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Schönheitsoperationen - BMELV

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äußeren Erscheinungsbildes und des Wohlbefindens.“ 12 Nahezu gleichlautend ist die<br />

Definition der International Plastic Reconstructiv Aesthetic Surgery. 13<br />

Wir schließen uns im Rahmen des Forschungsprojektes dieser Definition an.<br />

„Schönheitschirurgie“ ist kein Fachterminus, sondern eine vielfach – selbst von<br />

Fachärzten für Plastische und Ästhetische Chirurgie – verwendete umgangssprachliche<br />

Bezeichnung für ästhetische oder kosmetische Eingriffe und Operationen. Diese<br />

lassen sich im engeren Sinne in rekonstruktive und ästhetische Operationen unterteilen.<br />

Rekonstruktive Operationen dienen der plastisch-chirurgischen Wiederherstellung<br />

der körperlichen Erscheinung, vor allem nach Brand- und Unfallverletzungen<br />

oder Krebserkrankungen. Bei rekonstruktiven Operationen handelt es sich exklusiv<br />

um medizinisch bedingte Indikationen. Patienten mit Tumoren oder mit schwer entzündlichen<br />

Erkrankungen sowie Deformierungen nach Unfällen erfordern teilweise<br />

ausgedehnte ästhetische Rekonstruktionen. Rekonstruktive Operationen sind jedoch<br />

nicht Gegenstand dieses Forschungsprojektes, ungeachtet der ästhetisch-operativen<br />

Kompetenz, die für sie erforderlich ist.<br />

Ästhetische Operationen sind im Gegensatz zu rekonstruktiven Operationen nicht<br />

zwingend erforderlich. Sie hängen eng mit kulturell-gesellschaftlichen Attitüden und<br />

der subjektiven Lebensqualität zusammen. Sie sollen in der Regel das eigene Körperselbstbild<br />

verbessern, damit Selbstvertrauen und Selbstsicherheit festigen und die<br />

Attraktivität steigern. Ästhetische Operationen weisen somit eine stark psychologische<br />

Komponente auf, bei der der Leidensdruck eine nicht unerhebliche Rolle spielen<br />

kann. Sofern der Leidensdruck psychiatrische Diagnosen hervorruft, ist auch eine<br />

medizinische Indikation gegeben. Diese führt dann aber zur Verordnung von Psychotherapie<br />

und nicht zur Verordnung ästhetischer Operationen, wie im Urteil des Bundessozialgerichtes<br />

vom 20.2.1993 hervorgehoben wurde.<br />

Trotz der juristischen Klarstellungen sind die Grenzen zwischen medizinischer Indikation<br />

und selbstgewähltem Verschönerungsanliegen in der Praxis fließend und nicht<br />

immer eindeutig. Eine der großen Referenzfiguren der modernen Plastischen Chirurgie,<br />

der brasilianische Arzt Ivo Pitanguy, negiert sogar die Abgrenzungsversuche: „Es<br />

gibt für mich keine Trennung zwischen einer medizinischen und einer ästhetischen<br />

Indikation. Sich mit sich selbst wohl zu fühlen ist in keiner Weise oberflächlich. Ich<br />

operiere ja nicht nur die Körper, sondern auch die Seelen.“ 14 Das psychische Wohlbefinden<br />

eines Patienten steht im Vordergrund, betont z.B. auch der deutsche Arzt<br />

Berg (o.J.: 16). Kritisch merkt hingegen Thomas zu der von Plastischen Chirurgen in<br />

diesem Zusammenhang häufig geäußerten hohen Wertschätzung des psychosozialen<br />

Wohlbefindens von Patienten an, dass die Berufsgemeinschaft Plastischer<br />

Chirurgen sich auf eine Unterscheidung zwischen einem Patienten („patiens“ = einer<br />

der leidet) und einem gesunden Kunden verständigen sollte. „Allzu große Willfährigkeit<br />

mit Rekurs auf die WHO-Gesundheitsdefinition öffnet nur zu offensichtlich die<br />

Türen von einer verantwortlichen Medizin zum reinen Geschäft.“ (Thomas 2003: 44).<br />

Die Diskussion zur Einschätzung ästhetischer Operationen bewegt sich somit auf<br />

dem Kontinuum von Krankheitsbehandlung einerseits bis hin zu Verbesserung der<br />

Lebensqualität und Lifestyle-Medizin andererseits.<br />

Aus der Einschätzung ästhetischer Operationen ergeben sich unmittelbare materielle<br />

Konsequenzen hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht. Diese ist dann gegeben, wenn<br />

ästhetische Operationen als gewerbliche Leistungen eingestuft werden. Laut einem<br />

Urteil des Finanzgerichtes Köln (Az.: 3V 5850/04) gilt ein Auftritt im Internet sowie<br />

12 Zitiert nach Panfilov 2003:18<br />

13 siehe dazu Lösch 1989<br />

14 nachzulesen bei Taschen 2005:174<br />

Dieter Korczak GP Forschungsgruppe Bericht <strong>Schönheitsoperationen</strong> 16

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