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Judith Beier & Wiebke Kunzmann - Julia Siegmüller

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Störungen im Erwerb des Partizips Perfekt – Welches Diagnostikverfahren erscheint amsinnvollsten?<strong>Judith</strong> <strong>Beier</strong> & <strong>Wiebke</strong> <strong>Kunzmann</strong>Die Auswahl adäquater Diagnostikverfahren zur Untersuchung des Perfekterwerbssprachentwicklungsgestörter Kinder stellt nicht selten eine Herausforderung an praktizierendeLogopädInnen dar.Kinder mit einer Sprachenwicklungsstörung (SES) können zu unterschiedlichen Zeitpunkten dergrammatischen Entwicklung Auffälligkeiten im Perfekterwerb zeigen. Als grammatisches Defizitäußert sich diese Störung im Ausbleiben der Regel zur Perfektmarkierung von Verben. Diesebleiben in Perfektkontexten dann meist unmarkiert. Bei einem bereits vorhandenenRegelwissen kommt es aufgrund einer lexikalischen Problematik zu anhaltendenÜberregularisierungen und damit zu Fehlern in der Produktion unregelmäßiger Partizipien(gegeht statt gegangen).Für die Diagnostik stellt sich hier eine wesentliche Frage: Welches Diagnostikverfahren lässteine Identifikation der Ursache (Grammatik vs. Lexikon) bei Kindern mit einer Störung desPerfekterwerbs zu?Eine Möglichkeit zur spezifischen Untersuchung von Grammatikerwerbsstörungen gebenPenner und Kölliker‐Funk (1998) anhand eines strikt‐entwicklungsproximalenDiagnostikverfahrens, das lediglich Aussagen über eine mögliche grammatische Störung zulässt.Clahsen und Almazen (1999) beschreiben in einer Studie Möglichkeiten, sowohl regel‐ als auchlexikonbasierte Leistungen von Kindern mit SES zu untersuchen. Ein Diagnostikinstrument ist indieser Arbeit jedoch nicht entstanden. In der Patholinguistischen Diagnostik beiSprachentwicklungsstörungen (Kauschke & Siegmüller, 2010) lässt sich mittelsFehlerklassifizierungen ein Störungsprofil auf mehreren sprachlichen Ebenen beschreiben; einespezifische Beschreibung des Perfekterwerbs ist nicht vorgesehen.In zwei Bachelorarbeiten zum Perfekterwerb bei sprachgesunden und SES‐Kindern (Haase et al.,2008; <strong>Beier</strong> et al., 2009) wurden das Screening‐Verfahren „Rezeptiver und ProduktiverPerfekttest“ (RUPPT) und seine Erweiterung um Pseudoverben (RUPPT‐E) entwickelt.Ergebnisse der Studien zeigen, dass die RUPPT‐E, in der Kinder Pseudoverben markieren sollen,Aufschlüsse darüber geben kann, ob das Regelwissen bereits vorhanden ist und eineGrammatikstörung ausgeschlossen werden kann. Mit dem RUPPT lässt sich erfassen, ob Kindermöglicherweise von einem lexikalischen Defizit betroffen und so nicht in der Lage sind,unregelmäßige Partizipien abzurufen und weiterhin Überregularisierungen zeigen.Zur allgemeinen Debatte darüber, ob Störungen des Perfekterwerbs grammatischen oderlexikalischen Urspruchs sind und/oder ob es sich bei SES‐Kindern zudem um falschesRegelwissen handelt, konnten die Studien folgenden Beitrag liefern:SES‐Kinder leiten die Regel zur Perfektmarkierung mit einer Verzögerung um etwa ein Jahr ab.Dieses Regelwissen unterscheidet sich nicht von dem sprachunauffälliger Kinder. Auchsprachgesunde Kinder zeigen Überregularisierungen; diese nehmen jedoch mit steigendem Alterund wachsendem Lexikon ab. Die häufigsten Probleme bei einer SES zeigen sich in anhaltendenÜberregularisierungen. Diese bleiben länger bestehen als im ungestörten Erwerb und lassensich mit unzureichenden mentalen Repräsentationen unregelmäßiger Partizipien und demnachmit einer Störung des Lexikons erklären.Literatur:<strong>Beier</strong>, J., Dräger, K., Müller, K. & Schulz, E. (2009). Tempusmarkierung bei Kindern mitSprachentwicklungsstörung: Untersuchung der Frage der abweichenden Regelbildung. Rostock/ FontysHogeschool Eindhoven: unveröffentlichte Bachelorarbeit.Clahsen, H. & Almazan, M. (1998). Syntax and morphology in williams syndrome.Cognition 68: 167‐198.Haase, U., Holland, M., <strong>Kunzmann</strong>, W. & Schnepf, E. (2008). Rezeptiverund produktiver Erwerb der Tempusmarkierung Perfekt bei Kindern mit und ohneSprachentwicklungsstörung. Rostock/ Fontys Hogeschool Eindhoven: unveröffentlichteBachelorarbeit.Kauschke, C. & Siegmüller, J. (2010). Patholinguistische Diagnostik beiSprachentwicklungsstörungen. 2. standardisierte, vollständig überarbeitete Auflage. München: Elsevier.


Penner, Z. & Kölliker‐Funk, M. (1998) Therapie und Diagnose von Grammatikerwerbsstörungen. EinArbeitsbuch. Edition SZH. Luzern.

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