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Paradigmenwechsel in der Geschichte des Christentums - KHA

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▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲<strong>Paradigmenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong><strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>1. Jhd.:Judenchristenheiturchristlichesapokalyptisches ParadigmaJesus Christus(† ca. 30)PaulusEvangelienröm. Imperium – hellen. Kultur1./2.Jhd.: »Parádosis Patres«Frühkatholizismusgriechische u. late<strong>in</strong>ischeKirchenväter(Mani)altkirchlichhellenistischesParadigmaPatristik:OrigenesAthanasiosKappadokier5.Jhd.:7.Jhd.:(Islam?)röm. Päpste – dt. KaiserAugust<strong>in</strong>Leo d. Große11.Jhd.: »Ecclesia – Papa«Scholastik:Gregorianische ReformMittelalterliche Päpste /Kanonistikwest-östl. Schisma↔mittelalterlichröm.-kath.ParadigmaThomasBonaventura15.Jhd.:RenaissanceRenaissance-Reformkonzilien16.Jhd.: »Wort Gottes → Inerranz«ReformationTrienter Konzilwest-östl. SchismareformatorischprotestantischesParadigmaReformation:LutherCalv<strong>in</strong>Anglikanismus17./18.Jhd.: »Vernunft«gegenref.-röm.-kath. Paradigma↔protest.-orthod.Paradigmamo<strong>der</strong>ne Philosophie,Naturwissenschaft, StaatstheorieNaturwissenschaft und StaatstheorieAufklärungAmerikanische / Französische RevolutionNationalismus – ImperialismusneuzeitlichaufklärerischesParadigmaAufklärung u.Idealismus:SchleiermacherHarnackIndustrialisierung,Demokratisierung19.Jhd.: »<strong>Geschichte</strong> – Fortschritt«Vatikanum IVatikanum II20.Jhd.:1./2.WeltkriegPolyzentrische WeltWeltrat <strong>der</strong> KirchenPostkolonialistischpostimperialistischeZeitDurchbruch <strong>der</strong>BefreiungsbewegungenorthodoxerTraditionalismusröm.-kath.Integralismusprotestant.FundamentalismusliberalerMo<strong>der</strong>nismusZeitgenössischökumenischesParadigma(nach-mo<strong>der</strong>n) ?Die bleibende Glaubenssubstanz <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>Die Botschaft: »Jesus <strong>der</strong> Christus«.Das entscheidende Offenbarungsereignis: die Wende <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> Israels durch das Kommen Jesu von Nazareth.Das unterscheidend Christliche: Jesus als Gottes Messias und Sohn.Das wechselnde Paradigma (Makromodell von Gesellschaft, Religion, Theologie)»e<strong>in</strong>e Gesamtkonstellation von Überzeugungen, Werten, Verfahrensweisen, die von den Mitglie<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>er bestimmtenGeme<strong>in</strong>schaft geteilt werden« (Thomas S. Kuhn).CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 1 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Jesus von Nazaret – biografische DatenGebortsort: Bethlehem (könnte ihm aber auch wegense<strong>in</strong>er angeblichen davidischen Abstammungzugeschrieben worden se<strong>in</strong>) o<strong>der</strong> Nazaret<strong>in</strong> Galiläa; aufgewachsen ist Jesus <strong>in</strong> Nazaret.Geburtsjahr: nicht nach 4. v. Chr, wenn Jesus (wiedas Neue Testament berichtet) unter KönigHero<strong>des</strong> (27-4. v. Chr.) geboren wurde; we<strong>der</strong><strong>der</strong> »Bethlehem-Stern« (e<strong>in</strong>e Gestirnkonstellation)noch die Schätzung <strong>des</strong> Quir<strong>in</strong>ius (6-7 n.Chr.) ist se<strong>in</strong>em Geburtsjahr zuzuordnen.Erstes Auftreten: im 15. Jahr <strong>des</strong> Kaisers Tiberius(27/28 o<strong>der</strong> 28/29 n. Chr.) bei se<strong>in</strong>er Taufe imJordan durch Johannes den Täufer.Öffentliches Wirken: im Gebiet zwischen Kafarnaumam See Genesaret und Jerusalem – vielleichtnur wenige Monate, bestenfalls dreiJahre; während dieser Zeit sammelte er e<strong>in</strong>enJüngerkreis (die »Zwölf«) um sich.To<strong>des</strong>jahr: H<strong>in</strong>gerichtet wohl um das Jahr 30 unterPontius Pilatus (26-30) im Alter von 34 Jahren;se<strong>in</strong> To<strong>des</strong>tag (15. o<strong>der</strong> 14. Nisan) ist nicht e<strong>in</strong>deutigzu datieren.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 2 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Jesus – die zentrale Leitfigur(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 59-61)Jesus hat sich die Sache <strong>des</strong> Gottes Israels zueigen gemacht, bestimmt von <strong>der</strong> typisch apokalyptischenErwartung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Endzeit zu leben,wo Gott selbst sehr bald auf den Plan treten undse<strong>in</strong>en Willen durchsetzen, se<strong>in</strong>e␣ Herrschaft aufrichten,se<strong>in</strong> Reich verwirklichen wird. DiesesReich, diese Herrschaft, diesen Willen Gottes wollteJesus vorweg ankündigen, und zwar mit Blickauf das Heil <strong>des</strong> Menschen. Dieses alle<strong>in</strong> macht erzum Maßstab. Nicht e<strong>in</strong>fach das erneute E<strong>in</strong>haltenvon Gottes Geboten for<strong>der</strong>t er <strong>des</strong>halb, son<strong>der</strong>ne<strong>in</strong>e Liebe, die im E<strong>in</strong>zelfall bis zum selbstlosenDienst ohne Rangordnung geht, bis zum Verzichtauch ohne Gegenleistung, bis zum Vergeben ohneGrenzen. E<strong>in</strong>e Liebe, die selbst den Gegner, denFe<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>schließt: Gottesliebe und Nächstenliebenach dem Maß <strong>der</strong> Eigenliebe (»wie dich selbst«).Und so solidarisiert Jesus sich denn auchganz praktisch und zum Ärger␣ <strong>der</strong> Frommen mitreligiös An<strong>der</strong>sgläubigen, politisch Kompromittierten,moralischen Versagern, sexuell Ausgenützten,zumal mit Frauen, K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Kranken, ja,mit allen, die an den Rand <strong>der</strong> Gesellschaft gedrängtworden waren. Für sie alle setzte er – nichtnur Verkün<strong>der</strong> <strong>des</strong> Wortes, son<strong>der</strong>n auch Heiler <strong>des</strong>Leibes – se<strong>in</strong>e charismatische Heilungsgabe e<strong>in</strong>,und dies selbst am Sabbat. Gemessen an <strong>der</strong> Liebewaren ihm bestimmte Gesetzesvorschriften, warenihm – wiewohl er sich selber im Pr<strong>in</strong>zip durchausan das Gesetz hielt – bestimmte Speise-, Re<strong>in</strong>igungs-und Sabbatvorschriften zweitrangig;Sabbat und Gebote waren ihm um <strong>der</strong> Menschenwillen da …E<strong>in</strong> Mann <strong>der</strong> prophetischen Provokationzweifellos, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> Wort und Tat kritisch zeigteauch gegenüber dem Tempel und <strong>der</strong> gegen dendort herrschenden Kommerz demonstrierte. E<strong>in</strong>Mensch, <strong>der</strong> die üblichen Schemata sprengte undsich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Front e<strong>in</strong>ordnen ließ: im Konflikt mitdem politisch-religiösen Establishment (ke<strong>in</strong> Priesterund ke<strong>in</strong> Theologe) und doch auch ke<strong>in</strong> politischerRevolutionär (vielmehr e<strong>in</strong> Prediger <strong>der</strong>Gewaltlosigkeit). Ke<strong>in</strong> Vertreter <strong>der</strong> äußeren o<strong>der</strong><strong>in</strong>neren Emigration (ke<strong>in</strong> Asket und ke<strong>in</strong> Qumranmönch)und doch auch ke<strong>in</strong> frommer Gesetzeskasuist(ke<strong>in</strong> Pharisäer voll <strong>der</strong> »Freude am Gebot«).Insofern unterscheidet sich <strong>der</strong> Nazarener nichtnur von den großen Repräsentanten <strong>der</strong> <strong>in</strong>dischmystischenund <strong>der</strong> ch<strong>in</strong>esisch-weisheitlichen Tradition(Buddha und Konfuzius), son<strong>der</strong>n auch vondenen <strong>der</strong> beiden übrigen nahöstlich-semitischenReligionen (Mose und Muhammad).E<strong>in</strong>e große enthusiastisch-prophetische Gestaltganz offenkundig, die ohne beson<strong>der</strong>es Amtund ohne beson<strong>der</strong>en Titel mit ihren Worten undHeilungstaten den Anspruch e<strong>in</strong>es bloßen Rabbio<strong>der</strong> Propheten überstieg, so daß manche <strong>in</strong> ihmden Messias sahen. Zur Rechtfertigung <strong>in</strong> demgroßen Konflikt, <strong>in</strong> den er zunehmend geriet, beriefer sich auf niemand an<strong>der</strong>en als auf Gott selber,den er ungeme<strong>in</strong> vertraut mit »Abba« (»Väterchen«,»lieber Vater«) anzureden pflegte. Und daß er <strong>in</strong>e<strong>in</strong>en Konflikt geriet, war ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>:◗ Zu radikal war se<strong>in</strong>e Kritik an <strong>der</strong> überkommenenReligiosität vieler Frommer.◗ Zu anmaßend erschien se<strong>in</strong>e öffentliche Protestaktiongegen den Tempelbetrieb und <strong>des</strong>Tempels Hüter und Nutznießer.◗ Zu provokatorisch war se<strong>in</strong> auf den Menschenausgerichtetes Verständnis <strong>des</strong> Gesetzes.◗ Zu skandalös war se<strong>in</strong>e Solidarisierung mit demgesetzesunkundigen geme<strong>in</strong>en Volk und se<strong>in</strong>Umgang mit notorischen Gesetzesbrechern.◗ Zu massiv war se<strong>in</strong>e Kritik an den herrschendenKreisen, denen er bei se<strong>in</strong>er zahlreichen Gefolgschaftim Volk nur lästig fiel.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 3 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Jesus im Kontext <strong>des</strong> Judentums(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 60)Jesus im Koord<strong>in</strong>atenkreuz<strong>in</strong>nerjüdischer OptionenEstablishment(Sadduzäer)prophetische ProvokationEmigration(Qumran-Leute)gegen Asketismuske<strong>in</strong> Mönchke<strong>in</strong> PriesterGottes-LiebeNächsten-ke<strong>in</strong> Revolutionärke<strong>in</strong> Rabbigegen GesetzlichkeitKompromiß(Pharisäer)gegen GewaltRevolution(Zeloten)Gottes Wille = Wohl <strong>des</strong> Menschen = LiebeCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 4 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Jesus im Kontext <strong>der</strong> Weltreligionen(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 61)Jesus im Koord<strong>in</strong>atenkreuz<strong>der</strong> WeltreligionenMosePrototyp <strong>des</strong> Prophetensittliche Weltbemächtigung(Tora)BuddhaPrototyp <strong>des</strong> Erleuchtetenmönchische Weltentsagung(Meditation)ke<strong>in</strong> Mystikerund Mönchke<strong>in</strong> Gesetzgeberund VolksführerJesusChristuske<strong>in</strong> Heerführerund Staatsmannke<strong>in</strong> Gelehrterund TugendlehrerKonfuziusPrototyp <strong>des</strong> Weisenmoralische Weltordnung(Harmonie)Muhammad»Siegel« <strong>der</strong> Prophetenreligiöse Welteroberung(Theokratie)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 5 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Die »Zehn Gebote« und Jesu Bergpredigt(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 82)Dekalog und Bergpredigt»Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Herr, de<strong>in</strong> Gott. Du sollstke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>en Götter neben mir haben.Du sollst Dir ke<strong>in</strong> Gottesbild machen.Du sollst den Namen <strong>des</strong> Herrn, de<strong>in</strong>esGottes, nicht mißbrauchen.Gedenke <strong>des</strong> Sabbattages, daß Du ihnheilig haltest.Ehre de<strong>in</strong>en Vater und de<strong>in</strong>e Mutter.Du sollst nicht töten.Du sollst nicht ehebrechen.Du sollst nicht stehlen.Du sollst nicht falsches Zeugnis redenwi<strong>der</strong> de<strong>in</strong>en Nächsten.Du sollst nicht begehren nach demHause de<strong>in</strong>es Nächsten.Du sollst nicht begehren nach demWeibe de<strong>in</strong>es Nächsten, nach se<strong>in</strong>emSklaven o<strong>der</strong> Sklav<strong>in</strong>, nach se<strong>in</strong>emR<strong>in</strong>de o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em Esel, nach irgendetwas,was De<strong>in</strong> Nächster hat.«(Ex 20,1-21)»Niemand kann zwei Herren dienen …Ihr könnt nicht Gott dienen und demMammon.« (Mt 6,24)»Ich aber sage Euch, schwört überhauptnicht, we<strong>der</strong> beim Himmel …noch bei <strong>der</strong> Erde … noch bei Jerusalem.«(Mt 5,34f)»Wer ist unter Euch, <strong>der</strong> se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigesSchaf, wenn es am Sabbat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Grubefällt, nicht ergreift und herauszieht?Wieviel mehr ist nun e<strong>in</strong> Mensch wertals e<strong>in</strong> Schaf? Deshalb ist es erlaubt,am Sabbat Gutes zu tun.« (Mt 12,11f)»Wer Vater o<strong>der</strong> Mutter mehr liebt alsmich, ist me<strong>in</strong>er nicht wert.« (Mt 10,37)»Ich aber sage Euch, daß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong>se<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong> zürnt, <strong>des</strong> Gerichtsschuldig ist.« (Mt 5,22)»Ich aber sage Euch, daß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong>e<strong>in</strong>e Frau anblickt, sie zu begehren,schon mit ihr <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Herzen die Ehegebrochen hat.« (Mt 5,28)»Wenn Dich jemand auf De<strong>in</strong>e rechteBacke schlägt, dann halte ihm auch diean<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>.« (Mt 5,39)»Eure Rede sei ja, ja, ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>, wasdarüber ist, ist vom Bösen.« (Mt 5,37)»Alles nun, was ihr wollt, das auch dieLeute tun sollen, das tut ihnen auch.Dar<strong>in</strong> besteht das Gesetz und die Propheten.«(Mt 7,12)»Ich aber sage Euch, daß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong>se<strong>in</strong>e Frau entläßt, außer wegen Ehebruch,macht, daß sie die Ehe bricht.«(Mt 5,32)Übersetzung: Zürcher BibelCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 6 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Der Skandal <strong>des</strong> Kreuzes (1)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 61-65)Schon an diesem e<strong>in</strong>en Punkt wird überdeutlich,daß das populäre Urteil, alle Religionen und ihre»Stifter« seien gleich, e<strong>in</strong> unhaltbares Vorurteil ist.Wer auch nur ihren Tod vergleicht, kann die Unterschiedenicht übersehen: Mose, Buddha, Kung-futsestarben alle <strong>in</strong> hohem Alter, nach reichem Erfolg,<strong>in</strong>mitten ihrer Schüler und Anhänger, »lebenssatt«wie die Erzväter Israels, Muhammad gar nache<strong>in</strong>em gut genossenen Leben <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Harem <strong>in</strong>den Armen se<strong>in</strong>er Liebl<strong>in</strong>gsfrau. Und Jesus vonNazaret? Er starb als junger Mann nach e<strong>in</strong>emerstaunlich kurzen Wirken von bestenfalls dreiJahren o<strong>der</strong> vielleicht nur wenigen Monaten: verratenund verleugnet von se<strong>in</strong>en Schülern und Anhängern,verspottet und verhöhnt von se<strong>in</strong>en Gegnern,verlassen von Gott und den Menschen imscheußlichsten und h<strong>in</strong>tergründigsten Ritus <strong>des</strong>Sterbens, <strong>der</strong> nach römischer Rechtsprechung Verbrechernmit römischem Bürgerrecht unzumutbarund nur entlaufenen Sklaven und politischenRebellen zumutbar war: am Kreuzesgalgen.Begreiflich, daß noch lange nach Abschaffungdieser Strafe durch Kaiser Konstant<strong>in</strong> bis <strong>in</strong>sfünfte Jahrhun<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> Christen sich scheuten,den leidenden Jesus am Kreuz bildlich darzustellen.In größerem Umfang ist dies erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> mittelalterlichenGotik – und dann lei<strong>der</strong> allzuviel –Sitte geworden. Und begreiflich erst recht, daßwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Jude noch e<strong>in</strong> Grieche o<strong>der</strong> Römer aufdie Idee hat kommen können, mit diesem Galgen<strong>der</strong> Verfemten e<strong>in</strong>en positiven, gar religiösen S<strong>in</strong>nzu verb<strong>in</strong>den. Das Kreuz Jesu mußte e<strong>in</strong>em gebildetenGriechen als barbarische Torheit, e<strong>in</strong>emrömischen Bürger als Schande schlechth<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>emgläubigen Juden aber als Gottesfluch vorkommen.Warum also den Christen als Heilszeichen?Wir haben es schlicht zu konstatieren: Sowie das Kreuz e<strong>in</strong>e harte, grausame und unleug-bare historische Tatsache ist, so ist es e<strong>in</strong> ebensowenigzu leugnen<strong>des</strong> Faktum, daß schon die ersteChristengeneration das Kreuz Jesu <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em völligan<strong>der</strong>en Licht sah. Warum? Kurz gesagt: Weil sieaufgrund bestimmter charismatischer Erfahrungen(»Ersche<strong>in</strong>ungen«, Visionen, Auditionen) und zugleichbiblischer Deutungsmuster zur Überzeugunggekommen war, daß <strong>der</strong> Gekreuzigte nicht im Todgeblieben war, son<strong>der</strong>n von Gott zum ewigenLeben erweckt, <strong>in</strong> Gottes Herrlichkeit erhöht wordenwar. Wie immer im E<strong>in</strong>zelnen zu verstehen:Jedenfalls nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Nichts, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> die wirklichsteWirklichkeit, <strong>in</strong> Gott selbst h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, war erh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestorben.Bald begann man die messianisch verstandenenLie<strong>der</strong> <strong>des</strong> Psalter zu Ehren <strong>des</strong> vom TodErweckten zu s<strong>in</strong>gen, beson<strong>der</strong>s die Thronbesteigungspsalmen.Die Erhöhung zu Gott konnte mansich als Jude damals leicht <strong>in</strong> Analogie zur Thronbesteigungeben <strong>des</strong> israelitischen Königs denken.Wie dieser – wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> Anlehnung an altorientalischeKönigsideologie – im Moment se<strong>in</strong>erThronbesteigung zum »Sohn Gottes« e<strong>in</strong>gesetztwurde, so jetzt auch <strong>der</strong> Gekreuzigte durch se<strong>in</strong>eAuferweckung und Erhöhung.Beson<strong>der</strong>s dürfte es Psalm 110, <strong>in</strong> welchemKönig David se<strong>in</strong>en zukünftigen »Sohn«, <strong>der</strong> zugleichse<strong>in</strong> »Herr« war, besang, gewesen se<strong>in</strong>, <strong>der</strong>immer wie<strong>der</strong> gesungen und zitiert wurde: »Essprach <strong>der</strong> Herr zu me<strong>in</strong>em Herrn: Setze dich zume<strong>in</strong>er Rechten!« Denn dieser Vers beantworteteden jüdischen Anhängern Jesu die brennende Fragenach dem »Ort« und <strong>der</strong> Funktion <strong>des</strong> Auferweckten(Mart<strong>in</strong> Hengel): Wo ist␣ <strong>der</strong> Auferstandenejetzt? Man konnte antworten: Beim Vater,»zur Rechten <strong>des</strong> Vaters«: nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wesensgeme<strong>in</strong>schaft,wohl aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er »Throngeme<strong>in</strong>schaft«mit dem Vater, so daß Gottesreich undCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 7 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Der Skandal <strong>des</strong> Kreuzes (2)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 61-65)Messiasreich faktisch identisch werden: »Die E<strong>in</strong>setzung<strong>des</strong> gekreuzigten Messias Jesus als <strong>des</strong>›Sohnes‹ beim Vater ›durch die Auferweckung vonden Toten‹ gehört so doch wohl zur ältesten, allenVerkündigern geme<strong>in</strong>samen Botschaft, mit <strong>der</strong> die›Messiasboten‹ ihr eigenes Volk zur Umkehr undzum Glauben an den gekreuzigten und von Gottauferweckten und zu se<strong>in</strong>er Rechten erhöhten›Messias Israels‹ aufriefen.«Was so für jeden Menschen damals unvorstellbarwar, vollbr<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Glaube an den dochdurch und bei Gott lebendigen Gekreuzigten: daßdieser schmählich H<strong>in</strong>gerichtete als <strong>der</strong> von Gottmächtig Bestätigte ersche<strong>in</strong>t und so dieses Zeichen<strong>der</strong> Schmach als e<strong>in</strong> Zeichen <strong>des</strong> Sieges! Ja,daß dieser ehrenlose Tod von Sklaven und Rebellenschließlich als Heilstod <strong>der</strong> Erlösung und Befreiungverstanden werden kann! Das Kreuz Jesu, diesesblutige Siegel auf e<strong>in</strong> entsprechend gelebtesLeben, wird so e<strong>in</strong> Aufruf zum Verzicht auf e<strong>in</strong>egoistisch geprägtes Leben, e<strong>in</strong> Aufruf zu e<strong>in</strong>emunpretenziösen Leben für an<strong>der</strong>e.Das war nicht mehr und nicht weniger alse<strong>in</strong>e Umwertung aller Werte – dies hat Nietzsche<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Invektiven gegen das Christliche richtigerspürt. Geme<strong>in</strong>t aber war damit nicht e<strong>in</strong> Weg <strong>der</strong>Verkrampfung und <strong>der</strong> schwächlichen Selbsterniedrigung,wie <strong>der</strong> Pfarrerssohn Nietzsche dies offenbarschon als K<strong>in</strong>d vermittelt bekommen hatte:e<strong>in</strong> »Zu-Kreuze-Kriechen«. Geme<strong>in</strong>t ist damit vielmehrdas tapfere Leben im Alltag ohne Angst,auch angesichts tödlicher Risiken: durch den nune<strong>in</strong>mal unvermeidbaren Kampf, auch alles Leid, jaselbst den Tod h<strong>in</strong>durch. Alles <strong>in</strong> unerschütterlichemVertrauen (»Glauben«) und <strong>in</strong> Hoffen auf dasZiel <strong>der</strong> wahren Freiheit, Liebe, Menschlichkeit,schließlich <strong>des</strong> ewigen Lebens. Aus dem Ärgernis,dem Skandalon, schlechth<strong>in</strong> war e<strong>in</strong>e erstaunlicheHeilserfahrung, aus dem Kreuzweg e<strong>in</strong> möglicherLebensweg geworden für den, <strong>der</strong> sich darauf e<strong>in</strong>läßt:auf das Christse<strong>in</strong>.Selbstverständlich ist die junge Christengeme<strong>in</strong>demit dem ungeheuren Anstoß e<strong>in</strong>es gekreuzigtenMessias – Jesu Legitimation war ja die geistigeÜberlebensfrage <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de! –␣ nicht aufe<strong>in</strong>en Schlag fertiggeworden. Die Verlegenheit <strong>der</strong>Jünger Jesu war durch die Ostererfahrung nichte<strong>in</strong>fach beseitigt. Die verschiedenen neutestamentlichenSchriften s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen Schichten von<strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Kreuz durchzogen,und nicht umsonst ist die älteste zusammenhängendeJesus-<strong>Geschichte</strong> die <strong>Geschichte</strong>se<strong>in</strong>es Leidens. Erst mit <strong>der</strong> Zeit erkannte man dasKreuz geradezu als Summe <strong>des</strong> christlichen Glaubensund Lebens. Denn sowohl die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungenim Inneren <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>den wie dieRechtfertigung nach außen erzwangen e<strong>in</strong>e vertiefteReflexion, die bald deutlich machte, wie sehram Kreuz Christengeme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>erseits sowieJuden-, Griechen- und Römertum an<strong>der</strong>erseits, ja,Glaube und Unglaube sich scheiden.An die Stelle <strong>der</strong> anfänglichen Trostlosigkeitund Sprachlosigkeit war im Licht <strong>der</strong> Ostererfahrungzunächst e<strong>in</strong>fach die schlichte Überzeugunggetreten, daß sich alles, was mit Jesus geschah,doch nach Gottes Ratschluß abgespielt habenmuß, daß Jesus nach Gottes Willen diesen se<strong>in</strong>enWeg gehen »mußte«. Da gab es Vorbil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong>Hebräischen Bibel:◗ <strong>der</strong> von Gott beauftragte, aber von den Menschenverfolgte Prophet;◗ <strong>der</strong> für die Sünden vieler unschuldig und stellvertretendleidende Knecht; – das die Sünden<strong>der</strong> Menschheit zeichenhaft h<strong>in</strong>wegnehmendeOpfertier. Alle diese Vorstellungen halfen mit,dem grausamen, s<strong>in</strong>nlosen KreuzesgeschehenCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 8 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Der Skandal <strong>des</strong> Kreuzes (3)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 61-65)langsam e<strong>in</strong>e Bedeutung zu geben. Sie wolltennicht die archaische Idee von e<strong>in</strong>em nur durche<strong>in</strong> Menschenopfer zu befriedigenden blutrünstig-sadistischenGott o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> mythisch-rituellesGeschehen von e<strong>in</strong>em zerstückelten undwie<strong>der</strong> zum Leben erweckten Gott (Dionysos)propagieren. Son<strong>der</strong>n deutlich werden sollte:Was mit Jesus geschehen war, war nicht e<strong>in</strong>fachwillkürlich o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>nlos. Es geschah alles »gemäß<strong>der</strong> Schrift«: so sagte man, womit man amAnfang die Hebräische Bibel als ganze me<strong>in</strong>te,die ja doch, wenn Jesus <strong>der</strong> Messias war, überallauf ihn h<strong>in</strong>deuten mußte.Um dies zu entdecken, war freilich e<strong>in</strong>e eigeneExegese notwendig, die überall im »Alten Testament«den »Typos« <strong>des</strong> neuen fand. War nicht etwa<strong>der</strong> beim Propheten Jesaja (vgl. Jes 53) im Gottesknecht-Liedgeschil<strong>der</strong>te o<strong>der</strong> gar gekreuzigte Gerechtee<strong>in</strong>e solch klare Vorausdeutung auf Christus?Und konnte die Hebräische Bibel so nichtimmer mehr vom Kreuz her verstanden und umgekehrtdas Kreuz immer mehr von <strong>der</strong> HebräischenBibel her <strong>in</strong>terpretiert werden, so daß sich klarerund klarer herausstellte: Auch <strong>in</strong> Jesus und gerade<strong>in</strong> ihm hat tatsächlich Gott, <strong>der</strong> Gott Israels, selbstgehandelt? Im großen Stil f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e solcheentwickelte »Theologie <strong>des</strong> Kreuzes« e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong>Erzählform im ältesten <strong>der</strong> vier Evangelien, beiMarkus, an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong> grundsätzlicher Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<strong>in</strong> den Briefen <strong>des</strong> Apostels Paulus. DasWort vom Kreuz wurde zur großen christlichenAntwort auf die uralte Frage nach <strong>der</strong> Unbegreiflichkeit<strong>des</strong> Leidens und vor allem <strong>des</strong> unschuldigenLeidens.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 9 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Das geme<strong>in</strong>same Grundethos vonJuden, Christen und Muslimen(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 56)Das geme<strong>in</strong>same GrundethosDer jüdisch-christliche Dekalog(Ex 20,1-21)Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Herr, de<strong>in</strong> Gott.Du sollst ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>n Götter nebenmir haben.Du sollst Dir ke<strong>in</strong> Gottesbild machen.Du sollst den Namen <strong>des</strong>Herrn, de<strong>in</strong>es Gottes, nicht mißbrauchen.Gedenke <strong>des</strong> Sabbattages, daß duihn heilig haltest.Ehre de<strong>in</strong>en Vater und de<strong>in</strong>e Mutter.Du sollst nicht töten.Du sollst nicht ehebrechen.Du sollst nicht stehlen.Du sollst nicht falsches Zeugnisreden wi<strong>der</strong> de<strong>in</strong>en Nächsten.Du sollst nicht begehren nach demHause de<strong>in</strong>es Nächsten.Du sollst nicht begehren nach demWeibe de<strong>in</strong>es Nächsten, nach se<strong>in</strong>emSklaven o<strong>der</strong> Sklav<strong>in</strong>, nach se<strong>in</strong>emR<strong>in</strong>de o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em Esel, nachirgendetwas, was de<strong>in</strong> Nächsterhat.Der islamische Pflichtenkodex(Sure 17,22-38)Im Namen <strong>des</strong> barmherzigen undgnädigen Gottes.Setz nicht (dem e<strong>in</strong>en) Gott e<strong>in</strong>enan<strong>der</strong>en Gott zur Seite.Und de<strong>in</strong> Herr hat bestimmt, daß ihrihm alle<strong>in</strong> dienen sollt.Und zu den Eltern (sollst du) gutse<strong>in</strong>. Und gib dem Verwandten,was ihm zusteht, ebenso demArmen und dem, <strong>der</strong> unterwegs ist.Und tötet nicht eure K<strong>in</strong><strong>der</strong> ausFurcht vor Verarmung! ... Und tötetniemand, den (zu töten) Gott verbotenhat.Und laßt euch nicht auf Unzuchte<strong>in</strong>!Und tastet das Vermögen <strong>der</strong> Waisenicht an.Und erfüllt die Verpflichtung (die ihre<strong>in</strong>geht).Und gebt, wenn ihr zumeßt, vollesMaß und wägt mit <strong>der</strong> richtigenWaage! Und geh nicht e<strong>in</strong>er Sachenach, von <strong>der</strong> du ke<strong>in</strong> Wissen hast!Und schreite nicht ausgelassen auf<strong>der</strong> Erde e<strong>in</strong>her!(Übersetzung Zürcher Bibel)(Übersetzung von Rudi Paret)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 10 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Erste christliche Glaubensbekenntnisse(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 75)Erste christlicheGlaubensbekenntnissee<strong>in</strong>gliedrig:»Jesus ist <strong>der</strong> Herr.«(1 Kor 12,3; vgl. Röm 10,9)zweigliedrig:»Für uns gibt es nur e<strong>in</strong>en Gott, den Vater,von dem alle D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d und wir auf ihn h<strong>in</strong>,und nur e<strong>in</strong>en Herrn Jesus Christus,durch den alle D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d und wir durch ihn.«(1 Kor 8,6)dreigliedrig:»Die Gnade Jesu Christi, <strong>des</strong> Herrn,die Liebe Gottesund die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>des</strong> Heiligen Geistes.«(2 Kor 13,13)»Tauft sie auf den Namen <strong>des</strong> Vatersund <strong>des</strong> Sohnesund <strong>des</strong> Heiligen Geistes.«(Mt 28,19)ausführlicher:»Was ich empfangen habe:daß Christus für unsere Sünden gestorben istgemäß <strong>der</strong> Schrift;und daß er begraben worden istund daß er am dritten Tage auferweckt worden istgemäß <strong>der</strong> Schrift.«(1 Kor 15,3f)»Das Evangelium Gottes … von se<strong>in</strong>em Sohn,<strong>der</strong> geboren ist aus dem Geschlecht David nach dem Fleisch,und nach dem Geist, <strong>der</strong> heiligt,e<strong>in</strong>gesetzt als Sohn Gottes <strong>in</strong> Machtaufgrund <strong>der</strong> Auferstehung von den Toten,Jesus Christus, unserem Herrn.«(Röm 1,3f)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 11 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Das Neue TestamentJesus selber hatte ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges schriftliches Worth<strong>in</strong>terlassen und auch nichts für die treue weitergabese<strong>in</strong>er Worte getan. Die Jünger und die ersteGeme<strong>in</strong>de gaben Jesu Worte und Taten zunächstmündlich weiter, wobei je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e eigenen Akzentesetze, auswählte, <strong>in</strong>terpretierte und erweiterte.Mit <strong>der</strong> Zeit wurden sie auch schriftlich fixiert.Die Evangelisten sammelten schriftliche undmündliche Überlieferungen, ordneten sie nacheigenen Vorstellungen, erweiterten sie und paßtensie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> an.Apostelgeschichte, Paulusbriefe und diean<strong>der</strong>en Schriften berichten weniger über JesuLeben, son<strong>der</strong>n nehmen zu aktuellen pastoralenund theologische Fragen Stellung.Die EvangelienMarkus, Matthäus und Lukas: stimmen <strong>in</strong> Aufbau,Auswahl <strong>des</strong> Stoffes, oft auch im Wortlaut übere<strong>in</strong>und bilden so e<strong>in</strong>e »Zusammenschau« (Synopse)über Jesu Botschaft, Geschick und Bedeutung.Matthäus und Lukas benutzen das Markus-Ev., e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> mehrere (?) eigenständige Sammlungenvon Jesus-Worten (Logien-Quelle) und eigenesTraditionsgut.Markus: Um 70 entstanden, Verfasser unbekannt.Lukas: 70-90 entstanden, Verfasser unbekannt.Matthäus: 80-100 entstanden, Verfasser unbekannt.Johannes: um 100 entstanden im Umfeld e<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>de, die bereits e<strong>in</strong>e hohe Theologie hatte(Jesus als <strong>der</strong> vor aller Zeit existierende Logos) undvon den Juden ausgeschlossen worden war (<strong>des</strong>halbzum Teil deutlich anti-jüdisch).Die Apostelgeschichte»Fortsetzung« <strong>des</strong> Lukas-Evangeliums, gehört mitihm als 2. Teil e<strong>in</strong>es geschichtlichen Gesamtwerkeszusammen. Der Verfasser greift <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte <strong>der</strong>Apg. auf vorliegende Reisebrichte u.ä. <strong>des</strong> Pauluszurück, hat aber Paulus auf diesen Reisen nichtbegleitet. Verfaßt 80-100.Paulus-BriefeBriefe <strong>des</strong> Apostels Paulus während se<strong>in</strong>er Missionsreisenan Geme<strong>in</strong>den (1+2 Tessalonicher, 1+2Kor<strong>in</strong>ther, Galater, Römer, Philipper, Kolosser, Epheser),an Philemon und an se<strong>in</strong>e Mitarbeiter Timoteusund Titus (Pastoralbriefe); verfaßt wohl zwischen34 und 56.Hebräerbrief und »katholische«BriefeDer Hebräerbrief ist Paulus zugeschrieben, stammtaber von e<strong>in</strong>em unbekannten Verfasser, ca. 80-90.Die 7 »katholischen« Briefe tragen ihren Verfasser(nicht wie die an<strong>der</strong>en Briefe den Adressaten)im Titel; »katholisch« ist die griechische Bezeichnungfür die »Allgeme<strong>in</strong>heit« als Adressaten<strong>der</strong> Briefe. Verfaßt 90-110.Offenbarung <strong>des</strong> JohannesVisionäre Schau <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>, <strong>in</strong> <strong>der</strong> vom Autore<strong>in</strong> gewaltiges Drama geschil<strong>der</strong>t wird: <strong>der</strong> endzeitlicheEntscheidungskampf (Apokalypse) zwischenchristlicher Geme<strong>in</strong>de und heidnischemStaat, <strong>der</strong> Krieg Gottes mit dem Satan, aus demschließlich Christus als Sieger und Zielpunkt <strong>der</strong>Heilsgeschichte hervorgeht. Verfaßt zwischen 90und 95 von e<strong>in</strong>em unbekannten ProphetenNamens Johannes.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 12 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Akzentverschiebungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Christus-Verkündigung(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 208)Akzentverschiebungen<strong>in</strong> <strong>der</strong> Christus-VerkündigungVaterGeistNaherwartungΩPaulusVaterGeistTaufeNaherwartungΩMarkusVaterGeistJungfrauengeburtΑVater /LogosTaufePf<strong>in</strong>gsten(Apg)Zeit <strong>der</strong> KircheMattäusΩLukasΑInkarnationVaterTaufeGeistJohannesΩSohnGeistInkarnation(Gottmensch)TaufeOrigenesΩCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 13 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲ ▲ ▲▲ ▲ ▲© 1999 – Hans Küng / Stephan SchlensogCD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 14 von 27Die Jesus-BewegungAnJesus ChristusglaubtenJuden(="Juden-Christen")Urchristlich-apokalyptischesParadigma (P I):aramäisch sprechend, aus Paläst<strong>in</strong>a stammend:"Hebräer" mit den "Zwölfen"; tempeltreu und gesetzestreugriechisch sprechend, aus <strong>der</strong> Diaspora stammend:"Hellenisten" mit den "Sieben"; tempelkritisch und gesetzeskritischSaulus / PaulusApostel <strong>der</strong> HeidenNichtjuden(="Heiden-Christen"): griechisch / late<strong>in</strong>isch sprechend; gesetzesfreiWeltreligion:Altkirchlich-hellenistischesParadigma (P II)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 101)Die Jesus-Bewegung▲


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Der Apostel Paulus – biografische Daten(aus: H. Küng, Große christliche Denker, S. 14)35 Bekehrung <strong>des</strong> Paulus.35-38 Missionstätigkeit <strong>in</strong> Arabien (Gal 1,17f).38 Besuch bei Petrus <strong>in</strong> Jerusalem (Gal 1,18).38-48 Tätigkeit <strong>in</strong> Cilicien und Syrien (Gal 1,21).48 Apostelkonzil <strong>in</strong> Jerusalem (Gal 2,1ff; Apg15).48-49 Zwischenfall <strong>in</strong> Antiochien (Gal 2,11ff).49 Mission <strong>in</strong> Galatien (gegen Apg 16,6).50 Mission <strong>in</strong> Philippi, Thessalonich und Beröa(Apg 16,11-17,14).50 Herbst: über Athen nach Kor<strong>in</strong>th (Apg17,15; 18,1); Abfassung <strong>des</strong> 1. Thessalonicherbriefes.50 Herbst bis 52 Frühjahr: Mission <strong>in</strong> Kor<strong>in</strong>th(Apg 18,11).52 Sommer: Reise nach Antiochien, danndurch Kle<strong>in</strong>asien nach Ephesus; dabei zweiterBesuch <strong>in</strong> Galatien (Apg 18,18-23; vgl.Gal 4,13).52 Herbst bis Frühjahr 55: Mission <strong>in</strong> Ephesus(Apg 19,1ff. 8-10.22); Abfassung <strong>des</strong> Galaterbriefes,<strong>des</strong> 1. Kor<strong>in</strong>therbriefes und vonTeilen <strong>des</strong> 2. Kor<strong>in</strong>therbriefes.54 Zwischenbesuch <strong>in</strong> Kor<strong>in</strong>th (vorausgesetzt<strong>in</strong> 2 Kor 13,1 etc.).54-55 W<strong>in</strong>ter: Ephes<strong>in</strong>ische Gefangenschaft;Abfassung <strong>der</strong> Korrespondenz mit Philippiund <strong>des</strong> Philemonbriefes.55 Sommer: Reise durch Makedonien nachKor<strong>in</strong>th.55-56 W<strong>in</strong>ter: Aufenthalt <strong>in</strong> Kor<strong>in</strong>th; Abfassung<strong>des</strong> Römerbriefes.56 Reise nach Jerusalem (Apg 20); Vorbereitungenzur Übergabe <strong>der</strong> Kollekte (Apg21,15ff); Gefangennahme <strong>des</strong> Paulus.56-58 Gefangenschaft <strong>in</strong> Cäsarea.58 Amtswechsel Felix – Festus; Entsendung<strong>des</strong> Paulus nach Rom.58-60 Römische Gefangenschaft (Apg 28,30).60 Martyrium <strong>des</strong> Paulus.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 15 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Apostolische Geme<strong>in</strong>deordnung (Urgeme<strong>in</strong>de)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 153)Apostolische Geme<strong>in</strong>deordnungJudenchristliche Urgeme<strong>in</strong>de von Jerusalem um 48Geme<strong>in</strong>de(»Brü<strong>der</strong> und Schwestern«)Presbyter = ÄltestePropheten, Evangelisten, HelferDie Zwölf(Petrus)aramäischDiegriechisch/ApostelsprechendSieben(Jakobus)sprechend»Bei ihrer Ankunft <strong>in</strong> Jerusalem wurden sie (Paulus und Barnabas)von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und von den Aposteln und den Ältesten empfangen.«(Apg 15,4)»Ich (Paulus) g<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>auf (nach Jerusalem) aufgrund e<strong>in</strong>er Offenbarung,legte <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und im beson<strong>der</strong>en den ›Angesehenen‹das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige …«(Gal 2,2)»Und sie erkannten die Gnade, die mir verliehen ist. Deshalbgaben Jakobus, Kephas, und Johannes, die als ›Säulen‹ Ansehengenießen, mir und Barnabas die Hand zum Zeichen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft…« (Gal 2,9)»In diesen Tagen kamen Propheten von Jerusalem herab nachAntiochien.« (Apg 11,27)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 16 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Charismatische Geme<strong>in</strong>deordnung (Paulus)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 155)Charismatische Geme<strong>in</strong>deordnungHeidenchristliche Geme<strong>in</strong>de von Kor<strong>in</strong>thnach Paulus um 55Die Charismenaller GlaubendenLehrerProphetenApostelHilfeleistungenErstbekehrte, Vorsteher, Episkopen, Diakone …undLeitungsgaben»Ihr seid ja <strong>in</strong> ihm (Christus) reich geworden <strong>in</strong> allem …, so daß ihrnicht zurücksteht <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em Charisma …« (1 Kor 1,5. 7)»Jedem aber wird die Offenbarung <strong>des</strong> Geistes zum Nutzen gegeben.«(1 Kor 12,7)»Und Gott hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>gesetzt erstens Apostel, zweitensPropheten, drittens Lehrer …« (1 Kor 12,28)»Gott aber vermag jede Gnade im Überfluß über euch zu br<strong>in</strong>gen,damit ihr <strong>in</strong> allem allezeit alles zur Genüge habt …« (2 Kor 9,8)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 17 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Drei-Ämter-Ordnung(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 162)Drei-Ämter-OrdnungHeidenchristliche Geme<strong>in</strong>de von Antiochiennach Ignatios um 110VolkDiakonePresbyteriumEpiskopmonarchischerEpiskopat»Folgt alle dem Bischof wie Jesus Christus dem Vater, und demPresbyterium wie den Aposteln; die Diakone aber achtet wie GottesGebot! Ke<strong>in</strong>er soll ohne Bischof etwas, was die Kirche betrifft, tun.Jene Eucharistiefeier gelte als zuverlässig, die unter dem Bischofo<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em von ihm Beauftragten stattf<strong>in</strong>det. Wo <strong>der</strong> Bischof ersche<strong>in</strong>t,dort soll die Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>, wie da, wo Christus Jesus ist,die katholische Kirche ist. Ohne Bischof darf man we<strong>der</strong> taufen,noch das Liebesmahl halten; was aber jener für gut f<strong>in</strong>det, das istauch Gott wohlgefällig, auf das alles, was ihr tut, sicher und zuverlässigsei … Gut ist es, Gott und den Bischof anzuerkennen. Werden Bischof ehrt, steht <strong>in</strong> Ehren bei Gott; wer h<strong>in</strong>ter dem Rücken<strong>des</strong> Bischofs etwas tut, dient dem Teufel.« (Smyrn 8,1f. 9,1)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 18 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Das Credo <strong>der</strong> Konzilien(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 231)Wir glauben an den e<strong>in</strong>en Gott,den Vater, den Allmächtigen,<strong>der</strong> alles geschaffen hat, Himmel und Erde,die sichtbare und die unsichtbare Welt.Und an den e<strong>in</strong>en Herrn Jesus Christus,Gottes e<strong>in</strong>geborenen Sohn,aus dem Vater geboren vor aller Zeit:Gott von Gott, Licht vom Licht,wahrer Gott vom wahren Gott,gezeugt, nicht geschaffen,e<strong>in</strong>es Wesens mit dem Vater;durch ihn ist alles geschaffen.Für uns Menschen und zu unserm Heil ist er vom Himmel gekommen,hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geistvon <strong>der</strong> Jungfrau Mariaund ist Mensch geworden.Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,hat gelitten und ist begraben worden,ist am dritten Tage auferstanden nach <strong>der</strong> Schriftund aufgefahren <strong>in</strong> den Himmel.Er sitzt zur Rechten <strong>des</strong> Vatersund wird wie<strong>der</strong>kommen <strong>in</strong> Herrlichkeit,zu richten die Lebenden und die Toten;se<strong>in</strong>er Herrschaft wird ke<strong>in</strong> Ende se<strong>in</strong>.Wir glauben an den Heiligen Geist,<strong>der</strong> Herr ist und lebendig macht,<strong>der</strong> aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,<strong>der</strong> mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird,<strong>der</strong> gesprochen hat durch die Propheten,und die e<strong>in</strong>e, heilige, katholische und apostolische Kirche*.Wir bekennen die e<strong>in</strong>e Taufe zur Vergebung <strong>der</strong> Sünden.Wir erwarten die Auferstehung <strong>der</strong> Totenund das Leben <strong>der</strong> kommenden Welt. Amen.* Die reformatorischen Kirchen gebrauchen die Formulierung »christlicheKirche« o<strong>der</strong> »allgeme<strong>in</strong>e christliche Kirche«.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 19 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲August<strong>in</strong>us – biografische Daten(aus: H. Küng, Große christliche Denker, S. 80)354 Geburt August<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Tagaste.371-373 Geht erstmals nach Karthago.Tod se<strong>in</strong>es Vaters Patricius. Beg<strong>in</strong>n <strong>des</strong> Zusammenlebensmit e<strong>in</strong>er Frau. Geburt <strong>des</strong>Sohnes Adeodatus.Lektüre von Ciceros »Hortensius«.383 Reise nach Rom mit Frau und K<strong>in</strong>d.384 Ernennung zum Lehrer <strong>der</strong> Rhetorik <strong>in</strong> Mailand(Herbst).385 Mutter Monnika kommt nach Mailand(Spätfrühl<strong>in</strong>g). Trennung von <strong>der</strong> Frau.386 Bekehrung zum Christentum (Ende August).Geht nach Cassiciacum (September).387 Rückkehr nach Mailand (Anfang März).Taufe. Vision von Ostia. Tod Monnikas.388 Wechsel von Ostia nach Rom.388-390 Rückkehr nach Karthago, dann nachTagaste.391 Umzug nach Hippo, um e<strong>in</strong> Kloster zugründen. Weihe zum Priester.392 Debatte <strong>in</strong> Hippo mit dem Manichäer Fortunatus.394 1. Synode von Karthago.Liest über den Römerbrief <strong>in</strong> Karthago.395 Nachfolger <strong>des</strong> Bischofs Valerius.397-401 »Confessiones«. Debatten mit dem donatistischenBischof Fortunius.399-419 Die Bücher »De Tr<strong>in</strong>itate«.410 Alarich dr<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> Rom e<strong>in</strong>. Römische Flüchtl<strong>in</strong>gekommen nach Afrika. Pelagius auf <strong>der</strong>Durchreise <strong>in</strong> Hippo. Rücknahme <strong>der</strong> Toleranzgegen die Donatisten.411 Letzte große Disputation mit den Donatisten.Zwangsmaßnahmen.413-25 Die Bücher »De civitate Dei«.416 Prov<strong>in</strong>zialkonzil von Mileve: Verurteilung vonPelagius und Coelestius.417 Innozenz I. verurteilt Pelagius und Coelestius.421 18. Synode von Karthago.429 Vandalen aus Spanien nähern sich längs <strong>der</strong>Küste Mauretaniens.430 Verwüstung Numidiens durch Vandalen.Tod August<strong>in</strong>s am 28. August .CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 20 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Zwei Verfassungssysteme(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 443)Zwei VerfassungssystemeAltkirchlichökumenischesParadigma (P II)<strong>Paradigmenwechsel</strong>Mittelalterlichrömisch-kathol.Paradigma (P III)GottGottChristusChristusApostelPetrusApostelBischöfeKirchePapstKurieKirchenrechtBischöfeOrdenKircheCyprian (um 250) Leo d. Gr. (um 450)Die Apostel / Bischöfe s<strong>in</strong>d dasFundament <strong>der</strong> Kirche.Je<strong>der</strong> Bischof ist Nachfolger<strong>der</strong> Apostel (auch <strong>des</strong> ApostelsPetrus).Alle Bischöfe s<strong>in</strong>d grundsätzlichgleich; Bischof von Rom:»primus <strong>in</strong>ter pares«.Petrus / Papst ist das Fundament<strong>der</strong> Kirche.Nur <strong>der</strong> Bischof von Rom istNachfolger <strong>des</strong> Apostels Petrus(und Paulus).Der Bischof von Rom hat denPrimat über die ganze Kirche:»plenitudo potestatis«.Kerullarios (11. Jh.)SchismaHumbert +Gregor VII. (11. Jh.)CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 21 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Der »Dictatus Papae« Gregors VII. (1075)(aus: H. Küng, Das Christentum, S. 446f)1. Die römische Kirche ist alle<strong>in</strong> vom Herrngegründet worden.2. Alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> römische Pontifex wird rechtmäßiguniversaler Bischof genannt.3. Er alle<strong>in</strong> kann Bischöfe absetzen o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>aufnehmen.4. Se<strong>in</strong> Legat hat allen Bischöfen gegenüber aufdem Konzil den Vorsitz, auch wenn er ger<strong>in</strong>gerenRanges ist, und kann über sie das Urteil<strong>der</strong> Absetzung fällen.5. Auch Abwesende kann <strong>der</strong> Papst absetzen.6. Mit den von ihm Exkommunizierten dürfenwir unter an<strong>der</strong>em nicht e<strong>in</strong>mal im selbenHaus bleiben.7. Ihm alle<strong>in</strong> ist es gestattet, wenn die Zeit eserfor<strong>der</strong>t, neue Gesetze zu erlassen, neueBistümer zu errichten, Kanonikerkapitel <strong>in</strong>Mönchsklöster zu verwandeln und umgekehrt,reiche Bistümer aufzuteilen und arme zusammenzulegen.8. Er alle<strong>in</strong> darf kaiserliche Insignien gebrauchen.9. Alle<strong>in</strong> <strong>des</strong> Papstes Füße haben alle Fürsten zuküssen.10. Se<strong>in</strong> Name alle<strong>in</strong> darf <strong>in</strong> den Kirchen feierlichgenannt werden.11. E<strong>in</strong>zigartig ist dieser Name <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt.12. Ihm ist erlaubt, Kaiser abzusetzen.13. Ihm ist erlaubt, Bischöfe von e<strong>in</strong>em Sitz zuman<strong>der</strong>en zu versetzen, falls dr<strong>in</strong>gend geboten.14. Aus je<strong>der</strong> Kirche kann er nach Belieben Klerikerweihen.15. E<strong>in</strong> von ihm Ord<strong>in</strong>ierter kann auch e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>enKirche vorstehen, nicht aber nie<strong>der</strong>eDienste tun; von ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Bischof darfer e<strong>in</strong>en höheren Weihegrad empfangen.16. Ke<strong>in</strong>e Synode darf ohne se<strong>in</strong>e Weisung alse<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e bezeichnet werden.17. Ke<strong>in</strong> Rechtssatz und ke<strong>in</strong> Buch darf ohne se<strong>in</strong>eAutorisierung als kanonisch gelten.18. Se<strong>in</strong>e Entscheidung darf von niemandem neuverhandelt werden, er selber darf als e<strong>in</strong>zigerdie Entscheidungen aller an<strong>der</strong>en neu zur Verhandlungstellen.19. Er selber darf von niemandem gerichtetwerden.20. Niemand wage den zu verurteilen, <strong>der</strong> an denapostolischen Stuhl appelliert.21. Die wichtigeren Angelegenheiten je<strong>der</strong> Kirchesollen vor den apostolischen Stuhl gebrachtwerden.22. Die römische Kirche hat niemals geirrt undwird nach dem Zeugnis <strong>der</strong> Schrift auch nieund nimmer irren.23. Der römische Pontifex, wenn er kanonischgeweiht wurde, wird durch die Verdienste <strong>des</strong>heiligen Petrus unzweifelhaft heilig gemacht.24. Auf se<strong>in</strong>e Weisung und Erlaubnis h<strong>in</strong> ist esUntergebenen gestattet, Anklage zu erheben.25. Ohne das Zusammenkommen e<strong>in</strong>er Synodekann er Bischöfe absetzen und wie<strong>der</strong> aufnehmen.26. Als katholisch darf nicht gelten, <strong>der</strong> nichtübere<strong>in</strong>stimmt mit <strong>der</strong> römischen Kirche.27. Er kann Untergebene vom Treueid gegenüberMissetätern lösen.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 22 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Ursachen <strong>der</strong> lutherischen Reformation(aus: H. Küng, Große christliche Denker, S. 153f)◗◗◗◗◗Der Sturz <strong>der</strong> päpslichen Weltherrschaft, dieost-westliche Kirchenspaltung, dann dasZweier- dann Dreierpapsttum von Avignon, Romund Pis, sowie die Heraufkunft <strong>der</strong> NationalstaatenFrankreich, England, Spanien;die Erfolglosigkeit <strong>der</strong> Reformkonzilien (Konstanz,Basel, Florenz, Lateran) bei <strong>der</strong> »Reform<strong>der</strong> Kirche an Haupt und Glie<strong>der</strong>n«;die Ablösung <strong>der</strong> Natural- durch die Geldwirtschaft,die Erf<strong>in</strong>dung <strong>des</strong> Buchdrucks und dasweitverbreitete Verlangen nach Bildung undBibeln;<strong>der</strong> absolutistische Zentralismus <strong>der</strong> Kurie, ihreUnsittlichkeit, ihre hemmungslose F<strong>in</strong>anzpolitikund ihr hartnäckiger Wi<strong>der</strong>stand gegen Reformen,zuletzt <strong>der</strong> Ablaßhandel für den Neubau<strong>der</strong> Peterskirche, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Deutschland als <strong>der</strong> Gipfel<strong>der</strong> kurialen Ausbeutung angesehen wurde.die Rückständigkeit kirchlicher E<strong>in</strong>richtungen:Z<strong>in</strong>sverbot, kirchliche Steuerfreiheit undGerichtsbarkeit, klerikales Schulmonopol, För<strong>der</strong>ung<strong>des</strong> Bettelunwesens, zu viele kirchlicheFeiertage;◗◗◗◗◗die Überwucherung von Kirche und Theologiedurch das kanonische Recht;das wachsende Selbstbewußtse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Universitätswissenschaft(Paris!) als kritischer Instanzgegenüber <strong>der</strong> Kirche;die ungeheure Verweltlichung auch <strong>der</strong> reichenFürst-Bischöfe und Klöster, die vom Zölibatszwangverursachten Mißstände, das viel zuzahlreiche ungebildete und arme geistlicheProletariat;die radikalen Kirchenkritiker: Wiclif, Hus, Marsilius,Ockham und die Humanisten;schließlich e<strong>in</strong> erschrecken<strong>der</strong> Aberglaube imVolk, e<strong>in</strong>e religiöse Nervosität <strong>in</strong> oft schwärmerisch-apokalytischenFormen, e<strong>in</strong>e veräußerlichteLiturgie und vergesetzlichte Volksfrömmigkeit,e<strong>in</strong> Haß auf die arbeitsscheuen Möncheund Kleriker, e<strong>in</strong>e Malaise unter den städtischenGebildeten und Verzweiflung unter den ausgebeutetenBauern <strong>in</strong> Deutschland … Alles <strong>in</strong>allem e<strong>in</strong>e abgrundtiefe Krise <strong>der</strong> mittelalterlichenTheologie, Kirche und Gesellschaft und<strong>der</strong>en Unfähigkeit, mit ihr fertig zu werden.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 23 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Mart<strong>in</strong> Luther – biografische Daten(aus: H. Küng, Große christliche Denker, S. 152)1483 10. November: Geburt <strong>in</strong> Eisleben.1505 E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Kloster zu Erfurt.1510 Dienstreise und Wallfahrt nach Rom.1512 Promotion zum Doktor <strong>der</strong> Theologie.1513 Erste Psalmenvorlesung an <strong>der</strong> UniversitätWittenberg.1515/16 Ausgabe <strong>der</strong> Schrift »E<strong>in</strong> TheologiaDeutsch«.1517 95 Thesen zum Ablaß; »Sermon von Ablaßund Gnade«.1518 Verhör durch Kard<strong>in</strong>al Cajetan zu Augsburg.1519 Wahl Karls V. zum Kaiser; Leipziger Disputation.1520 »An den christlichen Adel deutscher Nation«(Juni).15. Juni: Bulle Leos X. »Exsurge Dom<strong>in</strong>e«:Bann-Androhung, For<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufssowie <strong>der</strong> Verbrennung sämtlicher Schriften.17. Juni: Luther appelliert an e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>esKonzil.»De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium«(Spätsommer).»Von <strong>der</strong> Freiheit e<strong>in</strong>es Christenmenschen«(Herbst).»Adversus execrabilem Antichristi bullam«(November).10. Dezember: Verbrennung <strong>der</strong> päpstlichenBulle und <strong>des</strong> päpstlichen Kirchenrechtes <strong>in</strong>Wittenberg.1521 Januar: Bannbulle »Decet Romanum Pontificem«.18. April: Auftritt vor dem Reichstag zuWorms.26. Mai: Kaiser Karl V. verhängt die Reichsachtüber Luther und se<strong>in</strong>e Anhänger(Wormser Edikt).1521/22 Wartburg: Bibelübersetzung; Unruhen <strong>in</strong>Wittenberg; Rückkehr Luthers.1524/25 Abgrenzung von den Schwärmern.1525 Bauernkrieg. Heirat. Bruch mit Erasmus.1526-30 Territoriale Ausbreitung <strong>der</strong> Reformation.1528 Streit mit den Schweizer Theologen.1529 Reichstag zu Speyer; Protest <strong>der</strong> »Protestanten«.Marburger Religionsgespräch mit Zw<strong>in</strong>gliund Bucer.1530 Reichstag zu Augsburg (»Confessio Augustana«):mißlungene Versöhnung; Gründung<strong>des</strong> Schmalkaldischen Bun<strong>des</strong> <strong>der</strong> protestantischendeutschen Fürsten.1531-39 Reichspolitische Sicherung <strong>der</strong> Reformation.1541 Johann Calv<strong>in</strong> errichtet <strong>in</strong> Genf se<strong>in</strong>eKirchenrepublik.1546/47 Schmalkaldische Kriege.1546 18. Februar: Tod Luthers <strong>in</strong> Eisleben.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 24 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Spaltung <strong>der</strong> WestkircheSchwärmertum◗◗Durchbruch <strong>des</strong> Schwärmertums (ThomasMünzer), <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Täuferbewegung.Kritik an Luther wegen <strong>des</strong>sen Parte<strong>in</strong>ahme <strong>in</strong>den Bauernkriegen gegen die ausgebeutetenBauern für Fürsten und Adel.ReformierteUlrich Zw<strong>in</strong>gli (1484-1531, Zürich)◗ Bruch mit Luther wegen <strong>der</strong> Abendmahlsfrage(Luther: reale physische Präsenz Christi imAbendmahl; Zw<strong>in</strong>gli: nur s<strong>in</strong>nbildliche Präsenz).◗ Radikalen Kirchenreformen: Abschaffung allerElemente, die nicht biblisch begründet s<strong>in</strong>d.Jean Calv<strong>in</strong> (1509-64, Genf)◗ Klassisch »reformierte« Synthese; vermittelndePosition im Abendmahlsstreit (»geistige« PräsenzChristi für den Glaubenden).◗ Inspirator und Organisator e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalenNetzwerkes den Protestantismus zu e<strong>in</strong>er Weltmachtwerden läßt.Anglikanismus – <strong>der</strong> dritte Weg◗ John Wyclif (1328-84): Biblisch fundierterProtest am Papsttum.◗ 1532-34: Begründung e<strong>in</strong>er anglikanischenStaatskirche durch He<strong>in</strong>rich VIII.; Bruch mitRom, aber Festhalten am katholischen Glauben.◗ Thomas Cranmer (1489-1556): Reformationunter Beibehaltung <strong>der</strong> bischöflichen Verfassung(»Book of Comon Prayer«, »42 Articles«);katholische Reaktion und Spaltung <strong>des</strong> reformatorischenLagers <strong>in</strong> England.◗ Elisabeth I. (1558-1603): reformierter Katholizismus<strong>in</strong> England.◗ Oliver Cromwell (1599-1658): <strong>in</strong>itiiert e<strong>in</strong>ecalv<strong>in</strong>isch-presbyteriale Kirche (»Puritaner«), diespäter vor allem <strong>in</strong> Amerika erfolgreich se<strong>in</strong>wird.◗ Seither gibt es <strong>in</strong> England e<strong>in</strong>e eigenständigebischöfliche Staatskirche.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 25 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Die Französische RevolutionWegbereiterRené Descartes (1596-1650)Vater <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen rationalistischen Philosophie;leitet e<strong>in</strong>e »kopernikanische Wende« <strong>des</strong> Denkense<strong>in</strong>: Die gesamte Wirklichkeit wird jetzt vommenschlichen Subjekt her konstruiert (»Ich denke,also b<strong>in</strong> ich!«).Galileo Galilei (1564-1642)Vorkämpfer <strong>der</strong> neuen empirisch-mathematischenNaturwissenschaft, Voraussetzung für die bald e<strong>in</strong>setzendeund im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t ihren ersten Höhepunkterreichende Technologie und Industrialisierung.Kard<strong>in</strong>al Richelieu (1585-1642)Patron und virtuoser Praktiker e<strong>in</strong>es neuen säkularenStaats- und Politikverständnisses: Staat undPolitik s<strong>in</strong>d nicht mehr von konfessionellen o<strong>der</strong>auch nur religiös-moralischen Gesichtspunkten herbestimmt, son<strong>der</strong>n als praktische Interessenpolitikzu verstehen; <strong>der</strong> Staat ist das natürliche Produkte<strong>in</strong>es Vertrags zwischen Volk und Regierung und<strong>des</strong>halb autonom gegenüber <strong>der</strong> Kirche.Chronologie1770er Jahre: Teuerungswellen, Hungerrevolten,Massenarbeitslosigkeit, Massenelend.1. Mai 1789: E<strong>in</strong>berufung <strong>der</strong> Generalstände (Adel,Klerus) nach Versailles wegen Staatsbankrott.Reformunwilligkeit, <strong>des</strong>halb Konstitution <strong>des</strong>»Dritten Stan<strong>des</strong>« (98% <strong>der</strong> Bevölkerung) als»Nationalversammlung«.17. Juni: Steuerstreik.20. Juni: Schwur <strong>der</strong> Nationalversammlung imBallhaus von Versailles.23. Juni: Wi<strong>der</strong>stand gegen die Staatsgewalt.6./9. Juli: Direkte Realisierung <strong>der</strong> Volkssouveränität:die Nationalversammlung nennt sich verfassungsgebend,<strong>der</strong> Monarchie wird die Machtabgesprochen.14. Juli: Volksaufstand und Sturm auf die Bastille,Anerkennung <strong>der</strong> Nationalversammlung alsSouverän Frankreichs.4./5. August: Annulierung <strong>der</strong> Feudalrechte undSon<strong>der</strong>rechte von Ständen, Staädten und Prov<strong>in</strong>zen:Ende <strong>des</strong> Ancien Régime.26. August: Erklärung <strong>der</strong> Menschen- und Bürgerrechte.CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 26 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog


▲▲▲▲▲▲▲▲ ▲▲▲Charta <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nen Demokratie(aus <strong>der</strong> Erklärung <strong>der</strong> Rechte <strong>des</strong> Menschen und Bürgers von 1789)Es erkennt und erklärt die Nationalversammlung,<strong>in</strong> Gegenwart und unter dem Schutze <strong>des</strong> höchstenWesens, folgende Rechte <strong>des</strong> Menschen und<strong>des</strong> Bürgers:1. Die Menschen werden frei und gleich an Rechtengeboren und bleiben es. Die gesellschaftlichenUnterschiede können nur auf den geme<strong>in</strong>samenNutzen gegründet se<strong>in</strong>.2. Der Endzweck aller politischen Vere<strong>in</strong>igung istdie Erhaltung <strong>der</strong> natürlichen und unabd<strong>in</strong>gbarenMenschenrechte. Diese Rechte s<strong>in</strong>d dieFreiheit, das Eigentum, die Sicherheit, <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standgegen Unterdrückung.3. Der Ursprung aller Souveränität liegt se<strong>in</strong>emWesen nach beim Volke. Ke<strong>in</strong>e Körperschaft,ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelner kann e<strong>in</strong>e Autorität ausüben, dienicht ausdrücklich hiervon ausgeht.4. Die Freiheit besteht dar<strong>in</strong>, alles tun zu können,was e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n nicht schadet. Also hat dieAusübung <strong>der</strong> natürlichen Rechte je<strong>des</strong> Menschenke<strong>in</strong>e Grenzen als jene, die den übrigenGlie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gesellschaft den Genuß diesernämlichen Rechte sichern. Diese Grenzen könnennur durch das Gesetz bestimmt werden.5. Das Gesetz hat nur das Recht, solche Handlungenzu verbieten, die <strong>der</strong> Gesellschaft schädlichs<strong>in</strong>d. Alles, was durch das Gesetz nichtverboten ist, kann nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden,und niemand kann genötigt werden, zu tun,was das Gesetz nicht verordnet …10. Niemand soll wegen se<strong>in</strong>er Ansichten, auchnicht wegen <strong>der</strong> religiösen, beunruhigt werden,sofern ihre Äußerung die durch das Gesetz errichteteöffentliche Ordnung nicht stört.11. Die freie Mitteilung <strong>der</strong> Gedanken und Me<strong>in</strong>ungenist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> kostbarsten Rechte <strong>des</strong>Menschen. Je<strong>der</strong> kann mith<strong>in</strong> frei sprechen,schreiben, drucken, mit Vorbehalt <strong>der</strong> Verantwortlichkeitfür den Mißbrauch dieser Freiheit<strong>in</strong> den durch das Gesetz bestimmten Fällen …17. Da das Eigentum e<strong>in</strong> geheiligtes und unverletzlichesRecht ist, so kann niemand <strong>des</strong>senberaubt werden …CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zum Christentum Blatt 27 von 27© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog

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