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Die Bundeswehr im Schulunterricht - GEW Bezirksverband Frankfurt

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3die Schule zumindest befugt, auch die Friedenssicherung mit militärischen Mitteln zumGegenstand des Unterrichts zu machen und dabei über die reine Wissensvermittlung (diebloße Information über Fakten) hinaus eigene Erziehungsziele zu verfolgen. 13Inwieweit Grundrechte von Eltern und Schülern durch den Unterricht betroffen sein können,hängt davon ab, wie umstritten das Thema ist und wie stark seine - für die Persönlichkeitsbildungder SchülerInnen relevanten - normativen Bezüge sind. Soweit Einstellungenund Wertungen gesellschaftlich umstritten sind, hat die Schule das Gebot der Zurückhaltungund Toleranz sowie der Offenheit zu beachten, wobei eine gesetzliche Regelungder pädagogischen Freiheit des Lehrers Raum lassen muss. 14 In dem durch Art. 4 GG geschütztenBereich ist die Schule zudem zur religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet.15 Der Grundrechtsschutz kann auch organisations- und verfahrensrechtliche Vorkehrungenerfordern.b) <strong>Die</strong> weitere Konkretisierung der rechtlichen Anforderungen an den Unterricht hat beiden Erziehungszielen anzusetzen. Nach der bundesstaatlichen Kompetenzordnung sindfür deren Festsetzung die Länder zuständig. So sind in den Landesverfassungen Erziehungszielenormiert, die - in sehr allgemeiner Form - auch dem Unterricht zum ThemaFriedenssicherung eine Richtung weisen. 16Ob auch aus dem <strong>im</strong> Grundgesetz kodifizierten Verfassungsrecht des Bundes Erziehungszieleableitbar sind, hängt von dem (früher sehr kontroversen) Verfassungsverständnisab. 17 Wer die Verfassung als "Wertordnung" versteht, wird in ihr ohne Weiteres Erziehungszielefinden. Dem stehen schon methodische Bedenken entgegen, wenn die Verfassungals rechtliche Rahmenordnung aufgefasst wird. Juristisch umstritten ist insbesondere,ob aus einzelnen nachträglich in das Grundgesetz eingefügten wehrverfassungsrechtlichenBest<strong>im</strong>mungen "eine verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine wirksamemilitärische Landesverteidigung" abgeleitet werden kann. 18 <strong>Die</strong> Kritik sieht in diesem Ansatzeine Gefahr für die Anwendbarkeit der Verfassung als ein dem Staat Grenzen setzenderrechtlicher Maßstab. 19 Jedenfalls bietet die besagte "verfassungsrechtliche Grundentscheidung"keine rechtliche Grundlage für eine Verpflichtung der Schule auf das Ziel,durch eine Stärkung der Wehrbereitschaft der SchülerInnen zu einer wirksamen militärischenLandesverteidigung beizutragen. 20 Damit würde diese juristische Konstruktion ausihrem rechtsdogmatischen Zusammenhang gelöst und so das in ihr angelegte Potential einerZerstörung der demokratisch-rechtsstaatlichen Verfassung entfesselt.13 Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.5.1987 - 9 S 2805/85 -, in Duchrow, Eckertz (Hg.), a.a.O., 119 ff.(127).14 BVerfGE 47, 46 (77, 83).15 BVerfGE 108, 282 (299 f.), m.w.N.16 Z.B. Art. 27 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt v. 16.7.1992: "Entwicklung zur freien Persönlichkeit,die <strong>im</strong> Geiste der Toleranz bereit ist, Verantwortung für die Gemeinschaft mit anderen Menschenund Völkern und gegenüber künftigen Generationen zu tragen." Nach Art. 12 Abs. 1 der Verfassungdes Landes Baden-Württemberg v. 11.11.1953 ist die Jugend u.a. ausdrücklich zur "Friedensliebe"zu erziehen.17 Vgl. Peter Häberle, Erziehungsziele und Orientierungswerte <strong>im</strong> Verfassungsstaat, Freiburg / München1981.18 So <strong>im</strong> Anschluss an seine frühere Rechtsprechung BVerfGE 69, 1 (21).19 Abweichende Meinung der Richter Mahrenholz und Böckenförde, BVerfGE 69, 57 (63), unter Hinweis aufEckertz, <strong>Die</strong> Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grenzproblem des Rechts, Baden--Baden 1986, dort S. 179 f.; vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2005 - 2 WD 12/04 - NJW 2006, 77 (103 f.).20 Gegen einen solchen Ansatz wendeten sich die Kläger in dem in Duchrow, Eckertz (Hg.), <strong>Die</strong> <strong>Bundeswehr</strong>...,a.a.O., dokumentierten Rechtsstreit.


4c) <strong>Die</strong> wehrverfassungsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes sind nicht die Rechtsgrundlage,sondern ein Gegenstand (Thema) des <strong>Schulunterricht</strong>s über die Friedenssicherungmit militärischen Mitteln. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule umfasstzweifellos das Ziel, die SchülerInnen "auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigenstaatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vorzubereiten und die dazu notwendige UrteilsundEntscheidungsfähigkeit zu vermitteln". 21 Zu den staatsbürgerlichen Rechten undPflichten gehören, solange der Gesetzgeber daran festhält, die allgemeine Wehrpflichtbzw. der Zivildienst und das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründennach Art. 4 Abs. 3 GG. Dazu gehören indes auch das Recht, sich freiwillig zum<strong>Die</strong>nst in der <strong>Bundeswehr</strong> zu melden, 22 und hinwiederum das Recht auch von Soldaten,aus Gewissensgründen nach Art. 4 Abs. 3 GG den Kriegsdienst oder nach Art. 4 Abs. 1GG einen best<strong>im</strong>mten <strong>Die</strong>nst zu verweigern. 23 Zur Vermittlung der für die Wahrnehmungall dieser Rechte erforderlichen Urteils- und Entscheidungsfähigkeit gehört der Unterrichtüber die wehrverfassungsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes. Zu diesem Lehrstoffgehören ebenso die weiteren rechtlichen, insbesondere völkerrechtlichen, Bindungendes Streitkräfteeinsatzes.Der Rechtsstaat rechnet mit der Möglichkeit rechtswidrigen Handelns durch Staatsorganeund trifft deswegen dagegen Vorkehrungen. In Konflikten, die zur Androhung oder demEinsatz militärischer Gewalt führen, wächst die Bereitschaft zur Lockerung der Bindung andas Recht. Gerade in solchen Situationen werden aber viele von der Schule erwarten,dass sie zum Rückhalt der Gesellschaft für die Einsatztruppen beiträgt. <strong>Die</strong> Schule wirdsich solchen Erwartungen nur dann in Übereinst<strong>im</strong>mung mit ihrem eigenen Bildungsauftragstellen können, wenn sie nicht mit Trägern der Öffentlichkeitsarbeit der <strong>Bundeswehr</strong>organisatorisch verflochten ist.d) Wie durch die Auslandseinsätze der <strong>Bundeswehr</strong>, insbesondere in Afghanistan, bewusstgeworden ist, kann der Soldat in Lagen geraten, in denen sein Auftrag die Tötungvon Menschen umfasst. Das Grundgesetz setzt in Artikel 4 Abs. 3 voraus, dass das Gewissendem Einzelnen verbieten kann, als Soldat Menschen zu töten. <strong>Die</strong> durch Art. 4 Abs.1 GG geschützte Gewissensfreiheit umfasst die Freiheit der Gewissensbildung. EinerGefährdung dieser Freiheit durch eine direkte Indoktrinierung stehen schon die Verfassungsgeboteder Zurückhaltung, Toleranz und Offenheit und das Ziel einer Stärkung derUrteils- und Entscheidungsfähigkeit der SchülerInnen entgegen. Fraglich ist insoweit aber,ob wirksam gewährleistet ist, dass die Einbeziehung von Jugendoffizieren der <strong>Bundeswehr</strong>diesen Anforderungen genügt (dazu noch unten 3.). Wenn Jugendoffiziere amPflichtunterricht beteiligt werden und Schüler oder Eltern konkrete Anhaltspunkte für dieBefürchtung haben, dass kritische Positionen durch manipulative Praktiken ausgegrenztwerden, 24 können Sie <strong>im</strong> Einzelfall aufgrund der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GGbzw. des elterlichen Erziehungsrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG berechtigt sein, bis zur Abhilfedie Teilnahme an dem Unterricht zu verweigern. <strong>Die</strong> Gewissensfreiheit und das Elternrechtkommen insoweit in ihrer Grundrechtsfunktion als Abwehrrechte zur Geltung.Als Rechtsproblem schwer fassbar ist eine außerhalb des <strong>Schulunterricht</strong>s an SchülerInnenadressierte Werbung für den <strong>Die</strong>nst in der <strong>Bundeswehr</strong> oder sonstige Kommunikation21 So z.B. das Schulgesetz für Baden-Württemberg i.d.F. v. 1.8.1983.22 Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 108, 282 [295], m.w.N.).23 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2005 - 2 WD 12/04 - NJW 2006, 77.24 Allerdings fühlen sich auch die Jugendoffiziere dem Kontroversitätsgebot und Überwältigungsverbot verpflichtet(Antwort der Bundesregierung vom 21. April 2010 - 1780018-V18 -, a.a.O., S. 2). Mehr oder wenigersubtile Manipulationen sind allein dadurch nicht ausgeschlossen.


5des Themas "<strong>Bundeswehr</strong>", bei der ausgeblendet wird, dass der Soldat oder die Soldatinbereit sein muss, be<strong>im</strong> militärischen Einsatz Menschen zu töten, und die so die Fragenach der Gewissensrelevanz des Tötens von Menschen gar nicht erst aufkommen lässt.Träger einer solchen Kommunikation ist vor allem die <strong>Bundeswehr</strong> selbst. Das Spektrumder Veranstaltungen reicht von der Beteiligung an Berufsinformationstagen bis zuAngeboten, die <strong>Bundeswehr</strong> "live zu erleben". 25<strong>Die</strong> Schule ist für derartige Veranstaltungen nur insoweit mitverantwortlich, als sie dafürForen zur Verfügung stellt, sei es <strong>im</strong> Unterricht, auf dem Schulgelände oder in schuleigenenMedien, oder der <strong>Bundeswehr</strong> sonstige Zugänge zur Information der Schülerschaft eröffnet.Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, dass das Grundgesetz vondenen, die der allgemeinen Wehrpflicht nachkommen oder den Beruf des Soldatens wählen,von Rechts wegen keine Gewissensentscheidung verlangt. <strong>Die</strong> Schule hat derenGrundrecht auf freie Berufswahl zu respektieren. Wenn Berufsberater der Arbeitsverwaltung<strong>im</strong> <strong>Schulunterricht</strong> über Berufe informieren, gehören dazu auch Zivilberufe bei der<strong>Bundeswehr</strong> und der <strong>Die</strong>nst als Soldat. Bei Berufsinformationstagen, auch auf dem Schulgelände,darf die <strong>Bundeswehr</strong> gegenüber privaten und anderen öffentlichen Arbeitgebernnicht benachteiligt werden. <strong>Die</strong> Schule darf allerdings in ihrem Verantwortungsbereichnicht zulassen, dass die <strong>Bundeswehr</strong> Werbemittel einsetzt oder für Veranstaltungen wirbt,die mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule nicht vereinbar sind. 26 Werbeaktionender <strong>Bundeswehr</strong>, die auf die Abenteuerlust und Spielfreude Jugendlicher setzen 27und die dadurch die Heranbildung der staatsbürgerlichen Urteilsfähigkeit erschweren, darfdie Schule in keiner Weise unterstützen. Für Proteste von Eltern, SchülerInnen und auchLehrerInnen gegen Überschreitungen dieser Grenzen bieten die Meinungs- und Versammlungsfreiheitnach Art. 5 und Art. 8 GG eine Rechtsgrundlage.3. a) Den dargestellten rechtlichen Anforderungen an den <strong>Schulunterricht</strong> über die Friedenssicherungmit militärischen Mitteln kann aus den dargelegten Sachgründen nicht alleindurch Beteuerungen der Übereinst<strong>im</strong>mung der Informationsarbeit der <strong>Bundeswehr</strong> mitden Erziehungszielen der Schule ausreichend Rechnung getragen werden. <strong>Die</strong> Brisanzdes Themas 28 hat zugenommen, seitdem deutsche Soldaten bei ihrem Einsatz in Afghanistanverwundet und getötet werden und selbst töten. <strong>Die</strong> Vermittlung staatsbürgerlicherUrteils- und Entscheidungsfähigkeit in diesem Bereich ist zugleich dringlicher und schwierigergeworden. Sie stellt hohe Anforderungen an die Qualifikation der Lehrkräfte.Auch wenn die Jugendoffiziere der <strong>Bundeswehr</strong> über eine hohe Sachkunde auf ihremFachgebiet verfügen und pädagogisch geschult sind, kann von ihnen nicht eine ergebnisoffeneKritik an dem Einsatz militärischer Mittel zur Friedenssicherung erwartet werden.Sie würden dadurch einem unzumutbaren Rollenkonflikt ausgesetzt. Es geht dabei ummehr und anderes als eine "Ausgewogenheit". Denn die Vermittlung von Urteils- und Entscheidungsfähigkeiterfordert gerade bei diesem spannungsreichen Thema, dass die verschiedenenGesichtspunkte zueinander in Bezug gesetzt werden. <strong>Die</strong>se Aufgabe verlangt25 S. die Jugendseite der <strong>Bundeswehr</strong> <strong>im</strong> Internet: https://treff.bundeswehr.de.26 Nach dem Bericht der Süddeutschen Zeitung v. 15.3.2010, a.a.O., wurden Schülern eines Berufsbildungszentrumsbei einem Informationstag über "marktgängige Berufe bei der <strong>Bundeswehr</strong>" Spiele an einemSchießs<strong>im</strong>ulator und Zielübungen mit Handfeuerwaffen angeboten.27 <strong>Die</strong> <strong>Bundeswehr</strong> bietet auf ihrer Jugendseite jedes Jahr "Adventure Games" an, bei denen Community-Mitglieder die Chance haben, "bei Spiel, Abenteuer und Action 'die Truppe' kennen zu lernen"(https://treff.bundeswehr.de v. 19.06.2010).28 Man erinnere sich an die empörten Reaktionen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zurFrage der Strafbarkeit der Meinungsäußerung "Soldaten sind potentielle Mörder" (BVerfGE 93, 266).


6von den Lehrkräften nicht nur Sachkunde, sondern auch ihre Unabhängigkeit bei dereigenen Urteilsbildung. <strong>Die</strong>se Voraussetzung können die Jugendoffiziere wegen ihrerZugehörigkeit zur <strong>Bundeswehr</strong> und ihrer dienstlichen Stellung als Soldaten nichtausreichend erfüllen. Wenn Jugendoffiziere dennoch zum <strong>Schulunterricht</strong> zugelassenwerden, müssen die LehrerInnen als Korrektiv wirken können. Darauf müssen dieLehrkräfte so vorbereitet werden, dass sie zur Bildung eines unabhängigen Urteils indiesem Themenbereich fähig sind. Eine Fortbildung mit Einbindung der Jugendoffiziereund unmittelbar in Veranstaltungen der <strong>Bundeswehr</strong>, wie sie z.B. in der Kooperationsvereinbarungfür Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, 29 sind dazu kaum geeignet.b) <strong>Die</strong> Kooperationsvereinbarungen der <strong>Bundeswehr</strong> mit den zuständigen Ministern einerzunehmenden Zahl von Ländern belegen einen Regelungsbedarf. Unmittelbar ist dieserRegelungsbedarf die Folge einer deutlichen Ausweitung und Intensivierung der Informationsarbeitder <strong>Bundeswehr</strong> in den Schulen. Hintergrund mögen vor allem Nachwuchssorgender <strong>Bundeswehr</strong> sein. Zugleich hat sich die Zweckbest<strong>im</strong>mung der <strong>Bundeswehr</strong> seitder Auflösung des Warschauer Pakts und der - sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtswiderspiegelnden 30 - Verlagerung der Aufgaben von der territorialbegrenzten Landesverteidigung auf Auslandseinsätze völlig geändert. Unter diesen verändertenUmständen reichen die geltenden schulrechtlichen Regelungen der Länder alsRechtsgrundlage für die organisierte Informationsarbeit der <strong>Bundeswehr</strong> in den Schulennicht mehr aus. Sie unterliegen dem Gesetzesvorbehalt, wobei die von den Landesparlamentenin Gesetzesform zu beschließenden Regelungen nicht gegen das Grundgesetzund nicht gegen die Landesverfassung verstoßen dürfen.Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichten das Rechtsstaatsunddas Demokratieprinzip des Grundgesetzes, die über Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG auch fürdie Länder gelten, 31 den Gesetzgeber <strong>im</strong> Schulwesen die wesentlichen Entscheidungenselbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen. 32 Im grundrechtsrelevantenBereich bedeutet "wesentlich" in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte".33 Der <strong>Schulunterricht</strong> <strong>im</strong> Themenbereich der Friedenssicherung mit militärischenMitteln ist für die angeführten Grundrechte der SchülerInnen und Eltern relevant. 34 Durchdie Verstärkung der Einflussnahme der <strong>Bundeswehr</strong> auf die Schulen, die sich in denKooperationsvereinbarungen manifestiert, erhöht sich die Intensität der Einwirkungen aufder Grundrechte. Infolge der tiefgreifenden Veränderung der Verhältnisse, 35 unter denendie <strong>Bundeswehr</strong> heute eingesetzt wird, ist die Qualifikation der Lehrkräfte in diesemBereich für den Grundrechtsschutz relevant geworden. Ihre Fähigkeit zu einer unabhängigenUrteilsbildung über die prekären Fragen militärischer Einsätze muss durch institutionelleBedingungen gewährleistet sein.Da die Jugendoffiziere der <strong>Bundeswehr</strong> als solche die Voraussetzungen für eine unabhängigeUrteilsbildung nicht erfüllen, muss unter den heutigen Bedingungen der Landesgesetzgeberdarüber entscheiden, ob sie zum <strong>Schulunterricht</strong> zugelassen werden. Bejaht erdies, sind gesetzliche Regelungen erforderlich, durch die gewährleistet wird, dass die für29 A.a.O.30 Vgl. BVerfGE 90, 286.31 Vgl. BVerfGE 47, 46 (81).32 Vgl. BVerfGE 108, 282 (312), m.w.N.33 Vgl. BVerfGE 98, 218 (251), m.w.N.34 Vgl. schon VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.5.1987 - 9 S 2805/85 -, a.a.O., S. 128 ff.35 Zur Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung wegen eines Wandels der Verhältnisse vgl. BVerfGE108, 282 (309).


7den Unterricht verantwortlichen Lehrer in der Lage sind, als Korrektiv zu wirken. Soweiterforderlich muss der Landesgesetzgeber außerdem sicherstellen, dass auch andereFormen der Einflussnahme der <strong>Bundeswehr</strong> auf die Schulen das Erziehungsziel derstaatsbürgerlichen Urteilsfähigkeit nicht untergraben.Eine Regelung dieser Fragen durch Kooperationsvereinbarungen der Schulverwaltung mitder <strong>Bundeswehr</strong> ist auch mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Entscheidungen vonsolcher Tragweite für die Verantwortungsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger in derGrenzsituation eines Krieges 36 müssen aus einer öffentlichen Debatte hervorgehen. 3736 Vgl. Eckertz, <strong>Die</strong> Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen..., a.a.O., S. 123 ff., 274.37 Vgl. BVerfGE 108, 282 (312).

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