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Bau-Expertisen – Nutzen, Risiken und die ... - Baur Hürlimann

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206Roland HürlimannAufgabenbereich des Schiedsgutachters zu bestimmen: Dem Schiedsgutachter könnenentweder „streitige Tatsachen“ (so wörtlich: Art. 189 ZPO-CH) wie etwa <strong>die</strong> Beschaffenheitdes <strong>Bau</strong>gr<strong>und</strong>es, <strong>die</strong> Dauerhaftigkeit eines verwendeten <strong>Bau</strong>stoffes, der Verkehrswert einerLiegenschaft, <strong>die</strong> Bewertung eines Gesellschafteranteiles nach Austritt aus einer ARGE zurBegutachtung übertragen werden. Oder dem Schiedsgutachter wird – neben oder ausserhalbder reinen Tatsachenfeststellung – <strong>die</strong> Aufgabe übertragen, einzelne Rechtsfragen (wie z.B.der Verschuldensanteil der <strong>Bau</strong>leitung, <strong>die</strong> Kausalität zwischen Sturmböen <strong>und</strong> Kranunfall,etc.) verbindlich zu entscheiden 38 . Gelegentlich wird ein Schiedsgutachter von Parteienbeigezogen, um ein zwischen ihnen bestehendes Vertragsverhältnis nach billigem Ermessenzu ergänzen oder anzupassen 39 .III. <strong>Risiken</strong> von <strong>Bau</strong>-<strong>Expertisen</strong>A<strong>Risiken</strong> in der Person des Sachverständigen1. Anforderungen an <strong>die</strong> Person des Sachverständigen: Die Anforderungen anGerichtsexperten werden weder im B<strong>und</strong>es- noch im kantonalen Recht näher umschrieben.Immerhin enthält <strong>die</strong> neue Schweizerische Zivilprozessordnung (in Art. 184) eine Aufzählungder Rechte <strong>und</strong> Pflichten, welchen der Sachverständige zu genügen hat: Hauptpflicht ist <strong>die</strong>prozesskonforme Erstellung <strong>und</strong> <strong>die</strong> fristgerechte Ablieferung des Gutachtens. Inhalt <strong>und</strong>Umfang der Gerichtsexpertise ergeben sich aus dem Beweisbeschluss <strong>und</strong> den richterlichenInstruktionen. Art. 184 ZPO-CH umschreibt aber nicht, welche Anforderungen <strong>die</strong>„sachverständige Person“ respektive deren Gerichtsgutachten zu erfüllen hat. Es entsprichtaber dem allgemeinen Verständnis, dass eine „sachverständige Person“, welche zurErstellung einer gerichtlichen Expertise eingesetzt wird, höchsten Anforderungen genügenmuss. Nach Lehre <strong>und</strong> Rechtsprechung dürfen an Gerichtsexperten namentlich folgendeAnforderungen gestellt werden:2. Pflicht zur Unabhängigkeit <strong>und</strong> Unbefangenheit: Als Vertrauens- <strong>und</strong> Hilfsperson desGerichtes übernimmt der Sachverständige eine hoheitliche Aufgabe der Judikative <strong>und</strong> hatdaher <strong>die</strong>selben Verfahrensgarantien in Bezug auf <strong>die</strong> Unabhängigkeit, in Bezug auf <strong>die</strong>Unbefangenheit <strong>und</strong> in Bezug auf <strong>die</strong> Unparteilichkeit zu respektieren wie <strong>die</strong> Mitgliedereiner richterlichen Behörde. Die verfassungsrechtlichen Gebote der Unabhängigkeit <strong>und</strong>Unbefangenheit von Art. 30 Abs. 1 BV <strong>und</strong> Art. 6 Ziff. 1 Satz 1 EMRK gelten in analogerWeise auch für Gerichtsgutachter. Die neue Schweizerische ZPO hält explizit fest, dass füreine „sachverständige Person … <strong>die</strong> gleichen Ausstandsgründe (gelten) wie für <strong>die</strong>Gerichtspersonen“ (Art. 183 Abs. 2 ZPO-CH). Sämtlichen Ausstandsvorschriften (Art. 47ZPO-CH) ist gemeinsam, dass ein Gerichtsgutachter nicht tätig werden darf, wenn er auseinem persönlichen oder sachlichen Gr<strong>und</strong> ein unmittelbares oder mittelbares Interesse amAusgang der Streitsache hat.3. Pflicht zur Wahrheit <strong>und</strong> Objektivität: Die sachverständige Person ist zur Wahrheitverpflichtet <strong>und</strong> sie untersteht bei Erstattung eines falschen Gutachtens den3839sein“), kann auch eine Schiedsgutachterabrede getroffen werden (vgl. FRANK/STRÄULI/MESSMER, N 4 zu § 258ZPO-ZH).HÜRLIMANN, Schiedsgutachten, S. 109. A.A. DOLGE, Basler Kommentar, N 13 zu Art. 189 ZPO: Nach ihr liegtdas Rechtsanwendungsmonopol beim Gericht, weshalb <strong>die</strong> Nichterwähnung von Rechtsfragen alsqualifiziertes Schreiben des Gesetzgebers zu interpretieren sei.Zum Zwecke der Vertragsergänzung wird der Schiedsgutachter etwa eingesetzt, wenn er eine von denKontrahenten im Vertragsverhältnis bewusst offen gelassene Lücke auszufüllen hat (z.B. Festlegung desWerkpreises im Anlagenbau innerhalb einer Bandbreite nach Massgabe der erzielten oder erzielbarenLeistungswerte). Zur Festlegung von Vertragsanpassungen kann der Schiedsgutachter (bereits beiVertragsabschluss) bestellt oder nachträglich beigezogen werden, insbesondere für den Fall, dass sich <strong>die</strong>wirtschaftlichen oder <strong>die</strong> sonstwie definierten Verhältnisse in einem Dauerschuldverhältnis ändern <strong>und</strong> <strong>die</strong>Kontrahenten hinsichtlich der Voraussetzungen oder des korrekten Umfangs der Anpassung keine Einigungfinden (z. B. Anpassungsbefugnis betreffend Höhe des Mietzinses bei einer längerfristigen Geschäftsmiete;Festlegungsbefugnis betreffend Wert der Aktien bei Übernahme (vgl. BGE 129 III 535 ff.).Schweizerische <strong>Bau</strong>rechtstagung 2011

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