Schönheitsoperationen - BMELV
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des behandelnden Arztes dem Patienten Regressansprüche ermöglicht, andererseits<br />
den behandelnden Arzt bei Befolgen der Aufklärungspflichten exkulpiert.<br />
Als Konsequenz daraus hat sich für Thomas (2003) die Arzt-Patienten-Beziehung<br />
von einer ethischen zu einer Marktbeziehung verschoben. Da jedoch jede Arzt-<br />
Patienten-Beziehung primär auf Vertrauen gegründet ist, hält er es für notwendig,<br />
dass diese Beziehung im Sinne eines Gleichgewichtes zwischen den Prinzipien der<br />
Selbstbestimmung des Patienten und der Fürsorge des Arztes zum Wohle des Patienten<br />
neu austariert werden sollte.<br />
In Anbetracht der Tatsache, dass einerseits die Befragten in unserer Patientenstichprobe<br />
ihre/n Operateur/in aufgrund des vertrauenswürdigen Eindrucks auswählen<br />
und sich andererseits generell gut über Art, Ablauf, Folgen und Risiken der ästhetischen<br />
Eingriffe informiert fühlen, sowie drittens standardmäßig Aufklärungsbogen<br />
erhalten, scheint hinsichtlich der Patientenaufklärung kein Handlungsbedarf von Seiten<br />
des Verbraucherschutzes gegeben zu sein.<br />
Uns wurde von Patientinnen berichtet, dass die Absicht, den geplanten ästhetischen<br />
Eingriff durchführen zu lassen, bei den Patientinnen dermaßen dominant im Vordergrund<br />
stand, dass den Aufklärungen über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken<br />
wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.<br />
Die teilweise vorhandene Überforderung der Patientenautonomie und des „informed<br />
choice“ wie des „informed consent“ wird auch an dem Ergebnis der Patientenbefragung<br />
insofern deutlich, dass sich 70% der Befragten nicht gezielt auf das Arztgespräch<br />
vorbereitet haben. Der Hinweis von Thomas auf die verstärkte Fürsorgepflicht<br />
des Arztes auch und speziell bei ästhetischen Operationen gewinnt dadurch zusätzlich<br />
an Bedeutung.<br />
Angesichts der intensiven Werbekampagnen für die Durchführung von „<strong>Schönheitsoperationen</strong>“<br />
und der Tatsache, dass sich das ärztliche Honorar nach der Zahlungsbereitschaft<br />
der Patienten richtet 73 , sollte deshalb in der Weiterbildung zum Plastischen<br />
Chirurgen oder der Zusatzausbildung „Plastische Operationen“ auf eine adäquate<br />
empathische Patientenaufklärung besonderer Wert gelegt werden. Schmidt-<br />
Tintemann hat bereits zu Anfang der modernen Plastischen Chirurgie in Deutschland<br />
darauf hingewiesen, dass eine Neu-Orientierung der ärztlichen Maßstäbe notwendig<br />
ist:<br />
„Er (der Arzt) muß in der Lage sein, beurteilen zu können, was den Patienten bewegt,<br />
um mit ihm als Partner zur Entscheidung zu gelangen. Der organische Zustand allein<br />
besagt nicht das Wesentliche. Die Kooperation zwischen Chirurgie und Psychologie<br />
wird gerade in der Plastischen Chirurgie zur Notwendigkeit.“ 74<br />
Es ist sicherlich auch angeraten, dass auf diesen Aspekt in entsprechenden Aufklärungsmaterialen<br />
oder Internetplattformen ausdrücklich hingewiesen wird. In diesem<br />
Zusammenhang wäre es auch von großem Interesse zu erfahren, welchem Prozentsatz<br />
von interessierten Kunden und Kundinnen im ersten Gespräch von einer ästhetischen<br />
Operation abgeraten wurde. Bislang gibt es dazu nur vereinzelt Aussagen mit<br />
episodischem Charakter. So berichtet beispielsweise Schmidt-Tintemann, dass sie<br />
bei drei von vier Patienten einen Eingriff ablehnt. 75 Für sie ist es geradezu ein Güte-<br />
73<br />
Eine Abdingung der für Privatbehandlungen geltenden GOÄ ist nach § 2 I 1 GOÄ möglich und wird<br />
bei „<strong>Schönheitsoperationen</strong>“ regelmäßig praktiziert.<br />
74<br />
Schmidt-Tintemann 1972:8<br />
75<br />
a.a.O., 56<br />
Dieter Korczak GP Forschungsgruppe Bericht <strong>Schönheitsoperationen</strong> 93