), der Umgang mit Spezialanfragen und deren Integration in den Prozess des<br />

Neuproduktmanagements (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie die Weiterentwicklung<br />

des Reporting (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.).<br />

6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf<br />

Die Nanosurf AG ist ein Hightech-Unternehmen im schnell wachsenden Markt der<br />

Nanotechnologie und ein Spin-off der Universität Basel. Seit der Gründung im Jahr<br />

1997 hat das Unternehmen ein bemerkenswertes, organisches Wachstum erlebt und<br />

beschäftigt zz. achtzehn Mitarbeiter. Der Firmensitz ist der Technologiepark „Tenum“<br />

in Liestal, Schweiz, von wo aus das Unternehmen innovative und preiswerte Raster-<br />

Sondenmikroskope mit Auflösungen im Nanometer-Bereich entwickelt, produziert<br />

und vertreibt.<br />

Organisation im Stammhaus<br />

In den ersten Jahren nach der Gründung gab es zur Organisationsentwicklung bei Nanosurf<br />

kein explizites, auf Papier festgehaltenes Konzept. Alle wichtigen Entscheidungen<br />

wurden demokratisch gefällt, wobei alle Mitarbeiter sehr weite Spielräume besassen.<br />

Konflikte wurden nach Angaben der Mitarbeiter „offen und fair ausgetragen und<br />

nicht durch eine starre Hierarchie unterdrückt“ (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3,<br />

S. 37). Die Vorteile der schnellen Kommunikation und der hohen Flexibilität, die diese<br />

Konstellation ermöglichte, wurden allerdings mit der Zeit durch verschiedene


262<br />

Kapitel 6<br />

Nachteile überlagert, so z. B. durch Redundanzen, Unklarheiten in der Zuständigkeit<br />

und Unstimmigkeiten. Aufgrund der zunehmenden Unternehmensgrösse wurde deshalb<br />

im September 2003 eine stärkere organisationale Strukturierung vorgenommen.<br />

An der Spitze des Unternehmens stehen nun Dr. Robert Sum als CEO und Dr. Lukas<br />

Howald als Verwaltungsratspräsident. Nanosurf besitzt die drei Organisationseinheiten<br />

Produktion, Produktentwicklung sowie Marketing und Verkauf. Weitere Funktionen<br />

wie bspw. der Einkauf werden je nach Bedarf von den operativen Kernabteilungen<br />

selbst wahrgenommen.<br />

Produktportfolio des Unternehmens<br />

Das Unternehmen verfügt über drei Produktlinien, die auf unterschiedliche Kundensegmente<br />

abzielen:<br />

• „easyScan STM“ ist eine Lösung <strong>für</strong> die Marktnische schulische und universitäre<br />

Ausbildung sowie angewandte Forschung,<br />

• „easyScan AFM“ wird auf dem Massenmarkt <strong>für</strong> industrielle Qualitätskontrollen<br />

sowie industrielle Forschung und Entwicklung angeboten,<br />

• „easyPLL“ ist ein „Top-Level“ Technologiebaustein <strong>für</strong> professionelle Anwendungen<br />

in der Grundlagenforschung.<br />

Die wichtigen Vorteile sämtlicher Nanosurf-Produkte liegen in ihrer einfachen und<br />

mobilen Nutzung sowie den relativ niedrigen Anschaffungskosten. Mit der Kommerzialisierung<br />

eines Mikroskops zur Oberflächenanalyse, das einfacher aufgebaut ist als<br />

die Konkurrenzgeräte und zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten werden<br />

kann, hat die Nanosurf AG den Markteintritt gut geschafft. Obwohl die Nanosurf AG<br />

zu den kleineren Anbietern auf dem Weltmarkt von über 100 Mio. Euro gehört, hat sie<br />

mit ihren innovativen Lösungen die Marktnische <strong>für</strong> Geräte zur Ausbildung von Studierenden<br />

an Hochschulen und Fachhochschulen erfolgreich besetzt und bietet zudem<br />

<strong>für</strong> industrielle Kunden ein preiswertes und robustes Einstiegsgerät <strong>für</strong> die Oberflächenanalyse<br />

im Nanometerbereich.<br />

Internationale Vertriebsorganisation<br />

Verantwortlich <strong>für</strong> den Vertrieb ist Dr. Loris Scandella, der die Abteilung Marketing<br />

und Verkauf leitet. Wie in der Branche üblich, werden die physikalisch-chemischen<br />

Messgeräte auch bei Nanosurf über technisch versierte und qualifizierte Distributoren<br />

abgesetzt. Es wurden solche Distributoren ausgewählt, die komplementäre Ana-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 263<br />

lytikinstrumente anderer Wettbewerber verkaufen und deshalb zwar Zugang und<br />

Kenntnisse über Kunden und lokale Märkte besitzen, aber trotzdem nicht in Konkurrenz<br />

zu den Nanosurf-Produkten stehen. Die im Branchenvergleich hohen Margen<br />

von bis zu 45 Prozent machen Nanosurf <strong>für</strong> Distributoren ausgesprochen attraktiv.<br />

Ein Vertrieb über eigene Tochtergesellschaften war und ist <strong>für</strong> das Unternehmen bisher<br />

aufgrund der geringen Finanzkraft weder finanzierbar noch wäre dies aufgrund der<br />

kleinen Marktvolumina in den einzelnen Regionen rentabel. Die Distribution erfolgt<br />

deshalb hauptsächlich durch das Vertriebsnetz von weltweit achtzehn unabhängigen<br />

Partnern. Gesondert betrachtet werden muss der Markt der Ausbildung, welcher zentral<br />

vom deutschen Didaktikvertrieb, der LD Didactic GmbH (ehemals „Leybold Didactic“)<br />

geführt wird. In Ländern und Regionen ohne lokalen Vertriebspartner und <strong>für</strong><br />

Spezialanfertigungen findet ein Direktvertrieb ab Werk statt.<br />

Die Distributoren sind <strong>für</strong> Nanosurf der mit Abstand umsatzstärkste Verkaufskanal,<br />

mit dem das Unternehmen zz. 32 Länder in den Regionen Europa, Asien, Amerika und<br />

Ozeanien abdeckt (Abbildung 6-28, S. 264). Dazu folgende Details:<br />

• Europa: Im Jahr 1997 hat die Gesellschaft die ersten Vereinbarungen mit einigen<br />

Distributionspartnern abgeschlossen. Anfänglich wurde in erster Linie die Marktregion<br />

Europa bearbeitet, wo heute noch der grösste Umsatzbeitrag erzielt wird. In<br />

Kontinentaleuropa erfolgt der Vertrieb durch eine einzige Vertriebsgesellschaft, die<br />

Schweizer Schaefer Holding AG und ihre jeweiligen internationalen Tochtergesellschaften,<br />

welche <strong>für</strong> verschiedene Gebiete verantwortlich sind. Für Grossbritannien<br />

und Irland hat Nanosurf einen weiteren Distributor gewählt, der besondere Marktkenntnisse<br />

besitzt und früher <strong>für</strong> einen Wettbewerber gearbeitet hat.<br />

• Amerika: In den USA ist <strong>für</strong> Nanosurf ein einzelner Distributor zuständig, der bis<br />

dahin bei einem Spezialhändler gearbeitet und dort bereits Nanosurf- und Komplementärprodukte<br />

verkauft hatte. Nachdem dieser eine eigene Vertriebsgesellschaft<br />

gegründet hatte, wurde er zum alleinigen Vertriebskanal <strong>für</strong> die USA und konnte<br />

einen massiven Anstieg der Umsätze bewirken.<br />

• Asien und Ozeanien: Asien stellt <strong>für</strong> die Nanosurf AG ein Aufbaumarkt dar.<br />

Durch Forschungskontakte hatte man zunächst einen Distributor in Japan gefunden.<br />

Diese erste asiatische Geschäftsverbindung und die daran anknüpfenden Erfolge<br />

haben weitere Türen geöffnet. Inzwischen besitzt Nanosurf einen koreanischen<br />

Distributor und weitere Vertriebsverträge <strong>für</strong> Malaysia, Thailand, Vietnam, die Philippinen,<br />

Indonesien und Taiwan. Vor allem die Erschliessung des chinesischen<br />

Marktes hatte zunächst einige Sorgen bereitet, ist aber seit Januar 2002 durch einen


264<br />

Kapitel 6<br />

Distributor mit Niederlassungen in Hongkong, Peking und Shanghai gut fortgeschritten.<br />

Abbildung 6-28 zeigt die internationale Länderpräsenz des High-Tech Unternehmens<br />

im Überblick.<br />

18 18 Distributoren in in<br />

32 32 Ländern<br />

Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG<br />

6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />

Die Konzeption eines geeigneten internationalen Vertriebssystems war laut Nanosurf<br />

AG die grösste Herausforderung bei der Vergrösserung des Geschäftes. Weil der Heimatmarkt<br />

zu klein ist, musste zwingend ein internationales Netzwerk von Distributoren<br />

bzw. Fachhändlern aufgebaut werden (Sum/Reinhold 2004, S. 32). Für das Unternehmen<br />

stand in den Jahren 2002 und 2003 insbesondere die Erweiterung der Verkäufe<br />

in den Randmärkten ausserhalb Europas im Vordergrund. Obwohl diese zu den vertraglich<br />

vereinbarten Verkaufsgebieten gehören, wurden sie nur ungenügend bearbeitet.<br />

Aus diesem Grunde entschloss man sich, das jährliche Distributorenmeeting im<br />

Jahr 2003 dazu zu nutzen, die Märkte und ihre Anforderungen besser kennen und verstehen<br />

zu lernen, die Kompetenzen der Distributoren zu fördern und Ansatzpunkte <strong>für</strong><br />

eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu identifizieren. Dr. Robert Sum betont, dass<br />

„der Geschäftserfolg [...] eng mit der Intensität der Zusammenarbeit zwischen Distributoren<br />

und Nanosurf korreliert“.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 265<br />

Abbildung 6-29 (S. 265) zeigt den Aufbau und die Inhalte des dreitägigen Distributorenmeetings<br />

sowie einen Auszug aus der Begrüssungspräsentation, der sich an diesen<br />

Zielen ausrichtet. Am ersten Tag des Distributorenmeetings standen Veränderungen<br />

beim Personal und bei den Zuständigkeiten, finanzielle Ergebnisse und Entwicklungen<br />

des vergangenen Jahres sowie Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten auf dem<br />

Programm. Hierdurch sollten die Distributoren Einblicke in die aktuellen Themen und<br />

Entwicklungen der Zentrale bekommen und Kompetenzen in Bezug auf die Produkte<br />

und Organisation des Herstellers erhalten. Der zweite Tag hingegen diente im Wesentlichen<br />

dem Austausch zwischen den Distributoren und der Darstellung und Diskussion<br />

von marktbezogenen Anforderungen. U. a. wurden Konkurrenz- und Kundenanalysen<br />

durchgeführt. Der Vertriebsleiter Dr. Scandella erhielt hierdurch zum einen einen tieferen<br />

Einblick in den kunden- und wettbewerbsbezogenen Status Quo der Märkte.<br />

Zum anderen konnten Hinweise zu Verkaufsargumenten der verschiedenen Märkte<br />

und zum Vorgehen der Wettbewerber wertvolle Einsichten <strong>für</strong> Distributoren untereinander<br />

geben.<br />

Aufbau und Inhalte des<br />

Distributorenmeetings<br />

� Tag 1 (Montag):<br />

�Organisationale Veränderungen bei<br />

Nanosurf,<br />

�Verkaufs- und Marktentwicklungen,<br />

�Neuentwicklungen und Produkte.<br />

� Tag 2 (Dienstag):<br />

�Workshops und Erfahrungsberichte zu<br />

Märkten, Kunden und Wettbewerbern,<br />

�Hinweise zur Marktbearbeitung,<br />

�Befragung der Distributoren.<br />

� Tag 3 (Mittwoch):<br />

�Diskussion der Befragungsergebnisse,<br />

�Workshops zu Verbesserungspotenzialen<br />

und Lösungen in der<br />

Zusammenarbeit.<br />

Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der Nanosurf AG<br />

Am Abend des zweiten Tages füllten die Distributoren den von Nanosurf entwickelten<br />

Fragebogen zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller aus. Auf Basis der Ergebnisse<br />

dieser Befragung konnten schliesslich am dritten Tag Schwerpunkte <strong>für</strong> Verbesserungen<br />

in der Zusammenarbeit festgesetzt und konkrete Lösungen entwickelt werden.<br />

Das Vorgehen im Rahmen der „Diagnose“ am dritten Tag wird im Folgenden beschrieben.<br />

Von besonderer Bedeutung sind dabei die standardisierte Befragung der<br />

Distributoren und die Entwicklung von Lösungen in Workshops.


266<br />

Standardisierte Befragung der Distributoren<br />

Kapitel 6<br />

Bereits im Vorfeld des Distributorenmeetings wurde der erwähnte Fragebogen als eine<br />

ausführliche Liste der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit entwickelt. In dieser<br />

„Longlist“ waren sämtliche konkreten Aspekte erfasst, die in der Zusammenarbeit<br />

zwischen Nanosurf und den Distributoren eine Rolle spielen. Um Schwerpunkte bei<br />

Massnahmen der Verbesserung setzen zu können, sollten Zufriedenheit und Bedeutung<br />

der Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Distributoren bewertet werden.<br />

Auf Basis dessen konnte eine Auswahl getroffen werden, die am dritten Tag des<br />

Distributorenmeetings von Kleingruppen im Rahmen von Workshops intensiv bearbeitet<br />

wurde.<br />

Der Fragebogen wurde von den verschiedenen Distributoren am zweiten Tag des<br />

Distributorenmeetings ausgefüllt. Die Teilnehmer stammten aus folgenden Ländern:<br />

China, Deutschland, England, Frankreich, Japan, Mexiko, Schweiz, Singapur, Südkorea,<br />

Taiwan, USA. Der Fragebogen enthielt z. B. Fragen zu den folgenden Aspekten:<br />

Informationsaustausch zwischen der nationalen Vertretung und Nanosurf, der Zufriedenheit<br />

mit gemeinsamen Projekten, Planung und Marketingmanagement des Herstellers,<br />

Verkaufsinstrumente und Verkaufsaktivitäten, Bestellabwicklung, soziale Aspekte<br />

der internen Zusammenarbeit, Zentralisierung und Aufgabenverteilung in Marketing<br />

und Verkauf, Koordination mit dem Hersteller und Wechsel der Marketingstrategie<br />

durch die Nanosurf.<br />

Zur Auswertung wurden Durchschnittswerte zur Zufriedenheit und zur Bedeutung pro<br />

Aspekt in der Zusammenarbeit ermittelt. Die auf einer Fünferskala erfassten Zufriedenheits-<br />

und Bedeutungswerte liessen dabei durch die Multiplikation eine Verdichtung<br />

zu einem Ratingwert zu. Die maximale Punktzahl 25 hätte durch die Multiplikation<br />

der höchsten Unzufriedenheit (fünf Punkte) bei höchster Bedeutung (fünf Punkte)<br />

erreicht werden können (s. auch Abbildung 6-25, S. 252). Es waren die Aspekte zu<br />

fokussieren, die hohe Unzufriedenheit bei hoher Bedeutung aufwiesen. Aus diesem<br />

Grund wurde auf Basis des Ratingwertes eine Rangreihe gebildet.<br />

Tabelle 6-13 zeigt die nach dem Unzufriedenheitsrating zehn wichtigsten Aspekte im<br />

Fall Nanosurf im Wortlaut der Befragung. Die Prioritätenliste stellt ein Ranking über<br />

die gesamte Vertriebsorganisation dar. Die Bildung und Zuordnung zu inhaltlichen<br />

Feldern wurde gemeinsam mit den Distributoren vorgenommen und diente der Bildung<br />

von Workshop-Gruppen.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 267<br />

Rang Aspekte der Zusammenarbeit Ratingwert Inhaltliches Feld<br />

1 Information about competition, market and customers<br />

provided by Nanosurf.<br />

11.92 Information and<br />

Communication<br />

2 Nanosurf support during local price wars. 11.56 Financial Issues<br />

3 Extent to which the distributor is allowed to fulfill special<br />

customer requests.<br />

4 Sharing of joint projects costs (fairs and expositions,<br />

internetsite, special offers etc.).<br />

5 Customer financing programs (including leasing and<br />

prefinancing).<br />

11.43 Sales-Organization<br />

10.54 Financial Issues<br />

10.36 Financial Issues<br />

6 Targeting new customer segments. 10.35 Sales-Organization<br />

7 Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts<br />

etc.).<br />

8 Customer and market-related information, demanded by<br />

Nanosurf.<br />

9 Nanosurf responding and reacting time if problems concerning<br />

customer services occur (complaints, reclamations,<br />

warranty claims).<br />

10 Clearness of responsibilities and number of persons<br />

responsible for your requests.<br />

Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte<br />

Entwicklung von Lösungen in gemeinsamen Workshops<br />

10.12 Information and<br />

Communication<br />

10.01 Information and<br />

Communication<br />

9.94 Sales-Organization<br />

9.85 Sales-Organization<br />

Die in Tabelle 6-13 gezeigten Aspekte der Zusammenarbeit wurden zunächst den<br />

Distributoren präsentiert, erläutert und diskutiert. Bereits an dieser Stelle zeigte sich<br />

die Betroffenheit der Beteiligten, die unmittelbar damit begannen, Details und Ursachen<br />

<strong>für</strong> die Schwierigkeiten zu erörtern. Um Lösungen strukturiert und zielorientiert<br />

diskutieren und entwickeln zu können, wurden die Aspekte - wie bereits erwähnt - zu<br />

inhaltlichen Feldern zusammengefasst und Workshop-Teams gebildet, die jeweils ein<br />

inhaltliches Feld bearbeiteten. Die Workshop-Teams wurden durch Selbstzuordnung<br />

der Distributoren gebildet, jedem Team wurden zu Moderations- und Dokumentationszwecken<br />

zwei Mitarbeiter der Zentrale zugewiesen.<br />

Insgesamt wurden drei inhaltliche Felder und entsprechend drei Teams gebildet:<br />

„Sales-Organization“, „Financial Issues“ und „Information and Communication“ (s.<br />

Abbildung 6-30).


268<br />

RANKING BY DIS-SATISFACTION AND IMPORTANCE<br />

Rank Description Indicator Field<br />

1Information about competition, market and customers 11.917 Information &<br />

provided by Nanosurf<br />

Communication<br />

2Nanosurf support during local price wars. 11.563 Financial Issues<br />

3Extent to which the distributor is allowed to fulfill special 11.432 Sales-<br />

customer requests.<br />

Organization<br />

4Sharing of joint projects costs (fairs and expositions, internetsite,<br />

special offers etc.).<br />

10.542 Financial Issues<br />

5Customer financing programs (including leasing and prefinancing).<br />

10.364 Financial Issues<br />

6 Targeting new customer segments. 10.349 Sales-<br />

Organization<br />

7Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts 10.118 Information &<br />

etc.).<br />

Communication<br />

8Customer and market-related information, demanded by 10.012 Information &<br />

Nanosurf.<br />

Communication<br />

9Nanosurf responding and reacting time if problems<br />

9.941 Sales-<br />

concerning customer services occur (complaints,<br />

reclamations, warranty claims).<br />

Organization<br />

10Clearness of responsibilities and number of persons 9.846 Sales-<br />

responsible for your belongings at Nanosurf.<br />

Organization<br />

DISTRIBUTORS SEE POTENTIAL FOR IMPROVEMENT AT<br />

INFORMATION, FINANCE AND ORGANIZATION<br />

Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung <strong>für</strong> Workshops<br />

Team 1:<br />

Information &<br />

Communication<br />

Team 2:<br />

Sales-<br />

Organization<br />

Team 3:<br />

Financial<br />

Issues<br />

THREE TEAMS, EACH<br />

WORKING ON ONE TOPIC<br />

Kapitel 6<br />

Aufgabenstellung <strong>für</strong> die Teams war es, die Probleme in ihrem inhaltlichen Feld und<br />

deren Auswirkungen genau zu beschreiben, Beispiele zu nennen und Lösungen zu<br />

entwickeln. Als Ergebnis sollten die Distributoren jeweils drei Powerpointfolien vor<br />

den anderen Gruppen präsentieren aus denen die Problemlage, die Beispiele und entwickelte<br />

Lösungsansätze ersichtlich würden.<br />

Ergebnisse der Workshops<br />

In den Workshops stellte sich heraus, dass zunächst eine weitere inhaltliche Konkretisierung<br />

der einzelnen Probleme vorzunehmen und eine weitere Auswahl zu treffen<br />

war. Teilweise bestanden bei einzelnen Distributoren keine konkreten Erfahrungen mit<br />

einem Aspekt der Zusammenarbeit, es wurde ihm keine Bedeutung zugemessen oder<br />

aber Aspekte wurden <strong>für</strong> nicht lösbar gehalten. So gestanden Vertriebspartner ein, dass<br />

kein wirklicher Preiskampf in ihren Märkten herrsche und ihnen bewusst sei, dass Nanosurf<br />

keine vollständigen Messestände <strong>für</strong> Distributoren finanzieren könne. Jede<br />

Gruppe grenzte somit ihren Problemkreis weiter ein.<br />

Zur Verbesserung der Zusammenarbeit wurden als Ergebnis der Workshops insbesondere<br />

folgende Ansätze vorgestellt:<br />

• Unterlagen und Informationen zur Verkaufsunterstützung,<br />

• Internetportal zur besseren Information der Distributoren,<br />

• systematischer Umgang mit technischen Spezialanfragen,<br />

• Überarbeitung von Inhalten und Umfang des Reportings.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 269<br />

In den folgenden Absätzen werden die einzelnen Ansätze und ihre spätere inhaltliche<br />

Ausgestaltung vorgestellt und diskutiert. Weitere Ansätze wurden zwar diskutiert, aber<br />

im Unternehmen bisher nicht weiter verfolgt oder gelöst. Dazu gehören Finanzierungsmodelle<br />

<strong>für</strong> Kunden, Kostenbeteiligungen bei gemeinsamen Projekten und die<br />

länderspezifische Unterstützung beim Erschliessen neuer Kundensegmente. Die<br />

„Unklarkeit von Verantwortlichkeiten“ (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 10“) wurde<br />

ebenfalls von der weiteren Analyse ausgeschlossen, da aus Sicht des Herstellers die<br />

Effekte der kurz vor dem Distributorenmeeting vorgenommenen Reorganisation in der<br />

Zentrale noch nicht abzuschätzen waren.<br />

6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />

6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung<br />

Im Bereich des Informationsaustausches wurde ein grosser Spielraum <strong>für</strong> Verbesserungen<br />

gesehen. Distributoren forderten von Nanosurf die Aufbereitung und Bereitstellung<br />

verkaufsunterstützender Informationen und Unterlagen (s. Tabelle 6-13, S.<br />

267; „Rang 1“). Dazu gehören einerseits aktuelle Dokumentationen und Handbücher<br />

zu den angebotenen Produkten, andererseits aber auch Informationen zu Wettbewerbern,<br />

Wettbewerbsprodukten, Kunden und Kundenanwendungen.<br />

Handbücher und Sales CD<br />

Trotz des Bestrebens der Nanosurf AG nach besonders einfachen Bedienungskonzepten,<br />

bleiben Rasterkraft- und Rastertunnel-Mikroskope technisch anspruchsvolle Geräte.<br />

Die Verkäufer in den Vertretungen müssen genau wissen, welche Bedürfnisse die<br />

Nanosurf-Produkte erfüllen, damit die richtigen potentiellen Kunden angesprochen<br />

werden können. Dazu benötigen sie ausführliche Kenntnisse über die Produktspezifikationen,<br />

-eigenschaften und -anwendungen. Bisher wurden Fragen zu technischen<br />

Details insbesondere durch den technischen Support beantwortet, der von einem Mitarbeiter<br />

als Nebentätigkeit übernommen wurde. Aufgrund der eingeschränkten personellen<br />

Ressourcen war es nicht möglich, Anfragen immer zeitnah zu beantworten. Daher<br />

hat die Nanosurf AG einerseits die personellen Ressourcen im Support der Distributoren<br />

erhöht und andererseits durch schriftliche Unterlagen wie Handbücher und<br />

eine „Sales CD“ die Möglichkeit geschaffen, unmittelbar auf benötigte Informationen<br />

zuzugreifen. Die Handbücher werden Distributoren und Kunden bereits in verschiedenen<br />

Sprachen zur Verfügung gestellt. Die Sales CD, auf der Neuigkeiten und Produktinformationen<br />

enthalten sind, wird zweimal jährlich an die Distributoren versandt.


270<br />

Wettbewerbsinformationen<br />

Kapitel 6<br />

Die Distributoren bemängelten die fehlende Information über Wettbewerber, deren<br />

Produkte und die Vor- und Nachteile dieser im Vergleich zu Nanosurf. Sie wünschten<br />

sich darüber hinaus eine Argumentationsliste, die ihnen Ansatzpunkte <strong>für</strong> ein erfolgreiches<br />

Verkaufsgespräch gibt. Nach ihrer Aussage stellen Konkurrenten ihren Distributoren<br />

bereits technische Argumentationshilfen zur Verfügung, die wichtige technische<br />

Details und überlegene Funktionen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen.<br />

Hierdurch werden fehlende technische Kenntnisse der Distributoren ausgeglichen<br />

und der Verkauf wesentlich erleichtert.<br />

Nanosurf hat diesbezüglich bereits Aktionen unternommen. Zunächst wurden Dokumentationen<br />

mit wichtigen Unternehmensinformationen zu Wettbewerbern, zu deren<br />

Produktportfolio und den Marktanteilen erstellt. Ebenso konnte eine qualitative Argumentationshilfe<br />

erarbeitet werden, die Vorteile und Abgrenzungen der Nanosurfprodukte<br />

im Vergleich zur Konkurrenz sowie die Verkaufsargumente der Konkurrenz<br />

aufzeigt, soweit diese bekannt sind (s. Abbildung 6-31, S. 270).<br />

Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen<br />

Noch nicht fertig gestellt sind quantitative Argumentationhilfen zu einzelnen Produkten.<br />

Hierzu müssen die eigenen Instrumente und die Konkurrenzinstrumente an identischem<br />

Probenmaterial getestet und diese Messungen ausgewertet werden. Ziel ist es,<br />

pro Instrument der Wettbewerber eine Vergleichsseite mit Spezifikationen zu erstellen.<br />

Jedoch müssen hierzu zunächst Kunden gefunden werden, die solche Messvergleiche<br />

mit ihren Konkurrenzgeräten zulassen. Auf Basis der zz. durchgeführten Testergebnis-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 271<br />

se sollen die qualitativen Argumentationshilfen um quantitative Messergebnisse erweitert<br />

werden.<br />

Referenzlisten und Success Stories<br />

Nanosurf hat damit begonnen, <strong>für</strong> Distributoren eine Liste mit Referenzen und Success<br />

Stories <strong>für</strong> spezielle Kundenanwendungen zusammenzustellen. Distributoren berichten,<br />

dass der Konkurrent Alcatel bereits ein regelmässiges „Information Bulletin“ <strong>für</strong><br />

seine Vertriebspartner zusammenstellt. Nanosurf hat sich dazu bereit erklärt, ein eigenes<br />

Bulletin zu verschicken, wenn neue Informationen verfügbar sind (Befragung Nanosurf<br />

I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Distributoren sollten hierzu Informationen und<br />

Success Stories an Nanosurf senden, die von diesen regelmässig an die anderen Distributoren<br />

weitergeleitet und ggf. auf weiteren Distributorenmeetings vorgestellt werden.<br />

Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“<br />

Leider blieben zahlreiche Versuche in diese Richtung bisher weitgehend erfolglos, da<br />

Nanosurf nur wenige Informationen aus den Märkten erhielt. Kundenunternehmen, so<br />

z. B. Forschungsinstitute und -labors wollen vielfach ihre Arbeitsmethoden geheim<br />

halten und sind nicht bereit, den Einsatz ihrer Messinstrumente bekannt zu geben. Eine<br />

Referenzliste konnte aus diesem Grunde bisher nicht erstellt werden. Auch Success<br />

Stories wurden nur von wenigen Distributoren zur Verfügung gestellt, weil auch hier<br />

die Vertraulichkeit gegenüber den Kunden gewahrt werden musste, die die Nutzung<br />

von Nanosurf-Produkten als eigenen Konkurrenzvorteil begreifen und Anwendungsinformationen<br />

häufig nicht weitergeben wollen. Abbildung 6-32 zeigt einen Auszug aus


272<br />

Kapitel 6<br />

der Success Story bei der Freien Universität Berlin, die eine spezielle Anwendung der<br />

Nanosurf-Produkte nutzt.<br />

6.5.2.3.2 Internetportal <strong>für</strong> Distributoren<br />

Um die einzelnen Informationen zu Produkten, Kunden und Wettbewerbern integriert<br />

bereitzustellen und im Vergleich zur Sales CD eine noch höhere Aktualität zu erzielen,<br />

die insbesondere auch <strong>für</strong> Software-Updates und Neuentwicklungen von Bedeutung<br />

ist, hat man sich dazu entschieden, ein geschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren einzurichten<br />

(s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 1“). Dieses Portal soll in Zukunft auch <strong>für</strong><br />

den Austausch zwischen den Distributoren genutzt werden können. Durch die Ausrichtung<br />

auf die spezifischen Informationsbedürfnisse der Distributoren werden die<br />

lokale Kompetenz und damit die Verkäufe erhöht. Inhalte, die <strong>für</strong> ein solches Informationsportal<br />

vorgeschlagen wurden, sind:<br />

• Monatlicher Newsletter mit aktuellen Entscheidungen und Neuproduktund<br />

Produktweiterentwicklungen von Nanosurf,<br />

• Wettbewerbsticker mit Informationen über Wettbewerber, deren Produkte<br />

und Verkaufsaktivitäten,<br />

• Success Stories zu Kundenanwendungen,<br />

• Dokumentationen und Handbücher zu Produkten und technischen Details,<br />

• Software und Software-updates zu den Nanosurf-Produkten,<br />

• Diskussionsforum über Verbesserungen, zukünftige Produktentwicklungen<br />

und Markttrends,<br />

• Frequently Asked Questions mit besonderer Berücksichtigung der<br />

Supportfunktion <strong>für</strong> die unterschiedlichen Produktgruppen.<br />

Der Einsatz des Internets <strong>für</strong> den internen Informationsaustausch wurde bis zum<br />

Vertriebstreffen 2003 auf eine Download-Seite mit Fotos von Produkten und Softwarepaketen<br />

beschränkt. Die Bereitstellung von Downloadmaterialien wie Software,<br />

Dokumentationen und Informationen über das Internet wurde deshalb von den Distributoren<br />

bisher besonders bemängelt. Auch wurde eine stärkere marktübergreifende<br />

Vernetzung von den Distributoren gefordert.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 273<br />

Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal <strong>für</strong> Distributoren<br />

Die meisten dieser Mängel wurden durch den Einsatz eines selbst entwickelten Internetportals<br />

<strong>für</strong> Distributoren behoben. Die passwortgeschützte Internetseite stellt zu den<br />

einzelnen Produktlinien verkaufsunterstützende Materialien (z. B. Broschüren, Poster,<br />

Bildmaterial), Dokumentationen (z. B. Handbücher, technische Steckbriefe) sowie<br />

Software, Informationen zu Zubehör und Antworten zu häufigen Fragen bereit. Darüber<br />

hinaus werden monatliche Newsletter veröffentlicht und archiviert, Presseinformationen,<br />

Success Stories und Wettbewerbsinformationen bereitgestellt. Eine Lösung<br />

<strong>für</strong> die Kommunikation der Distributoren untereinander in Form eines Forums „Nanosurf<br />

Talk“ ist in Planung. Nanosurf spricht von einem „Distributorennetzwerk“, das<br />

stärker unterstützt werden soll und die Distributoren untereinander stärker verbindet.<br />

Das Teilen der Erfahrungen und der individuellen Problemlösungen wird von Nanosurf<br />

aufgrund der technisch anspruchsvollen Produkte als wichtige Erfolgsgrundlage<br />

gesehen. Aber nicht nur die höhere Professionalität der Distributoren liefert hierbei<br />

einen wichtigen Erfolgsbeitrag. Auch die Dezentralisierung des Wissenstransfers<br />

entlastet die zentralen Ressourcen und weitet damit die Möglichkeiten des Supports<br />

aus.<br />

6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen<br />

Ein besonders intensiv diskutierter Punkt in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf<br />

und den Distributoren ist die Bereitschaft des Herstellers, auf spezielle Kundenanfra-


274<br />

Kapitel 6<br />

gen zu reagieren und Sonderlösungen anzubieten (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 3“).<br />

Zusätzliche Betriebsarten, individuelle Produktanpassungen, Anpassungen der Software<br />

und gemeinsame Entwicklungsinitiativen sind Beispiele <strong>für</strong> Speziallösungen, die<br />

von Distributoren gefordert wurden. Es wurde dabei von Distributoren die Meinung<br />

vertreten, dass durch technische Modifikationen auch weitere Kundensegmente angesprochen<br />

und bedient werden könnten.<br />

Nanosurf stand diesen Anliegen in der Vergangenheit sehr kritisch gegenüber, da hierdurch<br />

Komplexitätskosten entstehen, die oftmals bis zu einer Verfünffachung der Preise<br />

führen könne. Die zentralen Wettbewerbsvorteile der bestehenden Nanosurf Lösungen,<br />

die insbesondere in der einfachen Anwendung und in den geringen Kosten liegen,<br />

werden hierdurch aufgeweicht. Nach eigenen Ermittlungen des Herstellers benötigen<br />

die geforderten Spezialanwendungen nicht nur in der Entwicklung zusätzliche Ressourcen.<br />

Insbesondere fallen wegen fehlender Standardisierung weitaus höhere Kosten<br />

im technischen Support an, denn Spezialanfragen können bis zu 80 Prozent der gesamten<br />

Supportzeit vereinnahmen.<br />

Als Kompromiss hat man sich deshalb dazu entschlossen, nur auf geringe Abweichungen<br />

von den Standardlösungen einzugehen. Um dem dadurch steigenden Supportaufwand<br />

Rechnung zu tragen, hat man Handbücher und andere Dokumentationen erstellt<br />

sowie die personellen Ressourcen im Support auf eine volle Mitarbeiterstelle ausgeweitet.<br />

Liegen Anwendungsbereiche der Kundenprobleme hingegen weit von den<br />

Kernanwendungen der Nanosurfprodukte entfernt, wie z. B. Messungen in Flüssigkeiten<br />

anstatt in Luft, werden diese Anfragen nicht realisiert. Auch wenn hierdurch potenzielle<br />

Umsätze verloren gehen, bildet diese Entscheidung nach Einschätzung Nanosurfs<br />

die Basis <strong>für</strong> die nachhaltige Profitabilität des Wachstums.<br />

An dieser Stelle wurde eine weitere strategische Entscheidung getroffen: Spezialanfragen<br />

werden bei Nanosurf in Zukunft systematisch erfasst und bei der Häufung eines<br />

Bedarfs in bestimmten Anwendungsfeldern an die Entwicklungsabteilung weitergegeben.<br />

Hier können Aufwand und Potenziale abgeschätzt werden. Ist man der Meinung,<br />

dass ganze Marktsegmente mit einer Lösung bedient werden können, wird man ggf.<br />

den Entwicklungsaufwand investieren.<br />

6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings<br />

Zu Planungszwecken in Produktion und Marketing sollen Distributoren bei Nanosurf<br />

quartalsweise einen „Distributor’s report“ erstellen und übermitteln. Diese Reporte


Vertriebsgestaltung des Herstellers 275<br />

enthalten u. a. wichtige Informationen über Kunden, Kundenbedürfnisse, Werbeinitiativen,<br />

kurzfristige Verkaufsplanung, Konkurrenz und Marktlage des jeweiligen Distributors.<br />

Im bisherigen Reporting mussten Distributoren Informationen zu zwölf verschiedenen<br />

inhaltlichen Bereichen erstellen.<br />

Diese Informationswünsche des Herstellers werden von Distributoren als unverhältnismässig<br />

hoch eingeschätzt. In der Vergangenheit führte dies dazu, dass Distributoren<br />

die Reportings nicht oder nur unvollständig erstellten. Im ersten Quartal des Jahres<br />

2003 wurde schliesslich trotz mehrmaliger Ermahnung von nur drei Distributoren ein<br />

Reporting bei Nanosurf eingereicht. Die hieraus resultierende fehlende Aussagekraft<br />

sowie die Unzufriedenheit der Distributoren (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 7“) bestärken<br />

die Notwendigkeit einer Veränderung der bestehenden Vorgehensweise.<br />

Einige Distributoren kritisierten, dass die benötigte Zeit zum Ausfüllen des quartalsweise<br />

geforderten Reportings zu hoch sei. Insbesondere die Erfassung und schriftliche<br />

Beschreibung der Aktivitäten von Kunden und Wettbewerbern erzeuge lokal einen<br />

verhältnismässig grossen Aufwand. Man entschloss sich deshalb dazu, das Reporting<br />

in Inhalt und Umfang zu überarbeiten. Nanosurf erklärte sich bereit, das Format des<br />

Reportings nach Massgabe der Vorschläge der Distributoren zu verändern.<br />

Dazu wurden die inhaltlichen Informationskategorien überarbeitet und von 12 auf 10<br />

Kategorien reduziert (s. Abbildung 6-34). Der von den Distributoren beschriebenen<br />

Schwierigkeit, die qualitativen Kunden- und Wettbewerbsinformationen schriftlich<br />

festzuhalten und <strong>für</strong> Nanosurf brauchbar zu übermitteln, wurde durch den Wechsel des<br />

verwendeten Mediums erreicht. Informationen zu Kundenbedürfnissen, Neuproduktvorschläge<br />

und Wettbewerbsaktivitäten werden nach der neuen Vorgehensweise nicht<br />

mehr schriftlich übermittelt. Stattdessen werden die Distributoren von Nanosurf telefonisch<br />

kontaktiert und zu den entsprechenden Informationskategorien befragt. Dieser<br />

vermehrte persönliche Kontakt trägt ebenfalls zu einer Verbesserung der Beziehung<br />

bei. Die Anzahl der schriftlich zu übermittelnden Informationskategorien wurde damit<br />

von 12 auf 6 halbiert. Der zeitliche Aufwand <strong>für</strong> Distributoren sinkt im Vergleich zu<br />

vorher hingegen auf ca. ein Drittel, da der überdurchschnittliche Aufwand <strong>für</strong> die<br />

schriftliche Formulierung der qualitativen Informationen wegfällt.<br />

Die Veränderung des Vorgehens wird sowohl aus Sicht des Herstellers als auch aus<br />

Sicht der Distributoren als voller Erfolg angesehen. Für den Hersteller hat sich die<br />

Verfügbarkeit und die Qualität der Informationen erhöht, während Distributoren ihren<br />

Aufwand zur Erstellung des Reportings senken konnten.


276<br />

Altes Reporting<br />

Neues Reporting<br />

Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings<br />

6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />

Kapitel 6<br />

Auf dem Distributorenmeeting im Jahre 2003 wurden Schwerpunkte <strong>für</strong> Verbesserungen<br />

festgelegt und erste Lösungsansätze vorgeschlagen. Die Detailplanung und die<br />

Umsetzung der Vorschläge wurden im Laufe des Geschäftsjahres 2003/2004 beim<br />

Hersteller in Gang gesetzt.<br />

Im Jahr 2004 wurden die Lösungen in Form eines Zeitvergleiches beurteilt. Allerdings<br />

wurden hierzu keine quantitativen Vergleichsgrössen herangezogen, sondern eine qualitative<br />

Beurteilung durch die Distributoren auf dem Distributorenmeeting 2004. Es<br />

zeigten sich bereits erste Erfahrungen mit der Umsetzung der Massnahmen und deren<br />

Erfolg. Zum Teil gaben Distributoren Vorschläge <strong>für</strong> die Weiterentwicklung der Lösungsansätze,<br />

so wurden z. B. weitergehende Wettbewerbsanalysen gefordert. Auch<br />

Nanosurf präsentierte weitere Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Professionalisierung der Vertriebsorganisation,<br />

so z. B. durch weitere personelle Veränderungen im Support der<br />

Distributoren, der Konzeption von Bewertungskriterien <strong>für</strong> Distributoren und durch<br />

die Verdopplung des zentralen Aufwandes bei der Bereitstellung von Applikationen<br />

auf dem Internetportal <strong>für</strong> Distributoren. Eine erneute Beurteilung und Weiterentwicklung<br />

ist <strong>für</strong> das Distributorenmeeting im Jahr 2005 geplant.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 277<br />

6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />

Der Fall der Nanosurf AG zeigt Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

mit Distributoren unter der Berücksichtigung knapper Ressourcen. Der Weg über<br />

Distributoren eröffnete dem High-tech Unternehmen die Möglichkeit, schnell und effizient<br />

in den Besitz internationaler Marktpräsenz zu gelangen. Der Engpass an produkt-<br />

und organisationsbezogenem Wissen der Distributoren konnte durch verschiedene<br />

Informationsansätze abgebaut werden. Dank der komfortablen Margenstruktur und<br />

dem eher geringen Wettbewerb war es somit möglich, <strong>für</strong> Distributoren ein attraktiver<br />

Zulieferer zu werden.<br />

Bei weiter steigenden Verkäufen wird das Unternehmen in grossen Märkten allerdings<br />

vermutlich an die Grenze der Distributorenlösung stossen. Dr. Robert Sum und Dr.<br />

Loris Scandella gehen davon aus, dass sich ab einem Umsatzvolumen von ca. 2 Mio.<br />

CHF in einem Markt über den Aufbau einer eigenen Niederlassung nachgedacht werden<br />

muss. In manchen Märkten wird diese Schwelle wohl bald erreicht sein. Aus der<br />

Zusammenarbeit mit eigenen Tochtergesellschaften resultieren <strong>für</strong> das Unternehmen<br />

neue Herausforderungen.<br />

In Zukunft will Nanosurf seine Anstrengungen im wichtigen Marktsegment der industriellen<br />

Anwendung verstärken. Hier können die bereits mit Distributoren diskutierten<br />

Finanzierungs- und Leasinglösungen eine neue Bedeutung erhalten. Denn in diesem<br />

Segment spielen steuerliche Aspekte und Wirkungen auf das Umlaufvermögen bzw.<br />

die Kapitalbindungskosten des Umlaufvermögens eine sehr viel höhere Rolle als im<br />

Segment der Universitäten und universitätsnahen Forschungslabors. Aus der neuen<br />

Schwerpunktsetzung bei den bearbeiteten Segmenten können deshalb unmittelbar neue<br />

Anforderungen <strong>für</strong> die Zusammenarbeit folgen. Dies gilt vermutlich auch <strong>für</strong> Bestrebungen<br />

asiatischer Distributoren, die eine Erschliessung neuer Kundensegmente <strong>für</strong><br />

ihre Märkte fordern. Sollte sich Nanosurf hierzu entschliessen, sind ebenfalls Anpassungen<br />

in der von Distributoren benötigten Unterstützung zu erwarten. Die regelmässigen<br />

Feedbacks und Diskussion von Lösungen auf den Distributorentreffen der Nanosurf<br />

AG bilden eine gute Grundlage <strong>für</strong> diese kontinuierliche Anpassung und <strong>für</strong> eine<br />

nachhaltige Professionalisierung der Zusammenarbeit in der internationalen Vertriebsorganisation.


278<br />

Kapitel 6<br />

6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand<br />

Die Fallstudie Gallus Ferd. Rüesch AG zeigt, wie ein mittelständisches Unternehmen<br />

mit einer gewachsenen Organisationsstruktur vorgeht, um die Zusammenarbeit mit<br />

Tochtergesellschaften, kooperativ genutzen Vertriebsgesellschaften und unabhängigen<br />

Distributoren zu gestalten. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie liegen bei der Bereitstellung<br />

kunden- und wettbewerbsbezogener Informationen (s. auch Absatz 6.3.7.1,<br />

S. 210 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.), der Gestaltung und Sicherstellung von Margen<br />

und Transferpreisen (s. auch Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.; Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie<br />

bei der Entwicklung von verkaufsunterstützenden Finanzierungsprogrammen <strong>für</strong><br />

Kunden (s. Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.).<br />

6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch<br />

Die Gallus Ferd. Rüesch AG wurde im Jahr 1923 gegründet und ist mit ca. 500 Mitarbeitern<br />

ein mittelständisches Unternehmen der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St.<br />

Gallen, Schweiz. Das Unternehmen entwickelt, produziert, vertreibt und unterhält<br />

Drucksysteme <strong>für</strong> die weltweite Etikettendruckindustrie. Entwicklung und Produktion<br />

befinden sich an den beiden Hauptstandorten in St. Gallen und Langgöns-Oberkleen,<br />

Deutschland. Mit einem Umsatz von etwa 120 Mio. EUR pro Jahr ist Gallus Weltmarktführer<br />

in diesem Bereich. Der weltweite Marktanteil von Gallus beträgt etwa 30<br />

Prozent.<br />

Seit 1999 hält die Heidelberger Druckmaschinen AG aus Heidelberg, Deutschland,<br />

rund 30 Prozent des Eigenkapitals an der Gallus Holding AG. Die Heidelberger<br />

Druckmaschinen AG ist Weltmarktführer <strong>für</strong> Lösungen in der Pre-Press-, Press- und<br />

Post-Pressindustrie. Die beiden Unternehmen kooperieren in den Geschäftsbereichen<br />

Marketing, Vertrieb und Technologie.<br />

Produkte und Kunden des Unternehmens<br />

Die Gallus-Gruppe spricht mit ihrem Produktportfolio derzeit vor allem die Etikettendruckindustrie<br />

an und steht nach eigenen Angaben in diesem Segment weltweit <strong>für</strong><br />

Qualität und Innovation. Die modulare Bauweise der Gallus-Druckmaschinen ermöglicht<br />

flexible Einsatzmöglichkeiten auch <strong>für</strong> Spezialsegmente des Verpackungsdrucks<br />

(z. B. Faltschachteln).<br />

Im Markt der Etikettendrucker erhöhte sich in den letzten Jahren der Kostendruck.<br />

Einerseits führen Zusammenschlüsse und Insolvenzen zu einer stärkeren Konzentration<br />

des Marktes. Andererseits sehen sich die Etikettendrucker zunehmend mit kleiner


Vertriebsgestaltung des Herstellers 279<br />

werdenden Auftragsgrössen bei kürzeren Lieferfristen konfrontiert. Hierdurch schwinden<br />

Skaleneffekte und die stückbezogenen Rüstkosten steigen. Der Margendruck führt<br />

bei vielen Anbietern zu einer hohen Unsicherheit über die Zukunft des Geschäftes.<br />

Auch findet in der nachgelagerten Marktstufe eine Internationalisierung statt, die vor<br />

allem durch die Abnehmer der Etiketten getrieben wird. Insbesondere Markenartikelhersteller<br />

suchen die Zusammenarbeit mit internationalen Etikettendruckern, die global<br />

tätig sind, aber gleichzeitig die lokale Versorgung sicherstellen können.<br />

Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, hat Gallus Drucksysteme entwickelt,<br />

die durch geringe Makulatur, kurze Einrichtzeiten und geringe Ausfallzeiten auch <strong>für</strong><br />

kleine Auflagen eine rentable Produktion ermöglichen. Gallus versucht damit einen<br />

Beitrag zu leisten, um die Wertschöpfungskette ihrer Kunden zu optimieren.<br />

Internationale Vertriebsorganisation<br />

Die Gallus-Gruppe ist schon seit Jahrzehnten international tätig und belieferte bereits<br />

im Jahre 1955 die ersten Kunden in Grossbritannien. Durch die Kooperation mit der<br />

Heidelberger Druckmaschinen AG im Jahr 1999 hat der Begriff Internationalität bei<br />

Gallus eine neue Dimension erhalten. Heidelberger ermöglicht der Gallus-Gruppe, auf<br />

ein globales Vertriebsnetz der grafischen Industrie zurückzugreifen und in neue Märkte<br />

hineinzuwachsen.<br />

Zz. setzt die Gallus Ferd. Rüesch AG <strong>für</strong> die internationale Marktpräsenz verschiedene<br />

Vertriebsformen ein. In wichtigen Märkten, in denen das Unternehmen bereits seit<br />

vielen Jahren präsent ist, existieren eigene Vertriebsgesellschaften. Dank der Kooperation<br />

mit dem Unternehmen Heidelberg ist Gallus nun auch in starken Wachstumsmärkten<br />

wie Osteuropa und Asien präsent. In anderen Märkten greift man hingegen<br />

nach wie vor auf unabhängige Distributoren zurück. Abbildung 6-35 zeigt die von der<br />

Gallus Ferd. Rüesch AG genutzte weltweite Vertriebsorganisation. Das Unternehmen<br />

ist vor allem in Westeuropa, Australien und den USA mit eigenen Tochtergesellschaften<br />

und Vertretungen tätig. Die Marktregionen Osteuropa, Lateinamerika, Afrika, Naher<br />

Osten und Asien werden hingegen durch Vertriebspartner der Heidelberger<br />

Druckmaschinen abgedeckt.


280<br />

••Gallus Gallus Tochtergesellschaft,<br />

••Gallus Gallus Vertretung,<br />

••Heidelberg Heidelberg Ländergesellschaft.<br />

Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch<br />

Kapitel 6<br />

Seit dem Jahr 2001 besitzt Gallus Regionalzentren, so genannte „Hubs“ <strong>für</strong> die vier<br />

Wirtschaftsräume „Zentraleuropa“, „Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika“, „Asia-<br />

Pacific und Lateinamerika“ sowie „Nordamerika“. In den regionalen Hubs können<br />

Entscheidungen <strong>für</strong> Regionen angepasst und länderübergreifend pro Region Aktivitäten<br />

und Ressourcen gebündelt werden. So können z. B. Vorführmaschinen regional<br />

bereit gestellt werden, wodurch erst möglich wird, dass Gallus weltweit Etikettendruckmaschinen<br />

vorführen kann. Ebenso bietet Gallus den Kunden regional an, Maschinenoperateure<br />

auszubilden. Zudem wird es leichter, die First Level Support Strategie<br />

umzusetzen. Eine hohe technische Kompetenz wird in den Regionalzentren gebündelt.<br />

Um die Risiken bei der Neuinstallation von komplexen Drucksystemen zu<br />

reduzieren, werden Mitarbeiter aus der Vertriebspartnerorganisation zu lokalen technischen<br />

Spezialisten ausgebildet, was ebenfalls auf regionaler Ebene erfolgen kann.<br />

6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />

In der Sitzung des Verwaltungsrates der Gallus Gruppe im November 2003 wurde beschlossen,<br />

die Vertriebsorganisation und insbesondere die Zusammenarbeit mit den<br />

Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG auf den Prüfstand zu<br />

stellen. Ziel war es, Potenziale aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen, da<br />

eine effektive Vertriebsorganisation bei Gallus als eine der wichtigsten strategischen<br />

Ressourcen im internationalen Wettbewerb gesehen wird.


Vertriebsgestaltung des Herstellers 281<br />

Vorgehensweise bei der Diagnose<br />

Klaus Aarestrup, Leiter Marketing und Vertrieb bei Gallus, wurde mit der Aufgabe<br />

betraut, Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern zu identifizieren<br />

und Ansätze zu deren Lösung vorzuschlagen. Die Ergebnisse und mögliche<br />

Lösungsansätze sollten bereits auf der nächsten Verwaltungsratssitzung im August<br />

2004 vorgestellt werden. Klaus Aarestrup entschloss sich zu einer standardisierten Befragung,<br />

um die Meinungen möglichst aller Vertriebspartner erfassen zu können. Zunächst<br />

wurde in mehreren internen Workshops in der Zentrale ein Fragebogen mit<br />

sämtlichen Aspekten erstellt, die <strong>für</strong> die Zusammenarbeit wesentlich erschienen. Der<br />

Fragebogen wurde vor dem Versand durch Vertriebspartner aus den verschiedenen<br />

Regionen getestet und ausführlich beurteilt. Dadurch konnten unklare Formulierungen<br />

aufgedeckt und im Fragebogen abgeändert werden. In der endgültigen Version des<br />

Fragebogens mussten die Befragten einschätzen, wie hoch ihre Zufriedenheit mit bestimmten<br />

Aspekten der Zusammenarbeit ist, welche Bedeutung sie diesem Aspekt<br />

beimessen und ob Gallus sich diesbezüglich innerhalb der letzten 12 Monate verbessert<br />

hat oder nicht.<br />

Der englischsprachige Fragebogen wurde im Mai 2004 elektronisch an 82 Vertriebspartner<br />

versandt. Es nahmen sowohl Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen<br />

AG, eigene Tochtergesellschaften und unabhängige Distributoren an der<br />

Befragung teil. Nach einer schriftlichen Aufforderung durch Klaus Aarestrup und einer<br />

telefonischen Nachfassaktion konnten schliesslich 61 Vertriebspartner zu einer<br />

Antwort bewegt werden, was immerhin einer Rücklaufquote von 73 Prozent entspricht.<br />

Bei den meisten Befragten handelte es sich um lokale Geschäftsführer und<br />

Vertriebsleiter.<br />

Die Daten wurden anschliessend einem Plausibilitätscheck unterzogen und mit Hilfe<br />

eines zuvor erstellten Auswertungsplanes analysiert. Nach der Präsentation der Ergebnisse<br />

vor dem Verwaltungsrat erhielten schliesslich sämtliche Mitglieder der internationalen<br />

Vertriebsorganisation ein knappe Zusammenfassung.<br />

Ergebnisse der Untersuchung<br />

Das Ergebnis der Befragung umfasste die Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit<br />

aus Sicht der Vertriebspartner. Abbildung 6-36 (S. 282) zeigt als zentrales<br />

Analyseergebnis ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit und deren Bewertung aus<br />

Sicht der Vertriebspartner im Wortlaut der Untersuchung. Bei der Befragung wurden<br />

insgesamt 49 Aspekte beurteilt und einer Analyse unterzogen. An dieser Stelle wird


282<br />

Kapitel 6<br />

der Fokus auf kritische Aspekte gelegt, die Ansatzpunkte <strong>für</strong> eine Verbesserung darstellen.<br />

Aus Vertraulichkeitsgründen wird darauf verzichtet, die absoluten Werte in<br />

Bezug auf Zufriedenheit, Bedeutung und Entwicklung anzugeben. Die relative Darstellung<br />

der Aspekte in Abbildung 6-36 (S. 282) führt jedoch zu den gleichen Handlungsimplikationen.<br />

Hoch<br />

Zufriedenheit<br />

Gering<br />

Gering<br />

Issue 2<br />

Issue 1<br />

Issue 3<br />

Bedeutung<br />

Issue 9<br />

Issue 4<br />

Issue 11<br />

Issue 5<br />

Hoch<br />

Issue 10<br />

Issue 8<br />

Issue 7<br />

Issue 6<br />

Legende: Anteil der<br />

Vertriebspartner, die<br />

glauben, dass sich Gallus in<br />

den letzten 12 Monaten<br />

verbessert hat:<br />

Weniger als 40 %<br />

Zwischen 40 und 60 %<br />

Mehr als 60 %<br />

Anm. d. Verf.: Aus Vertraulichkeitsgründen wurden die Bezeichnung im Diagramm anonymisiert. Issues waren z. B.: „Market information”,<br />

„Incentive programs”, „Technical and commercial training”, „Credit policies”, „Sales growth potential of products”, „Harmonizing international<br />

prices”, „Fairness and honesty“, „Transfer prices“, „Profits from products“, „Customer financing programs“ und „IT-support“.<br />

Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus<br />

Eine besonderer Stellenwert kommt den Finanzierungsprogrammen <strong>für</strong> Kunden zu,<br />

denn bei diesem Aspekt ist eine hohe Bedeutung ist mit niedriger Zufriedenheit der<br />

Vertriebspartner gekoppelt. Weniger als 40 Prozent der Befragten sind der Meinung,<br />

dass sich Gallus in den letzten 12 Monaten in Bezug auf angebotene Finanzierungsprogramme<br />

verbessert hat. Die beiden Aspekte „Transferpreise“ und „Profitmargen“<br />

hängen inhaltlich zusammen und zeigen ähnliche Ergebnisse, da die Höhe der Transferpreise<br />

bei einem gegebenem Verkaufspreis die Marge bestimmt. Bei beiden Aspekten<br />

besteht eine Unzufriedenheit bei gleichzeitig hoher Bedeutung <strong>für</strong> die Vertriebspartner.<br />

Nur wenige Vertriebspartner sehen Verbesserungen in den letzten 12 Monaten.<br />

Dagegen wird bei Gallus bereits seit einiger Zeit an einer verbesserten internen Kommunikation<br />

mit den Vertriebspartnern gearbeitet. In diesem Rahmen wurden z. B.<br />

Wettbewerbs- und Kundeninformationen bereitgestellt, die durch eine weltweite<br />

Marktbefragung erhoben worden waren. Obgleich sich aus Sicht der Vertriebspartner<br />

bereits Verbesserungen eingestellt haben, soll die Versorgung der internationalen Ver-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 283<br />

kaufs- und Serviceorganisation mit marktbezogenen Informationen weiter verstärkt<br />

werden. Mit den drei weiteren in Abbildung 6-36 (S. 282) genannten Aspekte des<br />

„Verkaufspotenzials der Produkte“, des „technischen und betriebswirtschaftlichen<br />

Trainings“ sowie der „Fairness und Ehrlichkeit“ des Herstellers Gallus besteht aus<br />

Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit. Diese Aspekte<br />

benötigen somit derzeit keinerlei Veränderungen.<br />

Bei Gallus wurden deshalb die drei Aspekte „Bereitstellung von Marktinformationen“,<br />

„Transferpreise und Margen der Produkte“ und „Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden“<br />

weiter verfolgt, um eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen.<br />

6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />

6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen<br />

Die Bereitstellung von marktbezogenen Informationen, insbesondere in Bezug auf<br />

Kunden und Wettbewerb, wurde im letzten Jahr bereits weitgehend verbessert. Die<br />

Leiterin des Bereiches Marktkommunikation, Gerda Gerschwiler führte internationale<br />

Kundenbefragungen durch. U. a. wurden <strong>für</strong> die Unterstützung der Vertriebspartner<br />

„Sales Kits“ entworfen, die eine bessere Kundenbetreuung ermöglichen. Dazu gehören<br />

Massnahmen im Bereich der technischen Schulung der Vertriebspartner, es wurde<br />

teilweise zusätzliches Personal <strong>für</strong> den technischen Support eingestellt sowie die<br />

schnellere Verteilung von Marketing- und Vertriebsinformationen durch einen Marketing<br />

Newsletter sichergestellt.<br />

Die Vertriebspartner wünschen sich darüber hinaus, Informationen zu Wettbewerbern<br />

sowie Vergleichstests und Dokumentation zu Wettbewerbsprodukten bereitgestellt zu<br />

bekommen. In der Marketing- und Vertriebsleitung wurde die Bereitstellung umfangreicher<br />

Wettbewerbsinformationen kontrovers diskutiert. Man ist sich bewusst, dass<br />

die Kenntnis der Wettbewerbsprodukte besonders <strong>für</strong> unerfahrene Vertriebsmitarbeiter<br />

eine wichtige Argumentationshilfe bietet. Es könnte jedoch auch sein, dass diese missbraucht<br />

wird, um über die fehlende Kenntnis der eigenen Produkte abzulenken. Hier<br />

sieht der Vertriebsleiter Aarestrup eine Gefahr, denn gerade unerfahrene Vertriebspartner<br />

können bei der umfangreichen Bereitstellung von Informationen zu den<br />

Nachteilen der Wettbewerbsprodukte schnell dazu neigen, sich beim Kunden darüber<br />

zu profilieren, dass sie Wettbewerbsprodukte schlecht machen. Der Vergleich zwischen<br />

Lösungen von Gallus und denen der Konkurrenz steht nach Aarestrup eindeutig<br />

den Kunden zu, nicht aber dem Vertriebspartner. Die Profilierung auf Kosten der Kon-


284<br />

Kapitel 6<br />

kurrenz fällt nach Einschätzung Aarestrups mittelfristig allzu leicht wieder auf den<br />

Vertriebspartner und damit auf Gallus zurück.<br />

Klaus Aarestrup führt die Unzufriedenheit bezüglich wettbewerbsbezogener Informationen<br />

somit zumindest teilweise und insbesondere bei unerfahrenen Vertriebspartnern<br />

auf die fehlende Kenntnis von technischen und kommerziellen Vorteilen der Gallus-<br />

Lösungen zurück. Wesentliche Ansatzpunkte liegen demnach nicht nur in der Bereitstellung<br />

zusätzlicher Informationen, sondern vor allem in der Ausweitung von Schulungen<br />

und technischem Training. Für Verkäufer, die wegen unzureichender Kenntnisse<br />

bisher nicht in der Lage waren, die Stärken der Produkte darzustellen und darüber<br />

zu verkaufen, sollen eigene produktbezogene Schulungen angeboten werden.<br />

6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen<br />

Der Höhe der Transferpreise und Profitmargen der verschiedenen Produkte aus Sicht<br />

der Zentrale und der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu. Dies ist<br />

nicht nur der Fall, weil sie direkten Einfluss auf die zentralen und dezentralen Cash-<br />

Flows und Gewinne besitzen. Darüber hinaus sind Aspekte des Commitments und der<br />

Kultur zu beachten. Denn Gallus ist weltweit als hochpreisiger Qualitätsführer positioniert.<br />

Die Zentrale sieht deshalb die Kritik am Preisniveau teilweise auch als Mangel<br />

an Vertrautheit und Verbundenheit mit den Positionierungszielen des Herstellers.<br />

Gallus formulierte zur Lösung der Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen<br />

deshalb zwei verschiedene Ansätze, die zz. ausgearbeitet werden:<br />

• „Retrainings“: Um die Kenntnisse und Durchsetzung in Bezug auf die Positionierungsziele<br />

des Herstellers Gallus zu unterstützen, sieht man auch hier aktuellen<br />

Schulungsbedarf. Es ist ein so genanntes „Retraining“ durchzuführen, das Vertriebspartner<br />

mit geeigneten Kundensegmenten und Verkaufsargumenten vertraut<br />

macht, um die strategische Positionierung aufrecht zu erhalten.<br />

• „Open-Book Dialoge“: Die hohe Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen<br />

besteht insbesondere bei Vertriebspartnern, die in Schwellenländern tätig sind. Als<br />

mögliche Gründe <strong>für</strong> die Unzufriedenheit sieht Klaus Aarestrup zu hohe Erwartungen,<br />

die z. B. durch ungünstige lokale Kostenstrukturen zustande kommen können.<br />

Dem kann nach Einschätzung Aarestrup nicht durch standardisierte Massnahmen<br />

der Zentrale begegnet werden, sondern bedarf der persönlichen Kommunikation.<br />

Deshalb hat man sich dazu entschlossen, den Vertriebsgesellschaften so genannte<br />

„Open-Book Dialoge“ anzubieten. „Open Book“ bedeutet, dass beide Partner mit


Vertriebsgestaltung des Herstellers 285<br />

offenen Karten spielen und sich zu ernsthaften Diskussionen und Beratungen auf<br />

Basis von internem Zahlenmaterial bereit erklären.<br />

Durch die Kombination der beiden Stossrichtungen versucht Gallus, die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner mit den Transferpreisen und Margen zu erhöhen.<br />

6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden<br />

Die höchste Unzufriedenheit, die bei Vertriebspartnern in der Zusammenarbeit mit<br />

Gallus besteht, betrifft fehlende Finanzierungsprogramme <strong>für</strong> Kunden. Wie bereits<br />

weiter oben erwähnt, ist Gallus allerdings nicht in der Lage, eigene Kreditprogramme<br />

<strong>für</strong> Kunden in sämtlichen Märkten anzubieten. Als Alternative kann auch Leasing <strong>für</strong><br />

finanzschwache Kunden eine Hilfe bei der Finanzierung darstellen. Leasing ermöglicht<br />

die Wahrung von Liquidität. Für grössere Kundenunternehmen stehen häufig<br />

auch die dadurch geringeren Kapitalbindungskosten und steuerlichen Vorteile im Vordergrund.<br />

Klaus Aarestrup sieht Leasinglösungen <strong>für</strong> eine gute Alternative zur reinen Kreditvergabe.<br />

In entwickelten Märkten arbeitet Gallus bereits mit lokalen Leasinggesellschaften<br />

zusammen. Diese kaufen die Maschinen bei Gallus und verleasen diese an die<br />

Kundenunternehmen. Für Gallus änderte sich daher finanziell nichts, jedoch würde<br />

Vertriebspartnern ein wichtiges Verkaufsinstrument an die Hand gegeben, das insbesondere<br />

Verkäufe an kleine finanzschwache Kunden fördert.<br />

Ein weitaus grösserer Bedarf und zugleich eine grössere Dringlichkeit der Finanzierungslösungen<br />

besteht in schwachen Märkten wie z. B. Argentinien. In diesen Ländermärkten<br />

sind Leasingmodelle nicht möglich, denn es existieren keine lokalen Leasinggesellschaften,<br />

die Geld zur Verfügung stellen. Lösungen <strong>für</strong> die Finanzierung in<br />

Ländermärkten, in denen keine Leasinggesellschaften bestehen, existieren bislang jedoch<br />

nicht.<br />

6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />

Eine Präsentation der Untersuchungsergebnisse auf der Sitzung des Verwaltungsrates<br />

im August 2004 hat ein Bewusstsein <strong>für</strong> die Stärken und Schwächen von Gallus in der<br />

Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern erzeugt. Investitionen in die Zusammenarbeit<br />

mit Vertriebspartnern wurden hierdurch unterstützt. Um Verbesserungen systematisch


286<br />

Kapitel 6<br />

erfassen, beurteilen und weitertreiben zu können, sieht man bei Gallus <strong>für</strong> die Zukunft<br />

zwei Ansatzpunkte der Kontrolle vor:<br />

• Regelmässige Wiederholung: Die Diagnose soll in regelmässigen Abständen von<br />

zwei Jahren wiederholt werden. Hierdurch werden der Erfolg eingeleiteter Massnahmen<br />

erfasst und neue Schwachstellen frühzeitig identifiziert. Der zeitliche Abstand<br />

von zwei Jahren stellt sicher, dass erneute Erhebungen bereits die Wirkungen<br />

der Verbesserungsmassnahmen enthalten, die zum Teil mit der Geschäftsleitung<br />

abgestimmt werden müssen.<br />

• Benchmarking: Klaus Aarestrup will neben dem Zeitvergleich auch ein Benchmarking<br />

der Vertriebsorganisation vornehmen. Durch den Vergleich mit anderen Unternehmen<br />

kann weiterer Handlungsbedarf identifiziert werden. Zz. werden dazu<br />

mögliche Benchmarking-Partner ermittelt, bewertet und zu einer Teilnahme eingeladen.<br />

6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />

Der Fall Gallus zeigt die Möglichkeiten und Einschränkungen, denen sich Vertriebsverantwortliche<br />

im Mittelstand ausgesetzt sehen, wenn sie die Zusammenarbeit in der<br />

Vertriebsorganisation verbessern wollen. Finanzierungslösungen sind zum einen nur<br />

begrenzt möglich. Zum anderen bestehen durch klare Organisationsstrukturen und höhere<br />

Spezialisierung und Arbeitsteilung formale Anforderungen an das Vorgehen und<br />

die Entscheidungskompetenzen. Der Einbezug des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung<br />

und die damit verbundenen personellen und zeitlich längeren Entscheidungswege<br />

kosten Flexibilität. Andererseits gelingt es dem Unternehmen mit einer<br />

hohen Professionalität vorzugehen um Lösungen zu entwickeln.<br />

In Zukunft werden regionale Meetings der Vertriebspartner durchgeführt, bei denen<br />

die Lösungsansätze der Zentrale weiterentwickelt werden sollen. Klaus Aarestrup will<br />

damit die Voraussetzung <strong>für</strong> eine noch höhere Akzeptanz bei der Umsetzung schaffen<br />

und bildet damit die Grundlage <strong>für</strong> eine hohe Effektivität der strategisch so wichtigen<br />

internationalen Vertriebsorganisation.<br />

6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern<br />

Die Fallstudie BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE) zeigt, wie ein Grosskonzern<br />

mit komplexen Organisationsstrukturen vorgeht, um die Zusammenarbeit in seiner<br />

europäischen Vertriebsorganisation zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fall-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 287<br />

studie liegen im Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienst (s. auch<br />

Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.4.3, S. 189 ff.; Absatz 6.3.5.1, S. 193ff), bei der<br />

Abstimmung im Planungsprozess (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.; Absatz 6.3.5.2, S.<br />

196 ff.) sowie der Verbesserung des Vorgehens bei der Beantwortung von Kundenanfragen<br />

(s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.; Absatz 6.3.7.3, S.<br />

220 ff.).<br />

6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe<br />

Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF) wurde im Jahr 1865 gegründet und<br />

ist heute ein weltweit führender Zulieferer in seinen Sektoren Petrochemikalien, Plastik,<br />

Performance Chemikalien, Öl & Gas und Feinchemikalien wie z. B. Produkte <strong>für</strong><br />

die pharmazeutische Industrie. Im Jahr 2004 beschäftigte das Unternehmen mit Hauptsitz<br />

in Ludwigshafen, Deutschland, weltweit etwa 82’000 Mitarbeiter und erzielte einen<br />

Umsatz von 37.5 Mrd. Euro.<br />

Die regionale Business Unit „Pharma“, die zur regionalen Division „Fine Chemicals<br />

Europe, Africa, West Asia“ (RBU FCE) gehört, wird von Business Director Michael<br />

Lappas geleitet. Wichtige Produkte in diesem Bereich der BASF sind Wirk- und Trägerstoffe,<br />

wie sie z. B. zur Herstellung von Tabletten eingesetzt werden. Zu den Kunden<br />

zählen bekannte Pharmaunternehmen wie z. B. Pfizer, GlaxoSmithKline, Novartis<br />

und Bayer.<br />

Aktuelle Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma<br />

Die gegenwärtige Situation des Bereiches Pharma stellt das Unternehmen vor eine<br />

grosse Herausforderung. Seit Jahren ist es BASF im Pharmageschäft nicht gelungen,<br />

neue „Blockbuster-Produkte“, deren jährlicher Umsatz 1 Mrd. USD übersteigt, auf den<br />

Markt zu bringen. In zunehmendem Masse werden allerdings bestehende Produkte,<br />

deren Patentschutz inzwischen abgelaufen ist, durch indische und asiatische Konkurrenten<br />

kopiert und teilweise zu Preisen verkauft, die weit unter den BASF-Preisen liegen.<br />

Der schwache Dollar gibt diesen Konkurrenten zusätzliche Kraft. Gleichzeitig ist<br />

der Markt der Pharmaunternehmen besonders stark von Unternehmenskäufen und -<br />

zusammenschlüssen betroffen. Hierdurch entstehen Kundenunternehmen mit enormer<br />

Kaufkraft. Diese Tendenz als auch die Zentralisierungsbestrebungen im Einkauf der<br />

Kundenunternehmen führen zu zusätzlichem Druck auf Preise und Konditionen. Insbesondere<br />

verlangt dies eine entsprechend professionelle Koordination des Vorgehens<br />

bei Schlüsselkunden zwischen verschiedenen Märkten und Regionen.


288<br />

Kapitel 6<br />

Regulatorische Erfordernisse im europäischen Pharmageschäft (z. B. Analysen, Eintragungen,<br />

Zertifikate), wie sie zum Schutze des Verbrauchers von staatlicher Seite<br />

eingerichtet sind, stellen an die Hersteller von Wirk- und Trägerstoffen hohe Anforderungen.<br />

So sind Pharmaunternehmen dazu verpflichtet, bei den lokalen Behörden <strong>für</strong><br />

jedes Medikament ein so genanntes „Drug Master File“ einzureichen, das alle Inhaltsstoffe<br />

und Lieferanten mit detaillierten beglaubigten Angaben erfasst. Die BASF besitzt<br />

in Bezug auf die Erfüllung der geforderten Vorschriften eine vergleichsweise hohe<br />

Kompetenz, die bei asiatischen und indischen Wettbewerbern erst langsam aufgebaut<br />

werden kann. Aussen- und Innendienstmitarbeiter halten unterdessen die im Vergleich<br />

zur asiatischen Konkurrenz grössere räumliche Nähe zu den Kundenunternehmen<br />

und die dadurch höhere Lieferfähigkeit bei Engpässen im Kundenunternehmen<br />

<strong>für</strong> eine weitere besondere Stärke der BASF, die eine Abwanderung von Kunden verhindere.<br />

„Es ist bereits vorgekommen, dass wir erst morgens um zehn Uhr einen Kunden<br />

am Telefon hatten, dem wir bereits am Mittag eine Lieferung nach Dänemark<br />

schicken konnten“, so Annie Janning, Sales Manager im Bereich Pharma. Sarah Ervine,<br />

Head of Sales, kennt eine Vielzahl von Kunden, die einen besonderen Anspruch an<br />

die Liefersicherheit stellen und dem Hersteller daher den erzeugten Zusatzaufwand in<br />

Form eines „Insurance-Premiums“ vergüten.<br />

Kunden<br />

verlagern<br />

Produktion<br />

Hohe F&E-<br />

Kosten<br />

Gesamtmarkt FCE-Pharma Organisation BASF-Organisation<br />

Asiatische<br />

und indische<br />

Konkurrenz<br />

Sinkende<br />

Preise<br />

Konzentration<br />

von<br />

Einkaufsmacht<br />

Schwacher<br />

Dollar<br />

Regulatorische<br />

Standards<br />

Globale<br />

Kunden mit<br />

enormer<br />

Kaufkraft<br />

Zusammenschlüsse<br />

von Kunden<br />

Neue IT-<br />

Systeme<br />

Mehr interne<br />

Anfragen<br />

Reifes Produktportfolio<br />

Unerfahrene<br />

Kollegen<br />

Weniger<br />

neue Kunden<br />

Knappe<br />

Ressourcen<br />

Eigene<br />

Produktionsverlagerungen<br />

Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE<br />

Komplexe<br />

Organisation<br />

Where to get<br />

information<br />

Lagervermeidungspolitik<br />

Abbildung 6-37 zeigt die aktuellen Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma.<br />

Dabei sind Herausforderungen zu unterscheiden, die den gesamten europäischen<br />

Pharmamarkt betreffen, solche, die ausschliesslich die Organisationseinheit BASF


Vertriebsgestaltung des Herstellers 289<br />

FCE Pharma betreffen und die, die <strong>für</strong> den gesamten BASF-Konzern von Bedeutung<br />

sind.<br />

In letzter Zeit berichten die Aussendienstmitarbeiter allerdings, dass die Kundenunternehmen<br />

bereits in vielen Fällen asiatische und indische Konkurrenz als Zweit- und<br />

Drittlieferanten in ihre Drug Master Files haben eintragen lassen. Andere Kunden<br />

sammeln bereits Erfahrung mit diesen Produkten, wodurch sich der Druck auf die<br />

BASF erhöht. Insbesondere in England sei dieser Wettbewerb am stärksten und die<br />

BASF verliert zunehmend Marktanteile. Auch betonen die Aussendienstmitarbeiter,<br />

dass nicht nur die Kunden an Erfahrung und Vertrauen zu den Asiaten gewinnen, ebenso<br />

erzielen die asiatischen Unternehmen eine immer grössere Kenntnis über die<br />

europäischen Märkte, eine höhere Professionalität im Verkauf und bauen persönliche<br />

Beziehungen zu den Kunden auf. Die Strategie der BASF könne diesbezüglich nur im<br />

Bereich des Cross- und Upsellings liegen, so ein Aussendienstmitarbeiter. Denn die<br />

BASF FCE Pharma sei bereits bei allen wichtigen Kunden als Lieferant vertreten, so<br />

dass kaum Möglichkeiten der Neukundenakquisition bestehen.<br />

Europäische Vertriebsorganisation FCE-Pharma<br />

In dieser angespannten Situation stehen die Effizienz und Effektivität der europäischen<br />

Vertriebsorganisation in besonderem Masse auf dem Prüfstand. Erst im Jahr 2001<br />

wurde die Vertriebsorganisation im Rahmen der Reorganisation „Triple F – Fit For<br />

Future“ grundlegend neu organisiert. Die neue Vertriebsorganisation zeichnet sich<br />

durch geringe lokale Ressourcen und einen hohen Grad an Zentralisierung in der Region<br />

aus (s. Abbildung 6-37, S. 288). So wurden sämtliche Aufgaben des Vertriebsinnendienstes<br />

von der Zuständigkeit der Ländergesellschaften in die Zentrale nach Ludwigshafen<br />

verlegt (s. Abbildung 6-38, „Sales & Supply Center (SSC)“). Im Sales &<br />

Supply Center arbeiten Mitarbeiter, die aus vierzehn verschiedenen Ländern stammen<br />

und Verkaufsgebieten in ihrer jeweiligen Heimatregion zugeordnet sind. Dadurch soll<br />

vor allem sprachlichen und auch kulturellen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit<br />

mit Kunden und Account Managern aktiv begegnet werden. Darüber hinaus befinden<br />

sich die Mitarbeiter des Sales & Supply Centers in unmittelbarer Nähe zu den Mitarbeitern<br />

der Logistikabteilung, um auch diese Schnittstelle möglichst effizient zu gestalten.


290<br />

Produktion<br />

Strategisches<br />

Marketing<br />

FC Südamerika<br />

Business Unit<br />

FCE Cosmetics<br />

FC Europa, Afrika,<br />

West Asien (FCE)<br />

(Dr. Meyer)<br />

Business Unit<br />

FCE Human<br />

Nutrition<br />

Sales & Supply Center<br />

(Beenken)<br />

SSC Account Manager<br />

(Ludwigshafen)<br />

Vorstandsebene<br />

(Oakley)<br />

Division<br />

Fine Chemicals (FC)<br />

(Laudenbach)<br />

FC NAFTA FC Asien<br />

Business Unit<br />

FCE Pharma<br />

(Lappas)<br />

Sales<br />

(Ervine)<br />

Account Manager<br />

(Verkaufsgebiete)<br />

Division ...<br />

Business Unit<br />

FCE Animal<br />

Nutrition<br />

Regionales Marketing<br />

(Hoffmann)<br />

Technisches<br />

Marketing<br />

Abbildung 6-38: Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma<br />

Kommerzielles<br />

Marketing<br />

Kapitel 6<br />

Das regionale Marketing passt die globalen Marktstrategien des strategischen Marketing<br />

regional an und entwickelt Konzepte zu dessen Umsetzung, so z. B. in Bezug auf<br />

technische Fragestellungen und die Preisgestaltung.<br />

Die Kunden werden unterdessen in allen europäischen Märkten vor Ort durch herstellereigene<br />

Vertriebsmitarbeiter („Account Manager“) des Konzerns betreut. Durch den<br />

Abbau lokaler Kompetenzen und Ressourcen hat sich die Situation dieser Account<br />

Manager in den letzten Jahren erheblich verändert. Insbesondere die Zusammenarbeit<br />

mit den Mitarbeitern des Sales & Supply Centers wird von den Account Managern als<br />

wichtige neue Voraussetzung gesehen, um erfolgreich zu verkaufen. Beide Abteilungen<br />

sehen sich knappen Ressourcen gegenüber, die durch die Reorganisation verursacht<br />

wurden. Darüber hinaus sind Engpässe bei der produzierten Ware zu beobachten,<br />

da in der Produktionslogistik ein Abbau sämtlicher Läger zur Senkung der „Working<br />

capital costs“ vorgenommen wurde.<br />

Sowohl Mitarbeiter des Sales & Supply Centers als auch die Verkaufsmitarbeiter in<br />

den verschiedenen Ländermärkten werden aufgrund ihrer Aufgaben im Kundenkontakt<br />

bei BASF als „Account Manager“ bezeichnet. Hierdurch soll die wichtige Bedeutung<br />

der Backoffice-Funktionen <strong>für</strong> die Betreuung des Kunden betont werden. Da dieser<br />

Begriff jedoch keine Unterscheidung zwischen beiden Mitarbeitergruppen zulässt,


Vertriebsgestaltung des Herstellers 291<br />

wird an dieser Stelle <strong>für</strong> diese Arbeit eine begriffliche Differenzierung der Account<br />

Manager in „Innen- und Aussendienst“ vorgenommen.<br />

6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit<br />

Nachdem im Januar 2004 das dritte Jahr nach dem Start der Reorganisation „Triple F“<br />

vergangen war, entschied Michael Lappas, Business Director Pharma & Human Nutrition,<br />

sich dazu, den Status Quo der Vertriebsorganisation aus Mitarbeitersicht zu erfassen.<br />

Die angespannte Marktsituation stellte hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />

der Vertriebsorganisation. Es bestand die Unsicherheit, ob die erheblichen organisationalen<br />

Änderungen durch „Triple F“ diesen Anforderungen gerecht würden.<br />

Dadurch entstand eine gewisse Dringlichkeit. Ziel war es, Verbesserungspotenziale zu<br />

identifizieren und ggf. Massnahmen einzuleiten, die zur Verbesserung der internen<br />

Zusammenarbeit und damit zur Verbesserung der Kompetenz am Markt führen sollten.<br />

Um ein möglichst umfassendes Bild über die Eignung der neuen Entscheidungsstrukturen<br />

und Prozesse in der europäischen Vertriebsorganisation zu erhalten, wurden Vertreter<br />

sämtlicher Abteilungen und Hierarchieebenen mit einbezogen.<br />

Es wurde ein Projekt aufgesetzt, in dem zwischen April und Juni 2004 eine Anzahl<br />

von 18 Einzelinterviews und 6 Gruppeninterviews in verschiedenen europäischen Büros<br />

und der Zentrale in Ludwigshafen durchgeführt wurde (s. Abbildung 6-38, S. 290).<br />

Für die Leitung des Projektes und die Durchführung der Interviews wurde auf einen<br />

externen Dienstleiter zurückgegriffen. Hierdurch sollte eine möglichst unvoreingenommene<br />

Sicht erzielt und interne Mitarbeiter im Tagesgeschäft nicht weiter belastet<br />

werden. Die Interviews wurden schriftlich dokumentiert und die Ergebnisse in Form<br />

von Powerpointpräsentationen <strong>für</strong> die verschiedenen internen Gruppen aufbereitet.<br />

Aus der Vielzahl von Meinungen konnten aufgrund der Häufigkeit ihrer Nennung und<br />

der von den Gesprächspartnern dargestellten Relevanz drei wesentliche Aspekte der<br />

Verbesserung dargestellt werden. Dazu gehören eine stärkere „Verzahnung von Innenund<br />

Aussendienst“, eine bessere „Planungsgenauigkeit und transparente Warenpriorisierung“<br />

sowie die „Antwortqualität und -geschwindigkeit <strong>für</strong> Kundenanfragen“. Die<br />

drei Problembereiche und erste Lösungsansätze zu deren Verbesserung werden im<br />

Folgenden vorgestellt.


292<br />

6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen<br />

6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst<br />

Kapitel 6<br />

Bei der BASF-internen Untersuchung konnten Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit<br />

zwischen Account Managern im Innen- und Aussendienst identifiziert<br />

werden, die beiden Parteien bewusst waren. Account Manager im Innen- und Aussendienst<br />

sehen sich selbst im Spannungsfeld zwischen den aktuellen internen Restriktionen<br />

und den externen Anforderungen der Kunden. Zu den internen Restriktionen gehören<br />

die Komplexität der BASF-Organisation, geringe Warenverfügbarkeiten aufgrund<br />

der Produktions- und Lagerhaltungspolitik sowie knappe Ressourcen wegen der<br />

restriktiven Einstellungspolitik. Der Innendienst wurde darüber hinaus durch viele interne<br />

Projekte belastet, durch Umstellungszeiten und Ineffizienzen wegen der Einführung<br />

neuer IT-Systeme sowie durch die zz. noch nicht voll ausgereiften Kompetenzen<br />

neuer Mitarbeiter im technischen Marketing (s. Abbildung 6-37, S. 288).<br />

Die Erfüllung der Kundenanfragen wird in vielen Fällen durch die genannten Restriktionen<br />

eingeschränkt. Kundenanfragen betreffen meist Spezialwünsche zu Produkten,<br />

landessprachliche Dokumentationen, technische und rechtliche Beratung, Zahlungsund<br />

Lieferkonditionen, technische Kundenfragebögen <strong>für</strong> die Erstellung eines „Drug<br />

Master Files“, Qualitätsbeanstandungen und -fragen sowie in besonderem Masse auch<br />

kurzfristige Lieferungen. Account Manager im Innen- und Aussendienst versuchen in<br />

dieser Situation eine Balance zu finden, um Anfragen trotz der genannten Restriktionen<br />

optimal zu beantworten. So kann z. B. bei kurzfristigen Engpässen des Kunden<br />

durch Teil-, Nach- und Expresslieferungen oder „Quarantäne-Lieferungen“ (Lieferung<br />

ohne Analysezertifikat auf Risiko des Kunden) eine Lösung erreicht werden.<br />

Während die Aussendienstmitarbeiter ein grosses marktbezogenes Wissen über Wettbewerber<br />

und Kunden einer Verkaufsregion besitzen, haben Innendienstmitarbeiter im<br />

Sales & Supply Center detaillierte interne Kenntnisse über interne Logistik- und IT-<br />

Projekte und andere organisationsbezogene Informationen. Selbst in Bezug auf das<br />

Wissen über gemeinsam betreute Kunden unterscheiden sich Aussen- und Innendienstmitarbeiter<br />

erheblich (s. Abbildung 6-39).


Vertriebsgestaltung des Herstellers 293<br />

Account Manager im Aussendienst<br />

� Kontakt in der Kundenorganisation :<br />

Verantwortlicher Einkaufsleiter,<br />

� Gesprächsinhalte: Strategische<br />

Fragen, Entwicklung des Kunden,<br />

� Kontakthäufigkeit: 1-4 mal pro Jahr.<br />

Account Manager im Innendienst<br />

� Kontakt in der Kundenorganisation:<br />

Mitarbeiter der Einkaufs- oder<br />

Logistikabteilung,<br />

� Gesprächsinhalte: Details zu<br />

Abwicklung und Lieferung,<br />

� Kontakthäufigkeit: Täglich oder<br />

wöchentlich.<br />

Mitarbeiter<br />

1<br />

Mitarbeiter<br />

1<br />

Kundenorganisation<br />

Purchasing<br />

manager<br />

Mitarbeiter<br />

2<br />

Kundenorganisation<br />

Purchasing<br />

manager<br />

Mitarbeiter<br />

2<br />

Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation<br />

Mitarbeiter<br />

3<br />

Mitarbeiter<br />

3<br />

Aussendienstmitarbeiter treffen sich je nach Bedeutung des Kunden ein bis viermal<br />

pro Jahr mit dem Einkaufsleiter des Kundenunternehmens. Die Inhalte der Gespräche<br />

sind meist strategischer Natur und betreffen die Ausgestaltung und Verlängerung langfristiger<br />

Verträge oder die strategische Weiterentwicklung der Partnerschaft mit dem<br />

Kundenunternehmen. Die Mitarbeiter im Sales & Supply Center (SSC) hingegen übernehmen<br />

die Abwicklung der Geschäftsprozesse mit dem Kunden. Ansprechpartner<br />

auf Kundenseite sind meist Mitarbeiter aus der Einkaufs- oder Logistikabteilung, mit<br />

denen Details über Abwicklung und Lieferung besprochen werden. Durch den häufigen<br />

Kontakt zu diesen Mitarbeitern besteht ein sehr nahes soziales Verhältnis und daher<br />

ein hohes Mass an informeller Information über die Entwicklungen im Kundenunternehmen.<br />

Mitarbeiter des SSC verfügen hierdurch über Wissen über das Kundenunternehmen,<br />

das dem Aussendienst nicht zugänglich ist, obwohl es teilweise eine hohe<br />

Relevanz besitzt. Dies gilt vice versa <strong>für</strong> die Informationen des Aussendienstes.<br />

Der verstärkte Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern<br />

ist unabdingbar, um die Betreuung des Kunden weiter zu professionalisieren.<br />

Abbildung 6-40 zeigt Ansatzpunkte, die bei BASF zur Verbesserung des Informationsaustausches<br />

herangezogen werden.


294<br />

Erhöhte Nutzung von<br />

„Salesnet“<br />

Regelmässige Treffen<br />

Informationsaustausch<br />

verbessern<br />

Gemeinsame<br />

Kundenbesuche<br />

Gemeinsame Entwicklung von<br />

„Customer concepts”<br />

Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches<br />

Kapitel 6<br />

• Erhöhte Nutzung von „Salesnet“: Bei Salesnet handelt es sich um eine erst vor kurzem<br />

eingeführte Kundendatenbank, die von Mitarbeitern des SSC ebenso genutzt<br />

werden soll wie vom Aussendienst. Das Ziel besteht darin, beiden Abteilungen die<br />

gleichen aktuellen Kundeninformationen verfügbar zu machen. Aussendienstmitarbeiter<br />

bemängeln, dass die Kundeninformationen von SSC-Mitarbeitern nur unzureichend<br />

gepflegt werden. Hierdurch entstehen Ineffizienzen und Fehler in der Kundenbearbeitung.<br />

In Zukunft wird die Nutzung des Informationssystems Salesnet als<br />

Zielsetzung bei der Mitarbeiterbewertung mit aufgenommen. Hierdurch wird sichergestellt,<br />

dass Entscheidungen bezüglich der Kundenbetreuung auf dem höchsten<br />

verfügbaren Informationsstand basieren können.<br />

• Gemeinsame Kundenbesuche: In Zukunft werden gemeinsame Kundenbesuche von<br />

Aussen- und Innendienstmitarbeitern ausdrücklich unterstützt. Hierdurch werden<br />

einerseits die persönlichen Beziehungen zwischen Innendienst und Kunden gezielt<br />

gefördert. Durch eine Teilnahme an gemeinsamen Gesprächen mit der Einkaufsleitung<br />

wird andererseits die Bedeutung und Kompetenz des Innendienstes aus Sicht<br />

der Kunden gestärkt. Durch die gemeinsamen Eindrücke beim Kunden wird darüber<br />

hinaus die soziale Bindung zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern gefestigt<br />

und erhält eine breitere gemeinsame Basis.<br />

• Gemeinsame Entwicklung von „Customer Concepts“: Um das komplementäre<br />

Kundenwissen optimal zur Entwicklung kundenbezogener Strategien und Massnahmen<br />

zu nutzen, werden kundenbezogene Bearbeitungskonzepte, so genannte<br />

„Customer Concepts“, gemeinsam erstellt. Hierdurch verbessert sich einerseits die


Vertriebsgestaltung des Herstellers 295<br />

Informationsgrundlage <strong>für</strong> die Konzepte. Andererseits stellt die gemeinsame Entwicklung<br />

aber auch sicher, dass Account Manager im Innen- und Aussendienst<br />

beim Kunden gleiche Ziele verfolgen und mit identischen Strategien vorgehen.<br />

Hierdurch wird die Kundenbearbeitung weiter professionalisiert.<br />

• Regelmässige Treffen: Regelmässige Treffen zwischen SSC-Mitarbeitern und Aussendienstmitarbeitern<br />

können den Austausch von Informationen ebenso verbessern<br />

wie die sozialen Bindungen zwischen den Parteien, wodurch die Effizienz erhöht<br />

werden kann. Individuelle Treffen, wie z. B. im Rahmen der Vor- oder Nachbereitung<br />

von Kundenterminen oder der Erstellung von Customer Concepts stellen einen<br />

ersten Schritt zur Verbesserung der Beziehungen dar. Darüber hinaus können auf<br />

Gruppenbasis Treffen arrangiert werden, um nicht nur auf Individualebene gemeinsame<br />

Zielsetzungen zu diskutieren, sondern auch sicherzustellen, dass die allgemeine<br />

strategische Ausrichtung auch gruppenübergreifend einheitlich ist.<br />

6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung<br />

Die restriktive Lagerhaltungspolitik des Konzerns verlangt von den Mitarbeitern in der<br />

Vertriebsorganisation bei der Planung eine höhere Genauigkeit, um trotz der eingeschränkten<br />

Lagerbestände eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. Es stellten sich<br />

im Bereich FCE-Pharma zwei Problembereiche heraus: Erstens muss die Planungsgenauigkeit<br />

erhöht werden. Zweitens muss <strong>für</strong> die Übergangszeit ein Vorgehen zur Zuteilung<br />

von Waren bei knapper Verfügbarkeit gefunden werden.<br />

Planungsgenauigkeit<br />

Im Planungsprozess konnten verschiedene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit<br />

zwischen den verschiedenen Abteilungen identifiziert werden. Zur Produktionsplanung<br />

müssen zunächst die Aussendienstmitarbeiter abhängig von den Produkten<br />

zweimal jährlich angeben, welche Planmengen sie <strong>für</strong> welche Artikel bei welchem<br />

Kunden <strong>für</strong> den Planungszeitraum annehmen. Als Zahlenbasis dienen zum Teil Schätzungen<br />

des Kunden, die auf deren eigener Produktionsplanung basieren, oder aber die<br />

Einschätzung des Aussendienstmitarbeiters.<br />

Dieses Zahlenmaterial wird durch die Mitarbeiter des SSC über die Kunden und Märkte<br />

zusammengefasst, sodass Plandaten pro Artikelnummer bestehen, die nach einem<br />

Plausibilitätscheck an das strategische Marketing weitergegeben werden. Gemeinsam<br />

mit Kollegen aus der Produktion finden so genannte „Production meetings“ statt, auf


296<br />

Kapitel 6<br />

deren Basis der zu produzierende und damit <strong>für</strong> den Vertrieb verfügbare Warenbestand<br />

festgelegt wird.<br />

Bei der Planung entsteht bei der BASF FCE-Pharma ein grosses Konfliktpotenzial, das<br />

in einer schlechteren Warenverfügbarkeit resultiert und damit unmittelbar die Qualität<br />

der Leistung <strong>für</strong> den Kunden betrifft. Eine BASF-interne Studie hat gezeigt, dass die<br />

Kunden im Bereich FCE-Pharma der Lieferzuverlässigkeit eine wesentlich höhere Bedeutung<br />

zumessen als der Lieferdauer. Die Verfügbarkeit bestellter Ware ist somit ein<br />

wichtiges Kriterium, an dem der Kunde die Kompetenz der Mitarbeiter in kundennahen<br />

Unternehmensbereichen misst.<br />

Konflikte kommen durch die wechselseitige Interaktion der beteiligten Abteilungen im<br />

Planungsprozess zustande. Es tritt der so genannte „Bullwhip-Effekt“ auf, bei dem<br />

sich die Planungsgenauigkeit schrittweise verschlechtert (Abbildung 6-41, S. 296).<br />

2. Runde: ��<br />

2. Runde: ��<br />

Strategisches<br />

Marketing/ Produktion:<br />

Abzug von y %<br />

Knappe<br />

Verfügbarkeit<br />

Planungsprozess<br />

„Bullwhip-<br />

Effekt“<br />

SSC Planer:<br />

Abzug x %<br />

Forecasts von<br />

Aussendienst<br />

und SSC<br />

Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma<br />

2. Runde: �<br />

3. Runde: � �<br />

2. Runde: ��<br />

...<br />

Nachdem SSC-Mitarbeiter im Kundenkontakt und Aussendienstmitarbeiter ihre Planzahlen<br />

abgegeben haben, werden diese, meist im Rahmen eines „Plausibilitätschecks“<br />

durch einen Mitarbeiter, der im SSC die Planung übernimmt nach Absprache mit dem<br />

jeweiligen Account Manager nach unten korrigiert. Auch das strategische Marketing<br />

und die Produktion, die unnötige Lagerbildung vermeiden wollen, schätzen Zahlen aus<br />

den Märkten häufig als zu optimistisch ein und führen erneut Kürzungen durch. Bei<br />

einer guten Ausgangsplanung durch Aussendienst und SSC stellt sich damit eine<br />

Knappheit bei der Warenverfügbarkeit ein. Hierdurch können Aussendienst und SSC<br />

gegenüber dem Kunden ihre Lieferversprechen nicht einhalten und neigen dazu, in der<br />

nächsten Planungsperiode noch optimistischere Zahlen anzugeben. Hierdurch bestärkt


Vertriebsgestaltung des Herstellers 297<br />

sich das Misstrauen der anderen Abteilungen und erhöht deren Abzüge. Damit verschlechtert<br />

sich die Qualität der Planung in jeder Periode weiter.<br />

Um den Bullwhip-Effekt zu durchbrechen und die Planungsgenauigkeit zu erhöhen,<br />

hat Laura Beenken, Leiterin des SSC verschiedene Anstrengungen unternommen. Zz.<br />

wird ein Konzept umgesetzt, das bereits erste Erfolge gebracht hat.<br />

• Feedback Aussendienst und SSC: Bisher erhielten SSC und Aussendienst kein<br />

Feedback über die Genauigkeit ihrer Planung, d. h. eine Aufstellung von geplanten<br />

und tatsächlich verkauften Mengen pro Artikel und Kunde. Daher fehlt bei den Mitarbeitern<br />

jegliche Kenntnis darüber, wie gut ihre eigene Planung denn eigentlich<br />

war. Verbesserungen der eigenen Planung können daher nicht systematisch erfolgen.<br />

Falsche Schlüsse, die aus der mangelnden Verfügbarkeit resultieren, verstärken<br />

den Bullwhip-Effekt zusätzlich. In Zukunft erhalten die Innen- und Aussendienstmitarbeiter<br />

deshalb eine Aufstellung der durch sie geplanten und realisierten Grössen.<br />

Für die Zukunft wird darüber nachgedacht, die Planungsgenauigkeit auch in<br />

die Bewertung der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Der Plausibilitätscheck durch den<br />

Planungsmitarbeiter im SSC fällt in diesem Fall weg.<br />

• Service Level Agreements mit der Produktion: Darüber hinaus sind interne Service<br />

Level Agreements mit den produzierenden Einheiten zu schliessen. Darin wird vereinbart,<br />

dass die durch die Planung intern „bestellte“ Ware auch bereitgestellt werden<br />

muss. Für die interne Nicht- oder Spätlieferung sind Konditionalstrafen zu vereinbaren,<br />

durch die Komplexitäten und Entschädigungen in der Zusammenarbeit<br />

mit Kunden finanziert werden können. Ausserdem wird der Anreiz gesetzt, die exakte<br />

Menge bereitzustellen, die geplant wurde. Die Marktorganisation geht dabei<br />

ihrerseits die Verpflichtung ein, die Kapitalbindungskosten <strong>für</strong> etwaige Überproduktionen<br />

zu übernehmen. Dadurch wird auch hier der Anreiz gesetzt, möglichst<br />

genau zu planen. Zz. werden BASF-intern noch keine Konditionalstrafen verhängt,<br />

wie sie gegenüber externen Partnern üblich sind. Michael Lappas und Laura Beenken<br />

gehen allerdings davon aus, dass die Mitarbeiter hierdurch mit der Zeit das nötige<br />

Know-How <strong>für</strong> eine optimale Planung entwickeln, die sich hierdurch schrittweise<br />

verbessern wird.<br />

Zuteilung von Waren bei knapper Verfügbarkeit<br />

Ein weiteres Problem ist die Priorisierung und Zuteilung des verfügbaren Warenbestandes<br />

im Falle von Engpässen. Das Problem wird zwar mit zunehmender Planungsgenauigkeit<br />

abnehmen, jedoch wird aufgrund kurzfristiger Anfragen bedeutsamer


298<br />

Kapitel 6<br />

Kunden immer das Problem bestehen, einen verfügbaren Warenbestand zuzuteilen.<br />

Account Manager im Aussen- und Innendienst sehen die Zuteilung von Waren als kritisch<br />

<strong>für</strong> das Vertrauen des Kunden in sie und den Hersteller. Sie bemängeln, dass die<br />

Priorisierung von Waren häufig nicht die Qualität des Forecasts widerspiegelt. Stattdessen<br />

entscheiden interner „Warenklau“, d. h. die Zuteilung in der Logistik nach dem<br />

Prinzip der Schnelligkeit und die Bedeutsamkeit des Kunden häufig über eine Zuteilung.<br />

Aussendienstmitarbeiter, deren SSC-Partner langsamer reagierten als andere,<br />

hatten in manchen Fällen das Nachsehen, obwohl die Bestellungen ordnungsgemäss in<br />

der Planung berücksichtigt waren. Bei Kunden wurde hierdurch vielfach das Vertrauen<br />

in der Lieferzuverlässigkeit verletzt, was in einzelnen Fällen sogar zum Wechsel zu<br />

Zweitlieferanten führte. Aussendienstmitarbeiter wurden damit durch die fehlende<br />

Verfügbarkeit teilweise sogar „bestraft“, da sich ihr Zielerreichungsbonus nicht auf die<br />

von Kunden bestellte, sondern die in Rechnung gestellte Ware bezieht. Da selbstverständlich<br />

ohne Auslieferung auch keine Rechnung erstellt wird, verringert sich durch<br />

mangelnde Verfügbarkeit der Bonus der Aussendienstmitarbeiter. Aussendienst- und<br />

SSC-Mitarbeiter betonen, dass es bei manchen Artikelgruppen zu häufigen Knappheiten<br />

kommt.<br />

Die bereits weiter oben genannten Anstrengungen zur Vermeidung von allgemeinen<br />

Knappheiten und zur Verbesserung der Planung helfen dabei, das Problem seltener<br />

und damit weniger gewichtig zu machen. Im Weiteren müssen aber auch Regeln gefunden<br />

werden, die transparent über die Warenzuteilung zu entscheiden helfen. Willkürliche<br />

Verteilungen nach dem Prinzip des Schnelleren sind zu untersagen und ggf.<br />

zu sanktionieren. Denkbar wäre es, eine Verbindung zwischen der Planungsgenauigkeit<br />

und der Zuteilung herzustellen, sodass genaue Planung durch ebenso genaue Lieferfähigkeit<br />

belohnt wird. Allerdings wird von Account Managern im Aussendienst<br />

be<strong>für</strong>chtet, dass dies nicht umsetzbar ist. Account Manager, deren bedeutsame Schlüsselkunden<br />

kurzfristige Anfragen stellen, würden auch im Falle schlechter Planungsgenauigkeit<br />

bevorzugt, so die Be<strong>für</strong>chtung. Dieses Problem würde allerdings abgeschwächt,<br />

wenn die Planungsgenauigkeit ins Zielsystem der Account Manager aufgenommen<br />

wird. Trotzdem sind Kompromisse <strong>für</strong> Kunden zu finden, die trotz einer hohen<br />

Planungsgenauigkeit ihres Account Managers mit Lieferengpässen konfrontiert<br />

weden.<br />

Zz. sind diese Probleme bei BASF noch nicht gelöst. Es wurde allerdings bereits angekündigt,<br />

dem „Warenklau“ durch stärkere Sanktionen entgegenzuwirken. Weitere<br />

Massnahmen zur Regelung der Warenpriorisierung bei Engpässen sind zz. nicht ge-


Vertriebsgestaltung des Herstellers 299<br />

plant, da grundsätzlich erwartet wird, dass diese in den Hintergrund treten werden,<br />

sobald die aufgezeigten Verbesserungen bei der Planung greifen und zu einer höheren<br />

Verfügbarkeit führen.<br />

6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen<br />

Der europäische Pharmamarkt zeichnet sich in besonderem Masse durch seine regulatorischen<br />

Anforderungen der Kunden- und Zulieferunternehmen aus. Wie bereits erwähnt,<br />

sind bei der Zulassung von Medikamenten umfangreiche Dokumentationen<br />

und Analysezertifikate zu erstellen, die in einem „Drug Master File“ einzusehen sind.<br />

Selbst die Verpackungen von Standardstoffen müssen hohen Ansprüchen genügen.<br />

Obgleich die Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen Union bereits viele Anforderungen<br />

der nationalen Zulassungsstellen vereinheitlichen, sind dennoch eine<br />

Vielzahl von landesspezifischen rechtlichen und technischen Voraussetzungen zu beachten.<br />

Neben der unmittelbar auftragsbezogenen Abwicklung betreffen Kundenanfragen<br />

deshalb häufig technische und rechtliche Details, die einer rechtsverbindlichen<br />

Klärung bedürfen. Ein Teil dieser Anfragen beantworten Account Manager aus Aussen-<br />

und Innendienst unmittelbar selbst als „First Level Support“. Häufig wird jedoch<br />

die Unterstützung durch spezialisierte Abteilungen benötigt, wodurch sich der Prozess<br />

bis zur Beantwortung der Kundenanfragen deutlich verzögert. Hierdurch gerät die<br />

Kundenzufriedenheit in Gefahr. Mitarbeiter des SSC betonen, dass auch die Wettbewerbsfähigkeit<br />

leidet, da der Kunde in dieser Situation „Technische Fragebögen“<br />

meist gleichzeitig an die verschiedenen Lieferanten versendet und die Beantwortungszeiten<br />

und -qualitäten unmittelbar miteinander vergleichen kann und in seine Beurteilung<br />

des Lieferanten einschliesst.<br />

In der Vergangenheit betrafen die Verzögerungen bei der Beantwortung solcher Anfragen<br />

meist Mitarbeiter aus dem SSC. Diese sind in vielen Fällen nicht autorisiert,<br />

technische Fragen selber zu beantworten oder der spezialisierten Einheit direkt zuzustellen.<br />

Kundenanfragen müssen zunächst an das regionale Marketing weitergeleitet<br />

werden, das sich um die Weiterverfolgung kümmert (s. Abbildung 6-42, S. 300). Können<br />

die Anfragen nicht unmittelbar im regionalen Marketing beantwortet werden,<br />

durchläuft eine Kundenanfrage leicht mehr als drei Abteilungen. Bei einer nur geringen<br />

Verweildauer einer Anfrage pro Abteilung können mehrere Wochen verstreichen.<br />

Wenn Kundenanfragen schriftlich nicht klar formuliert sind, kann es zudem dazu<br />

kommen, dass sie an Spezifität verlieren. Das gilt insbesondere dann, wenn Antworten<br />

telefonisch übermittelt werden. Auch hierdurch leidet die Qualität. Häufig beantworten


300<br />

Kapitel 6<br />

interne Abteilungen sämtliche Anfragen ausschliesslich in deutscher Sprache stichwortartig<br />

oder „unpolitely“, wie Mitarbeiter des SSC betonen. Durch die dadurch notwendigen<br />

Übersetzungen und Umformulierungen durch das SSC verlieren die Antworten<br />

häufig weiter an Qualität.<br />

Kunde<br />

Sales & Supply<br />

Center<br />

Regionales<br />

Marketing<br />

Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage<br />

Strategisches<br />

Marketing<br />

Bisher besitzt die BASF keine Lösung, um dem Problem, das durch die komplexe formale<br />

Struktur verstärkt wird, vollständig zu begegnen. Um eine effiziente Regelung zu<br />

finden, wurde jedoch darüber nachgedacht, eine „Postbotenfunktion“ zu installieren.<br />

Dem „Postboten“ werden Kundenanfragen, die nicht im ersten Support-Level gelöst<br />

werden können, zugestellt. Dieser übernimmt als „Request Owner“ die Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die Qualität und Geschwindigkeit der Beantwortung. Im Rahmen dessen können<br />

Service Standards <strong>für</strong> die Beantwortung festgelegt werden. Der „Postbote“ muss über<br />

hervorragende Kenntnisse der internen Strukturen und Verantwortlichkeiten verfügen,<br />

denn er leitet die Kundenanfragen unmittelbar an die spezialisierte Abteilung weiter<br />

und kontrolliert deren Beantwortung. Eine erste Optimierung wurde bereits bei den<br />

Prozessen zur Beantwortung von technischen Fragebögen vorgenommen. Heute werden<br />

die entsprechenden Anfragen direkt von einer zentralen Qualitätsmanagementstelle<br />

im Unternehmensbereich bearbeitet und beantwortet. Zz. werden darüber hinaus das<br />

„Postbotenkonzept“ auf seine Machbarkeit hin untersucht und weitere Möglichkeiten<br />

zur Verbesserung der zentralen Verarbeitung von Kundenanfragen erarbeitet.<br />

6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen<br />

Um den bisher erarbeiteten Lösungsansätzen gezielt nachzugehen, sieht der Projektplan<br />

vor, Teams zu bilden und mit der Bearbeitung zu betrauen. Der Erfolg der Massnahmen<br />

kann im Fall der BASF FCE Pharma erst einige Zeit nach ihrer Umsetzung<br />

kontrolliert werden, nachdem erste Erfahrungen in der neuen Konstellation bestehen


Vertriebsgestaltung des Herstellers 301<br />

und etwaige Ängste vor Veränderungen überwunden sind. Auf der „Head-ofs“-<br />

Präsentation wurden die Diagnoseergebnisse mit dem Management von SSC, Vertrieb<br />

und regionalem Marketing sowie dem Business Director Michael Lappas und dem<br />

Group Vice President RBU FCE Dr. Joachim Meyer diskutiert (s. Abbildung 6-43).<br />

Presentation of<br />

results<br />

� Dr. Joachim<br />

Meyer,<br />

� Mr. Michael<br />

Lappas.<br />

� Present<br />

results,<br />

� Discuss<br />

questions and<br />

single issues,<br />

� Set focus for<br />

further steps.<br />

Sep 2004<br />

„Head-ofs“<br />

presentation<br />

� Head ofs,<br />

� Mr. Michael<br />

Lappas,<br />

� Dr. Joachim<br />

Meyer.<br />

� Present<br />

results,<br />

� Discuss<br />

questions and<br />

single issues.<br />

Inform<br />

organization<br />

� Inform<br />

participants,<br />

� Inform others?<br />

� Select most<br />

important<br />

issues,<br />

� Organize<br />

teams,<br />

� Develop<br />

solutions.<br />

Set up a project<br />

Nov 2004 Dec 2004 tbd<br />

� Pilot project<br />

and<br />

experience,<br />

� Diagnosis and<br />

transfer in<br />

other BUs.<br />

Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen<br />

Einige der vorgeschlagenen Schritte wurden nach ihrer Ausarbeitung bereits implementiert.<br />

Ausserdem soll im Quervergleich eine Kontrolle zwischen den verschiedenen<br />

Business Units der Fine Chemicals Europe durchgeführt werden (s. Abbildung<br />

6-38, S. 290). Diese verfügen seit der Reorganisation „Triple F“ über eine fast identische<br />

Aufbauorganisation. Durch eine Diagnose soll herausgefunden werden, ob Probleme<br />

gleich gelagert sind und ob diesen mit ähnlichen Lösungsvorschlägen begegnet<br />

werden kann. Durch den Transfer von Best-Practices zwischen den Vertriebsorganisationen<br />

der verschiedenen Business Units kann deren Wettbewerbsfähigkeit schrittweise<br />

erhöht werden.<br />

6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie<br />

Die Fallstudie BASF FCE Pharma hat gezeigt, welche erheblichen Herausforderungen<br />

sich durch die komplexe Aufbauorganisation eines Konzerns selbst auf europäischer<br />

Ebene <strong>für</strong> Mitarbeiter stellen. Die Verbesserungsvorschläge konnten im Fall BASF<br />

FCE Pharma wegen der hohen Spezialisierung der zentralen und dezentralen Einheiten<br />

nicht durch einen standardisierten Fragebogen erfasst werden. Um der Komplexität der<br />

Konzernorganisation gerecht zu werden, musste ein qualitatives Vorgehen herangezogen<br />

werden. Die Umsetzung dieses qualitativen Vorgehens war im vorliegenden Fall


302<br />

Kapitel 6<br />

<strong>für</strong> das Unternehmen mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden.<br />

Gleichzeitig ermöglichte ein qualitativer Ansatz, die Mitarbeiter gezielt und tiefgehend<br />

nach eigenen Verbesserungsvorschlägen zu befragen.<br />

Als nächste Schritte stehen die weitere Ausarbeitung und die Umsetzung der vorgeschlagenen<br />

Massnahmen an. Der Vergleich und der Transfer zwischen Business Units<br />

scheint ein geeigneter Ansatz, um auch beim Verbesserungsprozess Synergien zu nutzen.<br />

Die Komplexität und Grösse der Organisation und die dadurch ausgesprochen<br />

hohe Verteilung von Verantwortlichkeiten stellen besondere Anforderungen an ein<br />

solches Vorgehen. Sie führen trotz der enormen finanziellen Ressourcen zu einer gewissen<br />

Schwerfälligkeit bei der Entscheidungsfindung und zu zahlreichen Kompromissen<br />

bei der Umsetzung von Massnahmen.<br />

6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte<br />

Handlungsspielräume<br />

Die Fallstudien Nanosurf, Gallus und BASF haben drei äusserst unterschiedliche Vertriebsorganisationen<br />

gezeigt (s. Abbildung 6-27, S. 260). Unterschiede bestanden vor<br />

allem beim Grad der Zentralisierung und der Formalisierung von Prozessen, die bei<br />

den Herstellern in der Reihenfolge der Unternehmensgrösse zunehmen (s. Tabelle<br />

6-14, S. 303). Das Ausmass der Spezialisierung und die damit verbundene Komplexität<br />

der Arbeitsteilung stellt an die Vertriebsverantwortlichen im Fall BASF andere Anforderungen<br />

als an die Vertriebsverantwortlichen im Fall Nanosurf. Die Unternehmensgrösse<br />

und die damit verbundenen finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen<br />

in allen drei Unternehmen auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume.<br />

Es zeigte sich, dass <strong>für</strong> die drei Unternehmen in ihrer spezifischen Situation die gründliche<br />

Diagnose und die gezielte Selektion von Problemschwerpunkten eine Grundlage<br />

<strong>für</strong> die Verbesserung der Vertriebsorganisation darstellte. Zur Lösung der durch die<br />

Diagnose identifizierten Problembereiche wurde in den Unternehmen jeweils selektiv<br />

auf die Gestaltungsansätze zurückgegriffen, die in dieser Arbeit dargestellt wurden (s.<br />

Abschnitt 6.3, S. 159 ff.). Gerade in der spezifischen Zusammenstellung und Anpassung<br />

der Gestaltungsansätze scheint eine wichtige Herausforderung <strong>für</strong> die Hersteller<br />

zu liegen. Um sich dies zu vergegenwärtigen, sind in der folgenden Tabelle 6-14 sämtliche<br />

Gestaltungsansätze der Abschnitte 6.2 (S. 139) und 6.3 (S. 159 ff.) aufgeführt,<br />

um diese in den Kontext der unterschiedlichen drei Fälle zu setzen. Die Tabelle 6-14<br />

zeigt <strong>für</strong> jede Kombination von Fällen und Gestaltungsansätzen zweierlei. Zum einen


Vertriebsgestaltung des Herstellers 303<br />

wird der Status quo jedes Gestaltungsansatzes vorgestellt, der vor der Diagnose der<br />

Zusammenarbeit als Ausgangslage bei den drei Unternehmen gegeben war. Zum anderen<br />

demonstriert Tabelle 6-14 das Aussmass, in dem bei der Umsetzung der identifizierten<br />

Verbesserungsvorschläge Veränderungen vorgenommen wurden.<br />

Gestaltungsansätze<br />

Strategische Konfiguration<br />

• Grad der Zentralisierung<br />

• Grad der Formalisierung<br />

• Grad der Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />

• Grad der Prozessorientierung des Führungsstils<br />

Operative Koordination und Unterstützung<br />

Koordination in zentralen Strukturen<br />

• <strong>Internationales</strong> Key-Account Management<br />

• Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen<br />

• Trennung von Koordination und Unterstützung<br />

• Differenzierte Honorierungssysteme <strong>für</strong> zentrale Einheiten<br />

Koordination in vertikalen Strukturen<br />

• Regionalzentren statt weltweites Vorgehen<br />

• Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens<br />

Koordination durch Teams<br />

• Koordinations- und Planungsteams<br />

• Teamorganisation beim Neuproduktmanagement<br />

• Integrierte Kundenbetreuung durch Teams<br />

Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen<br />

• Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen<br />

• Markt- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale<br />

Systematische Differenzierung der Unterstützung<br />

• Segmentierung von Vertriebspartnern<br />

• Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen<br />

Unterstützung durch zentrale Ressourcen<br />

• Herstellersupport im Marketing und Vertrieb<br />

• Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung<br />

• Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien<br />

• Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung<br />

Koordination und Unterstützung durch Information<br />

• Informationslieferung, -austausch und -versorgung<br />

• Einsatz von IT-Systemen und -Tools<br />

Ausprägung vor der Diagnose:<br />

= geringe, = mittlere, = starke<br />

Nanosurf<br />

AG<br />

Veränderungen durch die Umsetzung neuer Lösungen:<br />

= keine, = teilweise, = starke<br />

Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei Unternehmensfällen<br />

Unternehmensfälle<br />

Gallus<br />

Ferd.<br />

Rüesch<br />

AG<br />

BASF<br />

FCE


304<br />

Kapitel 6<br />

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle in Tabelle 6-14 aufgeführten Ansätze<br />

auch in den drei Fallstudien thematisiert wurden. So waren bspw. die Aspekte des<br />

Key-Account Management nicht Gegenstand der Fallstudien (s. auch Absatz 6.3.2.1,<br />

S. 162 ff.), obwohl sie bei Gallus und BASF eine stratgisch bedeutende Rolle spielen.<br />

Zusammenfassend lässt sich bemerken, dass die Nutzung der verschiedenen Gestaltungsansätze<br />

mit zunehmender Unternehmensgrösse steigt. Während Nanosurf nur<br />

wenige der vorgestellten Gestaltungsansätze einsetzt, wählt BASF zahlreiche der vorgeschlagenen<br />

Ansätze (s. Tabelle 6-14, S. 303). Vermutlich führt dies dazu, dass die<br />

neuen Lösungen zur Vertriebsgestaltung bei der BASF AG ebenfalls wesentlich mehr<br />

Bereiche betreffen als im Fall Gallus und Nanosurf.<br />

Im Detailvergleich der einzelnen Fälle zeigen sich verschiedene Tendenzen, die zum<br />

einen bestehende Theorien bestätigen und zum anderen als exploratives Ergebnis die<br />

Basis <strong>für</strong> zukünftige Forschung darstellen können. Detailergebnisse sind:<br />

• Die klassischen Annahmen über den Zusammenhang zwischen Organisationsgrösse<br />

und den Konfigurationsvariablen „Zentralisierung“ und „Formalisierung“ scheinen<br />

sich abermals zu bestätigen (s. auch Kieser/Walgenbach 2003, S. 201 f.). Die<br />

Ausprägungen der beiden Variablen nehmen bei den betrachteten Fällen mit steigender<br />

Organisationsgrösse zu. Während bei BASF weitgehend alle marktbezogenen<br />

Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, nutzt man bei Nanosurf stärker<br />

die marktbezogene Kompetenz der Distributoren und delegiert Entscheidungen<br />

der Marktbearbeitung weitgehend an diese. Während bei BASF umfangreiche<br />

Marktinformationen fristgerecht in Informationssystemen abgelegt und durch standardisierte<br />

Prozesse weiterverarbeitet werden, besteht bei Nanosurf allenfalls im<br />

Bereich des Reportings ein definierter Prozess, der allerdings bislang nur unzureichend<br />

etabliert ist. Die Ergebnisorientierung des Führungsstils hängt - wie es<br />

scheint - nicht von der Grösse der Organisation ab, die Prozessorientierung nimmt<br />

hingegen bei den betrachteten Fällen mit steigender Organisationsgrösse zu. Dies<br />

zeigt sich auch an der Standardisierung der Prozesse und dem stärkeren Einbezug<br />

von Prozessvorgaben in die Incentivierung im Fall der BASF AG.<br />

• Die in Tabelle 6-14 (S. 303) dargestellten Unternehmensfälle zeigen weiterhin, dass<br />

die Koordinationsansätze in zentralen Organisationseinheiten mit steigender Organisationsgrösse<br />

stärker genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.2, S. 162 ff.; Absatz<br />

6.3.3, S. 174 ff. und Absatz 6.3.4, S. 180 ff.). Dies kann durch die höhere Spezialisierung<br />

und Arbeitsteilung begründet werden, die eine Vielzahl von Schnittstellen<br />

schafft und eine Koordination umso notwendiger macht. Dies schlägt sich einerseits


Vertriebsgestaltung des Herstellers 305<br />

in der Professionalisierung der Honorierungssysteme nieder, die als formelle Koordinationsmechanismen<br />

eine wichtige Rolle spielen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.).<br />

Andererseits werden, so z. B. bei der BASF informelle Koordinationsmechanismen<br />

bewusst unterstützt, indem eine engere persönliche Zusammenarbeit zwischen SSC<br />

und Aussendienst gefördert wird (s. auch Absatz 6.3.4.3, S. 189; Absatz 6.3.5.1, S.<br />

193 ff.).<br />

• Aber auch in der Koordination der vertikalen Organisation und möglichen Teamorganisationen<br />

zeigt sich der Einfluss der Organisationsgrösse. Gallus besitzt erste<br />

Ansätze zur Regionalorganisation (s. auch Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.), während Nanosurf<br />

alle weltweiten Entscheidungen von Liestal aus trifft und bei der BASF AG<br />

bereits auf der Ebene der Division eine Trennung zwischen den Geschäftsregionen<br />

besteht. Bei der BASF AG bestehen differenzierte Aufgabenbeschreibungen und<br />

Konzepte, die das Vorgehen und den Einbezug von den verschiedenen marktnahen<br />

Abteilungen bei der Planung, Neuprodukteinführung und Kundenbetreuung regeln.<br />

Konzepte der Teamorganisation sind bei BASF fester Bestandteil in der Abstimmung<br />

zwischen den verschiedenen Abteilungen. Bei Gallus bestehen durch die Einbindung<br />

der Regionen erste Ansätze zur Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung<br />

(s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.). Nanosurf hingegen delegiert weitgehend<br />

alle Entscheidungen bei der Einführung neuer Produkte an die Distributoren<br />

und vertraut auf deren Marktkompetenz.<br />

• In Bezug auf informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen zeigt sich ein gemischtes<br />

Bild. Bei Nanosurf ist die persönliche Nähe zwischen den verschiedenen<br />

Akteuren in der Vertriebsorganisation aufgrund der flachen Hierarchien naturgemäss<br />

hoch (s. auch Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.). Distributoren kennen sämtliche Mitarbeiter<br />

aus den <strong>für</strong> sie relevanten Bereichen persönlich, eine geringe Bürokratie<br />

senkt allerdings die Notwendigkeit der informellen Netzwerke aus Sicht der Distributoren.<br />

Bei der BASF AG spielen die informellen Netzwerke und die persönlichen<br />

Beziehungen aus Sicht der Aussen- und Innendienstmitarbeiter hingegen eine zentrale<br />

Rolle. Ein hoher Grad an Bürokratisierung und Formalisierung verlängert Entscheidungsprozesse<br />

und erhöht die Anzahl der an der Entscheidungsfindung beteiligten<br />

Mitarbeiter. Informelle Netzwerke erlauben es den Beteiligten, eine höhere<br />

Effizienz in der Entscheidungsfindung zu erreichen und bspw. durch die schnellere<br />

Beantwortung von Kundenanfragen auch die Effektivität am Markt zu erhöhen.<br />

Gleichzeitig ist die Bildung und Festigung informeller Netzwerke und persönlicher<br />

Beziehungen in einem Grosskonzern aufgrund der ungleich grösseren Anzahl an


306<br />

Kapitel 6<br />

beteiligten Mitarbeitern in der Marktorganisation mit grösseren Herausforderungen<br />

verbunden. Gallus befindet sich in der Mitte dieses Spanungsfeldes zwischen der<br />

Notwendigkeit informeller Netzwerke einerseits und der Bildung dieser andererseits.<br />

Die Markt- und Serviceorientierung in der zentralen Unternehmenskultur zeigt<br />

bei allen drei Unternehmen Potenziale auf (s auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.). In allen<br />

drei Fällen wurde deshalb Anstrengungen unternommen, die Potenziale der<br />

zentralen Kultur zu realisieren.<br />

• Die Differenzierung in der Unterstützung der Vertriebspartner ist nur bei Gallus<br />

stark ausgeprägt. Dies liegt an der bereits in Abbildung 6-27 (S. 260) dargestellten<br />

gemischten Vertriebsorganisation, deren unterschiedliche Arten von Vertriebspartnern<br />

verschiedene Forderungen an die Betreuung durch den Hersteller richten. Weder<br />

Nanosurf noch BASF besitzt Konzepte zur Segmentierung der Vertriebspartner<br />

(s. auch Absatz 6.3.6.1, S. 201 ff.). Ebenfalls wird bei keinem der Unternehmen die<br />

Betreuung nach der Dauer der Beziehung differenziert (s. auch Absatz 6.3.6.2, S.<br />

204 ff.).<br />

• Bei der Unterstützung durch zentrale Ressourcen zeigt sich, dass die Finanzkraft<br />

und die Komplexität der Herstellerorganisation unterschiedliche Vorgehensweisen<br />

bedingen. So stehen zur Weiterbildung der Mitarbeiter oder der Kreditvergabe bei<br />

der BASF weitaus grössere Budgets zur Verfügung als bei Gallus oder Nanosurf (s.<br />

auch Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.; Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.). Allerdings verlangt die<br />

hohe Arbeitsteilung bei der Unterstützung eine höhere Koordination, die bspw.<br />

beim Planungsprozess durch die Vereinbarung interner Service Level gesteuert wird<br />

(s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.). Alle drei Unternehmen haben erhebliche Anstrengungen<br />

unternommen, um insbesondere den Bereich der zentralen Unterstützung<br />

stärker zu gewichten (s. auch Absatz 6.3.7.4, S. 227 ff.).<br />

• Informationslieferung-, -austausch und -versorgung spielen in allen drei Unternehmen<br />

eine wichige Rolle und besitzen Verbesserungspotenzial (s. auch Absatz<br />

6.3.8.1, S. 230 ff.). Hierin liegen grosse Gemeinsamkeiten der drei Fälle. Die Lösungen,<br />

die von Nanosurf, Gallus und BASF zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

gewählt wurden, fördern gezielt, doch auf unterschiedliche Weise den Informationsfluss<br />

zwischen den Mitgliedern der Marktorganisation. Unterschiedliche Strukturen<br />

und Abläufe benötigen andere Ansätze, um den Informationsfluss zu unterstützen.<br />

Dabei werden von den Unternehmen in unterschiedlich hohem Ausmass Informationssysteme<br />

und -Tools eingesetzt (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Während die<br />

Nanosurf AG bisher ausser dem Internet keine elektronische Plattform mit ihren


Vertriebsgestaltung des Herstellers 307<br />

Distributoren genutzt hat, besitzen die Mitarbeiter bei BASF eine Vielzahl von elektronischen<br />

Verbindungen, so z. B. durch Applikationen zur kunden- und marktbezogenen<br />

Planung, zur Berichterstattung, über die Kundenbetreuung und zum finanziellen<br />

Reporting.<br />

Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ hat gezeigt,<br />

dass sich die Vertriebsgestaltung des Herstellers in hohem Masse am Koordinationsbedarf<br />

der zentralen Organisation sowie der finanziellen und inhaltlichen Fähigkeit<br />

zur Unterstützung der Vertriebspartner ausrichten muss. Sämtliche Gestaltungsansätze,<br />

die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, benötigen<br />

somit einer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens.<br />

Die Möglichkeiten, eine hohe Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen, scheinen<br />

dabei nicht unmittelbar von den finanziellen Ressourcen des Herstellers abzuhängen.<br />

Vielmehr scheint dem Geschick des Herstellers eine wichtige Bedeutung zuzukommen,<br />

geeignete Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen<br />

Spielräume anzupassen und umzusetzen.


308<br />

7 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> Forschung und Praxis<br />

Kapitel 7<br />

Die vorliegende Arbeit setzt an einem Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an<br />

und entwickelt mit Hilfe eines theoriegeleiteten Vorgehens Lösungsansätze. Schlussfolgerungen<br />

dieser Arbeit ergeben sich daher in zweierlei Hinsicht: Zum einen ergeben<br />

sich Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung, zu deren Erkenntnisfortschritt<br />

die Arbeit beiträgt. Zum anderen ergeben sich Folgerungen <strong>für</strong> die Vertriebspraxis,<br />

die durch die vorliegende Arbeit bei der Lösung bestehender Probleme unterstützt<br />

werden soll.<br />

7.1 Folgerungen <strong>für</strong> die betriebswirtschaftliche Forschung<br />

7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag<br />

Die Leistung einer wissenschaftlichen Arbeit kann an ihrem Erkenntnisbeitrag <strong>für</strong> die<br />

bestehende Forschung gemessen werden, welcher im Folgenden unter inhaltlichen,<br />

theoretischen und methodischen Gesichtspunkten betrachtet wird.<br />

Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten<br />

Zu Beginn dieser Arbeit wurde das Forschungsproblem im Kontext von vier benachbarten<br />

Forschungsgebieten dargestellt, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven<br />

dazu beitragen, es zu durchdringen (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.; Abbildung 2-10, S. 33).<br />

Durch die konsequente konzeptionelle und empirische Verflechtung mit den vier Forschungsgebieten,<br />

kann die Arbeit selbst wiederum wesentliche Beiträge zu deren Weiterentwicklung<br />

stiften (s. Abbildung 7-1, S. 308).<br />

<strong>Internationales</strong> Vertriebsund<br />

Marketingmanagement<br />

Internes und vertikales<br />

Marketing<br />

Beitrag der<br />

Dissertation<br />

Interaktionsansatz<br />

Zufriedenheits- und<br />

Konfliktforschung<br />

Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten<br />

• Beitrag zum internen und vertikalen Marketing: Die konzeptionellen Perspektiven<br />

des internen und vertikalen Marketing werden in dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht


Schlussfolgerungen 309<br />

weiterentwickelt. Erstens findet eine Anwendung auf den länderübergreifenden<br />

Kontext statt. Damit besitzen kulturelle, informationsbezogene und soziale Aspekte<br />

des internen Marketing bei der Diagnose und bei der Massnahmengestaltung eine<br />

höhere Bedeutung als bei bisherigen Untersuchungen im nationalen Kontext (s. Abschnitt<br />

5.3, S. 112 ff.). Zweitens wird die Perspektive des internen Marketing im<br />

Rahmen dieser Arbeit auf den konkreten Kontext der Beziehungen im Vertriebssystem<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartnern bezogen, was bereits von<br />

Stauss/Schulze (1990, S. 155) <strong>für</strong> das von ihnen so bezeichnete „systeminterne<br />

Marketing“ vorgeschlagen worden war. Drittens bleibt diese Arbeit nicht ausschliesslich<br />

auf einer konzeptionellen Betrachtungsebene wie zahlreiche bisherige<br />

Beiträge zum internen und vertikalen Marketing. Stattdessen werden qualitative und<br />

quantitative empirische Methoden eingesetzt, um die Komponenten und Determinanten<br />

der Zufriedenheitsbeurteilung der Vertriebspartner als „interne Kunden“ zu<br />

durchdringen (s. Tabelle 2-3, S. 37).<br />

• Beitrag zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung: Die vorliegende Arbeit leistet<br />

drei wesentliche inhaltliche Beiträge zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung in<br />

Distributionskanälen. Erstens wurde untersucht, welche Auswirkungen die Zufriedenheit<br />

auf vorökonomische und ökonomische Zielgrössen besitzt (s. Abschnitt 3.2,<br />

S. 56 ff.). Damit wurde der von Schwab/Cummings (1970, S. 410) und Herzberg<br />

(1968, S. 53 ff.) gewählte Kausalausschnitt zwischen Zufriedenheit, Verhaltensund<br />

Erfolgsgrössen aufgegriffen und auf den Kontext der Vertriebsorganisation bezogen<br />

untersucht (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). In der Forschung zur Zufriedenheit in<br />

Vertriebsorganisationen wurde der gewählte Kausalausschnitt zur Zufriedenheit internationaler<br />

Vertriebspartner nach Wissen des Autors damit zum ersten Mal aufgegriffen.<br />

Zweitens wurde in den qualitativen Interviews und der quantitativempirischen<br />

Untersuchung ein Schwerpunkt auf die Vertriebsregion Europa gelegt<br />

(s. Tabelle 2-3, S. 37). Damit wird die bereits seit langem amerikanisch geprägte<br />

Forschung zur Zufriedenheit in Distributionskanälen (s. z. B. Ping Jr. 2003; Siguaw<br />

et al. 2003; Goodman/Dion 2001; Ruekert/Churchill Jr. 1984) um eine erste empirische<br />

Untersuchung dieses Phänomens in europäischen Vertriebsorganisationen ergänzt.<br />

Drittens ermittelte die Untersuchung die Dimensionen der Zufriedenheit mit<br />

dem Hersteller in einem internationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 112 ff.) und<br />

überprüfte sie auf ihre Abhängigkeit von lokalen Situationsvariablen (s. Absatz<br />

5.3.3, S. 124 ff.). Der internationale Bezug fehlt in bisherigen Untersuchungen zur<br />

„Channel Member Satisfaction“ vollständig, was auf die starke amerikanische Prägung<br />

des Forschungsfeldes zurückzuführen ist.


310<br />

Kapitel 7<br />

• Beitrag zum Interaktionsansatz: Der Interaktionsansatz als vornehmlich qualitatives<br />

Forschungsgebiet (s. Homburg 2000, S. 215) wird durch die quantitative Untersuchung<br />

in Teilbereichen erstmals empirisch fundiert. Die Konzeptualisierung von<br />

Elementen und Prozessen der Zusammenarbeit, wie sie im klassischen IMP-Modell<br />

vorgenommen wurde, wird durch die empirische Analyse entschieden weiterentwickelt<br />

(s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Als eine von sehr wenigen Untersuchungen (s.<br />

z. B. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000) betrachtet die vorliegende Arbeit dabei<br />

neben interorganisationalen Interaktionsbeziehungen auch die intraorganisationale<br />

Zusammenarbeit. Auch der Interaktionsansatz wird durch den zu Grunde gelegten<br />

internationalen Kontext der betrachteten Interaktionsbeziehung erweitert (s. Absatz<br />

5.3.2, S. 116 ff.).<br />

• Beitrag zum Forschungsfeld „internationales Vertriebs- und Marketingmanagement“:<br />

Der zentrale inhaltliche Beitrag dieser Arbeit zum Forschungsfeld des internationalen<br />

Vertriebs- und Marketingmanagements liegt in der gewählten Perspektive<br />

der Tochtergesellschaften und Vertretungen. Damit kommt die Arbeit den vielfach<br />

geäusserten Forderungen nach, die dezentrale Perspektive stärker zu betrachten<br />

und zu erklären (s. Stewart 1995; Gupta/Govindarajan 1991; Gupta/Govindarajan<br />

1994, S. 455; Renz 1998, S. 78; Belz/Reinhold 1999a, S. 221). Darüber hinaus wurden<br />

strategische Konfigurationsalternativen unter der Berücksichtigung der dezentralen<br />

Perspektive überprüft, die Eignung dieser Alternativen <strong>für</strong> verschiedene lokale<br />

Situationen untersucht und anhand des empirischen Datenmaterials interpretiert<br />

(s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Damit wurden nicht nur die Beurteilungen durch die<br />

Vertriebspartner analysiert, sondern auch konkrete Konsequenzen <strong>für</strong> die Vertriebsgestaltung<br />

des Herstellers herausgearbeitet.<br />

Beitrag zur theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes<br />

Als theoretische Perspektive wurde in dieser Arbeit der situative Ansatz herangezogen,<br />

der die Vorgehensweise prägte und über die Wahl der eingesetzten Methoden bestimmte<br />

(s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.). Ein Beitrag dieser Arbeit besteht darin, dass sie<br />

den situativen Ansatz in einem konkreten Anwendungskontext durch quantitativempirische<br />

Analysen überprüft und damit stützt. Weiterhin wurden eine Konzeptualisierung<br />

<strong>für</strong> den lokalen Kontext erarbeitet (s. Abschnitt 4.1, S. 78 ff.) sowie Alternativen<br />

der Vertriebskonfiguration und deren Eignung in verschiedenen lokalen Situationen<br />

untersucht (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.).


Schlussfolgerungen 311<br />

Die erzielten Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass den direkten Effekten von Situation<br />

und Vertriebskonfiguration im Vergleich zu den Interaktionseffekten eine hohe<br />

Aufmerksamkeit zukommen muss (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Lediglich im Fall der<br />

Konfigurationsvariable „Formalisierung“ führt der starke, signifikante Interaktionseffekt<br />

zu einer schwach signifikanten Verbesserung des Bestimmtheitsmasses (s. Tabelle<br />

6-3, S. 151). Es scheint daher in besonderem Umfang geboten, in zukünftigen Forschungen<br />

die Stärke von direkten Effekten und Interaktionseffekten zu erfassen und zu<br />

vergleichen, um damit Aussagen über eine professionelle Vertriebsgestaltung treffen<br />

zu können (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Die Relevanz der situativen Abstimmung, wie<br />

sie von einigen Autoren im Bereich <strong>Vertriebsmanagement</strong> vermutet wird (s. Jaworski<br />

1988; Ghoshal/Nohria 1989; Donaldson 2001, S. 12), wird durch die Ergebnisse dieser<br />

Arbeit insgesamt eher abgeschwächt. Denn wie sich gezeigt hat, wird die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner wesentlich durch die direkten Effekte bestimmt, während den<br />

Interaktionseffekten nur eine geringe Bedeutung zukommt.<br />

Methodische Beiträge dieser Arbeit<br />

Die wesentlichen methodischen Beiträge dieser Arbeit liegen in dem ergänzenden Einsatz<br />

qualitativer und quantitativer Methoden, der expliziten Aufnahme von Kontextvariablen<br />

im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse sowie in der mehrdimensionalen<br />

Weiterentwicklung des Messinstruments zur Erfassung des Konstrukts „Channel<br />

Member Satisfaction“.<br />

Ein erster wesentlicher Impuls dieser Arbeit bezieht sich auf den komplementären Einsatz<br />

qualitativer und quantitativer Methoden (s. Absatz 2.4.1, S. 34 ff). Beide Arten<br />

der empirischen Analyse dienen unterschiedlichen Zwecken im Forschungsprozess (s.<br />

Abbildung 2-11, S. 35) und sind daher keineswegs als konkurrierende Konzepte anzusehen<br />

(s. auch Homburg 2000, S. 215). Wie sich in der Arbeit gezeigt hat, sind rein<br />

qualitativ orientierte Forschungsansätze (wie z. B. der Interaktionsansatz der IMP-<br />

Group, s. Absatz 5.1.1, S. 102 ff.; Homburg 2000, S. 215) ebenso abzulehnen wie rein<br />

quantitativ orientierte die auf eine vorhergehende, umfassende qualitative Auseinandersetzung<br />

mit dem Untersuchungsobjekt verzichten (s. auch Tomczak 1992, S. 79;<br />

Homburg 2000, S. 215). Die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden<br />

ist aus Sicht des Autors die einzige Möglichkeit, um das Phänomen der „Zusammenarbeit<br />

zwischen Herstellern und Vertriebspartnern“ vollständig zu durchdringen<br />

und darüber hinaus realistische Gestaltungsempfehlungen <strong>für</strong> die Praxis erarbeiten zu<br />

können. Der komplementäre Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden in dieser


312<br />

Kapitel 7<br />

Arbeit kann als wichtiger Orientierungspunkt <strong>für</strong> zukünftige Untersuchungen in der<br />

organisationalen Forschung dienen.<br />

Ein weiterer wichtiger methodischer Beitrag dieser Arbeit resultiert unmittelbar aus<br />

der eingenommenen theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes und besteht in<br />

der expliziten Aufnahme situativer Variablen in die Datenanalyse. Die explizite Aufnahme<br />

situativer Variablen in Abhängigkeitsanalysen, wie sie in dieser Untersuchung<br />

z. B. im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse vorgenommen wurde (s. Absatz<br />

6.2.2, S. 142 ff.), ist aus Sicht des Autors überlegen, wenn das Analyseziel darin besteht,<br />

Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Praxis abzuleiten. Die konzeptionelle Differenzierung<br />

zwischen direkten Effekten und Interaktionseffekten der Situations- und Gestaltungsvariablen<br />

auf den Regressant „Zufriedenheit“ ermöglichte eine hohe Trennschärfe<br />

bei der Interpretation und differenzierte Schlussfolgerungen im Hinblick auf<br />

die Konfiguration der Gestaltungsvariablen (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Zwar entsteht<br />

eine höhere Komplexität, wenn auch situative Variablen in die Modelle einbezogen<br />

werden. Diese ist aber aus Sicht des Autors angesichts der deutlich höheren Aussagekraft<br />

vertretbar, die im Vergleich zur Untersuchung einfacher Zusammenhänge erzielt<br />

werden kann. Eine stärkere Berücksichtigung von situativen Variablen kann die empirische<br />

betriebswirtschaftliche Forschung aus Sicht des Autors deshalb in hohem Masse<br />

bereichern (s. Homburg 2000, S. 216) und dazu beitragen, ihre Relevanz <strong>für</strong> die Praxis<br />

stärker unter Beweis zu stellen.<br />

Der dritte wesentliche methodische Beitrag dieser Arbeit liegt in der stufenweisen<br />

Entwicklung eines Instruments, das eine mehrdimensionale Messung von Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner mit ihren Herstellern ermöglicht (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.).<br />

Hierdurch wird die häufig in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung vernachlässigte<br />

Problematik der Konstruktmessung aufgegriffen (Homburg 2000, S. 215)<br />

und <strong>für</strong> den konkreten Kontext der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner<br />

weiterentwickelt. Das aufwendige Vorgehen bei der Konzeptualisierung und Operationalisierung<br />

des Messinstruments stellt sicher, dass bei der Analyse von Abhängigkeitsbeziehungen<br />

auch wirklich die Validität und Reliabilität der Messung der Konstrukte<br />

gegeben sind. Nach Homburg (2000, S. 215) ist dies bei vielen betriebswirtschaftlichen<br />

Analysen bis heute nicht der Fall, weshalb ihm der Beitrag vieler dieser<br />

Analysen zum Erkenntnisfortschritt als besonders zweifelhaft erscheint. Die Konstruktmessung<br />

der „Channel Member Satisfaction“ im internationalen Kontext bildet<br />

die Basis, um die Zufriedenheit internationaler Vetriebspartner auch in zukünftigen<br />

Forschungen zu erfassen und ihre Beziehung zu assoziierten Konstrukten überprüfen


Schlussfolgerungen 313<br />

zu können. Im vorliegenden Fall wurden deshalb umfangreiche Informationen zur Validität<br />

und Reliabilität des Konstruktes zur Verfügung gestellt (s. Tabelle 5-2, 115;<br />

Tabelle 5-3, S. 116; Anhang I - 1, S. 373).<br />

7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf<br />

Ansatzpunkte <strong>für</strong> zukünftige Forschung im Bereich der Zusammenarbeit zwischen<br />

Herstellern und Vertriebspartnern ergeben sich vor allem aus den Restriktionen der<br />

vorliegenden Arbeit. Denn wie bei jeder wissenschaftlichen Durchdringung mussten in<br />

verschiedenen Stufen des Forschungsprojektes Einschränkungen des Untersuchungsbereiches<br />

vorgenommen werden, um die Umsetzbarkeit zu gewährleisten und präzise<br />

Ergebnisse zu erhalten.<br />

Eine erste Restriktion liegt in der Beschränkung auf Schlüsselinformanten der Vertriebspartnerorganisation<br />

im Rahmen der quantitativ-empirischen Untersuchung. Duch<br />

die Einbeziehung weiterer Perspektiven können zusätzliche Erkenntnisse zu Tage gefördert<br />

werden. Zukünftige Untersuchungen könnten insbesondere versuchen, die besonders<br />

aufwendige quantitativ-empirische Erhebung in der Dyade zwischen Hersteller<br />

und Vertriebspartner sowie zwischen Vertriebspartner und Kunde durchzuführen.<br />

Hieraus können insbesondere wichtige Erkenntnisse <strong>für</strong> die kausalen Wirkungsbeziehungen<br />

von Einstellungs- und Verhaltensvariablen zwischen den Partnern in der jeweils<br />

betrachteten Dyade gewonnen werden. Durch ein solches Vorgehen könnte ebenfalls<br />

das in der qualitativen Untersuchung bestehende Problem überwunden werden<br />

(s. Absatz 2.4.2.1, S. 37), die Auswirkungen zu messen, die eine schlechte Zusammenarbeit<br />

zwischen Hersteller und Vertriebspartner auf die Zufriedenheit und das<br />

Vertrauen des Kunden besitzen.<br />

Eine zweite Restriktion liegt in der begrenzten Zahl an untersuchten Determinanten,<br />

die in die verschiedenen Modelle dieser Arbeit einbezogen werden konnten (s.<br />

Abbildung 3-2, S. 60; Abbildung 5-7, S. 125; Abbildung 6-2, S. 143). So wurde z. B.<br />

bei den situativen Variablen eine Auswahl getroffen, um eine tiefergehende Analyse<br />

zu ermöglichen. Bereits die Tabelle 4-1 (S. 80) zeigte eine über die einbezogenen Situationsvariablen<br />

hinausgehende Anzahl von Variablen, die aus Sicht der Vertriebspartner<br />

bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers Berücksichtigung finden sollten<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die zukünftige Forschung sollte sich<br />

dieser Variablen annehmen.


314<br />

Kapitel 7<br />

Eine dritte Restriktion der Untersuchung liegt darin, dass das Untersuchungsobjekt auf<br />

den <strong>Industriegüter</strong>vertrieb eingegrenzt worden ist. Eine derartige Eingrenzung war<br />

unerlässlich, um zu aussagekräftigen, empirisch gestützten Ergebnissen zu gelangen.<br />

Eine Ausweitung der ohnehin sehr umfassenden empirischen Erhebung auf Konsumgüter-<br />

und Dienstleistungsunternehmen und deren Vertriebspartner, hätte den Rahmen<br />

der Arbeit gesprengt. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Rahmen der Konzeptualisierung<br />

herausgearbeiteten Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit (s. Absatz<br />

5.3.1, S. 112 ff.) sowie die Ansätze der Vertriebsgestaltung (s. Abschnitt 6.1, S.<br />

138 ff.) prinzipiell auch im Konsumgüter- bzw. Dienstleistungsbereich zutreffen. Allerdings<br />

ist ebenfalls anzunehmen, dass eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse<br />

auch ihre Grenzen besitzt. Diese sind durch Unterschiede in der Aufbauorganisation<br />

des internationalen Vertriebs, durch Unterschiede in der Bedeutung technischer Interaktionsdimensionen<br />

sowie der Komplexität der angebotenen Leistung begründet. Eine<br />

mögliche Aufgabe <strong>für</strong> weitere wissenschaftliche Arbeiten zum Themenkomplex der<br />

Zusammenarbeit zwischen Hersteller und internationalen Vertriebspartnern liegt deshalb<br />

darin, die Konzeptualisierung und Operationalisierung sowie die Ansätze der<br />

Vertriebsgestaltung zu übertragen und anzupassen.<br />

Eine vierte Restriktion der Untersuchung liegt in der verwendeten Datengrundlage. Sie<br />

besteht auf Herstellerseite fast ausschliesslich aus Schweizer und deutschen Unternehmen.<br />

Auf der Seite der Vertriebspartner wurden bei der quantitativen Befragung<br />

und bei den qualitativen Interviews fast ausschliesslich europäische Mitarbeiter befragt.<br />

Diese Einschränkung ergibt sich nicht aus der in Absatz 2.1.1 (S. 9 ff.) vorgenommenen<br />

Eingrenzung des Untersuchungsobjektes. Sie resultiert im Wesentlichen<br />

aus der Notwendigkeit, die Komplexität und den Aufwand der Datenerhebung zu begrenzen<br />

(s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es wird an dieser Stelle deshalb darauf hingewiesen,<br />

dass die Besonderheit des Datensatzes auch Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse<br />

haben könnte, was bei den einzelnen Analysen bereits mehrfach betont wurde.<br />

So ist es z. B. denkbar, dass der Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ eine höhere<br />

Bedeutung zugemessen wird, wenn Datensätze von Vertriebspartnern aus aussereuropäischen<br />

Ländern in die Analyse eingeschlossen würden (s. Absatz 5.3.2.6, S.<br />

122 ff.). Die Ausweitung der Untersuchung auf weitere Marktregionen bietet daher<br />

einen interessanten Ansatzpunkt <strong>für</strong> zukünftige Forschungsarbeiten.<br />

Als weiterer Ansatzpunkt <strong>für</strong> zukünftige Forschungen, der allerdings keine unmittelbare<br />

Restriktion der vorliegenden Arbeit darstellt, ist die Durchführung von Replikationsstudien<br />

zu nennen. Dieser Ansatzpunkt bezieht sich insbesondere auf die entwi-


Schlussfolgerungen 315<br />

ckelte Skala zur Messung der einzelnen Dimensionen der Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />

(s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Replikationsstudien haben z. B. im Zusammenhang<br />

mit der SERVQUAL-Skala zur Messung der Dienstleistungsqualität interessante<br />

Ergebnisse geliefert, die auch zur Modifikation des ursprünglichen Messmodells geführt<br />

haben (s. Parasuraman et al. 1991; Babakus/Boller 1992; Babakus et al. 1993).<br />

Erneute Erhebungen geben damit die Möglichkeit, das Messmodell zu validieren, eventuelle<br />

Schwächen zu beheben und damit zu einer noch höheren Güte der Messung<br />

zu gelangen.<br />

7.2 Folgerungen <strong>für</strong> die internationale Vertriebspraxis<br />

Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Beobachtung, dass in der Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>Industriegüter</strong>herstellern und internationalen Vertriebspartnern ein bedeutendes<br />

Ausmass an Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit und Konflikten vorliegt, das bislang<br />

weder in der Praxis (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.) noch in der betriebswirtschaftlichen Forschung<br />

zufrieden stellend gelöst wird (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.). Der Blickwinkel der<br />

Vertriebspartner war der Bezugspunkt <strong>für</strong> die gesamte Untersuchung. Die Ergebnisse<br />

dieser Arbeit im Hinblick auf die Auswirkungen, die Determinanten und die Gestaltung<br />

der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner lassen zahlreiche<br />

Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Unternehmenspraxis zu. Die wichtigsten Folgerungen, die<br />

sich <strong>für</strong> die Vertriebspraxis aus den Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit ergeben,<br />

werden im Folgenden dargestellt.<br />

Folgerung 1: Potenziale des dezentralen Blickwinkels erkennen<br />

In der Unternehmenszentrale werden die Bedeutung des dezentralen Blickwinkels und<br />

die Potenziale, die sich durch eine bessere Zusammenarbeit ergeben, vielfach unterschätzt<br />

(Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die vorliegende Untersuchung<br />

hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der internationalen Vertriebspartner einen wesentlichen<br />

Einfluss auf das Erreichen der verschiedenen Ziele besitzt, die Hersteller im Vertrieb<br />

verfolgen (s. Abschnitt 3.1, S. 49 ff.). So kommt es durch Unzufriedenheit der<br />

Vertriebspartner in der Zusammenarbeit bspw. zu Umsatzausfällen, zusätzlichen Kosten<br />

durch Fehlspezifikationen, Mitarbeiterabwanderung und ineffizienten Prozessen (s.<br />

Fallbeispiel 3-2, S. 56). Durch eine Analyse des quantitativ-empirischen Datenmaterials<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) zeigte sich darüber hinaus, dass<br />

die Zufriedenheit in hohem Masse Einfluss auf das Vertrauen, die Verbundenheit zum<br />

Hersteller sowie auf Konflikte hat, die mit dem Hersteller bestehen (s. Abschnitt 3.2,


316<br />

Kapitel 7<br />

S. 56 ff.). In der statistischen Analyse konnte nachgewiesen werden, dass hierdurch<br />

die Verkaufstätigkeit eingeengt wird und der Markterfolg von Vertriebspartnern abnimmt<br />

(s. Absatz 3.2.3, S. 68 ff.). Die Fallstudie „Leica Microsystems“ gewährte einen<br />

tiefen Einblick in die internen Wirkungszusammenhänge (s. Abschnitt 3.3, S. 72 ff.).<br />

Es zeigte sich, dass sich die Intensität der Zusammenarbeit und die Zufriedenheit der<br />

Distributoren auf die lokale Kompetenz, die Qualität der Kundengespräche und die<br />

daraus resultierenden Verkäufe auswirken.<br />

Es lässt sich also festhalten, dass die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern<br />

die Umsätze und Kosten des Herstellers erheblich beeinflusst. Die Potenziale,<br />

die sich aus der Verbesserung der Zusammenarbeit <strong>für</strong> Hersteller ergeben, müssen allerdings<br />

von vielen Herstellern zunächst erkannt werden. Hierin liegt ein erster wichtiger<br />

Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />

Nehmen Sie Unzufriedenheit und Konflikte in der Zusammenarbeit ernst<br />

und berücksichtigen Sie diese in Ihren Entscheidungen!<br />

Folgerung 2: Hindernisse bei der Einschätzung der lokalen Situation abbauen<br />

Internationale Vertriebspartner beschreiben ihre lokale Situation häufig als ausgesprochen<br />

komplex und einzigartig (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Sie weisen<br />

darüber hinaus auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang mit dieser Situation<br />

an sie stellt (Bakka 1986, S. 853).<br />

In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Einschätzung der lokalen Situation<br />

bei Herstellern und Vertriebspartnern systematischen Verzerrungen unterliegt (s.<br />

Abschnitt 4.2, S. 94 ff.). Während Hersteller dazu neigen, die Gründe <strong>für</strong> lokalen<br />

Misserfolg in der Person des Vertriebsverantwortlichen zu suchen (s. Absatz 4.2.1, S.<br />

95 ff.), besteht bei Vertriebspartnern die Tendenz, den Einfluss der externen Situation<br />

zu überschätzen und die eigene Leistung besser darzustellen, als sie eigentlich ist (s.<br />

Absatz 4.2.2, S. 97 ff.). Durch die Erfahrung, die Hersteller und Vertriebspartner im<br />

Hinblick auf die gegenseitigen Einschätzungen der lokalen Situation in der Interaktion<br />

entwickeln, entfernen sich die Einschätzungen im Laufe der Zeit immer weiter von der<br />

Realität.<br />

Hersteller müssen deshalb konkrete Anstrengungen unternehmen, um möglichst gute<br />

Einschätzungen der lokalen Situation zu erhalten. Ein wichtiger Ansatzpunkt liegt in<br />

der Unterstützung eines länderübergreifenden Informationsaustausches, der Vertriebs-


Schlussfolgerungen 317<br />

partner über das Preisniveaus, Konkurrenzaktivitäten und Massnahmen in anderen<br />

Ländern in Kenntnis setzt. Hersteller können Informationssysteme und persönliche<br />

Besuche dazu einsetzen, den eigenen Informationsstand zu verbessern. Allerdings<br />

muss dazu eine gewisse Offenheit der Unternehmenskultur sowohl in der Zentrale als<br />

auch bei Vertriebspartnern vorliegen, damit eventuelle Fehleinschätzungen als Grundlage<br />

<strong>für</strong> Verbesserungen begriffen werden und nicht etwa die Basis <strong>für</strong> weitere Konflikte<br />

darstellen. Eine realistische Einschätzung der Situation durch Hersteller und<br />

Vertriebspartner bildet die Voraussetzung, um Massnahmen und Konditionen optimal<br />

auf lokale Gegebenheiten anzupassen. Hierin liegt ein zweiter wichtiger Ansatzpunkt<br />

<strong>für</strong> die Praxis.<br />

Unternehmen Sie Anstrengungen, um die Vertriebspartner und sich selbst<br />

möglichst gut über lokale Gegebenheiten zu informieren!<br />

Folgerung 3: Konditionenpolitik ist nur eine von sieben Stossrichtungen<br />

Bei Herstellern herrscht häufig die Annahme vor, Konflikte und Unzufriedenheit in<br />

der Zusammenarbeit seien vornehmlich durch die finanzielle Konditionenpolitik bestimmt,<br />

die auf systemimmanente Interessenunterschiede zurückzuführen und damit<br />

nicht auflösbar sei. Die Ergebnisse dieser Arbeit belehren eines Besseren.<br />

Die lokale Zufriedenheit betrifft insgesamt sieben inhaltliche Dimensionen, anhand<br />

derer die Vertriebspartner die Leistung des Herstellers in der Zusammenarbeit beurteilen.<br />

Dazu gehören neben der „Konditionenpolitik“ auch die „Produkt- und Leistungspolitik“,<br />

die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der „Marketing- und<br />

Verkaufssupport“, die „soziale Interaktion“, der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“<br />

sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers.<br />

Je nachdem, welche der Leistungsdimensionen aus Sicht der Vertriebspartner vom<br />

Hersteller nicht zufrieden stellend erfüllt wird, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten,<br />

die Zusammenarbeit zu verbessern. Auch hierzu wird eine Kultur in der Zentrale<br />

verlangt, die Selbstkritik zulässt. Denn sämtliche Leistungen des Stammhauses<br />

stehen auf dem Prüfstand, weshalb Änderungsvorschläge und Massnahmen leicht<br />

mehrere zentrale Abteilungen betreffen können. Beim Beispiel der „Zuverlässigkeit<br />

bei Abwicklung und Lieferung“ kann, wie sich in der Fallstudie BASF gezeigt hat (s.<br />

Absatz 6.5.4, S. 286 ff.), z. B. die Warenverfügbarkeit von den verschiedenen Abstimmungsprozessen<br />

zwischen Aussendienst-, Innendienst-, Logistik-, Produktions-


318<br />

Kapitel 7<br />

und Marketingabteilungen abhängen. Die aufgezeigten sieben Dimensionen stellen<br />

dem Hersteller eine breite Auswahl von Ansatzpunkten zur Verfügung, um die Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Vertriebspartnern zu verbessern. Um geeignete Ansatzpunkte<br />

aufzudecken, muss der Hersteller demnach die Bereitschaft besitzen, sämtliche<br />

Leistungskategorien auf den Prüfstand zu stellen und geeignete Massnahmen<br />

ggf. auch abteilungsübergreifend durchzusetzen. Hierin liegt ein wichtiger dritter Ansatzpunkt<br />

<strong>für</strong> die Praxis.<br />

Erkennen Sie die vielfältigen Ansatzpunkte, die Ihnen zur Verfügung stehen,<br />

um die Zusammenarbeit mit Ihren Vertriebspartnern zu verbessern!<br />

Folgerung 4: Unrealistischen Erwartungen gezielt entgegentreten<br />

Die Unsicherheit des lokalen Umfelds, die Profitabilität des Herstellers und die Grösse<br />

der lokalen Vertriebsorganisation bestimmen die Situation vor Ort. Sie besitzen damit<br />

einen entscheidenden Einfluss auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner und die daraus<br />

folgenden Erwartungen, die Vertriebspartner gegenüber dem Hersteller entwickeln.<br />

Die lokale Beurteilung befindet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen<br />

der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S.<br />

136).<br />

Unzufriedenheit der Vertriebspartner entsteht, wenn Erwartungen an die Zusammenarbeit<br />

mit dem Hersteller nicht erfüllt werden können. Bei steigenden Erwartungen,<br />

die durch Änderungen der lokalen Situation hervorgerufen werden, kann damit Unzufriedenheit<br />

entstehen, obwohl der Hersteller seine Unterstützung nicht ändert bzw. es<br />

unterlässt, eine Anpassung an die lokale Situation vorzunehmen.<br />

Um Unzufriedenheit zu verringern oder vorzubeugen, können Hersteller demnach<br />

durch offene, frühzeitige Kommunikation und konsequentes Verhalten dazu beitragen,<br />

dass sich keine unrealistischen Erwartungen bilden können. Damit können Hersteller<br />

der Unzufriedenheit, die durch eine Verschärfung der lokalen Situation hervorgerufen<br />

wird, begegnen, ohne die operative Vertriebsgestaltung anpassen zu müssen. Hierin<br />

liegt ein vierter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />

Kommunizieren Sie offen und frühzeitig, um falschen Erwartungen<br />

der Vertriebspartner gezielt entgegenzutreten!


Schlussfolgerungen 319<br />

Folgerung 5: Zufriedenheit der Vertriebspartner bei der strategischen Vertriebskonfiguration<br />

berücksichtigen<br />

Vertriebspartner fordern vielfach von Herstellern, ihre lokale Situation bei der strategischen<br />

Vertriebskonfiguration zu berücksichtigen. Auch in der Literatur wird häufig<br />

vermutet, dass je nach lokaler Situation ein unterschiedliches Mass an Zentralisierung,<br />

Formalisierung, Ergebnis- und Prozessorientierung zu wählen ist, um die optimale<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> die lokalen Vertriebspartner zu schaffen (s. Donaldson 2001, S.<br />

12). Die vorliegende Untersuchung widerlegt diese Annahme zumindest teilweise.<br />

Denn die Wahl der Konfigurationsalternativen hat zwar einen grundsätzlichen Einfluss<br />

auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Doch dieser Einfluss unterscheidet sich in<br />

den meisten Fällen nicht von Situation zu Situation, sondern ist eben grundsätzlich<br />

gegeben. Für einzelne strategische Konfigurationsalternativen ergaben sich folgende<br />

Untersuchungsergebnisse (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.):<br />

1. Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen<br />

und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit<br />

(s. Tabelle 6-2, S. 148). Dies ist fast gänzlich unabhängig von der lokalen Situation<br />

der Fall. Lediglich in Situationen von grosser Unsicherheit des lokalen Umfelds<br />

gibt die Zentralisierung den Vertriebspartnern etwas mehr Sicherheit, weshalb<br />

die Unzufriedenheit etwas geringer ausfällt. Es existieren allerdings keine lokalen<br />

Situationen, in denen aus Sicht der Vertriebspartner ein zentrales Vorgehen insgesamt<br />

Vorteile schafft und positiv beurteilt wird. Hieraus folgt einerseits, dass Hersteller<br />

diese direkte zufriedenheitssenkende Wirkung der Zentralisierung und die<br />

daraus resultierenden Konflikte, Umsatz- und Kostenwirkungen stets berücksichtigen<br />

müssen, wenn über eine weitere Zentralisierung nachgedacht wird. Andererseits<br />

ergeben sich <strong>für</strong> Hersteller auch Chancen durch eine Dezentralisierung, die damit<br />

zum wirksamen Ansatzpunkt wird, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu erhöhen.<br />

2. Der Grad der Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich<br />

einen schwachen, positiven Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner.<br />

Dieser begründet sich dadurch, dass Abläufe und Entscheidungen durch die Formalisierung<br />

vereinfacht werden und ihre Vorhersehbarkeit zunimmt (s. Absatz 6.2.2.3,<br />

S. 149 ff.). Gerade in langjährigen Beziehungen zum Hersteller werden die Vorteile<br />

der Formalisierung von Vertriebspartnern erkannt und akzeptiert. Formalisierung<br />

führt bei zunehmender Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner deshalb zu einer<br />

Erhöhung der Zufriedenheit (s. Tabelle 6-3, S. 151). Die Formalisierung hat dem-


320<br />

Kapitel 7<br />

nach positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit, die langfristig sogar zunehmen.<br />

Dem Hersteller steht damit in der Formalisierung ein wichtiger Ansatzpunkt<br />

zur Konfiguration des Vertriebs zur Verfügung.<br />

3. Je höher die Ergebnisorientierung des Führungsstils ist, desto zufriedener sind Vertriebspartner,<br />

bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Tabelle 6-4, S.<br />

155). Hersteller können die Zufriedenheit der Vertriebspartner also unabhängig von<br />

der lokalen Situation dadurch erhöhen, dass sie ergebnisorientiert führen. Dazu sind<br />

realistische Leistungsziele transparent zu kommunizieren und Vertriebspartner danach<br />

zu bewerten, wie gut sie die festgelegten Ziele erreichen. Durch ein hohes<br />

Mass an Ergebnisorientierung werden die Verantwortungen und die Kenntnis über<br />

die Mittel und Wege zum Erreichen der Ziele an die Vertriebspartner delegiert, wodurch<br />

deren lokale Kompetenz optimal genutzt werden kann. Vertriebspartner sind<br />

hierdurch motiviert und fühlen sich in ihrer Kompetenz respektiert, wodurch die<br />

Zufriedenheit ebenfalls zunimmt.<br />

4. Die Prozessorientierung des Führungsstils hingegen besitzt keinen Einfluss auf die<br />

Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 6.2.2.4, S. 152 ff.; Tabelle 6-5, S.<br />

158). Demnach kann der Hersteller einerseits prozessorientierte Ansätze einsetzen,<br />

ohne die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu beeinflussen. Andererseits gibt ihm<br />

diese Konfigurationsalternative keinen Ansatzpunkt, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner<br />

mitzubestimmen.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wirkungen der strategischen Ansatzpunkte<br />

kaum von der lokalen Situation bestimmt werden. D. h., dass spezifische lokale<br />

Situationen weder die Wirkung der Konfigurationsalternativen auf die Zufriedenheit<br />

der Vertriebspartner einschränken noch dazu beitragen, dass sie eine stärkere Wirkung<br />

entfalten. Die strategische Vertriebskonfiguration sollte sich deshalb auch nicht an der<br />

spezifischen lokalen Situation der Vertriebspartner orientieren. Allerdings müssen sich<br />

Hersteller stets darüber bewusst sein, dass die Zentralisierung, Formalisierung und<br />

Ergebnisorientierung Auswirkungen auf die Zufriedenheit besitzen. Sie bilden deshalb<br />

Ansatzpunkte, um unabhängig von der lokalen Situation etwaige Unzufriedenheiten zu<br />

beseitigen bzw. die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zu erhöhen. In der Berücksichtigung<br />

der Zufriedenheit bei der Auswahl und dem Einsatz der strategischen Alternativen<br />

der Vertriebskonfiguration liegt ein fünfter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die<br />

Praxis.


Schlussfolgerungen 321<br />

Seien Sie sich über die Zufriedenheitswirkungen strategischer Konfigurationsalternativen<br />

bewusst und treffen Sie strategische Konfigurationsentscheidungen weitgehend<br />

unabhängig von lokalen Situationen der Vertriebspartner!<br />

Folgerung 6: Koordination und Unterstützung professionalisieren<br />

Neben den Ansätzen der strategischen Konfiguration der Vertriebsorganisation stehen<br />

Herstellern zahlreiche operative Ansätze zur Verfügung, um ihre Aufgaben der Koordination<br />

und Unterstützung der Vertriebspartner zu professionalisieren. Stossrichtungen<br />

liegen dabei in zentralen und vertikalen Strukturen, in Ansätzen der Teamorganisation,<br />

der Kultur und sozialen Beziehungen, der Segmentierung und Differenzierung,<br />

in der Unterstützung durch zentrale Ressourcen sowie im Informationsmanagement (s.<br />

Tabelle 6-6, S. 161). Eine besondere Bedeutung kommt der in dieser Arbeit geforderten<br />

personellen Trennung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben der Zentrale<br />

zu. Wie gezeigt wurde, führen die häufige personelle Verquickung und die mangelnden<br />

zentralen Ressourcen dazu, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der<br />

Qualität von Unterstützungleistungen in der Zentrale nur unzureichend erfolgt (s. Absatz<br />

6.3.2.3, S. 171 ff.). Ansätze der Trennung von Koordination und Unterstützung,<br />

wie sie bspw. durch Shared-Service Center und interne Vereinbarungen geschaffen<br />

werden, helfen dem Hersteller dabei, die zentrale Leistungsfähigkeit zu erhöhen und<br />

zu verrechnen. Leistungen der Zentrale, durch die Vertriebspartner unterstützt werden<br />

können, erhalten auf diese Weise eine hohe Transparenz. Ebenfalls tragen Service-<br />

Center Ansätze dazu bei, dass sich bei Vertriebspartnern realistische Erwartungen und<br />

Wertschätzungen gegenüber den Leistungen des Herstellers entwickeln können.<br />

Für Vertriebsverantwortliche des Herstellerunternehmens stellt die vorliegende Arbeit<br />

drei Orientierungshilfen <strong>für</strong> die operative Vertriebsgestaltung zur Verfügung. Erstens<br />

wird ein Überblick zu 19 Lösungsansätzen vermittelt, die dem Hersteller generell zur<br />

Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen (s. Abschnitt 6.3, S. 159 ff.).<br />

Zweitens werden Gestaltungsansätze dahingehend beurteilt, inwieweit sie <strong>für</strong> verschiedene<br />

spezifische Problemstellungen geeignet sind. Drittens wurden Möglichkeiten<br />

aufgezeigt, um die gewählten Ansätze so auszugestalten, dass sie optimal zur Verbesserung<br />

der Zusammenarbeit beitragen. Die Fähigkeit des Herstellers, geeignete Lösungsansätze<br />

auszuwählen und <strong>für</strong> spezifische Problemstellungen anzupassen, stellt<br />

eine wichtige Herausforderung dar, der mit Hilfe dieser Arbeit besser begegnet werden<br />

kann. Hierin liegt ein sechster wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.


322<br />

Kapitel 7<br />

Verstehen Sie sich als „internen Dienstleister“ und betreiben Sie ein aktives<br />

Qualitätsmanagement <strong>für</strong> Ihre internen Koordinations- und Unterstützungsleistungen!<br />

Folgerung 7: Systematisches Projekt statt „Blitzaktionen“ zur Verbesserung<br />

Für eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit reicht die alleinige Kenntnis<br />

über mögliche Gestaltungsansätze nicht aus. Reaktive „Blitzaktionen“ zur Unterstützung<br />

einzelner Vertriebspartner in Notfällen können die Potenziale der Vertriebsorganisation<br />

nicht ausschöpfen. Vielmehr muss ein systematisches Vorgehen entwickelt<br />

werden, um eine gründliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermöglichen und die<br />

Zusammenarbeit im Zeitablauf kontinuierlich zu verbessern. In Abschnitt 6.4 (S. 247)<br />

dieser Arbeit wurde ein Vorgehen aufgezeigt, an dem sich Hersteller zur Verbesserung<br />

der Zusammenarbeit orientieren können. In einem vierstufigen Prozess sind Verbessungspotenziale<br />

in der Zusammenarbeit zu identifizieren („Diagnose“), Massnahmen<br />

festzulegen („Planung“), Beteiligte in der Vertriebsorganisation zu informieren und<br />

mobilisieren („Umsetzung“) sowie Zeit- und Organisationsvergleiche durchzuführen.<br />

Durch eine regelmässige und systematische Wiederholung des Prozesses kann die Zusammenarbeit<br />

in der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden. Hierin<br />

liegt ein siebter wichtiger Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Praxis.<br />

Starten Sie ein Projekt zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

und benennen Sie Projektverantwortliche!<br />

Folgerung 8: Massnahmen unternehmensspezifisch anpassen<br />

Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ zeigt das<br />

konkrete Vorgehen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in drei verschiedenen Unternehmen.<br />

Die unterschiedlichen Ausgangslagen stellen an die Vertriebsverantwortlichen<br />

unterschiedliche Anforderungen. Die Unternehmensgrösse und die damit verbundenen<br />

finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen in allen drei Unternehmen<br />

auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume. Einige der Gestaltungsansätze,<br />

die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, zeigen<br />

sich in den Fallstudien in ihrer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens.


Schlussfolgerungen 323<br />

Damit wird deutlich, dass die Möglichkeit, Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen,<br />

vom Geschick des Herstellers abhängt. Dieser muss in der Lage sein, geeignete<br />

Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen Spielräume anzupassen.<br />

So war das Kleinunternehmen Nanosurf trotz eingeschränkter finanzieller Ressourcen<br />

durchaus in der Lage, die Zusammenarbeit mit internationalen Distributoren<br />

zu verbessern, indem schnell und flexibel gemeinsam mit den Distributoren praktikable<br />

Lösungen erarbeitet und umgesetzt wurden.<br />

In allen drei Unternehmensfällen wurden die Projekte zur Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

durch das persönliche Engagement von Vertriebsleitern in der Zentrale entschieden<br />

vorangetrieben. Es wurden in jedem der Unternehmen gemeinsam mit Mitgliedern<br />

der Vertriebsorganisation spezifische Lösungen erarbeitet, die der Grösse und<br />

den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens in höchstem Masse<br />

Rechnung tragen. Der allererste Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit bestand<br />

jedoch bei allen drei Unternehmen in der Bereitschaft von Führungskräften der Zentrale,<br />

sich selbst und die eigenen Leistungen einer Beurteilung zu stellen. Diese achte und<br />

letzte wichtige Folgerung ist gleichzeitig der allererste Schritt <strong>für</strong> sämtliche Ansätze<br />

zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit.<br />

Suchen Sie nach spezifischen Lösungen <strong>für</strong> Ihre Vertriebsorganisation und prüfen Sie<br />

genau, welche Voraussetzungen in Ihrem Unternehmen gegeben sind! Der intensive<br />

Austausch mit Vertriebspartnern wird Ihnen bei der Entwicklung von Lösungsalternativen<br />

helfen. Treffend hat ein internationaler Distributor der Leica Microsystems diese<br />

Forderung an den Hersteller formuliert:<br />

„Listen, listen, listen, and then talk.“


324<br />

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Anhang 345<br />

Anhang<br />

Seite<br />

Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews 346<br />

Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002 349<br />

Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung 350<br />

Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung 353<br />

Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung 361<br />

Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner 362<br />

Anhang G Gütekriterien der Messmodelle 363<br />

Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität 370<br />

Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation 372<br />

Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien 374


346<br />

Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews<br />

Im Folgenden werden die Einzelinterviews, die im Rahmen der Untersuchung geführt<br />

wurden, aufgelistet. Sämtliche Interviews hatten explorativen Charakter und folgten<br />

der in Absatz 2.4.2.1 dargestellten Vorgehensweise. Anhand der Befragungsteilnehmer<br />

können drei Typen von Interviews unterschieden werden: Interviews mit Führungskräften<br />

aus dem Herstellerunternehmen (Typ 1), Interviews mit Vertriebspartnern<br />

(Typ 2) und Interviews mit sonstigen Experten im Themenbereich des <strong>Industriegüter</strong>vertriebs<br />

(Typ 3). Die Angabe des Ortes bezieht sich bei persönlichen Interviews<br />

auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz.<br />

Birke, Benno (2003), Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 17.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Altenstadt, Deutschland.<br />

Bollinger, Hans-Peter (2002), Wirtgen GmbH, Sales Manager Central Europe, persönliches<br />

Interview, Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 120 Minuten, Windhagen, Deutschland.<br />

Bührer, Alex (2004), McKinsey & Company Schweiz, Partner und Leiter des “Swiss Industrial<br />

and High Tech Sectors”, telefonisches Interview, Typ 3, 17.02.2004, Dauer:<br />

60 Minuten, Zürich, Schweiz.<br />

Dvorak, Zbynek (2004), Wampfler AG, Geschäftsführer Wampfler Tschechien, telefonisches<br />

Interview, Typ 2, 19.04.2004, Dauer: 55 Minuten, Chrudim, Tschechien.<br />

Felber, Heinz (2003), Hilti AG, Leiter Marktregion Europa 2, telefonisches Interview, Typ 1,<br />

27.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Schaan, Fürstentum Liechtenstein.<br />

Filz, Alexander (2004), Mettler-Toledo Gruppe, Head of Communications Mettler-Toledo<br />

Group, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Greifensee,<br />

Schweiz.<br />

Dr. Fontana, Giatgen-Peder (2002), Fontana Projects Ltd. Co., Geschäftsführer, persönliches<br />

Interview, Typ 3, 04.12.2002, Dauer: 120 Minuten, Bern, Schweiz.<br />

Füllemann, Mark (2002), Holcim Group Support Ltd., Direktor, Head Holcim Information<br />

Platform, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 55 Minuten, Holderbank,<br />

Schweiz.<br />

Greschner, Alexander (2004), Ammann Gruppe, Leiter Strategisches Marketing, persönliches<br />

Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Langenthal, Schweiz.<br />

Hatz, Jann J. (2002), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Cham, Schweiz.<br />

Hatz, Jann J. (2004), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 80 Minuten, Cham, Schweiz.<br />

Haupold, Ralf (2004), Wampfler Representative Office (RO) East and South Europe, Leiter<br />

RO, telefonisches Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Dresden,<br />

Deutschland.<br />

Dr. Helling, Volker (2004), Georg Fischer, Automotive, Technology Unit Eisenguss, Leiter<br />

Zentrales Marketing und Verkauf, persönliches Interview, Typ 1, 16.07.2004,<br />

Dauer: 140 Minuten, Singen, Deutschland.


Anhang 347<br />

Hilti, Rupert (2002), Hilti AG, ehemaliger Verantwortlicher Grosskunden International, persönliches<br />

Interview, Typ 3, 08.06.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Ibarth, Michael (2004), Wampfler AG, Product Manager, telefonisches Interview, Typ 1,<br />

07.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland.<br />

Issenhuth, Frederic (2002), Novozymes AG, Global Marketing Manager, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Dittingen, Schweiz.<br />

Jenzer, Lukas (2004), Ammann Gruppe, Leiter Kommunikation weltweit, persönliches Interview,<br />

Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Langenthal, Schweiz.<br />

Kistler, Markus (2003), Probst Maveg SA, Leiter Marketing und Verkauf, telefonisches Interview,<br />

Typ 2, 03.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Lyss, Schweiz.<br />

Dr. Klumpp, Thomas (2002), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, persönliches Interview,<br />

Typ 1, 18.06.2002, Dauer: 90 Minuten, Hinwil, Schweiz.<br />

Dr. Klumpp, Thomas (2004), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Hinwil, Schweiz.<br />

Koch, Thomas (2003), Ruag AG, Geschäftsbereich Aerospace Aircraft, Marketing- und Verkaufsleiter,<br />

telefonisches Interview, Typ 1, 23.01.2003, Dauer: 120 Minuten,<br />

Emmen, Schweiz.<br />

Kraft, Wolfgang (2003), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />

Typ 2, 05.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland.<br />

Kraft, Wolfgang (2004), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />

Typ 2, 28.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland.<br />

Kunert, Dieter (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter<br />

Marketing und Vertrieb, persönliches Interview, Typ 1, 20.04.2004, Dauer: 45<br />

Minuten, Baden, Schweiz.<br />

Kunst, Thomas (2004), Intraco (Agent der Ferag GmbH <strong>für</strong> die ehemalige Sowjetunion),<br />

Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 26.04.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />

Moskau, Russland.<br />

Lefevere, Werner (2004), Emhart Glass GmbH, Verkaufsdirektor Markt 2, persönliches Interview,<br />

Typ 1, 27.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Neuss, Deutschland.<br />

Loos, Joëlle (2002), GEMEX Trading, Ehemalige Mitarbeiterin im internationalen Einkauf,<br />

persönliches Interview, Typ 3, 04.04.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen,<br />

Schweiz.<br />

Mehrer, Richard (2003), Wampfler GmbH, Manager Group Marketing & International Field<br />

Sales, telefonisches Interview, Typ 1, 22.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Weil am<br />

Rhein, Deutschland.<br />

Mittelholzer, Leo (2002), Holcim Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ<br />

2, 09.12.2002, Dauer: 90 Minuten, Holderbank, Schweiz.<br />

Dr. Mühlmeyer, Joachim (2002), BASF AG, Fine Chemicals Europe, Manager Business<br />

Processes, persönliches Interview, Typ 1, 27.05.2002, Dauer: 120 Minuten,<br />

Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Neun, Winfried (2003), K.O.M. GmbH, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 3,<br />

30.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Allensbach, Deutschland.


348<br />

Pöllhuber, Alois (2003), Ferag Austria AG, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 2,<br />

15.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Wien, Österreich.<br />

Pritzkow, Jan (2002), Corus Bausysteme GmbH, Export Sales Director, persönliches Interview,<br />

Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 140 Minuten, Koblenz, Deutschland.<br />

Puchner, Gerald (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter<br />

Entwicklung und Konstruktion ABB CMC, persönliches Interview, Typ 1,<br />

13.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz.<br />

Putze, Thomas (2002), Degussa AG, Geschäftsbereich „Goldschmidt Polyurethane Additives“,<br />

Business Director Europe, Middle East, Africa, persönliches Interview, Typ<br />

1, 25.06.2002, Dauer: 120 Minuten, Essen, Deutschland.<br />

Rufo, Silvano (2004), Rieter Machine Works Ltd., Geschäftsbereich Textile Systems,<br />

Geschäftseinheit Parts & After Sales, Marketing Leiter, telefonisches Interview,<br />

Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Winterthur, Schweiz.<br />

Saacke, Hans-Herbert (2002), SAACKE GmbH & Co. KG, Geschäftsführer, telefonisches<br />

Interview, Typ 1, 11.12.2002, Dauer: 100 Minuten, Bremen, Deutschland.<br />

Schenk, Adrian (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftseinheit Minerals, Sales Manager Composite<br />

Plant Projects, telefonisches Interview, Typ 1, 16.02.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />

Baden, Schweiz.<br />

Schopferer, Jörg (2004), Wampfler Ltda., General Manager, telefonisches Interview, Typ 2,<br />

22.04.2004, Dauer: 70 Minuten, São Luis, Brasilien.<br />

Smolen, Rastislav (2004), Smolen (Unabhängige Vertretung der Wampfler AG), Geschäftsführer,<br />

Typ 2, Gesprächsleitfaden elektronisch beantwortet am 28.04.2004, Bratislava,<br />

Slowakei.<br />

Stricker, Markus (2004), Corus International, Vize Director und Vertriebsleiter, telefonisches<br />

Interview, Typ 2, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Basel, Schweiz.<br />

Van Kempen, Pierre (2004), Wampfler B.V., Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2,<br />

13.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Haarlem, Niederlande.<br />

Dr. Walti, Christian (2002), ABB Business Services Ltd., Senior Consultant, persönliches<br />

Interview, Typ 1, 22.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Baden, Schweiz.<br />

Werder, Gustav (2002), Hitachi Schweiz AG, Ehemaliger Geschäftsführer, persönliches Interview,<br />

Typ 3, 27.11.2002, Dauer: 180 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Wyss, Bernhard (2004), Wampfler Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview,<br />

Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Thörishaus, Schweiz.


Anhang 349<br />

Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002<br />

Die folgende Tabelle zeigt die regionale Umsatzverteilung der zwanzig grössten<br />

Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahre 2002. Sämtliche Daten beruhen auf einer<br />

Analyse der Geschäftsberichte aus dem Jahr 2003 (Geschäftsberichtsanalyse I, s.<br />

Tabelle 2-3, S. 37).<br />

Hersteller Europa Nord- und<br />

Südamerika<br />

Regionale Umsatzanteile<br />

Asien Naher, Mittlerer<br />

Osten,<br />

Afrika<br />

Gesamtumsatz<br />

2002<br />

(in Mio. CHF)<br />

ABB 56 % 22 % 14 % 7 % 31'008<br />

Schindler k. A. k. A. k. A. k. A. 7'888<br />

Georg Fischer 77 % 11 % 0 % 12 % 3'417<br />

Rieter 45 % 31 % 23 % 1 % 2'976<br />

SIG 78 % 8 % 11 % 3 % 2'826<br />

Saurer 35 % 20 % 0 % 0 % 2'490<br />

Mettler Toledo 40 % 47 % 0 % 13 % 2'057<br />

Sulzer 39 % 37 % 19 % 5 % 1'946<br />

Unaxis 46 % 23 % 31 % 1 % 1'490<br />

Bucher Industries 76 % 13 % 6 % 5 % 1'481<br />

Bobst 53 % 25 % 18 % 5 % 1'478<br />

Bühler 42 % 19 % 13 % 25 % 1'351<br />

Von Roll 79 % 15 % 4 % 2 % 1'213<br />

Endress+Hauser 67 % 18 % 16 % 2 % 1'067<br />

Agie Charmilles 61 % 22 % 17 % 0 % 1'009<br />

Ruag 92 % 6 % 0 % 2 % 1'006<br />

Conzzeta 77 % 13 % 0 % 10 % 909<br />

Leica Geosystems 50 % 27 % 17 % 6 % 790<br />

WMH 54 % 44 % k. A. 2 % 756<br />

Kardex Remstar 80 % 15 % 0 % 5 % 550<br />

Durchschnitt 62 % 22 % 10 % 6 % 3'385<br />

Anhang B - 1: Regionale Umsatzverteilung Schweizer <strong>Industriegüter</strong>hersteller im Jahr 2002<br />

(Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37)


350<br />

Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung<br />

Ankündigung<br />

Eine Woche vor dem Versand des Fragebogens wurde an sämtliche potenzielle Teilnehmer<br />

eine E-Mail verschickt, in der die bevorstehende Befragung angekündigt und<br />

um Mithilfe gebeten wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.).<br />

Anhang C - 1: E-Mail zur Vorankündigung der schriftlichen Befragung<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)


Anhang 351<br />

Versand<br />

Die folgende Abbildung enthält das Anschreiben, das beim tatsächlichen Versand der<br />

Fragebögen verwendet wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Der E-Mail hing der Fragebogen<br />

als Attachement in Form eines Adobe-PDF-Dokumentes an (s. Anhang D, S.<br />

353 ff.).<br />

Anhang C - 2: Anschreiben zur Befragung mit angehängtem Fragebogen<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)


352<br />

Nachfassaktion<br />

Die potenziellen Teilnehmer, die bis zum Verstreichen der Abgabefrist nicht auf die<br />

Befragung reagierten, sollten mit dem folgenden Schreiben zu einer Teilnahme bewegt<br />

werden (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es war auch bei diesem Schreiben ein Fragebogen<br />

angehängt (s. Anhang D, S. 353 ff.).<br />

Anhang C - 3: Anschreiben bei der Nachfassaktion (Vertriebsbefragung 2004,<br />

s. Tabelle 2-3, S. 37)


Anhang 353<br />

Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung


354


Anhang 355


356


Anhang 357


358


Anhang 359


360


Anhang 361<br />

Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung<br />

Die folgende Abbildung zeigt die Rücklaufstatistik der quantitativ-empirischen Erhebung<br />

differenziert nach postalischer und elektronischer Ansprache der Befragten (s.<br />

Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37).<br />

E-Mail Kontakte<br />

Postalische Kontakte<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

400<br />

200<br />

0<br />

angeschrieben bereinigt (1) bereinigt (2) geantwortet<br />

1‘458<br />

376<br />

302<br />

1‘156<br />

1‘834 1‘501 (333) 1‘383 (118) 240 (7)<br />

93<br />

1‘063<br />

345 320<br />

Anhang E - 1: Struktur des Rücklaufs differenziert nach der Art der Ansprache<br />

(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)<br />

31<br />

25<br />

226<br />

14<br />

55<br />

22<br />

„Effektiver,<br />

bereinigter<br />

Rücklauf“<br />

=<br />

17.4 %


362<br />

Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner<br />

Anhang F - 1 zeigt die Messergebnisse zur Gesamtzufriedenheit, die im Rahmen der<br />

quantitativ-empirischen Erhebung (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37) aus<br />

Kontrollgründen als Single-Item Skala erhoben wurde.<br />

% of sample<br />

30.00%<br />

25.00%<br />

20.00%<br />

15.00%<br />

10.00%<br />

5.00%<br />

0.00%<br />

Overall, how satisfied are you with all aspects of the manufacturer-relationship?<br />

2.70%<br />

Very<br />

Satisfied<br />

19.82%<br />

26.58%<br />

Satisfied Mainly<br />

Satisfied<br />

13.51%<br />

Rather<br />

satisfied<br />

7.21%<br />

Neither<br />

satisfied nor<br />

dissatisfied<br />

15.32%<br />

Rather<br />

dissatisfied<br />

10.81%<br />

Mainly<br />

dissatisfied<br />

Anhang F - 1: Gesamtzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller<br />

4.05%<br />

n=222<br />

Ø=4.12<br />

0.00%<br />

Dissatisfied Very<br />

dissatisfied


Anhang 363<br />

Anhang G Gütekriterien der Messmodelle<br />

Im Folgenden werden die Messergebnisse der Konstrukte in Bezug auf Gütekriterien<br />

erster und zweiter Generation (s. Jensen 2001, S. 96; Homburg/Giering 1996, S. 13;<br />

Tabelle 3-2, S. 62) dargestellt. Die Konzeptualisierungen und Operationalisierungen<br />

der Konstrukte, auf die sich die Messungen stützen, sind in den jeweiligen Textpassagen<br />

der Arbeit im Kontext ihrer Anwendung erläutert (s. Absatz 3.2.2, S. 60 ff.; Absatz<br />

5.3.3, S. 124 ff.; Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Die umklammerten Angaben hinter den<br />

Items bezeichnen den Kurznamen der Items, der in der Kausalanalyse verwendet wurde<br />

(s. Absatz 3.2.2.1, S. 60 ff. und Abbildung 3-3, S. 68).<br />

Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />

Die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstruktes „Zufriedenheit mit<br />

dem Hersteller“ geht auf Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) zurück. Drei Indikatoren<br />

wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />

Messgüte erreicht wurde.<br />

Zufriedenheit mit dem Hersteller<br />

(“Channel Member Satisfaction”)<br />

Please indicate, how satisfied you are with the Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

following aspects of your relationship with the<br />

manufacturer.<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• New product market opportunities manufacturer<br />

provided you.<br />

eliminiert<br />

• Overall “sales support”/relationship with the<br />

manufacturer’s sales representative. (SAT1)<br />

.62 .47 11.19<br />

• Overall fairness and honesty of manufacturer.<br />

(SAT2)<br />

.64 .52 11.93<br />

• Interest and concern manufacturer has displayed<br />

in helping you accomplish goals and<br />

objectives. (SAT3)<br />

.70 .63 13.48<br />

• Overall manner you were treated by manufacturer’s<br />

regional office or headquarters.<br />

(SAT4)<br />

.70 .63 13.43<br />

• Profits generated from manufacturer’s product<br />

lines.<br />

eliminiert<br />

• Sales growth potential from carrying manufacturer’s<br />

product lines.<br />

eliminiert<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .84 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .14 (2)<br />

Erklärte Varianz .59 p-Wert .93<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />

Faktorreliabilität .89 CFI 1.00<br />

Durchschnittlich erfasste Varianz<br />

.67 AGFI .99<br />

Anhang G - 1: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Zufriedenheit mit dem Hersteller“


364<br />

Vertrauen in den Hersteller<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Vertrauen<br />

in den Hersteller“ lehnt sich an Ganesan (1994, S. 16) an. Drei Indikatoren wurden<br />

aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />

Messgüte erreicht wurde. Insbesondere die gedrehten Indikatoren verschlechterten die<br />

Messgüter erheblich.<br />

Your trust in the manufacturer<br />

Vertrauen in den Hersteller<br />

(„Vendor’s credibility“)<br />

Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• Promises made by the manufacturer’s representatives<br />

are reliable. (TRU1)<br />

.50 -* -*<br />

• The manufacturer does not make false<br />

claims. (TRU2)<br />

.50 -* -*<br />

• The manufacturer is not open in dealing with<br />

you. (R)<br />

eliminiert<br />

• If problems such as shipment delays arise,<br />

the manufacturer is honest about the problems.<br />

eliminiert<br />

• The manufacturer’s representatives have<br />

problems answering your questions. (R)<br />

eliminiert<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .67 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />

Erklärte Varianz .50 p-Wert -*<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />

Faktorreliabilität -* CFI -*<br />

Durchschnittlich erfasste Varianz<br />

(R): Gedrehter Indikator<br />

-* AGFI -*<br />

* Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden.<br />

Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich.<br />

Anhang G - 2: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Vertrauen in den Hersteller“<br />

Konfliktniveau mit dem Hersteller<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Konfliktniveau<br />

mit dem Hersteller“ geht auf Mohr et al. (1996, S. 110) zurück. Es wurde<br />

eine zufrieden stellende Messgüte erreicht.<br />

Konfliktniveau mit dem Hersteller<br />

(„Level of conflict“)<br />

Conflicts with your manufacturer Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• You argue frequently with your manufacturer<br />

about business issues. (CON1)<br />

.58 .44 9.92<br />

• Your arguments with your manufacturer are .70 .86 13.34


Anhang 365<br />

very heated. (CON2)<br />

• You disagree with the manufacturer about<br />

how you can best achieve your goals.<br />

(CON3)<br />

.53 .36 9.02<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .77 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />

Erklärte Varianz .55 p-Wert -*<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />

Faktorreliabilität .78 CFI -*<br />

Durchschnittlich erfasste Varianz<br />

.55 AGFI -*<br />

* Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser<br />

Masse ist daher nicht sinnvoll.<br />

Anhang G - 3: Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktniveau mit dem Hersteller“<br />

Verbundenheit mit dem Hersteller<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „verbundenheit<br />

mit dem Hersteller“ geht auf Ganesan/Weitz (1996, S. 43) zurück. Zwei<br />

Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine hohe<br />

Messgüte erreicht wurde.<br />

Your commitment<br />

Verbundenheit mit dem Hersteller<br />

(„Affective Commitment“)<br />

Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• You are proud to be part of the manufacturer<br />

organization. (COM1)<br />

.62 .47 11.31<br />

• You enjoy discussing the manufacturer organization<br />

with people from outside.<br />

Eliminiert<br />

• You really care about the fate of the manufacturer.<br />

eliminiert<br />

• You are glad that you work for this manufacturer.<br />

(COM2)<br />

.76 .77 15.67<br />

• Your values are similar to those of the<br />

manufacturer. (COM3)<br />

.65 .53 12.12<br />

• You are willing to put extra effort beyond<br />

expected to make the manufacturer organization<br />

successful. (COM4)<br />

.65 .51 11.95<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .84 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .40 (2)<br />

Erklärte Varianz .57 p-Wert .82<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />

Faktorreliabilität .84 CFI 1.00<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.57 AGFI .99<br />

Anhang G - 4: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Verbundenheit mit dem Hersteller“


366<br />

Lokale Verkaufsleistung<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokale<br />

Verkaufsleistung“ geht auf Sujan et al. (1994, S. 47) zurück. Drei Indikatoren wurden<br />

aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende<br />

Messgüte erreicht wurde.<br />

Lokale Verkaufsleistung<br />

(„Performance“)<br />

Please evaluate your performance compared to Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

other distributors/subsidiaries of the manufacturer<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• Producing a high market share for your<br />

company. (PER1)<br />

.72 .67 14.29<br />

• Making sales of those products with the<br />

highest profit margin. (PER2)<br />

• Generating a high level of sales (dollar/euro).<br />

(PER3)<br />

.58 .41 10.32<br />

.65 .55 12.60<br />

• Quickly generating sales of new products. eliminiert<br />

• Identifying major accounts and selling to<br />

them.<br />

• Producing sales or contracts with long-term<br />

profitability.<br />

eliminiert<br />

eliminiert<br />

• Exceeding sales targets and objectives for<br />

your territory during the year. (PER4)<br />

.62 .47 11.35<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .81 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .59 (2)<br />

Erklärte Varianz .53 p-Wert .74<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />

Faktorreliabilität .82 CFI 1.00<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.53 AGFI .99<br />

Anhang G - 5: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokale Verkaufsleistung“<br />

Lokaler Markterfolg<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokaler<br />

Markterfolg“ lehnt sich an Cravens et al. (1993, S. 58) an. Ein Indikator wurde aufgrund<br />

niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht<br />

wurde.<br />

Lokaler Markterfolg<br />

(„Sales effectiveness“)<br />

Relative to your businesses largest competitor, Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

how is…<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• Your overall sales volume with your manu- .82 .89 17.89


Anhang 367<br />

facturer’s products. (EFF1)<br />

• Your overall profitability with manufacturer’s<br />

products. (EFF2)<br />

.58 .36 9.96<br />

• Market share with manufacturer’s products.<br />

(EFF3)<br />

.82 .88 17.65<br />

• The annual sales growth with manufacturer’s<br />

products.<br />

eliminiert<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .86 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) -*<br />

Erklärte Varianz .71 p-Wert -*<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />

Faktorreliabilität .88 CFI -*<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.71 AGFI -*<br />

* Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser<br />

Masse ist daher nicht sinnvoll.<br />

Anhang G - 6: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokaler Markterfolg“<br />

Grad der Zentralisierung<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Zentralisierung“<br />

geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) zurück. Ein Indikator wurde aufgrund<br />

niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht<br />

wurde.<br />

Grad der Zentralisierung<br />

(„Centralization“)<br />

Thinking about your relationship with the Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

manufacturer, would you say…<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• Any major decision that you make has to<br />

have the manufacturer’s approval.<br />

.45 .24 7.34<br />

• In your dealings with the manufacturer, even<br />

quite small matters have to be referred to<br />

someone higher up for a final answer.<br />

.61 .46 10.71<br />

• Your dealings with this manufacturer are<br />

subject to a lot of rules and procedures stating<br />

how various aspects of your job are to<br />

be done.<br />

eliminiert<br />

• You have to ask manufacturer’s reps before<br />

you do almost anything in your business.<br />

.64 .63 12.80<br />

• You can take very little action on your own<br />

until the manufacturer or his reps approve it.<br />

.63 .59 12.38<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .78 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 6.21 (2)<br />

Erklärte Varianz .48 p-Wert .05<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .09<br />

Faktorreliabilität .78 CFI .98<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.48 AGFI .93<br />

Anhang G - 7: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Zentralisierung“


368<br />

Grad der Formalisierung<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Grad<br />

der Formalisierung“ geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107) zurück. Vier Indikatoren<br />

wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert. Durch den Ausschluss der Indikatorvariablen<br />

konnte keine wesentliche Verbesserung der Messgüte erreicht werden.<br />

Wie bereits im Text erläutert (s. Abschnitt 6.2, S. 139) muss die Interpretation deshalb<br />

mit entsprechender Vorsicht erfolgen und die Einschränkungen der Inhaltsvalidität des<br />

Konstruktes berücksichtigen. Die Messgüte des Konstruktes wird deshalb als mangelhaft<br />

eingestuft.<br />

Grad der Formalisierung<br />

(„Formalization“)<br />

Bezeichnung des Indikators Item-to-Total-<br />

Korrelation<br />

• If a written rule does not cover some situation,<br />

you make up informal rules for doing<br />

things as you go along. (R)<br />

• There are many things in your business that<br />

are not covered by some formal procedures<br />

for doing it. (R)<br />

• Usually, your contact with your manufacturer<br />

and his representatives involves things<br />

“by the rule book”.<br />

• Contact with your manufacturer and his<br />

representatives are on a formal preplanned<br />

basis.<br />

• You ignore the rules and reach informal<br />

agreements to handle some situations. (R)<br />

• When rules and procedures exist with your<br />

manufacturer, they are usually written<br />

agreements.<br />

Indikatorreliabilität<br />

eliminiert<br />

t-Wert der<br />

Faktorladung<br />

.42 -* -*<br />

eliminiert<br />

eliminiert<br />

.42 -* -*<br />

eliminiert<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .60 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade)<br />

Erklärte Varianz .42 p-Wert -*<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -*<br />

Faktorreliabilität -* CFI -*<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

(R): Gedrehter Indikator<br />

-* AGFI -*<br />

* Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden.<br />

Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich.<br />

Anhang G - 8: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Formalisierung“<br />

Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Ergebnisorientierung<br />

des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zu-


Anhang 369<br />

rück. Ein Indikator wurde aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine<br />

hohe Messgüte erreicht wurde.<br />

Ergebnisorientierung des Führungsstils<br />

(„Output control“)<br />

Bezeichnung des Indikators Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• Specific performance goals are established<br />

for your local sales organization.<br />

.65 .56 12.13<br />

• The manufacturer monitors the extent to<br />

which you reach your performance goals.<br />

.83 .63 18.10<br />

• If your performance goals were not met, you<br />

would have to explain why.<br />

.73 .87 14.23<br />

• You receive feedback from the manufacturer<br />

concerning the extent to which you achieve<br />

your goals.<br />

.70 .50 13.08<br />

• Your pay/salary increases are based upon<br />

your performance.<br />

eliminiert<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .87 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) .90 (2)<br />

Erklärte Varianz .64 p-Wert .64<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00<br />

Faktorreliabilität .88 CFI 1.00<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.64 AGFI .99<br />

Anhang G - 9: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Ergebnisorientierung des Führungsstils“<br />

Prozessorientierung des Führungsstils<br />

Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Prozessorientierung<br />

des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurück.<br />

Es wurde eine sehr hohe Messgüte erreicht.<br />

Prozessorientierung des Führungsstils<br />

(„Process control“)<br />

Bezeichnung des Indikators Item-to-Total- Indikator- t-Wert der<br />

Korrelation reliabilität Faktorladung<br />

• The manufacturer monitors the extent to<br />

which you follow established procedures.<br />

.75 .75 15.84<br />

• The manufacturer evaluates the procedures<br />

you use to accomplish a given task.<br />

.76 .76 15.92<br />

• The manufacturer modifies your procedures<br />

when desired results are not obtained.<br />

.67 .50 11.90<br />

• You receive feedback on how you accomplish<br />

your performance goals.<br />

.61 .41 10.47<br />

Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation<br />

Cronbachsches Alpha .86 χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 9.71 (2)<br />

Erklärte Varianz .60 p-Wert .01<br />

Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .13


370<br />

Faktorreliabilität .86 CFI .98<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz<br />

.61 AGFI .90<br />

Anhang G - 10: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Prozessorientierung des Führungsstils“<br />

Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität<br />

Um die Diskriminanzvalidität der verwendeten Konstrukte zu überprüfen, wurden<br />

zwei Konstruktverbunde zu „einstellungsbezogenen Wirkungen“ und „ökonomischen<br />

Wirkungen“ gebildet. Diese wurden jeweils durch eine explorative Faktorenanalyse<br />

und das Fornell-Larcker Kriterium auf das Vorliegen hinreichender Diskriminanzvalidität<br />

untersucht (s. auch Homburg 2000, S. 111 f.).<br />

Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />

Zum Konstruktverbund der einstellungsbezogenen Wirkungen zählen die Konstrukte<br />

„Vertrauen in den Hersteller“, „Konfliktniveau mit dem Hersteller“ und „Verbundenheit<br />

mit dem Hersteller“, die allesamt durch die Zufriedenheit beeinflusst werden (s.<br />

Anhang G - 2, S. 364; Anhang G - 3, S. 365; Anhang G - 4, S. 365 und Abbildung 3-4,<br />

S. 70). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des Fornell-<br />

Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den Konstrukten<br />

schliessen (s. Anhang H - 1, S. 370 und Anhang H - 2, S. 371).<br />

Explorative Faktorenanalyse<br />

Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />

Faktor Indikator Faktorladungen (nach Varimax Rotation)<br />

Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3<br />

Trust<br />

Conflicts<br />

Commitment<br />

H01 .118 -.182 .809<br />

H02 .272 -.123 .549<br />

H06 -.038 .652 -.158<br />

H07 .001 .937 -.048<br />

H08 -.121 .583 -.123<br />

H09 .636 -.102 .286<br />

H12 .842 -.127 .156<br />

H13 .707 -.081 .171<br />

H14 .751 .043 .031<br />

Durch die Faktoren erklärte Varianz 25.35 % 19.19 % 12.61 %<br />

Anhang H - 1: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund<br />

„Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />

Fornell-Larcker Kriterium<br />

Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />

Faktor Faktor 3 Faktor 2 Faktor 1<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz (DEV)<br />

.503 .551 .571<br />

Trust .503


Anhang 371<br />

Conflicts .551 .102<br />

Commitment .571 .236 .026<br />

χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 49.03 (24)<br />

p-Wert .002<br />

RMSEA .066<br />

CFI .965<br />

AGFI .920<br />

Anhang H - 2: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums <strong>für</strong> den Konstruktverbund<br />

„Einstellungsbezogene Wirkungen“<br />

Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />

Zum Konstruktverbund der ökonomischen Wirkungen zählen die Konstrukte „Lokale<br />

Verkaufsleistung“ und „Lokaler Markterfolg“ (s. Anhang G - 5, S. 366 und Anhang G<br />

- 6, S. 367). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des<br />

Fornell-Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen<br />

den beiden Konstrukten schliessen (s, Anhang H - 3, S. 371 und Anhang H - 4, S.<br />

371).<br />

Explorative Faktorenanalyse<br />

Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />

Faktor Indikator Faktorladungen (nach Oblimin Rotation)<br />

Faktor 1 Faktor 2<br />

Relative Performance<br />

I01 .710 -.212<br />

I02 .714 .097<br />

Sales Effectiveness<br />

I03 .705 -.018<br />

I07 .659 -.051<br />

I08 -.020 -.961<br />

I09 .212 -.465<br />

I10 -.049 -.969<br />

Durch die Faktoren erklärte Varianz 49.86 % 11.72 %<br />

Anhang H - 3: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund<br />

„Ökonomische Wirkungen“<br />

Fornell-Larcker Kriterium<br />

Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“<br />

Faktor Faktor 1 Faktor 2<br />

Durchschnittlich erfasste<br />

Varianz (DEV)<br />

.529 .709<br />

Rel. Performance .529<br />

Sales Effectiveness .709 .424<br />

χ 2 -Wert (Freiheitsgrade) 56.22 (13)<br />

p-Wert .00<br />

RMSEA .12<br />

CFI .95<br />

AGFI .86<br />

Anhang H - 4: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums <strong>für</strong> den Konstruktverbund<br />

„Ökonomische Wirkungen“


372<br />

Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation<br />

Um die Methodeninvarianz zu überprüfen und die inhaltliche Nähe der Teilaspekte der<br />

Zusammenarbeit mit dem Hersteller zu berücksichtigen, wurde eine explorative Faktorenanalyse<br />

mit der schiefwinkligen Oblimin-Rotation durchgeführt. Um ein Maximum<br />

an Korrelation zwischen den Faktoren zuzulassen, wurde ein Delta von Null definiert.<br />

Anhang I - 1 zeigt die Ergebnisse der Analyse. Die Faktorladungen lassen auch in diesem<br />

Fall eine eindeutige Zuordnung zu den sieben Faktoren zu.<br />

Faktoren und Faktorladungen<br />

(nach schiefwinkliger Rotation)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

New product market opportunities<br />

The width of the products and<br />

-.534 -.138 -.151 .121 -.003 .073 .046<br />

services offered<br />

Quality and design of products<br />

-.624 .006 -.093 -.050 .029 .007 -.104<br />

and services<br />

Frequency of introducing new<br />

-.460 -.196 -.106 -.155 .010 .036 -.178<br />

products or services<br />

Order handling by<br />

-.567 .022 -.014 .124 .134 -.009 .105<br />

manufacturer<br />

Meeting of promised<br />

.019 -.647 -.109 .087 .135 .057 .083<br />

delivery dates<br />

Availability of products and<br />

.067 -.717 .068 -.026 .029 .036 -.121<br />

replacement parts<br />

Support with manuals, hand-<br />

-.132 -.760 .044 .008 .000 -.043 -.011<br />

books, etc.<br />

Sales promotion material and<br />

-.195 .143 -.673 -.032 .040 .044 -.198<br />

documentations<br />

Manufacturer credit<br />

-.060 -.093 -.654 .066 .074 -.020 .003<br />

policies<br />

Customer financing<br />

.024 .032 .067 .430 .094 .071 -.164<br />

programs<br />

Incentive programs (bonuses,<br />

-.050 -.045 -.041 .744 -.076 -.051 .019<br />

contests, trips)<br />

Sales support relationship with<br />

-.010 -.003 -.012 .657 .028 .039 -.020<br />

the sales rep<br />

Overall fairness and honesty of<br />

-.147 -.043 -.216 .025 .496 -.024 -.040<br />

manufacturer<br />

Interest and concern<br />

.041 -.074 -.057 -.065 .681 .064 -.150<br />

to help you<br />

Overall manner you were<br />

-.068 -.080 -.002 .034 .727 .008 .048<br />

treated<br />

Dealing with your local customs<br />

.005 .012 .044 .028 .824 -.001 .022<br />

and values<br />

Way of respecting and treating<br />

-.254 -.080 .096 .060 -.051 .638 -.114<br />

your local culture -.159 .017 .161 -.031 .247 .708 -.167


Anhang 373<br />

Understanding your<br />

language .177 .004 -.178 .090 -.013 .608 .215<br />

Similarity of your values and<br />

the manufacturer’s .129 -.194 -.134 .038 .132 .443 -.095<br />

Manufacturer's response times<br />

to your requests -.020 -.201 -.108 .082 -.023 .118 -.531<br />

Timeliness of receiving necessary<br />

information -.017 -.091 -.041 .132 .084 -.077 -.665<br />

Completeness of information<br />

you get .023 -.024 -.140 .094 .182 .056 -.538<br />

Anhang I - 1: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren


374<br />

Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien<br />

Im Folgenden werden die explorativen Einzel- und Gruppeninterviews aufgelistet, die<br />

im Rahmen der Fallstudien geführt wurden. Die Angabe des Ortes bezieht sich bei<br />

persönlichen Interviews auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews<br />

auf den Firmensitz.<br />

Fallstudie „Leica Microsystems“ (s. „Befragung Leica I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Dr. Reuter, Wolf-Otto, President und CEO; Vogler, Martin R., Vice President und Managing<br />

Director European and Direct Sales Management (2004), Leica Microsystems,<br />

persönliches Gruppeninterview, 13.09.2004, Dauer: 120 Minuten, Flims,<br />

Schweiz.<br />

Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />

and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 19.01.2004,<br />

Dauer: 30 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />

and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 18.06.2004,<br />

Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European<br />

and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 14.10.2004,<br />

Dauer: 30 Minuten, Flims, Schweiz.<br />

Fallstudie „Nanosurf AG“ (s. „Befragung Nanosurf I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview,<br />

17.05.2003, Dauer: 120 Minuten, Basel, Schweiz.<br />

Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview,<br />

01.07.2003, Dauer: 60 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Dr. Sum, Robert (2002), Nanosurf AG, CEO, telefonisches Einzelinterview, 05.11.2002,<br />

Dauer: 120 Minuten, Liestal, Schweiz.<br />

Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Braendlin, Dominik, Head of Development; Dr. Howald, Lukas,<br />

Chairman; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf<br />

AG, persönliches Gruppeninterview, 12.06.2003, Dauer: 180 Minuten, Liestal,<br />

Schweiz.<br />

Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf<br />

AG, persönliches Gruppeninterview, 16.07.2003, Dauer: 60 Minuten, Liestal,<br />

Schweiz.<br />

Fallstudie „Gallus Ferd. Rüesch AG“ (s. „Befragung Gallus I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus<br />

Ferd. Rüesch AG, persönliches Gruppeninterview, 23.01.2004, Dauer: 90 Minuten,<br />

St. Gallen, Schweiz.<br />

Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing<br />

Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG,


Anhang 375<br />

persönliches Gruppeninterview, 06.04.2004, Dauer: 80 Minuten, St. Gallen,<br />

Schweiz.<br />

Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, persönliches<br />

Einzelinterview, 22.06.2004, Dauer: 35 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing<br />

Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG,<br />

persönliches Gruppeninterview, 13.08.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen,<br />

Schweiz.<br />

Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF I“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Beenken, Laura Ana (2004), Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition, BASF<br />

Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview,<br />

02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Cepheli, Tanju, Account Manager Pharma and Cosmetics; Demirkuşak, Olcay, Sales Support<br />

Pharma and Nutrition; Akyel, Idil Gulbalkan, Sales Coordination and Support<br />

BCI and BCD, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE),<br />

persönliches Gruppeninterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei.<br />

Dufrenoy, Carole (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe,<br />

Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Ervine, Sarah (2004), Head of Sales Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />

Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 240 Minuten,<br />

Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Gökce, Levent (2004), Head of Sales BC Istanbul & BC Dubai, BASF Fine Chemicals<br />

Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 01.06.2004,<br />

Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei.<br />

Hintz, Michael (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />

West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 06.05.2004, Dauer: 120<br />

Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Hoffmann, Peter, Head of Marketing Pharma Solutions; Dr. Geiselhart, Verena, Technical<br />

Marketing Manager Pharma; Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma (2004),<br />

BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches<br />

Gruppeninterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Janning, Annie (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />

West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Kelly, Mark (2004), Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />

Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 29.04.2004, Dauer: 120 Minuten,<br />

Wädenswil, Schweiz.<br />

Lyons, Roger (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa,<br />

West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 07.05.2004, Dauer: 90<br />

Minuten, Cheadle, England.


376<br />

Schnabel, Erhard (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe,<br />

Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 13.05.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Wenzler, Thiebaut (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe,<br />

Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 17.05.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Paris, Frankreich.<br />

Zezelj, Marijana (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe,<br />

Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 27.04.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF II“, Tabelle 2-3, S. 37)<br />

Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business<br />

Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview,<br />

02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business<br />

Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview,<br />

11.06.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz.<br />

Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (RBU FCE); Eyer, Wolfgang,<br />

Mitarbeiter Management Recruiting (2004), BASF Fine Chemicals Europe,<br />

Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 10.02.2004, Dauer:<br />

120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />

Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />

Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 29.03.2004, Dauer: 70 Minuten,<br />

Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />

Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West<br />

Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 24.09.2004, Dauer: 180 Minuten,<br />

Ludwigshafen, Deutschland.<br />

Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director<br />

Pharma and Human Nutrition; Beenken, Laura Ana, Head of Sales & Supply Center<br />

Pharma and Nutrition; Dufrenoy, Carole, Account Manager Pharma (SSC);<br />

Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma Solutions (2004), BASF Fine Chemicals<br />

Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview,<br />

16.11.2004, Dauer: 140 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.


Lebenslauf<br />

Christian Schmitz, geboren am 18. April 1978 in Siegburg, Deutschland.<br />

Werdegang:<br />

1988 – 1997 Gymnasium am Ölberg, Abschluss: Allgemeine Hochschulreife, Königswinter-Oberpleis,<br />

Deutschland.<br />

1997 – 1999 Studium der Wirtschaftswissenschaften, Gerhard-Mercator-<br />

Universität Duisburg, Abschluss: Vordiplom, Duisburg, Deutschland.<br />

1999 – 2001 Studium der Betriebswirtschaftslehre, Diplomarbeit „Ganzheitliches<br />

Controlling des Kundenmanagements” bei Prof. Dr. Bernd Stauss,<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Dienstleistungsmanagement und ABWL, Abschluss:<br />

Diplom, Katholische Universität Eichstätt, Ingolstadt, Deutschland.<br />

2001 Auslandsstudium an der European Business School (EBS), London,<br />

England.<br />

2001 – 2002 Doktorandenstudium an der Universität St.Gallen (HSG), Fachprogramm<br />

Marketing, St. Gallen, Schweiz.<br />

2001 – 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzzentrum <strong>für</strong> Businessto-Business<br />

Marketing am Institut <strong>für</strong> Marketing und Handel (IMH-<br />

HSG), Universität St.Gallen, St. Gallen, Schweiz.<br />

Anmerkungen, Fragen und Kritik sind herzlich willkommen.<br />

E-Mail: christian.schmitz@unisg.ch

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