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Bau-Expertisen – Nutzen, Risiken und die ... - Baur Hürlimann

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214Roland Hürlimanngestützt auf <strong>die</strong>ses schutzwürdige Vertrauen Dispositionen, <strong>die</strong> sich als nachteilig erweisen,hat der Sachverständige für den Schaden einzustehen, sofern <strong>und</strong> soweit <strong>die</strong> nichtverwirklichte Erwartung dafür adäquat kausal war 66 .Geschützt werden durch <strong>die</strong>se Rechtsprechung nur (Dritt-)Adressaten eines Gutachtens, <strong>die</strong>typischerweise bei einem fehlerhaften Gutachten einen Vermögensschaden erleiden, weil sieberechtigterweise auf <strong>die</strong> Richtigkeit <strong>und</strong> Vollständigkeit der gemachten Angaben vertrauthaben. Nach der b<strong>und</strong>esgerichtlichen Rechtsprechung setzt eine solche Haftung voraus, dassder geschädigte Dritte eine rechtliche Sonderverbindung zum Sachverständigen nachweisenkann, weil <strong>die</strong>ser in engen persönlichen Beziehungen zum K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Gutachtensbestellersteht <strong>und</strong> weil <strong>die</strong>ser dem K<strong>und</strong>en „aufgr<strong>und</strong> seines Verhaltens gleichsam persönliche Gewährfür das Gelingen des übernommenen Geschäfts bot“. Dabei genügt es, dass der in Anspruchgenommene Sachverständige „explizit oder normativ zurechenbar k<strong>und</strong>getan hat, für <strong>die</strong>Richtigkeit bestimmter Äusserungen einzustehen <strong>und</strong> der Ansprecher im berechtigtenVertrauen darauf Anordnungen getroffen hat, <strong>die</strong> ihm zum Schaden gereichten“ 67 .Ob der Sachverständige bei Erstattung seines Gutachtens an den Besteller damit rechnenmuss, dass dessen Beurteilung auch an vertragsfremde Dritte (z.B. an eine Bank oder einenKäufer) abgegeben wird, entscheidet sich „nach den konkreten Umständen, demgesellschaftlichen <strong>und</strong> beruflichen Kontext <strong>und</strong> der sozialen Rolle der Betroffenen“ 68 . Dabeigilt als Gr<strong>und</strong>satz, dass <strong>die</strong> zufällige Kenntnisnahme von Gutachterergebnissen durch einenvertragsfremden Dritte – für sich allein genommen – wegen fehlender berechtigterVertrauensbasis nicht ausreicht, um eine Haftung zu begründen.2. Die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichts: Im BGE 130 III 345 hat das B<strong>und</strong>esgericht inWürdigung der vorgenannten Umstände eine Haftung eines Liegenschaftenschätzersgegenüber einem vertragsfremden Käufer verneint, weil <strong>die</strong> gutachterliche Bewertungzuhanden des Bestellers erfolgte (zur beabsichtigten Erhöhung des Hypothekarkredits), nichtaber zuhanden von Kaufinteressenten (bei denen der Schätzungsbericht zwei Jahre später in<strong>die</strong> Verkaufsdokumentation eingefügt wurde). Mit <strong>die</strong>sem anderen Verwendungszweckmusste der Sachverständige (so das B<strong>und</strong>esgericht) in <strong>die</strong>ser konkreten Konstellation nichtrechnen. Denn: Zum einen habe zu keinem Zeitpunkt zwischen dem Sachverständigen <strong>und</strong>dem geschädigten Käufer ein Kontakt stattgef<strong>und</strong>en habe; zum andern sei für denSachverständigen auch nicht vorhersehbar gewesen, dass sein Schätzungsbericht, der imHinblick auf <strong>die</strong> Erhöhung des Hypothekarkredits bestellt wurde, zwei Jahre später in einemanderen Zusammenhang, beim Verkauf der Liegenschaft, nochmals verwendet werde 69 .Aufgr<strong>und</strong> der b<strong>und</strong>esgerichtlichen Erwägungen <strong>und</strong> der allgemeinen Entwicklung derRechtsprechung zur Vertrauenshaftung 70 ist damit zu rechnen, dass Haftpflichtprozesse vongeschädigten Kreditinstituten oder von geschädigten Kaufinteressenten von Immobiliengegenüber Sachverständigen zunehmen könnten, auch wenn im konkreten Fall <strong>die</strong> Haftungdes Sachverständigen verneint wurde 71 . Der Paradefall: Wegen falscher Gebäudeschätzung666768697071BGE 130 III 349.So wörtlich BGE 130 III 350; ferner BGE 133 III 451; 124 III 297; 120 II 331.BGE 130 III 351 <strong>und</strong> dort Zitierte.Zu BGE 130 III 345 ausführlich: HÜRLIMANN/SIEGENTHALER, Die Haftung, S. 105 ff.; GAUCH, Der Schätzer,S. 839 ff.; HONSELL, S. 939 ff.Vgl. statt vieler: BREHM, Berner Kommentar, N 53 ff. zu Art. 41 OR; HÜRLIMANN/SIEGENTHALER,Vertrauenshaftung, S. 199 ff; KAISER, S. 183 f.; KRAMER, Berner Kommentar, Allg. Einleitung, N 66 ff.;SCHWENZER, N 50.24; WALTHER, Vertragsumfeld, S. 284 ff.; WALTHER, Die Vertrauenshaftung, S. 97.Im Einzelfall kann der Vertrag mit dem Gutachter als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zuqualifizieren sein, wenn sich aus den Umständen des Falles Anhaltspunkte für einen auf den Schutz des Drittengerichteten Parteiwillen ergeben (abgelehnt in BGE 130 III 345, weil der Besteller den Gutachtervertrag imeigenen Namen abschloss <strong>und</strong> keine gemeinsame Interessenlage vorlag bzw. offengelegt wurde). Dass derGutachtervertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritten beinhalten kann, entspricht derRechtsprechung in Deutschland: BGH NJW 1984, 355; BGH, JZ 1985, S. 951 betr. einer Gebäudeschatzung,welche einer Vielzahl von Kaufinteressenten als Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage <strong>die</strong>nte. Auch in der schweizerischenLehre stösst der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter überwiegend auf Zustimmung (vgl.Schweizerische <strong>Bau</strong>rechtstagung 2011

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