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Die Prädikatenlogik erster Stufe: Syntax und Semantik

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<strong>Die</strong> <strong>Prädikatenlogik</strong> <strong>erster</strong> <strong>Stufe</strong>: <strong>Syntax</strong> <strong>und</strong><strong>Semantik</strong>1 Mathematische Strukturen <strong>und</strong> deren TypenDefinition 1.1 Eine Struktur A ist ein 4-TupelA = (A; (R A i |i ∈ I); (f A j |j ∈ J); (c A k |k ∈ K))wobei I, J, K beliebige (möglicherweise leere oder unendliche) Mengen sind <strong>und</strong>folgendes gilt:• A ist eine nichtleere Menge.A wird als das Universum oder der Träger oder der Individuenbereich derStruktur A bezeichnet. <strong>Die</strong> Elemente von A sind die Individuen von A. StattA schreibt man auch |A|.• Für jedes i ∈ I ist RiA eine n i -stellige Relation auf A (für n i ≥ 1 geeignet),d.h. Ri A ⊆ A ni .<strong>Die</strong> Relationen RiA sind die Gr<strong>und</strong>relationen oder ausgezeichneten Relationenenvon A.• Für jedes j ∈ J ist fjA eine m j -stellige Funktion auf A (für m j ≥ 1 geeignet),d.h. fj A : A mj → A.<strong>Die</strong> Funktionen fjA sind die Gr<strong>und</strong>funktionen oder ausgezeichneten Funktionenvon A.• Für jedes k ∈ K ist c A kein Element von A.<strong>Die</strong> Individuen c A ksind die (Gr<strong>und</strong>-)Konstanten oder ausgezeichneten Individuenvon A.<strong>Die</strong> Anzahl der ausgezeichneten Relationen <strong>und</strong> Funktionen zusammen mit derenStelligkeiten sowie die Anzahl der Konstanten bestimmen den Typ einer Struktur:Definition 1.2 <strong>Die</strong> Struktur A = (A; (Ri A|i ∈ I); (f j A|j ∈ J); (cA k|k ∈ K)) ist vomTyp (oder der Signatur)falls R A i n i -stellig <strong>und</strong> f A j m j -stellig ist.σ(A) = ((n i |i ∈ I); (m j |j ∈ J); K),1


2 <strong>Die</strong> <strong>Prädikatenlogik</strong> 1. <strong>Stufe</strong>: Gr<strong>und</strong>zeichen derSprachenUm über Strukturen eines gegebenen Typs σ Aussagen machen zu können, führenwir nun die zugehörige Sprache L(σ) ein.Definition 2.1 Sei σ = ((n i |i ∈ I); (m j |j ∈ J); K) ein Typ. Das Alphabet (d.h.die Menge der Gr<strong>und</strong>zeichen) der Sprache L(σ) der <strong>Prädikatenlogik</strong> vom Typ(von der Signatur) σ besteht aus den folgenden logischen Zeichen (die nicht vonσ abhängen) <strong>und</strong> nichtlogischen Zeichen (die von σ abhängen):• Logische Zeichen von L(σ):– Abzählbar unendlich viele Individuenvariablen (kurz: Variablen):v 0 , v 1 , v 2 , . . .(Wir bezeichnen Variablen im Folgenden mit x, y, z, x i , . . . .)– <strong>Die</strong> Junktoren ¬ <strong>und</strong> ∨.– Der Existenzquantor ∃.– Das Gleichheitszeichen =.– <strong>Die</strong> Klammern ( <strong>und</strong> ).• Nichtlogische Zeichen von L(σ):– Für jedes i ∈ I das n i -stellige Relationszeichen R i .– Für jedes j ∈ J das m j -stellige Funktionszeichen f j .– Für jedes k ∈ K die Konstante c k .Den Typ einer Sprache L der <strong>Prädikatenlogik</strong> bezeichnen wir mit σ(L). Giltσ(A) = σ(L), so heißt L die Sprache von A <strong>und</strong> A eine L-Struktur.3 <strong>Die</strong> <strong>Prädikatenlogik</strong> 1. <strong>Stufe</strong>: TermeIm Folgenden sei L = L(σ) die Sprache der <strong>Prädikatenlogik</strong> der Signatur σ =((n i |i ∈ I); (m j |j ∈ J); K) <strong>und</strong> A = (A; (Ri A|i ∈ I); (f j A|j ∈ J); (cA k|k ∈ K)) eineL-Struktur.3.1 <strong>Syntax</strong> der TermeDefinition 3.1 (Terme) <strong>Die</strong> Menge der (L-)Terme ist induktiv definiert durch:(T1) Jede Variable v i <strong>und</strong> jede Konstante c k ist ein Term.(T2) Sind t 1 , . . . , t mjTerme, so ist auch f j (t 1 , . . . , t mj ) ein Term (j ∈ J).Wir bezeichnen mit V (t) die Menge der im Term t vorkommenden Variablen.Ist V (t) leer, so ist t ein konstanter Term. Gilt V (t) ⊆ {x 1 , . . . , x n }, so schreibenwir statt t auch t(x 1 , . . . , x n ).2


3.2 <strong>Semantik</strong> der TermeKonstante L-Terme werden in der L-Struktur A als Individuen interpretiert:Definition 3.2 (Interpretation konstanter Terme) Für einen konstanten L-Term t ist t A ∈ A wie folgt durch Ind(t) definiert:1. (c k ) A := c A k2. (f j (t 1 , . . . , t mj )) A := f A j (tA 1 , . . . , t A m j)Für beliebige L-Terme hängt deren Wert in einer L-Struktur A i.a. von derInterpretation (Belegung) der vorkommenden Variablen durch Individuen von Aab:Definition 3.3 (Variablenbelegungen) Sei V = {x 1 , . . . , x n } eine Menge vonVariablen. Eine (Variablen-)Belegung B von V in A ist eine Abbildung B : V → A.Definition 3.4 (Interpretation beliebiger Terme) Sei t ≡ t(⃗x) (⃗x = (x 1 , . . . , x n ))ein L-Term, in dem höchstens die Variablen x 1 , . . . , x n vorkommen, <strong>und</strong> sei B :{x 1 , . . . , x n } → A eine Belegung dieser Variablen in der L-Struktur A. Der Wertt A B ∈ A von t in A bzgl. der Belegung B ist durch Ind(t) wie folgt definiert:1. (x i ) A B := B(x i) <strong>und</strong> (c k ) A B := cA k2. (f j (t 1 , . . . , t mj )) A B := f A j ((t 1) A B , . . . , (t m j) A B )Lemma 3.5 (Koinzidenzlemma für Terme) Sei A eine L-Struktur, t ein L-Term, V = {x 1 , . . . , x m } <strong>und</strong> V ′ = {x ′ 1, . . . , x ′ n} Variablenmengen mit V (t) ⊆ V, V ′<strong>und</strong> B <strong>und</strong> B ′ Belegungen von V bzw. V ′ in A, sodass B ↾ V (t) = B ′ ↾ V (t). Danngilt t A B = tA B ′.Bemerkung 3.6 (Von Termen definierte Funktionen) Ein Term t(x 1 , . . . , x n )definiert folgende n-stellige Funktion f A t(x 1,...,x n) : An → A in der L-Struktur A:f A t(x 1,...,x n) (a 1, . . . , a n ) := t A [a 1 , . . . , a n ] (a 1 , . . . , a n ∈ A)wobei t A [a 1 , . . . , a n ] := t A B(i = 1, . . . , n).für die Belegung B von {x 1, . . . , x n } mit B(x i ) = a i4 <strong>Die</strong> <strong>Prädikatenlogik</strong> 1. <strong>Stufe</strong>: Formeln <strong>und</strong> SätzeIm Folgenden sei weiterhin L = L(σ) die Sprache der <strong>Prädikatenlogik</strong> der Signaturσ = ((n i |i ∈ I); (m j |j ∈ J); K) <strong>und</strong> A = (A; (Ri A|i ∈ I); (f j A|j ∈ J); (cA k|k ∈ K))eine L-Struktur.4.1 Formeln <strong>und</strong> Sätze: <strong>Syntax</strong>Definition 4.1 (Formeln) <strong>Die</strong> Menge der (L-)Formeln ist induktiv definiert durch:(F1) (a) Sind t 1 , t 2 Terme, so ist t 1 = t 2 eine Formel.(b) Sind t 1 , . . . , t ni Terme, so ist R i (t 1 , . . . , t ni ) eine Formel (i ∈ I).3


(F2) Ist ϕ eine Formel, so ist auch ¬ϕ eine Formel.(F3) Sind ϕ 1 <strong>und</strong> ϕ 2 Formeln, so ist auch (ϕ 1 ∨ ϕ 2 ) eine Formel.(F4) Ist ϕ eine Formel <strong>und</strong> x eine Variable, so ist auch ∃xϕ eine Formel.Im Folgenden bezeichnen ϕ, ψ, γ, δ, ϕ i , . . . (L-)Formeln. <strong>Die</strong> gemäß (F1) definiertenFormeln heißen Primformeln oder atomare Formeln.Eine in einer Formel ϕ vorkommende Variable x kann frei oder (durch einenExistenzquantor ∃) geb<strong>und</strong>en auftreten (wobei x in einer Formel ϕ an einer Stellefrei <strong>und</strong> an einer anderen Stelle geb<strong>und</strong>en auftreten kann).Formal definiert man das Vorkommen einer Variablen x <strong>und</strong> die freien <strong>und</strong> geb<strong>und</strong>enenVorkommen von x in einer Formel ϕ durch Ind(ϕ):1. <strong>Die</strong> Variable x kommt in der Primformel t 1 = t 2 bzw. R i(t 1, . . . , t ni ) vor, falls x ineinem der Terme t 1, t 2 bzw. t 1, . . . , t ni vorkommt. Alle Vorkommen von x sind frei.2. <strong>Die</strong> Variable x kommt in ¬ϕ vor, wenn sie in der Formel ϕ vorkommt. Ein Vorkommenvon x in ¬ϕ ist frei (geb<strong>und</strong>en), wenn das entsprechende Vorkommen von x inϕ frei (geb<strong>und</strong>en) ist.3. <strong>Die</strong> Variable x kommt in der Formel (ϕ 1 ∨ ϕ 2) vor, wenn sie in der Formel ϕ 1 oderin der Formel ϕ 2 vorkommt. Ein Vorkommen von x in (ϕ 1 ∨ ϕ 2) ist frei (geb<strong>und</strong>en),wenn das entsprechende Vorkommen von x in ϕ 1 bzw. ϕ 2 frei (geb<strong>und</strong>en) ist.4. <strong>Die</strong> Variable x kommt in der Formel ∃yϕ vor, wenn x = y oder x in der Formelϕ vorkommt. Ist x = y, so sind alle Vorkommen von x in ∃yϕ geb<strong>und</strong>en. Sonst istein Vorkommen von x in ∃yϕ frei (geb<strong>und</strong>en), wenn das entsprechende Vorkommenvon x in ϕ frei (geb<strong>und</strong>en) ist.Wir bezeichnen mit V (ϕ), F V (ϕ) <strong>und</strong> GV (ϕ) die Mengen der in ϕ vorkommendenbzw. frei vorkommenden bzw. geb<strong>und</strong>en vorkommenden Variablen. GiltF V (ϕ) ⊆ {x 1 , . . . , x n }, so schreiben wir auch ϕ(x 1 , . . . , x n ) statt ϕ.Definition 4.2 Kommt in ϕ keine Variable frei vor (d.h. gilt F V (ϕ) = ∅), so istϕ ein (L-)Satz.Im Folgenden bezeichnen σ, τ, σ n etc. Sätze.Bemerkung 4.3 (Uneigentliche Formeln) Zur Verbesserung der Lesbarkeit derFormeln benutzen wir die schon im Teil über die Aussagenlogik eingeführten Regelnzur Klammerersparnis. Zusätzlich erlauben wir für ¬ϕ <strong>und</strong> ∃xϕ auch die Schreibweise¬(ϕ) bzw. ∃x(ϕ). Weiter definieren wir die Junktoren ∧, → <strong>und</strong> ↔ wie früher<strong>und</strong> führen den Allquantor ∀ durch∀xϕ :≡ ¬∃x¬ϕein. Statt ¬t 1 = t 2 schreiben wir auch t 1 ≠ t 2 . Wo üblich benutzen wir für Funktionszeichen(wie + <strong>und</strong> ·) <strong>und</strong> Relationszeichen (wie ≤) auch die Infixschreibweise. 11 NB: <strong>Die</strong> derart verallgemeinerten Formeln sind keine eigentlichen Formeln <strong>und</strong> sind daherbei formaler Sichtweise (z.B. in Beweisen durch Ind(ϕ)) immer durch die eigentlichen Formeln zuersetzen, die sie abkürzend beschreiben.4


4.2 Formeln <strong>und</strong> Sätze: <strong>Semantik</strong>Ein (L-)Satz σ lässt sich als eine Aussage über die (L-)Struktur A interpretieren.Allgemeiner kann eine Formel ϕ ≡ ϕ(x 1 , . . . , x n ) (in der höchstens die Variablenx 1 , . . . , x n frei vorkommen) als Aussagenform betrachtet werden, die für jedegewählte Belegung B der Variablen x 1 , . . . , x n in A zu einer Aussage über A wird.Wir legen zunächst den Wahrheitswert WB A (ϕ) dieser von B abhängenden von ϕüber A gemachten Aussage fest.Definition 4.4 (Wahrheit einer Formel in einer Struktur bzgl. einer Belegung)Sei ϕ ≡ ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine L-Formel mit F V (ϕ) ⊆ {x 1 , . . . , x n } <strong>und</strong> B eine Belegungvon {x 1 , . . . , x n } in A. Dann ist der WahrheitswertW A B (ϕ) ∈ {0, 1}von ϕ in A bzgl. der Variablenbelegung B durch Ind(ϕ) wie folgt definiert:gemäß Defini-1. ϕ ≡ t 1 = t 2 : WB A(t 1 = t 2 ) = 1, g.d.w. (t 1 ) A B = (t 2) A B (wobei tA Btion ?? definiert ist).2. ϕ ≡ R i (t 1 , . . . , t ni ): W A B (R i(t 1 , . . . , t ni )) = 1, g.d.w. ((t 1 ) A B , . . . , (t n i) A B ) ∈ RA i .3. ϕ ≡ ¬ψ: WB A(¬ψ) = 1, g.d.w. W B A (ψ) = 0.4. ϕ ≡ ϕ 1 ∨ ϕ 2 : W A B (ϕ 1 ∨ ϕ 2 ) = 1, g.d.w. W A B (ϕ 1) = 1 oder W A B (ϕ 2) = 1 (oderbeides).5. ϕ ≡ ∃xψ: W A B (∃xψ) = 1, g.d.w. es eine Belegung B′ von {x 1 , . . . , x n } ∪ {x}gibt, die mit B auf {x 1 , . . . , x n } \ {x} übereinstimmt <strong>und</strong> für die W A B ′(ψ) = 1gilt.Man beachte, dass sich aus der Definition der oben eingeführten abkürzendenSchreibweisen die folgenden Wahrheitswerte für uneigentliche Formeln ϕ ≡ϕ(x 1 , . . . , x n ) <strong>und</strong> Belegungen B : {x 1 , . . . , x n } → A ergeben (Übung):• W A B (ϕ 1 ∧ ϕ 2 ) = 1, g.d.w. W A B (ϕ 1) = 1 <strong>und</strong> W A B (ϕ 2) = 1.• W A B (ϕ 1 → ϕ 2 ) = 1, g.d.w. W A B (ϕ 1) = 0 oder W A B (ϕ 2) = 1 (oder beides).• W A B (ϕ 1 ↔ ϕ 2 ) = 1, g.d.w. W A B (ϕ 1) = W A B (ϕ 2).• WB A(∀xψ) = 1, g.d.w. für alle Belegungen B′ von {x 1 , . . . , x n } ∪ {x}, die mitB auf {x 1 , . . . , x n } \ {x} übereinstimmen, WB A ′(ψ) = 1 gilt.Ordnet die Belegung B den Variablen ⃗x = (x 1 , . . . , x n ) die Individuen ⃗a =(a 1 , . . . , a n ) zu, so schreibt man statt WB A (ϕ) = 1 auchA ϕ[⃗a]<strong>und</strong> sagt, dass A die Formel ϕ ≡ ϕ(x 1 , . . . , x n ) bzgl. der Belegung ⃗a wahr macht(oder ϕ in A bzgl. ⃗a gilt). Entsprechend schreibt man dann A ̸ ϕ[⃗a], falls WB A(ϕ) =0 gilt. (<strong>Die</strong>se Schreibweise wird im Skript verwendet! Im Folgenden werden wir dieSchreibweise A ϕ[⃗a] neben der ursprünglichen Schreibweise WB A (ϕ) ebenfallsverwenden.)5


Lemma 4.5 (Koinzidenzlemma) Sei A eine L-Struktur, ϕ eine L-Formel, V ={x 1 , . . . , x m } <strong>und</strong> V ′ = {x ′ 1, . . . , x ′ n} Variablenmengen mit V (ϕ) ⊆ V, V ′ <strong>und</strong> B <strong>und</strong>B ′ Belegungen von V bzw. V ′ in A, sodass B ↾ F V (ϕ) = B ′ ↾ F V (ϕ). Dann giltW A B (ϕ) = W A B ′(ϕ).Beweis. Induktion nach dem Aufbau von ϕ (wobei man für Primformeln ϕnatürlich das Koinzidenzlemma für Terme verwendet). Übung!✷Definition 4.6 (Wahrheit eines Satzes in einer Struktur) Ein L-Satz σ istin einer L-Struktur A wahr, wenn WB A (σ) = 1 für die leere Variablenbelegung gilt(d.h. für die eindeutig bestimmte Belegung B der leeren Menge ∅).Ist σ in A wahr, so sagen wir auch, dass A ein Modell von σ ist, <strong>und</strong> schreibenA σ.NB: Nach dem Koinzidenzlemma hängt der Wahrheitswert eines Satzes σ ineiner Struktur A nicht von der gewählten Variablenbelegung ab: Da σ keine freienVariablen enthält (d.h. F V (σ) = ∅), gilt für alle Variablenbelegungen B <strong>und</strong> B ′beliebiger Variablenmengen V <strong>und</strong> V ′ in A: W A B (σ) = W A B ′(σ).Bei einer Formel ϕ mit freien Variablen x 1 , . . . , x n geht man manchmal davonaus, dass die freien Variablen implizit allquantifiziert sind. Man verallgemeinertdaher Definition ?? auch auf Formeln wie folgt.Definition 4.7 (Wahrheit einer Formel in einer Struktur) Eine L-Formel ϕist in einer L-Struktur A wahr, wenn WB A (ϕ) = 1 für alle Variablenbelegungen Bvon F V (ϕ) in A gilt.Lemma 4.8 Es giltA ϕ ⇔ A ∀ϕwobei ∀ϕ der durch ∀ϕ :≡ ∀x 1 . . . ∀x n ϕ definierte Allabschluss von ϕ ist, wobeix 1 , . . . , x n die in ϕ frei vorkommenden Variablen in der kanonischen Reihenfolgebzgl. der Aufzählung aller Variablen sind.Wir beenden die Diskussion der semantischen Gr<strong>und</strong>begriffe der <strong>Prädikatenlogik</strong>mit der Beobachtung, dass L-Formeln Relationen auf den L-Strukturen Adefinieren:Definition 4.9 (Von einer Formel definierte Relationen) Sei ϕ ≡ ϕ(x 1 , . . . , x n )eine L-Formel mit F V (ϕ) ⊆ {x 1 , . . . , x n }. <strong>Die</strong> von ϕ auf der L-Struktur A definierten-stellige Relation RϕA ist durchbestimmt.(a 1 , . . . , a n ) ∈ R A ϕ ⇔ A ϕ[a 1 , . . . , a n ]5 Zentrale semantische BegriffeIm letzten Abschnitt haben wir definiert, wann eine Formel oder ein Satz in einerStruktur wahr ist. Hieraus lassen sich die zentralen logischen Gr<strong>und</strong>begriffe wie Allgemeingültigkeit<strong>und</strong> Erfüllbarkeit von Formeln, sowie der logische Folgerungs- <strong>und</strong>6


Äquivalenzbegriff ableiten. (Hierzu geht man wie in der Aussagenlogik vor, wobeinun Wahrheit in einer Struktur an die Stelle der Wahrheit bzgl. einer Belegung derAussagenvariablen tritt.)Im Folgenden sei wiederum L = L(σ) die Sprache der <strong>Prädikatenlogik</strong> derSignatur σ = ((n i |i ∈ I); (m j |j ∈ J); K).Definition 5.1 (Allgemeingültigkeit) Eine (L-)Formel ϕ ist (logisch) wahr oderallgemeingültig, wenn alle L-Strukturen Modell von ϕ sind, d.h. wenngilt.Für alle L-Strukturen A: A ϕDefinition 5.2 (Erfüllbarkeit) Eine (L-)Formel ϕ ist erfüllbar, wenn ϕ ein Modellbesitzt, d.h. wenngilt. Andernfalls ist ϕ unerfüllbar.Es gibt eine L-Struktur A mit A ϕOffensichtlich ist jede allgemeingültige Formel auch erfüllbar (aber i.a. nichtumgekehrt). Für Sätze lässt sich folgender weiterer Zusammenhang zwischen Allgemeingültigkeit<strong>und</strong> Erfüllbarkeit beobachten:Lemma 5.3 Ein L-Satz σ (¬σ) ist genau dann allgemeingültig, wenn ¬σ (σ) unerfüllbarist.Definition 5.4 (Folgerung <strong>und</strong> Äquivalenz) Eine (L-)Formel ϕ folgt aus einer(L-)Formel ψ (ψ ϕ), wenn jedes Modell von ψ auch ein Modell von ϕ ist,d.h. wennFür alle L-Strukturen A: A ψ ⇒ A ϕgilt.ϕ <strong>und</strong> ψ sind äquivalent (ϕ äq ψ), falls ϕ aus ψ <strong>und</strong> ψ aus ϕ folgt (also ϕ <strong>und</strong>ψ dieselben Modelle besitzen).Erfüllbarkeitsbegriff <strong>und</strong> Folgerungsbegriff lassen sich wie in der Aussagenlogikauf Formelmengen fortsetzen:Definition 5.5 (Erfüllbarkeit von Formelmengen) Eine Menge Φ von L-Formelnist erfüllbar, wenn es eine L-Struktur A gibt, die Modell aller Formeln in Φist, d.h. für die A Φ gilt.Man beachte, dass die leere Menge von Formeln erfüllbar ist <strong>und</strong> dass für einenichtleere erfüllbare Formelmenge Φ jede Formel in Φ erfüllbar ist, daA Φ ⇒ ∀ ϕ ∈ Φ : A ϕgilt. <strong>Die</strong> Umkehrung gilt jedoch i.a. nicht: Eine Menge erfüllbarer Formeln mussnicht notwendigerweise erfüllbar sein.7


Definition 5.6 (Folgerungen aus Formelmengen) Eine (L-)Formel ϕ folgt auseiner Menge Φ von (L-)Formeln (Φ ϕ), wenn jedes Modell von Φ auch ein Modellvon ϕ ist, d.h. wenngilt.Für alle L-Strukturen A: A Φ ⇒ A ϕIst Φ endlich, etwa Φ = {ψ 1 , . . . , ψ n }, so schreiben wir ψ 1 , . . . , ψ n ϕ statt{ψ 1 , . . . , ψ n } ϕ. Entsprechend schreiben wir für leeres Φ kurz ϕ statt Φ ϕ.(<strong>Die</strong>s ist konsistent mit der in Definition ?? eingeführten Notation, da jede L-Struktur A ein Modell der leeren Formelmenge ist, weshalb ϕ genau dann aus derleeren Formelmenge folgt, wenn ϕ allgemeingültig ist.)Unmittelbar aus den Definitionen ergibt sich folgende Monotonieeigenschaft desFolgerungsbegriffs.Lemma 5.7 (Monotonie des Folgerungsbegriffs)Φ ⊆ Ψ & Φ ϕ ⇒ Ψ ϕWeiter lassen sich folgende Zusammenhänge zwischen Erfüllbarkeit, Folgerungsbegriff<strong>und</strong> Allgemeingültigkeit feststellen.Lemma 5.8 Eine L-Formelmenge Φ ist genau dann erfüllbar, wenn es keinen L-Satz σ mit Φ σ <strong>und</strong> Φ ¬σ gibt.Lemma 5.9 (Zusammenhang zwischen Folgerungs- <strong>und</strong> Erfüllbarkeitsbegriff)Für jede L-Formelmenge Φ <strong>und</strong> jeden L-Satz σ gilt:Φ σ ⇔ Φ ∪ {¬σ} unerfüllbarLemma 5.10 (Verträglichkeit von <strong>und</strong> →) Seien ϕ 1 , . . . , ϕ n L-Formeln <strong>und</strong>σ ein L-Satz. Dann gilt:ϕ 1 , . . . , ϕ n σ ⇔ (ϕ 1 ∧ · · · ∧ ϕ n ) → σ8

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